Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 16. Jan. 2015 - 1a L 2036/14.A
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N. aus C. wird abgelehnt.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2I.
3Der am °°. T. °°°° in L. geborene Antragsteller ist F. Staatsangehöriger und gehört dem Volk der U. an.
4Der Antragsteller reiste am °°. O. °°°° mit dem Pkw aus G. kommend in das Bundesgebiet ein.
5Seinen Asylerstantrag vom °°. K. °°°° begründete er damit, dass er Angst vor einer erneuten Gefangenschaft und weiteren körperlichen Übergriffen, insbesondere durch somalische Mitgefangene, habe. Er habe Deutschland erreichen wollen, weil hier die Menschenrechte gewahrt würden und er in Malta in Gefangenschaft gesessen habe. Außerdem könne er sich hier weiterbilden und habe in G1. einen Freund.
6Zu seinem bisherigen Reiseweg führte aus: Er sei im Jahr 2003 aus F. in den T1. gekommen. Ende 2011 sei er mit dem PKW aus dem T1. ausgereist. Im Anschluss sei er zunächst für etwa zehn Monate in M. gewesen, sodann mit dem Boot nach Malta gekommen, wo er etwa ein Jahr lang in Gefangenschaft gewesen und danach noch zwei Monate lang gearbeitet habe. Von Malta aus sei er für die Dauer von insgesamt zwölf Tagen zunächst mit dem Boot nach J. und sodann mit dem Zug nach G. weitergereist. Aus G. sei er schließlich mit dem Pkw, vermutlich durch C1. , nach Deutschland eingereist.
7Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) beantragte am °°. N1. °°°° bei den maltesischen Behörden die Übernahme des Antragstellers und leitete ein Dublin-Verfahren ein. Mit Schreiben vom °. B. °°°° akzeptierten die maltesischen Behörden die Rückübernahme des Antragstellers.
8Durch Bescheid vom °°. T. °°°°, dem Antragsteller gegen Empfangsbestätigung persönlich ausgehändigt am °°. E. °°°°, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Malta an.
9Am °°. E. °°°° hat der Antragsteller Klage (1a K 5740/14.A) erhoben und einstweiligen Rechtsschutz begehrt. Er trägt vor, dass zwischenzeitlich bereits die sechsmonatige Überstellungsfrist abgelaufen sei und deshalb eine antragsgemäße Entscheidung durch die Antragsgegnerin erfolgen müsse. Im Übrigen könne Asylsuchenden auf Malta kein menschenwürdiges Dasein geboten werden. Er selbst habe während seiner Aufenthaltszeit in Malta persönlich erlebt, dass er kurz nach seiner Ankunft im B. °°°° mit einem Schlauchboot sofort grundlos inhaftiert worden sei. Die Inhaftierung habe ein volles Jahr angedauert, bis ihm gesagt worden sei, er könne nun gehen und sich ein Zelt zum Schlafen suchen. Kurz nach seiner Entlassung habe er eine einmalige Hilfe von 90 € erhalten, weitere staatliche Hilfen seien stets abgewiesen worden. Zeitweise habe er für zwei Euro in der Stunde bei Bauarbeiten dort ansässiger Unternehmer helfen können, sich im Übrigen aber nur mit Betteln am Leben gehalten. Das Leben auf Malta sei von Beginn an unerträglich gewesen, Aufnahmeplätze oder eine ärztliche Versorgung seien nicht vorhanden. Eine Besserung dieser Situation sei ebenfalls nicht in Sicht, da das maltesischen Aufnahmesystem heillos überfordert und die dortige Regierung nicht bereit sei, die zu gewährenden Standards einzuhalten. Bereits sein eigener, dokumentierter Fall widerlege die Vermutung, die allgemein aus der Teilnahme von Malta am Dublin-Verfahren herrühre. Eine bloße Fiktion der Geltung der Menschenrechte sei jedoch nicht ausreichend, was auch der EGMR im Jahr 2011 bereits festgestellt habe. In dieser Weise hätten deshalb auch schon eine Reihe von Verwaltungsgerichten entschieden.
10Der Antragsteller beantragt,
11die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom °°. T. °°°° enthaltene Abschiebungsanordnung nach Malta anzuordnen,
12ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N. aus C. zu gewähren.
13Die Antragsgegnerin beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Sie nimmt Bezug auf den angegriffenen Bescheid.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
17II.
18Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbeschadet der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung, wie sich aus dem Nachstehenden ergibt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, vgl. § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO.
19Der Antrag des Antragstellers, über den der Berichterstatter nach § 76 Abs. 4 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als gesetzlicher Einzelrichter entscheidet, ist nach § 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG zulässig, aber unbegründet.
20Die von dem Gericht im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Für die Interessenabwägung ist eine Prognose der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache von wesentlicher Bedeutung. Bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung spricht alles dafür, dass der Bescheid des Bundesamts rechtmäßig ist und die gegen ihn gerichtete Klage daher keinen Erfolg haben wird.
21Auf Grundlage von §§ 27a und 34a AsylVfG bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel, dass das Bundesamt die Unzulässigkeit des Asylantrags des Antragstellers aussprechen und die Abschiebung nach Malta anordnen durfte. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies ist hier der Fall.
22Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist insofern die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (nachfolgend: Dublin III-VO). Die Dublin III-VO, die zum 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist, gilt gemäß ihres Art. 49 Satz 2 für solche Anträge auf internationalen Schutz, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Der Antragsteller hat seinen Asylantrag in Deutschland am °°. K. °°°° gestellt, so dass die Dublin III-VO hier Anwendung findet.
23Gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO prüfen die Mitgliedsstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedsstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird.
24Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 1 Dublin III-VO ist Malta der für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständige Mitgliedsstaat. Dort hat der Antragsteller ausweislich eines entsprechenden EURODAC-Treffers am °°. P. °°°° einen Asylantrag gestellt. Die Bundesrepublik Deutschland hat nach Erhalt der EURODAC-Treffermeldung fristgemäß, d.h. innerhalb von zwei Monaten, vgl. Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO, das Wiederaufnahmegesuch unter dem °°. N1. °°°° an Malta gestellt. Die maltesischen Behörden haben auf diese Anfrage schließlich unter dem °. B. °°°° ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO und die Bereitschaft zu seiner Wiederaufnahme erklärt.
25Nach § 34a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in den Fällen des § 27a AsylVfG die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen sind gegeben, da die maltesischen Behörden der Übernahme des Antragstellers unter dem °. B. °°°° zugestimmt haben und der Abschiebung keine Gründe entgegenstehen.
26Nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO wäre zwar zwischenzeitlich die sechsmonatige Überstellungsfrist am °. P. °°°° abgelaufen.
27Vgl. zum Fristbeginn: OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A -, juris.
28Unabhängig von der Frage, ob Deutschland dementsprechend objektiv nicht mehr zuständig ist für die Behandlung des Asylantrages des Antragstellers, kann der Antragsteller jedoch kein subjektives Recht auf Einhaltung der Zuständigkeits- und Fristvorschriften der Dublin III-VO geltend machen. Eine Verletzung des Antragstellers in seinen Rechten folgt hieraus nicht. Die vorgenannten Vorschriften betreffend die Überstellung hat der Unionsgesetzgeber erlassen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen. Einer der Hauptzwecke der Verordnung besteht in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden.
29Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 – Abdullahi -, juris.
30Vorrangiges Ziel der Dublin-Verordnungen, insbesondere seiner Fristbestimmungen für Übernahmeersuchen und Überstellungen, ist danach die zeitnahe Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und einer zeitnahen Überstellung in diesen Staat. Dem Asylbewerber sollte keine Rechtsposition eingeräumt werden, seinen Asylantrag in einem ganz bestimmten Mitgliedstaat, in dem er einen – weiteren – Asylantrag gestellt hat, prüfen zu lassen. Ein Asylbewerber kann der Überstellung in den nach den Dublin-Verordnungen für ihn zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen treten. Die in den Dublin-Verordnungen geregelten Fristvorschriften begründen kein subjektives Recht.
31Vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 – Abdullahi -; BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 -; Hessischer VGH, Beschluss vom 25. August 2014 – 2 A 976/14.A -; OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2014 – 13 LA 66/14 -; Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3, Buchstabe B, jeweils juris; a.A. VG Augsburg, Gerichtsbescheid vom 12. November 2014 – Au 7 K 14.50047 – und VG Regensburg, Urteil vom 14. November 2014 – RN 5 K 14.30304 -, jeweils juris.
32Es liegt schließlich auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der individuellen Rechte des Antragstellers wegen einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Antragsgegnerin verwehrt wäre, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates zu berufen.
33Die Antragsgegnerin ist auch nicht Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO gehalten, trotz der Zuständigkeit Maltas den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
34Ob ein Mitgliedsstaat vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist.
35Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, vom 14. November 2013 – C-4/11 – und vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, jeweils juris.
36Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Nicht jede Verletzung eines Grundrechts oder jeder geringfügige Verstoß gegen die europäischen Asylrichtlinien durch den zuständigen Mitgliedsstaat kann angesichts dessen dazu führen, dass der überstellende Mitgliedsstaat nicht mehr an die Bestimmungen der Dublin III-VO gebunden wäre. Vielmehr muss ein Mitgliedsstaat die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedsstaat nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren in diesem Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedsstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren.
37Vgl. zur Dublin-II-VO: EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, vom 14. November 2013 – C-4/11 – und vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, jeweils juris.
38Für den vorliegenden Fall ist danach von einer grundsätzlich bestehenden Zuständigkeit Maltas für die Bearbeitung des Asylantrages auszugehen. Diese entfiele jedoch und ginge gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 3 Dublin III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland über, wenn in Malta die ordnungsgemäße Durchführung des Asylverfahrens im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO nicht gewährleistet wäre. Nach den vorgenannten Regelungen wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat zum zuständigen Mitgliedsstaat, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedsstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedsstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union mit sich bringt.
39Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Verweisung eines Asylbewerbers auf einen sicheren Drittstaat (vgl. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) – die nicht nur die Berufung auf das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG ausschließt, sondern entsprechend seiner inhaltlichen Reichweite auch die materiellen Rechtspositionen erfasst, auf die ein Ausländer sich sonst gegen seine Abschiebung stützen kann – grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Schutz hat die Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen nur dann zu gewähren, wenn bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. Es obliegt insoweit dem Antragsteller unter Anlegung eines strengen Maßstabes, die Umstände darzulegen, aus denen sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem solchen im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen ist.
40Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris.
41Eine Verdichtung des Selbsteintrittsrechts eines Mitgliedsstaates zu einer entsprechenden Pflicht kommt daher nur in Betracht, wenn ein vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangener Sonderfall offensichtlich vorliegt.
42Im Übrigen reicht unabhängig vom Erfordernis der Existenz systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern die drohende Überstellung in einen Mitgliedstaat, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem überstellenden Mitgliedstaat, nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Diese Regelungen können nicht so ausgelegt werden, dass sie die Mitgliedstaaten verpflichten, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen. Sie enthalten keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Ausländern, die von einer Überstellung betroffen sind, gewähren die genannten Regelungen grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, in einem Mitgliedstaat zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls ein Antragsteller überstellt werden würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen die zuletzt genannten beiden Vorschriften zu begründen.
43Vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte - EGMR - (3. Kammer), Entscheidung vom 2. April 2013 - 27725/10 -, ZAR 2013, 336 f., Rn. 70 f. - Mohammed Hussein u.a./Niederlande u. Italien -, die offizielle Fassung in der englischen Amtssprache ist abrufbar unter http://hudoc.echr.coe.int/sites/fra/pages/search.aspx?i=001-118927.
44Die Verantwortlichkeit eines Staates nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wegen der Behandlung eines Ausländers kann allerdings ausnahmsweise begründet sein, wenn dieser vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist.
45Vgl. zur Situation in Griechenland: EGMR - Große Kammer -, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413 ff., Rn. 253 - M.S. S./C1.Belgien u. Griechenland -, der an anderer Stelle von einer „Situation äußerster materieller Armut“ spricht (s. Rn. 252, situation of extreme material poverty); die offizielle Fassung in der englischen Amtssprache ist abrufbar unter http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-103050; vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 10 B 16.12 -, juris, Rn. 9, mit Veröffentlichungshinweis auf InfAuslR 2013, 45; zu den Voraussetzungen vgl. auch VG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 3 B 6802/13 -, a.a.O., Rn. 8 f.
46Ausgehend von den vorstehend dargestellten Maßstäben ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach Malta eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht,
47vgl. im Ergebnis systematische Mängel in Malta ebenfalls verneinend: VG Potsdam, Beschlüsse vom 20. November 2013 - 6 L 768/13.A -, und 14. Januar 2014 - 6 L 930/13.A -, VG Augsburg, Urteil vom 29. Mai 2013 - Au 7 K 13.30134 -, VG Stade, Beschlüsse vom 21. Mai 2013 - 3 B 2649/13 - und 4. April 2013 - 3 B 1395/13 -, VG Magdeburg, Beschluss vom 17. April 2013 - 5 B 155/13 MD -, VG Minden, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 10 L 31/13.A -, VG Oldenburg, Beschluss vom 17. Februar 2014 – 3 B 6974/13 –, alle jeweils juris; systematische Mängel in Bezug auf verletzliche Personen bejahend etwa VG Berlin, Beschluss vom 4. August 2014 – 34 L 78.14 A –, juris; systematische Mängel allgemein bejahend: VG Braunschweig, Beschluss vom 28. Oktober 2013 – 7 B 185/13 – und VG Regensburg, Urteil vom 7. Februar 2012 – RO 7 K 11.30142 –, beide juris.
48Nach der genannten Rechtsprechung, einer Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in W. - im Folgenden Deutsche Botschaft genannt - vom °. G2. °°°° und zahlreichen zur Flüchtlingssituation in Malta ergangenen Gutachten sowie Berichten verschiedener Nichtregierungsorganisationen (Bericht des UNHCR von März 2013; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Themenpapier vom 6. September 2010 – „Malta: Aktuelle Situation für Verletzliche“ – und Update von November 2011 – „Malta: Aufnahmebedingungen für Personen aus dem Asylbereich“ –; bordermonitoring.eu e.V. und Förderverein Pro Asyl e.V. – im Folgenden bordermonitoring/Pro Asyl genannt –, Broschüre „Malta: Out of System - Zur Situation von Flüchtlingen auf Malta“ von Mai 2012; Amnesty International, Amnesty Report 2013 Malta) nebst einer Veröffentlichung des amerikamischen Außenministeriums (Malta 2013 Human Rights Report des U.S. Department of State vom 19. April 2013) weisen die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Malta für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen und nationalen Schutzes aufenthaltsberechtigt sind, zwar teilweise erhebliche Missstände auf. Diese erreichen aber, jedenfalls soweit – wie hier – nicht verletzliche Personen wie beispielsweise Kinder oder schwer erkrankte Asylbewerber betroffen sind, nicht die für die Annahme systemischer Mängel vorausgesetzte Intensität.
49Auf Grundlage der vorstehenden Erkenntnisquellen stellt sich die Lebenssituation für Asylbewerber in Malta – wie den Antragsteller – im Wesentlichen wie folgt dar:
50Vgl. sehr ausführlich hierzu in jüngerer Zeit bereits VG Oldenburg, Beschluss vom 17. Februar 2014 – 3 B 6974/13 – und VG Berlin, Beschluss vom 4. August 2014 – 34 L 78.14 A –, beide juris.
51Gemäß der o.g. Auskunft der Deutschen Botschaft (Seite 2 f.) werden alle in Malta ankommenden illegalen Immigranten aus Afrika wegen des illegalen Grenzübertritts zunächst in geschlossenen Lagern untergebracht (nicht Gefängnisse). Diese automatische Inhaftierung aller irregulär Einreisenden wird durch andere Berichte, u.a. des UNHCR von März 2013 und bordermonitoring/Pro Asyl (dort Seite 9), – jedenfalls sinngemäß – bestätigt. Im Anschluss würden nur unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder sowie die besonders gefährdeten Personen (schwangere Frauen, Familien mit Kindern sowie Personen mit starken körperlichen/psychischen Einschränkungen) aus der sog. Administrativhaft (detention) entlassen, nachdem sie eine Prüfung ihrer Verletzlichkeit oder ihres Alters durchlaufen hätten (s. auch Amnesty Report 2013 oder Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 2). Regelmäßig würden Asylsuchende bis zu zwölf Monate in solchen geschlossenen Lagern untergebracht, bevor sie entlassen würden und sodann auch Zugang zum Arbeitsmarkt hätten. Bei abgelehnten Asylsuchenden könnte die Dauer bis zur Entlassung maximal 18 Monate betragen. Asylbewerber, denen Schutz (Flüchtlingsstatus, subsidiärer Schutz oder vorübergehender humanitärer Schutz) gewährt worden sei, würden freigelassen (s.a. bordermonitoring/Pro Asyl, Seite 9; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 5; Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 2 f.; Amnesty Report 2013). Hauptkritikpunkte sei hier die grundsätzliche systematische Inhaftierung sowie die mangelnde Freizeitbeschäftigung, die kombiniert mit der Unsicherheit über die Zukunft für die Betroffenen psychisch nur schwer zu ertragen sei (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 3).
52Nach zwölf Monaten, nach Erhalt eines positiven Entscheids über das Asylgesuch (Asyl oder subsidiärer Schutz) oder nach Feststellung der Verletzlichkeit (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 3) würden die betroffenen Personen in die neun vorhandenen offenen Lager verlegt. Bei diesen handele es sich um teilweise überfüllte ehemalige Schulgebäude, Flugzeughallen, Zelt- und Wohncontainerlager (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 2 f.). Zu den dortigen Lebensbedingungen heißt es etwa im Bericht des UNHCR von März 2013 (Seite 1 f.) – jedenfalls sinngemäß –, dass diese Einrichtungen rudimentär und oft überbelegt seien, sich jedoch die Lage zuletzt verbessert habe, nach dem die Behörden Maßnahmen zur Beseitigung bestehender Missstände getroffen hätten. Gleichzeitig sei die Nutzung bestimmter Einrichtungen, die nicht mehr dem Mindeststandard entsprochen hätten, im Jahr 2011 eingestellt worden. Im Hinblick auf die Ausstattung der Lager räumt die Auskunft der Deutschen Botschaft (Seite 5 f.) ein, dass alle Lager nicht dem relativ hohen deutschen Standard entsprechen dürften. Die Lager böten eigentlich nur eine Basisversorgung, sie seien unbequem, lästig und teilweise überfüllt. Speziell in den kühlen Monaten Januar/Februar seien die schlecht beheizbaren Zeltlager als äußerst unkomfortabel einzuordnen. Man könne auch sagen, dass von der Ausstattung, der Organisation und dem Sauberkeitszustand die geschlossenen Lager fast besser seien als die offenen Lager. Die Regierung tue alles in allem viel, um den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden im Rahmen bestehender nationaler und internationaler Vorschriften. Praktisch bedeute das auch, dass alle Lager laufend renoviert und verbessert würden. Insoweit sei festzuhalten, dass sich die Unterbringungsverhältnisse in den letzten drei Jahren augenfällig verbessert hätten (zu der Bemühung der Regierung um Verbesserungen auch bereits im Jahr 2010: Schweizerische Flüchtlingshilfe, Themenpapier, Seite 12). Demgegenüber hält Amnesty International die offenen Aufnahmezentren für die aus der Migrationshaft entlassenen Flüchtlinge und Migranten nach wie vor für unzureichend (Amnesty Report 2013). Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe kritisiert in dem Update von November 2011 (Seite 10), dass solche provisorischen Unterkünfte in keiner Weise angemessen für eine längerfristige Unterbringung seien, faktisch jedoch viele Personen monate- bis jahrelang dort blieben. Speziell in den großen Zentren I. G3. U1. W1. und im I. G3. I1. P1. D. seien die Bedingungen prekär und erinnerten eher an eine Notsituation in einem Katastrophengebiet als an eine dauerhafte Unterkunft für Personen, von denen viele bereits einen Schutzstatus erhalten hätten. Rattenplagen, schlechte hygienische Bedingungen aufgrund von Überbelegung in alten maroden Gebäuden mit Asbest, Schimmel und Algen an den Wänden bzw. Ölrückständen am Boden stellten zudem eine Gesundheitsbedrohung für die Betroffenen dar. Derartige Bedingungen seien für sämtliche Personen problematisch, für verletzliche Person wie Familien mit Kindern jedoch schlicht inakzeptabel. Diese unzureichenden Bedingungen, die sich durch Überbelegung noch verschlimmerten, zeigt auch der Amnesty Report 2013 auf. Der Bericht von bordermonitoring/Pro Asyl (Seite 14 f.) bestätigt ebenfalls, dass die offenen Lager sehr unterschiedliche Standards hätten und in verschiedenen Regionen der Insel lägen. Insbesondere seien die Zentren im Jahr 2011 aufgrund der stark angestiegenen Zahl von Flüchtlingen heillos überfüllt gewesen. Grundsätzlich könne festgehalten werden, dass es in der Lagerpolitik keine klare Linie der Regierung gebe. Die Bewohner/-innen lebten in ständiger Angst, dass sie ihren Platz in ihrem Centre verlören und damit auch ihren Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Immerhin würden die Lager nicht von der Regierung, sondern von Nichtregierungsorganisationen und Kirchen betrieben (bordermonitoring/Pro Asyl, Seite 14; Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 2 f.).
53Hinsichtlich der Rechte und Versorgung der Asylsuchenden heißt es weiter: Die Anerkannten in den offenen Lagern hätten allerdings volle Bewegungsfreiheit und folgende Rechte (hierzu Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 3): Anspruch auf kostenlose Unterbringung (in der Regel bis zu 6 m² Privatsphäre) und Nutzung aller Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Küchen, Aufenthaltsräume und Sportflächen, Anspruch auf monatliche Barauszahlung in Höhe von 130,- €, auf kostenlose medizinische Versorgung einschließlich Krankenhausaufenthalt, auf generelle Arbeitserlaubnis (viele Personen arbeiteten im Baugewerbe und in der Tourismusbranche) und auf Teilnahme an Integrationskursen (Sprachkurse zum Erlernen der englischen Sprache und Kurse wie „Leben in Malta“ oder „Wie finde ich Arbeit“). Jedoch sei die finanzielle Hilfe an die Voraussetzung genknüpft, sich als Bewohner dreimal pro Woche zu registrieren, wodurch gleichzeitig die Arbeitssuche erschwert werde (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 8). Die Gruppe der abgelehnten Asylbewerber habe in einem offenen Lager grundsätzlich die gleichen Rechte wie die „Personen mit Flüchtlingsstatus“, mit zwei Ausnahmen: Der Zugang zum Arbeitsmarkt sei genehmigungspflichtig und nur zulässig bei Vorlage eines verbindlichen Arbeitsvertrages. Für die Betroffenen sei es sehr schwierig, sich in dem kleinen Land Malta zu integrieren, zumal die Anzahl der Asylsuchenden gemessen an der Bevölkerungszahl groß sei (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 10).
54Im Hinblick auf Abschiebungen bzw. Rückführungen nach Malta bedürfe es nach der Auskunft der Deutschen Botschaft (Seite 4 f.) einer Differenzierung von drei Gruppen: (a) Personen mit Flüchtlingsstatus und abgelehnte Asylbewerber aus Malta (aus offenen Lagern nach Ablauf der 18-Monate-Frist), (b) Personen, die mit gefälschten Dokumenten über Malta nach Mittel- und Nordeuropa weitergereist seien, und (c) Personen, die aus geschlossenen Einrichtungen in Malta entlaufen und weitergereist seien. Für diese Gruppen würden in Malta bei Rückkehr naturgemäß keine neuen Asylverfahren durchgeführt. Nach Malta zurückgeführte Personen der Gruppe (b) würden zunächst in Malta strafrechtlich belangt und erhielten Haftstrafen bis zu sechs Monaten. Falls es sich um Personen mit Flüchtlingsstatus handeln sollte oder im Asylverfahren abgelehnte Personen, würden sie nach verbüßter Haftstrafe wieder in offenen Lagern untergebracht. Personen der Gruppe (c) würden sofort wieder in geschlossenen Lagern untergebracht. Auch hier gelte die insgesamt bis zu achtzehnmonatige Verweildauer. Zur Gruppe (a) gehörten die eigentlich gemäß „Dublin II“ nach Malta abgeschobenen Personen, die in Malta absolut identisch behandelt würden wie vor der Weiterreise nach Mittel- und Nordeuropa. Nach dem Update zum Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von November 2011 (Seite 4) würden Dublin-Rückkehr in der Regel in offenen Lagern untergebracht und kämen nur dann in geschlossene Lager, wenn sie aus einem solchen geflohen und darauf in ein anderes europäisches Land ausgereist seien (s.a. bordermonitoring/Pro Asyl, Seite 22). Ihnen würden allerdings die monatlichen Barauszahlungen für Rückkehrer von 130 € auf 80 € reduziert (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 2 f. und Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 8). Ob sich eine Person mit 80,- € noch ernähren und ihren Lebensunterhalt sicherstellen könne, wird unterschiedlich bewertet (ja: Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 2 f.; nein: Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 8). Diese Reduzierung sei für alle Rückkehrer (ob mit Flüchtlingsstatus oder abgelehnte Bewerber) gleich und werde nicht als Bestrafung angesehen, sondern als Auswirkung der ungewissen und selbst initiierten Ausreise nach Mittel- und Nordeuropa. Einfach ausgedrückt, ein Flüchtling, der sich mittellos und ohne Orientierung nach Norden aufmache, habe vermutlich seine Risiken kalkuliert, was sie dann bei Rückkehr nach Malta auch hier die Lage versetze, mit nur 80,- € Zuwendung auszukommen, auch weil er die Möglichkeit habe, hier durch Arbeit ein Zubrot zu verdienen (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 5). Diese Kürzung der finanziellen Unterstützung wird hingegen etwa von bordermonitoring/Pro Asyl (Seite 16) und Schweizerischer Flüchtlingshilfe (Themenpapier, Seite 5) bemängelt. Umgekehrt aber wird festgehalten, dass Malta eine sehr entspannte und großzügige Handhabung der Arbeitsaufnahme erlaube, was sich auch im Straßenbild ausdrücke, weil viele Flüchtlinge für Müllabfuhrunternehmen, Baufirmen, kleine Handwerker und im Hotelgewerbe arbeiteten (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 5 unter Bezugnahme auf den Leiter der UNHCR in Malta, welcher eine eher sehr kritische Haltung gegenüber der maltesischen Regierung in Flüchtlings- und Asylfragen vertrete).
55Die Bearbeitungszeit für Asylanträge habe nach der Auskunft der Deutschen Botschaft (Seite 2) im Jahr 2011 5-6 Monate betragen. Von Januar bis September 2011 seien 1640 neue Asylgesuche eingereicht, 880 Asylgesuche im ersten Halbjahr entschieden worden. Darin seien 26 Person als Flüchtlinge anerkannt worden, 449 hätten subsidiären Schutz erhalten, 23 Personen Temporary Humanitarian Protection und 303 den neuen Schutzstatus New Temporary Humanitarian Protection (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Update von November 2011, Seite 2).
56Sämtlichen Asylbewerbern stünde im Übrigen das Recht zu, bereits ergangene Asylentscheidungen durch ein eigens eingerichtetes „Refugee Appeals Board“ überprüfen zu lassen (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft, Seite 3; bordermonitoring/Pro Asyl, Seite 7). Allerdings werde eine positive Entscheidung zu Gunsten der Asylbewerber hierbei nur in wenigen Fällen pro Jahr gewährt (vgl. UNHCR in seinem o.g. Bericht von März 2013).
57Den vorliegenden Erkenntnismitteln lässt sich auch in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen unter Berücksichtigung der oben dargestellten Maßstäbe zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in ausreichendem Maße entnehmen, dass ein „systemisches Versagen“,
58vgl. zu diesem Begriff EGMR, Entscheidung vom 2. April 2013, a.a.O., Rn. 78,
59der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt und das Asylverfahren sowie die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Malta die eingangs erläuterten systemischen Mängel aufweisen.
60Vgl. zu diesem Begriff erneut EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, Rn. 86; bestätigt durch weitere Urteile vom 14. November 2013 – C-4/11 – und vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, allesamt juris.
61Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der UNHCR bislang keine generelle Empfehlung, Asylbewerber und Ausländer, die bereits einen Schutzstatus in Malta haben, nicht nach Malta zu überstellen, ausgesprochen hat. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist, besonders relevant sind,
62vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 - C-528/11 -, juris, Rn. 44, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 2013, 660 ff.
63Trotz der zum Teil nicht unerheblichen Kritik des UNHCR an den allgemeinen Lebensbedingungen für Asylsuchende und Flüchtlinge in Malta scheinen hiernach – jedenfalls bislang – noch keine systematischen Mängel vorzuliegen (a.A. bordermonitoring/Pro Asyl, Seite 26).
64In gleicher Weise hat auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrem Update von November 2011 abschließend (Seite 11) Position bezogen. Darin wurde lediglich die Ansicht geäußert, insbesondere verletzliche Person wie Familien mit Kindern, alleinstehende Frauen (mit und ohne Kinder), ältere und schwer kranke Menschen nicht nach Malta zurückzuschicken, da zumindest ihre Überstellung unzumutbar sei. Eine dieser Konstellationen liegt beim Antragsteller nicht vor.
65Allein der Umstand, dass Flüchtlinge in Malta in geschlossenen „detention centers“ untergebracht sind, bedeutet im Lichte der einschlägigen EMRK-Rechtsprechung zu dem Art. 4 GRCh entsprechenden Art. 3 EMRK (vgl. insoweit Beschluss vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336) keine erniedrigende und/oder unmenschliche Behandlung, zumal es hierfür aus der Lage Maltas sachliche Gründe gibt.
66Vgl. hierzu auch VG Potsdam, Beschluss vom 20. November 2013 – 6 L 768/13.A –, juris.
67Demgegenüber handelte es sich bei früheren Entscheidungen des EGMR vom 23. Juli 2013, in denen ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK festgestellt wurde (vgl. Nr. 55352/12 -, Aden Ahmed/Malta und Nr. 42337/12 -, Aden Ahmed/Malta) um Einzelfallentscheidungen, die nicht den Rückschluss auf systemische Mängel zulassen.
68So bereits VG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 17. Februar 2014 – 3 B 6974/13 –, juris.
69Eine gänzlich andere Ausgangslage betraf hingegen das von dem Antragsteller benannte Urteil des EGMR vom 21. Januar 2011 (Nr. 30696/09 –, M.S.S./Belgium and Greece), das sich demgemäß nicht vollständig auf die vorliegende Konstellation übertragen lässt. Diesem Urteil lag ein Fall zu Grunde, in dem ein Ausländer in Griechenland nach seinen Angaben monatelang in extremer Armut gelebt habe und seine elementaren Bedürfnisse nicht habe befriedigen, sich nicht habe ernähren und nicht waschen können sowie obdachlos gewesen sei (a.a.O., Rn. 254). Dabei hat das Gericht sich zur Begründung nicht auf eine unzulässige Fiktion der Menschenrechte berufen, sondern die allgemeine Lebenssituation in Malta anhand diverser Erkenntnismittel ermittelt, in ihren wesentlichen Grundzügen dargelegt und sodann anhand der zuvor aufgestellten Maßgaben eine Schlussfolgerung gezogen. Diese stellten sich jedoch – in Anbetracht der vorstehenden erläuterten Situation in Malta – grundlegend verschieden von dem vorstehenden Fall dar. Ein den griechischen Verhältnissen vergleichbarer Zusammenbruch des gesamten Asyl- und Aufnahme- bzw. Unterbringungssystems mit der Folge gravierender Menschenrechtsverletzungen ist in Malta nicht festzustellen.
70Schließlich ist das Gericht auch – ihre Erforderlichkeit offen gelassen – der Frage nachgegangen, ob dem Antragsteller trotz des Fehlens systemischer Mängel eine Verletzung von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK im Einzelfall droht, um in einem solchen Falle gegebenenfalls eine Ausnahme von der innereuropäischen Schutzvermutung zu begründen.
71Vgl. etwa VG Oldenburg (Oldenburg), Beschlüsse vom 17. Februar 2014 – 3 B 6974/13 – und vom 21. Januar 2014 – 3 B 6802/13 –, juris; s.a. die jüngste Entscheidung des EGMR bezüglich Dublin-Überstellungen nach Italien: Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 – Tarakhel gegen die Schweiz; die offizielle Fassung in der englischen Amtssprache ist abrufbar unter http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-148070#{"itemid":["001-148070"]}.
72Auf Grundlage der hier lediglich vorzunehmenden summarischen Prüfung sind ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür, dass der Betroffene im zuständigen Mitgliedstaat tatsächlich Gefahr laufe, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt zu werden, nicht erkennbar.
73Zu diesen Maßstäben: EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, a.a.O., Rn. 365; s.a. EGMR, Urteil vom 4. November 2014, a.a.O.
74Zwar hat der Antragsteller dargelegt, dass er während seiner Aufenthaltszeit in Malta zunächst grundlos inhaftiert und das Leben unerträglich gewesen sei. Doch hat er gleichzeitig die von den diversen Berichten geschilderte Lage bestätigt, dass er nach etwa einem Jahr hätte gehen und sich – neben den geringen staatlichen Hilfen – um eine Arbeitsaufnahme habe bemühen können. Trotz der Schwierigkeit der Lebensbedingungen hat der Antragsteller hiermit keinen Anlass zur Annahme eines Einzelfalls geboten, in welchem er mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in eine Situation geraten würde, die einen Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK darstellen würde. Im Übrigen legt er jedoch nicht dar, dass er als Rücküberstellter bestimmten Risiken in spezifischer Weise ausgesetzt sei. Das Gericht vermag insoweit unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zur Situation in Malta eine besondere Benachteiligung des Antragstellers nicht festzustellen. Abgesehen davon ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen zur Situation auf Malta anzunehmen, dass der Antragsteller im Falle einer Rückkehr nach Malta wahrscheinlich die Möglichkeit hätte, dort zu arbeiten und so seinen Lebensunterhalt jedenfalls in bescheidenem Maße selbst zu bestreiten. Gesundheitliche Beschwerden, die dem entgegen stünden oder sogar in medizinischer Hinsicht nach einer anderen Bewertung verlangen würden, hat der Antragsteller hingegen nicht vorgetragen.
75Die Abschiebungsanordnung nach Malta im Bescheid des Bundesames vom °°. T2. °°°° ist ebenfalls rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
76Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 16. Jan. 2015 - 1a L 2036/14.A
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
1Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob mit Bekanntgabe des Beschlusses, mit dem der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist, die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO neu zu laufen beginnt, da eine Abschiebung wegen der Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG während der Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens unzulässig war, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.
3Es kann offen bleiben, ob dies schon deshalb gilt, weil es sich um auslaufendes Recht handelt. Für alle ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz sowie Gesuche der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme ist nicht mehr die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (im Folgenden: Dublin II-VO), sondern nach ihrem Artikel 49 Abs. 2 die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) anwendbar.
4Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage bedarf jedenfalls deshalb nicht der Klärung im Berufungsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres – verneinend – beantworten lässt.
5Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Entscheidung über den Rechtsbehelf die (rechtskräftige) gerichtliche Entscheidung über die Klage gegen die Überstellungsentscheidung im Hauptsacheverfahren ist.
6Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53, und Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A -, juris, Rn. 5; wie hier etwa auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A -, juris; VG Göttingen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 B 86/14 -, juris.
7Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung. Dem Rechtsbehelf selbst muss aufschiebende Wirkung zukommen. Dies trifft – auch nach dem Unionsrecht – nur auf einen Rechtsbehelf zu, mit dem über die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung und ihren Bestand (abschließend) entschieden wird. Mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht die Aufhebung der behördlichen Entscheidung, sondern nur die Aussetzung des Vollzugs erreicht werden. Zudem vermag nicht die Antragstellung, sondern nur die stattgebende gerichtliche Entscheidung die aufschiebende Wirkung herbeizuführen, deren Endpunkt die Hauptsacheentscheidung ist.
8Diese Überlegungen werden durch die Systematik der Dublin II-VO bestätigt. Gegenstand des Rechtsbehelfs ist die Entscheidung des Beklagten nach Art. 19 Abs. 1 Dublin II-VO, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Antragsteller an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin II-VO kann gegen diese Entscheidung ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Dass dies allein die Klage, nicht aber der Antrag auf Aussetzung sein kann, zeigt vor allem Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO. Danach hat der gegen die Überstellungsentscheidung eingelegte Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders. An diese Vorgaben, die der Sache nach zwischen dem Hauptsache- und dem Aussetzungsverfahren trennen, knüpft der folgende Absatz 3 des Art. 19 Dublin II-VO an, indem er die Frist nur dann erst mit der Entscheidung über den Rechtsbehelf beginnen lässt, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wenn er also – so lässt sich mit Blick auf Absatz 2 präzisieren – im Einzelfall aufgrund einer Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen nach Maßgabe des mitgliedstaatlichen Rechts aufschiebende Wirkung hat. Dem entspricht das nationale Recht. Ein Rechtsbehelf, dem aufschiebende Wirkung zukommt, ist nach § 80 Abs. 1 VwGO – neben dem Widerspruch – nur die Klage. Die Klage gegen die Überstellungsentscheidung des Bundesamts hat – unionsrechtskonform – aber nach § 75 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, diese wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet.
9Hielte man den vorläufigen Rechtsschutzantrag für den Rechtsbehelf im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, führte dies überdies zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass auch bei einer Stattgabe die Überstellungsfrist zu laufen begänne und regelmäßig vor einer Entscheidung in der Hauptsache abliefe. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass bei Aussetzung der Vollziehung der Überstellung die Frist erst mit der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung im Hauptsachverfahren beginnt.
10Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 - 13 A 827/14.A -, juris (zu § 34a Abs. 2 AsylVfG a.F. und einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO); Nds. OVG, Beschluss vom 2. August 2012 - 4 MC 133/12 -, juris; VGH Bad-Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 – A 2 S 1355/11 -, juris.
11Diese systematischen Überlegungen werden durch die Dublin III-VO bestätigt, in deren Art. 27 klar zwischen dem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung und dem Antrag, die Durchführung einer Überstellungsentscheidung auszusetzen, unterschieden wird.
12Hiervon ausgehend führen Sinn und Zweck der Überstellungsfrist, den Mitgliedstaaten Zeit zu geben, um die (technischen) Modalitäten der Durchführung der Überstellung zu regeln, wofür grundsätzlich die vollen sechs Monate zur Verfügung stehen sollen,
13vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495,
14zu keinem anderen Ergebnis. Die Frist berechnet sich in der Regel ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch den zuständigen Mitgliedstaat, da ein gegen die Überstellungsentscheidung eingereichter Rechtsbehelf nach Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO keine aufschiebende Wirkung hat. Nur wenn ausnahmsweise aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung im Einzelfall die Vollziehung ausgesetzt ist, ist die Entscheidung über den Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren – also die abschließende gerichtliche Entscheidung darüber, ob die Überstellung in Zukunft erfolgen wird – für den Fristbeginn maßgeblich.
15Hiervon ausgehend kann auch § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG nicht dazu führen, dass die Überstellungsfrist erst oder erneut mit der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu laufen beginnt.
16So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. April 2014 - 2 L 55/14.A -, juris, Rn. 21; VG Göttingen, Beschluss vom 28. November 2013 - 2 B 887/13 -, juris, Rn. 7 ff.; VG Hamburg, Beschluss vom 4. Juni 2014 - 10 AE 2414/14 -, juris, Rn. 20 ff.; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, November 2013, § 27a Rn. 227 f.
17Nach dieser Vorschrift ist die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Dadurch wird, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht zu einem Rechtsbehelf im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, der nach der obigen Auslegung allein die Klage ist. Die Anordnung eines Vollziehungshindernisses durch den nationalen Gesetzgeber kann ferner deshalb nicht mit der vorläufigen Aussetzung des Vollzugs der Abschiebungsanordnung durch gerichtlichen Eilbeschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO gleichgesetzt werden, weil dies den unmittelbar geltenden Vorgaben der Dublin II-VO zuwider liefe. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO steht die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes der Durchführung der Überstellung nicht entgegen, es sei denn, der Rechtsbehelf hat aufgrund einer Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen im Einzelfall aufschiebende Wirkung. Verankert ist damit zum einen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, zum anderen das Erfordernis einer gerichtlichen oder behördlichen, konkret-individuellen Anordnung. Dem liegt der Beschleunigungsgedanke zugrunde, der auch Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO ist, wonach die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat der Asylantragstellung übergeht, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Im öffentlichen Interesse soll eine zeitnahe Überstellung erfolgen, im Interesse des Asylbewerbers sein Antrag in angemessener Zeit geprüft werden.
18Dem Einwand der Beklagten, es stünden dann aber in Deutschland aufgrund des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG nicht die vollen sechs Monate für die Organisation der Überstellung zur Verfügung, eine Schlechterstellung als Folge eines zugunsten der Antragsteller geschaffenen gesetzlichen Abschiebungshindernisses sei aber unzulässig, ist nicht zu folgen. Die bloße Hemmung der Vollziehung hindert die zuständige Ausländerbehörde schon nicht, bis zur Entscheidung über den Eilantrag bereits mit der Vorbereitung der weiterhin zulässigen, nur noch nicht durchführbaren Überstellung zu beginnen.
19So auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A -, juris, Rn. 26.
20Abgesehen davon beruht die von der Beklagten bemängelte Verkürzung des sechsmonatigen Zeitraums um die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auf einer Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, die durch die Dublin II-VO nicht vorgegeben ist. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie II) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) ist § 34a Abs. 2 AsylVfG bereits mit Wirkung vom 6. September 2013 geändert worden, obwohl zu dem Zeitpunkt noch die Dublin II-VO anwendbar war. Die Vorgabe des Art. 27 Abs. 3 lit. c Satz 2 der Dublin III-VO, wonach die Überstellung auszusetzen ist, bis die Entscheidung über den ersten Antrag auf Aussetzung ihrer Durchführung ergangen ist, ist erst ab dem 1. Januar 2014 – und damit auch für eine Vielzahl von Altfällen noch nicht – anwendbar.
21Entgegenstehende Rechtsprechung anderer Obergerichte, die eine bundeseinheitliche Klärung erforderte, ist nicht ersichtlich. Mit dem Hinweis auf abweichende Entscheidungen einzelner erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte wird angesichts des Vorstehenden kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
23Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Gründe
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I.
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Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
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1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
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Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
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Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
II.
Gründe
Tenor
I.
Der Bescheid vom
II.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine im Rahmen des Dublin-Systems angeordneten Abschiebung in die Niederlande.
Der am ....1981 in ... geborene Kläger, eigenen Angaben zufolge sierra-leonischer Staatsangehöriger, reiste wiederum eigenen Angaben zufolge am
Am
In Folge dessen entschied das Bundesamt mit Bescheid vom
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 13.03.2014 eingegangenen Klage. Gleichzeitig suchte er um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Abschiebungsanordnung nach, der unter dem Aktenzeichen RN 5 S 14.30303 geführt und mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg
Mit Schreiben vom
Der Kläger beantragt deshalb,
1. Der Bescheid der Beklagten vom
2. Es wird festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers zulässig ist und in Deutschland materiell behandelt wird.
3. Es wird festgestellt, dass der Kläger in Deutschland asylberechtigt ist, hilfsweise festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse gemäß § 60 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage wird abgewiesen.
Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor:
Unabhängig von der Frage der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG kann ein wegen Unzulässigkeit des Antrags ablehnender Bescheid nur aufgehoben werden, wenn nach § 71a AsylVfG die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegen. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Bundesrepublik für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Beides müsse hier aber verneint werden. Allein der Ablauf der Überstellungsfrist rechtfertige eine Aufhebung des Bescheids nicht.
Habe ein früheres Asylverfahren in einem anderen Mitgliedsstaat zur Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes geführt, ergebe sich die Unzulässigkeit des Antrags schon aus § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Aber auch wenn ein früheres Asylverfahren erfolglos abgeschlossen worden sei, könne die Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheids nicht verlangt werden, weil mangels rechtlichen Vorteils es insoweit am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Jedenfalls könne eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG vorgenommen werden, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können. Bei beiden Tenorierungen sei nämlich die Ablehnung der materiellen Prüfung des Asylantrags das Ziel.
Mit Schreiben vom
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf das den Kläger betreffende Aktengeheft des Bundesamtes, das dem Gericht vorgelegen hat, Bezug genommen.
Gründe
Die auf Aufhebung des Bescheids gerichtete Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ist zulässig und begründet, weil der streitgegenständliche Bescheid im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtswidrig ist und den Kläger zumindest in seinem Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 16a Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO verletzt. Nach Ablauf der hier maßgeblichen 6-monatigen Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO ist die Beklagte (erneut) verpflichtet, die Prüfung des Asylantrags aufzunehmen. Der Bescheid kann nicht wegen Unzulässigkeit der Asylanträge bei Vorliegen ausländischer Anerkennungsentscheidungen oder aufgrund parallel laufender Asylverfahren bzw. im Wege der Umdeutung nach § 47 VwVfG als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden.
Die daneben gestellten Feststellungsanträge sind unzulässig bzw. unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die im Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung, dass die Beklagte für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Der Klageantrag zu 3) auf Feststellung der Asylberechtigung, hilfsweise auf Feststellung von Abschiebungsverboten, ist unzulässig, weil beiden Rechtsschutzziele primär mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen sind. Die Feststellungsklage ist diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig. Im Einzelnen:
1. Mit Einverständnis der Parteien konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
2. Der streitgegenständliche Bescheid, mit dem der Asylantrag des Klägers als unzulässig zurückgewiesen wurde, findet im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach Ablauf der Überstellungsfrist keine gesetzliche Grundlage mehr.
a. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Damit ist § 27a AsylVfG die zentrale Norm des nationalen Verfahrensrechts zur Verwirklichung eines einheitlichen europäischen Asylrechts mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung und der Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Grundsätzlich soll innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig sein. Deshalb wurde auf der Grundlage des Art. 78 Abs. 2 lit. e des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Gemeinschaft (AEUV) die Dublin-II-VO erlassen. Sie enthält in Kapitel III eine Rangfolge von Kriterien, nach denen der zuständige Mitgliedsstaat bestimmt wird. Bei diesen Zuständigkeitsregeln handelt es sich um rein objektive zwischenstaatliche Regelungen, die keine individuelle Rechtsposition begründen (Günther, in: Kluth/Heusch, Beck’scher Online-Kommentar zum Ausländerrecht, § 27a Rn. 30). Der Kläger hat grundsätzlich, abgesehen von wenigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen, kein vor den Gerichten einklagbares Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in einem bestimmten oder in dem für ihn zuständigen Staat (VGH BW, B.v. 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13).
Dieses „Zuständigkeitssystem“ suspendiert aber nicht das subjektiv öffentliche Recht jedes Asylbewerbers auf Durchführung eines Asylverfahrens. Im Hinblick auf die Beklagte resultiert dieser materielle Prüfungsanspruch letztlich aus Art. 16a Abs. 1 GG bzw. aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO, wonach die Mitgliedsstaaten zur Prüfung des Asylantrags verpflichtet sind. Nur wenn der Mitgliedsstaat bei der Prüfung des Asylantrags feststellt, dass an sich ein anderer Mitgliedsstaat für den Asylantrag zuständig ist, kann er seine eigene Prüfung beenden, den Antragsteller auf einen anderen Mitgliedsstaat verweisen und ihn dorthin abschieben.
Diese Zuständigkeitsverlagerung hat nach den Regelungen des Kapitels III der Dublin-II-VO jedoch stets zwei Voraussetzungen: Zum einen muss der Staat in dem Asylantrag gestellt wurde davon überzeugt sein, dass ein anderer Mitgliedsstaat zur Prüfung zuständig ist; zum anderen muss der ersuchte Mitgliedsstaat - je nach Fallkonstellation - der Aufnahme zustimmen bzw. mit der Wiederaufnahme einverstanden sein. Nur durch diese beiden Elemente wird letztlich ein Zuständigkeitsstreit verhindert und die materielle Prüfung des Asylantrags innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sichergestellt.
b. Aus den vorstehenden Erwägungen wird nun deutlich, warum der streitgegenständliche Bescheid nach Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden ist.
Im vorliegenden Fall hat sich die Niederlande mit einer Wiederaufnahme nach Art. 20 Abs. 1 lit. b) und c) einverstanden erklärt. Die Bereitschaft der Wiederaufnahme ist jedoch gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO zeitlich begrenzt. Wird die Überstellung des Antragstellers nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten durchgeführt, fällt die Zuständigkeit wieder auf den ersuchenden Staat (hier die Beklagte) zurück. Ab diesem Zeitpunkt ist der ersuchte Staat nach den zwischenstaatlichen Zuständigkeitsregelungen nicht mehr verpflichtet, den Asylbewerber wiederaufzunehmen. Ab diesem Zeitpunkt entfällt somit die zweite Voraussetzung der Zuständigkeitsverlagerung, nämlich die sichere Bereitschaft des ersuchten Staates zur Aufnahme des Antragstellers bzw. Wiederaufnahme.
Deshalb findet die Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Stütze mehr in § 27a AsylVfG. Der Asylantrag des Klägers kann nun nicht mehr als unzulässig abgewiesen werden, da die ursprüngliche Zuständigkeit des zunächst benannten Mitgliedsstaates nicht mehr gegeben ist. Die Beklagte hat auch keine Gründe vorgetragen, woraus sich die weitere Zuständigkeit des hier ersuchten Mitgliedsstaates ergeben soll.
c. Der Bescheid führt zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch zu einer Rechtsverletzung des Klägers. Er hat gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG ein subjektiv öffentliches Recht auf Durchführung eins Asylverfahrens. Dieses Recht ist verletzt, wenn sich die Beklagte auch nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter auf die zum Zeitpunkt des Bescheidserlass bestehenden Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates beruft.
Für die Rechtsverletzung kommt es nicht darauf an, ob der Fristablauf für den Kläger nunmehr ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland begründet. Durch den Fristablauf wird das Verfahren gleichsam in den Zustand zurückversetzt, indem es sich bei Antragstellung in Deutschland befunden hat. Damit lebt die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrags wieder auf. Im Anschluss daran muss die Beklagte prüfen, ob es sich um einen Erst- oder um einen Zweitantrag handelt.
Aus diesem Grund ist auch die im Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung unbegründet, weil noch nicht feststeht, ob die Beklagte einen Asylantrag tatsächlich materiell behandeln muss. Es steht nämlich noch nicht fest, ob der Kläger bereits in einem anderen Mitgliedsstaat rechtskräftig mit seinem Asylbegehren abgelehnt wurde oder nicht. Folglich kann an dieser Stelle auch nicht entschieden werden, ob es sich bei dem klägerischen Antrag um einen Erst- oder Zweitantrag handelt. Im Übrigen besteht für eine solche Feststellung auch kein Rechtsschutzinteresse, weil die Beklagte nach Aufhebung des Bescheids ohnehin gesetzlich verpflichtet ist, das Verwaltungsverfahren wiederaufzunehmen. Eine dahingehende Feststellung wäre nur dann notwendig, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie auch nach Aufhebung des Bescheides untätig bleiben will. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte.
3. Nachdem die Ziffer 1) des Bescheids rechtswidrig geworden ist und der Asylantrag zunächst nicht mehr unzulässig ist, ist auch für eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kein Raum mehr. Aus diesem Grund war auch die Ziffer 2) des Bescheids aufzuheben.
4. Soweit die Beklagte auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 17.6.2014 - 10 C 7/13) Bezug nimmt, wonach es bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt sei, weil ein gleichwohl gestellter Antrag unzulässig sei, ist der Bezug zum vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der Kläger ist im ursprünglich zuständigen Mitgliedsstaat nach Aktenlage weder als Flüchtlinge anerkannt worden noch wurde ihm subsidiärer Schutz gewährt.
5. Der streitgegenständliche Bescheid kann auch nicht im Wege der Umdeutung gemäß § 47 VwVfG als eine ablehnende Entscheidung über einen Zweitantrag aufrecht erhalten werden, weil mehrere Voraussetzungen der Umdeutung sowohl im Hinblick auf die Ziffer 1), als auch bzgl. Ziffer 2) des Bescheids fehlen.
a. Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt den Verwaltungsakt in den umgedeutet werden soll bereits „enthält“ (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 47 Rn. 33). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Regelungsausspruch unverändert bleiben muss; nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen aber zwischen der umzudeutenden und der durch die Umdeutung erzeugten Regelung keine wesentlichen rechtlichen Unterschiede bestehen d. h. der neue Verwaltungsakt muss die gleiche materiell-rechtliche Tragweite besitzen (BVerwG, U. v. 28.02.1975 - IV C 30.73
b. Hinsichtlich der Ziffer 1) ist diese Voraussetzung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr) erfüllt, weil jetzt die Ablehnung der Prüfung des Zweitantrags die ursprünglich im Dublin-Verfahren ergangene Entscheidung in ihrer rechtlichen Tragweite deutlich übersteigt. Nach Ablauf der Überstellungsfrist hat die Ablehnung des Zweitantrags eine entscheidende andere Rechtswirkung.
Die Entscheidung im Dublin Verfahren erschöpft sich nämlich in der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage. Für § 27a AsylVfG kommt es nur darauf an, ob die Beklagte nach dem Dublin-Regime für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die gleiche Frage stellt sich zunächst auch bei § 71a Abs. 1 AsylVfG, wonach in Deutschland nur dann ein Zweitverfahren durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik für das Zweitverfahren zuständig ist. Insoweit deckt sich die materiell-rechtliche Tragweite beider Entscheidungen. Dieses Deckungsverhältnis besteht aber nur solange, solange sichergestellt ist, dass die Beklagte nicht zur Prüfung des Zweitantrags zuständig ist. Eine Entscheidung nach § 27a AsylVfG und § 71a AsylVfG unterscheidet sich während offener Überstellungsfrist nicht. Hier wie dort wäre der materiell-rechtliche Gehalt der Entscheidung identisch, denn er würde sich in der Aussage erschöpfen, dass die Bundesrepublik Deutschland für das jeweilige Verfahren nicht zuständig ist. Daneben würde, ebenso wie bei § 27a AsylVfG, gemäß § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Staat erfolgen. Denn solange die Beklagte für den Zweitantrag nicht zuständig ist, kommt es auf Wiederaufnahmegründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht an.
Sobald jedoch die Überstellungsfrist abgelaufen ist, kommt die von der Beklagten beabsichtigte Umdeutung nicht in Betracht, denn sie verändert in maßgeblicher Hinsicht die materiell-rechtliche Tragweite der Entscheidung. Ab diesem Zeitpunkt verneint der Bescheid nämlich Wiederaufgreifensgründe und zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Die Beklagte müsste nämlich im Rahmen des Zweitantrags nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen. Damit würde aber der Bescheid ganz andere Rechtswirkungen erhalten, die in dem ursprünglichen Ausgangsbescheid keine Rolle gespielt haben und somit darin auch nicht enthalten waren. Deshalb scheidet die von der Beklagten vorgenommenen Umdeutung der Ziffer 1) des Bescheids bereits an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses aus.
c. Aus dem gleichen Grund kann auch die Abschiebungsanordnung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedsstaat nach § 34a AsylVfG nicht in eine Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland umgedeutet werden (Ziffer 2). Auch hier fehlt es offensichtlich an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses. Zudem wäre die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat zur Abschiebung in den Mitgliedsstaat eine vergleichsweise ungünstigere Rechtsfolge. Demnach steht § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG der Umdeutung entgegen.
d. Schließlich scheitert die Umdeutung auch an den verfahrensrechtlichen Voraussetzung. Für den durch Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakt dürfen nämlich keine Verfahrensvorschriften gelten, die bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt nicht eingehalten worden sind (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 47 Rn. 17). Dadurch wird sichergestellt, dass jedenfalls die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, die die Behörde hätte beachten müssen, wenn sie den Verwaltungsakt schon ursprünglich in der nunmehr gewollten Form hätte erlassen wollen.
Hier hat es die Beklagte unterlassen, den Kläger zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrags (materielle Fluchtgründe und Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG anzuhören. Nach dem vorgelegten Behördenakt hat die Beklagte lediglich eine Befragung zur Vorbereitung der Anhörung nach § 25 AsylVfG durchgeführt. Ergebnis war dann die Einleitung eines Dublin-Verfahrens und der Erlass des streitgegenständlichen Bescheids. Eine Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG bestand nie. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da dies nur dann möglich ist, wenn die Anhörung für die Feststellung der Voraussetzungen nicht erforderlich ist. Hier war die Anhörung aber notwendig, weil die Beklagte mangels weiterer Angaben noch nicht mal entscheiden konnte, ob es sich um einen Zweitantrag handelt bzw. ob Wideraufnahmegründe vorliegen. Ausweislich des Behördenakts ist bereits unklar, ob ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat erfolglos durchgeführt wurde oder nicht. Dies wird die Beklagte erst noch klären müssen (vgl. zu alldem auch VG Regensburg, U. v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217).
6. Nachdem die Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids ausscheidet, erlangt der Kläger entgegen der Ansicht der Beklagten auch einen rechtlichen Vorteil. Nach Aufhebung des Bescheids ist die Beklagte verpflichtet das Verwaltungsverfahren wiederaufzunehmen.
7. Da der Kläger in der Hauptsache teilweise obsiegt hat und teilweise unterlegen ist, waren die Kosten untereinander gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 zu teilen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.