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Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht durch den Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO) und auch gemäß § 102 Abs. 2 VwGO, worauf in der Ladung ordnungsgemäß hingewiesen worden war, verhandeln, ohne dass ein Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zugegen war, zumal das Fernbleiben entschuldigt war.
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Die
Verpflichtungsklage
der Klägerin ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet. Sie hat - abgesehen von der Anrechnung eines zweiten Behandlungstages
(2)
- keinen Anspruch auf die Gewährung einer höheren als der bewilligten Beihilfe; die dies versagenden Bescheide sind folglich nicht rechtswidrig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO)
(1)
.
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Rechtsgrundlage für das Verpflichtungsbegehren der Klägerin ist § 79 BBG in Verbindung mit der allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Beihilfevorschriften -
BhV
-) in der seit dem 01.01.2004 geltenden
Neufassung
, die für die hier aus dem Jahre 2005 herrührenden Aufwendungen maßgeblich ist. Dabei stellt das Gericht die vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 -, BVerwGE 121, 103 = DVBl 2004, 1420 = DÖV 2005, 24 = ZBR 2005, 42; zitiert nach Juris) formell verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gültigkeit der Beihilfevorschriften unter Anerkennung einer großzügig zu bemessenden - auch vom Bundesverwaltungsgericht anerkannten -
Übergangszeit
für ihre normative Neufassung zurück, zumal dies im Interesse beider Beteiligter liegt (ähnlich so VG Dresden, Urteil vom 16.02.2006 - 11 K 2389/03 - und VG Braunschweig, Urteil vom 25.04.2006 - 7 A 265/04 -; jeweils zitiert nach Juris).
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1.
Nach
§ 13 Abs. 1 Satz 1 BhV
sind außerhalb der Bundesrepublik Deutschland entstandene Aufwendungen nur beihilfefähig, wenn es sich um Aufwendungen nach § 6 und §§ 9 bis 11 BhV handelt und nur insoweit und bis zu der Höhe, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland beim Verbleiben am Wohnort entstanden und beihilfefähig gewesen wären. Die Kosten der hier im Mai 2005 erfolgten ärztlichen Behandlung und der Unterbringung im Krankenhaus sind in diesem Sinne nach § 6 krankheitsbedingte beihilfefähige Aufwendungen und damit auch im Ausland nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BhV grundsätzlich beihilfefähig. Allerdings wird Beihilfe nur insoweit und bis zu der Höhe, wie in der Bundesrepublik Deutschland für das selbe Krankheitsbild in einem vergleichbaren Krankenhaus Kosten entstanden wären, geleistet. Zu diesem Zwecke wird ein Kostenvergleich durchgeführt, der lediglich in den Ländern innerhalb der Europäischen Union entbehrlich ist (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BhV). Abgesehen davon gilt keine Beschränkung der Beihilfe auf die Höhe der in der Bundesrepublik Deutschland beihilfefähigen Kosten nur dann, wenn u.a. die Aufwendungen 550 EUR je Krankheitsfall nicht übersteigen oder wenn eine in der Nähe der deutschen Grenze wohnende Person aus akutem Anlass das nächstgelegene Krankenhaus im Ausland aufgesucht hat (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BhV).
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Hiervon ausgehend sind die geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin in Höhe von insgesamt rund 7.800.- EUR nur beschränkt beihilfefähig und ist die genaue Höhe der Beihilfe durch einen sogenannten
Kostenvergleich
zu ermitteln. Denn keine der genannten oder der weiter unter § 13 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BhV aufgeführten - hier von vorneherein nicht einschlägigen - Ausnahmevoraussetzungen, die die Beschränkung der Beihilfe oder den Kostenvergleich erübrigen könnten, sind gegeben. Entgegen dem Vortrag der Klägerin ist die Schweiz, die unstreitig kein Mitglied der Europäischen Gemeinschaft ist, auch nicht auf Grund eines bilateralen Abkommens hinsichtlich der Krankenversorgung wie ein solches Mitglied zu behandeln. Art. 8 des hier nach Auffassung der Klägerin in Betracht zu ziehenden Freizügigkeitsabkommens, wonach die Vertragsparteien die „Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gem. Anhang II“ regeln, lässt einen solchen Schluss nicht zu. Art. 1 des Anhangs II verlangt zwar im Bereich der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit untereinander, die gemeinschaftlichen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, auf die in Abschnitt A Bezug genommen wird, anzuwenden. Abschnitt A nimmt jedoch ausschließlich auf Rechtsakte Bezug, die Arbeitnehmer oder Selbstständige sowie deren Familienangehörige betreffen. Allgemein stellt das Freizügigkeitsabkommen auch ansonsten auf den beruflichen und wirtschaftlichen Austausch ab und damit grundsätzlich auf den
dauerhaften
Aufenthalt der jeweiligen Staatsangehörigen im anderen Land, jedenfalls aber schwergewichtig auf einen Aufenthalt im Zuge der Erwerbstätigkeit (Grenzgänger)(vgl. etwa „Zielsetzungen“ in Art. 1 a), b) und d) FZA u.a.: „Zugang zu Erwerbstätigkeit“; „Erbringung von Dienstleistungen“, „gleiche Beschäftigungsbedingungen“). Darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen. Das wird auch durch Art. 24 FZA unterstrichen, wonach Personen, die keine Erwerbstätigkeit in der Schweiz ausüben, aber dort wohnen (wollen), eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren erhalten, sofern sie u.a. nachweisen, über einen Krankenversicherungsschutz zu verfügen, der sämtliche Risiken (nach schweizerischem Recht auch Unfall und Mutterschaft) abdeckt. Aus der Tatsache, dass für Besuchsreisen offenbar keine vergleichbare Regelung besteht, ist zu schließen, dass das Freizügigkeitsabkommen insoweit keine Koordinierung des Schutzes durch Krankenversicherungen anstrebt. Für Besucher sichert das Abkommen, falls insoweit überhaupt erforderlich, allenfalls das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Art. 1 c, 3 und 6 FZA).
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Selbst wenn nach der Zielsetzung des Abkommens, die Systeme der sozialen Sicherheit zu koordinieren, auch eine Anpassung der beihilferechtlichen Regelung des § 13 BhV im Verhältnis zur Schweiz angestrebt wäre und deshalb erfolgen müsste, wie die Klägerin meint, so ließe sich eine beihilferechtliche Entscheidung nicht unmittelbar auf das Abkommen stützen. Eine Umsetzung ist indessen bislang nicht erfolgt. Dieses „Versäumnis“ verstieße auch nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, sodass mittelbar auch nicht daraus vom einzelnen Beihilfeberechtigten ein einklagbarer Anspruch auf Gewährung einer höheren Beihilfe abgeleitet werden könnte. Für eine solche Anpassung fehlen nämlich derzeit bereits die Voraussetzungen, wie der nahezu um den Faktor 10 variierende Krankenkostenunterschied zwischen der Schweiz und Deutschland jedenfalls im vorliegenden Fall beweist.
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Die im Abkommen angestrebte „Koordinierung“ müsste mithin vor allem und zunächst eine Angleichung der Kosten sowie eine Anpassung des
Abrechnungssystems
der Krankenleistungen bedeuten, welche hier - auch nach Auffassung der Klägerin - völlig fehlt. Insoweit zeigt die schriftliche Begründung des Spitals ... vom 13.01.2006 für die in Rechnung gestellten Preise, dass es sich offenbar nicht um ein Entgelt für tatsächlich angefallenen Aufwand, sondern um einen in Geldbeträgen ausgedrückten Verrechnungsposten zur Krankenhausfinanzierung anhand der durchschnittlichen kantonalen Vorjahres-Fallkosten handelt. Dieses Finanzierungssystem stützt sich hauptsächlich (in ... zu 60 Prozent) auf staatliche Leistungen des Wohnkantons des Patienten, ergänzt durch dessen Pflichtversicherung, wobei nicht der individuell-konkrete Leistungsumfang für den einzelnen Patienten, sondern der prognostizierte Gesamtaufwand der Klinik maßgebend ist. Die Patientenkosten können auf diesem Wege, wie der vorliegende Fall besonders deutlich zeigt, im Einzelfall bis zur „Kostendeckung“ nachgerade beliebige Höhen erreichen, belasten aber - vorbehaltlich von besonderen Leistungen für Privatpatienten - nie den (schweizerischen) Patienten selbst.
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Mit diesem Abrechnungssystem kann das am individuellen Kranken-Aufwand orientierte deutsche Versicherungssystem nicht Schritt halten, kann auch das hieran anknüpfende System der Beihilfe, welches lediglich (individuell)
notwendige
und (insoweit) der Höhe nach
angemessene
Aufwendungen tragen soll (§ 5 Abs. 1 BhV), nicht in Einklang gebracht werden. Denn die Beihilfe stellt kein Instrument der staatlichen Krankenhausfinanzierung dar; dies kann auch und erst recht bei Aufwendungen für den stationären Aufenthalt im Ausland nicht anders sein. Zumindest deshalb kann bislang selbst in erweiternder Analogie zum Freizügigkeitsabkommen bei in der Schweiz erkrankten Freizeit- und Urlaubsreisenden nicht von einem Kostenvergleich nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BhV abgesehen werden. Aus dem Freizügigkeitsabkommen kann mithin nichts zu Gunsten der Klägerin hergeleitet werden.
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Es stellt sich vielmehr umgekehrt die Frage, ob die Überwälzung des staatlichen Förderanteils der Kantone an der Krankenhausfinanzierung auf den aus der Europäischen Gemeinschaft stammenden ausländischen Patienten (vgl. so ausdrücklich die Begründung des Spitals vom 13.01.2006) ihrerseits mit dem
Koordinierungsgebot
bei der sozialen Sicherung und Krankenversorgung im genannten Freizügigkeitsabkommen in Einklang steht. Das begegnet erheblichen Zweifeln. Möglicherweise bedürfte es zur weiteren Abklärung bilateraler Verhandlungen auf der politischen Ebene. Geht mithin die Klägerin - wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärte - folgerichtig selbst davon aus,
persönlich
zur (restlichen) Bezahlung dieser Rechnung des Spitals eigentlich nicht verpflichtet zu sein, so ist ihr Aufwand auch schon aus diesem Grunde nicht beihilfefähig. Denn Beihilfe wird regelmäßig nicht unabhängig vom Zahlungsverpflichteten, sondern nur insoweit gewährt, als der Zahlungsverpflichtete selbst zu Recht herangezogen wird bzw. seine Heranziehung für berechtigt ansieht.
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Von einem Kostenvergleich bzw. einer Beschränkung des beihilfefähigen Aufwands kann schließlich auch nicht nach der Ausnahmebestimmung des
§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BhV
abgesehen werden. Zwar hatte sich die Klägerin, welche in Deutschland unzweifelhaft in der Nähe der deutsch-schweizerischen Grenze wohnt, aus akutem Anlass in das für sie nächstgelegene Krankenhaus in der Schweiz begeben. Auch ist ihr zuzugeben, dass der Anlass nicht eingetreten sein muss, während sie sich (noch) diesseits der Grenze in Deutschland aufgehalten hatte (so nunmehr Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur gleich lautenden landesrechtlichen Regelung des § 13 Abs. 2 Nr. 3 2. Alt. BVO, Urteil vom 20.02.2006 - 4 S 2954/04 -, VBlBW 2006, 315; zitiert nach Juris). Sie hatte sich aber auf der Schweizer Seite nicht in der
Nähe der Grenze
aufgehalten, als sich die Notwendigkeit ergab, das Krankenhaus aufzusuchen. Ein Beihilfeberechtigter hält sich nach dem genannten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nur dann in der Nähe der Grenze auf, wenn er damit rechnen darf, mit dem Kraftfahrzeug ohne Schwierigkeiten nicht länger als etwa eine Stunde für die Wiedereinreise nach Deutschland zu benötigen. Eine solche Fahrtzeit wäre im vorliegenden Falle von ... aus offensichtlich nicht zu erreichen. Es kommt hinzu, dass sich das „nächstgelegene Krankenhaus“ nach dem Sinn und Zweck der Regelung, Grenzbewohnern (von Konstanz bis Weil am Rhein) rascher die beste Versorgung (z.B. in Basel) zu ermöglichen, auf den Wohnort, nicht aber den Ort des Vorfalles, beziehen mag, was hier allerdings letztlich offen bleiben kann. Gleiches gilt für die Frage, ob das Spital ... als „öffentliches Krankenhaus“ im Sinne der Vorschrift anzusehen wäre.
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Aus dem Vorstehenden ergibt sich mittelbar zugleich, dass es grundsätzlich in allen Fällen des § 13 BhV auf die Umstände der Wahl des Krankenhauses im Ausland, insbesondere darauf, ob es sich um einen
Notfall
gehandelt hat, nicht ankommt. Davon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Die einzige Fallgestaltung, bei welcher der „akute Anlass“, d.h. (auch) ein Notfall, eine Rolle spielt, ist mithin die genannte Ausnahmeregelung für Grenzbewohner. Da Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind und der „akute Anlass“ in § 13 Abs. 2 Nr. 3 BhV nach der obergerichtlichen Rechtsprechung auch lediglich in einem „Stundenradius“ von der Grenze Bedeutung haben kann, kommt es nach dem Willen des Erlassgebers in allen anderen Fällen auf eine Notfallsituation nicht an. Zu diesem Grundsatz des Beihilferechts hat das Gericht bereits in einem anderen Verfahren (Urteil vom 12.07.2006 - 6 K 1551/05 -), in welchem die Wahl der Klinik notfallbedingt nicht frei erfolgen konnte, ausgeführt:
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„Das gilt auch in
Notfällen
, d.h. dann, wenn die (teurere) Privatklinik vom Beihilfeberechtigten nicht frei gewählt werden konnte. Die Beihilfevorschriften sehen insoweit keine unterschiedliche Bewertung vor, insbesondere z.B. keinen Verzicht auf die Vergleichsberechnung, auf welchen der Kläger letztlich abhebt. Das ist auch rechtlich nicht geboten, weil die Vergleichsberechnung nicht zur Sanktion der „Wahl“ des Beihilfeberechtigten für eine teurere Klinik, sondern einseitig zur Begrenzung der Beihilfekosten vorgesehen ist. Der Anlass für eine Behandlung in der Privatklinik kann unter diesen Umständen keine Rolle spielen. Folglich kann es auch auf den „freien“ Willen des Beihilfeberechtigten, sich in die Privatklinik zu begeben, nicht ankommen. Soweit er nicht aus freien Stücken in die Privatklinik gelangt war, hat dies - wie bei allen Notfällen, z.B. einem Unfall im Ausland, - schicksalhaften Charakter.…Es kommt hinzu, dass die Nichtberücksichtigung des Anlasses der Aufnahme in eine Privatklinik in hohem Maße den Grundsätzen der
Generalisierung und Pauschalierung
entspricht, wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat. Eine Regelung, die „Notfälle“ von der generellen Abrechnungsweise ausnehmen würde, würde sich nämlich voraussichtlich rasch als unpraktikabel erweisen. Jedenfalls wäre ihre Anwendung mit einem erheblichen - der Beihilfestelle letztlich unzumutbaren - Verwaltungsaufwand verbunden…..Letztlich wäre die behauptete Überlastung der Universitätsklinik nur durch eine unter Einbeziehung von Zeugen durchzuführende Beweisaufnahme zu klären….Des Weiteren müsste in solchen Fällen zur Beurteilung der Dringlichkeit des „Notfalles“ weiter geklärt werden, ob lediglich die überbelegte Klinik zu einer sachgemäßen und dem Beihilfeberechtigten zumutbaren Versorgung in der Lage gewesen war, wovon hier - jedenfalls nach Meinung des fachkundigen Oberarztes - ebenfalls kaum ausgegangen werden könnte….Schließlich müsste zweifelsohne vielfach geklärt werden, ob der „Notfall“ wirklich so dringlich gewesen war, dass nicht - oder gegebenenfalls wie lange höchstens - auf einen eventuell frei werdenden Behandlungsplatz hätte gewartet werden können. All dies zu ermitteln ist allein zur Vermeidung von einzelnen Belastungsfällen der Beihilfeverwaltung weder organisatorisch noch finanziell zuzumuten.“(Zitat-Ende) Diese Überlegungen gelten auch im vorliegenden Falle.
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All dies verstößt auch nicht gegen die
Fürsorgepflicht
des Dienstherrn. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung haben Beihilfeberechtigte auch schon bei Krankheitsfällen im Inland gewisse „Härten“ hinzunehmen. Insbesondere ist es nicht geboten, alle krankheitsbedingten Aufwendungen durch Beihilfen abzudecken; geboten ist lediglich eine angemessene Beteiligung an den Aufwendungen. Dem Dienstherrn verbleibt ein erheblicher Spielraum, in dessen Rahmen er Voraussetzungen, Umfang sowie Art und Weise der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht bestimmen kann (so schon BVerwG, Urteil vom 20.10.1976, BVerwGE 41, 192 ff.) Ein Zurückgreifen auf die allgemeine Fürsorgepflicht ist daher nur dann zulässig und geboten, wenn die Versagung einer Hilfe die Fürsorgepflicht in ihrem Kern verletzen würde. Das trifft hier nicht zu. Für im Ausland eintretende Krankheitsfälle, sofern sie nicht im Zusammenhang mit der Ausübung des Dienstes stehen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 BhV) oder ihre Behandlung dort ausdrücklich gestattet wird (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 BhV) braucht der Dienstherr schon im Ansatz nicht in vollem Umfange einzustehen, kann also auch der Kern der Fürsorgepflicht in aller Regel nicht verletzt sein. Zutreffend hat die Beklagte insoweit auf das
Territorialprinzip
verwiesen, wonach die Fürsorgepflicht des Dienstherrn regelmäßig an den Grenzen des eigenen Landes endet. Das rechtfertigt sich letztlich daraus, dass der Dienstherr im Ausland keinerlei Möglichkeiten hat, auf die für seine Leistungsgewährung maßgeblichen Verhältnisse Einfluss zu nehmen, beispielsweise auf die Art und Weise der Krankenversorgung, das Abrechnungssystem, die Rechnungsüberprüfung usw.. Insoweit fehlt häufig sogar die Möglichkeit, ausreichenden Einblick in diese Verhältnisse zu gewinnen. Unter diesen Umständen ist es ihm folglich nicht zuzumuten, Leistungen zu erbringen, soweit sie über das hinausgehen, was im Inland angemessen ist. Außerhalb der Landesgrenzen hat der Beamte somit grundsätzlich in höherem Maße als im Inland für sich selbst zu sorgen. Diese Unterscheidung zwischen In- und Ausland im Beihilferecht steht mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in jedem Falle in Einklang (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, a.a.O.), zumal es dem ins Ausland reisenden Beamten obliegt, durch Abschluss einer Auslandskrankenversicherung selbst Vorsorge zu treffen. Geschieht dies nicht, kann grundsätzlich auch kein existenzieller Härtefall anerkannt werden, wenn er mit extrem hohen Krankenkosten belastet wird, die in seiner Heimat unbekannt sind. So verhält es sich hier.
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Die Beklagte hat den hiernach gebotenen Kostenvergleich auch rechnerisch zutreffend durchgeführt. Insoweit kann im Einzelnen auf ihre detaillierte Darstellung in der Klageerwiderung vom 26.07.2006 (S. 4) verwiesen werden, gegenüber welcher die Klägerin keine Einwendungen erhoben hat. Ausweislich des in den Akten enthaltenen Auszugs des Computerprogramms der Universität Münster zur Berechnung der Behandlungskosten ist nach der hier von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Beschreibung des Krankheitsbildes durch das Spital in ... von dem international katalogisierten Krankheitsfall
DRG-Ziffer B 80 Z
auszugehen. Für die Behandlung dieses Falles ist in Deutschland ein Basisentgelt bei eintägiger Verweildauer im Krankenhaus in Höhe von 502,61 Euro und bei zweitägiger Verweildauer in Höhe von 923,71 Euro anzusetzen. Bezüglich dieser Beträge nimmt das Gericht - von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe absehend - erneut auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Beklagte die Angemessenheit höherer Aufwendungen nicht anhand der nachgereichten Auflistung von Einzelposten des Spitals ... vom 20.01.2006 nach billigem Ermessen anerkennen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BhV). Denn die Angemessenheit von Aufwendungen ist
fiktiv
an den im Inland vergleichsweise entstehenden Kosten zu messen. Dieser Kostenrahmen ist im vorliegenden Falle mit dem genannten Basisentgelt bereits höchstmöglich ausgeschöpft. Auch ist keine Summierung von konkreten Einzelpositionen und fiktiven Pauschalbeträgen zulässig. Für eine über den fiktiven Pauschbetrag hinausgehende Zubilligung von Kosten „nach billigem Ermessen“ fehlen damit die rechtlichen Voraussetzungen.
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2.
Zu einem geringen Teil hat die Klage allerdings
Erfolg
: Denn die Beklagte hat entgegen den Angaben des Rechnung stellenden Spitals statt zwei nur einen Tag des Krankenhausaufenthalts der Klägerin in ... als Grundlage für die vergleichsweise anzusetzenden Kosten anerkannt. Für diese Einschränkung ist jedoch kein Grund zu ersehen. Unstreitig hatte sich die Klägerin über Nacht - also an zwei Tagen - stationär im Spital aufgehalten. Damit erscheint ein Ansatz von
zwei Tagen
unter den Umständen des vorliegenden Falles vertretbar. Ob diese Verweildauer oder überhaupt ein stationärer Aufenthalt medizinisch geboten gewesen war, ist im Rahmen des Kostenvergleichs, sofern die ärztliche Entscheidung nicht völlig willkürlich erscheint, nicht zu überprüfen. Grundsätzlich findet der Vergleich nach § 13 Abs. 1 BhV nämlich lediglich zwischen den Aufwendungen, nicht aber den Behandlungsmethoden statt.
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Geht man folglich von einer Verweildauer von zwei Tagen aus, so hat die Klage in dem Umfange Erfolg, als Aufwendungen in Höhe von insgesamt
923,71 Euro
statt 502,61 Euro - jeweils vermindert um den Eigenanteil in Höhe von 20.- EUR - zur Berechnung der 50-prozentigen Beihilfe anzusetzen sind.
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3.
Die
Kostenentscheidung
beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; billigem Ermessen entsprach es hier, der teilweise wertmäßig nur etwa zu 1/35 unterlegenen Beklagten - auch aus Gründen der Praktikabilität - keine Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen besteht keine Veranlassung, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten gemäß § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
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4.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der
Berufung
durch das Verwaltungsgericht sind nicht gegeben (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO).
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