Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Juni 2014 - 4 K 708/14

bei uns veröffentlicht am26.06.2014

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für den Fall seiner Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit die Einbürgerung als deutscher Staatsangehöriger zuzusichern. Der Bescheid des Landratsamts XXX vom 12.11.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums YYY vom 10.03.2014 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt ¾, der Kläger ¼ der Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der Kläger ist ein am … 1969 geborener türkischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit Anfang 1991 im Bundesgebiet auf und ist derzeit im Besitz einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 9 AufenthG.
Unter dem 01.12.2012 stellte der Kläger beim Landratsamt XXX Antrag auf Einbürgerung gemäß § 10 StAG. Seinem Antrag beigefügt hatte der Kläger u.a. eine Bescheinigung der HHH Sprachschule GmbH vom 27.04.2012, wonach der Kläger das Zertifikat telc Deutsch der Stufe B1 mit der Gesamtnote 3 erworben hat.
Unter dem 09.01.2013 wurde die HHH Sprachschule durch das Landratsamt XXX um Bestätigung gebeten, dass der Kläger tatsächlich an der Prüfung teilgenommen habe; Hintergrund der Anfrage waren die laut Landratsamt bestehenden Schwierigkeiten bei der Verständigung mit dem Kläger. Die Sprachschule bestätigte die Teilnahme des Klägers an der Prüfung sowie seine mündliche Ausdrucksfähigkeit, die mit Sicherheit dem Niveau B1 entspreche.
Am 15.05.2013 sprach der Kläger zur Überprüfung seiner deutschen Sprachkenntnisse im Beisein von zwei Mitarbeiterinnen der Einbürgerungsbehörde beim Landratsamt XXX vor. Laut Aktenvermerk hat der Kläger den Inhalt eines Zeitungsartikels, der ihm zum Lesen gegeben worden war, „… mit seinen Worten wiedergegeben, d.h. er hat den Inhalt verstanden. Als wir ihn gebeten haben, zwei Sätze dazu zu schreiben, wusste er nicht wie er das machen sollte. Auch die Sätze, die wir ihm diktiert haben, konnte er nur schwer lesbar schreiben. Hr. Y. hat uns erklärt, dass er bei der Sprachprüfung einen Beispielbrief erhalten hat und musste dann nur einzelne Wörter bzw. Namen umändern. Sätze selbständig formulieren und aufschreiben musste er nicht.“ Der Bitte des Landratsamts, erneut einen Sprachtest abzulegen, kam der Kläger unter Verweis darauf, dass er den Sprachtest erfolgreich abgeschlossen habe, nicht nach.
Die HHH Sprachschule erklärte auf Anfrage durch den Beklagten, dass neben einem Lückentest, der Bestandteil des Subtests „Sprachbausteine“ sei, die Prüfung auch den Subtest „Schreiben“ beinhalte, bei dem ein Thema unter Berücksichtigung von vier Leitpunkten frei bearbeitet werden müsse. Weitere Korrespondenz ergab, dass die den Kläger betreffenden Prüfungsunterlagen nicht mehr eingesehen werden konnten.
Mit Bescheid vom 12.11.2013 lehnte das Landratsamt XXX den Antrag des Klägers auf Einbürgerung ab. Ein Einbürgerungsanspruch setze u.a. gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 6 StAG voraus, dass der Betreffende über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge, was nach § 10 Abs. 4 StAG der Fall sei, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat in mündlicher und schriftlicher Form erfülle. Der Kläger habe zwar ein entsprechendes Zertifikat vorgelegt, die Feststellungen hätten jedoch ergeben, dass die Anforderungen der Sprachprüfung nicht erfüllt seien. Der Kläger spreche schlecht Deutsch und erfülle auch die Anforderungen der Sprachprüfung in schriftlicher Form nicht. Der Einbürgerungsantrag sei daher mangels Vorliegens der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen abzulehnen. Auch auf Grundlage von § 8 StAG sei eine Einbürgerung nicht möglich, denn nach 8.1.2.1.2 VwV StAG seien auch hier ausreichende Sprachkenntnisse nötig, die jedoch nicht vorlägen.
Der Kläger legte am 27.11.2013 Widerspruch ein. Er sei ohne Schwierigkeiten in der Lage, mit seinem Prozessbevollmächtigten zu telefonieren und sich dabei sprachlich verständlich auszudrücken; an der ordnungsgemäßen Durchführung der Prüfung bestünden daher keine Zweifel.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums YYY vom 10.03.2014 zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG, da er jedenfalls nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge. Regelmäßig würden diese zwar entsprechend § 10 Abs. 4 StAG nachgewiesen, die Verbindlichkeit eines vorgelegten Zeugnisses bestehe jedoch dann nicht mehr, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte ernsthafte Zweifel am Vorliegen ausreichender Deutschkenntnisse aufträten und nach den Feststellungen der Einbürgerungsbehörde ein krasses Missverhältnis zwischen den bescheinigten und den tatsächlich vorhandenen Deutschkenntnissen bestehe. Bei der Vorsprache bei der Einbürgerungsbehörde habe der Kläger das Gelesene nicht in eigenen Worten niederschreiben und auch ein Diktat nur schwer lesbar schreiben können. Nach den Angaben des Klägers habe er lediglich einen Lückentest bearbeiten müssen, dagegen habe er nicht selbständig einen Text verfassen müssen. Es bestünden daher Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen des Prüfungsergebnisses. Die Gelegenheit, den Sprachtest zu wiederholen, habe der Kläger nicht wahrgenommen. Der Kläger erfülle auch nicht die Voraussetzungen einer Ermessenseinbürgerung gemäß § 8 StAG. Grundsätzlich würden hierfür die gleichen Sprachanforderungen gestellt wie für die Anspruchseinbürgerung.
10 
Der Kläger hat am 17.03.2014 Klage erhoben. Er habe mit dem Zertifikat der HHH-Sprachschule vom 27.04.2012 nachgewiesen, dass er tatsächlich über die für das europäische Sprachenzertifikat Deutsch B1 erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfüge. Die Sprachprüfung sei ordnungsgemäß zustande gekommen und habe den rechtlichen Anforderungen entsprochen. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger bei der Prüfung vom 27.04.2012 nicht die für den Erwerb des Zertifikats B1 erforderlichen mündlichen und schriftlichen Kenntnisse der deutschen Sprache gehabt habe. Bezüglich der eigenen Schreibkenntnisse sei es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Bewerber deutschsprachige Texte des täglichen Lebens lesen und diktieren sowie das von Dritten Geschriebene auf seine Richtigkeit überprüfen könne. Gemessen an diesem Maßstab trage auch der Beklagte keine Anhaltspunkte dafür vor, der Kläger verfüge nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache. Der Kläger müsse weder einen Text in eigenen Worten niederschreiben noch Diktate schreiben können.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
den Bescheid des Landratsamts XXX vom 12.11.2013 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums YYY vom 10.03.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern;
hilfsweise, dem Kläger für den Fall seiner Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit die Einbürgerung als deutscher Staatsangehöriger zuzusichern.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung wird auf die ergangenen Bescheide verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass die vom Klägervertreter zitierten Urteile vor der Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes ergangen seien.
16 
Dem Gericht haben die einschlägigen Verwaltungsakten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums YYY (jew. 1 Bd.) vorgelegen. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die als Verpflichtungsklage gemäß §§ 40, 42, 68 ff. VwGO zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Bescheid des Landratsamts XXX vom 12.11.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums YYY vom 10.03.2014 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO), weil er in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.2013, InfAuslR 2013, 343) Anspruch zwar nicht auf Einbürgerung, aber auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat.
A.
18 
Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung für eine Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist beim Kläger nicht der Fall, da er im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit ist. Türkische Staatsangehörige verlieren mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nicht automatisch ihre bisherige Staatsangehörigkeit. Der Kläger hat seine türkische Staatsangehörigkeit bislang auch nicht aufgegeben. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, fehlen jegliche Anhaltspunkte (vgl. dazu für den Fall der Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit jüngst auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.01.2014 - 1 S 923/13 -, juris); auch der Kläger selbst trägt keine Gründe vor, die ein Absehen vom Erfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG rechtfertigen könnten.
B.
19 
Der vom Kläger gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat dagegen Erfolg.
I.
20 
Die Einbürgerungszusicherung ist ein dem allgemeinen Verfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehntes Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Staatenlosigkeit oder Mehrstaatigkeit angewandt wird. Die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung steht grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen reduziert sich auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, wenn beim Einbürgerungsbewerber bis auf die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit alle Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen und die Durchsetzung des Einbürgerungsanspruchs durch eine solche Zusicherung ermöglicht oder doch wesentlich erleichtert wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 02.07.2013 - 11 K 1279/13 -, juris, m.w.N.).
II.
21 
Der Kläger erfüllt - abgesehen vom Erfordernis der Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit - sämtliche Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 10 StAG und hat daher Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
22 
1. Vorliegend bestehen keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 11 StAG. Ferner herrscht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass die meisten in § 10 StAG genannten Voraussetzungen beim Kläger erfüllt sind. Streitig zwischen den Beteiligten ist allein die Frage, inwieweit der Kläger die Anforderung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG hängt der Anspruch auf Einbürgerung davon ab, dass der Ausländer über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Als Quasi-Legaldefinition regelt § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG, dass diese ausreichenden Kenntnisse vorliegen, „wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Sprache erfüllt“.
23 
2. Das Gericht ist auf Grundlage der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die für eine Einbürgerung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
24 
2.1 Zu dieser Überzeugung ist das Gericht allerdings nicht allein auf Grundlage des vom Kläger vorgelegten, von der HHH Sprachschule GmbH ausgestellten Zertifikats Deutsch vom 27.04.2012 gelangt, wonach der Kläger die schriftliche Prüfung mit 147 von 225 erreichbaren Punkten sowie in die mündliche Prüfung mit 71 von 75 Punkten abgeschlossen, den Test daher mit einem Gesamtergebnis Note 3 bestanden und damit das Zertifikat telc Deutsch B1 erworben hat.
25 
2.1.1 Denn nach Auffassung des Gerichts ist § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG nicht dahingehend zu verstehen, dass der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse abschließend durch die Vorlage eines entsprechenden Zertifikats erfolgt. Zwar indiziert ein derartiges Zertifikat das Vorliegen entsprechender Sprachkenntnisse. Bestehen jedoch aufgrund der konkreten Umstände Zweifel daran, ob die attestierten Fähigkeiten den tatsächlichen entsprechen, kann von der Behörde bzw. vom Verwaltungsgericht ein materieller Nachweis der sprachlichen Fähigkeiten des Einbürgerungsbewerbers gefordert werden.
26 
Die Konstellation, wie zu verfahren ist, wenn ein solches Zertifikat Deutsch zwar tatsächlich im Einbürgerungsverfahren vorgelegt wird, aber objektiv der Eindruck besteht, dass beim Bewerber keine ausreichenden Sprachkenntnisse vorliegen, wird vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG geht das Gesetz aber gerade nicht davon aus, die Vorlage eines Zertifikats sei in jedem Fall gleichbedeutend mit der Erfüllung der Anforderung ausreichender Sprachkenntnisse (vgl. zum Folgenden auch VG Stuttgart, Urteil vom 19.07.2012 - 11 K 9/12 -, juris; VG Darmstadt, Urteil vom 07.07.2013 - 5 K 861/12.DA -, juris). Anders als in § 10 Abs. 3 Satz 1 StAG, in dem geregelt ist, dass die erforderliche Voraufenthaltszeit von acht auf sieben Jahre verkürzt wird, wenn der Einbürgerungsbewerber die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs „durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge“ nachweist, hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG hinsichtlich der Sprachanforderungen nämlich auf eine vergleichbare Regelung verzichtet und stattdessen darauf abgestellt, dass der Einbürgerungsbewerber die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Das Abstellen auf die materielle Sprachkompetenz - „Anforderungen der Sprachprüfung“ - anstelle des Formalerfordernisses eines Zertifikats ist zunächst deswegen sinnvoll, weil Einbürgerungsbewerber, die - wie etwa Ausländer, die im Bundesgebiet erfolgreich eine Schul- und Berufsausbildung durchlaufen haben - offenkundig ausreichende Sprachkenntnisse aufweisen, nicht zur Teilnahme an einer in ihrem Falle offenkundig überflüssigen Sprachprüfung angehalten werden müssen. Aber auch im umgekehrten Fall tatsächlich unzureichender Sprachkenntnisse trotz Vorliegens eines Zertifikats kann nichts anderes gelten: Zwar haben vorgelegte Bescheinigungen zunächst Indizwirkung und lassen regelmäßig den Schluss darauf zu, der Inhaber des Zertifikats verfüge tatsächlich über die dort bescheinigten Kenntnisse. Letztlich ist jedoch allein entscheidend, ob der Einbürgerungsbewerber die geforderten Sprachkenntnisse, nämlich die Anforderungen, die die Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch Niveau B1 vorsieht, vor der Behörde und ggf. dem Gericht vorweisen kann (VG Darmstadt, Urteil vom 07.07.2013, a.a.O.; VG Stuttgart, Urteil vom 19.07.2012, a.a.O.). Die fehlende Bindungswirkung von Prüfungsbescheinigungen ist auch im Hinblick darauf sachgerecht, dass es sich bei den Sprachschulen um private Anbieter handelt, die unter erheblichem Konkurrenzdruck auf dem freien Markt um Teilnehmer, welche den Anbieter frei auswählen dürfen, werben müssen. Auch wenn die Anbieter abstrakt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zertifiziert werden, entzieht sich die Durchführung der Prüfung im Einzelnen weitgehend der staatlichen Kontrolle (VG Darmstadt, Urteil vom 07.07.2013, a.a.O.).
27 
2.1.2 Vorliegend kommt die Indizwirkung des vorgelegten Zertifikats der HHH-Sprachschule vom 27.04.2012, ausweislich dessen der Kläger über die für das Niveau B1 erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt, nicht zum Tragen.
28 
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob das Zertifikat bereits deshalb nicht geeignet ist nachzuweisen, dass der Kläger die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch in schriftlicher Sprache im Sinne von § 10 Abs. 4 StAG erfüllt, weil er im Prüfungsteil „schriftlicher Ausdruck“, dem einzigen Prüfungsblock, in dem dem Prüfling selbständiges schriftliches Formulieren in deutscher Sprache abverlangt wird, null Punkte erreicht hat. Denn ausweislich der in den Akten vorhandenen Aktenvermerke der Einbürgerungsbehörde war die Verständigung mit dem Kläger nur unter Schwierigkeiten möglich; der daraufhin am 15.05.2013 durchgeführte „Test“ ergab, dass der Kläger den ihm vorgelegten Text zwar mündlich in eigenen Worten wiedergeben, jedoch nicht schriftlich zusammenfassen und auch ein ihm gestelltes Diktat nur unter großen Schwierigkeiten schreiben konnte.
29 
Die Einbürgerungsbehörde hat, indem sie überprüfte, ob der Kläger sich schriftlich selbständig ausdrücken kann, auch keine über die vom Gesetz gestellten Anforderungen hinausgehenden Sprachkenntnisse verlangt. Soweit der Klägervertreter auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 5 C 8.05 -, juris) und ihm nachfolgend der Instanzgerichte verweist, wonach es nicht erforderlich sei, dass sich der Einbürgerungsbewerber eigenhändig schriftlich ausdrücken könne, relativiert dies die Anforderungen an die vom Kläger zu verlangenden Sprachkenntnisse nicht. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2005 in der Tat entschieden, dass es ausreichend sei, wenn ein Einbürgerungsbewerber, der selbst nicht deutsch schreiben kann, deutschsprachige Texte des täglichen Lebens lesen und diktieren sowie das von Dritten mit technischen Hilfsmitteln Geschriebene auf seine Richtigkeit überprüfen und so die schriftliche Äußerung als seine „tragen“ könne; gemessen an diesem Maßstab stellten sich die vom Beklagten gestellten Anforderungen an die schriftliche Ausdrucksfähigkeit des Klägers anlässlich seiner persönlichen Vorsprache tatsächlich als überzogen dar. Die vom Klägervertreter zitierte Rechtsprechung ist jedoch auf Grundlage von § 10 Abs. 1 StAG in der bis zum 28.08.2007 geltenden Fassung ergangen; seinerzeit enthielt § 10 StAG kein Erfordernis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse im Sinne einer positiven Anspruchsvoraussetzung, vielmehr war das Fehlen ausreichender Deutschkenntnisse ein - von der Einbürgerungsbehörde darzulegender und ggf. zu beweisender - Ausschlussgrund für einen Einbürgerungsanspruch (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG a.F.). Der gesetzlich nicht näher definierte Rechtsbegriff „ausreichender Sprachkenntnisse“ wurde von Rechtsprechung und Literatur insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit schriftlicher Sprachkompetenz unterschiedlich ausgelegt, wobei das Bundesverwaltungsgericht mit dem Erfordernis gewisser grundlegender schriftlicher Kenntnisse der deutschen Sprache eine vermittelnde Position einnahm (vgl. dazu ausführlich und m.w.N. GK-StAR, Stand 12/2013, IV- 2 § 10 Rn. 308). Die 2007 in § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG erfolgte Festlegung auf das Sprachniveau Zertifikat Deutsch B1 „in mündlicher und schriftlicher Form“ korrigiert diese Rechtsprechung, indem sie nunmehr verbindlich auch bestimmte Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache verlangt; hiervon geht auch das Bundesverwaltungsgericht aus (vgl. Urteil vom 27.05.2010 - 5 C 8/09 -, juris).
30 
Bestanden mithin trotz des vorgelegten Zertifikats aufgrund des tatsächlichen Auftretens des Klägers gegenüber den Mitarbeitern der Einbürgerungsbehörde konkrete Zweifel an seinen Deutschkenntnissen, insbesondere was seine schriftliche Ausdrucksfähigkeit angeht, war das Gericht aufgrund des insoweit geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gehalten, sich einen eigenen Eindruck von den Sprachkenntnissen des Klägers zu verschaffen.
31 
2.2 Die Überprüfung der Sprachkenntnisse des Klägers in der mündlichen Verhandlung ergab, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt das Kompetenzniveau B1, wenn auch im Hinblick auf seine schriftliche Ausdrucksfähigkeit nur knapp, erreicht.
32 
Im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen, auf den § 10 Abs. 4 StAG verweist, ist das Referenzniveau für B1 („selbständige Sprachverwendung“) in Kapitel 3.3, Tabelle 1, wie folgt allgemein umschrieben: „Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.“ Anschließend heißt es im „Raster zur Selbstbeurteilung“ (Tabelle 2) im Zusammenhang mit den Anforderungen ans Schreiben bei Niveau B1: „Ich kann über Themen, die mir vertraut sind oder mich persönlich interessieren, einfache zusammenhängende Texte schreiben. Ich kann persönliche Briefe schreiben und darin von Erfahrungen und Eindrücken berichten“ (Quelle: http://www.goethe.de/z/50/commeuro/i3.htm).
33 
Im Hinblick auf das Hörverstehen des Klägers, aber auch auf seine mündliche Ausdrucksfähigkeit, hat die Kammer keine Zweifel daran, dass seine Kenntnisse den für das Referenzniveau B1 aufgestellten Anforderungen entsprechen. Der Kläger, der die ihm gestellten Fragen mühelos und ohne Nachfragen verstand, konnte spontan, ohne viel zu stocken oder nach Worten suchen zu müssen und überwiegend in ganzen, wenn auch einfach strukturierten Sätzen etwa seinen beruflichen Werdegang bei der GGG und seinen beruflichen Alltag schildern, begründen, weshalb er seinen Sprachtest gerade bei der HHH-Sprachschule abgelegt hat, und von seiner Familie berichten. Trotz zahlreicher grammatikalischer Fehler konnte er sich dabei verständlich ausdrücken.
34 
Aber auch seine schriftlichen Kenntnisse der deutschen Sprache entsprechen zur Überzeugung der Kammer, wenn auch knapp, im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung den Anforderungen des B1-Niveaus. Die Aufgabenstellung - er sollte sich vorstellen, morgens auf dem Weg zur Arbeit bekomme er heftige Bauchschmerzen, so dass er beschließe, einen Arzt aufzusuchen, fahre bis zu seiner Arbeitsstelle, treffe aber seinen Chef in dessen Büro nicht an, und schreibe ihm nun einen Zettel, in dem er von seinen Bauchschmerzen, dem Arztbesuch, seiner Vertretung und seinem Vorhaben, ihn, den Chef, später anzurufen, berichten solle - verstand der Kläger ohne Nachfrage. Er erfüllte die Aufgabe binnen weniger Minuten. Er schrieb zwar ohne jegliche Interpunktion und mit zahlreichen grammatikalischen Fehlern. Es gelang ihm aber dennoch, die relevanten Informationen so aufzuschreiben, dass sie von einem Dritten hätten gelesen und verstanden werden können. Dabei beschränkte er sich nicht auf einzelne unzusammenhängende Stichworte, sondern formulierte - wenn auch fehlerhaft - zusammenhängende Sätze. Seine schriftliche Ausdrucksfähigkeit erwies sich damit als deutlich verbessert gegenüber der beim Landratsamt erbrachten Schriftprobe. Damit hat der Kläger zur Überzeugung der Kammer die Anforderungen, die der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen an das Sprachniveau B1 stellt, auch im Hinblick auf seine schriftlichen Deutschkenntnisse erfüllt.
35 
Die Kostenentscheidung beruht § 155 Abs. 1 VwGO.
36 
Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
37 
Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

Gründe

 
17 
Die als Verpflichtungsklage gemäß §§ 40, 42, 68 ff. VwGO zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Bescheid des Landratsamts XXX vom 12.11.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums YYY vom 10.03.2014 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO), weil er in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.2013, InfAuslR 2013, 343) Anspruch zwar nicht auf Einbürgerung, aber auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat.
A.
18 
Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung für eine Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist beim Kläger nicht der Fall, da er im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit ist. Türkische Staatsangehörige verlieren mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nicht automatisch ihre bisherige Staatsangehörigkeit. Der Kläger hat seine türkische Staatsangehörigkeit bislang auch nicht aufgegeben. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, fehlen jegliche Anhaltspunkte (vgl. dazu für den Fall der Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit jüngst auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.01.2014 - 1 S 923/13 -, juris); auch der Kläger selbst trägt keine Gründe vor, die ein Absehen vom Erfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG rechtfertigen könnten.
B.
19 
Der vom Kläger gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung hat dagegen Erfolg.
I.
20 
Die Einbürgerungszusicherung ist ein dem allgemeinen Verfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehntes Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Staatenlosigkeit oder Mehrstaatigkeit angewandt wird. Die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung steht grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen reduziert sich auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, wenn beim Einbürgerungsbewerber bis auf die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit alle Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen und die Durchsetzung des Einbürgerungsanspruchs durch eine solche Zusicherung ermöglicht oder doch wesentlich erleichtert wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 02.07.2013 - 11 K 1279/13 -, juris, m.w.N.).
II.
21 
Der Kläger erfüllt - abgesehen vom Erfordernis der Aufgabe der türkischen Staatsangehörigkeit - sämtliche Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 10 StAG und hat daher Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
22 
1. Vorliegend bestehen keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 11 StAG. Ferner herrscht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass die meisten in § 10 StAG genannten Voraussetzungen beim Kläger erfüllt sind. Streitig zwischen den Beteiligten ist allein die Frage, inwieweit der Kläger die Anforderung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG hängt der Anspruch auf Einbürgerung davon ab, dass der Ausländer über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Als Quasi-Legaldefinition regelt § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG, dass diese ausreichenden Kenntnisse vorliegen, „wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Sprache erfüllt“.
23 
2. Das Gericht ist auf Grundlage der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die für eine Einbürgerung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
24 
2.1 Zu dieser Überzeugung ist das Gericht allerdings nicht allein auf Grundlage des vom Kläger vorgelegten, von der HHH Sprachschule GmbH ausgestellten Zertifikats Deutsch vom 27.04.2012 gelangt, wonach der Kläger die schriftliche Prüfung mit 147 von 225 erreichbaren Punkten sowie in die mündliche Prüfung mit 71 von 75 Punkten abgeschlossen, den Test daher mit einem Gesamtergebnis Note 3 bestanden und damit das Zertifikat telc Deutsch B1 erworben hat.
25 
2.1.1 Denn nach Auffassung des Gerichts ist § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG nicht dahingehend zu verstehen, dass der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse abschließend durch die Vorlage eines entsprechenden Zertifikats erfolgt. Zwar indiziert ein derartiges Zertifikat das Vorliegen entsprechender Sprachkenntnisse. Bestehen jedoch aufgrund der konkreten Umstände Zweifel daran, ob die attestierten Fähigkeiten den tatsächlichen entsprechen, kann von der Behörde bzw. vom Verwaltungsgericht ein materieller Nachweis der sprachlichen Fähigkeiten des Einbürgerungsbewerbers gefordert werden.
26 
Die Konstellation, wie zu verfahren ist, wenn ein solches Zertifikat Deutsch zwar tatsächlich im Einbürgerungsverfahren vorgelegt wird, aber objektiv der Eindruck besteht, dass beim Bewerber keine ausreichenden Sprachkenntnisse vorliegen, wird vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG geht das Gesetz aber gerade nicht davon aus, die Vorlage eines Zertifikats sei in jedem Fall gleichbedeutend mit der Erfüllung der Anforderung ausreichender Sprachkenntnisse (vgl. zum Folgenden auch VG Stuttgart, Urteil vom 19.07.2012 - 11 K 9/12 -, juris; VG Darmstadt, Urteil vom 07.07.2013 - 5 K 861/12.DA -, juris). Anders als in § 10 Abs. 3 Satz 1 StAG, in dem geregelt ist, dass die erforderliche Voraufenthaltszeit von acht auf sieben Jahre verkürzt wird, wenn der Einbürgerungsbewerber die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs „durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge“ nachweist, hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG hinsichtlich der Sprachanforderungen nämlich auf eine vergleichbare Regelung verzichtet und stattdessen darauf abgestellt, dass der Einbürgerungsbewerber die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Das Abstellen auf die materielle Sprachkompetenz - „Anforderungen der Sprachprüfung“ - anstelle des Formalerfordernisses eines Zertifikats ist zunächst deswegen sinnvoll, weil Einbürgerungsbewerber, die - wie etwa Ausländer, die im Bundesgebiet erfolgreich eine Schul- und Berufsausbildung durchlaufen haben - offenkundig ausreichende Sprachkenntnisse aufweisen, nicht zur Teilnahme an einer in ihrem Falle offenkundig überflüssigen Sprachprüfung angehalten werden müssen. Aber auch im umgekehrten Fall tatsächlich unzureichender Sprachkenntnisse trotz Vorliegens eines Zertifikats kann nichts anderes gelten: Zwar haben vorgelegte Bescheinigungen zunächst Indizwirkung und lassen regelmäßig den Schluss darauf zu, der Inhaber des Zertifikats verfüge tatsächlich über die dort bescheinigten Kenntnisse. Letztlich ist jedoch allein entscheidend, ob der Einbürgerungsbewerber die geforderten Sprachkenntnisse, nämlich die Anforderungen, die die Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch Niveau B1 vorsieht, vor der Behörde und ggf. dem Gericht vorweisen kann (VG Darmstadt, Urteil vom 07.07.2013, a.a.O.; VG Stuttgart, Urteil vom 19.07.2012, a.a.O.). Die fehlende Bindungswirkung von Prüfungsbescheinigungen ist auch im Hinblick darauf sachgerecht, dass es sich bei den Sprachschulen um private Anbieter handelt, die unter erheblichem Konkurrenzdruck auf dem freien Markt um Teilnehmer, welche den Anbieter frei auswählen dürfen, werben müssen. Auch wenn die Anbieter abstrakt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zertifiziert werden, entzieht sich die Durchführung der Prüfung im Einzelnen weitgehend der staatlichen Kontrolle (VG Darmstadt, Urteil vom 07.07.2013, a.a.O.).
27 
2.1.2 Vorliegend kommt die Indizwirkung des vorgelegten Zertifikats der HHH-Sprachschule vom 27.04.2012, ausweislich dessen der Kläger über die für das Niveau B1 erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt, nicht zum Tragen.
28 
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob das Zertifikat bereits deshalb nicht geeignet ist nachzuweisen, dass der Kläger die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch in schriftlicher Sprache im Sinne von § 10 Abs. 4 StAG erfüllt, weil er im Prüfungsteil „schriftlicher Ausdruck“, dem einzigen Prüfungsblock, in dem dem Prüfling selbständiges schriftliches Formulieren in deutscher Sprache abverlangt wird, null Punkte erreicht hat. Denn ausweislich der in den Akten vorhandenen Aktenvermerke der Einbürgerungsbehörde war die Verständigung mit dem Kläger nur unter Schwierigkeiten möglich; der daraufhin am 15.05.2013 durchgeführte „Test“ ergab, dass der Kläger den ihm vorgelegten Text zwar mündlich in eigenen Worten wiedergeben, jedoch nicht schriftlich zusammenfassen und auch ein ihm gestelltes Diktat nur unter großen Schwierigkeiten schreiben konnte.
29 
Die Einbürgerungsbehörde hat, indem sie überprüfte, ob der Kläger sich schriftlich selbständig ausdrücken kann, auch keine über die vom Gesetz gestellten Anforderungen hinausgehenden Sprachkenntnisse verlangt. Soweit der Klägervertreter auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 5 C 8.05 -, juris) und ihm nachfolgend der Instanzgerichte verweist, wonach es nicht erforderlich sei, dass sich der Einbürgerungsbewerber eigenhändig schriftlich ausdrücken könne, relativiert dies die Anforderungen an die vom Kläger zu verlangenden Sprachkenntnisse nicht. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2005 in der Tat entschieden, dass es ausreichend sei, wenn ein Einbürgerungsbewerber, der selbst nicht deutsch schreiben kann, deutschsprachige Texte des täglichen Lebens lesen und diktieren sowie das von Dritten mit technischen Hilfsmitteln Geschriebene auf seine Richtigkeit überprüfen und so die schriftliche Äußerung als seine „tragen“ könne; gemessen an diesem Maßstab stellten sich die vom Beklagten gestellten Anforderungen an die schriftliche Ausdrucksfähigkeit des Klägers anlässlich seiner persönlichen Vorsprache tatsächlich als überzogen dar. Die vom Klägervertreter zitierte Rechtsprechung ist jedoch auf Grundlage von § 10 Abs. 1 StAG in der bis zum 28.08.2007 geltenden Fassung ergangen; seinerzeit enthielt § 10 StAG kein Erfordernis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse im Sinne einer positiven Anspruchsvoraussetzung, vielmehr war das Fehlen ausreichender Deutschkenntnisse ein - von der Einbürgerungsbehörde darzulegender und ggf. zu beweisender - Ausschlussgrund für einen Einbürgerungsanspruch (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG a.F.). Der gesetzlich nicht näher definierte Rechtsbegriff „ausreichender Sprachkenntnisse“ wurde von Rechtsprechung und Literatur insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit schriftlicher Sprachkompetenz unterschiedlich ausgelegt, wobei das Bundesverwaltungsgericht mit dem Erfordernis gewisser grundlegender schriftlicher Kenntnisse der deutschen Sprache eine vermittelnde Position einnahm (vgl. dazu ausführlich und m.w.N. GK-StAR, Stand 12/2013, IV- 2 § 10 Rn. 308). Die 2007 in § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG erfolgte Festlegung auf das Sprachniveau Zertifikat Deutsch B1 „in mündlicher und schriftlicher Form“ korrigiert diese Rechtsprechung, indem sie nunmehr verbindlich auch bestimmte Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache verlangt; hiervon geht auch das Bundesverwaltungsgericht aus (vgl. Urteil vom 27.05.2010 - 5 C 8/09 -, juris).
30 
Bestanden mithin trotz des vorgelegten Zertifikats aufgrund des tatsächlichen Auftretens des Klägers gegenüber den Mitarbeitern der Einbürgerungsbehörde konkrete Zweifel an seinen Deutschkenntnissen, insbesondere was seine schriftliche Ausdrucksfähigkeit angeht, war das Gericht aufgrund des insoweit geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gehalten, sich einen eigenen Eindruck von den Sprachkenntnissen des Klägers zu verschaffen.
31 
2.2 Die Überprüfung der Sprachkenntnisse des Klägers in der mündlichen Verhandlung ergab, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt das Kompetenzniveau B1, wenn auch im Hinblick auf seine schriftliche Ausdrucksfähigkeit nur knapp, erreicht.
32 
Im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen, auf den § 10 Abs. 4 StAG verweist, ist das Referenzniveau für B1 („selbständige Sprachverwendung“) in Kapitel 3.3, Tabelle 1, wie folgt allgemein umschrieben: „Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.“ Anschließend heißt es im „Raster zur Selbstbeurteilung“ (Tabelle 2) im Zusammenhang mit den Anforderungen ans Schreiben bei Niveau B1: „Ich kann über Themen, die mir vertraut sind oder mich persönlich interessieren, einfache zusammenhängende Texte schreiben. Ich kann persönliche Briefe schreiben und darin von Erfahrungen und Eindrücken berichten“ (Quelle: http://www.goethe.de/z/50/commeuro/i3.htm).
33 
Im Hinblick auf das Hörverstehen des Klägers, aber auch auf seine mündliche Ausdrucksfähigkeit, hat die Kammer keine Zweifel daran, dass seine Kenntnisse den für das Referenzniveau B1 aufgestellten Anforderungen entsprechen. Der Kläger, der die ihm gestellten Fragen mühelos und ohne Nachfragen verstand, konnte spontan, ohne viel zu stocken oder nach Worten suchen zu müssen und überwiegend in ganzen, wenn auch einfach strukturierten Sätzen etwa seinen beruflichen Werdegang bei der GGG und seinen beruflichen Alltag schildern, begründen, weshalb er seinen Sprachtest gerade bei der HHH-Sprachschule abgelegt hat, und von seiner Familie berichten. Trotz zahlreicher grammatikalischer Fehler konnte er sich dabei verständlich ausdrücken.
34 
Aber auch seine schriftlichen Kenntnisse der deutschen Sprache entsprechen zur Überzeugung der Kammer, wenn auch knapp, im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung den Anforderungen des B1-Niveaus. Die Aufgabenstellung - er sollte sich vorstellen, morgens auf dem Weg zur Arbeit bekomme er heftige Bauchschmerzen, so dass er beschließe, einen Arzt aufzusuchen, fahre bis zu seiner Arbeitsstelle, treffe aber seinen Chef in dessen Büro nicht an, und schreibe ihm nun einen Zettel, in dem er von seinen Bauchschmerzen, dem Arztbesuch, seiner Vertretung und seinem Vorhaben, ihn, den Chef, später anzurufen, berichten solle - verstand der Kläger ohne Nachfrage. Er erfüllte die Aufgabe binnen weniger Minuten. Er schrieb zwar ohne jegliche Interpunktion und mit zahlreichen grammatikalischen Fehlern. Es gelang ihm aber dennoch, die relevanten Informationen so aufzuschreiben, dass sie von einem Dritten hätten gelesen und verstanden werden können. Dabei beschränkte er sich nicht auf einzelne unzusammenhängende Stichworte, sondern formulierte - wenn auch fehlerhaft - zusammenhängende Sätze. Seine schriftliche Ausdrucksfähigkeit erwies sich damit als deutlich verbessert gegenüber der beim Landratsamt erbrachten Schriftprobe. Damit hat der Kläger zur Überzeugung der Kammer die Anforderungen, die der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen an das Sprachniveau B1 stellt, auch im Hinblick auf seine schriftlichen Deutschkenntnisse erfüllt.
35 
Die Kostenentscheidung beruht § 155 Abs. 1 VwGO.
36 
Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
37 
Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Juni 2014 - 4 K 708/14

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Juni 2014 - 4 K 708/14 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 10


(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit gekl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 9 Niederlassungserlaubnis


(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt. (2) Einem Ausländer ist die Niederl

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 8


(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er 1. handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich v

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 12


(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn 1. das Recht des ausländische

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 11


Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, d

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Juni 2014 - 4 K 708/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Juni 2014 - 4 K 708/14 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. Jan. 2014 - 1 S 923/13

bei uns veröffentlicht am 22.01.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. Februar 2012 - 1 K 1510/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kl

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 19. Juli 2012 - 11 K 9/12

bei uns veröffentlicht am 19.07.2012

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband, was ihm von der Beklagten wegen Aktivitäten zugunsten der verbotenen PKK verwehrt wird.2

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Mai 2010 - 5 C 8/09

bei uns veröffentlicht am 27.05.2010

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. 2

Referenzen

(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt.

(2) Einem Ausländer ist die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
sein Lebensunterhalt gesichert ist,
3.
er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet,
4.
Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen,
5.
ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist,
6.
er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist,
7.
er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
8.
er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und
9.
er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 sind nachgewiesen, wenn ein Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen wurde. Von diesen Voraussetzungen wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann. Im Übrigen kann zur Vermeidung einer Härte von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 abgesehen werden. Ferner wird davon abgesehen, wenn der Ausländer sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann und er nach § 44 Abs. 3 Nr. 2 keinen Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs hatte oder er nach § 44a Abs. 2 Nr. 3 nicht zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet war. Darüber hinaus wird von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 abgesehen, wenn der Ausländer diese aus den in Satz 3 genannten Gründen nicht erfüllen kann.

(3) Bei Ehegatten, die in ehelicher Lebensgemeinschaft leben, genügt es, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 durch einen Ehegatten erfüllt werden. Von der Voraussetzung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird abgesehen, wenn sich der Ausländer in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder einem Hochschulabschluss führt. Satz 1 gilt in den Fällen des § 26 Abs. 4 entsprechend.

(4) Auf die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis werden folgende Zeiten angerechnet:

1.
die Zeit des früheren Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, abzüglich der Zeit der dazwischen liegenden Aufenthalte außerhalb des Bundesgebiets, die zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führten; angerechnet werden höchstens vier Jahre,
2.
höchstens sechs Monate für jeden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets, der nicht zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis führte,
3.
die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung im Bundesgebiet zur Hälfte.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. Februar 2012 - 1 K 1510/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung. Er wurde am … 1964 in der Türkei als türkischer Staatsangehöriger geboren. Seit dem 09.02.1989 besitzt er eine Aufenthaltsberechtigung. Er ist seit 1986 verheiratet und hat drei Kinder, die 1990, 1992 und 2000 geboren wurden.
Am 30.10.2002 beantragte der Kläger beim Landratsamt Alb-Donau-Kreis seine Einbürgerung. Im Antrag gab er an, von 1980 bis 1997 Arbeitnehmer gewesen zu sein. Auf dem Einbürgerungsantrag ist durch einen Mitarbeiter der Beklagten unter dem 30.10.2002 vermerkt, der Kläger sei nach eigenen Angaben Hausmann und seine Ehefrau selbständig. Auf die Ehefrau des Klägers war vom 30.10.1998 bis zum 24.11.2004 bei der Stadt ... das Gewerbe „Imbiß im ...“ angemeldet. Zum 25.11.2004 erfolgte eine Ummeldung auf den Kläger. Seit dem 21.11.2008 erhält der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Beim Kläger liegt nach einer gutachtlichen Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 eine chronische Erkrankung der Atemwege, eine Erkrankung im Bereich der Speiseröhre und eine eingeschränkte Belastbarkeit der Wirbelsäule vor. Der Kläger sei gemäß SGB II für mindestens 3 Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig.
In der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 04.11.2011 sind für den Kläger sieben Verurteilungen zu Geldstrafen aus den Jahren 1997 bis 2010 eingetragen, von denen die höchste 100 Tagessätze betrug. Wegen der Einzelheiten wird auf die Auskunft Bezug genommen (vgl. Bl. 172 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts).
Am 16.09.2003 wurde dem Kläger von dem Beklagten eine Einbürgerungszusicherung erteilt. Diese war auf den 16.09.2005 befristet. Mit Schreiben vom 24.09.2003 teilte das türkische Generalkonsulat dem Kläger mit, sein Antrag auf Ausbürgerung sei an das Innenministerium in Ankara weitergeleitet worden.
Mit Schreiben vom 21.06.2005 trug der Kläger gegenüber dem Beklagten vor, das Verteidigungsministerium der Türkischen Republik habe ihm mit Schreiben vom 12.05.2003 mitgeteilt, er habe sich bis zum Ende seines 38. Altersjahres nicht wegen Absolvierung des devisenzahlungspflichtigen Wehrdienstes gemeldet, werde daher als Fahnenflüchtiger gesucht und habe die Möglichkeit, sich bis zum 15.03.2005 bei dem zuständigen Generalkonsulat zu melden und dort den festgesetzten Betrag von 6.390.-- EUR zu zahlen und die Dienstaufnahmeprozedur neu aufrollen zu lassen. Er sei inzwischen wegen der Nichtableistung des Wehrdienstes aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen worden, eine Bestätigung hierüber werde nachgereicht. Es bestehe jedenfalls ein Anspruch auf Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG. Der zu entrichtende Betrag von 6.390.-- EUR liege über der in den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Staatsangehörigkeitsgesetz gezogenen Grenze des dreifachen Brutto-Monatseinkommens des Klägers und sei ihm daher nicht zumutbar. Er verdiene zwar derzeit monatlich 2.200.-- EUR. Dieses Einkommen als Selbstständiger entspreche dem Einkommen eines Angestellten allenfalls in Höhe von 2.000.-- EUR wegen der hälftig vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge.
Mit Schreiben vom 01.08.2005 teilte der Beklagte mit, eine Einbürgerung des Klägers unter Hinnahme seiner Mehrstaatigkeit sei nicht möglich, und forderte ihn auf, weitere Unterlagen vorzulegen. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28.06.2007 den Antrag auf Einbürgerung und auf Verlängerung der Einbürgerungszusicherung wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ab. Eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit sei nicht möglich, da der Kläger nach seinem Vortrag bereits aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen worden sei. Nachweise darüber habe er aber nicht vorgelegt. Zudem seien die angeforderten Unterlagen wie Kopie des gültigen Reisepasses, Steuerbescheide, Gewerbeanmeldung, Nachweis über Einkommen der Ehefrau nicht vorgelegt worden.
Hiergegen legte der Kläger am 25.07.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er sei entweder deshalb einzubürgern, weil er bereits aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen worden sei und er durch die Verweigerung der Einbürgerung staatenlos werden würde, oder weil ihm die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nicht zuzumuten sei. Er habe bereits mehrfach beim türkischen Generalkonsulat vorgesprochen. Zuletzt sei er des Hauses verwiesen worden. Seine Versuche, Nachweise über den Fortbestand der türkischen Staatsangehörigkeit zu erlangen, seien ergebnislos gewesen.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 09.01.2008 zurück. Zur Begründung führte es aus, ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung nach § 10 StAG in Verbindung mit § 12 StAG unter Hinnahme der türkischen Staatsangehörigkeit bestehe nicht. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG seien nicht erfüllt. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Entlassung des Klägers aus der türkischen Staatsangehörigkeit versagt worden sei. Über seinen Antrag auf Entlassung liege kein Bescheid vor (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 1 StAG). Es könne daher auch nicht festgestellt werden, ob die Entlassung von der Erfüllung der Wehrpflicht abhängig gemacht werde. Auf die Frage, ob die Zahlung der Freikaufsumme zumutbar sei oder nicht, komme es derzeit nicht an. Diese Frage könne anhand der vorgelegten Unterlagen auch nicht beurteilt werden, da nur eine Bescheinigung des Steuerberaters zur Höhe des Gewinns, jedoch keine Einkommensteuerbescheide vorlägen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG). Es könne auch nicht festgestellt werden, ob über einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht rechtzeitig entschieden worden sei (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 3 StAG). Der Kläger habe die Stellung eines vollständigen Antrags nicht nachgewiesen. Nachdem der Kläger erst im Alter von 16 Jahren in das Bundesgebiet eingereist sei, komme auch eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit im Ermessenswege nach §§ 10, 12 Abs. 3 StAG a.F. i.V.m. § 40 c StAG nicht in Betracht. Der Kläger habe nicht den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten. Die Einbürgerung nach § 8 StAG scheitere ebenfalls am Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit. Die Einbürgerung des Klägers liege nicht im öffentlichen Interesse. Ihm sei es grundsätzlich möglich und zumutbar, seine Wehrdienstangelegenheiten zu regeln bzw. sich nach dem Ausgang seines Antrags auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu erkundigen und aussagekräftige Nachweise über die Höhe seines Einkommens vorzulegen.
Der Kläger erhob am 08.02.2008 Klage beim Verwaltungsgericht. Zur Begründung trug er vor, er gründe seinen Anspruch auf Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit auf §§ 10, 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 40 c StAG, hilfsweise auf §§ 8, 40c StAG. Der Kläger habe vom 01.04. bis 01.05.2002 seinen verkürzten Wehrdienst abgeleistet und dafür 2.500.-- DM entrichtet. Weitere Schritte habe er nicht unternommen. Er könne sie auch nicht mehr unternehmen, um aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden. Der Kläger sei nach Ableistung des Kurzwehrdienstes zum türkischen Generalkonsulat nach Stuttgart gefahren, um sich bestätigen zu lassen, dass er seiner Wehrdienstpflicht nachgekommen sei. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass er einen Tag zu spät sei und nun 5.112.-- EUR abzüglich der bereits gezahlten 2.500.-- DM zahlen müsse. Der geforderte Geldbetrag sei für den Kläger weder nachvollziehbar noch leistbar. Laut Registerauszug vom Mai 2007 werde der Kläger weiterhin als türkischer Staatsangehöriger geführt. Ausweislich des Schreibens vom 24.02.2011 bestehe das türkische Verteidigungsministerium nunmehr auf der Zahlung von 7.668.-- EUR für die Ausstellung eines türkischen Reisepasses und die anschließende Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.2007 - 5 C 3.06 - hänge die Unzumutbarkeit von Entlassungsbemühungen nicht von der Stellung eines Entlassungsantrags ab. Der Kläger könne seinen Lebensunterhalt derzeit nicht sichern. Er sei wegen einer schweren psychischen Erkrankung im Zentrum für Psychiatrie ... und im Anschluss daran bis 30.04.2010 im Kreiskrankenhaus ... untergebracht gewesen. Nach seiner Entlassung sei er wieder arbeitsfähig und habe allerdings vergeblich Arbeit gesucht. Seinen Verpflichtungen als Arbeitssuchender sei er stets und regelmäßig nachgekommen.
10 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung führte er aus, der Kläger könne nicht unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert werden. Er habe im Einbürgerungsverfahren keine Nachweise über einen ordnungsgemäß gestellten Entlassungsantrag bzw. eine hierüber getroffene Entscheidung durch die zuständigen türkischen Behörden eingereicht. Soweit jetzt geltend gemacht werde, die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit sei wegen der Summe, die der türkische Staat für einen stark verkürzten Wehrdienst verlange, unzumutbar, sei dem nicht zu folgen. Der Kläger hätte die Möglichkeit einer ratenweisen Zahlung gehabt. Bei der Freikaufsumme handele es sich auch nicht um eine überhöhte Entlassungsgebühr, sondern um eine Gebühr für die teilweise Befreiung von staatsbürgerlichen Pflichten. Die Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG setze voraus, dass durch eine Entscheidung der türkischen Behörden über den Entlassungsantrag dokumentiert sei, dass die Versagung im konkreten Fall von unzumutbaren Bedingungen abhängig gemacht werde. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger nicht möglich oder zumutbar sei, einen Entlassungsantrag zu stellen, seien nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Es sei auch nicht bekannt, dass die türkischen Behörden über entsprechende Anträge nicht entschieden. Die Zahlung der zu bezahlenden Ablösesumme sei zumutbar. Der Kläger könne seinen Lebensunterhalt nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten. Er beziehe Arbeitslosengeld II.
11 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 01.02.2012 die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe weder Anspruch auf seine Einbürgerung noch auf eine erneute Ermessensentscheidung über seinen Einbürgerungsantrag noch auf eine erneute Einbürgerungszusicherung. Beim Kläger lägen mit Ausnahme der Frage der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit und der Sicherung des Lebensunterhaltes die einzelnen Einbürgerungsvoraussetzungen in der jeweils für ihn günstigeren Fassung des § 10 Abs. 1 StAG a.F. bzw. § 10 Abs. 1 StAG vor. Der Anspruchseinbürgerung des Klägers stehe § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Die Kammer habe keine Zweifel daran, dass der Kläger noch die türkische Staatsangehörigkeit besitze. Dass beim Kläger ein Ausbürgerungsverfahren eingeleitet und abgeschlossen worden sein könnte, halte die Kammer für ausgeschlossen, da der Kläger noch im Jahr 2002 seinen Kurzwehrdienst geleistet habe und sein Pass 2007 verlängert worden sei. Ein Absehen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG gemäß dem für den Kläger günstigeren § 12 Abs. 3 StAG a.F scheide aus, weil der Kläger nie eine deutsche Schule besucht habe. Da der Kläger nicht zum Personenkreis der älteren Personen gehöre, komme auch ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG nicht in Betracht. Die Voraussetzung für ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 3 StAG, dass der ausländische Staat über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat, liege nicht vor. Der Kläger könne nach den türkischen Gesetzen nicht aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen werden, weil er seinen Wehrdienst in der Türkei noch nicht entsprechend den dortigen Gesetzen erledigt habe. Die Variante 3 erfasse nur die Fälle, in denen ein Ausbürgerungsbewerber unangemessen lange hingehalten werde und über den Ausgang seines Verfahrens im Unklaren sei. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Nichtbescheidung des Antrags des Klägers durch die türkischen Behörden andere Gründe als die nicht geregelte Wehrpflicht des Klägers haben könnte. Es komme somit darauf an, ob die Ausnahmetatbestände der Varianten 1 und 2 des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG erfüllt seien. Die Variante 1 gehe grundsätzlich davon aus, dass eine negative Entscheidung über einen Entlassungsantrag bereits vorliege. Es sei dann zu prüfen, ob der Ausländer die ablehnende Entscheidung zu vertreten habe. Auf das Vorliegen einer ablehnenden Entscheidung könne aber verzichtet werden, wenn der ausländische Staat den Antrag nach seinen Vorschriften ablehnen könne, weil zumutbare Bedingungen nicht erfüllt würden. So liege der Fall hier. Auf die Bescheidung des Antrags des Klägers könne verzichtet werden, weil er wegen des unerledigten Wehrdienstes nicht positiv beschieden werden könne. Der Kläger hätte es in der Hand gehabt, seinen Wehrdienst durch die Ableistung des Kurzwehrdienstes und die Zahlung eines Betrages von 10.000.-- DM zu erledigen und damit die Voraussetzungen für seine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu schaffen. Den Kurzwehrdienst habe der Kläger im Jahr 2002 abgeleistet. Die Zahlung eines Betrages von 10.000.-- DM, wovon der Kläger bereits 2.500.-- DM entrichtet habe, wäre zumutbar gewesen. Die Kammer lege dieser Beurteilung die Einschätzung zugrunde, die in Nr. 87.1.2.3.2.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsgesetz und Nr. 12.1.2.3.2.2 der vorläufigen Anwendungshinweise Baden-Württembergs zum Staatsangehörigkeitsgesetz zum Ausdruck komme, wonach ein Betrag von 5.112,92 EUR immer zumutbar sei. Es sei zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit des Freikaufs vom Wehrdienst bekannt sei und Gelegenheit bestehe, sich über einen längeren Zeitraum darauf einzurichten. Diese Kenntnis habe auch beim Kläger vorgelegen, der in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, die Erfüllung der Wehrpflicht wegen familiärer und beruflicher Verpflichtungen vor sich her geschoben zu haben. Lasse ein Einbürgerungsbewerber die Möglichkeit verstreichen, zumutbare Bedingungen für seine Entlassung aus der Staatsangehörigkeit rechtzeitig zu erfüllen, habe er die Nichtentlassung zu vertreten. Er könne sich nicht darauf berufen, dass sich die Bedingungen zu einem späteren Zeitpunkt verschärft hätten und unzumutbar geworden seien. Andernfalls hätte er es in der Hand, die Voraussetzungen der Variante 1 zu umgehen. Auf die Entscheidung der Frage, ob die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Bedingungen der Republik Türkei für die Abwicklung der Wehrpflicht für den Kläger zumutbar seien, komme es daher nicht an. Die Variante 2 des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG habe einen eigenständigen Anwendungsbereich nur dort, wo die abstrakt-generellen Anforderungen des Herkunftsstaats an die Entlassung selbst unzumutbar seien. In diesen Fällen ermögliche die Variante 2 den Verzicht auf die Durchführung eines Entlassungsverfahrens. Da die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG nicht vorlägen, könne die Frage offen bleiben, ob auch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG der Anspruchseinbürgerung entgegenstehe. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine erneute Ermessensentscheidung über die Einbürgerung des Klägers lägen ebenfalls nicht vor. Der Kläger erfülle jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Einbürgerungsbewerber imstande sein müsse, sich und seine Angehörigen zu ernähren. Da der Kläger und seine Familienangehörigen von Leistungen nach SGB II lebten, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Die Voraussetzungen für ein Absehen von § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG lägen nicht vor. Der Tatbestand des § 8 Abs. 2 StAG, nach dem aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG abgesehen werden könne, sei nicht erfüllt. Zudem stünden auch Verurteilungen wegen Straftaten einer Ermessensentscheidung entgegen, die ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG außer Betracht bleiben könnten. Relevante Straftaten seien in der Auskunft aus dem Zentralregister vom 04.11.2011 noch eingetragen. Da der Kläger die Voraussetzungen für die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nicht erfülle, helfe ihm auch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht weiter.
12 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 30.04.2013 zugelassenen Berufung bringt der Kläger vor, § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG erfasse nicht nur den Fall unzumutbarer abstrakt-genereller Anforderungen. Dies ergebe sich bereits aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.2007 - 5 C 3.06 -, in dem die Unzumutbarkeit aus einer durch den ausländischen Staat geübten Verwaltungspraxis ethnischer Diskriminierung gefolgert worden sei. Im Fall des Klägers sei § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG erfüllt, da die konkreten Entlassungsbemühungen unzumutbar seien. Dem Kläger sei es angesichts seiner Einkommensverhältnisse nicht möglich, 5.000.-- bis 10.000.-- EUR aufzubringen, um sich vom Wehrdienst freizukaufen. Das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, wie lange ein Einbürgerungsbewerber für ein etwaiges Vertretenmüssen bei der Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit einzustehen habe. Es sei kein Grund ersichtlich, für die Frage der Zumutbarkeit auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen als den der mündlichen Verhandlung. Anders als § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG enthalte § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG kein Element eines Vertretenmüssens, bei dem auf das Verhalten des Einbürgerungsbewerbers abgestellt werde und insoweit eine - allerdings begrenzte - Zurechnung früheren Verhaltens rechtlich zulässig sei. Einem Einbürgerungsbewerber sei es in der Regel nicht möglich, zukünftige Änderungen der Entlassungsbedingungen vorauszusehen und sich entsprechend darauf einzustellen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Zahlung eines Betrages von 5.112,92 EUR zur Verkürzung des Wehrdienstes sei immer zumutbar, lasse außer Betracht, dass stets eine individuelle Prüfung der Leistungsfähigkeit des Einbürgerungsbewerbers vorzunehmen sei. Zudem sei der Kläger über 40 Jahre alt und seit mehr als 15 Jahren nicht mehr gewöhnlich in der Türkei aufhältig, hingegen seit mehr als zehn Jahren im Inland. Daher sei nach der einschlägigen Verwaltungsvorschrift die Unzumutbarkeit gegeben. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG seien erfüllt. Zwar beziehe der Kläger derzeit für sich und die seiner Bedarfsgemeinschaft angehörenden Familienangehörigen Leistungen nach dem SGB II. Dies habe er jedoch nicht zu vertreten. Er sei krankheitsbedingt nur eingeschränkt erwerbsfähig und schwer vermittelbar, ohne dass dies in seinen persönlichen Verantwortungsbereich falle. Er sei nach einer einen stationären Aufenthalt im Zentrum für Psychiatrie ... erforderlich machenden Erkrankung bis heute in den ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Bis zum Ende seiner Tätigkeit innerhalb der Räumlichkeiten der Firma ..., die nach der Kündigung des Mietvertrages seitens der Vermieterin - ohne jeden vom Kläger gesetzten Anlass - habe beendet werden müssen, sei er stets arbeitswillig und erwerbstätig gewesen. Bis zum Ausgangsbescheid des vorliegenden Verfahrens sei er noch erwerbstätig und in der Lage gewesen, seinen und den Lebensunterhalt seiner Familienangehörigen zu bestreiten. Sein Arbeitsvermittler habe bestätigt, dass er aufgrund seiner physischen und psychischen Verfassung kaum Aussichten habe, in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 01.02.2012 - 1 K 1510/10 - abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 28.06.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 09.01.2008 zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates seien generell zumutbar. Der Kläger habe vor dem Verwaltungsgericht keine plausiblen Gründe anführen können, weshalb er seinen staatsbürgerlichen Verpflichtungen hinsichtlich des Wehrdienstes damals nicht nachgekommen sei. Dass der Kläger bei seiner Vorsprache im Jahre 2002 die Erhöhung der Entlassungsgebühren nicht akzeptiert habe, führe bis heute dazu, dass er seine Wehrdienstverpflichtungen nicht vollständig erfüllt habe. Wer das Ausbleiben der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit durch ein Unterlassen in der Vergangenheit selbst verschuldet habe, könne sich nicht darauf berufen, dass die Entlassungsbedingungen nach dem Sachstand am Tag der mündlichen Verhandlung als konkret unzumutbar zu bewerten seien. Habe der Ausländer die Gründe, die zur Versagung der Entlassung geführt hätten, zu vertreten, habe er hierfür nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG dauerhaft einzustehen. Etwas anderes bedürfte einer ausdrücklichen Regelung durch den Gesetzgeber. Würde der Kläger unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert, würden sich künftige türkische Einbürgerungsbewerber nicht mehr um die erforderliche Entlassung bemühen, weil sie mit dem Zeitablauf rechnen könnten. Zudem seien die heutigen Entlassungsbedingungen nicht konkret unzumutbar. Die Freikaufsumme könne vom Kläger und seiner Ehefrau erwirtschaftet werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zurechnung eines zu vertretenden Verhaltens bei § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG könne auf die Versagung der Entlassung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht übertragen werden. Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass der Einbürgerungsbewerber nach wie vor die Möglichkeit habe, das Entlassungshindernis zu beseitigen.
18 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger u.a. angegeben, die ab 01.06.2013 geplante Tätigkeit in einem Imbiss seines Sohnes habe er nicht aufnehmen können. Er sei darauf angewiesen, wegen seiner eingeschränkten Lungenfunktion halbstündlich ein Medikament in der Form eines Sprays zu nehmen. Er erhalte Leistungen nach SGB II. Die Leistungen würden gekürzt, da er sich entgegen der Aufforderung der Agentur für Arbeit auf von dieser ihm benannte offene Stellen nicht beworben habe. Er habe sich nicht beworben, da sich seine Tochter in einer Ausbildung befinde, sein Sohn schon lange arbeitslos sei, er Brot kaufen müsse und kein Geld für Bewerbungen ausgeben könne. Bis 2007 sei er voll arbeitsfähig gewesen. Er habe bis 1997 beim Friedhofsamt der Stadt ... gearbeitet und sich dann selbständig gemacht. Er habe neben dem Imbiss im ... drei weitere Imbisswagen betrieben. Für den Erwerb einer Eigentumswohnung in der Türkei habe er damals einen Kredit von der Bank über 50.000.-- DM erhalten. Zum geplanten Freikauf im Generalkonsulat durch Zahlung der restlichen 7.500.-- DM sei er einen Tag zu spät gekommen, da er sich vorher nicht habe freinehmen können.
19 
Dem Senat liegen zwei Bände Behördenakten des Landratsamts Alb-Donau-Kreis, ein Band Behördenakten des Regierungspräsidiums Tübingen, ein Band Ausländerakte der Stadt ... und ein Band Akten des Verwaltungsgerichts vor.

Entscheidungsgründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 28.06.2007 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 09.01.2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder Anspruch auf seine Einbürgerung (1) noch auf eine erneute Ermessensentscheidung über seinen Einbürgerungsantrag (2) noch auf eine erneute Einbürgerungszusicherung (3). Dabei kommt es jeweils auf die maßgebliche Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 - InfAuslR 1996, 399; Urt. v. 20.10.2005 - 5 C 17.05 - DVBl. 2006, 922; Senatsurt. v. 08.05.2013 - 1 S 2046/12 - VBlBW 2014, 12; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - NVwZ-RR 2003, 459; Urt. v. 06.03.3009 - 13 S 2080/07 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010 - 3 A 349/09 - NVwZ-RR 2011, 79). Anwendbar ist daher das Staatsangehörigkeitsgesetz in der ab 01.08.2012 gültigen Fassung vom 01.06.2012 (BGBl. 2012 I, 1224). Nach dessen § 40c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im Fall des Klägers - bis zum 30.03.2007 gestellt worden sind, die §§ 8 bis 14 und 40c weiter in ihrer vor dem 28.08.2007 (BGBl. I S. 1970) geltenden Fassung (im Folgenden: StAG a.F.) anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten.Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach früherem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (vgl. Senatsurt. v. 08.05.2013, a.a.O.).
22 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Einbürgerung nach § 10 StAG. Zwar sind die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers insoweit unschädlich (a). Jedoch sind die Einbürgerungsvoraussetzungen der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG (b) und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG (c) nicht gegeben.
23 
a) Einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG stehen die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers nicht entgegen. Nach dem für den Kläger günstigeren und daher gemäß § 40c StAG anwendbaren § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. bleiben bei bis zum 27.08.2007 gestellten Einbürgerungsanträgen Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen außer Betracht. Eine Addition, wie sie § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG heute regelt, findet nicht statt.
24 
b) aa) Der Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Insoweit enthielt § 10 StAG a.F. keine für den Kläger günstigere Bestimmung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG a.F. war Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann. Von dieser Voraussetzung wurde nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. abgesehen, wenn der Ausländer das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grunde den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten konnte. Die Privilegierung für junge Ausländer findet auf den am 01.01.1964 geborenen Kläger keine Anwendung. Im Übrigen ist die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts sachlich unverändert geblieben, die Gesetzesänderungen ab dem 28.08.2007 sind lediglich redaktionell (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rn. 218 ).
25 
Die Voraussetzung der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung des Lebensunterhalts nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG als Beleg auch wirtschaftlicher Integration erfordert eine prognostische Einschätzung, ob der Einbürgerungsbewerber voraussichtlich dauerhaft in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Einkünften zu sichern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 05.03.2010 - OVG 5 M 40.09 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 238 ff.). Der Lebensunterhalt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG umfasst auch eine Kranken- und Pflegeversicherung, bei erwerbsfähigen Einbürgerungsbewerbern auch eine Altersvorsorge (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.).
26 
Erhält der Einbürgerungsbewerber Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder hat Anspruch darauf, ist maßgeblich, ob er dies zu vertreten hat. Der Begriff des Vertretenmüssens beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Ausländer durch ein ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den - fortdauernden - Leistungsbezug gesetzt hat. Der vom Begriff des Vertretenmüssens vorausgesetzte objektive Zurechnungszusammenhang zwischen zu verantwortendem Verhalten und Leistungsbezug erfordert, dass das Verhalten des Verantwortlichen für die Verursachung oder Herbeiführung des in Bezug genommenen Umstandes zumindest nicht nachrangig, sondern hierfür wenn schon nicht allein ausschlaggebend, so doch maßgeblich bzw. prägend ist. Der Leistungsbezug muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zuzurechnen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009 - 5 C 22.08 - BVerwGE 133, 153; BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 17.12.2013 - 13 LA 179/13 - juris; je m.w.N.) Der Einbürgerungsbewerber hat eine Obliegenheit, durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft auch langfristig den eigenen Unterhalt sicherzustellen. Für ein Vertretenmüssen i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG muss eine Verletzung dieser Obliegenheit nach Art, Umfang und Dauer von einigem Gewicht sein. Die Verhängung von Sperrzeiten durch die Arbeitsverwaltung oder sonstige leistungsrechtliche Reaktionen auf die Verletzung sozialrechtlicher Obliegenheiten können für das Vertretenmüssen eine gewisse Indizwirkung haben.Beruht der Leistungsbezug auf Umständen, die dem Verantwortungsbereich des Einbürgerungsbewerbers zuzurechnen sind, unterbricht allein der Umstand, dass dieser inzwischen wegen seines Alters und aus gesundheitlichen Gründen seinen Lebensunterhalt nicht selbst durch Einsatz seiner Arbeitskraft bestreiten kann, den einbürgerungshindernden Zurechnungszusammenhang nicht. Ein Einbürgerungsbewerber hat für ein ihm zurechenbares und für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten nach Ablauf einer Frist von acht Jahren nicht mehr einzustehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.).
27 
Ein Vertretenmüssen ist gegeben, wenn sich der Einbürgerungsbewerber nicht oder nicht hinreichend um die Aufnahme einer Beschäftigung bemüht, wenn er durch ihm zurechenbares Verhalten zu erkennen gibt, dass er nicht bereit ist, eine ihm zumutbare Beschäftigung unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - ggf. auch abweichend von seiner bisherigen Qualifikation und auch zu ungünstigeren Lohn- oder Arbeitsbedingungen - anzunehmen oder wenn es zu einem Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund verhaltensbezogener Ursachen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - NVwZ-RR 2008, 839; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013 - 13 LB 99/12 - juris; Berlit, a.a.O., Rn. 259 f.; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, StAR, 5. Aufl., § 10 Rn. 43). Nicht zu vertreten hat ein arbeitsfähiger Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug, wenn er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und sich hinreichend intensiv um Arbeit bemüht, aber aus konjunkturellen Gründen oder deswegen keine nach dem Maßstab des § 8 Abs. 1, § 10 SGB II zumutbare Beschäftigung findet, weil er objektiv vermittlungshemmende Merkmale, wie Alter, Krankheit, fehlende Qualifikation - deren Eintritt er selbst nicht zurechenbar verursacht hat - aufweist. Ebenso nicht zu vertreten hat der Einbürgerungsbewerber einen Leistungsbezug wegen Verlusts des Arbeitsplatzes aufgrund gesundheitlicher, betriebsbedingter oder konjunktureller Ursachen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 266 ff.).
28 
Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen trägt angesichts der gesetzlichen Konstruktion von Regel und Ausnahme - und weil es sich typischerweise um Umstände handelt, die seiner persönlichen Sphäre entstammen - der Einbürgerungsbewerber (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 254; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 29, 53 ; Marx, Kommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 7; a.A. - ohne Begründung - Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 39).
29 
bb) Der Kläger bezieht für sich und die Familienangehörigen in seiner Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Diesen Leistungsbezug hat er nach den dargelegten Grundsätzen aufgrund seines starken Nikotinkonsums zu vertreten. Denn dieser vom Kläger zu verantwortende Konsum durch häufiges Rauchen von Zigaretten ist im wesentlichen prägend für den die Vermittlungsfähigkeit des Klägers erheblich einschränkenden und daher für den Leistungsbezug ursächlichen Gesundheitszustand des Klägers.
30 
Nach der gutachterlichen Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 beruht die eingeschränkte Vermittlungsfähigkeit des Klägers auf seiner chronischen Erkrankung der Atemwege, der Erkrankung im Bereich der Speiseröhre und einer eingeschränkten Belastung der Wirbelsäule. Der Kläger ist danach für mindestens drei Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Auszuschließen sind Tätigkeiten mit die Lunge schädigenden Substanzen wie Rauch, Staub, Gase und Dämpfe, anhaltende Zwangshaltungen, schweres Heben und Tragen sowie häufiges Bücken. Hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre die Einstellung des Nikotinkonsums. Diese Feststellungen der Gutachterin decken sich mit denen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, denen der Senat aufgrund seines eigenen Eindrucks folgt, ist der Kläger aufgrund seiner Atemwegerkrankung insbesondere zu Tätigkeiten, die seine Lunge belasten könnten, nicht in der Lage. Er ist darauf angewiesen, wegen seiner eingeschränkten Lungenfunktion halbstündlich ein Medikament in der Form eines Sprays zu nehmen. Der Kläger raucht weiterhin Zigaretten, derzeit ca. 30 pro Tag. Diesen Gesundheitszustand bestätigen die vom Kläger vorgelegten Atteste seiner Hausärztin ... vom 10.01.2014 und des Arztes ... vom 17.01.2014. Nach den Feststellungen im Attest vom 10.01.2014 hat sich das Asthma bzw. die chronisch obstruktive Lungenerkrankung in den letzten Jahren erheblich verschlechtert, so dass der Kläger nach geringen körperlichen Belastungen völlig außer Atem kommt und die Einschränkung der Lungenfunktion die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt. Gemäß den Feststellungen im Attest vom 17.01.2014 hat die Belastbarkeit des Klägers durch seine chronisch obstruktive Lungenkrankheit abgenommen, so dass er zittert, wenn er sich länger anstrengt, und ihm nur eine Arbeitszeit von drei Stunden zuzumuten ist und am Arbeitsplatz auch möglichst wenig inhalative Noxen und möglichst wenig Temperaturwechsel auftreten sollten.
31 
Das Vermittlungshemmnis hat seine Ursache im Verantwortungsbereich des Klägers. Er hat durch seinen starken Nikotinkonsum in den letzten Jahren seit 2007 die maßgebliche Ursache für seine deutlich eingeschränkte Erwerbsfähigkeit gesetzt. Dieser Umstand liegt in seinem Verantwortungsbereich und ist von ihm zu vertreten. Der sinngemäße Einwand des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, es handele sich um eine Sucht, die der Kläger nicht steuern und beherrschen könne, ist unbegründet. Nach dem Attest vom 17.01.2014 hat der Kläger zweimal das Rauchen für längere Zeit aufgegeben, einmal für acht Monate und einmal für ein Jahr lang. Konkrete Umstände, warum es ihm nicht möglich war, dauerhaft das Rauchen einzustellen, hat der Kläger nicht dargelegt. Aus welchen Gründen der Kläger nach diesen Phasen das Rauchen wieder aufgenommen hat, ist nicht dargelegt. Die pauschale Behauptung, es handele sich um eine nicht steuerbare Sucht, ist gerade angesichts der zwei längeren Phasen der Abstinenz nicht nachvollziehbar und zeigt keine Tatsachen auf, die auf eine außerhalb des Verantwortungsbereichs des Klägers liegende, nicht beherrschbare Sucht hindeuten könnten. Bereits durch die gutachterliche Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Einstellung des Nikotinkonsums hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre. Nachhaltige Bemühungen hierzu sind gleichwohl nicht festzustellen.
32 
Der starke Nikotinkonsum des Klägers in den Jahren ab 2007, als nach seiner Schilderung eine wirtschaftlich schwierige, später krisenhafte Situation für ihn eintrat, ist für den Bezug von SGB II prägend. Er führte beim Kläger, der nach seinem eigenen, für den Senat nachvollziehbaren Vortrag bis dahin ohne Einschränkungen voll erwerbsfähig war und zusammen mit seiner Ehefrau seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen bestreiten konnte, zu einer sehr starken Einschränkung seiner Lungenfunktion und damit entscheidend zu seiner beschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser Umstand ist auch in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen. Das starke Rauchen des Klägers ab 2007 liegt nicht bereits mehr als acht Jahre zurück. Unerheblich ist insoweit, dass nach dem Attest vom 17.01.2014 der Kläger seit der Jugend raucht. Denn dieser Konsum hatte bis 2007 nicht zu negativen Folgen für die Leistungs-, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des Klägers geführt.
33 
Hinzu kommen - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme, da sich das Vertretenmüssen bereits aus dem Nikotinkonsum des Klägers ergibt - die Leistungskürzungen des Klägers bei seinem Bezug von Leistungen nach SGB II. Vom 01.04.2009 bis zum 30.06.2009 waren die Leistungen des Klägers wegen eines Terminversäumnisses um 10 % und vom 01.10. bis 31.12.2010 wegen der Ablehnung einer Arbeit um 30 % gekürzt worden. Aktuell erfährt der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, Leistungskürzungen, da er sich entgegen der Aufforderung der Agentur für Arbeit auf von dieser ihm benannte offene Stellen nicht beworben hat. Die Leistungskürzungen beim Bezug von Leistungen nach SGB II sind Indizien dafür, dass der Kläger den Leistungsbezug zu vertreten hat. Diese Indizien hat er nicht ausgeräumt. Die für das Unterlassen von Bewerbungen vom Kläger angegebenen Gründe, dass sich seine Tochter in einer Ausbildung befinde, dass sein Sohn schon lange arbeitslos sei, dass er Brot kaufen müsse und kein Geld für Bewerbungen ausgeben könne, sind nicht geeignet, das Versäumnis, sich auf offene Stellen zu bewerben, zu rechtfertigen.
34 
c) Der Einbürgerung nach § 10 StAG steht auch entgegen, dass der Kläger seine türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben oder verloren hat und von dem Erfordernis, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, im Fall des Klägers nicht abgesehen werden kann.
35 
Die Einbürgerung nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Dies entspricht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG a.F. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Kläger noch türkischer Staatsangehöriger ist. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Der Kläger macht mit der Berufung nicht mehr geltend, er habe die türkische Staatsangehörigkeit verloren.
36 
Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG kann nicht nach § 12 Abs. 1 StAG abgesehen werden. Ein solches Absehen sieht § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG vor, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist u.a. anzunehmen, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG). Diese Voraussetzungen des Absehens entsprechen denen des § 12 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 StAG a.F.
37 
aa) Zu § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG macht der Kläger nicht geltend, dass die Variante 1 (Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat) oder die Variante 3 (keine Entscheidung über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag in angemessener Zeit) vorliegt. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Beide Varianten setzen einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag voraus. Für Variante 3 regelt das Gesetz das ausdrücklich. Für Variante 1 folgt diese Voraussetzung daraus, dass der Herkunftsstaat über den Entlassungsantrag negativ entschieden haben muss („Versagung“) und die Ablehnung vom Ausländer zu vertreten ist, wenn er keinen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002 - 13 S 810/12 - DVBl. 2003, 469, zum gleichlautenden § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG a.F.; Urt. v. 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 77 ff., 82 ff. ; Hailbronner, a.a.O., § 12 Rn. 18, 33; Münch, in: Marx: Ausländer- und Asylrecht. Verwaltungsverfahren. Prozess, 2. Aufl., § 7 Rn. 150). Dieses Erfordernis ist auch sachgerecht, da die Fälle, in denen es unzumutbar ist, einen solchen Antrag zu stellen, von Variante 2 erfasst werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002, a.a.O.). Der Kläger hat nicht nachgewiesen, einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt zu haben, obwohl er von dem Beklagten mehrfach hierzu aufgefordert worden ist. Zwar hat er eine Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats Stuttgart vom 24.09.2003 vorgelegt, dass sein Antrag vom 24.09.2003 zur Ausbürgerung aus der türkischen Staatsangehörigkeit an das Innenministerium weitergeleitet worden sei. Ob es sich um einen formgerechten und vollständigen Antrag handelt, ist jedoch nicht festzustellen.
38 
bb) Auch die Voraussetzungen eines Absehens nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, dessen Auslegung unstreitig vollständig der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012 - 13 LC 240/10 - InfAuslR 2012, 191; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 106), sind nicht gegeben. Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind weder abstrakt-generell unzumutbar (1) noch wirken sie sich konkret im Fall des Klägers unzumutbar aus (2).
39 
(1) Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 18.10.2011 gegenüber dem Verwaltungsgericht (vgl. Bl. 114 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts) bestimmte das Änderungsgesetz Nr. 5380 vom 02.07.2005 zum türkischen Militärgesetz Nr. 1111:
40 
"Der Wehrdienst von Wehrpflichtigen, die im Ausland leben, kann bis zum Ende des 38. Lebensjahres zurückgestellt werden.
41 
Betroffene müssen einen Betrag von insgesamt Euro 5.112.- bezahlen. Dieser Betrag kann bei Anmeldung im voraus oder bis zum Ende des 38. Lebensjahr in höchstens vier gleichen Raten bezahlt werden, wobei die erste Rate bei der Anmeldung bezahlt werden muss. Die Militärausbildung für diesen Personenkreis dauert 21 Tage.
42 
Diejenigen, die bis zum Ende des 38. Lebensjahrs sich nicht angemeldet oder trotz Abmeldung den Wehrdienst nicht angetreten oder nicht bezahlt haben, können dennoch mit einer einmaligen Zahlung von Euro 7.668.- von den Bestimmungen dieses Gesetzes profitieren."
43 
Die Freikaufsumme wurde nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bundesministerium des Innern vom 26.11.2013 (vgl. Bl. 107 ff. der Berufungsakte) zum 15.12.2011 einheitlich auf 10.000.-- EUR erhöht, zum 20.07.2013 wiederum einheitlich auf 6.000.-- EUR herabgesetzt. Derzeit kann mithin nach Ableistung einer Militärausbildung von 21 Tagen ein Freikauf gegen ein Betrag von 6.000.-- EUR erfolgen.
44 
Der türkische Staat stellt damit im Regelfall keine unzumutbaren Bedingungen für die Ableistung des Wehrdienstes und des Freikaufs hiervon. Eine Unzumutbarkeit ist anzunehmen, wenn die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates abstrakt-generell unzumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013 - 5 C 9.12 - NVwZ 2013, 867). Dies ist nicht nur zu bejahen, wenn gesetzliche Regelungen des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen vorsehen. Eine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit liegt vielmehr auch vor, wenn eine generell geübte Verwaltungspraxis des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 - 5 C 3.06 - BVerwGE 129, 20; Urt. v. 30.06.2010 - 5 C 9.10 - BVerwGE 137, 237; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008 - 13 S 1812/07 - NVwZ-RR 2009, 354; OVG NRW, Urt. v. 25.09.2008 - 19 A 1221/04 - juris).
45 
Danach liegt keine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit der gegenwärtigen türkischen Entlassungsbedingungen vor. Angesichts des Umstandes, dass die im Grundsatz nicht zu beanstandende Wehrpflicht des türkischen Staates von demjenigen, der sich freikauft, nicht mehr zu leisten ist und dieser dadurch einen erheblichen Vorteil erfährt, ist ein Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR nicht als überhöht anzusehen und daher nicht zu beanstanden.
46 
(2) Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind auch nicht konkret-individuell betrachtet unzumutbar. Dabei kann der Senat offen lassen, wie der Begriff der konkret-individuellen Unzumutbarkeit zu bestimmen ist. Denn nach jeder Betrachtungsweise ist im Fall des Klägers eine konkret-individuelle Unzumutbarkeit zu verneinen.
47 
(a) Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 21.02.2013 - 5 C 9.12 - ausgeführt, der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG lasse bei der Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit eher auf das Erfordernis einer abstrakt-generellen Prüfung schließen. Ob die darüber hinaus erforderliche individuelle Prüfung des Vorliegens besonders schwieriger Bedingungen ebenfalls von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG gefordert wird oder als gesonderter Prüfungsschritt im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG zu erfolgen hat, könne offen bleiben, da keine Tatsachen vorlägen, die das im dortigen Verfahren streitige Volljährigkeitserfordernis im konkreten Einzelfall als unzumutbare oder besonders schwierige Bedingung erscheinen ließen. Sei eine Entlassungsvoraussetzung generell betrachtet zumutbar, dann habe dies zur Folge, dass die betroffenen Ausländer in der Regel die Bedingung erfüllen müssten, um nach Entlassung aus der fremden Staatsangehörigkeit in den deutschen Staatsverband aufgenommen zu werden. Schon aus Gleichbehandlungsgründen müsse für die Annahme einer hiervon befreienden individuell-konkreten Unzumutbarkeit eine vom Regelfall abweichende atypische Belastungssituation vorliegen, die bei wertender Betrachtung nach nationalem Recht nicht hinzunehmen sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013, a.a.O.; dazu: Fleuß, jurisPR-BVerwG 11/2013 Anm. 4; Häußler, DVBl. 2013, 1228, 1233).
48 
Nach der bisher herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist bei der Prüfung der konkreten Unzumutbarkeit von Entlassungsbedingungen entscheidend, ob dem Einbürgerungsbewerber nach seinen konkreten Verhältnissen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die Erfüllung der Entlassungsbedingungen nach Maßgabe eines objektivierenden normativen Maßstabs aus nationaler Sicht zuzumuten ist. Die bloß subjektiv definierte Unzumutbarkeit reicht dabei allerdings nicht aus. Auf der anderen Seite schließt allein der Umstand, dass eine Entlassungsbedingung dem Grunde nach in rechtsvergleichender Sicht jedenfalls nicht unüblich ist und den Rahmen des in der Staatenpraxis Üblichen wahrt, deren Unzumutbarkeit im Einzelfall nicht aus (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012, a.a.O.; ähnlich: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O.; VG Aachen, Urt. v. 18.05.2009 - 5 K 1815/08 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 25.01.2012 - 2 K 1237/10 - juris; VG Stuttgart, Urt. v. 15.08.2013 - 11 K 3272/12 - AuAS 2013, 208; Berlit, a.a.O., § 12 StAG Rn. 107 f.). Dabei ziehen die Gerichte häufig die zum Staatsangehörigkeitsgesetz erlassenen Anwendungshinweise und Verwaltungsvorschriften heran. Diese gehen zum einen von einer regelmäßig oder stets zumutbaren Freikaufsumme aus und stellen zum anderen auf die Einkommensverhältnisse des Einbürgerungsbewerbers ab. Sie führen mithin im Zweifel zu einer stärker auf den Einzelfall bezogenen Prüfung der Zumutbarkeit als der Maßstab aus der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration Baden-Württemberg zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VwV StAG) vom 08.07.2013 bestimmt zur Unzumutbarkeit im Hinblick auf die Leistung der Wehrpflicht, dass der Freikauf in der Regel unzumutbar ist, wenn das Dreifache eines durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens des Einbürgerungsbewerbers überschritten wird, und dass ein Betrag von 5.000.-- EUR regelmäßig zumutbar ist. Diese Verwaltungsvorschrift kann nach Auffassung des Senats, wenn man von der bisherigen Auslegung des Begriff der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausgehen sollte, eine sachgerechte Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs darstellen.
49 
(b) Nach diesen Grundsätzen der bisher h.M. in der Rechtsprechung und Literatur ist eine Unzumutbarkeit im Fall des Klägers nicht gegeben. Insbesondere aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergibt sich eine solche nicht. Der Kläger hat hierzu im wesentlichen lediglich vorgetragen, Leistungen nach SGB II für sich und seine Familienangehörigen zu beziehen, ohne Einzelheiten hierzu anzugeben oder einen vollständigen Bescheid über Leistungen nach SGB II vorzulegen. Den Bezug von Leistungen nach dem SGB II zugrundegelegt, lässt sich eine Unzumutbarkeit nicht feststellen. Zwar würde nach dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR das Dreifache des Bruttomonatseinkommens des Klägers übersteigen. In die Gesamtabwägung sind hier jedoch die Freikaufmöglichkeiten aus der Vergangenheit einzustellen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG, dass nach Ablauf von acht Jahren ein für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten dem Einbürgerungsbewerber nicht mehr entgegengehalten werden kann, ist nicht übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung mit der Zielsetzung des Gesetzes, einer Zuwanderung in die Sozialsysteme entgegenzuwirken, begründet. Der Zusammenhang zwischen zu verantwortendem vergangenen Verhalten und späteren Fernwirkungen verliere nach diesem Sinn und Zweck der Regelung im Zeitverlauf an Gewicht. Zudem sei Regelvorstellung, dass der Einbürgerungsbewerber, der den gegenwärtigen Leistungsbezug zu vertreten habe, dies durch eine Verhaltensänderung (z.B. hinreichend intensive Bemühungen um eine Beschäftigung) auch solle beeinflussen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.). § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG ist in all seinen drei Varianten dadurch geprägt, dass der Einbürgerungsbewerber die Nichtentlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht zu vertreten hat (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 75). Für die Erfüllung der Wehrpflicht und eines etwaigen Freikaufs von dieser ist insoweit von Bedeutung, dass die Wehrpflicht international weit verbreitet und anerkannt ist, dass die Erfüllung einer gesetzlichen Wehrpflicht im Grundsatz zu den statthaften und abstrakt zumutbaren Entlassungsvoraussetzungen gehört, dass Einbürgerungsbewerber die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates regelmäßig ohne größere Schwierigkeiten kennen können und sich grundsätzlich darauf einstellen können, ob und wie sie diese Entlassungsbedingungen erfüllen wollen. Daher kann für die Zumutbarkeit eines Freikaufs auch relevant sein, wie frühzeitig sich der Betroffene um einen solchen Freikauf bemüht hat oder ob er ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs ungenutzt verstreichen ließ (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.2010 - 5 C 12.10 - NVwZ 2011, 760, zur Bemühung um den Rückerwerb einer früheren Staatsangehörigkeit im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung). Die Tatsache, dass ein Einbürgerungsbewerber die ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs nicht nutzte, kann daher in einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände bei der Frage der Zumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG Berücksichtigung finden.
50 
Für den Kläger bestand vor dem 01.01.2002 die Möglichkeit, den Freikauf durch eine Zahlung von 10.000.-- DM zu erreichen. Diese Möglichkeit war für ihn zumutbar. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht auf Sozialhilfeleistungen oder andere staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Vielmehr betrieb er nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu dieser Zeit erfolgreich den Imbiss im ... sowie drei weitere Imbisswagen. Für den Erwerb einer Eigentumswohnung in der Türkei hatte er zu diesem Zeitpunkt einen Kredit von der Bank über 50.000.-- DM erhalten. Von der Freikaufsumme von 10.000.-- DM hatte er im Oktober 2001 2.500.-- DM bereits geleistet. Er wollte nach seinem eigenen Vorbringen die restliche Summe von 7.500.-- DM im Generalkonsulat bezahlen - und war dazu offenkundig in der Lage -, unterließ diese Zahlung jedoch bei dem Termin im Generalkonsulat, da er - anscheinend zu Beginn des Jahres 2002, nach Vollendung des 38. Lebensjahrs - einen Tag zu spät kam. Den hierfür angegebenen Grund, dass er sich als Selbstständiger zuvor nicht habe frei nehmen können, hat er ebenso zu vertreten wie den Umstand, dass er zuvor den Freikauf über Jahre vor sich hergeschoben hatte. Der derzeitige Gesamtbetrag von 6.000.-- EUR ist zwar - unabhängig von der Frage, ob die damalige Zahlung von 2.500.-- DM heute noch angerechnet würde oder nicht - für den Kläger angesichts seines derzeitigen Bezugs von Leistungen nach SGB II ein sehr erheblicher Betrag. Dies führt jedoch bei einer Gesamtbetrachtung nicht zur Unzumutbarkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, da der maßgebliche Grund für diese Belastung darin liegt, dass der Kläger die Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM vor dem 01.01.2002 ungenutzt ließ. Zudem liegt die derzeitige Freikaufsumme von 6.000.-- EUR zwar über der damaligen von 10.000.-- DM, der Mehrbetrag beträgt jedoch lediglich 888.-- EUR.
51 
Auf Nr. 12.1.2.3.2.2 der VwV StAG vom 08.07.2013 zu Einbürgerungsbewerbern, die über 40 Jahre alt sind und seit mehr als 15 Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Herkunftsstatt haben, davon mindestens zehn Jahre im Inland, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Denn auch wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, liegt keine konkret-individuelle Unzumutbarkeit vor, wenn dem Einbürgerungsbewerber der Freikauf von der Wehrpflicht zumutbar ist.
52 
(c) Nach dem Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts wirken sich die abstrakt-generell zumutbaren Regelungen des türkischen Staates zum Freikauf von der Wehrpflicht für den Kläger nicht unzumutbar aus. Es sind keine atypischen Umstände des Einzelfalls dargelegt oder ersichtlich, die so bedeutsam sind, dass für den Kläger im Verhältnis zu sonstigen Einbürgerungsbewerbern besondere nicht hinzunehmende Belastungen eintreten. Auch aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergeben sich solche Umstände nicht. Allein aus der Tatsache des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine atypische Sondersituation des Klägers folgen, die ihn wesentlich härter betrifft als vergleichbare Einbürgerungsbewerber. Denn für jeden Einbürgerungsbewerber, der Leistungen nach SGB II bezieht, stellt die Freikaufsumme von 6.000.-- EUR eine vergleichbare Belastung dar. Hierzu hinzutretende besondere Umstände hat der Kläger für seinen Fall nicht dargelegt. Gegen eine besondere Belastungssituation spricht hingegen, dass der Kläger vor Vollendung des 38. Lebensjahres die zumutbare Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM hatte, die er nicht wahrnahm, weil er die Angelegenheit vor sich herschob.
53 
cc) Auch ein Absehen vom Erfordernis des Verlusts oder der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit nach anderen Bestimmungen kommt nicht in Betracht.
54 
Die insoweit günstigere Bestimmung des § 12 Abs. 3 StAG a.F. - nach der von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen werden kann, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit von der Leistung des Wehrdienstes abhängig macht und der Ausländer den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und im Inland in deutsche Lebensverhältnisse und in das wehrpflichtige Alter hineingewachsen ist - kann auf den Kläger, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Anwendung finden, da er nie eine deutsche Schule besucht hat.
55 
Auch für ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG liegen die Voraussetzungen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist anzunehmen, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, wenn der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde. Der Kläger ist bereits keine ältere Person in diesem Sinne. Zumindest im Regelfall sind nur Ausländer ab Vollendung des 60. Lebensjahrs erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 208). Unverhältnismäßige Schwierigkeiten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG sind nur altersbedingte Erschwernisse. Die Unverhältnismäßigkeit muss gerade auf das fortgeschrittene Lebensalter des Einbürgerungsbewerbers zurückzuführen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; OVG NRW, Urt. v. 26.11.2009 - 19 A 1448/07 - juris). Solche Schwierigkeiten sind weder dargelegt noch ersichtlich.
56 
Schließlich kommt auch ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG nicht in Betracht. Dabei kann offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG eine abschließende Regelung darstellt oder § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG eine Auffangklausel für von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht erfasste Fälle ist (vgl. dazu nur: Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 23 ff.). Denn für sonstige, von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht geregelte besonders schwierige Bedingungen der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit ist im Fall des Klägers nichts ersichtlich.
57 
2. a) Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach Ermessen gemäß § 8 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, dass er sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist.
58 
Ebenso ist die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG weder in der aktuellen noch in der früheren Fassung erfüllt. Das Erfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG, dass er weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, ist nicht gegeben; die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F., dass der Ausländer keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder § 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfüllt, liegt gleichfalls nicht vor, da die Verurteilungen des Klägers einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG darstellen.
59 
b) Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von den Voraussetzungen in § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StAG abgesehen werden.
60 
Eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG liegt nicht vor. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145). Als Beispiel für einen Härtefall, der durch diese Ausnahmeregelung vermieden werden kann und soll, führt der Gesetzgeber die Konstellation an, dass etwa die ausländische Ehefrau aufgrund einer zur Durchführung eines Entlassungsverfahrens erteilten Einbürgerungszusicherung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ausgeschieden ist, nun aber ihrer Einbürgerung - auch bei unverschuldet eingetretener Arbeitslosigkeit ihres deutschen Ehegatten - mangelnde Unterhaltsfähigkeit entgegensteht und sie dadurch staatenlos geworden ist (BT-Drs. 15/420, S. 116). Dieser Beispielsfall zeigt zum einen, dass der Gesetzgeber für die Annahme einer „besonderen Härte“ mehr verlangt, als dass Gründe vorliegen, die einer Einbürgerung zwar grundsätzlich entgegenstehen, von denen jedoch unter bestimmten Umständen - wie etwa im Falle der nicht zu vertretenden Inanspruchnahme von Sozialleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) - abgesehen werden kann. Zum anderen verdeutlicht er die Zielrichtung der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG: Sie soll es ermöglichen, solchen Härten zu begegnen, die gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden bzw. durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 244/13 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 11.06.2009 - OVG 5 M 30.08 -; SaarlOVG, Beschl. v. 10.06.2010 - 1 A 88/10 -; alle in juris). Daran gemessen sind hier keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Versagung der Ermessenseinbürgerung wegen Straffälligkeit und mangelnder Unterhaltsfähigkeit den Kläger gegenüber anderen Einbürgerungsbewerbern in vergleichbarer Lage besonders hart trifft. Er hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Es wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung der Einbürgerung negative Auswirkungen auf die ehelichen und familiären Lebensverhältnisse des Klägers hätte.
61 
Es fehlt auch an einem öffentlichen Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG.
62 
Ein solches ist nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG) und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) einzubürgern (vgl. Senatsurt. v. 06.11.2013, a.a.O.; SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - juris; ebenso NdsOVG, Beschl. v. 07.01.2013 - 13 PA 243/12 - juris; so jetzt auch Nr. 8.2 VwV StAG vom 08.07.2013). Für ein solches Interesse ist hier nichts erkennbar.
63 
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer erneuten Einbürgerungszusicherung für den Fall, dass er die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweist. Denn der Einbürgerung steht nicht nur § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG, sondern auch die mangelnde Sicherung des Lebensunterhalts entgegen.
64 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Dabei kann offenbleiben, ob die Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG grundsätzliche Bedeutung hat. Denn die Frage ist mangels Vorliegens der Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entscheidungserheblich.
65 
Beschluss vom 22. Januar 2014
66 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
67 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 28.06.2007 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 09.01.2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder Anspruch auf seine Einbürgerung (1) noch auf eine erneute Ermessensentscheidung über seinen Einbürgerungsantrag (2) noch auf eine erneute Einbürgerungszusicherung (3). Dabei kommt es jeweils auf die maßgebliche Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 - InfAuslR 1996, 399; Urt. v. 20.10.2005 - 5 C 17.05 - DVBl. 2006, 922; Senatsurt. v. 08.05.2013 - 1 S 2046/12 - VBlBW 2014, 12; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - NVwZ-RR 2003, 459; Urt. v. 06.03.3009 - 13 S 2080/07 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010 - 3 A 349/09 - NVwZ-RR 2011, 79). Anwendbar ist daher das Staatsangehörigkeitsgesetz in der ab 01.08.2012 gültigen Fassung vom 01.06.2012 (BGBl. 2012 I, 1224). Nach dessen § 40c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im Fall des Klägers - bis zum 30.03.2007 gestellt worden sind, die §§ 8 bis 14 und 40c weiter in ihrer vor dem 28.08.2007 (BGBl. I S. 1970) geltenden Fassung (im Folgenden: StAG a.F.) anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten.Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach früherem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (vgl. Senatsurt. v. 08.05.2013, a.a.O.).
22 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Einbürgerung nach § 10 StAG. Zwar sind die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers insoweit unschädlich (a). Jedoch sind die Einbürgerungsvoraussetzungen der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG (b) und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG (c) nicht gegeben.
23 
a) Einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG stehen die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers nicht entgegen. Nach dem für den Kläger günstigeren und daher gemäß § 40c StAG anwendbaren § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. bleiben bei bis zum 27.08.2007 gestellten Einbürgerungsanträgen Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen außer Betracht. Eine Addition, wie sie § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG heute regelt, findet nicht statt.
24 
b) aa) Der Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Insoweit enthielt § 10 StAG a.F. keine für den Kläger günstigere Bestimmung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG a.F. war Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann. Von dieser Voraussetzung wurde nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. abgesehen, wenn der Ausländer das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grunde den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten konnte. Die Privilegierung für junge Ausländer findet auf den am 01.01.1964 geborenen Kläger keine Anwendung. Im Übrigen ist die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts sachlich unverändert geblieben, die Gesetzesänderungen ab dem 28.08.2007 sind lediglich redaktionell (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rn. 218 ).
25 
Die Voraussetzung der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung des Lebensunterhalts nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG als Beleg auch wirtschaftlicher Integration erfordert eine prognostische Einschätzung, ob der Einbürgerungsbewerber voraussichtlich dauerhaft in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Einkünften zu sichern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 05.03.2010 - OVG 5 M 40.09 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 238 ff.). Der Lebensunterhalt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG umfasst auch eine Kranken- und Pflegeversicherung, bei erwerbsfähigen Einbürgerungsbewerbern auch eine Altersvorsorge (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.).
26 
Erhält der Einbürgerungsbewerber Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder hat Anspruch darauf, ist maßgeblich, ob er dies zu vertreten hat. Der Begriff des Vertretenmüssens beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Ausländer durch ein ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den - fortdauernden - Leistungsbezug gesetzt hat. Der vom Begriff des Vertretenmüssens vorausgesetzte objektive Zurechnungszusammenhang zwischen zu verantwortendem Verhalten und Leistungsbezug erfordert, dass das Verhalten des Verantwortlichen für die Verursachung oder Herbeiführung des in Bezug genommenen Umstandes zumindest nicht nachrangig, sondern hierfür wenn schon nicht allein ausschlaggebend, so doch maßgeblich bzw. prägend ist. Der Leistungsbezug muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zuzurechnen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009 - 5 C 22.08 - BVerwGE 133, 153; BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 17.12.2013 - 13 LA 179/13 - juris; je m.w.N.) Der Einbürgerungsbewerber hat eine Obliegenheit, durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft auch langfristig den eigenen Unterhalt sicherzustellen. Für ein Vertretenmüssen i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG muss eine Verletzung dieser Obliegenheit nach Art, Umfang und Dauer von einigem Gewicht sein. Die Verhängung von Sperrzeiten durch die Arbeitsverwaltung oder sonstige leistungsrechtliche Reaktionen auf die Verletzung sozialrechtlicher Obliegenheiten können für das Vertretenmüssen eine gewisse Indizwirkung haben.Beruht der Leistungsbezug auf Umständen, die dem Verantwortungsbereich des Einbürgerungsbewerbers zuzurechnen sind, unterbricht allein der Umstand, dass dieser inzwischen wegen seines Alters und aus gesundheitlichen Gründen seinen Lebensunterhalt nicht selbst durch Einsatz seiner Arbeitskraft bestreiten kann, den einbürgerungshindernden Zurechnungszusammenhang nicht. Ein Einbürgerungsbewerber hat für ein ihm zurechenbares und für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten nach Ablauf einer Frist von acht Jahren nicht mehr einzustehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.).
27 
Ein Vertretenmüssen ist gegeben, wenn sich der Einbürgerungsbewerber nicht oder nicht hinreichend um die Aufnahme einer Beschäftigung bemüht, wenn er durch ihm zurechenbares Verhalten zu erkennen gibt, dass er nicht bereit ist, eine ihm zumutbare Beschäftigung unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - ggf. auch abweichend von seiner bisherigen Qualifikation und auch zu ungünstigeren Lohn- oder Arbeitsbedingungen - anzunehmen oder wenn es zu einem Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund verhaltensbezogener Ursachen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - NVwZ-RR 2008, 839; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013 - 13 LB 99/12 - juris; Berlit, a.a.O., Rn. 259 f.; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, StAR, 5. Aufl., § 10 Rn. 43). Nicht zu vertreten hat ein arbeitsfähiger Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug, wenn er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und sich hinreichend intensiv um Arbeit bemüht, aber aus konjunkturellen Gründen oder deswegen keine nach dem Maßstab des § 8 Abs. 1, § 10 SGB II zumutbare Beschäftigung findet, weil er objektiv vermittlungshemmende Merkmale, wie Alter, Krankheit, fehlende Qualifikation - deren Eintritt er selbst nicht zurechenbar verursacht hat - aufweist. Ebenso nicht zu vertreten hat der Einbürgerungsbewerber einen Leistungsbezug wegen Verlusts des Arbeitsplatzes aufgrund gesundheitlicher, betriebsbedingter oder konjunktureller Ursachen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 266 ff.).
28 
Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen trägt angesichts der gesetzlichen Konstruktion von Regel und Ausnahme - und weil es sich typischerweise um Umstände handelt, die seiner persönlichen Sphäre entstammen - der Einbürgerungsbewerber (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 254; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 29, 53 ; Marx, Kommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 7; a.A. - ohne Begründung - Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 39).
29 
bb) Der Kläger bezieht für sich und die Familienangehörigen in seiner Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Diesen Leistungsbezug hat er nach den dargelegten Grundsätzen aufgrund seines starken Nikotinkonsums zu vertreten. Denn dieser vom Kläger zu verantwortende Konsum durch häufiges Rauchen von Zigaretten ist im wesentlichen prägend für den die Vermittlungsfähigkeit des Klägers erheblich einschränkenden und daher für den Leistungsbezug ursächlichen Gesundheitszustand des Klägers.
30 
Nach der gutachterlichen Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 beruht die eingeschränkte Vermittlungsfähigkeit des Klägers auf seiner chronischen Erkrankung der Atemwege, der Erkrankung im Bereich der Speiseröhre und einer eingeschränkten Belastung der Wirbelsäule. Der Kläger ist danach für mindestens drei Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Auszuschließen sind Tätigkeiten mit die Lunge schädigenden Substanzen wie Rauch, Staub, Gase und Dämpfe, anhaltende Zwangshaltungen, schweres Heben und Tragen sowie häufiges Bücken. Hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre die Einstellung des Nikotinkonsums. Diese Feststellungen der Gutachterin decken sich mit denen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, denen der Senat aufgrund seines eigenen Eindrucks folgt, ist der Kläger aufgrund seiner Atemwegerkrankung insbesondere zu Tätigkeiten, die seine Lunge belasten könnten, nicht in der Lage. Er ist darauf angewiesen, wegen seiner eingeschränkten Lungenfunktion halbstündlich ein Medikament in der Form eines Sprays zu nehmen. Der Kläger raucht weiterhin Zigaretten, derzeit ca. 30 pro Tag. Diesen Gesundheitszustand bestätigen die vom Kläger vorgelegten Atteste seiner Hausärztin ... vom 10.01.2014 und des Arztes ... vom 17.01.2014. Nach den Feststellungen im Attest vom 10.01.2014 hat sich das Asthma bzw. die chronisch obstruktive Lungenerkrankung in den letzten Jahren erheblich verschlechtert, so dass der Kläger nach geringen körperlichen Belastungen völlig außer Atem kommt und die Einschränkung der Lungenfunktion die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt. Gemäß den Feststellungen im Attest vom 17.01.2014 hat die Belastbarkeit des Klägers durch seine chronisch obstruktive Lungenkrankheit abgenommen, so dass er zittert, wenn er sich länger anstrengt, und ihm nur eine Arbeitszeit von drei Stunden zuzumuten ist und am Arbeitsplatz auch möglichst wenig inhalative Noxen und möglichst wenig Temperaturwechsel auftreten sollten.
31 
Das Vermittlungshemmnis hat seine Ursache im Verantwortungsbereich des Klägers. Er hat durch seinen starken Nikotinkonsum in den letzten Jahren seit 2007 die maßgebliche Ursache für seine deutlich eingeschränkte Erwerbsfähigkeit gesetzt. Dieser Umstand liegt in seinem Verantwortungsbereich und ist von ihm zu vertreten. Der sinngemäße Einwand des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, es handele sich um eine Sucht, die der Kläger nicht steuern und beherrschen könne, ist unbegründet. Nach dem Attest vom 17.01.2014 hat der Kläger zweimal das Rauchen für längere Zeit aufgegeben, einmal für acht Monate und einmal für ein Jahr lang. Konkrete Umstände, warum es ihm nicht möglich war, dauerhaft das Rauchen einzustellen, hat der Kläger nicht dargelegt. Aus welchen Gründen der Kläger nach diesen Phasen das Rauchen wieder aufgenommen hat, ist nicht dargelegt. Die pauschale Behauptung, es handele sich um eine nicht steuerbare Sucht, ist gerade angesichts der zwei längeren Phasen der Abstinenz nicht nachvollziehbar und zeigt keine Tatsachen auf, die auf eine außerhalb des Verantwortungsbereichs des Klägers liegende, nicht beherrschbare Sucht hindeuten könnten. Bereits durch die gutachterliche Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Einstellung des Nikotinkonsums hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre. Nachhaltige Bemühungen hierzu sind gleichwohl nicht festzustellen.
32 
Der starke Nikotinkonsum des Klägers in den Jahren ab 2007, als nach seiner Schilderung eine wirtschaftlich schwierige, später krisenhafte Situation für ihn eintrat, ist für den Bezug von SGB II prägend. Er führte beim Kläger, der nach seinem eigenen, für den Senat nachvollziehbaren Vortrag bis dahin ohne Einschränkungen voll erwerbsfähig war und zusammen mit seiner Ehefrau seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen bestreiten konnte, zu einer sehr starken Einschränkung seiner Lungenfunktion und damit entscheidend zu seiner beschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser Umstand ist auch in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen. Das starke Rauchen des Klägers ab 2007 liegt nicht bereits mehr als acht Jahre zurück. Unerheblich ist insoweit, dass nach dem Attest vom 17.01.2014 der Kläger seit der Jugend raucht. Denn dieser Konsum hatte bis 2007 nicht zu negativen Folgen für die Leistungs-, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des Klägers geführt.
33 
Hinzu kommen - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme, da sich das Vertretenmüssen bereits aus dem Nikotinkonsum des Klägers ergibt - die Leistungskürzungen des Klägers bei seinem Bezug von Leistungen nach SGB II. Vom 01.04.2009 bis zum 30.06.2009 waren die Leistungen des Klägers wegen eines Terminversäumnisses um 10 % und vom 01.10. bis 31.12.2010 wegen der Ablehnung einer Arbeit um 30 % gekürzt worden. Aktuell erfährt der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, Leistungskürzungen, da er sich entgegen der Aufforderung der Agentur für Arbeit auf von dieser ihm benannte offene Stellen nicht beworben hat. Die Leistungskürzungen beim Bezug von Leistungen nach SGB II sind Indizien dafür, dass der Kläger den Leistungsbezug zu vertreten hat. Diese Indizien hat er nicht ausgeräumt. Die für das Unterlassen von Bewerbungen vom Kläger angegebenen Gründe, dass sich seine Tochter in einer Ausbildung befinde, dass sein Sohn schon lange arbeitslos sei, dass er Brot kaufen müsse und kein Geld für Bewerbungen ausgeben könne, sind nicht geeignet, das Versäumnis, sich auf offene Stellen zu bewerben, zu rechtfertigen.
34 
c) Der Einbürgerung nach § 10 StAG steht auch entgegen, dass der Kläger seine türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben oder verloren hat und von dem Erfordernis, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, im Fall des Klägers nicht abgesehen werden kann.
35 
Die Einbürgerung nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Dies entspricht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG a.F. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Kläger noch türkischer Staatsangehöriger ist. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Der Kläger macht mit der Berufung nicht mehr geltend, er habe die türkische Staatsangehörigkeit verloren.
36 
Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG kann nicht nach § 12 Abs. 1 StAG abgesehen werden. Ein solches Absehen sieht § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG vor, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist u.a. anzunehmen, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG). Diese Voraussetzungen des Absehens entsprechen denen des § 12 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 StAG a.F.
37 
aa) Zu § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG macht der Kläger nicht geltend, dass die Variante 1 (Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat) oder die Variante 3 (keine Entscheidung über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag in angemessener Zeit) vorliegt. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Beide Varianten setzen einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag voraus. Für Variante 3 regelt das Gesetz das ausdrücklich. Für Variante 1 folgt diese Voraussetzung daraus, dass der Herkunftsstaat über den Entlassungsantrag negativ entschieden haben muss („Versagung“) und die Ablehnung vom Ausländer zu vertreten ist, wenn er keinen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002 - 13 S 810/12 - DVBl. 2003, 469, zum gleichlautenden § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG a.F.; Urt. v. 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 77 ff., 82 ff. ; Hailbronner, a.a.O., § 12 Rn. 18, 33; Münch, in: Marx: Ausländer- und Asylrecht. Verwaltungsverfahren. Prozess, 2. Aufl., § 7 Rn. 150). Dieses Erfordernis ist auch sachgerecht, da die Fälle, in denen es unzumutbar ist, einen solchen Antrag zu stellen, von Variante 2 erfasst werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002, a.a.O.). Der Kläger hat nicht nachgewiesen, einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt zu haben, obwohl er von dem Beklagten mehrfach hierzu aufgefordert worden ist. Zwar hat er eine Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats Stuttgart vom 24.09.2003 vorgelegt, dass sein Antrag vom 24.09.2003 zur Ausbürgerung aus der türkischen Staatsangehörigkeit an das Innenministerium weitergeleitet worden sei. Ob es sich um einen formgerechten und vollständigen Antrag handelt, ist jedoch nicht festzustellen.
38 
bb) Auch die Voraussetzungen eines Absehens nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, dessen Auslegung unstreitig vollständig der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012 - 13 LC 240/10 - InfAuslR 2012, 191; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 106), sind nicht gegeben. Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind weder abstrakt-generell unzumutbar (1) noch wirken sie sich konkret im Fall des Klägers unzumutbar aus (2).
39 
(1) Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 18.10.2011 gegenüber dem Verwaltungsgericht (vgl. Bl. 114 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts) bestimmte das Änderungsgesetz Nr. 5380 vom 02.07.2005 zum türkischen Militärgesetz Nr. 1111:
40 
"Der Wehrdienst von Wehrpflichtigen, die im Ausland leben, kann bis zum Ende des 38. Lebensjahres zurückgestellt werden.
41 
Betroffene müssen einen Betrag von insgesamt Euro 5.112.- bezahlen. Dieser Betrag kann bei Anmeldung im voraus oder bis zum Ende des 38. Lebensjahr in höchstens vier gleichen Raten bezahlt werden, wobei die erste Rate bei der Anmeldung bezahlt werden muss. Die Militärausbildung für diesen Personenkreis dauert 21 Tage.
42 
Diejenigen, die bis zum Ende des 38. Lebensjahrs sich nicht angemeldet oder trotz Abmeldung den Wehrdienst nicht angetreten oder nicht bezahlt haben, können dennoch mit einer einmaligen Zahlung von Euro 7.668.- von den Bestimmungen dieses Gesetzes profitieren."
43 
Die Freikaufsumme wurde nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bundesministerium des Innern vom 26.11.2013 (vgl. Bl. 107 ff. der Berufungsakte) zum 15.12.2011 einheitlich auf 10.000.-- EUR erhöht, zum 20.07.2013 wiederum einheitlich auf 6.000.-- EUR herabgesetzt. Derzeit kann mithin nach Ableistung einer Militärausbildung von 21 Tagen ein Freikauf gegen ein Betrag von 6.000.-- EUR erfolgen.
44 
Der türkische Staat stellt damit im Regelfall keine unzumutbaren Bedingungen für die Ableistung des Wehrdienstes und des Freikaufs hiervon. Eine Unzumutbarkeit ist anzunehmen, wenn die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates abstrakt-generell unzumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013 - 5 C 9.12 - NVwZ 2013, 867). Dies ist nicht nur zu bejahen, wenn gesetzliche Regelungen des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen vorsehen. Eine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit liegt vielmehr auch vor, wenn eine generell geübte Verwaltungspraxis des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 - 5 C 3.06 - BVerwGE 129, 20; Urt. v. 30.06.2010 - 5 C 9.10 - BVerwGE 137, 237; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008 - 13 S 1812/07 - NVwZ-RR 2009, 354; OVG NRW, Urt. v. 25.09.2008 - 19 A 1221/04 - juris).
45 
Danach liegt keine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit der gegenwärtigen türkischen Entlassungsbedingungen vor. Angesichts des Umstandes, dass die im Grundsatz nicht zu beanstandende Wehrpflicht des türkischen Staates von demjenigen, der sich freikauft, nicht mehr zu leisten ist und dieser dadurch einen erheblichen Vorteil erfährt, ist ein Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR nicht als überhöht anzusehen und daher nicht zu beanstanden.
46 
(2) Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind auch nicht konkret-individuell betrachtet unzumutbar. Dabei kann der Senat offen lassen, wie der Begriff der konkret-individuellen Unzumutbarkeit zu bestimmen ist. Denn nach jeder Betrachtungsweise ist im Fall des Klägers eine konkret-individuelle Unzumutbarkeit zu verneinen.
47 
(a) Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 21.02.2013 - 5 C 9.12 - ausgeführt, der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG lasse bei der Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit eher auf das Erfordernis einer abstrakt-generellen Prüfung schließen. Ob die darüber hinaus erforderliche individuelle Prüfung des Vorliegens besonders schwieriger Bedingungen ebenfalls von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG gefordert wird oder als gesonderter Prüfungsschritt im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG zu erfolgen hat, könne offen bleiben, da keine Tatsachen vorlägen, die das im dortigen Verfahren streitige Volljährigkeitserfordernis im konkreten Einzelfall als unzumutbare oder besonders schwierige Bedingung erscheinen ließen. Sei eine Entlassungsvoraussetzung generell betrachtet zumutbar, dann habe dies zur Folge, dass die betroffenen Ausländer in der Regel die Bedingung erfüllen müssten, um nach Entlassung aus der fremden Staatsangehörigkeit in den deutschen Staatsverband aufgenommen zu werden. Schon aus Gleichbehandlungsgründen müsse für die Annahme einer hiervon befreienden individuell-konkreten Unzumutbarkeit eine vom Regelfall abweichende atypische Belastungssituation vorliegen, die bei wertender Betrachtung nach nationalem Recht nicht hinzunehmen sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013, a.a.O.; dazu: Fleuß, jurisPR-BVerwG 11/2013 Anm. 4; Häußler, DVBl. 2013, 1228, 1233).
48 
Nach der bisher herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist bei der Prüfung der konkreten Unzumutbarkeit von Entlassungsbedingungen entscheidend, ob dem Einbürgerungsbewerber nach seinen konkreten Verhältnissen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die Erfüllung der Entlassungsbedingungen nach Maßgabe eines objektivierenden normativen Maßstabs aus nationaler Sicht zuzumuten ist. Die bloß subjektiv definierte Unzumutbarkeit reicht dabei allerdings nicht aus. Auf der anderen Seite schließt allein der Umstand, dass eine Entlassungsbedingung dem Grunde nach in rechtsvergleichender Sicht jedenfalls nicht unüblich ist und den Rahmen des in der Staatenpraxis Üblichen wahrt, deren Unzumutbarkeit im Einzelfall nicht aus (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012, a.a.O.; ähnlich: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O.; VG Aachen, Urt. v. 18.05.2009 - 5 K 1815/08 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 25.01.2012 - 2 K 1237/10 - juris; VG Stuttgart, Urt. v. 15.08.2013 - 11 K 3272/12 - AuAS 2013, 208; Berlit, a.a.O., § 12 StAG Rn. 107 f.). Dabei ziehen die Gerichte häufig die zum Staatsangehörigkeitsgesetz erlassenen Anwendungshinweise und Verwaltungsvorschriften heran. Diese gehen zum einen von einer regelmäßig oder stets zumutbaren Freikaufsumme aus und stellen zum anderen auf die Einkommensverhältnisse des Einbürgerungsbewerbers ab. Sie führen mithin im Zweifel zu einer stärker auf den Einzelfall bezogenen Prüfung der Zumutbarkeit als der Maßstab aus der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration Baden-Württemberg zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VwV StAG) vom 08.07.2013 bestimmt zur Unzumutbarkeit im Hinblick auf die Leistung der Wehrpflicht, dass der Freikauf in der Regel unzumutbar ist, wenn das Dreifache eines durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens des Einbürgerungsbewerbers überschritten wird, und dass ein Betrag von 5.000.-- EUR regelmäßig zumutbar ist. Diese Verwaltungsvorschrift kann nach Auffassung des Senats, wenn man von der bisherigen Auslegung des Begriff der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausgehen sollte, eine sachgerechte Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs darstellen.
49 
(b) Nach diesen Grundsätzen der bisher h.M. in der Rechtsprechung und Literatur ist eine Unzumutbarkeit im Fall des Klägers nicht gegeben. Insbesondere aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergibt sich eine solche nicht. Der Kläger hat hierzu im wesentlichen lediglich vorgetragen, Leistungen nach SGB II für sich und seine Familienangehörigen zu beziehen, ohne Einzelheiten hierzu anzugeben oder einen vollständigen Bescheid über Leistungen nach SGB II vorzulegen. Den Bezug von Leistungen nach dem SGB II zugrundegelegt, lässt sich eine Unzumutbarkeit nicht feststellen. Zwar würde nach dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR das Dreifache des Bruttomonatseinkommens des Klägers übersteigen. In die Gesamtabwägung sind hier jedoch die Freikaufmöglichkeiten aus der Vergangenheit einzustellen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG, dass nach Ablauf von acht Jahren ein für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten dem Einbürgerungsbewerber nicht mehr entgegengehalten werden kann, ist nicht übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung mit der Zielsetzung des Gesetzes, einer Zuwanderung in die Sozialsysteme entgegenzuwirken, begründet. Der Zusammenhang zwischen zu verantwortendem vergangenen Verhalten und späteren Fernwirkungen verliere nach diesem Sinn und Zweck der Regelung im Zeitverlauf an Gewicht. Zudem sei Regelvorstellung, dass der Einbürgerungsbewerber, der den gegenwärtigen Leistungsbezug zu vertreten habe, dies durch eine Verhaltensänderung (z.B. hinreichend intensive Bemühungen um eine Beschäftigung) auch solle beeinflussen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.). § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG ist in all seinen drei Varianten dadurch geprägt, dass der Einbürgerungsbewerber die Nichtentlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht zu vertreten hat (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 75). Für die Erfüllung der Wehrpflicht und eines etwaigen Freikaufs von dieser ist insoweit von Bedeutung, dass die Wehrpflicht international weit verbreitet und anerkannt ist, dass die Erfüllung einer gesetzlichen Wehrpflicht im Grundsatz zu den statthaften und abstrakt zumutbaren Entlassungsvoraussetzungen gehört, dass Einbürgerungsbewerber die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates regelmäßig ohne größere Schwierigkeiten kennen können und sich grundsätzlich darauf einstellen können, ob und wie sie diese Entlassungsbedingungen erfüllen wollen. Daher kann für die Zumutbarkeit eines Freikaufs auch relevant sein, wie frühzeitig sich der Betroffene um einen solchen Freikauf bemüht hat oder ob er ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs ungenutzt verstreichen ließ (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.2010 - 5 C 12.10 - NVwZ 2011, 760, zur Bemühung um den Rückerwerb einer früheren Staatsangehörigkeit im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung). Die Tatsache, dass ein Einbürgerungsbewerber die ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs nicht nutzte, kann daher in einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände bei der Frage der Zumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG Berücksichtigung finden.
50 
Für den Kläger bestand vor dem 01.01.2002 die Möglichkeit, den Freikauf durch eine Zahlung von 10.000.-- DM zu erreichen. Diese Möglichkeit war für ihn zumutbar. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht auf Sozialhilfeleistungen oder andere staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Vielmehr betrieb er nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu dieser Zeit erfolgreich den Imbiss im ... sowie drei weitere Imbisswagen. Für den Erwerb einer Eigentumswohnung in der Türkei hatte er zu diesem Zeitpunkt einen Kredit von der Bank über 50.000.-- DM erhalten. Von der Freikaufsumme von 10.000.-- DM hatte er im Oktober 2001 2.500.-- DM bereits geleistet. Er wollte nach seinem eigenen Vorbringen die restliche Summe von 7.500.-- DM im Generalkonsulat bezahlen - und war dazu offenkundig in der Lage -, unterließ diese Zahlung jedoch bei dem Termin im Generalkonsulat, da er - anscheinend zu Beginn des Jahres 2002, nach Vollendung des 38. Lebensjahrs - einen Tag zu spät kam. Den hierfür angegebenen Grund, dass er sich als Selbstständiger zuvor nicht habe frei nehmen können, hat er ebenso zu vertreten wie den Umstand, dass er zuvor den Freikauf über Jahre vor sich hergeschoben hatte. Der derzeitige Gesamtbetrag von 6.000.-- EUR ist zwar - unabhängig von der Frage, ob die damalige Zahlung von 2.500.-- DM heute noch angerechnet würde oder nicht - für den Kläger angesichts seines derzeitigen Bezugs von Leistungen nach SGB II ein sehr erheblicher Betrag. Dies führt jedoch bei einer Gesamtbetrachtung nicht zur Unzumutbarkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, da der maßgebliche Grund für diese Belastung darin liegt, dass der Kläger die Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM vor dem 01.01.2002 ungenutzt ließ. Zudem liegt die derzeitige Freikaufsumme von 6.000.-- EUR zwar über der damaligen von 10.000.-- DM, der Mehrbetrag beträgt jedoch lediglich 888.-- EUR.
51 
Auf Nr. 12.1.2.3.2.2 der VwV StAG vom 08.07.2013 zu Einbürgerungsbewerbern, die über 40 Jahre alt sind und seit mehr als 15 Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Herkunftsstatt haben, davon mindestens zehn Jahre im Inland, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Denn auch wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, liegt keine konkret-individuelle Unzumutbarkeit vor, wenn dem Einbürgerungsbewerber der Freikauf von der Wehrpflicht zumutbar ist.
52 
(c) Nach dem Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts wirken sich die abstrakt-generell zumutbaren Regelungen des türkischen Staates zum Freikauf von der Wehrpflicht für den Kläger nicht unzumutbar aus. Es sind keine atypischen Umstände des Einzelfalls dargelegt oder ersichtlich, die so bedeutsam sind, dass für den Kläger im Verhältnis zu sonstigen Einbürgerungsbewerbern besondere nicht hinzunehmende Belastungen eintreten. Auch aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergeben sich solche Umstände nicht. Allein aus der Tatsache des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine atypische Sondersituation des Klägers folgen, die ihn wesentlich härter betrifft als vergleichbare Einbürgerungsbewerber. Denn für jeden Einbürgerungsbewerber, der Leistungen nach SGB II bezieht, stellt die Freikaufsumme von 6.000.-- EUR eine vergleichbare Belastung dar. Hierzu hinzutretende besondere Umstände hat der Kläger für seinen Fall nicht dargelegt. Gegen eine besondere Belastungssituation spricht hingegen, dass der Kläger vor Vollendung des 38. Lebensjahres die zumutbare Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM hatte, die er nicht wahrnahm, weil er die Angelegenheit vor sich herschob.
53 
cc) Auch ein Absehen vom Erfordernis des Verlusts oder der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit nach anderen Bestimmungen kommt nicht in Betracht.
54 
Die insoweit günstigere Bestimmung des § 12 Abs. 3 StAG a.F. - nach der von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen werden kann, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit von der Leistung des Wehrdienstes abhängig macht und der Ausländer den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und im Inland in deutsche Lebensverhältnisse und in das wehrpflichtige Alter hineingewachsen ist - kann auf den Kläger, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Anwendung finden, da er nie eine deutsche Schule besucht hat.
55 
Auch für ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG liegen die Voraussetzungen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist anzunehmen, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, wenn der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde. Der Kläger ist bereits keine ältere Person in diesem Sinne. Zumindest im Regelfall sind nur Ausländer ab Vollendung des 60. Lebensjahrs erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 208). Unverhältnismäßige Schwierigkeiten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG sind nur altersbedingte Erschwernisse. Die Unverhältnismäßigkeit muss gerade auf das fortgeschrittene Lebensalter des Einbürgerungsbewerbers zurückzuführen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; OVG NRW, Urt. v. 26.11.2009 - 19 A 1448/07 - juris). Solche Schwierigkeiten sind weder dargelegt noch ersichtlich.
56 
Schließlich kommt auch ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG nicht in Betracht. Dabei kann offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG eine abschließende Regelung darstellt oder § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG eine Auffangklausel für von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht erfasste Fälle ist (vgl. dazu nur: Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 23 ff.). Denn für sonstige, von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht geregelte besonders schwierige Bedingungen der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit ist im Fall des Klägers nichts ersichtlich.
57 
2. a) Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach Ermessen gemäß § 8 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, dass er sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist.
58 
Ebenso ist die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG weder in der aktuellen noch in der früheren Fassung erfüllt. Das Erfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG, dass er weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, ist nicht gegeben; die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F., dass der Ausländer keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder § 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfüllt, liegt gleichfalls nicht vor, da die Verurteilungen des Klägers einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG darstellen.
59 
b) Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von den Voraussetzungen in § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StAG abgesehen werden.
60 
Eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG liegt nicht vor. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145). Als Beispiel für einen Härtefall, der durch diese Ausnahmeregelung vermieden werden kann und soll, führt der Gesetzgeber die Konstellation an, dass etwa die ausländische Ehefrau aufgrund einer zur Durchführung eines Entlassungsverfahrens erteilten Einbürgerungszusicherung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ausgeschieden ist, nun aber ihrer Einbürgerung - auch bei unverschuldet eingetretener Arbeitslosigkeit ihres deutschen Ehegatten - mangelnde Unterhaltsfähigkeit entgegensteht und sie dadurch staatenlos geworden ist (BT-Drs. 15/420, S. 116). Dieser Beispielsfall zeigt zum einen, dass der Gesetzgeber für die Annahme einer „besonderen Härte“ mehr verlangt, als dass Gründe vorliegen, die einer Einbürgerung zwar grundsätzlich entgegenstehen, von denen jedoch unter bestimmten Umständen - wie etwa im Falle der nicht zu vertretenden Inanspruchnahme von Sozialleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) - abgesehen werden kann. Zum anderen verdeutlicht er die Zielrichtung der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG: Sie soll es ermöglichen, solchen Härten zu begegnen, die gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden bzw. durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 244/13 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 11.06.2009 - OVG 5 M 30.08 -; SaarlOVG, Beschl. v. 10.06.2010 - 1 A 88/10 -; alle in juris). Daran gemessen sind hier keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Versagung der Ermessenseinbürgerung wegen Straffälligkeit und mangelnder Unterhaltsfähigkeit den Kläger gegenüber anderen Einbürgerungsbewerbern in vergleichbarer Lage besonders hart trifft. Er hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Es wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung der Einbürgerung negative Auswirkungen auf die ehelichen und familiären Lebensverhältnisse des Klägers hätte.
61 
Es fehlt auch an einem öffentlichen Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG.
62 
Ein solches ist nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG) und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) einzubürgern (vgl. Senatsurt. v. 06.11.2013, a.a.O.; SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - juris; ebenso NdsOVG, Beschl. v. 07.01.2013 - 13 PA 243/12 - juris; so jetzt auch Nr. 8.2 VwV StAG vom 08.07.2013). Für ein solches Interesse ist hier nichts erkennbar.
63 
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer erneuten Einbürgerungszusicherung für den Fall, dass er die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweist. Denn der Einbürgerung steht nicht nur § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG, sondern auch die mangelnde Sicherung des Lebensunterhalts entgegen.
64 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Dabei kann offenbleiben, ob die Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG grundsätzliche Bedeutung hat. Denn die Frage ist mangels Vorliegens der Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entscheidungserheblich.
65 
Beschluss vom 22. Januar 2014
66 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
67 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband, was ihm von der Beklagten wegen Aktivitäten zugunsten der verbotenen PKK verwehrt wird.
Der Kläger, ein am ... geborener türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, gelangte 1998 in die Bundesrepublik Deutschland und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gab diesem Antrag mit Bescheid vom 14.12.1998 statt. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage des Bundesbeauftragten für Asyl wurde letztinstanzlich mit Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 22.11.2002 abgewiesen (VG Stuttgart: A 3 K 10030/99; VGH Ba.-Wü.: A 12 S 175/01). In diesen Entscheidungen sowie denjenigen im Parallel-Verfahren der jetzigen Ehefrau des Klägers (VG Stuttgart: A 3 K 10172/99; VGH Ba.-Wü.: A 12 S 174/01) wird auf Aktivitäten des Klägers zugunsten der PKK seit 1994 verwiesen. Auch der Bruder des Klägers sei vom Staatssicherheitsgericht ... durch Urteil vom 02.07.2002 wegen Unterstützung der PKK zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden. Schließlich habe der Kläger in einem kurzen Rundfunkbeitrag im kurdischen Sender Medya-TV anlässlich des bevorstehenden Ramadan am 27.12.2000 u.a. geäußert: „... ich gratuliere dem Führer aller Führer, Abdullah Öcalan zum Ramazan-Fest. Ich gratuliere anlässlich des Ramazan-Festes auch den Freunden, die als Guerilla in den Bergen kämpfen. Ich gratuliere ferner den Freunden, die im Kerker Widerstand leisten. Ich tadele die Besatzer, die Süd-Kurdistan besetzen. Ich habe einen Aufruf an das kurdische Volk: Es soll nicht gegen diese Besatzung schweigen !...“.
Im Jahr 2007 leitete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Widerrufs-verfahren bezüglich der Asylanerkennung des Klägers ein. Der Widerrufsbescheid vom 17.01.2008 wurde indes durch Urteil des VG Stuttgart vom 09.06.2008 (A 11 K 421/08) aufgehoben. Darin ist u.a. ausgeführt, dem Kläger sei seinerzeit als Unterstützer der PKK in der Türkei wegen eigener PKK-Aktivitäten und demzufolge drohender politischer Verfolgung Asyl gewährt worden. Mit Blick darauf lägen die Widerrufsvoraussetzungen nicht vor.
Der Kläger erhielt nach der Bestandskraft seiner Asylanerkennung im Jahre 2003 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, heute: Niederlassungserlaubnis. Er ist Inhaber eines Reiseausweises nach der GFK.
Im Jahre 2002 hat der Kläger im Bundesgebiet die Mutter der gemeinsamen fünf Kinder geheiratet, mit der er zuvor nur nach islamischen Vorschriften verbunden war. Die Kinder, die zwischen 1990 und 2001 zur Welt gekommen sind, besitzen sämtlich inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 03.08.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Hierfür notwendige Unterlagen legte er vor. Ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und Erklärung der Loyalität insoweit gab er unter dem 03.08.2009 ab. Die Erwerbsbiographie des Klägers weist erhebliche Zeiten von Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug nach dem SGB II auf. So gab das Job-Center ... gegenüber der Beklagten einen fortwährenden Leistungsbezug von 01.01.2005 bis 30.06.2010 an. Der Kläger selbst teilte mit, er habe von Oktober 2001 bis Mai 2003 in einem Dönerladen in ..., von Juli bis November 2004 bei einem Kebab-Betrieb in ... und ab Mai 2008 bei einer Gebäudereinigungsfirma in ... gearbeitet, wobei er zum Umfang der Tätigkeit und zum Einkommen zunächst keine Nachweise vorlegte. Die betreffende Gebäudereinigungsfirma bescheinigte dem Kläger, ab 01.02.2009 dort beschäftigt zu sein und seit 01.08.2009, bei Vollzeit-Tätigkeit, monatlich EUR 1.505,- zu verdienen. Im September 2010 schließlich, nachdem die Beklagte den ungesicherten Lebensunterhalt im Verfahren problematisiert hatte, legte der Kläger einen Arbeitsvertrag mit der Firma seines Bruders vor, wonach er dort ab 01.09.2010 unbefristet für brutto/monatlich EUR 2150,- beschäftigt sei.
Bereits unter dem 05.02.2010 hatte die Beklagte auf eine entsprechende Anfrage die Mitteilung des Innenministeriums Baden-Württemberg erhalten, der Kläger sei im Zusammenhang mit der verbotenen PKK bekannt geworden. Namentlich sei er bei der Gründungsversammlung des Kurdisch-Deutschen-Freundschaftsverein e.V. in ... im Jahre 2006 zum Kassier gewählt worden. Dieser Verein sei als PKK-nah einzustufen. Auch sei der Kläger auf einer Mitglieder-Liste des ebenfalls PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. in ... erfasst.
Daraufhin legte die Beklagte dem Kläger ein Merkblatt zur Verfassungstreue vor und ließ sich vom Kläger am 03.11.2010 erneut eine Bekenntnis- und Loyalitätserklärung, die auf dieses Merkblatt Bezug nimmt, unterschreiben. Auf entsprechende Frage ist darin vom Kläger durch Ankreuzen angegeben, er habe früher inkriminierte Bestrebungen verfolgt oder unterstützt, sich aber inzwischen abgewandt. Hierzu wird von ihm weiter ausgeführt, er habe im Jahr 2006 für ein Jahr den Kurdisch-Deutschen- Freundschaftsverein unterstützt; inzwischen gehe er dort nur noch Kaffee trinken, habe aber nichts mehr mit dem Verein zu tun. Auch beim Mesopotamischen Kulturverein in ... sei er lediglich ein Jahr Mitglied gewesen, aber nicht aktiv.
In einer handschriftlichen Anmerkung hielt die Sachbearbeiterin der Beklagten ergänzend fest, trotz Zertifikat habe sich der Kläger hierbei das Wesentliche von seiner Tochter übersetzen und erklären lassen müssen.
10 
Mit Schreiben vom 04.11.2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, zu den vorliegenden Erkenntnissen über seine Nähe zur PKK weiter vorzutragen. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 22.11.2010 nahm der Kläger hierzu Stellung. Im Mesopotamischen Kulturverein sei er im Jahre 2004 für ungefähr ein Jahr Mitglied ohne besondere Funktion gewesen. Er habe kulturelle und gesellige Veranstaltungen besucht und Freunde getroffen. Gelegentlich habe er auch politische Veranstaltungen, die dort abgehalten worden seien, besucht. Im Jahr 2006 sei er dann in den Gründungsvorstand des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein e.V. in ... gewählt worden. Er habe sich dort betätigt, weil sich dieser Verein satzungsgemäß für den kulturellen Austausch zwischen Kurden und Deutschen sowie für die Integration der in Deutschland lebenden Kurden einsetze. Bei der Wiederwahl ein Jahr später sei er von anderen Vereinsmitgliedern kritisiert worden, dass er keine Veranstaltungen über die politische Situation in Türkisch-Kurdistan organisiert habe. Der Kläger habe sich zu seiner Verteidigung auf die Vereinssatzung berufen aber feststellen müssen, dass er mit seiner Auffassung in der Minderheit gewesen sei. Er habe dann erklärt, nicht mehr zur Wiederwahl zu kandidieren und sei aus dem Verein ausgetreten. Nur weil er dort weiterhin Freunde habe, besuche er den Verein gelegentlich. Zweifel an der Ernsthaftigkeit seines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung könne man in alldem nicht sehen.
11 
Auf nochmalige Nachfrage der Beklagten bekräftigte der Kläger mit Schriftsatz vom 26.01.2011 diese Sicht der Dinge.
12 
Mit Erlass vom 01.04.2011 wandte sich das Innenministerium Baden-Württemberg an die Beklagte und bat, den Einbürgerungsantrag des Klägers nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG abzulehnen.
13 
Nach erneuter vorheriger Anhörung lehnte die Beklagte schließlich mit Bescheid vom 21.06.2011 die Einbürgerung des Klägers ab. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, die kurdische PKK sei eine Vereinigung, die Ziele im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolge. Lägen Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass der Einbürgerungsbewerber solche Bestrebungen verfolge oder unterstütze, sei die Einbürgerung ausgeschlossen. Dies sei beim Kläger aufgrund seiner Mitgliedschaften bzw. der Vorstandstätigkeit in den PKK-nahen Vereinen der Fall. Damit obliege es dem Einbürgerungsbewerber glaubhaft zu machen, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt habe. Der Kläger habe im Verfahren seine Unterstützungshandlungen aber verharmlost, indem er sie auf die Ebene von kulturellen und geselligen Veranstaltungen reduziert habe. Es sei nichts vorgetragen, was als Abwendung bisheriger Unterstützungshandlungen betrachtet werden könne. Es lasse sich nicht erkennen, dass beim Kläger ein Bewusstseinswandel stattgefunden habe, zumal er die Aktivitäten der PKK-nahen Vereine und seine eigenen Aktivitäten verharmlose und auf die Elemente der Brauchtumspflege reduziere. Auch der Versuch, sich als unpolitischer Mitläufer darzustellen, sei angesichts seiner Stellung als Vorstandsmitglied fragwürdig. Mangels glaubhafter Abwendung könne eine Einbürgerung daher nicht erfolgen.
14 
Der Kläger hat gegen diesen Bescheid fristgerecht Widerspruch eingelegt. Zur Begründung berief er sich auf sein bisheriges Vorbringen.
15 
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2011, zugestellt am 07.12.2011, wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung ist auf den Ausgangsbescheid der Beklagten Bezug genommen. Auch im Widerspruchsverfahren habe der Kläger nichts vorgetragen, was als Abwendung von seinen bisherigen Unterstützungshandlungen betrachtet werden könne.
16 
Der Kläger hat am 02.01.2012 das Verwaltungsgericht angerufen. Er bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen. § 11 StAG stehe der Einbürgerung nicht entgegen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
den Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Klage abzuweisen.
21 
Zur Begründung verweist sie auf die angegriffenen Bescheide.
22 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Kläger ergänzend an, er stehe seit 01.07.2012 in einem neuen Arbeitsverhältnis bei einer Gebäudereinigungsfirma. Die Kündigungsfrist betrage zwei Wochen. Die Arbeitszeit sei vertraglich mit normal 40 Stunden vereinbart. Die Lohnhöhe ergebe sich aus den Einsatzorten und werde monatlich zwischen EUR 1584,- und EUR 2059,- brutto schwanken. Er sei zwischenzeitlich umgezogen. Die jetzige Wohnung sei über den Vereinsräumlichkeiten des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein in ... gelegen. Der Vermieter sei der griechische Gebäudeeigentümer, nicht der Verein.
23 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die beigezogenen früheren Asylverfahrensakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sind rechtmäßig und verletzen den Kläger somit nicht in seinen Rechten. Sie konnten vom Gericht daher auch nicht unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
25 
1. Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ).
26 
2. Der Kläger besitzt danach keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 7 bezeichneten Voraussetzungen - sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann - erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
27 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Kläger die Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, wonach für eine Anspruchseinbürgerung insoweit erforderlich ist, dass der Einbürgerungsbewerber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde nicht deutlich, dass diese Voraussetzung beim Kläger wirklich gegeben wäre. Zahlreiche Rückfragen des Einzelrichters, etwa zur Lebenssituation der Kinder, mussten ihm von seiner im Gerichtssaal anwesenden Ehefrau übersetzt werden. Antworten des Klägers selbst bestanden häufig nur aus einem Wort. Zwar bestimmt § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG, die Voraussetzungen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache liegen immer dann vor, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B 1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Der Kläger hat auch ein solches Zertifikat Deutsch im Einbürgerungsverfahren vorgelegt, das im April 2008 von einer Frankfurter Sprachenschule ausgestellt wurde. Ob er damit allerdings tatsächlich die Tatbestandsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, erscheint zweifelhaft. Absatz 4 Satz 1 der Norm geht nicht etwa davon aus, dass die Vorlage eines Zertifikates in jedem Fall gleichbedeutend ist mit der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals. Umgekehrt wird, bei offenkundigem Erfüllen des Erfordernisses ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, die Beibringung eines solchen Zertifikates von dieser Vorschrift auch gar nicht verlangt. § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG ist vielmehr als gesetzliche Definition des unbestimmten Rechtsbegriffes „ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache“ zu verstehen, die derjenige Ausländer besitzt, der die Anforderungen der Sprachprüfung des entsprechenden Zertifikates tatsächlich erfüllen würde. Dies scheint beim Kläger aber ausgesprochen zweifelhaft. Wie zu verfahren ist, wenn ein solches Zertifikat Deutsch zwar tatsächlich im Einbürgerungsverfahren vorgelegt wird, die Umstände seiner Erlangung aber im Dunkeln bleiben, und objektiv der Eindruck besteht, ausreichende Sprachkenntnisse liegen nicht vor, lässt das Gesetz offen. Im vorliegenden Fall muss dieser Frage auch nicht weiter nachgegangen werden, denn ein Einbürgerungsanspruch des Klägers besteht auch aus anderen Gründen nicht.
28 
Seiner Einbürgerung nach § 10 StAG steht bereits entgegen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) die Voraussetzung des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Norm nicht ausreichend erfüllt.
29 
Erforderlich insoweit ist, dass der Einbürgerungsbewerber den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann bzw. gegebenenfalls eine solche Inanspruchnahme nicht zu vertreten hätte. Zwar hat der Gesetzgeber des StAG insoweit eine etwas andere Formulierung gewählt, als sie in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG enthalten ist. Gleichwohl ist der Bedeutungsgehalt der Vorschrift insoweit identisch, als ihm ein prognostisches Element innewohnt, wonach auch im Falle der Einbürgerung gesichert sein muss, dass der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen jedenfalls auf eine absehbare Zeit bestritten werden kann (vgl. eingehend VG Berlin, Urt. v. 16.08.2005 - 2 A 99.04 -, zur wortgleichen Vorgängervorschrift). Der rechtlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG käme keine nennenswerte Bedeutung zu, würde man die Vorschrift - allein - so verstehen, dass der Einbürgerungsbewerber lediglich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorgang der Einbürgerung frei sein müsse von der Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen. Ein Einbürgerungsbewerber hätte es dann gleichsam in der Hand, trotz fehlender Unterhaltssicherung seine Einbürgerung zu beantragen und lediglich während der Endphase der Verfahrensbearbeitung etwa eine kurze Erwerbstätigkeit aufzunehmen, nach dem Vollzug der Einbürgerung aber in die Inanspruchnahme von Leistungen zurückzufallen. Hätte der Gesetzgeber solches ermöglichen wollen, hätte er auf § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG praktisch ganz verzichten können. Dasselbe gilt mit Blick auf die Frage, ob nur die tatsächliche Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII als einbürgerungsschädlich anzusehen ist, wohingegen ein materieller Leistungsanspruch, der nicht geltend gemacht wird, die Einbürgerung nicht hindern solle (so Geyer, HK-AuslR, § 10 StAG Rz 17). Auch dann könnte ein Einbürgerungswilliger seinen Leistungsbezug nur für relativ kurze Zeit unterbrechen, sich etwa von Verwandten unterstützen lassen, um nach erfolgter Einbürgerung alsbald den Leistungsbezug fortzusetzen. Eine derartige Auslegung ist mit dem Gesetzeszweck unvereinbar (VG Berlin, a.a.O.).
30 
§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG verlangt daher, jedenfalls für einen überschaubaren Prognosezeitraum, einen gesicherten Lebensunterhalt. Dies ist beim Kläger derzeit aber (noch) nicht zu erkennen. Der Kläger befand sich während seines Inlandsaufenthaltes nahezu fortlaufend im Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. solchen nach dem SGB II. Nur eine relativ kurze Zeit, während der Verfahrensbearbeitung seines Einbürgerungsantrages, war er durch eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit (bei seinem Bruder) und ergänzendem Bezug von Kindergeld und Kindergeldzuschlag in der Lage, für sich und seine Angehörigen auf Leistungen nach dem SGB II zu verzichten. Ausgehend von diesem Befund erlaubt die nunmehr neu aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einem andere Arbeitgeber zum 01.07.2012, also wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung, im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) nicht die Prognose, der Kläger werde auf absehbare Zeit vom Bezug von Sozialleistungen frei sein. Die bisherige Erwerbsbiographie des Klägers im Bundesgebiet trägt diese Annahme nicht. Nachdem auch sein jetziger Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von zwei Wochen aufweist, kann derzeit allenfalls von einer vagen Hoffnung gesprochen werden, ein entsprechender Leistungsbezug werde aufgrund eigener Erwerbstätigkeit des Klägers, des Bezuges von Kindergeld und eventuell vielleicht Kindergeldzuschlag, in einem absehbaren Prognosezeitraum nicht notwendig werden. Damit ist die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG jedoch noch nicht erfüllt.
31 
Ein Weiteres kommt hinzu. Der Einbürgerung des Klägers steht auch § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG entgegen.
32 
Nach § 11 S. 1 Nr. 1 StAG ist der Anspruch auf Einbürgerung u.a. ausgeschlossen, wenn zwar die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG geforderte Erklärung abgegeben wird, aber tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber nach dieser Vorschrift inkriminierte Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen inzwischen abgewendet hat.
33 
In der Rechtsprechung unbestritten ist, dass die kurdische PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - zu den Organisationen zählt, deren Wirken unter § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG fällt (zuletzt BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 – 5 C 1.11 -, DVBl 2012, 843 ).
34 
Beim Kläger liegen auch tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass er i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die PKK unterstützt hat.
35 
Als Unterstützung ist dabei jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist und die von der Person erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der jeweiligen Bestrebung vorgenommen wird (BVerwG, Urt. v. 22.02.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956; Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, NJW 2005, 3590). Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - ; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Tritt die inkriminierte Organisation in verfassten Strukturen in Erscheinung (e.V.), so liegt ein Unterstützen vor, wenn der Betreffende in den Organen dieser Organisation tätig ist (Hailbronner, in: Hail-bronner/Renner/Maßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 StAG Rn. 8; VGH Kassel, Beschl. v. 06. 01. 2006 - 12 UZ 3731/04 - NVwZ-RR 2006, 429). Dies gilt auch, wenn die Übernahme der Funktionärstätigkeit mit dem Willen geschieht, nicht selbst Verantwortung übernehmen zu wollen, aber als „Strohmann“ das Tätig werden der eigentlich Verantwortlichen vor den Blicken der deutschen Behörden zu verbergen (VG Stuttgart, Urt. v. 12.10.2005 - 11 K 1429/04 -, ). Aber auch die aktive Mitgliedschaft im einem Verein, der organisatorischer Zusammenschluss einer nach § 11 S. 1 StAG inkriminierten Bestrebung ist, kann einem Einbürgerungsanspruch bereits entgegenstehen (vgl. VG Gießen, Urt. v. 03.05.2004 - 10 E 2961/03 -, BeckRS 2005, 24267). Dies gilt, wenn feststellbar ist, dass der vereinsrechtliche Zusammenschluss gerade dazu dient, der betreffenden Gruppierung sowohl zum organisatorischen Zusammenhalt nach innen als auch zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung nach außen zu verhelfen. Dasselbe gilt schließlich, wenn durch zahlreiche Teilnahme an - öffentlichen oder internen - Veranstaltungen der nämliche Effekt erzielt werden soll, um durch das gemeinsame Auftreten der Anhängerschaft Abwanderungstendenzen entgegenzusteuern und die Mobilisierung - auch neuer Anhänger - zu ermöglichen.
36 
Allerdings muss die Bedeutung einer Unterstützung derartiger Bestrebungen seines Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 1 StAG befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch vereinsrechtlich erlaubte mitgliedschaftliche Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG,§ 54 nr. 5 aufenthg> NVwZ 2005, 1091).
37 
Dass der Einbürgerungsbewerber inkriminierte Bestrebungen im Sinne von § 11 S. 1 Nr. 1 StAG unterstützt oder unterstützt hat, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (etwa Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - ; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
38 
Gemessen an diesen Maßstäben liegen ausreichend tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der PKK in der Vergangenheit unterstützt hat.
39 
Bereits im vorangegangenen Asylverfahren und im Asylwiderrufsverfahren hat sich der Kläger darauf bezogen, in seinem Heimatland Türkei die PKK unterstützt zu haben und nicht etwa darauf, lediglich zu Unrecht der Unterstützung verdächtigt worden zu sein. In den Asylverfahren wurde auch vorgetragen, er habe über einen Rundfunksender am 27.12.2000 eine Großbotschaft an den „Führer aller Führer“ Öcalan verbreitet sowie Gratulationen an die Kämpfer und Inhaftierten und einen Aufruf an andere Kurden, nicht zu schweigen. Der Kläger hat sich daher in der Vergangenheit stets solcher Unterstützungshandlungen ausdrücklich berühmt.
40 
Vor diesem Hintergrund sind dann aber auch die Aktivitäten des Klägers im Bundesgebiet zu betrachten. Der Kläger war zunächst Mitglied im Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ..., der „... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, ; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urt. v. 08.07.2009 - 13 S 358/09 -, ). Dabei ist davon auszugehen, dass die Angaben des Klägers, dort nur ein Jahr lang Mitglied gewesen zu sein, nicht zutrifft. Nach der Erkenntnis des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.), bezeichnet die bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 aufgefundene Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004, auf der auch der Kläger im vorliegenden Verfahren verzeichnet ist, die einzelnen Mitglieder mit dem Zeitpunkt ihres Eintritts („seit dem Jahr 2000“). Da auch die Mitgliedsnummer des Klägers ein entsprechendes Datum aufweist, bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme (vgl. oben), dass der Kläger schon etliche Jahre im Mesopotamischen Kulturverein e.V. Mitglied war. Dies mag zunächst dahinstehen, da auch die Beklagte über ein diesbezügliches aktives Engagement des Klägers im oben dargestellten Sinne insoweit nichts berichtet.
41 
Jedenfalls aber mit der Übernahme eines Vorstandspostens anlässlich der Gründungsversammlung des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsvereins e.V. in ... liegt eine weitere Unterstützungshandlung insoweit vor. Denn der Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e.V. weist eine solche Übereinstimmung mit dem Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ... auf, dass auch insoweit die Annahme gerechtfertigt ist, dieser stelle den örtlichen „PKK-Verein“, nunmehr für ... dar.
42 
Nach dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 09.02.2009, der in den Verwaltungsakten der Beklagten enthalten ist (Anl. zu AS 27), ist der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... ebenfalls Mitglied der „Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V.“ (YEK-KOM), welcher wiederum der PKK nahe steht. Bei der YEK-KOM handelt es sich um einen Dachverband, in dem überwiegend PKK-nahe örtliche Kurdenvereine zusammengeschlossen sind. Im Arbeitsprogramm der YEK-KOM ist die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM bei ihren Veranstaltungen und Aktionen dargestellten Themen liegen im Interessenbereich der PKK, worunter insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbotes sowie die Freilassung Abdullah Öcalans fallen. Hochrangige YEK-KOM Funktionäre beteiligen sich an PKK-Aktionen und treten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.; und bereits Urt. v. 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, ). Der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... dient insoweit im Raum ... als Anlaufstelle für Anhänger und Sympathisanten der PKK. In den Vereinsräumlichkeiten finden auch interne Veranstaltungen mit Bezügen zur PKK statt (vgl. die Aufzählung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz v. 09.02.2009).
43 
Die Übernahme eines Vorstandspostens im Rahmen der Gründungsveranstaltung ist daher im oben dargestellten Sinne ebenfalls als Unterstützungshandlung anzusehen. Als Kassenwart gehört der Kläger dem Vereinsvorstand an und konnte damit kraft seines Amtes auf die inhaltliche Ausrichtung des Vereins Einfluss nehmen. Die Funktion des Kassenwartes weist dem Kläger darüber hinaus eines besondere Vertrauensstellung zu. Der Einzelrichter schließt es aus, dass die klandestin operierende PKK, bzw. ihre örtlichen Unterstützer-Vereine (vgl. oben) gerade finanzielle Angelegenheiten, die für das operative Geschäft der Organisation von tragender Bedeutung sind, einer aus ihrer Sicht unzuverlässigen Person anvertrauen würde. Auch insoweit ist maßgeblich, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn der Kläger das Amt des Kassenwartes nur „pro Forma“ geführt hätte, im Hintergrund aber ein anderer Funktionsträger die Finanzen im Interesse der PKK geführt hätte, dessen Wirken aber durch das formale Amt des Klägers im Verborgenen geblieben wäre. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits als Gründungsmitglied die inhaltliche Ausrichtung des Vereins mit beeinflussen konnte. Eine Unterstützungshandlung im oben dargestellten Sinne liegt daher auch insoweit vor.
44 
Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) dieser Unterstützungshandlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen der PKK muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger hat sich schon Jahre zuvor im Umfeld der PKK bewegt. Er stand der PKK bereits in der Türkei nahe und trat schon 2000 dem Mesopotamischen Kulturverein in Stuttgart bei. Es können für ihn daher keine Zweifel geherrscht haben, dass nach den konkreten Vorgängen in den Vereinsräumen, den Abläufen von Veranstaltungen, gezeigten Fahnen, vorhandenen Portraits oder gehaltenen Reden, er sich jeweils bei ureigenen PKK-Vereinigungen befunden haben muss. Ein zufälliges "Hineinschlittern" eines politisch Unbedarften ist hier völlig ausgeschlossen.
45 
Der Kläger konnte dem Gericht zuletzt auch nicht glaubhaft machen, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG inkriminierten Bestrebungen nunmehr abgewandt hat.
46 
An das Sich-Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG werden keine strengeren Beweisanforderungen als an den Ausschlussgrund selbst gestellt. Denn die Glaubhaftmachung bezeichnet ein herabgesetztes Beweismaß. Hinsichtlich der an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen sind Art, Gewicht, Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt des einbürgerungsschädlichen Verhaltens zu beachten. Die Anforderungen sind in der Regel umso höher, je stärker das Gewicht des einbürgerungsschädlichen Verhaltens ist und je näher dieses Verhalten zeitlich an die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag heranreicht (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.).
47 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfordert aber mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen. Es setzt daneben einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass zukünftig keine Unterstützung inkriminierter Bestrebungen mehr erfolgen wird (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Dabei ist eine Gesamtschau der für und gegen eine Abwendung sprechenden Faktoren vorzunehmen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert hat und daher künftig eine Verfolgung oder Unterstützung von - wie hier - sicherheitsgefährdenden Bestrebungen durch ihn auszuschließen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.). Der Ausländer muss in jedem Fall einräumen oder zumindest nicht bestreiten, in der Vergangenheit eine Bestrebung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt zu haben. Er muss aber nicht seine in der Vergangenheit liegenden Handlungen bedauern, als falsch bzw. irrig verurteilen oder ihnen abschwören (vgl. Berlit a.a.O. Rn. 152 und 158; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 Rn. 17 ff. jeweils m.w.N.). Es muss aber zumindest erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
48 
Der Kläger hat seine Unterstützungshandlungen in der Vergangenheit zwar - teilweise - eingeräumt, diese aber sogleich auf kulturelles Interesse, „Brauchtumspflege“ und Freundschafts-Kontakte hin relativiert. Zwar hat er seine Vorstandstätigkeit im „Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein e. V.“ weniger als zwei Jahre wahrgenommen und sich bereits 2007 nicht mehr zur Wahl gestellt. Auf der anderen Seite besucht der Kläger aber weiterhin dort Veranstaltungen und trifft sich mit anderen Vereinsmitgliedern. Dass er nicht auch räumliche Distanz sucht, zeigt der Umstand, dass er ausgerechnet die über den Vereinsräumen gelegene Wohnung angemietet hat. Berücksichtigt man, dass die PKK gegenüber „Abweichlern“ und „Abtrünnigen“ durchaus zu „Bestrafungsaktionen“ neigt (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.), spricht auch dieser Gesichtspunkt einer tatsächlichen Abwendung ebenso entgegen wie der Umstand, dass der Kläger keinerlei Gründe für seinen angeblichen Bewusstseinswandel vorgetragen hat. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Zielen der PKK und den beiden diese unterstützenden Vereine, die auf einen Lernprozess des Klägers schließen lassen, hat er nicht substantiiert dargelegt und ist auch den Umständen nicht zu entnehmen. Da ein Abwenden aber mehr erfordert, als ein bloßes Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen, wäre es notwendig gewesen, dass Kläger detailliert und nachvollziehbar geschildert hätte, aus welchen Gründen er die Ziele der PKK zwischenzeitlich ablehnt. Ein solcher Sinneswandel ist nach den Angaben des Klägers nicht anzunehmen, da er auf Grund des weiter bestehenden Kontakts und der Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen keinen Bewusstseinswandel vollzogen zu haben scheint.
49 
Zuletzt ist auch eine Abwendung der PKK von den inkriminierten Bestrebungen selbst - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen in der Vergangenheit in einer Weise gewandelt haben, dass eine weiter bestehende Nähe zu diesen Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erscheinen könnte. An dem strikt hierarchischen Aufbau und an der autoritären Führung der Organisation hat sich nichts geändert, weshalb statt freier Meinungsäußerung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam gilt. Dabei stellt Gewalt weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele dar und mit der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes wird immer noch gedroht (vgl. die Darstellung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 05.02.2009, a.a.O. sowie die Jahresberichte des Landesamtes der letzten Jahre seit 1999).
50 
3. Ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung auf der Rechtsgrundlage des § 8 StAG besteht gleichfalls nicht, da der Versagungsgrunds des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG auch insoweit entgegensteht. Die Voraussetzung nach Nr. 4 der Norm liegt mangels gesichertem Lebensunterhalt (vgl. oben) ebenfalls nicht vor.
51 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
24 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sind rechtmäßig und verletzen den Kläger somit nicht in seinen Rechten. Sie konnten vom Gericht daher auch nicht unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
25 
1. Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ).
26 
2. Der Kläger besitzt danach keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 7 bezeichneten Voraussetzungen - sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann - erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
27 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Kläger die Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, wonach für eine Anspruchseinbürgerung insoweit erforderlich ist, dass der Einbürgerungsbewerber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde nicht deutlich, dass diese Voraussetzung beim Kläger wirklich gegeben wäre. Zahlreiche Rückfragen des Einzelrichters, etwa zur Lebenssituation der Kinder, mussten ihm von seiner im Gerichtssaal anwesenden Ehefrau übersetzt werden. Antworten des Klägers selbst bestanden häufig nur aus einem Wort. Zwar bestimmt § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG, die Voraussetzungen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache liegen immer dann vor, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B 1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Der Kläger hat auch ein solches Zertifikat Deutsch im Einbürgerungsverfahren vorgelegt, das im April 2008 von einer Frankfurter Sprachenschule ausgestellt wurde. Ob er damit allerdings tatsächlich die Tatbestandsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, erscheint zweifelhaft. Absatz 4 Satz 1 der Norm geht nicht etwa davon aus, dass die Vorlage eines Zertifikates in jedem Fall gleichbedeutend ist mit der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals. Umgekehrt wird, bei offenkundigem Erfüllen des Erfordernisses ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, die Beibringung eines solchen Zertifikates von dieser Vorschrift auch gar nicht verlangt. § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG ist vielmehr als gesetzliche Definition des unbestimmten Rechtsbegriffes „ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache“ zu verstehen, die derjenige Ausländer besitzt, der die Anforderungen der Sprachprüfung des entsprechenden Zertifikates tatsächlich erfüllen würde. Dies scheint beim Kläger aber ausgesprochen zweifelhaft. Wie zu verfahren ist, wenn ein solches Zertifikat Deutsch zwar tatsächlich im Einbürgerungsverfahren vorgelegt wird, die Umstände seiner Erlangung aber im Dunkeln bleiben, und objektiv der Eindruck besteht, ausreichende Sprachkenntnisse liegen nicht vor, lässt das Gesetz offen. Im vorliegenden Fall muss dieser Frage auch nicht weiter nachgegangen werden, denn ein Einbürgerungsanspruch des Klägers besteht auch aus anderen Gründen nicht.
28 
Seiner Einbürgerung nach § 10 StAG steht bereits entgegen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) die Voraussetzung des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Norm nicht ausreichend erfüllt.
29 
Erforderlich insoweit ist, dass der Einbürgerungsbewerber den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann bzw. gegebenenfalls eine solche Inanspruchnahme nicht zu vertreten hätte. Zwar hat der Gesetzgeber des StAG insoweit eine etwas andere Formulierung gewählt, als sie in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG enthalten ist. Gleichwohl ist der Bedeutungsgehalt der Vorschrift insoweit identisch, als ihm ein prognostisches Element innewohnt, wonach auch im Falle der Einbürgerung gesichert sein muss, dass der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen jedenfalls auf eine absehbare Zeit bestritten werden kann (vgl. eingehend VG Berlin, Urt. v. 16.08.2005 - 2 A 99.04 -, zur wortgleichen Vorgängervorschrift). Der rechtlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG käme keine nennenswerte Bedeutung zu, würde man die Vorschrift - allein - so verstehen, dass der Einbürgerungsbewerber lediglich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorgang der Einbürgerung frei sein müsse von der Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen. Ein Einbürgerungsbewerber hätte es dann gleichsam in der Hand, trotz fehlender Unterhaltssicherung seine Einbürgerung zu beantragen und lediglich während der Endphase der Verfahrensbearbeitung etwa eine kurze Erwerbstätigkeit aufzunehmen, nach dem Vollzug der Einbürgerung aber in die Inanspruchnahme von Leistungen zurückzufallen. Hätte der Gesetzgeber solches ermöglichen wollen, hätte er auf § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG praktisch ganz verzichten können. Dasselbe gilt mit Blick auf die Frage, ob nur die tatsächliche Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII als einbürgerungsschädlich anzusehen ist, wohingegen ein materieller Leistungsanspruch, der nicht geltend gemacht wird, die Einbürgerung nicht hindern solle (so Geyer, HK-AuslR, § 10 StAG Rz 17). Auch dann könnte ein Einbürgerungswilliger seinen Leistungsbezug nur für relativ kurze Zeit unterbrechen, sich etwa von Verwandten unterstützen lassen, um nach erfolgter Einbürgerung alsbald den Leistungsbezug fortzusetzen. Eine derartige Auslegung ist mit dem Gesetzeszweck unvereinbar (VG Berlin, a.a.O.).
30 
§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG verlangt daher, jedenfalls für einen überschaubaren Prognosezeitraum, einen gesicherten Lebensunterhalt. Dies ist beim Kläger derzeit aber (noch) nicht zu erkennen. Der Kläger befand sich während seines Inlandsaufenthaltes nahezu fortlaufend im Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. solchen nach dem SGB II. Nur eine relativ kurze Zeit, während der Verfahrensbearbeitung seines Einbürgerungsantrages, war er durch eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit (bei seinem Bruder) und ergänzendem Bezug von Kindergeld und Kindergeldzuschlag in der Lage, für sich und seine Angehörigen auf Leistungen nach dem SGB II zu verzichten. Ausgehend von diesem Befund erlaubt die nunmehr neu aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einem andere Arbeitgeber zum 01.07.2012, also wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung, im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) nicht die Prognose, der Kläger werde auf absehbare Zeit vom Bezug von Sozialleistungen frei sein. Die bisherige Erwerbsbiographie des Klägers im Bundesgebiet trägt diese Annahme nicht. Nachdem auch sein jetziger Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von zwei Wochen aufweist, kann derzeit allenfalls von einer vagen Hoffnung gesprochen werden, ein entsprechender Leistungsbezug werde aufgrund eigener Erwerbstätigkeit des Klägers, des Bezuges von Kindergeld und eventuell vielleicht Kindergeldzuschlag, in einem absehbaren Prognosezeitraum nicht notwendig werden. Damit ist die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG jedoch noch nicht erfüllt.
31 
Ein Weiteres kommt hinzu. Der Einbürgerung des Klägers steht auch § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG entgegen.
32 
Nach § 11 S. 1 Nr. 1 StAG ist der Anspruch auf Einbürgerung u.a. ausgeschlossen, wenn zwar die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG geforderte Erklärung abgegeben wird, aber tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber nach dieser Vorschrift inkriminierte Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen inzwischen abgewendet hat.
33 
In der Rechtsprechung unbestritten ist, dass die kurdische PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - zu den Organisationen zählt, deren Wirken unter § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG fällt (zuletzt BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 – 5 C 1.11 -, DVBl 2012, 843 ).
34 
Beim Kläger liegen auch tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass er i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die PKK unterstützt hat.
35 
Als Unterstützung ist dabei jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist und die von der Person erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der jeweiligen Bestrebung vorgenommen wird (BVerwG, Urt. v. 22.02.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956; Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, NJW 2005, 3590). Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - ; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Tritt die inkriminierte Organisation in verfassten Strukturen in Erscheinung (e.V.), so liegt ein Unterstützen vor, wenn der Betreffende in den Organen dieser Organisation tätig ist (Hailbronner, in: Hail-bronner/Renner/Maßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 StAG Rn. 8; VGH Kassel, Beschl. v. 06. 01. 2006 - 12 UZ 3731/04 - NVwZ-RR 2006, 429). Dies gilt auch, wenn die Übernahme der Funktionärstätigkeit mit dem Willen geschieht, nicht selbst Verantwortung übernehmen zu wollen, aber als „Strohmann“ das Tätig werden der eigentlich Verantwortlichen vor den Blicken der deutschen Behörden zu verbergen (VG Stuttgart, Urt. v. 12.10.2005 - 11 K 1429/04 -, ). Aber auch die aktive Mitgliedschaft im einem Verein, der organisatorischer Zusammenschluss einer nach § 11 S. 1 StAG inkriminierten Bestrebung ist, kann einem Einbürgerungsanspruch bereits entgegenstehen (vgl. VG Gießen, Urt. v. 03.05.2004 - 10 E 2961/03 -, BeckRS 2005, 24267). Dies gilt, wenn feststellbar ist, dass der vereinsrechtliche Zusammenschluss gerade dazu dient, der betreffenden Gruppierung sowohl zum organisatorischen Zusammenhalt nach innen als auch zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung nach außen zu verhelfen. Dasselbe gilt schließlich, wenn durch zahlreiche Teilnahme an - öffentlichen oder internen - Veranstaltungen der nämliche Effekt erzielt werden soll, um durch das gemeinsame Auftreten der Anhängerschaft Abwanderungstendenzen entgegenzusteuern und die Mobilisierung - auch neuer Anhänger - zu ermöglichen.
36 
Allerdings muss die Bedeutung einer Unterstützung derartiger Bestrebungen seines Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 1 StAG befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch vereinsrechtlich erlaubte mitgliedschaftliche Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG,§ 54 nr. 5 aufenthg> NVwZ 2005, 1091).
37 
Dass der Einbürgerungsbewerber inkriminierte Bestrebungen im Sinne von § 11 S. 1 Nr. 1 StAG unterstützt oder unterstützt hat, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (etwa Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - ; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
38 
Gemessen an diesen Maßstäben liegen ausreichend tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der PKK in der Vergangenheit unterstützt hat.
39 
Bereits im vorangegangenen Asylverfahren und im Asylwiderrufsverfahren hat sich der Kläger darauf bezogen, in seinem Heimatland Türkei die PKK unterstützt zu haben und nicht etwa darauf, lediglich zu Unrecht der Unterstützung verdächtigt worden zu sein. In den Asylverfahren wurde auch vorgetragen, er habe über einen Rundfunksender am 27.12.2000 eine Großbotschaft an den „Führer aller Führer“ Öcalan verbreitet sowie Gratulationen an die Kämpfer und Inhaftierten und einen Aufruf an andere Kurden, nicht zu schweigen. Der Kläger hat sich daher in der Vergangenheit stets solcher Unterstützungshandlungen ausdrücklich berühmt.
40 
Vor diesem Hintergrund sind dann aber auch die Aktivitäten des Klägers im Bundesgebiet zu betrachten. Der Kläger war zunächst Mitglied im Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ..., der „... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, ; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urt. v. 08.07.2009 - 13 S 358/09 -, ). Dabei ist davon auszugehen, dass die Angaben des Klägers, dort nur ein Jahr lang Mitglied gewesen zu sein, nicht zutrifft. Nach der Erkenntnis des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.), bezeichnet die bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 aufgefundene Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004, auf der auch der Kläger im vorliegenden Verfahren verzeichnet ist, die einzelnen Mitglieder mit dem Zeitpunkt ihres Eintritts („seit dem Jahr 2000“). Da auch die Mitgliedsnummer des Klägers ein entsprechendes Datum aufweist, bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme (vgl. oben), dass der Kläger schon etliche Jahre im Mesopotamischen Kulturverein e.V. Mitglied war. Dies mag zunächst dahinstehen, da auch die Beklagte über ein diesbezügliches aktives Engagement des Klägers im oben dargestellten Sinne insoweit nichts berichtet.
41 
Jedenfalls aber mit der Übernahme eines Vorstandspostens anlässlich der Gründungsversammlung des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsvereins e.V. in ... liegt eine weitere Unterstützungshandlung insoweit vor. Denn der Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e.V. weist eine solche Übereinstimmung mit dem Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ... auf, dass auch insoweit die Annahme gerechtfertigt ist, dieser stelle den örtlichen „PKK-Verein“, nunmehr für ... dar.
42 
Nach dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 09.02.2009, der in den Verwaltungsakten der Beklagten enthalten ist (Anl. zu AS 27), ist der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... ebenfalls Mitglied der „Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V.“ (YEK-KOM), welcher wiederum der PKK nahe steht. Bei der YEK-KOM handelt es sich um einen Dachverband, in dem überwiegend PKK-nahe örtliche Kurdenvereine zusammengeschlossen sind. Im Arbeitsprogramm der YEK-KOM ist die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM bei ihren Veranstaltungen und Aktionen dargestellten Themen liegen im Interessenbereich der PKK, worunter insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbotes sowie die Freilassung Abdullah Öcalans fallen. Hochrangige YEK-KOM Funktionäre beteiligen sich an PKK-Aktionen und treten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.; und bereits Urt. v. 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, ). Der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... dient insoweit im Raum ... als Anlaufstelle für Anhänger und Sympathisanten der PKK. In den Vereinsräumlichkeiten finden auch interne Veranstaltungen mit Bezügen zur PKK statt (vgl. die Aufzählung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz v. 09.02.2009).
43 
Die Übernahme eines Vorstandspostens im Rahmen der Gründungsveranstaltung ist daher im oben dargestellten Sinne ebenfalls als Unterstützungshandlung anzusehen. Als Kassenwart gehört der Kläger dem Vereinsvorstand an und konnte damit kraft seines Amtes auf die inhaltliche Ausrichtung des Vereins Einfluss nehmen. Die Funktion des Kassenwartes weist dem Kläger darüber hinaus eines besondere Vertrauensstellung zu. Der Einzelrichter schließt es aus, dass die klandestin operierende PKK, bzw. ihre örtlichen Unterstützer-Vereine (vgl. oben) gerade finanzielle Angelegenheiten, die für das operative Geschäft der Organisation von tragender Bedeutung sind, einer aus ihrer Sicht unzuverlässigen Person anvertrauen würde. Auch insoweit ist maßgeblich, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn der Kläger das Amt des Kassenwartes nur „pro Forma“ geführt hätte, im Hintergrund aber ein anderer Funktionsträger die Finanzen im Interesse der PKK geführt hätte, dessen Wirken aber durch das formale Amt des Klägers im Verborgenen geblieben wäre. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits als Gründungsmitglied die inhaltliche Ausrichtung des Vereins mit beeinflussen konnte. Eine Unterstützungshandlung im oben dargestellten Sinne liegt daher auch insoweit vor.
44 
Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) dieser Unterstützungshandlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen der PKK muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger hat sich schon Jahre zuvor im Umfeld der PKK bewegt. Er stand der PKK bereits in der Türkei nahe und trat schon 2000 dem Mesopotamischen Kulturverein in Stuttgart bei. Es können für ihn daher keine Zweifel geherrscht haben, dass nach den konkreten Vorgängen in den Vereinsräumen, den Abläufen von Veranstaltungen, gezeigten Fahnen, vorhandenen Portraits oder gehaltenen Reden, er sich jeweils bei ureigenen PKK-Vereinigungen befunden haben muss. Ein zufälliges "Hineinschlittern" eines politisch Unbedarften ist hier völlig ausgeschlossen.
45 
Der Kläger konnte dem Gericht zuletzt auch nicht glaubhaft machen, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG inkriminierten Bestrebungen nunmehr abgewandt hat.
46 
An das Sich-Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG werden keine strengeren Beweisanforderungen als an den Ausschlussgrund selbst gestellt. Denn die Glaubhaftmachung bezeichnet ein herabgesetztes Beweismaß. Hinsichtlich der an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen sind Art, Gewicht, Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt des einbürgerungsschädlichen Verhaltens zu beachten. Die Anforderungen sind in der Regel umso höher, je stärker das Gewicht des einbürgerungsschädlichen Verhaltens ist und je näher dieses Verhalten zeitlich an die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag heranreicht (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.).
47 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfordert aber mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen. Es setzt daneben einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass zukünftig keine Unterstützung inkriminierter Bestrebungen mehr erfolgen wird (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Dabei ist eine Gesamtschau der für und gegen eine Abwendung sprechenden Faktoren vorzunehmen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert hat und daher künftig eine Verfolgung oder Unterstützung von - wie hier - sicherheitsgefährdenden Bestrebungen durch ihn auszuschließen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.). Der Ausländer muss in jedem Fall einräumen oder zumindest nicht bestreiten, in der Vergangenheit eine Bestrebung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt zu haben. Er muss aber nicht seine in der Vergangenheit liegenden Handlungen bedauern, als falsch bzw. irrig verurteilen oder ihnen abschwören (vgl. Berlit a.a.O. Rn. 152 und 158; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 Rn. 17 ff. jeweils m.w.N.). Es muss aber zumindest erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
48 
Der Kläger hat seine Unterstützungshandlungen in der Vergangenheit zwar - teilweise - eingeräumt, diese aber sogleich auf kulturelles Interesse, „Brauchtumspflege“ und Freundschafts-Kontakte hin relativiert. Zwar hat er seine Vorstandstätigkeit im „Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein e. V.“ weniger als zwei Jahre wahrgenommen und sich bereits 2007 nicht mehr zur Wahl gestellt. Auf der anderen Seite besucht der Kläger aber weiterhin dort Veranstaltungen und trifft sich mit anderen Vereinsmitgliedern. Dass er nicht auch räumliche Distanz sucht, zeigt der Umstand, dass er ausgerechnet die über den Vereinsräumen gelegene Wohnung angemietet hat. Berücksichtigt man, dass die PKK gegenüber „Abweichlern“ und „Abtrünnigen“ durchaus zu „Bestrafungsaktionen“ neigt (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.), spricht auch dieser Gesichtspunkt einer tatsächlichen Abwendung ebenso entgegen wie der Umstand, dass der Kläger keinerlei Gründe für seinen angeblichen Bewusstseinswandel vorgetragen hat. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Zielen der PKK und den beiden diese unterstützenden Vereine, die auf einen Lernprozess des Klägers schließen lassen, hat er nicht substantiiert dargelegt und ist auch den Umständen nicht zu entnehmen. Da ein Abwenden aber mehr erfordert, als ein bloßes Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen, wäre es notwendig gewesen, dass Kläger detailliert und nachvollziehbar geschildert hätte, aus welchen Gründen er die Ziele der PKK zwischenzeitlich ablehnt. Ein solcher Sinneswandel ist nach den Angaben des Klägers nicht anzunehmen, da er auf Grund des weiter bestehenden Kontakts und der Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen keinen Bewusstseinswandel vollzogen zu haben scheint.
49 
Zuletzt ist auch eine Abwendung der PKK von den inkriminierten Bestrebungen selbst - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen in der Vergangenheit in einer Weise gewandelt haben, dass eine weiter bestehende Nähe zu diesen Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erscheinen könnte. An dem strikt hierarchischen Aufbau und an der autoritären Führung der Organisation hat sich nichts geändert, weshalb statt freier Meinungsäußerung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam gilt. Dabei stellt Gewalt weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele dar und mit der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes wird immer noch gedroht (vgl. die Darstellung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 05.02.2009, a.a.O. sowie die Jahresberichte des Landesamtes der letzten Jahre seit 1999).
50 
3. Ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung auf der Rechtsgrundlage des § 8 StAG besteht gleichfalls nicht, da der Versagungsgrunds des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG auch insoweit entgegensteht. Die Voraussetzung nach Nr. 4 der Norm liegt mangels gesichertem Lebensunterhalt (vgl. oben) ebenfalls nicht vor.
51 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

2

Der Kläger wurde im Jahre 1970 in der Türkei geboren. Er ist türkischer Staatsangehöriger. Im August 1989 reiste er zusammen mit seiner Ehefrau in das Bundesgebiet ein. Er hat mittlerweile sechs Kinder. Der Kläger kann nicht lesen oder schreiben, da er nach eigenen Angaben nie eine Schule besucht hat.

3

Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik stellte der Kläger einen Asylantrag. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erkannte den Kläger und seine damals mit ihm lebenden Familienangehörigen im Jahre 1994 als Asylberechtigte an. Seit 1993 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die seit dem 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgilt.

4

Im Juni 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten seine Einbürgerung und unterzeichnete die sog. "Loyalitätserklärung". Bei einem im Mai 2002 durch die Volkshochschule P. durchgeführten Test "Deutsch für Analphabeten" hatte er 77 von möglichen 100 Punkten erreicht. Im September 2002 erteilte die Beklagte dem Kläger eine bis zum September 2004 befristete Einbürgerungszusicherung. Im Februar 2005 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg der Beklagten mit, dass es die Zustimmung zur Einbürgerung des Klägers verweigere, nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger am 24. Juni 2001 die sog. "PKK-Selbsterklärung" unterzeichnet hatte. Mit Bescheid vom 18. November 2005 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab, da er nicht die sprachlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfülle.

5

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium mit Bescheid vom 17. August 2006 zurück. Wegen tatsächlicher Anhaltspunkte, dass der Kläger die in § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolge oder unterstütze bzw. verfolgt oder unterstützt habe und eine Abwendung von diesen Bestrebungen nicht glaubhaft gemacht worden sei, bestehe kein Einbürgerungsanspruch. Daneben erfülle er auch nicht die notwendigen Sprachanforderungen, da er nicht lesen und schreiben könne. Auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG scheide aus, da keine atypische Situation vorliege, die ein öffentliches Interesse an einer Einbürgerung begründe. Von dem Kläger, der nach eigenen Angaben keine Lese- und Schreibkenntnisse erworben habe, könne erwartet werden, dass er sich die notwendigen Sprachkenntnisse aneigne; eine körperliche oder geistige Behinderung oder eine Erkrankung, die ihn daran hindern könnten, lägen nicht vor.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, den Kläger einzubürgern. Das der Beklagten nach § 8 StAG eingeräumte Einbürgerungsermessen sei zu Gunsten des Klägers auf Null reduziert; bei einer Gesamtschau seiner persönlichen Situation und seiner bisherigen Integrationsleistungen könne dem Kläger die Nichterfüllung der Sprachanforderungen nicht entgegengehalten werden.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen der sog. Anspruchseinbürgerung nach den §§ 10 und 11 StAG in der für ihn in Bezug auf die Sprachanforderungen günstigeren, vor dem 28. August 2007 geltenden Fassung. Auch nach dieser Fassung stehe dem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG a.F. entgegen, weil er weder lesen noch schreiben könne und daher nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge. Es könne daher dahinstehen, ob die sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 StAG erfüllt seien und (weitere) Ausschlussgründe nach § 11 StAG der Einbürgerung des Klägers entgegenstünden.

8

Der Kläger sei auch nicht nach § 8 StAG im Ermessenswege einzubürgern. Die Erwägung im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid sei nicht zu beanstanden, auch der Ermessenseinbürgerung stehe entgegen, dass der Kläger keine Kenntnisse der deutschen Schriftsprache habe und auch keine atypische Situation vorliege, die ein öffentliches Interesse an einer Einbürgerung begründe, weil von dem Kläger erwartet werden könne, dass er sich die notwendigen Sprachkenntnisse aneigne. Die Einbürgerungsbehörde dürfe auch bei der Betätigung des Einbürgerungsermessens nach § 8 StAG der Kenntnis der deutschen Schriftsprache eine sehr hohe Bedeutung beimessen. Die Widerspruchsbehörde habe in rechtlich vertretbarer Weise von den Sprachanforderungen nicht wegen besonderer Umstände abgesehen. Sie habe hierfür nicht den Umstand ausreichen lassen müssen, dass er auch in seiner Heimatsprache Analphabet sei. Auch habe sie berücksichtigen dürfen, dass eine körperliche oder geistige Behinderung oder eine Erkrankung, die den Kläger daran gehindert hätte, Kenntnisse der Schriftsprache zu erwerben, nicht vorlägen und es daher unverständlich sei, dass er nicht bereits größere Anstrengungen zum Erwerb der deutschen Sprache unternommen habe. Dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten von vornherein außer Stande (gewesen) wäre, Schriftkenntnisse zu erwerben, sei weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Kläger habe noch nicht einmal geltend gemacht, sich erfolglos um den Erwerb von Kenntnissen der deutschen Schriftsprache (Lesefähigkeit) bemüht zu haben. Angesichts seines Lebensalters sei ihm eine Teilnahme an Alphabetisierungskursen bereits zum Zeitpunkt der Einreise, aber auch in der Folgezeit zumutbar gewesen.

9

Im Rahmen der eingeschränkten Überprüfung der Ermessensentscheidung sei auch nicht zu beanstanden, dass die Einbürgerungsbehörden die Defizite im Spracherwerb nicht als anderweitig ausgeglichen bewertet hätten. Diese dürften im Rahmen ihres Ermessens andere Integrationsleistungen berücksichtigen; sie seien rechtlich indes nicht verpflichtet, andere Integrationsleistungen im Ergebnis stärker zu gewichten als fehlende Kenntnisse der Schriftsprache. Durch die vormals erteilte, befristete Einbürgerungszusicherung sei die Beklagte nicht mehr gebunden. Ihre Entscheidung habe auch nicht gegen eine durch Verwaltungsvorschriften bewirkte Selbstbindung der Verwaltung verstoßen.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger weiterhin sein Einbürgerungsbegehren, er rügt eine Verletzung des § 8 StAG.

11

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Einbürgerung hat. Seiner Einbürgerung nach § 10 StAG steht jedenfalls entgegen, dass der Kläger nicht über die für eine Einbürgerung nach §§ 10, 11 StAG erforderlichen Mindestkenntnisse der deutschen Sprache verfügt (dazu 1.). Die Beklagte hat auch das ihr nach § 8 StAG eingeräumte Einbürgerungsermessen fehlerfrei dahin ausgeübt, den Kläger nicht einzubürgern (dazu 2.).

13

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung nach §§ 10, 11 StAG, weil er nicht über die für eine Anspruchseinbürgerung erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt.

14

1.1 Das Berufungsgericht hat für die Anwendung des § 10 StAG zu Recht auf die Fassung abgestellt, welche die Vorschrift zum 1. Januar 2005 durch Art. 5 Nr. 8 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - Zuwanderungsgesetz - (Gesetz vom 30. Juli 2004, BGBl I S. 1950) erhalten hat und die im hier entscheidungserheblichen Kern §§ 85, 86 AuslG entsprach. Denn der Kläger hatte seinen Einbürgerungsantrag im Juni 2002 und damit nach dem 16. März 1999 (dazu § 40c StAG), aber vor dem 1. April 2007 gestellt.

15

Diese zum 30. März 2007 in §§ 10, 11 StAG normierten Sprachanforderungen stellen an die Sprachkenntnisse eines Einbürgerungsbewerbers geringere Anforderungen als § 10 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG (in der Fassung des Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007, BGBl I S. 1970 ). Denn nach der Neuregelung liegt die Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, nur vor, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Diese Anforderungen verlangen im Gegensatz zur Rechtslage bis zum 27. August 2007 auch die Fähigkeit, sich in gewissem Maße schriftlich in deutscher Sprache äußern zu können, also nicht nur Lese-, sondern auch Schreibkenntnisse (Berlit, InfAuslR 2007, 457 <457, 461>).

16

Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG in der hier anzuwendenden Fassung besteht ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht, wenn der Ausländer "nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache" verfügt. Nach der zu dieser Gesetzesfassung ergangenen Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 und - BVerwG 5 C 17.05 - DVBl 2006, 922), von der auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, reichen hierfür allein mündliche Sprachkenntnisse nicht aus. Vielmehr muss ein geschäftsfähiger Einbürgerungsbewerber über die Fähigkeit verfügen, selbständig in deutscher Sprache verfasste Schreiben, Formulare und sonstige Schriftstücke zu lesen und - nach Maßgabe von Alter und Bildungsstand - den sachlichen Gehalt zumindest von Texten einfacher Art aufgrund der Lektüre auch so zu erfassen, dass hierauf zielgerichtet und verständlich reagiert werden kann.

17

Der Kläger verfügt nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die den Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht über solche Sprachkenntnisse; demgegenüber kann sich der Kläger nicht auf die nach seinen Angaben erfolgreiche Teilnahme an einem Test "Deutsch für Analphabeten" an einer Volkshochschule berufen, bei der Inhalt und Maßstab zudem nicht näher ausgeführt sind.

18

1.2 Der Kläger erfüllt nach diesen tatsächlichen Feststellungen erst recht nicht die höheren Erfordernisse nach § 10 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG (F. 2007), nach dem die Einbürgerungsvoraussetzung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache vorliegt, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt.

19

Diese Neufassung der Sprachanforderungen durch das Richtlinienumsetzungsgesetz ist auch nicht mit Blick darauf für den Kläger günstiger (§ 40c StAG), dass von den Sprachanforderungen als Einbürgerungsvoraussetzung abgesehen wird, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann (§ 10 Abs. 6 StAG). Der Kläger leidet nicht an einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung und befindet sich auch in einem Alter, in dem Kenntnisse der Schriftsprache regelmäßig vorhanden oder zumindest erlernbar sind, diese Einbürgerungsvoraussetzung also erfüllt werden könnte. Der Kläger ist vielmehr Analphabet.

20

Analphabetismus bezeichnet kulturell, bildungs- oder psychisch bedingte individuelle Defizite im Lesen und/oder Schreiben bis hin zu völligem Unvermögen. Er ist als solcher keine Krankheit oder Behinderung im Sinne des § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) (s.a. VG Berlin, Urteil vom 10. März 2009 - 30 V 55.08 - juris § 30 abs. 1 satz 1 nr. 2 aufenthg>; LSG Berlin, Urteil vom 22. Juli 2004 - L 3 RJ 15/03 - juris). Hierfür müssten die unzureichenden Sprachkenntnisse ihre wesentlichen Ursachen in einer Krankheit oder einer Behinderung haben, die auch einer Überwindung dieses Zustandes entgegenstehen. Dies ist bei dem hier vorliegenden (primären) Analphabetismus nicht der Fall. Analphabetismus hat zwar vielfältige Ursachen, die auch mit der Sozialisation oder der geistigen Entwicklung eines Menschen zusammenhängen können. Er kann zwar durch eine Behinderung, vor allem eine geistige Behinderung oder längerfristige oder chronische Krankheit verursacht oder mit dem als Lernbehinderung bezeichneten Komplex verbunden sein. Ein nicht behebbares Schicksal ist er - auch für erwachsene Menschen - indes nicht. Zu einer Behinderung wird Analphabetismus auch nicht durch die sozialen Folgen, die er für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft haben kann.

21

Es ist tatrichterlich nicht festgestellt - und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht -, dass er deswegen Analphabet sei, weil er zum Erlernen der Schriftsprache (Lese- und Schreibfähigkeit) wegen einer geistigen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sei. Der Kläger selbst macht geltend, deswegen Analphabet zu sein, weil er in der Türkei als Kind nicht in die Schule gegangen sei.

22

§ 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) ist auch nicht zu Gunsten von Einbürgerungsbewerbern entsprechend anzuwenden, die Analphabeten sind. Es ist keine Regelungslücke gegeben, die durch Analogie oder erweiternde Auslegung zu schließen wäre. Es fehlt schon jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei der Einfügung des § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) nicht erkannt haben könnte, dass auch Analphabeten die - erhöhten - Sprachanforderungen nicht erfüllen. Systematisch gegen eine Lücke spricht zudem, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AufenthG für eine Niederlassungserlaubnis vorausgesetzten "ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache" mit § 9 Abs. 2 Satz 4 und 5 AufenthG über § 10 Abs. 6 StAG hinausgehende Ausnahmeregelungen geschaffen hat. Denn § 10 Abs. 6 StAG erlaubt zwar - ähnlich wie § 9 Abs. 2 Satz 3 AufenthG - eine Ausnahme von der Notwendigkeit ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, wenn der Ausländer diese Voraussetzung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann. § 10 Abs. 6 StAG enthält aber keine Regelung, nach der zur Vermeidung einer Härte auch in Fällen, in denen keine Krankheit oder Behinderung vorliegt, von ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache abgesehen werden kann (§ 9 Abs. 2 Satz 4 AufenthG), und auch nicht die Möglichkeit, ausnahmsweise die Fähigkeit, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können, ausreichen zu lassen (§ 9 Abs. 2 Satz 5 AufenthG). Dass Einbürgerungsbewerber, die Analphabeten sind, nach § 10 StAG keinen Einbürgerungsanspruch haben, war dem Gesetzgeber zudem aufgrund der Urteile des Senats vom 20. Oktober 2005 (a.a.O.) bekannt; der Gesetzgeber wollte durch die ausdrücklichen Regelungen bei der Anspruchseinbürgerung das Niveau der Sprachanforderungen gerade anheben (s.a. Berlit, InfAuslR 2007, 457 <461>).

23

2. Der Kläger kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 8 StAG beanspruchen. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden, gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Ermessensentscheidung (2.1) mit erheblichem und hier ausschlaggebendem Gewicht berücksichtigen durfte, dass der Kläger nicht lesen kann (2.2), und die Ablehnung seiner Einbürgerung auch sonst nicht ermessensfehlerhaft ist (2.3).

24

2.1 Nach § 8 StAG kann ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf seinen Antrag eingebürgert werden. Die Einbürgerung steht auch bei Erfüllung der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StAG bezeichneten Mindestvoraussetzungen im grundsätzlich weiten Ermessen der Einbürgerungsbehörde.

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa Urteile vom 17. Mai 1983 - BVerwG 1 C 163.80 - BVerwGE 67, 177 und 21. Oktober 1986 - BVerwG 1 C 44.84 - BVerwGE 75, 86 und Beschlüsse vom 11. Oktober 1985 - BVerwG 1 B 102.85 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 26 und vom 19. Februar 1991 - BVerwG 1 B 17.91 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 41) ist bei der Ausübung des Ermessens darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der beantragten Einbürgerung besteht. Die Behörde hat zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfindet. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Behörde rechtsfehlerhaft gehandelt, insbesondere von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 113 Abs. 4, § 114 VwGO). Die Verwaltungsgerichte dürfen nicht eigenes Ermessen an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen, wenn ihnen eine dem Bewerber günstigere Ermessensausübung den Umständen des konkreten Falles angemessener erscheint.

26

Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen (dazu 2.2, 2.3), dass die Beklagte hier ihr Einbürgerungsermessen im Ergebnis rechtsfehlerfrei betätigt hat. Der vorliegende Fall gibt daher keinen Anlass zur vertiefenden Erörterung, ob daran festzuhalten ist, dass bei der Ermessensentscheidung ohne Abwägung der privaten Interessen des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist (s. etwa Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rn. 50). Die zu seinen Gunsten streitenden abwägungserheblichen individuellen Belange und subjektiven Interessen des Klägers an der Einbürgerung sind hier - wenn auch in Gestalt eines öffentlichen Interesses - bei der Ermessensbetätigung der Beklagten erkannt und fehlerfrei gewichtet worden.

27

Es kann auch offenbleiben, ob der Bezug von Wohngeld geeignet ist, die Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) als Einbürgerungsvoraussetzung zu berühren und unter welchen Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 StAG in Fällen eines nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG etwa dem Grunde nach beachtlichen Wohngeldbezuges von dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit abzusehen ist, wenn Wohngeld allein wegen einer überdurchschnittlichen Familiengröße bezogen wird. Rechtsirrig ist jedenfalls die von der Beklagten im Revisionsverfahren angedeutete Rechtsansicht, der Bezug von Wohngeld berühre bereits die Einbürgerungsvoraussetzung (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 StAG), dass der Einbürgerungsbewerber eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat.

28

2.2 Bei der auf Ermessensfehler beschränkten Überprüfung der Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden, dass diese bei der Ausübung des Ermessens der Kenntnis der deutschen Schriftsprache eine sehr hohe Bedeutung beigemessen und hier wegen Fehlens dieser Sprachvoraussetzungen ein öffentliches Interesse abgelehnt hat, weil auch keine atypische Situation vorliege, welche ein Absehen von den Sprachanforderungen gebiete. Der Beklagten wäre allerdings in Bezug auf die Sprachanforderungen auch eine andere Gewichtung und Entscheidung als aus ihrer Sicht zweckmäßiger eröffnet gewesen.

29

2.2.1 Die Einbürgerungsbehörde darf bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung zu Lasten eines Ausländers berücksichtigen, dass er Deutsch nicht lesen kann. Dies gilt auch für Analphabeten, die nicht infolge einer Krankheit oder Behinderung nicht lesen können und bei denen auch keine sonstigen besonderen Härtegründe vorliegen.

30

a) Gewisse Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache haben Bedeutung nicht nur als Einbürgerungsvoraussetzung für die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG. Auch für die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG gilt, dass Einbürgerungsbewerber sprachlich hinreichend in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet allgemein und in ihre Lebens-, Berufs- und Wohnumgebung integriert sein sollten. Wegen der Bedeutung, welche im Arbeits- und Berufsleben, aber auch bei der Kommunikation mit der gesellschaftlichen Umwelt einschließlich der Kontakte mit Behörden und Institutionen der schriftlichen Kommunikation zukommt, erfordert dies regelmäßig auch gewisse Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O.). Diese Sprachanforderungen sind nicht Selbstzweck; sie sind vielmehr typischerweise Voraussetzung für die Integration in die grundlegenden Bereiche der Bildung, der Beschäftigung und der Teilhabe am politischen Leben und damit für die soziale, politische und gesellschaftliche Integration.

31

Bereits dies rechtfertigt ihre Berücksichtigung auch bei der Ermessenseinbürgerung. Die Integrationsanforderungen sind bei der Ermessenseinbürgerung nicht grundsätzlich niedriger anzusetzen als bei der Anspruchseinbürgerung. Sie unterscheiden sich von diesen auch nicht qualitativ.

32

Der systematische Zusammenhang zwischen Anspruchs- und Ermessenseinbürgerung rechtfertigt ebenfalls eine Berücksichtigung der Anspruchsvoraussetzungen und -ausschlussgründe der §§ 10, 11 StAG; sie enthalten auch hinsichtlich der Sprachanforderungen keine abschließende Regelung. Soweit sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind, dürfen die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10, 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden; § 11 StAG (F. 2007) gilt ohnehin unmittelbar auch für die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG. Unterschiede ergeben sich bei Anspruchsausschlussgründen allein in Bezug auf die Rechtsfolge. Sie führen bei der Anspruchseinbürgerung zwingend zur Ablehnung der Einbürgerung, während sie bei der Ermessenseinbürgerung als ermessenserheblicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen sind, die Entscheidung aber nicht notwendig im Ergebnis vorprägen. Soweit die Mindestvoraussetzungen bei der Anspruchseinbürgerung nicht erfüllt sind, wird im Rahmen des § 8 StAG allein eine flexiblere Entscheidung ermöglicht, die nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles eine Absenkung der Sprachanforderungen bis hin zum vollständigen Verzicht auf Kenntnisse der Schriftsprache gestattet.

33

Die Auslegung, dass der Einbürgerungsbewerber auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in der Lage sein muss, einen deutschsprachigen Text des alltäglichen Lebens zu lesen, zu verstehen und die wesentlichen Inhalte mündlich wiederzugeben, entspricht auch Nr. 8.1.2.1.1 Satz 2 StAR-VwV. Die Verwaltungsvorschrift bindet zwar die Verwaltungsgerichte nicht, steuert aber das Ermessen der Einbürgerungsbehörden im Interesse eines gleichheitskonformen Ermessensgebrauchs, ohne den Verzicht auf "ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache" nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auszuschließen. Dies ist auch in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (VG Aachen, Urteil vom 9. Juni 2009 - 5 K 756/08 -; VG Augsburg, Urteil vom 21. Oktober 2008 - Au 1 K 07.1168 -; VG Darmstadt, Urteil vom 24. August 2007 - 5 E 1163/06 (3) -; BayVGH, Urteil vom 20. November 2006 - 5 BV 04.35 -; OVG Saarlouis, Beschluss vom 5. Oktober 2005 - 3 Q 11/05 -) sowie im Schrifttum (Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O. § 8 Rn. 58 ff.; Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG Rn. 201 ff., 216 ff.) anerkannt.

34

Anderes folgt auch nicht daraus, dass der Senat in seinem Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 17.05 - (a.a.O.) die Frage offengelassen hat, welche Anforderungen an die Kenntnisse der deutschen Sprache bei einer auf § 8 StAG gestützten Ermessenseinbürgerung zu stellen sind und welches Gewicht bei der nach § 8 StAG zu treffenden, die Belange des Einbürgerungsbewerbers berücksichtigenden Ermessensentscheidung einem tatsächlich etwa geringeren Integrationsbedarf oder den vom Gesetzgeber im Aufenthaltsrecht für die Niederlassungserlaubnis geregelten Ausnahmen vom Erfordernis der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache beizumessen ist. Der Gesetzgeber hat bei der Anspruchseinbürgerung zwischenzeitlich in § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) Ausnahmen von den Sprachanforderungen (§ 10 Abs.1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG) normiert. Diese Ausnahmen berücksichtigen Fallkonstellationen, denen nach der früheren Rechtslage nur im Rahmen der Ermessenseinbürgerung Rechnung getragen werden konnte (s.a. Nr. 8.1.2.1.1 Satz 4 StAR-VwV).

35

b) Der Umstand, dass ein Einbürgerungsbewerber Analphabet ist und daher nicht über die Grundkenntnisse der Schriftsprache verfügt, die im Regelfall verlangt werden können, gebietet für sich allein nicht, aus Härtegründen von diesem Erfordernis abzusehen. § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) bekräftigt bei einer systematischen Auslegung vielmehr, dass das Fehlen gewisser Grundkenntnisse der Schriftsprache (hier: Lesefähigkeit) nicht schon dann unbeachtlich ist, wenn es auf Analphabetismus zurückzuführen ist, sondern regelmäßig nur dann, wenn Grund hierfür Krankheit, Behinderung oder Alter ist.

36

Das nach § 8 StAG eingeräumte Einbürgerungsermessen lässt zwar Raum für die Berücksichtigung weiterer Gründe für das Unvermögen, Deutsch lesen zu können, oder den Verzicht auf Mindestkenntnisse auch der Schriftsprache in Fällen, in denen dies zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen angezeigt ist. Analphabetismus ist aber für sich allein keine Härte. Keine andere Beurteilung gebietet, dass im Bundesgebiet eine Vielzahl von Personen lebt, die auch ohne (ausreichende) Kenntnisse der Schriftsprache ihr Alltagsleben bewältigen und dies auch für einen gewissen Anteil der im Bundesgebiet lebenden Ausländer gilt (s. Sonja Haug, Sprachliche Integration von Migranten in Deutschland, Working Paper 14/2008 der Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Mai 2008, S. 39 ff.).

37

2.2.2 Die Einbürgerungsbehörde darf in Fällen, in denen ein Einbürgerungsbewerber als Analphabet nicht über Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache (Lesekenntnisse) verfügt, ohne dass dies auf Krankheit, Behinderung oder Alter zurückzuführen ist, diesem Umstand auch ein erhebliches Gewicht beimessen, das für eine Einbürgerung streitende Belange überwiegen kann. Nicht zu vertiefen ist hier, dass sie hierzu unter Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit nicht verpflichtet ist und der Verzicht auf Kenntnisse der deutschen Schriftsprache jedenfalls dann ermessensfehlerfrei möglich ist, wenn eine für die Einbürgerung hinreichende Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse anderweitig belegt und im Einzelfall die Grundannahme des Gesetzgebers, dass Kenntnisse der deutschen Schriftsprache Voraussetzung einer gelungenen Integration sind, zumindest abgeschwächt ist.

38

Das nach § 8 StAG eingeräumte Ermessen eröffnet der Einbürgerungsbehörde die Befugnis, auch nach langjährigem Inlandsaufenthalt, der sprachbedingte Integrationsschwierigkeiten im Einzelfall nicht hat erkennen lassen, nach Maßgabe ihrer integrationspolitischen Vorstellungen zumindest für den Regelfall daran festzuhalten, dass der Einbürgerungsbewerber Deutsch zumindest muss lesen können.

39

Für die Gewichtung unzureichender Kenntnisse der Schriftsprache dürfen die Gründe, aus denen diese nicht ausreichend sind, auch insoweit berücksichtigt werden, als sie nicht auf Krankheit, Behinderung oder Alter zurückzuführen sind. Bei einem Einbürgerungsbewerber, der auch in seiner Herkunftssprache Analphabet ist, darf darauf abgestellt werden, welche Eingliederungsbemühungen er unternommen hat oder ob die Gründe, die einen hinreichenden Spracherwerb im Ergebnis verhindert haben, von ihm zu vertreten sind. In § 10 Abs. 3 StAG hat für die Anspruchseinbürgerung der Gedanke gesetzlich Niederschlag gefunden, dass das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einer Einbürgerung wächst, wenn sich ein Einbürgerungsbewerber aktiv um seine Integration und die Beseitigung von Integrationshindernissen bemüht. Dieser Gesichtspunkt ist auch für die Ermessenseinbürgerung von Bedeutung. Es darf daher - insoweit zu Lasten eines Einbürgerungsbewerbers - berücksichtigt werden, wenn dieser ihm erreichbare und zumutbare, insbesondere geeignete und erfolgversprechende Möglichkeiten, Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache zu erwerben, nicht ergriffen hat. Bemühungen um den Spracherwerb sind auch Personen abzuverlangen, die in ihrer Herkunftssprache Analphabeten sind; die Belastungen, die mit dem Erwerb von Mindestkenntnissen der Schriftsprache verbunden sind, sind dabei grundsätzlich auch neben einer Erwerbstätigkeit oder der Erfüllung von Familienpflichten zumutbar. Die Anforderungen an solche Bemühungen dürfen indes nicht überspannt werden und müssen neben der persönlichen Situation des Ausländers auch die Erreichbarkeit geeigneter Sprachvermittlungsangebote berücksichtigen. Bei der Ermessensentscheidung sind ernsthafte Bemühungen um den Erwerb der angezeigten Grundkenntnisse der Schriftsprache im Rahmen einer Gesamtabwägung auch dann zu würdigen, wenn der erhoffte Erfolg nicht oder nur teilweise erreicht werden konnte.

40

Die Beklagte und die Widerspruchsbehörde haben hiernach ihr Ermessen nicht rechtsfehlerhaft ausgeübt, weil sie darauf abgestellt haben, dass der Kläger keine Kenntnisse der deutschen Schriftsprache besitze. Dies gilt bei ihm ungeachtet dessen, dass er Analphabet ist; es liegt keine atypische Situation vor, weil dies nicht auf Krankheit oder Behinderung zurückzuführen ist, von ihm erwartet werden konnte, dass er sich die notwendigen Sprachkenntnisse aneignet, und er ihm zumutbare Bemühungen zum Spracherwerb nicht unternommen hat.

41

2.3 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ermessenserwägungen der Beklagten zu Recht auch sonst nicht als fehlerhaft (§ 113 Abs. 4, § 114 VwGO) beanstandet.

42

2.3.1 Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend darauf hingewiesen, dass unzureichende Kenntnisse der deutschen Schriftsprache zwar durch anderweitige Integrationsleistungen ausgeglichen werden können, und dies bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigt werden darf. Bei dem Kläger rechnen hierzu seine durchgängige Erwerbstätigkeit und die gelungene Integration seiner Kinder, die teilweise deutsche Staatsangehörige sind und beachtliche schulische Erfolge aufzuweisen haben, was wiederum auf eine auf Integration gerichtete Erziehung auch durch den Kläger hinweist.

43

Beklagte und Widerspruchsbehörde haben dies bei ihrer Ermessensentscheidung aber nicht verkannt, sondern als für die Einbürgerung sprechende Aspekte berücksichtigt. Insoweit ist weder ein Ermessensausfall noch ein Ermessensfehlgebrauch dadurch festzustellen, dass nach Lage der Dinge entscheidungserhebliche Tatsachen nicht ermittelt oder berücksichtigt worden wären.

44

2.3.2 Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, dass der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, die Beklagte habe in zulässiger Weise (§ 114 Satz 2 VwGO) ihre Ermessenserwägungen im Berufungsverfahren dahin ergänzt, es spreche auch gegen den Kläger, dass er öffentliche Leistungen in Form von Wohngeld beziehe. Inwieweit bei einer Gesamtabwägung in Bezug auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen auch solche Leistungen (zu Lasten des Einbürgerungsbewerbers) berücksichtigt werden dürfen, die nicht dazu führen, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG nicht erfüllt ist oder von ihr nur nach § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden kann, ist nicht zu vertiefen. Selbst wenn der Bezug von Wohngeld dem Kläger hier wegen der hohen Zahl der Familienangehörigen nicht entgegengehalten werden dürfte, wirkte sich ein etwa hierin liegender Ermessensfehler nicht aus, weil er als - erst im gerichtlichen Verfahren ergänzte - Ermessenserwägung zu einer im Übrigen fehlerfreien Ermessensentscheidung hinzugetreten wäre.

45

2.3.3 Das Berufungsgericht musste auch nicht als Ermessensfehler beanstanden, dass die Beklagte der dem Kläger erteilten, befristeten und bedingten Einbürgerungszusicherung hier nur eine geringe und gegenüber den Sprachanforderungen nachrangige Bedeutung beigemessen hat. Diese Einbürgerungszusicherung ist bereits wegen Zeitablaufs unbeachtlich und kann ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit kein nachwirkendes, schutzwürdiges Vertrauen des Klägers darin begründen, es würden seine für die Einbürgerung unzureichenden Sprachkenntnisse auch künftig unberücksichtigt bleiben.

46

2.3.4 Nicht ermessensfehlerhaft ist auch, dass die Beklagte den Flüchtlingsstatus des Klägers nicht berücksichtigt hat. Dabei kann offenbleiben, ob aus Art. 34 der Genfer Flüchtlingskonvention, nach dem die vertragsschließenden Staaten gehalten sind, soweit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung der Flüchtlinge zu erleichtern, ein innerstaatlich unmittelbar anwendbares, auf das Einbürgerungsermessen einwirkendes Wohlwollensgebot folgt. Denn hieraus folgt jedenfalls nicht, dass deswegen von einer Einbürgerungsvoraussetzung, die - wie die Sprachanforderungen - der Eingliederung dient, abzusehen wäre.

47

2.3.5 Die Beklagte hat bei der Betätigung des ihr eröffneten Ermessens auch nicht einzelnen Tatsachen und Umständen ein Gewicht beigemessen, das ihnen nach objektiven, am Zweck des Gesetzes und sonstigen einschlägigen Rechtssätzen orientierten Wertungsgrundsätzen nicht zukommt. Sie hat auch nicht schematisch und ohne Berücksichtigung der besonderen Situation des Einzelfalls entschieden oder gegen sie bindende, sonst von ihr auch beachtete ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften verstoßen. Die Beklagte hat insbesondere die ihr Ermessen lenkende Verwaltungsvorschrift beachtet, welche die Sprachanforderungen bei nicht krankheits- oder behinderungsbedingtem Analphabetismus gerade nicht generell absenkt, und hat nicht verkannt, dass eine Ausnahme nach den Besonderheiten des Einzelfalls durchaus in Betracht gekommen wäre.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. Februar 2012 - 1 K 1510/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung. Er wurde am … 1964 in der Türkei als türkischer Staatsangehöriger geboren. Seit dem 09.02.1989 besitzt er eine Aufenthaltsberechtigung. Er ist seit 1986 verheiratet und hat drei Kinder, die 1990, 1992 und 2000 geboren wurden.
Am 30.10.2002 beantragte der Kläger beim Landratsamt Alb-Donau-Kreis seine Einbürgerung. Im Antrag gab er an, von 1980 bis 1997 Arbeitnehmer gewesen zu sein. Auf dem Einbürgerungsantrag ist durch einen Mitarbeiter der Beklagten unter dem 30.10.2002 vermerkt, der Kläger sei nach eigenen Angaben Hausmann und seine Ehefrau selbständig. Auf die Ehefrau des Klägers war vom 30.10.1998 bis zum 24.11.2004 bei der Stadt ... das Gewerbe „Imbiß im ...“ angemeldet. Zum 25.11.2004 erfolgte eine Ummeldung auf den Kläger. Seit dem 21.11.2008 erhält der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Beim Kläger liegt nach einer gutachtlichen Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 eine chronische Erkrankung der Atemwege, eine Erkrankung im Bereich der Speiseröhre und eine eingeschränkte Belastbarkeit der Wirbelsäule vor. Der Kläger sei gemäß SGB II für mindestens 3 Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig.
In der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 04.11.2011 sind für den Kläger sieben Verurteilungen zu Geldstrafen aus den Jahren 1997 bis 2010 eingetragen, von denen die höchste 100 Tagessätze betrug. Wegen der Einzelheiten wird auf die Auskunft Bezug genommen (vgl. Bl. 172 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts).
Am 16.09.2003 wurde dem Kläger von dem Beklagten eine Einbürgerungszusicherung erteilt. Diese war auf den 16.09.2005 befristet. Mit Schreiben vom 24.09.2003 teilte das türkische Generalkonsulat dem Kläger mit, sein Antrag auf Ausbürgerung sei an das Innenministerium in Ankara weitergeleitet worden.
Mit Schreiben vom 21.06.2005 trug der Kläger gegenüber dem Beklagten vor, das Verteidigungsministerium der Türkischen Republik habe ihm mit Schreiben vom 12.05.2003 mitgeteilt, er habe sich bis zum Ende seines 38. Altersjahres nicht wegen Absolvierung des devisenzahlungspflichtigen Wehrdienstes gemeldet, werde daher als Fahnenflüchtiger gesucht und habe die Möglichkeit, sich bis zum 15.03.2005 bei dem zuständigen Generalkonsulat zu melden und dort den festgesetzten Betrag von 6.390.-- EUR zu zahlen und die Dienstaufnahmeprozedur neu aufrollen zu lassen. Er sei inzwischen wegen der Nichtableistung des Wehrdienstes aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen worden, eine Bestätigung hierüber werde nachgereicht. Es bestehe jedenfalls ein Anspruch auf Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG. Der zu entrichtende Betrag von 6.390.-- EUR liege über der in den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Staatsangehörigkeitsgesetz gezogenen Grenze des dreifachen Brutto-Monatseinkommens des Klägers und sei ihm daher nicht zumutbar. Er verdiene zwar derzeit monatlich 2.200.-- EUR. Dieses Einkommen als Selbstständiger entspreche dem Einkommen eines Angestellten allenfalls in Höhe von 2.000.-- EUR wegen der hälftig vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge.
Mit Schreiben vom 01.08.2005 teilte der Beklagte mit, eine Einbürgerung des Klägers unter Hinnahme seiner Mehrstaatigkeit sei nicht möglich, und forderte ihn auf, weitere Unterlagen vorzulegen. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28.06.2007 den Antrag auf Einbürgerung und auf Verlängerung der Einbürgerungszusicherung wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ab. Eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit sei nicht möglich, da der Kläger nach seinem Vortrag bereits aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen worden sei. Nachweise darüber habe er aber nicht vorgelegt. Zudem seien die angeforderten Unterlagen wie Kopie des gültigen Reisepasses, Steuerbescheide, Gewerbeanmeldung, Nachweis über Einkommen der Ehefrau nicht vorgelegt worden.
Hiergegen legte der Kläger am 25.07.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er sei entweder deshalb einzubürgern, weil er bereits aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen worden sei und er durch die Verweigerung der Einbürgerung staatenlos werden würde, oder weil ihm die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nicht zuzumuten sei. Er habe bereits mehrfach beim türkischen Generalkonsulat vorgesprochen. Zuletzt sei er des Hauses verwiesen worden. Seine Versuche, Nachweise über den Fortbestand der türkischen Staatsangehörigkeit zu erlangen, seien ergebnislos gewesen.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 09.01.2008 zurück. Zur Begründung führte es aus, ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung nach § 10 StAG in Verbindung mit § 12 StAG unter Hinnahme der türkischen Staatsangehörigkeit bestehe nicht. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG seien nicht erfüllt. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Entlassung des Klägers aus der türkischen Staatsangehörigkeit versagt worden sei. Über seinen Antrag auf Entlassung liege kein Bescheid vor (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 1 StAG). Es könne daher auch nicht festgestellt werden, ob die Entlassung von der Erfüllung der Wehrpflicht abhängig gemacht werde. Auf die Frage, ob die Zahlung der Freikaufsumme zumutbar sei oder nicht, komme es derzeit nicht an. Diese Frage könne anhand der vorgelegten Unterlagen auch nicht beurteilt werden, da nur eine Bescheinigung des Steuerberaters zur Höhe des Gewinns, jedoch keine Einkommensteuerbescheide vorlägen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG). Es könne auch nicht festgestellt werden, ob über einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht rechtzeitig entschieden worden sei (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 3 StAG). Der Kläger habe die Stellung eines vollständigen Antrags nicht nachgewiesen. Nachdem der Kläger erst im Alter von 16 Jahren in das Bundesgebiet eingereist sei, komme auch eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit im Ermessenswege nach §§ 10, 12 Abs. 3 StAG a.F. i.V.m. § 40 c StAG nicht in Betracht. Der Kläger habe nicht den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten. Die Einbürgerung nach § 8 StAG scheitere ebenfalls am Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit. Die Einbürgerung des Klägers liege nicht im öffentlichen Interesse. Ihm sei es grundsätzlich möglich und zumutbar, seine Wehrdienstangelegenheiten zu regeln bzw. sich nach dem Ausgang seines Antrags auf Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu erkundigen und aussagekräftige Nachweise über die Höhe seines Einkommens vorzulegen.
Der Kläger erhob am 08.02.2008 Klage beim Verwaltungsgericht. Zur Begründung trug er vor, er gründe seinen Anspruch auf Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit auf §§ 10, 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 40 c StAG, hilfsweise auf §§ 8, 40c StAG. Der Kläger habe vom 01.04. bis 01.05.2002 seinen verkürzten Wehrdienst abgeleistet und dafür 2.500.-- DM entrichtet. Weitere Schritte habe er nicht unternommen. Er könne sie auch nicht mehr unternehmen, um aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden. Der Kläger sei nach Ableistung des Kurzwehrdienstes zum türkischen Generalkonsulat nach Stuttgart gefahren, um sich bestätigen zu lassen, dass er seiner Wehrdienstpflicht nachgekommen sei. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass er einen Tag zu spät sei und nun 5.112.-- EUR abzüglich der bereits gezahlten 2.500.-- DM zahlen müsse. Der geforderte Geldbetrag sei für den Kläger weder nachvollziehbar noch leistbar. Laut Registerauszug vom Mai 2007 werde der Kläger weiterhin als türkischer Staatsangehöriger geführt. Ausweislich des Schreibens vom 24.02.2011 bestehe das türkische Verteidigungsministerium nunmehr auf der Zahlung von 7.668.-- EUR für die Ausstellung eines türkischen Reisepasses und die anschließende Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.2007 - 5 C 3.06 - hänge die Unzumutbarkeit von Entlassungsbemühungen nicht von der Stellung eines Entlassungsantrags ab. Der Kläger könne seinen Lebensunterhalt derzeit nicht sichern. Er sei wegen einer schweren psychischen Erkrankung im Zentrum für Psychiatrie ... und im Anschluss daran bis 30.04.2010 im Kreiskrankenhaus ... untergebracht gewesen. Nach seiner Entlassung sei er wieder arbeitsfähig und habe allerdings vergeblich Arbeit gesucht. Seinen Verpflichtungen als Arbeitssuchender sei er stets und regelmäßig nachgekommen.
10 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Zur Begründung führte er aus, der Kläger könne nicht unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert werden. Er habe im Einbürgerungsverfahren keine Nachweise über einen ordnungsgemäß gestellten Entlassungsantrag bzw. eine hierüber getroffene Entscheidung durch die zuständigen türkischen Behörden eingereicht. Soweit jetzt geltend gemacht werde, die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit sei wegen der Summe, die der türkische Staat für einen stark verkürzten Wehrdienst verlange, unzumutbar, sei dem nicht zu folgen. Der Kläger hätte die Möglichkeit einer ratenweisen Zahlung gehabt. Bei der Freikaufsumme handele es sich auch nicht um eine überhöhte Entlassungsgebühr, sondern um eine Gebühr für die teilweise Befreiung von staatsbürgerlichen Pflichten. Die Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG setze voraus, dass durch eine Entscheidung der türkischen Behörden über den Entlassungsantrag dokumentiert sei, dass die Versagung im konkreten Fall von unzumutbaren Bedingungen abhängig gemacht werde. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger nicht möglich oder zumutbar sei, einen Entlassungsantrag zu stellen, seien nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Es sei auch nicht bekannt, dass die türkischen Behörden über entsprechende Anträge nicht entschieden. Die Zahlung der zu bezahlenden Ablösesumme sei zumutbar. Der Kläger könne seinen Lebensunterhalt nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten. Er beziehe Arbeitslosengeld II.
11 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 01.02.2012 die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe weder Anspruch auf seine Einbürgerung noch auf eine erneute Ermessensentscheidung über seinen Einbürgerungsantrag noch auf eine erneute Einbürgerungszusicherung. Beim Kläger lägen mit Ausnahme der Frage der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit und der Sicherung des Lebensunterhaltes die einzelnen Einbürgerungsvoraussetzungen in der jeweils für ihn günstigeren Fassung des § 10 Abs. 1 StAG a.F. bzw. § 10 Abs. 1 StAG vor. Der Anspruchseinbürgerung des Klägers stehe § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Die Kammer habe keine Zweifel daran, dass der Kläger noch die türkische Staatsangehörigkeit besitze. Dass beim Kläger ein Ausbürgerungsverfahren eingeleitet und abgeschlossen worden sein könnte, halte die Kammer für ausgeschlossen, da der Kläger noch im Jahr 2002 seinen Kurzwehrdienst geleistet habe und sein Pass 2007 verlängert worden sei. Ein Absehen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG gemäß dem für den Kläger günstigeren § 12 Abs. 3 StAG a.F scheide aus, weil der Kläger nie eine deutsche Schule besucht habe. Da der Kläger nicht zum Personenkreis der älteren Personen gehöre, komme auch ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG nicht in Betracht. Die Voraussetzung für ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 3 StAG, dass der ausländische Staat über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat, liege nicht vor. Der Kläger könne nach den türkischen Gesetzen nicht aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen werden, weil er seinen Wehrdienst in der Türkei noch nicht entsprechend den dortigen Gesetzen erledigt habe. Die Variante 3 erfasse nur die Fälle, in denen ein Ausbürgerungsbewerber unangemessen lange hingehalten werde und über den Ausgang seines Verfahrens im Unklaren sei. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Nichtbescheidung des Antrags des Klägers durch die türkischen Behörden andere Gründe als die nicht geregelte Wehrpflicht des Klägers haben könnte. Es komme somit darauf an, ob die Ausnahmetatbestände der Varianten 1 und 2 des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG erfüllt seien. Die Variante 1 gehe grundsätzlich davon aus, dass eine negative Entscheidung über einen Entlassungsantrag bereits vorliege. Es sei dann zu prüfen, ob der Ausländer die ablehnende Entscheidung zu vertreten habe. Auf das Vorliegen einer ablehnenden Entscheidung könne aber verzichtet werden, wenn der ausländische Staat den Antrag nach seinen Vorschriften ablehnen könne, weil zumutbare Bedingungen nicht erfüllt würden. So liege der Fall hier. Auf die Bescheidung des Antrags des Klägers könne verzichtet werden, weil er wegen des unerledigten Wehrdienstes nicht positiv beschieden werden könne. Der Kläger hätte es in der Hand gehabt, seinen Wehrdienst durch die Ableistung des Kurzwehrdienstes und die Zahlung eines Betrages von 10.000.-- DM zu erledigen und damit die Voraussetzungen für seine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit zu schaffen. Den Kurzwehrdienst habe der Kläger im Jahr 2002 abgeleistet. Die Zahlung eines Betrages von 10.000.-- DM, wovon der Kläger bereits 2.500.-- DM entrichtet habe, wäre zumutbar gewesen. Die Kammer lege dieser Beurteilung die Einschätzung zugrunde, die in Nr. 87.1.2.3.2.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsgesetz und Nr. 12.1.2.3.2.2 der vorläufigen Anwendungshinweise Baden-Württembergs zum Staatsangehörigkeitsgesetz zum Ausdruck komme, wonach ein Betrag von 5.112,92 EUR immer zumutbar sei. Es sei zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit des Freikaufs vom Wehrdienst bekannt sei und Gelegenheit bestehe, sich über einen längeren Zeitraum darauf einzurichten. Diese Kenntnis habe auch beim Kläger vorgelegen, der in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, die Erfüllung der Wehrpflicht wegen familiärer und beruflicher Verpflichtungen vor sich her geschoben zu haben. Lasse ein Einbürgerungsbewerber die Möglichkeit verstreichen, zumutbare Bedingungen für seine Entlassung aus der Staatsangehörigkeit rechtzeitig zu erfüllen, habe er die Nichtentlassung zu vertreten. Er könne sich nicht darauf berufen, dass sich die Bedingungen zu einem späteren Zeitpunkt verschärft hätten und unzumutbar geworden seien. Andernfalls hätte er es in der Hand, die Voraussetzungen der Variante 1 zu umgehen. Auf die Entscheidung der Frage, ob die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Bedingungen der Republik Türkei für die Abwicklung der Wehrpflicht für den Kläger zumutbar seien, komme es daher nicht an. Die Variante 2 des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG habe einen eigenständigen Anwendungsbereich nur dort, wo die abstrakt-generellen Anforderungen des Herkunftsstaats an die Entlassung selbst unzumutbar seien. In diesen Fällen ermögliche die Variante 2 den Verzicht auf die Durchführung eines Entlassungsverfahrens. Da die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG nicht vorlägen, könne die Frage offen bleiben, ob auch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG der Anspruchseinbürgerung entgegenstehe. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine erneute Ermessensentscheidung über die Einbürgerung des Klägers lägen ebenfalls nicht vor. Der Kläger erfülle jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Einbürgerungsbewerber imstande sein müsse, sich und seine Angehörigen zu ernähren. Da der Kläger und seine Familienangehörigen von Leistungen nach SGB II lebten, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Die Voraussetzungen für ein Absehen von § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG lägen nicht vor. Der Tatbestand des § 8 Abs. 2 StAG, nach dem aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG abgesehen werden könne, sei nicht erfüllt. Zudem stünden auch Verurteilungen wegen Straftaten einer Ermessensentscheidung entgegen, die ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG außer Betracht bleiben könnten. Relevante Straftaten seien in der Auskunft aus dem Zentralregister vom 04.11.2011 noch eingetragen. Da der Kläger die Voraussetzungen für die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nicht erfülle, helfe ihm auch die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht weiter.
12 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 30.04.2013 zugelassenen Berufung bringt der Kläger vor, § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG erfasse nicht nur den Fall unzumutbarer abstrakt-genereller Anforderungen. Dies ergebe sich bereits aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.2007 - 5 C 3.06 -, in dem die Unzumutbarkeit aus einer durch den ausländischen Staat geübten Verwaltungspraxis ethnischer Diskriminierung gefolgert worden sei. Im Fall des Klägers sei § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG erfüllt, da die konkreten Entlassungsbemühungen unzumutbar seien. Dem Kläger sei es angesichts seiner Einkommensverhältnisse nicht möglich, 5.000.-- bis 10.000.-- EUR aufzubringen, um sich vom Wehrdienst freizukaufen. Das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, wie lange ein Einbürgerungsbewerber für ein etwaiges Vertretenmüssen bei der Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit einzustehen habe. Es sei kein Grund ersichtlich, für die Frage der Zumutbarkeit auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen als den der mündlichen Verhandlung. Anders als § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG enthalte § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG kein Element eines Vertretenmüssens, bei dem auf das Verhalten des Einbürgerungsbewerbers abgestellt werde und insoweit eine - allerdings begrenzte - Zurechnung früheren Verhaltens rechtlich zulässig sei. Einem Einbürgerungsbewerber sei es in der Regel nicht möglich, zukünftige Änderungen der Entlassungsbedingungen vorauszusehen und sich entsprechend darauf einzustellen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Zahlung eines Betrages von 5.112,92 EUR zur Verkürzung des Wehrdienstes sei immer zumutbar, lasse außer Betracht, dass stets eine individuelle Prüfung der Leistungsfähigkeit des Einbürgerungsbewerbers vorzunehmen sei. Zudem sei der Kläger über 40 Jahre alt und seit mehr als 15 Jahren nicht mehr gewöhnlich in der Türkei aufhältig, hingegen seit mehr als zehn Jahren im Inland. Daher sei nach der einschlägigen Verwaltungsvorschrift die Unzumutbarkeit gegeben. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG seien erfüllt. Zwar beziehe der Kläger derzeit für sich und die seiner Bedarfsgemeinschaft angehörenden Familienangehörigen Leistungen nach dem SGB II. Dies habe er jedoch nicht zu vertreten. Er sei krankheitsbedingt nur eingeschränkt erwerbsfähig und schwer vermittelbar, ohne dass dies in seinen persönlichen Verantwortungsbereich falle. Er sei nach einer einen stationären Aufenthalt im Zentrum für Psychiatrie ... erforderlich machenden Erkrankung bis heute in den ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Bis zum Ende seiner Tätigkeit innerhalb der Räumlichkeiten der Firma ..., die nach der Kündigung des Mietvertrages seitens der Vermieterin - ohne jeden vom Kläger gesetzten Anlass - habe beendet werden müssen, sei er stets arbeitswillig und erwerbstätig gewesen. Bis zum Ausgangsbescheid des vorliegenden Verfahrens sei er noch erwerbstätig und in der Lage gewesen, seinen und den Lebensunterhalt seiner Familienangehörigen zu bestreiten. Sein Arbeitsvermittler habe bestätigt, dass er aufgrund seiner physischen und psychischen Verfassung kaum Aussichten habe, in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 01.02.2012 - 1 K 1510/10 - abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 28.06.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 09.01.2008 zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates seien generell zumutbar. Der Kläger habe vor dem Verwaltungsgericht keine plausiblen Gründe anführen können, weshalb er seinen staatsbürgerlichen Verpflichtungen hinsichtlich des Wehrdienstes damals nicht nachgekommen sei. Dass der Kläger bei seiner Vorsprache im Jahre 2002 die Erhöhung der Entlassungsgebühren nicht akzeptiert habe, führe bis heute dazu, dass er seine Wehrdienstverpflichtungen nicht vollständig erfüllt habe. Wer das Ausbleiben der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit durch ein Unterlassen in der Vergangenheit selbst verschuldet habe, könne sich nicht darauf berufen, dass die Entlassungsbedingungen nach dem Sachstand am Tag der mündlichen Verhandlung als konkret unzumutbar zu bewerten seien. Habe der Ausländer die Gründe, die zur Versagung der Entlassung geführt hätten, zu vertreten, habe er hierfür nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG dauerhaft einzustehen. Etwas anderes bedürfte einer ausdrücklichen Regelung durch den Gesetzgeber. Würde der Kläger unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert, würden sich künftige türkische Einbürgerungsbewerber nicht mehr um die erforderliche Entlassung bemühen, weil sie mit dem Zeitablauf rechnen könnten. Zudem seien die heutigen Entlassungsbedingungen nicht konkret unzumutbar. Die Freikaufsumme könne vom Kläger und seiner Ehefrau erwirtschaftet werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zurechnung eines zu vertretenden Verhaltens bei § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG könne auf die Versagung der Entlassung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht übertragen werden. Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass der Einbürgerungsbewerber nach wie vor die Möglichkeit habe, das Entlassungshindernis zu beseitigen.
18 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger u.a. angegeben, die ab 01.06.2013 geplante Tätigkeit in einem Imbiss seines Sohnes habe er nicht aufnehmen können. Er sei darauf angewiesen, wegen seiner eingeschränkten Lungenfunktion halbstündlich ein Medikament in der Form eines Sprays zu nehmen. Er erhalte Leistungen nach SGB II. Die Leistungen würden gekürzt, da er sich entgegen der Aufforderung der Agentur für Arbeit auf von dieser ihm benannte offene Stellen nicht beworben habe. Er habe sich nicht beworben, da sich seine Tochter in einer Ausbildung befinde, sein Sohn schon lange arbeitslos sei, er Brot kaufen müsse und kein Geld für Bewerbungen ausgeben könne. Bis 2007 sei er voll arbeitsfähig gewesen. Er habe bis 1997 beim Friedhofsamt der Stadt ... gearbeitet und sich dann selbständig gemacht. Er habe neben dem Imbiss im ... drei weitere Imbisswagen betrieben. Für den Erwerb einer Eigentumswohnung in der Türkei habe er damals einen Kredit von der Bank über 50.000.-- DM erhalten. Zum geplanten Freikauf im Generalkonsulat durch Zahlung der restlichen 7.500.-- DM sei er einen Tag zu spät gekommen, da er sich vorher nicht habe freinehmen können.
19 
Dem Senat liegen zwei Bände Behördenakten des Landratsamts Alb-Donau-Kreis, ein Band Behördenakten des Regierungspräsidiums Tübingen, ein Band Ausländerakte der Stadt ... und ein Band Akten des Verwaltungsgerichts vor.

Entscheidungsgründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 28.06.2007 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 09.01.2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder Anspruch auf seine Einbürgerung (1) noch auf eine erneute Ermessensentscheidung über seinen Einbürgerungsantrag (2) noch auf eine erneute Einbürgerungszusicherung (3). Dabei kommt es jeweils auf die maßgebliche Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 - InfAuslR 1996, 399; Urt. v. 20.10.2005 - 5 C 17.05 - DVBl. 2006, 922; Senatsurt. v. 08.05.2013 - 1 S 2046/12 - VBlBW 2014, 12; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - NVwZ-RR 2003, 459; Urt. v. 06.03.3009 - 13 S 2080/07 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010 - 3 A 349/09 - NVwZ-RR 2011, 79). Anwendbar ist daher das Staatsangehörigkeitsgesetz in der ab 01.08.2012 gültigen Fassung vom 01.06.2012 (BGBl. 2012 I, 1224). Nach dessen § 40c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im Fall des Klägers - bis zum 30.03.2007 gestellt worden sind, die §§ 8 bis 14 und 40c weiter in ihrer vor dem 28.08.2007 (BGBl. I S. 1970) geltenden Fassung (im Folgenden: StAG a.F.) anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten.Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach früherem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (vgl. Senatsurt. v. 08.05.2013, a.a.O.).
22 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Einbürgerung nach § 10 StAG. Zwar sind die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers insoweit unschädlich (a). Jedoch sind die Einbürgerungsvoraussetzungen der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG (b) und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG (c) nicht gegeben.
23 
a) Einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG stehen die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers nicht entgegen. Nach dem für den Kläger günstigeren und daher gemäß § 40c StAG anwendbaren § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. bleiben bei bis zum 27.08.2007 gestellten Einbürgerungsanträgen Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen außer Betracht. Eine Addition, wie sie § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG heute regelt, findet nicht statt.
24 
b) aa) Der Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Insoweit enthielt § 10 StAG a.F. keine für den Kläger günstigere Bestimmung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG a.F. war Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann. Von dieser Voraussetzung wurde nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. abgesehen, wenn der Ausländer das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grunde den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten konnte. Die Privilegierung für junge Ausländer findet auf den am 01.01.1964 geborenen Kläger keine Anwendung. Im Übrigen ist die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts sachlich unverändert geblieben, die Gesetzesänderungen ab dem 28.08.2007 sind lediglich redaktionell (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rn. 218 ).
25 
Die Voraussetzung der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung des Lebensunterhalts nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG als Beleg auch wirtschaftlicher Integration erfordert eine prognostische Einschätzung, ob der Einbürgerungsbewerber voraussichtlich dauerhaft in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Einkünften zu sichern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 05.03.2010 - OVG 5 M 40.09 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 238 ff.). Der Lebensunterhalt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG umfasst auch eine Kranken- und Pflegeversicherung, bei erwerbsfähigen Einbürgerungsbewerbern auch eine Altersvorsorge (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.).
26 
Erhält der Einbürgerungsbewerber Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder hat Anspruch darauf, ist maßgeblich, ob er dies zu vertreten hat. Der Begriff des Vertretenmüssens beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Ausländer durch ein ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den - fortdauernden - Leistungsbezug gesetzt hat. Der vom Begriff des Vertretenmüssens vorausgesetzte objektive Zurechnungszusammenhang zwischen zu verantwortendem Verhalten und Leistungsbezug erfordert, dass das Verhalten des Verantwortlichen für die Verursachung oder Herbeiführung des in Bezug genommenen Umstandes zumindest nicht nachrangig, sondern hierfür wenn schon nicht allein ausschlaggebend, so doch maßgeblich bzw. prägend ist. Der Leistungsbezug muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zuzurechnen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009 - 5 C 22.08 - BVerwGE 133, 153; BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 17.12.2013 - 13 LA 179/13 - juris; je m.w.N.) Der Einbürgerungsbewerber hat eine Obliegenheit, durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft auch langfristig den eigenen Unterhalt sicherzustellen. Für ein Vertretenmüssen i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG muss eine Verletzung dieser Obliegenheit nach Art, Umfang und Dauer von einigem Gewicht sein. Die Verhängung von Sperrzeiten durch die Arbeitsverwaltung oder sonstige leistungsrechtliche Reaktionen auf die Verletzung sozialrechtlicher Obliegenheiten können für das Vertretenmüssen eine gewisse Indizwirkung haben.Beruht der Leistungsbezug auf Umständen, die dem Verantwortungsbereich des Einbürgerungsbewerbers zuzurechnen sind, unterbricht allein der Umstand, dass dieser inzwischen wegen seines Alters und aus gesundheitlichen Gründen seinen Lebensunterhalt nicht selbst durch Einsatz seiner Arbeitskraft bestreiten kann, den einbürgerungshindernden Zurechnungszusammenhang nicht. Ein Einbürgerungsbewerber hat für ein ihm zurechenbares und für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten nach Ablauf einer Frist von acht Jahren nicht mehr einzustehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.).
27 
Ein Vertretenmüssen ist gegeben, wenn sich der Einbürgerungsbewerber nicht oder nicht hinreichend um die Aufnahme einer Beschäftigung bemüht, wenn er durch ihm zurechenbares Verhalten zu erkennen gibt, dass er nicht bereit ist, eine ihm zumutbare Beschäftigung unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - ggf. auch abweichend von seiner bisherigen Qualifikation und auch zu ungünstigeren Lohn- oder Arbeitsbedingungen - anzunehmen oder wenn es zu einem Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund verhaltensbezogener Ursachen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - NVwZ-RR 2008, 839; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013 - 13 LB 99/12 - juris; Berlit, a.a.O., Rn. 259 f.; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, StAR, 5. Aufl., § 10 Rn. 43). Nicht zu vertreten hat ein arbeitsfähiger Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug, wenn er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und sich hinreichend intensiv um Arbeit bemüht, aber aus konjunkturellen Gründen oder deswegen keine nach dem Maßstab des § 8 Abs. 1, § 10 SGB II zumutbare Beschäftigung findet, weil er objektiv vermittlungshemmende Merkmale, wie Alter, Krankheit, fehlende Qualifikation - deren Eintritt er selbst nicht zurechenbar verursacht hat - aufweist. Ebenso nicht zu vertreten hat der Einbürgerungsbewerber einen Leistungsbezug wegen Verlusts des Arbeitsplatzes aufgrund gesundheitlicher, betriebsbedingter oder konjunktureller Ursachen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 266 ff.).
28 
Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen trägt angesichts der gesetzlichen Konstruktion von Regel und Ausnahme - und weil es sich typischerweise um Umstände handelt, die seiner persönlichen Sphäre entstammen - der Einbürgerungsbewerber (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 254; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 29, 53 ; Marx, Kommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 7; a.A. - ohne Begründung - Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 39).
29 
bb) Der Kläger bezieht für sich und die Familienangehörigen in seiner Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Diesen Leistungsbezug hat er nach den dargelegten Grundsätzen aufgrund seines starken Nikotinkonsums zu vertreten. Denn dieser vom Kläger zu verantwortende Konsum durch häufiges Rauchen von Zigaretten ist im wesentlichen prägend für den die Vermittlungsfähigkeit des Klägers erheblich einschränkenden und daher für den Leistungsbezug ursächlichen Gesundheitszustand des Klägers.
30 
Nach der gutachterlichen Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 beruht die eingeschränkte Vermittlungsfähigkeit des Klägers auf seiner chronischen Erkrankung der Atemwege, der Erkrankung im Bereich der Speiseröhre und einer eingeschränkten Belastung der Wirbelsäule. Der Kläger ist danach für mindestens drei Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Auszuschließen sind Tätigkeiten mit die Lunge schädigenden Substanzen wie Rauch, Staub, Gase und Dämpfe, anhaltende Zwangshaltungen, schweres Heben und Tragen sowie häufiges Bücken. Hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre die Einstellung des Nikotinkonsums. Diese Feststellungen der Gutachterin decken sich mit denen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, denen der Senat aufgrund seines eigenen Eindrucks folgt, ist der Kläger aufgrund seiner Atemwegerkrankung insbesondere zu Tätigkeiten, die seine Lunge belasten könnten, nicht in der Lage. Er ist darauf angewiesen, wegen seiner eingeschränkten Lungenfunktion halbstündlich ein Medikament in der Form eines Sprays zu nehmen. Der Kläger raucht weiterhin Zigaretten, derzeit ca. 30 pro Tag. Diesen Gesundheitszustand bestätigen die vom Kläger vorgelegten Atteste seiner Hausärztin ... vom 10.01.2014 und des Arztes ... vom 17.01.2014. Nach den Feststellungen im Attest vom 10.01.2014 hat sich das Asthma bzw. die chronisch obstruktive Lungenerkrankung in den letzten Jahren erheblich verschlechtert, so dass der Kläger nach geringen körperlichen Belastungen völlig außer Atem kommt und die Einschränkung der Lungenfunktion die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt. Gemäß den Feststellungen im Attest vom 17.01.2014 hat die Belastbarkeit des Klägers durch seine chronisch obstruktive Lungenkrankheit abgenommen, so dass er zittert, wenn er sich länger anstrengt, und ihm nur eine Arbeitszeit von drei Stunden zuzumuten ist und am Arbeitsplatz auch möglichst wenig inhalative Noxen und möglichst wenig Temperaturwechsel auftreten sollten.
31 
Das Vermittlungshemmnis hat seine Ursache im Verantwortungsbereich des Klägers. Er hat durch seinen starken Nikotinkonsum in den letzten Jahren seit 2007 die maßgebliche Ursache für seine deutlich eingeschränkte Erwerbsfähigkeit gesetzt. Dieser Umstand liegt in seinem Verantwortungsbereich und ist von ihm zu vertreten. Der sinngemäße Einwand des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, es handele sich um eine Sucht, die der Kläger nicht steuern und beherrschen könne, ist unbegründet. Nach dem Attest vom 17.01.2014 hat der Kläger zweimal das Rauchen für längere Zeit aufgegeben, einmal für acht Monate und einmal für ein Jahr lang. Konkrete Umstände, warum es ihm nicht möglich war, dauerhaft das Rauchen einzustellen, hat der Kläger nicht dargelegt. Aus welchen Gründen der Kläger nach diesen Phasen das Rauchen wieder aufgenommen hat, ist nicht dargelegt. Die pauschale Behauptung, es handele sich um eine nicht steuerbare Sucht, ist gerade angesichts der zwei längeren Phasen der Abstinenz nicht nachvollziehbar und zeigt keine Tatsachen auf, die auf eine außerhalb des Verantwortungsbereichs des Klägers liegende, nicht beherrschbare Sucht hindeuten könnten. Bereits durch die gutachterliche Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Einstellung des Nikotinkonsums hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre. Nachhaltige Bemühungen hierzu sind gleichwohl nicht festzustellen.
32 
Der starke Nikotinkonsum des Klägers in den Jahren ab 2007, als nach seiner Schilderung eine wirtschaftlich schwierige, später krisenhafte Situation für ihn eintrat, ist für den Bezug von SGB II prägend. Er führte beim Kläger, der nach seinem eigenen, für den Senat nachvollziehbaren Vortrag bis dahin ohne Einschränkungen voll erwerbsfähig war und zusammen mit seiner Ehefrau seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen bestreiten konnte, zu einer sehr starken Einschränkung seiner Lungenfunktion und damit entscheidend zu seiner beschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser Umstand ist auch in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen. Das starke Rauchen des Klägers ab 2007 liegt nicht bereits mehr als acht Jahre zurück. Unerheblich ist insoweit, dass nach dem Attest vom 17.01.2014 der Kläger seit der Jugend raucht. Denn dieser Konsum hatte bis 2007 nicht zu negativen Folgen für die Leistungs-, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des Klägers geführt.
33 
Hinzu kommen - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme, da sich das Vertretenmüssen bereits aus dem Nikotinkonsum des Klägers ergibt - die Leistungskürzungen des Klägers bei seinem Bezug von Leistungen nach SGB II. Vom 01.04.2009 bis zum 30.06.2009 waren die Leistungen des Klägers wegen eines Terminversäumnisses um 10 % und vom 01.10. bis 31.12.2010 wegen der Ablehnung einer Arbeit um 30 % gekürzt worden. Aktuell erfährt der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, Leistungskürzungen, da er sich entgegen der Aufforderung der Agentur für Arbeit auf von dieser ihm benannte offene Stellen nicht beworben hat. Die Leistungskürzungen beim Bezug von Leistungen nach SGB II sind Indizien dafür, dass der Kläger den Leistungsbezug zu vertreten hat. Diese Indizien hat er nicht ausgeräumt. Die für das Unterlassen von Bewerbungen vom Kläger angegebenen Gründe, dass sich seine Tochter in einer Ausbildung befinde, dass sein Sohn schon lange arbeitslos sei, dass er Brot kaufen müsse und kein Geld für Bewerbungen ausgeben könne, sind nicht geeignet, das Versäumnis, sich auf offene Stellen zu bewerben, zu rechtfertigen.
34 
c) Der Einbürgerung nach § 10 StAG steht auch entgegen, dass der Kläger seine türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben oder verloren hat und von dem Erfordernis, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, im Fall des Klägers nicht abgesehen werden kann.
35 
Die Einbürgerung nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Dies entspricht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG a.F. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Kläger noch türkischer Staatsangehöriger ist. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Der Kläger macht mit der Berufung nicht mehr geltend, er habe die türkische Staatsangehörigkeit verloren.
36 
Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG kann nicht nach § 12 Abs. 1 StAG abgesehen werden. Ein solches Absehen sieht § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG vor, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist u.a. anzunehmen, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG). Diese Voraussetzungen des Absehens entsprechen denen des § 12 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 StAG a.F.
37 
aa) Zu § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG macht der Kläger nicht geltend, dass die Variante 1 (Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat) oder die Variante 3 (keine Entscheidung über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag in angemessener Zeit) vorliegt. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Beide Varianten setzen einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag voraus. Für Variante 3 regelt das Gesetz das ausdrücklich. Für Variante 1 folgt diese Voraussetzung daraus, dass der Herkunftsstaat über den Entlassungsantrag negativ entschieden haben muss („Versagung“) und die Ablehnung vom Ausländer zu vertreten ist, wenn er keinen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002 - 13 S 810/12 - DVBl. 2003, 469, zum gleichlautenden § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG a.F.; Urt. v. 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 77 ff., 82 ff. ; Hailbronner, a.a.O., § 12 Rn. 18, 33; Münch, in: Marx: Ausländer- und Asylrecht. Verwaltungsverfahren. Prozess, 2. Aufl., § 7 Rn. 150). Dieses Erfordernis ist auch sachgerecht, da die Fälle, in denen es unzumutbar ist, einen solchen Antrag zu stellen, von Variante 2 erfasst werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002, a.a.O.). Der Kläger hat nicht nachgewiesen, einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt zu haben, obwohl er von dem Beklagten mehrfach hierzu aufgefordert worden ist. Zwar hat er eine Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats Stuttgart vom 24.09.2003 vorgelegt, dass sein Antrag vom 24.09.2003 zur Ausbürgerung aus der türkischen Staatsangehörigkeit an das Innenministerium weitergeleitet worden sei. Ob es sich um einen formgerechten und vollständigen Antrag handelt, ist jedoch nicht festzustellen.
38 
bb) Auch die Voraussetzungen eines Absehens nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, dessen Auslegung unstreitig vollständig der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012 - 13 LC 240/10 - InfAuslR 2012, 191; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 106), sind nicht gegeben. Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind weder abstrakt-generell unzumutbar (1) noch wirken sie sich konkret im Fall des Klägers unzumutbar aus (2).
39 
(1) Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 18.10.2011 gegenüber dem Verwaltungsgericht (vgl. Bl. 114 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts) bestimmte das Änderungsgesetz Nr. 5380 vom 02.07.2005 zum türkischen Militärgesetz Nr. 1111:
40 
"Der Wehrdienst von Wehrpflichtigen, die im Ausland leben, kann bis zum Ende des 38. Lebensjahres zurückgestellt werden.
41 
Betroffene müssen einen Betrag von insgesamt Euro 5.112.- bezahlen. Dieser Betrag kann bei Anmeldung im voraus oder bis zum Ende des 38. Lebensjahr in höchstens vier gleichen Raten bezahlt werden, wobei die erste Rate bei der Anmeldung bezahlt werden muss. Die Militärausbildung für diesen Personenkreis dauert 21 Tage.
42 
Diejenigen, die bis zum Ende des 38. Lebensjahrs sich nicht angemeldet oder trotz Abmeldung den Wehrdienst nicht angetreten oder nicht bezahlt haben, können dennoch mit einer einmaligen Zahlung von Euro 7.668.- von den Bestimmungen dieses Gesetzes profitieren."
43 
Die Freikaufsumme wurde nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bundesministerium des Innern vom 26.11.2013 (vgl. Bl. 107 ff. der Berufungsakte) zum 15.12.2011 einheitlich auf 10.000.-- EUR erhöht, zum 20.07.2013 wiederum einheitlich auf 6.000.-- EUR herabgesetzt. Derzeit kann mithin nach Ableistung einer Militärausbildung von 21 Tagen ein Freikauf gegen ein Betrag von 6.000.-- EUR erfolgen.
44 
Der türkische Staat stellt damit im Regelfall keine unzumutbaren Bedingungen für die Ableistung des Wehrdienstes und des Freikaufs hiervon. Eine Unzumutbarkeit ist anzunehmen, wenn die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates abstrakt-generell unzumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013 - 5 C 9.12 - NVwZ 2013, 867). Dies ist nicht nur zu bejahen, wenn gesetzliche Regelungen des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen vorsehen. Eine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit liegt vielmehr auch vor, wenn eine generell geübte Verwaltungspraxis des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 - 5 C 3.06 - BVerwGE 129, 20; Urt. v. 30.06.2010 - 5 C 9.10 - BVerwGE 137, 237; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008 - 13 S 1812/07 - NVwZ-RR 2009, 354; OVG NRW, Urt. v. 25.09.2008 - 19 A 1221/04 - juris).
45 
Danach liegt keine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit der gegenwärtigen türkischen Entlassungsbedingungen vor. Angesichts des Umstandes, dass die im Grundsatz nicht zu beanstandende Wehrpflicht des türkischen Staates von demjenigen, der sich freikauft, nicht mehr zu leisten ist und dieser dadurch einen erheblichen Vorteil erfährt, ist ein Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR nicht als überhöht anzusehen und daher nicht zu beanstanden.
46 
(2) Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind auch nicht konkret-individuell betrachtet unzumutbar. Dabei kann der Senat offen lassen, wie der Begriff der konkret-individuellen Unzumutbarkeit zu bestimmen ist. Denn nach jeder Betrachtungsweise ist im Fall des Klägers eine konkret-individuelle Unzumutbarkeit zu verneinen.
47 
(a) Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 21.02.2013 - 5 C 9.12 - ausgeführt, der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG lasse bei der Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit eher auf das Erfordernis einer abstrakt-generellen Prüfung schließen. Ob die darüber hinaus erforderliche individuelle Prüfung des Vorliegens besonders schwieriger Bedingungen ebenfalls von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG gefordert wird oder als gesonderter Prüfungsschritt im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG zu erfolgen hat, könne offen bleiben, da keine Tatsachen vorlägen, die das im dortigen Verfahren streitige Volljährigkeitserfordernis im konkreten Einzelfall als unzumutbare oder besonders schwierige Bedingung erscheinen ließen. Sei eine Entlassungsvoraussetzung generell betrachtet zumutbar, dann habe dies zur Folge, dass die betroffenen Ausländer in der Regel die Bedingung erfüllen müssten, um nach Entlassung aus der fremden Staatsangehörigkeit in den deutschen Staatsverband aufgenommen zu werden. Schon aus Gleichbehandlungsgründen müsse für die Annahme einer hiervon befreienden individuell-konkreten Unzumutbarkeit eine vom Regelfall abweichende atypische Belastungssituation vorliegen, die bei wertender Betrachtung nach nationalem Recht nicht hinzunehmen sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013, a.a.O.; dazu: Fleuß, jurisPR-BVerwG 11/2013 Anm. 4; Häußler, DVBl. 2013, 1228, 1233).
48 
Nach der bisher herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist bei der Prüfung der konkreten Unzumutbarkeit von Entlassungsbedingungen entscheidend, ob dem Einbürgerungsbewerber nach seinen konkreten Verhältnissen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die Erfüllung der Entlassungsbedingungen nach Maßgabe eines objektivierenden normativen Maßstabs aus nationaler Sicht zuzumuten ist. Die bloß subjektiv definierte Unzumutbarkeit reicht dabei allerdings nicht aus. Auf der anderen Seite schließt allein der Umstand, dass eine Entlassungsbedingung dem Grunde nach in rechtsvergleichender Sicht jedenfalls nicht unüblich ist und den Rahmen des in der Staatenpraxis Üblichen wahrt, deren Unzumutbarkeit im Einzelfall nicht aus (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012, a.a.O.; ähnlich: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O.; VG Aachen, Urt. v. 18.05.2009 - 5 K 1815/08 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 25.01.2012 - 2 K 1237/10 - juris; VG Stuttgart, Urt. v. 15.08.2013 - 11 K 3272/12 - AuAS 2013, 208; Berlit, a.a.O., § 12 StAG Rn. 107 f.). Dabei ziehen die Gerichte häufig die zum Staatsangehörigkeitsgesetz erlassenen Anwendungshinweise und Verwaltungsvorschriften heran. Diese gehen zum einen von einer regelmäßig oder stets zumutbaren Freikaufsumme aus und stellen zum anderen auf die Einkommensverhältnisse des Einbürgerungsbewerbers ab. Sie führen mithin im Zweifel zu einer stärker auf den Einzelfall bezogenen Prüfung der Zumutbarkeit als der Maßstab aus der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration Baden-Württemberg zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VwV StAG) vom 08.07.2013 bestimmt zur Unzumutbarkeit im Hinblick auf die Leistung der Wehrpflicht, dass der Freikauf in der Regel unzumutbar ist, wenn das Dreifache eines durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens des Einbürgerungsbewerbers überschritten wird, und dass ein Betrag von 5.000.-- EUR regelmäßig zumutbar ist. Diese Verwaltungsvorschrift kann nach Auffassung des Senats, wenn man von der bisherigen Auslegung des Begriff der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausgehen sollte, eine sachgerechte Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs darstellen.
49 
(b) Nach diesen Grundsätzen der bisher h.M. in der Rechtsprechung und Literatur ist eine Unzumutbarkeit im Fall des Klägers nicht gegeben. Insbesondere aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergibt sich eine solche nicht. Der Kläger hat hierzu im wesentlichen lediglich vorgetragen, Leistungen nach SGB II für sich und seine Familienangehörigen zu beziehen, ohne Einzelheiten hierzu anzugeben oder einen vollständigen Bescheid über Leistungen nach SGB II vorzulegen. Den Bezug von Leistungen nach dem SGB II zugrundegelegt, lässt sich eine Unzumutbarkeit nicht feststellen. Zwar würde nach dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR das Dreifache des Bruttomonatseinkommens des Klägers übersteigen. In die Gesamtabwägung sind hier jedoch die Freikaufmöglichkeiten aus der Vergangenheit einzustellen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG, dass nach Ablauf von acht Jahren ein für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten dem Einbürgerungsbewerber nicht mehr entgegengehalten werden kann, ist nicht übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung mit der Zielsetzung des Gesetzes, einer Zuwanderung in die Sozialsysteme entgegenzuwirken, begründet. Der Zusammenhang zwischen zu verantwortendem vergangenen Verhalten und späteren Fernwirkungen verliere nach diesem Sinn und Zweck der Regelung im Zeitverlauf an Gewicht. Zudem sei Regelvorstellung, dass der Einbürgerungsbewerber, der den gegenwärtigen Leistungsbezug zu vertreten habe, dies durch eine Verhaltensänderung (z.B. hinreichend intensive Bemühungen um eine Beschäftigung) auch solle beeinflussen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.). § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG ist in all seinen drei Varianten dadurch geprägt, dass der Einbürgerungsbewerber die Nichtentlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht zu vertreten hat (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 75). Für die Erfüllung der Wehrpflicht und eines etwaigen Freikaufs von dieser ist insoweit von Bedeutung, dass die Wehrpflicht international weit verbreitet und anerkannt ist, dass die Erfüllung einer gesetzlichen Wehrpflicht im Grundsatz zu den statthaften und abstrakt zumutbaren Entlassungsvoraussetzungen gehört, dass Einbürgerungsbewerber die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates regelmäßig ohne größere Schwierigkeiten kennen können und sich grundsätzlich darauf einstellen können, ob und wie sie diese Entlassungsbedingungen erfüllen wollen. Daher kann für die Zumutbarkeit eines Freikaufs auch relevant sein, wie frühzeitig sich der Betroffene um einen solchen Freikauf bemüht hat oder ob er ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs ungenutzt verstreichen ließ (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.2010 - 5 C 12.10 - NVwZ 2011, 760, zur Bemühung um den Rückerwerb einer früheren Staatsangehörigkeit im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung). Die Tatsache, dass ein Einbürgerungsbewerber die ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs nicht nutzte, kann daher in einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände bei der Frage der Zumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG Berücksichtigung finden.
50 
Für den Kläger bestand vor dem 01.01.2002 die Möglichkeit, den Freikauf durch eine Zahlung von 10.000.-- DM zu erreichen. Diese Möglichkeit war für ihn zumutbar. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht auf Sozialhilfeleistungen oder andere staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Vielmehr betrieb er nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu dieser Zeit erfolgreich den Imbiss im ... sowie drei weitere Imbisswagen. Für den Erwerb einer Eigentumswohnung in der Türkei hatte er zu diesem Zeitpunkt einen Kredit von der Bank über 50.000.-- DM erhalten. Von der Freikaufsumme von 10.000.-- DM hatte er im Oktober 2001 2.500.-- DM bereits geleistet. Er wollte nach seinem eigenen Vorbringen die restliche Summe von 7.500.-- DM im Generalkonsulat bezahlen - und war dazu offenkundig in der Lage -, unterließ diese Zahlung jedoch bei dem Termin im Generalkonsulat, da er - anscheinend zu Beginn des Jahres 2002, nach Vollendung des 38. Lebensjahrs - einen Tag zu spät kam. Den hierfür angegebenen Grund, dass er sich als Selbstständiger zuvor nicht habe frei nehmen können, hat er ebenso zu vertreten wie den Umstand, dass er zuvor den Freikauf über Jahre vor sich hergeschoben hatte. Der derzeitige Gesamtbetrag von 6.000.-- EUR ist zwar - unabhängig von der Frage, ob die damalige Zahlung von 2.500.-- DM heute noch angerechnet würde oder nicht - für den Kläger angesichts seines derzeitigen Bezugs von Leistungen nach SGB II ein sehr erheblicher Betrag. Dies führt jedoch bei einer Gesamtbetrachtung nicht zur Unzumutbarkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, da der maßgebliche Grund für diese Belastung darin liegt, dass der Kläger die Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM vor dem 01.01.2002 ungenutzt ließ. Zudem liegt die derzeitige Freikaufsumme von 6.000.-- EUR zwar über der damaligen von 10.000.-- DM, der Mehrbetrag beträgt jedoch lediglich 888.-- EUR.
51 
Auf Nr. 12.1.2.3.2.2 der VwV StAG vom 08.07.2013 zu Einbürgerungsbewerbern, die über 40 Jahre alt sind und seit mehr als 15 Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Herkunftsstatt haben, davon mindestens zehn Jahre im Inland, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Denn auch wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, liegt keine konkret-individuelle Unzumutbarkeit vor, wenn dem Einbürgerungsbewerber der Freikauf von der Wehrpflicht zumutbar ist.
52 
(c) Nach dem Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts wirken sich die abstrakt-generell zumutbaren Regelungen des türkischen Staates zum Freikauf von der Wehrpflicht für den Kläger nicht unzumutbar aus. Es sind keine atypischen Umstände des Einzelfalls dargelegt oder ersichtlich, die so bedeutsam sind, dass für den Kläger im Verhältnis zu sonstigen Einbürgerungsbewerbern besondere nicht hinzunehmende Belastungen eintreten. Auch aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergeben sich solche Umstände nicht. Allein aus der Tatsache des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine atypische Sondersituation des Klägers folgen, die ihn wesentlich härter betrifft als vergleichbare Einbürgerungsbewerber. Denn für jeden Einbürgerungsbewerber, der Leistungen nach SGB II bezieht, stellt die Freikaufsumme von 6.000.-- EUR eine vergleichbare Belastung dar. Hierzu hinzutretende besondere Umstände hat der Kläger für seinen Fall nicht dargelegt. Gegen eine besondere Belastungssituation spricht hingegen, dass der Kläger vor Vollendung des 38. Lebensjahres die zumutbare Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM hatte, die er nicht wahrnahm, weil er die Angelegenheit vor sich herschob.
53 
cc) Auch ein Absehen vom Erfordernis des Verlusts oder der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit nach anderen Bestimmungen kommt nicht in Betracht.
54 
Die insoweit günstigere Bestimmung des § 12 Abs. 3 StAG a.F. - nach der von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen werden kann, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit von der Leistung des Wehrdienstes abhängig macht und der Ausländer den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und im Inland in deutsche Lebensverhältnisse und in das wehrpflichtige Alter hineingewachsen ist - kann auf den Kläger, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Anwendung finden, da er nie eine deutsche Schule besucht hat.
55 
Auch für ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG liegen die Voraussetzungen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist anzunehmen, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, wenn der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde. Der Kläger ist bereits keine ältere Person in diesem Sinne. Zumindest im Regelfall sind nur Ausländer ab Vollendung des 60. Lebensjahrs erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 208). Unverhältnismäßige Schwierigkeiten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG sind nur altersbedingte Erschwernisse. Die Unverhältnismäßigkeit muss gerade auf das fortgeschrittene Lebensalter des Einbürgerungsbewerbers zurückzuführen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; OVG NRW, Urt. v. 26.11.2009 - 19 A 1448/07 - juris). Solche Schwierigkeiten sind weder dargelegt noch ersichtlich.
56 
Schließlich kommt auch ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG nicht in Betracht. Dabei kann offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG eine abschließende Regelung darstellt oder § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG eine Auffangklausel für von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht erfasste Fälle ist (vgl. dazu nur: Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 23 ff.). Denn für sonstige, von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht geregelte besonders schwierige Bedingungen der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit ist im Fall des Klägers nichts ersichtlich.
57 
2. a) Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach Ermessen gemäß § 8 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, dass er sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist.
58 
Ebenso ist die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG weder in der aktuellen noch in der früheren Fassung erfüllt. Das Erfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG, dass er weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, ist nicht gegeben; die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F., dass der Ausländer keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder § 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfüllt, liegt gleichfalls nicht vor, da die Verurteilungen des Klägers einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG darstellen.
59 
b) Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von den Voraussetzungen in § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StAG abgesehen werden.
60 
Eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG liegt nicht vor. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145). Als Beispiel für einen Härtefall, der durch diese Ausnahmeregelung vermieden werden kann und soll, führt der Gesetzgeber die Konstellation an, dass etwa die ausländische Ehefrau aufgrund einer zur Durchführung eines Entlassungsverfahrens erteilten Einbürgerungszusicherung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ausgeschieden ist, nun aber ihrer Einbürgerung - auch bei unverschuldet eingetretener Arbeitslosigkeit ihres deutschen Ehegatten - mangelnde Unterhaltsfähigkeit entgegensteht und sie dadurch staatenlos geworden ist (BT-Drs. 15/420, S. 116). Dieser Beispielsfall zeigt zum einen, dass der Gesetzgeber für die Annahme einer „besonderen Härte“ mehr verlangt, als dass Gründe vorliegen, die einer Einbürgerung zwar grundsätzlich entgegenstehen, von denen jedoch unter bestimmten Umständen - wie etwa im Falle der nicht zu vertretenden Inanspruchnahme von Sozialleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) - abgesehen werden kann. Zum anderen verdeutlicht er die Zielrichtung der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG: Sie soll es ermöglichen, solchen Härten zu begegnen, die gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden bzw. durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 244/13 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 11.06.2009 - OVG 5 M 30.08 -; SaarlOVG, Beschl. v. 10.06.2010 - 1 A 88/10 -; alle in juris). Daran gemessen sind hier keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Versagung der Ermessenseinbürgerung wegen Straffälligkeit und mangelnder Unterhaltsfähigkeit den Kläger gegenüber anderen Einbürgerungsbewerbern in vergleichbarer Lage besonders hart trifft. Er hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Es wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung der Einbürgerung negative Auswirkungen auf die ehelichen und familiären Lebensverhältnisse des Klägers hätte.
61 
Es fehlt auch an einem öffentlichen Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG.
62 
Ein solches ist nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG) und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) einzubürgern (vgl. Senatsurt. v. 06.11.2013, a.a.O.; SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - juris; ebenso NdsOVG, Beschl. v. 07.01.2013 - 13 PA 243/12 - juris; so jetzt auch Nr. 8.2 VwV StAG vom 08.07.2013). Für ein solches Interesse ist hier nichts erkennbar.
63 
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer erneuten Einbürgerungszusicherung für den Fall, dass er die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweist. Denn der Einbürgerung steht nicht nur § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG, sondern auch die mangelnde Sicherung des Lebensunterhalts entgegen.
64 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Dabei kann offenbleiben, ob die Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG grundsätzliche Bedeutung hat. Denn die Frage ist mangels Vorliegens der Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entscheidungserheblich.
65 
Beschluss vom 22. Januar 2014
66 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
67 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
II.
21 
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 28.06.2007 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 09.01.2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder Anspruch auf seine Einbürgerung (1) noch auf eine erneute Ermessensentscheidung über seinen Einbürgerungsantrag (2) noch auf eine erneute Einbürgerungszusicherung (3). Dabei kommt es jeweils auf die maßgebliche Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 - InfAuslR 1996, 399; Urt. v. 20.10.2005 - 5 C 17.05 - DVBl. 2006, 922; Senatsurt. v. 08.05.2013 - 1 S 2046/12 - VBlBW 2014, 12; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - NVwZ-RR 2003, 459; Urt. v. 06.03.3009 - 13 S 2080/07 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010 - 3 A 349/09 - NVwZ-RR 2011, 79). Anwendbar ist daher das Staatsangehörigkeitsgesetz in der ab 01.08.2012 gültigen Fassung vom 01.06.2012 (BGBl. 2012 I, 1224). Nach dessen § 40c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie im Fall des Klägers - bis zum 30.03.2007 gestellt worden sind, die §§ 8 bis 14 und 40c weiter in ihrer vor dem 28.08.2007 (BGBl. I S. 1970) geltenden Fassung (im Folgenden: StAG a.F.) anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten.Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach früherem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (vgl. Senatsurt. v. 08.05.2013, a.a.O.).
22 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Einbürgerung nach § 10 StAG. Zwar sind die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers insoweit unschädlich (a). Jedoch sind die Einbürgerungsvoraussetzungen der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG (b) und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG (c) nicht gegeben.
23 
a) Einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG stehen die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers nicht entgegen. Nach dem für den Kläger günstigeren und daher gemäß § 40c StAG anwendbaren § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. bleiben bei bis zum 27.08.2007 gestellten Einbürgerungsanträgen Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen außer Betracht. Eine Addition, wie sie § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG heute regelt, findet nicht statt.
24 
b) aa) Der Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Insoweit enthielt § 10 StAG a.F. keine für den Kläger günstigere Bestimmung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG a.F. war Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann. Von dieser Voraussetzung wurde nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. abgesehen, wenn der Ausländer das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grunde den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten konnte. Die Privilegierung für junge Ausländer findet auf den am 01.01.1964 geborenen Kläger keine Anwendung. Im Übrigen ist die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts sachlich unverändert geblieben, die Gesetzesänderungen ab dem 28.08.2007 sind lediglich redaktionell (vgl. Berlit, in: GK-StAR, § 10 Rn. 218 ).
25 
Die Voraussetzung der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung des Lebensunterhalts nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG als Beleg auch wirtschaftlicher Integration erfordert eine prognostische Einschätzung, ob der Einbürgerungsbewerber voraussichtlich dauerhaft in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Einkünften zu sichern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 05.03.2010 - OVG 5 M 40.09 - juris; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 238 ff.). Der Lebensunterhalt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG umfasst auch eine Kranken- und Pflegeversicherung, bei erwerbsfähigen Einbürgerungsbewerbern auch eine Altersvorsorge (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.2009, a.a.O.; SächsOVG, Urt. v. 17.06.2010, a.a.O.).
26 
Erhält der Einbürgerungsbewerber Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder hat Anspruch darauf, ist maßgeblich, ob er dies zu vertreten hat. Der Begriff des Vertretenmüssens beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Ausländer durch ein ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den - fortdauernden - Leistungsbezug gesetzt hat. Der vom Begriff des Vertretenmüssens vorausgesetzte objektive Zurechnungszusammenhang zwischen zu verantwortendem Verhalten und Leistungsbezug erfordert, dass das Verhalten des Verantwortlichen für die Verursachung oder Herbeiführung des in Bezug genommenen Umstandes zumindest nicht nachrangig, sondern hierfür wenn schon nicht allein ausschlaggebend, so doch maßgeblich bzw. prägend ist. Der Leistungsbezug muss lediglich auf Umständen beruhen, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zuzurechnen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009 - 5 C 22.08 - BVerwGE 133, 153; BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 17.12.2013 - 13 LA 179/13 - juris; je m.w.N.) Der Einbürgerungsbewerber hat eine Obliegenheit, durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft auch langfristig den eigenen Unterhalt sicherzustellen. Für ein Vertretenmüssen i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG muss eine Verletzung dieser Obliegenheit nach Art, Umfang und Dauer von einigem Gewicht sein. Die Verhängung von Sperrzeiten durch die Arbeitsverwaltung oder sonstige leistungsrechtliche Reaktionen auf die Verletzung sozialrechtlicher Obliegenheiten können für das Vertretenmüssen eine gewisse Indizwirkung haben.Beruht der Leistungsbezug auf Umständen, die dem Verantwortungsbereich des Einbürgerungsbewerbers zuzurechnen sind, unterbricht allein der Umstand, dass dieser inzwischen wegen seines Alters und aus gesundheitlichen Gründen seinen Lebensunterhalt nicht selbst durch Einsatz seiner Arbeitskraft bestreiten kann, den einbürgerungshindernden Zurechnungszusammenhang nicht. Ein Einbürgerungsbewerber hat für ein ihm zurechenbares und für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten nach Ablauf einer Frist von acht Jahren nicht mehr einzustehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.).
27 
Ein Vertretenmüssen ist gegeben, wenn sich der Einbürgerungsbewerber nicht oder nicht hinreichend um die Aufnahme einer Beschäftigung bemüht, wenn er durch ihm zurechenbares Verhalten zu erkennen gibt, dass er nicht bereit ist, eine ihm zumutbare Beschäftigung unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - ggf. auch abweichend von seiner bisherigen Qualifikation und auch zu ungünstigeren Lohn- oder Arbeitsbedingungen - anzunehmen oder wenn es zu einem Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund verhaltensbezogener Ursachen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - NVwZ-RR 2008, 839; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013 - 13 LB 99/12 - juris; Berlit, a.a.O., Rn. 259 f.; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, StAR, 5. Aufl., § 10 Rn. 43). Nicht zu vertreten hat ein arbeitsfähiger Einbürgerungsbewerber den Leistungsbezug, wenn er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und sich hinreichend intensiv um Arbeit bemüht, aber aus konjunkturellen Gründen oder deswegen keine nach dem Maßstab des § 8 Abs. 1, § 10 SGB II zumutbare Beschäftigung findet, weil er objektiv vermittlungshemmende Merkmale, wie Alter, Krankheit, fehlende Qualifikation - deren Eintritt er selbst nicht zurechenbar verursacht hat - aufweist. Ebenso nicht zu vertreten hat der Einbürgerungsbewerber einen Leistungsbezug wegen Verlusts des Arbeitsplatzes aufgrund gesundheitlicher, betriebsbedingter oder konjunktureller Ursachen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 06.07.2007 - 5 ZB 06.1988 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.03.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 266 ff.).
28 
Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen trägt angesichts der gesetzlichen Konstruktion von Regel und Ausnahme - und weil es sich typischerweise um Umstände handelt, die seiner persönlichen Sphäre entstammen - der Einbürgerungsbewerber (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O. ; Berlit, a.a.O., § 10 Rn. 254; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 29, 53 ; Marx, Kommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 AuslG Rn. 7; a.A. - ohne Begründung - Hailbronner, a.a.O., § 10 Rn. 39).
29 
bb) Der Kläger bezieht für sich und die Familienangehörigen in seiner Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Diesen Leistungsbezug hat er nach den dargelegten Grundsätzen aufgrund seines starken Nikotinkonsums zu vertreten. Denn dieser vom Kläger zu verantwortende Konsum durch häufiges Rauchen von Zigaretten ist im wesentlichen prägend für den die Vermittlungsfähigkeit des Klägers erheblich einschränkenden und daher für den Leistungsbezug ursächlichen Gesundheitszustand des Klägers.
30 
Nach der gutachterlichen Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 beruht die eingeschränkte Vermittlungsfähigkeit des Klägers auf seiner chronischen Erkrankung der Atemwege, der Erkrankung im Bereich der Speiseröhre und einer eingeschränkten Belastung der Wirbelsäule. Der Kläger ist danach für mindestens drei Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Auszuschließen sind Tätigkeiten mit die Lunge schädigenden Substanzen wie Rauch, Staub, Gase und Dämpfe, anhaltende Zwangshaltungen, schweres Heben und Tragen sowie häufiges Bücken. Hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre die Einstellung des Nikotinkonsums. Diese Feststellungen der Gutachterin decken sich mit denen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, denen der Senat aufgrund seines eigenen Eindrucks folgt, ist der Kläger aufgrund seiner Atemwegerkrankung insbesondere zu Tätigkeiten, die seine Lunge belasten könnten, nicht in der Lage. Er ist darauf angewiesen, wegen seiner eingeschränkten Lungenfunktion halbstündlich ein Medikament in der Form eines Sprays zu nehmen. Der Kläger raucht weiterhin Zigaretten, derzeit ca. 30 pro Tag. Diesen Gesundheitszustand bestätigen die vom Kläger vorgelegten Atteste seiner Hausärztin ... vom 10.01.2014 und des Arztes ... vom 17.01.2014. Nach den Feststellungen im Attest vom 10.01.2014 hat sich das Asthma bzw. die chronisch obstruktive Lungenerkrankung in den letzten Jahren erheblich verschlechtert, so dass der Kläger nach geringen körperlichen Belastungen völlig außer Atem kommt und die Einschränkung der Lungenfunktion die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt. Gemäß den Feststellungen im Attest vom 17.01.2014 hat die Belastbarkeit des Klägers durch seine chronisch obstruktive Lungenkrankheit abgenommen, so dass er zittert, wenn er sich länger anstrengt, und ihm nur eine Arbeitszeit von drei Stunden zuzumuten ist und am Arbeitsplatz auch möglichst wenig inhalative Noxen und möglichst wenig Temperaturwechsel auftreten sollten.
31 
Das Vermittlungshemmnis hat seine Ursache im Verantwortungsbereich des Klägers. Er hat durch seinen starken Nikotinkonsum in den letzten Jahren seit 2007 die maßgebliche Ursache für seine deutlich eingeschränkte Erwerbsfähigkeit gesetzt. Dieser Umstand liegt in seinem Verantwortungsbereich und ist von ihm zu vertreten. Der sinngemäße Einwand des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, es handele sich um eine Sucht, die der Kläger nicht steuern und beherrschen könne, ist unbegründet. Nach dem Attest vom 17.01.2014 hat der Kläger zweimal das Rauchen für längere Zeit aufgegeben, einmal für acht Monate und einmal für ein Jahr lang. Konkrete Umstände, warum es ihm nicht möglich war, dauerhaft das Rauchen einzustellen, hat der Kläger nicht dargelegt. Aus welchen Gründen der Kläger nach diesen Phasen das Rauchen wieder aufgenommen hat, ist nicht dargelegt. Die pauschale Behauptung, es handele sich um eine nicht steuerbare Sucht, ist gerade angesichts der zwei längeren Phasen der Abstinenz nicht nachvollziehbar und zeigt keine Tatsachen auf, die auf eine außerhalb des Verantwortungsbereichs des Klägers liegende, nicht beherrschbare Sucht hindeuten könnten. Bereits durch die gutachterliche Äußerung der Gutachterin der Agentur für Arbeit vom 23.11.2009 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Einstellung des Nikotinkonsums hilfreich für die Verbesserung der Atmung wäre. Nachhaltige Bemühungen hierzu sind gleichwohl nicht festzustellen.
32 
Der starke Nikotinkonsum des Klägers in den Jahren ab 2007, als nach seiner Schilderung eine wirtschaftlich schwierige, später krisenhafte Situation für ihn eintrat, ist für den Bezug von SGB II prägend. Er führte beim Kläger, der nach seinem eigenen, für den Senat nachvollziehbaren Vortrag bis dahin ohne Einschränkungen voll erwerbsfähig war und zusammen mit seiner Ehefrau seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen bestreiten konnte, zu einer sehr starken Einschränkung seiner Lungenfunktion und damit entscheidend zu seiner beschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser Umstand ist auch in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen. Das starke Rauchen des Klägers ab 2007 liegt nicht bereits mehr als acht Jahre zurück. Unerheblich ist insoweit, dass nach dem Attest vom 17.01.2014 der Kläger seit der Jugend raucht. Denn dieser Konsum hatte bis 2007 nicht zu negativen Folgen für die Leistungs-, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des Klägers geführt.
33 
Hinzu kommen - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme, da sich das Vertretenmüssen bereits aus dem Nikotinkonsum des Klägers ergibt - die Leistungskürzungen des Klägers bei seinem Bezug von Leistungen nach SGB II. Vom 01.04.2009 bis zum 30.06.2009 waren die Leistungen des Klägers wegen eines Terminversäumnisses um 10 % und vom 01.10. bis 31.12.2010 wegen der Ablehnung einer Arbeit um 30 % gekürzt worden. Aktuell erfährt der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, Leistungskürzungen, da er sich entgegen der Aufforderung der Agentur für Arbeit auf von dieser ihm benannte offene Stellen nicht beworben hat. Die Leistungskürzungen beim Bezug von Leistungen nach SGB II sind Indizien dafür, dass der Kläger den Leistungsbezug zu vertreten hat. Diese Indizien hat er nicht ausgeräumt. Die für das Unterlassen von Bewerbungen vom Kläger angegebenen Gründe, dass sich seine Tochter in einer Ausbildung befinde, dass sein Sohn schon lange arbeitslos sei, dass er Brot kaufen müsse und kein Geld für Bewerbungen ausgeben könne, sind nicht geeignet, das Versäumnis, sich auf offene Stellen zu bewerben, zu rechtfertigen.
34 
c) Der Einbürgerung nach § 10 StAG steht auch entgegen, dass der Kläger seine türkische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben oder verloren hat und von dem Erfordernis, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, im Fall des Klägers nicht abgesehen werden kann.
35 
Die Einbürgerung nach § 10 StAG setzt voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Dies entspricht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG a.F. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Kläger noch türkischer Staatsangehöriger ist. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Der Kläger macht mit der Berufung nicht mehr geltend, er habe die türkische Staatsangehörigkeit verloren.
36 
Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG kann nicht nach § 12 Abs. 1 StAG abgesehen werden. Ein solches Absehen sieht § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG vor, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist u.a. anzunehmen, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG). Diese Voraussetzungen des Absehens entsprechen denen des § 12 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 StAG a.F.
37 
aa) Zu § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG macht der Kläger nicht geltend, dass die Variante 1 (Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat) oder die Variante 3 (keine Entscheidung über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag in angemessener Zeit) vorliegt. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Beide Varianten setzen einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag voraus. Für Variante 3 regelt das Gesetz das ausdrücklich. Für Variante 1 folgt diese Voraussetzung daraus, dass der Herkunftsstaat über den Entlassungsantrag negativ entschieden haben muss („Versagung“) und die Ablehnung vom Ausländer zu vertreten ist, wenn er keinen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002 - 13 S 810/12 - DVBl. 2003, 469, zum gleichlautenden § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG a.F.; Urt. v. 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 77 ff., 82 ff. ; Hailbronner, a.a.O., § 12 Rn. 18, 33; Münch, in: Marx: Ausländer- und Asylrecht. Verwaltungsverfahren. Prozess, 2. Aufl., § 7 Rn. 150). Dieses Erfordernis ist auch sachgerecht, da die Fälle, in denen es unzumutbar ist, einen solchen Antrag zu stellen, von Variante 2 erfasst werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002, a.a.O.). Der Kläger hat nicht nachgewiesen, einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag gestellt zu haben, obwohl er von dem Beklagten mehrfach hierzu aufgefordert worden ist. Zwar hat er eine Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats Stuttgart vom 24.09.2003 vorgelegt, dass sein Antrag vom 24.09.2003 zur Ausbürgerung aus der türkischen Staatsangehörigkeit an das Innenministerium weitergeleitet worden sei. Ob es sich um einen formgerechten und vollständigen Antrag handelt, ist jedoch nicht festzustellen.
38 
bb) Auch die Voraussetzungen eines Absehens nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, dessen Auslegung unstreitig vollständig der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012 - 13 LC 240/10 - InfAuslR 2012, 191; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 106), sind nicht gegeben. Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind weder abstrakt-generell unzumutbar (1) noch wirken sie sich konkret im Fall des Klägers unzumutbar aus (2).
39 
(1) Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 18.10.2011 gegenüber dem Verwaltungsgericht (vgl. Bl. 114 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts) bestimmte das Änderungsgesetz Nr. 5380 vom 02.07.2005 zum türkischen Militärgesetz Nr. 1111:
40 
"Der Wehrdienst von Wehrpflichtigen, die im Ausland leben, kann bis zum Ende des 38. Lebensjahres zurückgestellt werden.
41 
Betroffene müssen einen Betrag von insgesamt Euro 5.112.- bezahlen. Dieser Betrag kann bei Anmeldung im voraus oder bis zum Ende des 38. Lebensjahr in höchstens vier gleichen Raten bezahlt werden, wobei die erste Rate bei der Anmeldung bezahlt werden muss. Die Militärausbildung für diesen Personenkreis dauert 21 Tage.
42 
Diejenigen, die bis zum Ende des 38. Lebensjahrs sich nicht angemeldet oder trotz Abmeldung den Wehrdienst nicht angetreten oder nicht bezahlt haben, können dennoch mit einer einmaligen Zahlung von Euro 7.668.- von den Bestimmungen dieses Gesetzes profitieren."
43 
Die Freikaufsumme wurde nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bundesministerium des Innern vom 26.11.2013 (vgl. Bl. 107 ff. der Berufungsakte) zum 15.12.2011 einheitlich auf 10.000.-- EUR erhöht, zum 20.07.2013 wiederum einheitlich auf 6.000.-- EUR herabgesetzt. Derzeit kann mithin nach Ableistung einer Militärausbildung von 21 Tagen ein Freikauf gegen ein Betrag von 6.000.-- EUR erfolgen.
44 
Der türkische Staat stellt damit im Regelfall keine unzumutbaren Bedingungen für die Ableistung des Wehrdienstes und des Freikaufs hiervon. Eine Unzumutbarkeit ist anzunehmen, wenn die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates abstrakt-generell unzumutbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013 - 5 C 9.12 - NVwZ 2013, 867). Dies ist nicht nur zu bejahen, wenn gesetzliche Regelungen des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen vorsehen. Eine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit liegt vielmehr auch vor, wenn eine generell geübte Verwaltungspraxis des Heimatstaates unzumutbare Entlassungsbedingungen begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 - 5 C 3.06 - BVerwGE 129, 20; Urt. v. 30.06.2010 - 5 C 9.10 - BVerwGE 137, 237; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008 - 13 S 1812/07 - NVwZ-RR 2009, 354; OVG NRW, Urt. v. 25.09.2008 - 19 A 1221/04 - juris).
45 
Danach liegt keine abstrakt-generelle Unzumutbarkeit der gegenwärtigen türkischen Entlassungsbedingungen vor. Angesichts des Umstandes, dass die im Grundsatz nicht zu beanstandende Wehrpflicht des türkischen Staates von demjenigen, der sich freikauft, nicht mehr zu leisten ist und dieser dadurch einen erheblichen Vorteil erfährt, ist ein Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR nicht als überhöht anzusehen und daher nicht zu beanstanden.
46 
(2) Die Entlassungsbedingungen des türkischen Staates sind auch nicht konkret-individuell betrachtet unzumutbar. Dabei kann der Senat offen lassen, wie der Begriff der konkret-individuellen Unzumutbarkeit zu bestimmen ist. Denn nach jeder Betrachtungsweise ist im Fall des Klägers eine konkret-individuelle Unzumutbarkeit zu verneinen.
47 
(a) Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 21.02.2013 - 5 C 9.12 - ausgeführt, der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG lasse bei der Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit eher auf das Erfordernis einer abstrakt-generellen Prüfung schließen. Ob die darüber hinaus erforderliche individuelle Prüfung des Vorliegens besonders schwieriger Bedingungen ebenfalls von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG gefordert wird oder als gesonderter Prüfungsschritt im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG zu erfolgen hat, könne offen bleiben, da keine Tatsachen vorlägen, die das im dortigen Verfahren streitige Volljährigkeitserfordernis im konkreten Einzelfall als unzumutbare oder besonders schwierige Bedingung erscheinen ließen. Sei eine Entlassungsvoraussetzung generell betrachtet zumutbar, dann habe dies zur Folge, dass die betroffenen Ausländer in der Regel die Bedingung erfüllen müssten, um nach Entlassung aus der fremden Staatsangehörigkeit in den deutschen Staatsverband aufgenommen zu werden. Schon aus Gleichbehandlungsgründen müsse für die Annahme einer hiervon befreienden individuell-konkreten Unzumutbarkeit eine vom Regelfall abweichende atypische Belastungssituation vorliegen, die bei wertender Betrachtung nach nationalem Recht nicht hinzunehmen sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2013, a.a.O.; dazu: Fleuß, jurisPR-BVerwG 11/2013 Anm. 4; Häußler, DVBl. 2013, 1228, 1233).
48 
Nach der bisher herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist bei der Prüfung der konkreten Unzumutbarkeit von Entlassungsbedingungen entscheidend, ob dem Einbürgerungsbewerber nach seinen konkreten Verhältnissen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die Erfüllung der Entlassungsbedingungen nach Maßgabe eines objektivierenden normativen Maßstabs aus nationaler Sicht zuzumuten ist. Die bloß subjektiv definierte Unzumutbarkeit reicht dabei allerdings nicht aus. Auf der anderen Seite schließt allein der Umstand, dass eine Entlassungsbedingung dem Grunde nach in rechtsvergleichender Sicht jedenfalls nicht unüblich ist und den Rahmen des in der Staatenpraxis Üblichen wahrt, deren Unzumutbarkeit im Einzelfall nicht aus (vgl. NdsOVG, Urt. v. 08.02.2012, a.a.O.; ähnlich: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 13.11.2013, a.a.O.; VG Aachen, Urt. v. 18.05.2009 - 5 K 1815/08 - juris; VG Freiburg, Urt. v. 25.01.2012 - 2 K 1237/10 - juris; VG Stuttgart, Urt. v. 15.08.2013 - 11 K 3272/12 - AuAS 2013, 208; Berlit, a.a.O., § 12 StAG Rn. 107 f.). Dabei ziehen die Gerichte häufig die zum Staatsangehörigkeitsgesetz erlassenen Anwendungshinweise und Verwaltungsvorschriften heran. Diese gehen zum einen von einer regelmäßig oder stets zumutbaren Freikaufsumme aus und stellen zum anderen auf die Einkommensverhältnisse des Einbürgerungsbewerbers ab. Sie führen mithin im Zweifel zu einer stärker auf den Einzelfall bezogenen Prüfung der Zumutbarkeit als der Maßstab aus der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration Baden-Württemberg zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VwV StAG) vom 08.07.2013 bestimmt zur Unzumutbarkeit im Hinblick auf die Leistung der Wehrpflicht, dass der Freikauf in der Regel unzumutbar ist, wenn das Dreifache eines durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens des Einbürgerungsbewerbers überschritten wird, und dass ein Betrag von 5.000.-- EUR regelmäßig zumutbar ist. Diese Verwaltungsvorschrift kann nach Auffassung des Senats, wenn man von der bisherigen Auslegung des Begriff der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausgehen sollte, eine sachgerechte Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs darstellen.
49 
(b) Nach diesen Grundsätzen der bisher h.M. in der Rechtsprechung und Literatur ist eine Unzumutbarkeit im Fall des Klägers nicht gegeben. Insbesondere aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergibt sich eine solche nicht. Der Kläger hat hierzu im wesentlichen lediglich vorgetragen, Leistungen nach SGB II für sich und seine Familienangehörigen zu beziehen, ohne Einzelheiten hierzu anzugeben oder einen vollständigen Bescheid über Leistungen nach SGB II vorzulegen. Den Bezug von Leistungen nach dem SGB II zugrundegelegt, lässt sich eine Unzumutbarkeit nicht feststellen. Zwar würde nach dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Freikaufbetrag von 6.000.-- EUR das Dreifache des Bruttomonatseinkommens des Klägers übersteigen. In die Gesamtabwägung sind hier jedoch die Freikaufmöglichkeiten aus der Vergangenheit einzustellen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG, dass nach Ablauf von acht Jahren ein für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten dem Einbürgerungsbewerber nicht mehr entgegengehalten werden kann, ist nicht übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung mit der Zielsetzung des Gesetzes, einer Zuwanderung in die Sozialsysteme entgegenzuwirken, begründet. Der Zusammenhang zwischen zu verantwortendem vergangenen Verhalten und späteren Fernwirkungen verliere nach diesem Sinn und Zweck der Regelung im Zeitverlauf an Gewicht. Zudem sei Regelvorstellung, dass der Einbürgerungsbewerber, der den gegenwärtigen Leistungsbezug zu vertreten habe, dies durch eine Verhaltensänderung (z.B. hinreichend intensive Bemühungen um eine Beschäftigung) auch solle beeinflussen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.). § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG ist in all seinen drei Varianten dadurch geprägt, dass der Einbürgerungsbewerber die Nichtentlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht zu vertreten hat (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 75). Für die Erfüllung der Wehrpflicht und eines etwaigen Freikaufs von dieser ist insoweit von Bedeutung, dass die Wehrpflicht international weit verbreitet und anerkannt ist, dass die Erfüllung einer gesetzlichen Wehrpflicht im Grundsatz zu den statthaften und abstrakt zumutbaren Entlassungsvoraussetzungen gehört, dass Einbürgerungsbewerber die Entlassungsbedingungen des Heimatstaates regelmäßig ohne größere Schwierigkeiten kennen können und sich grundsätzlich darauf einstellen können, ob und wie sie diese Entlassungsbedingungen erfüllen wollen. Daher kann für die Zumutbarkeit eines Freikaufs auch relevant sein, wie frühzeitig sich der Betroffene um einen solchen Freikauf bemüht hat oder ob er ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs ungenutzt verstreichen ließ (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.2010 - 5 C 12.10 - NVwZ 2011, 760, zur Bemühung um den Rückerwerb einer früheren Staatsangehörigkeit im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung). Die Tatsache, dass ein Einbürgerungsbewerber die ihm zumutbare Möglichkeiten des Freikaufs nicht nutzte, kann daher in einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände bei der Frage der Zumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG Berücksichtigung finden.
50 
Für den Kläger bestand vor dem 01.01.2002 die Möglichkeit, den Freikauf durch eine Zahlung von 10.000.-- DM zu erreichen. Diese Möglichkeit war für ihn zumutbar. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht auf Sozialhilfeleistungen oder andere staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Vielmehr betrieb er nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu dieser Zeit erfolgreich den Imbiss im ... sowie drei weitere Imbisswagen. Für den Erwerb einer Eigentumswohnung in der Türkei hatte er zu diesem Zeitpunkt einen Kredit von der Bank über 50.000.-- DM erhalten. Von der Freikaufsumme von 10.000.-- DM hatte er im Oktober 2001 2.500.-- DM bereits geleistet. Er wollte nach seinem eigenen Vorbringen die restliche Summe von 7.500.-- DM im Generalkonsulat bezahlen - und war dazu offenkundig in der Lage -, unterließ diese Zahlung jedoch bei dem Termin im Generalkonsulat, da er - anscheinend zu Beginn des Jahres 2002, nach Vollendung des 38. Lebensjahrs - einen Tag zu spät kam. Den hierfür angegebenen Grund, dass er sich als Selbstständiger zuvor nicht habe frei nehmen können, hat er ebenso zu vertreten wie den Umstand, dass er zuvor den Freikauf über Jahre vor sich hergeschoben hatte. Der derzeitige Gesamtbetrag von 6.000.-- EUR ist zwar - unabhängig von der Frage, ob die damalige Zahlung von 2.500.-- DM heute noch angerechnet würde oder nicht - für den Kläger angesichts seines derzeitigen Bezugs von Leistungen nach SGB II ein sehr erheblicher Betrag. Dies führt jedoch bei einer Gesamtbetrachtung nicht zur Unzumutbarkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG, da der maßgebliche Grund für diese Belastung darin liegt, dass der Kläger die Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM vor dem 01.01.2002 ungenutzt ließ. Zudem liegt die derzeitige Freikaufsumme von 6.000.-- EUR zwar über der damaligen von 10.000.-- DM, der Mehrbetrag beträgt jedoch lediglich 888.-- EUR.
51 
Auf Nr. 12.1.2.3.2.2 der VwV StAG vom 08.07.2013 zu Einbürgerungsbewerbern, die über 40 Jahre alt sind und seit mehr als 15 Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Herkunftsstatt haben, davon mindestens zehn Jahre im Inland, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Denn auch wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, liegt keine konkret-individuelle Unzumutbarkeit vor, wenn dem Einbürgerungsbewerber der Freikauf von der Wehrpflicht zumutbar ist.
52 
(c) Nach dem Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts wirken sich die abstrakt-generell zumutbaren Regelungen des türkischen Staates zum Freikauf von der Wehrpflicht für den Kläger nicht unzumutbar aus. Es sind keine atypischen Umstände des Einzelfalls dargelegt oder ersichtlich, die so bedeutsam sind, dass für den Kläger im Verhältnis zu sonstigen Einbürgerungsbewerbern besondere nicht hinzunehmende Belastungen eintreten. Auch aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ergeben sich solche Umstände nicht. Allein aus der Tatsache des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine atypische Sondersituation des Klägers folgen, die ihn wesentlich härter betrifft als vergleichbare Einbürgerungsbewerber. Denn für jeden Einbürgerungsbewerber, der Leistungen nach SGB II bezieht, stellt die Freikaufsumme von 6.000.-- EUR eine vergleichbare Belastung dar. Hierzu hinzutretende besondere Umstände hat der Kläger für seinen Fall nicht dargelegt. Gegen eine besondere Belastungssituation spricht hingegen, dass der Kläger vor Vollendung des 38. Lebensjahres die zumutbare Möglichkeit des Freikaufs gegen 10.000.-- DM hatte, die er nicht wahrnahm, weil er die Angelegenheit vor sich herschob.
53 
cc) Auch ein Absehen vom Erfordernis des Verlusts oder der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit nach anderen Bestimmungen kommt nicht in Betracht.
54 
Die insoweit günstigere Bestimmung des § 12 Abs. 3 StAG a.F. - nach der von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen werden kann, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit von der Leistung des Wehrdienstes abhängig macht und der Ausländer den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und im Inland in deutsche Lebensverhältnisse und in das wehrpflichtige Alter hineingewachsen ist - kann auf den Kläger, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Anwendung finden, da er nie eine deutsche Schule besucht hat.
55 
Auch für ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG liegen die Voraussetzungen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist anzunehmen, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, wenn der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde. Der Kläger ist bereits keine ältere Person in diesem Sinne. Zumindest im Regelfall sind nur Ausländer ab Vollendung des 60. Lebensjahrs erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 208). Unverhältnismäßige Schwierigkeiten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG sind nur altersbedingte Erschwernisse. Die Unverhältnismäßigkeit muss gerade auf das fortgeschrittene Lebensalter des Einbürgerungsbewerbers zurückzuführen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010, a.a.O.; OVG NRW, Urt. v. 26.11.2009 - 19 A 1448/07 - juris). Solche Schwierigkeiten sind weder dargelegt noch ersichtlich.
56 
Schließlich kommt auch ein Absehen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG nicht in Betracht. Dabei kann offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG eine abschließende Regelung darstellt oder § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG eine Auffangklausel für von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht erfasste Fälle ist (vgl. dazu nur: Berlit, a.a.O., § 12 Rn. 23 ff.). Denn für sonstige, von § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG nicht geregelte besonders schwierige Bedingungen der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit ist im Fall des Klägers nichts ersichtlich.
57 
2. a) Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach Ermessen gemäß § 8 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Denn der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, dass er sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist.
58 
Ebenso ist die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG weder in der aktuellen noch in der früheren Fassung erfüllt. Das Erfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG, dass er weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, ist nicht gegeben; die Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F., dass der Ausländer keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder § 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfüllt, liegt gleichfalls nicht vor, da die Verurteilungen des Klägers einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG darstellen.
59 
b) Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von den Voraussetzungen in § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StAG abgesehen werden.
60 
Eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG liegt nicht vor. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 - 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145). Als Beispiel für einen Härtefall, der durch diese Ausnahmeregelung vermieden werden kann und soll, führt der Gesetzgeber die Konstellation an, dass etwa die ausländische Ehefrau aufgrund einer zur Durchführung eines Entlassungsverfahrens erteilten Einbürgerungszusicherung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit ausgeschieden ist, nun aber ihrer Einbürgerung - auch bei unverschuldet eingetretener Arbeitslosigkeit ihres deutschen Ehegatten - mangelnde Unterhaltsfähigkeit entgegensteht und sie dadurch staatenlos geworden ist (BT-Drs. 15/420, S. 116). Dieser Beispielsfall zeigt zum einen, dass der Gesetzgeber für die Annahme einer „besonderen Härte“ mehr verlangt, als dass Gründe vorliegen, die einer Einbürgerung zwar grundsätzlich entgegenstehen, von denen jedoch unter bestimmten Umständen - wie etwa im Falle der nicht zu vertretenden Inanspruchnahme von Sozialleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) - abgesehen werden kann. Zum anderen verdeutlicht er die Zielrichtung der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG: Sie soll es ermöglichen, solchen Härten zu begegnen, die gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden bzw. durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; HessVGH, Beschl. v. 21.10.2008 - 5 A 1820/08.Z -; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 244/13 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -; OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 11.06.2009 - OVG 5 M 30.08 -; SaarlOVG, Beschl. v. 10.06.2010 - 1 A 88/10 -; alle in juris). Daran gemessen sind hier keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Versagung der Ermessenseinbürgerung wegen Straffälligkeit und mangelnder Unterhaltsfähigkeit den Kläger gegenüber anderen Einbürgerungsbewerbern in vergleichbarer Lage besonders hart trifft. Er hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Es wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung der Einbürgerung negative Auswirkungen auf die ehelichen und familiären Lebensverhältnisse des Klägers hätte.
61 
Es fehlt auch an einem öffentlichen Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG.
62 
Ein solches ist nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG) und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) einzubürgern (vgl. Senatsurt. v. 06.11.2013, a.a.O.; SaarlOVG, Urt. v. 28.06.2012 - 1 A 35/12 - juris; ebenso NdsOVG, Beschl. v. 07.01.2013 - 13 PA 243/12 - juris; so jetzt auch Nr. 8.2 VwV StAG vom 08.07.2013). Für ein solches Interesse ist hier nichts erkennbar.
63 
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer erneuten Einbürgerungszusicherung für den Fall, dass er die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nachweist. Denn der Einbürgerung steht nicht nur § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG, sondern auch die mangelnde Sicherung des Lebensunterhalts entgegen.
64 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Dabei kann offenbleiben, ob die Bestimmung des Begriffs der Unzumutbarkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Variante 2 StAG grundsätzliche Bedeutung hat. Denn die Frage ist mangels Vorliegens der Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entscheidungserheblich.
65 
Beschluss vom 22. Januar 2014
66 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
67 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband, was ihm von der Beklagten wegen Aktivitäten zugunsten der verbotenen PKK verwehrt wird.
Der Kläger, ein am ... geborener türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, gelangte 1998 in die Bundesrepublik Deutschland und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gab diesem Antrag mit Bescheid vom 14.12.1998 statt. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage des Bundesbeauftragten für Asyl wurde letztinstanzlich mit Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 22.11.2002 abgewiesen (VG Stuttgart: A 3 K 10030/99; VGH Ba.-Wü.: A 12 S 175/01). In diesen Entscheidungen sowie denjenigen im Parallel-Verfahren der jetzigen Ehefrau des Klägers (VG Stuttgart: A 3 K 10172/99; VGH Ba.-Wü.: A 12 S 174/01) wird auf Aktivitäten des Klägers zugunsten der PKK seit 1994 verwiesen. Auch der Bruder des Klägers sei vom Staatssicherheitsgericht ... durch Urteil vom 02.07.2002 wegen Unterstützung der PKK zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden. Schließlich habe der Kläger in einem kurzen Rundfunkbeitrag im kurdischen Sender Medya-TV anlässlich des bevorstehenden Ramadan am 27.12.2000 u.a. geäußert: „... ich gratuliere dem Führer aller Führer, Abdullah Öcalan zum Ramazan-Fest. Ich gratuliere anlässlich des Ramazan-Festes auch den Freunden, die als Guerilla in den Bergen kämpfen. Ich gratuliere ferner den Freunden, die im Kerker Widerstand leisten. Ich tadele die Besatzer, die Süd-Kurdistan besetzen. Ich habe einen Aufruf an das kurdische Volk: Es soll nicht gegen diese Besatzung schweigen !...“.
Im Jahr 2007 leitete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Widerrufs-verfahren bezüglich der Asylanerkennung des Klägers ein. Der Widerrufsbescheid vom 17.01.2008 wurde indes durch Urteil des VG Stuttgart vom 09.06.2008 (A 11 K 421/08) aufgehoben. Darin ist u.a. ausgeführt, dem Kläger sei seinerzeit als Unterstützer der PKK in der Türkei wegen eigener PKK-Aktivitäten und demzufolge drohender politischer Verfolgung Asyl gewährt worden. Mit Blick darauf lägen die Widerrufsvoraussetzungen nicht vor.
Der Kläger erhielt nach der Bestandskraft seiner Asylanerkennung im Jahre 2003 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, heute: Niederlassungserlaubnis. Er ist Inhaber eines Reiseausweises nach der GFK.
Im Jahre 2002 hat der Kläger im Bundesgebiet die Mutter der gemeinsamen fünf Kinder geheiratet, mit der er zuvor nur nach islamischen Vorschriften verbunden war. Die Kinder, die zwischen 1990 und 2001 zur Welt gekommen sind, besitzen sämtlich inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 03.08.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Hierfür notwendige Unterlagen legte er vor. Ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und Erklärung der Loyalität insoweit gab er unter dem 03.08.2009 ab. Die Erwerbsbiographie des Klägers weist erhebliche Zeiten von Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug nach dem SGB II auf. So gab das Job-Center ... gegenüber der Beklagten einen fortwährenden Leistungsbezug von 01.01.2005 bis 30.06.2010 an. Der Kläger selbst teilte mit, er habe von Oktober 2001 bis Mai 2003 in einem Dönerladen in ..., von Juli bis November 2004 bei einem Kebab-Betrieb in ... und ab Mai 2008 bei einer Gebäudereinigungsfirma in ... gearbeitet, wobei er zum Umfang der Tätigkeit und zum Einkommen zunächst keine Nachweise vorlegte. Die betreffende Gebäudereinigungsfirma bescheinigte dem Kläger, ab 01.02.2009 dort beschäftigt zu sein und seit 01.08.2009, bei Vollzeit-Tätigkeit, monatlich EUR 1.505,- zu verdienen. Im September 2010 schließlich, nachdem die Beklagte den ungesicherten Lebensunterhalt im Verfahren problematisiert hatte, legte der Kläger einen Arbeitsvertrag mit der Firma seines Bruders vor, wonach er dort ab 01.09.2010 unbefristet für brutto/monatlich EUR 2150,- beschäftigt sei.
Bereits unter dem 05.02.2010 hatte die Beklagte auf eine entsprechende Anfrage die Mitteilung des Innenministeriums Baden-Württemberg erhalten, der Kläger sei im Zusammenhang mit der verbotenen PKK bekannt geworden. Namentlich sei er bei der Gründungsversammlung des Kurdisch-Deutschen-Freundschaftsverein e.V. in ... im Jahre 2006 zum Kassier gewählt worden. Dieser Verein sei als PKK-nah einzustufen. Auch sei der Kläger auf einer Mitglieder-Liste des ebenfalls PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. in ... erfasst.
Daraufhin legte die Beklagte dem Kläger ein Merkblatt zur Verfassungstreue vor und ließ sich vom Kläger am 03.11.2010 erneut eine Bekenntnis- und Loyalitätserklärung, die auf dieses Merkblatt Bezug nimmt, unterschreiben. Auf entsprechende Frage ist darin vom Kläger durch Ankreuzen angegeben, er habe früher inkriminierte Bestrebungen verfolgt oder unterstützt, sich aber inzwischen abgewandt. Hierzu wird von ihm weiter ausgeführt, er habe im Jahr 2006 für ein Jahr den Kurdisch-Deutschen- Freundschaftsverein unterstützt; inzwischen gehe er dort nur noch Kaffee trinken, habe aber nichts mehr mit dem Verein zu tun. Auch beim Mesopotamischen Kulturverein in ... sei er lediglich ein Jahr Mitglied gewesen, aber nicht aktiv.
In einer handschriftlichen Anmerkung hielt die Sachbearbeiterin der Beklagten ergänzend fest, trotz Zertifikat habe sich der Kläger hierbei das Wesentliche von seiner Tochter übersetzen und erklären lassen müssen.
10 
Mit Schreiben vom 04.11.2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, zu den vorliegenden Erkenntnissen über seine Nähe zur PKK weiter vorzutragen. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 22.11.2010 nahm der Kläger hierzu Stellung. Im Mesopotamischen Kulturverein sei er im Jahre 2004 für ungefähr ein Jahr Mitglied ohne besondere Funktion gewesen. Er habe kulturelle und gesellige Veranstaltungen besucht und Freunde getroffen. Gelegentlich habe er auch politische Veranstaltungen, die dort abgehalten worden seien, besucht. Im Jahr 2006 sei er dann in den Gründungsvorstand des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein e.V. in ... gewählt worden. Er habe sich dort betätigt, weil sich dieser Verein satzungsgemäß für den kulturellen Austausch zwischen Kurden und Deutschen sowie für die Integration der in Deutschland lebenden Kurden einsetze. Bei der Wiederwahl ein Jahr später sei er von anderen Vereinsmitgliedern kritisiert worden, dass er keine Veranstaltungen über die politische Situation in Türkisch-Kurdistan organisiert habe. Der Kläger habe sich zu seiner Verteidigung auf die Vereinssatzung berufen aber feststellen müssen, dass er mit seiner Auffassung in der Minderheit gewesen sei. Er habe dann erklärt, nicht mehr zur Wiederwahl zu kandidieren und sei aus dem Verein ausgetreten. Nur weil er dort weiterhin Freunde habe, besuche er den Verein gelegentlich. Zweifel an der Ernsthaftigkeit seines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung könne man in alldem nicht sehen.
11 
Auf nochmalige Nachfrage der Beklagten bekräftigte der Kläger mit Schriftsatz vom 26.01.2011 diese Sicht der Dinge.
12 
Mit Erlass vom 01.04.2011 wandte sich das Innenministerium Baden-Württemberg an die Beklagte und bat, den Einbürgerungsantrag des Klägers nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG abzulehnen.
13 
Nach erneuter vorheriger Anhörung lehnte die Beklagte schließlich mit Bescheid vom 21.06.2011 die Einbürgerung des Klägers ab. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, die kurdische PKK sei eine Vereinigung, die Ziele im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolge. Lägen Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass der Einbürgerungsbewerber solche Bestrebungen verfolge oder unterstütze, sei die Einbürgerung ausgeschlossen. Dies sei beim Kläger aufgrund seiner Mitgliedschaften bzw. der Vorstandstätigkeit in den PKK-nahen Vereinen der Fall. Damit obliege es dem Einbürgerungsbewerber glaubhaft zu machen, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt habe. Der Kläger habe im Verfahren seine Unterstützungshandlungen aber verharmlost, indem er sie auf die Ebene von kulturellen und geselligen Veranstaltungen reduziert habe. Es sei nichts vorgetragen, was als Abwendung bisheriger Unterstützungshandlungen betrachtet werden könne. Es lasse sich nicht erkennen, dass beim Kläger ein Bewusstseinswandel stattgefunden habe, zumal er die Aktivitäten der PKK-nahen Vereine und seine eigenen Aktivitäten verharmlose und auf die Elemente der Brauchtumspflege reduziere. Auch der Versuch, sich als unpolitischer Mitläufer darzustellen, sei angesichts seiner Stellung als Vorstandsmitglied fragwürdig. Mangels glaubhafter Abwendung könne eine Einbürgerung daher nicht erfolgen.
14 
Der Kläger hat gegen diesen Bescheid fristgerecht Widerspruch eingelegt. Zur Begründung berief er sich auf sein bisheriges Vorbringen.
15 
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2011, zugestellt am 07.12.2011, wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung ist auf den Ausgangsbescheid der Beklagten Bezug genommen. Auch im Widerspruchsverfahren habe der Kläger nichts vorgetragen, was als Abwendung von seinen bisherigen Unterstützungshandlungen betrachtet werden könne.
16 
Der Kläger hat am 02.01.2012 das Verwaltungsgericht angerufen. Er bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen. § 11 StAG stehe der Einbürgerung nicht entgegen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
den Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Klage abzuweisen.
21 
Zur Begründung verweist sie auf die angegriffenen Bescheide.
22 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Kläger ergänzend an, er stehe seit 01.07.2012 in einem neuen Arbeitsverhältnis bei einer Gebäudereinigungsfirma. Die Kündigungsfrist betrage zwei Wochen. Die Arbeitszeit sei vertraglich mit normal 40 Stunden vereinbart. Die Lohnhöhe ergebe sich aus den Einsatzorten und werde monatlich zwischen EUR 1584,- und EUR 2059,- brutto schwanken. Er sei zwischenzeitlich umgezogen. Die jetzige Wohnung sei über den Vereinsräumlichkeiten des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein in ... gelegen. Der Vermieter sei der griechische Gebäudeeigentümer, nicht der Verein.
23 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die beigezogenen früheren Asylverfahrensakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sind rechtmäßig und verletzen den Kläger somit nicht in seinen Rechten. Sie konnten vom Gericht daher auch nicht unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
25 
1. Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ).
26 
2. Der Kläger besitzt danach keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 7 bezeichneten Voraussetzungen - sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann - erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
27 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Kläger die Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, wonach für eine Anspruchseinbürgerung insoweit erforderlich ist, dass der Einbürgerungsbewerber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde nicht deutlich, dass diese Voraussetzung beim Kläger wirklich gegeben wäre. Zahlreiche Rückfragen des Einzelrichters, etwa zur Lebenssituation der Kinder, mussten ihm von seiner im Gerichtssaal anwesenden Ehefrau übersetzt werden. Antworten des Klägers selbst bestanden häufig nur aus einem Wort. Zwar bestimmt § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG, die Voraussetzungen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache liegen immer dann vor, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B 1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Der Kläger hat auch ein solches Zertifikat Deutsch im Einbürgerungsverfahren vorgelegt, das im April 2008 von einer Frankfurter Sprachenschule ausgestellt wurde. Ob er damit allerdings tatsächlich die Tatbestandsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, erscheint zweifelhaft. Absatz 4 Satz 1 der Norm geht nicht etwa davon aus, dass die Vorlage eines Zertifikates in jedem Fall gleichbedeutend ist mit der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals. Umgekehrt wird, bei offenkundigem Erfüllen des Erfordernisses ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, die Beibringung eines solchen Zertifikates von dieser Vorschrift auch gar nicht verlangt. § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG ist vielmehr als gesetzliche Definition des unbestimmten Rechtsbegriffes „ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache“ zu verstehen, die derjenige Ausländer besitzt, der die Anforderungen der Sprachprüfung des entsprechenden Zertifikates tatsächlich erfüllen würde. Dies scheint beim Kläger aber ausgesprochen zweifelhaft. Wie zu verfahren ist, wenn ein solches Zertifikat Deutsch zwar tatsächlich im Einbürgerungsverfahren vorgelegt wird, die Umstände seiner Erlangung aber im Dunkeln bleiben, und objektiv der Eindruck besteht, ausreichende Sprachkenntnisse liegen nicht vor, lässt das Gesetz offen. Im vorliegenden Fall muss dieser Frage auch nicht weiter nachgegangen werden, denn ein Einbürgerungsanspruch des Klägers besteht auch aus anderen Gründen nicht.
28 
Seiner Einbürgerung nach § 10 StAG steht bereits entgegen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) die Voraussetzung des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Norm nicht ausreichend erfüllt.
29 
Erforderlich insoweit ist, dass der Einbürgerungsbewerber den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann bzw. gegebenenfalls eine solche Inanspruchnahme nicht zu vertreten hätte. Zwar hat der Gesetzgeber des StAG insoweit eine etwas andere Formulierung gewählt, als sie in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG enthalten ist. Gleichwohl ist der Bedeutungsgehalt der Vorschrift insoweit identisch, als ihm ein prognostisches Element innewohnt, wonach auch im Falle der Einbürgerung gesichert sein muss, dass der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen jedenfalls auf eine absehbare Zeit bestritten werden kann (vgl. eingehend VG Berlin, Urt. v. 16.08.2005 - 2 A 99.04 -, zur wortgleichen Vorgängervorschrift). Der rechtlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG käme keine nennenswerte Bedeutung zu, würde man die Vorschrift - allein - so verstehen, dass der Einbürgerungsbewerber lediglich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorgang der Einbürgerung frei sein müsse von der Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen. Ein Einbürgerungsbewerber hätte es dann gleichsam in der Hand, trotz fehlender Unterhaltssicherung seine Einbürgerung zu beantragen und lediglich während der Endphase der Verfahrensbearbeitung etwa eine kurze Erwerbstätigkeit aufzunehmen, nach dem Vollzug der Einbürgerung aber in die Inanspruchnahme von Leistungen zurückzufallen. Hätte der Gesetzgeber solches ermöglichen wollen, hätte er auf § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG praktisch ganz verzichten können. Dasselbe gilt mit Blick auf die Frage, ob nur die tatsächliche Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII als einbürgerungsschädlich anzusehen ist, wohingegen ein materieller Leistungsanspruch, der nicht geltend gemacht wird, die Einbürgerung nicht hindern solle (so Geyer, HK-AuslR, § 10 StAG Rz 17). Auch dann könnte ein Einbürgerungswilliger seinen Leistungsbezug nur für relativ kurze Zeit unterbrechen, sich etwa von Verwandten unterstützen lassen, um nach erfolgter Einbürgerung alsbald den Leistungsbezug fortzusetzen. Eine derartige Auslegung ist mit dem Gesetzeszweck unvereinbar (VG Berlin, a.a.O.).
30 
§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG verlangt daher, jedenfalls für einen überschaubaren Prognosezeitraum, einen gesicherten Lebensunterhalt. Dies ist beim Kläger derzeit aber (noch) nicht zu erkennen. Der Kläger befand sich während seines Inlandsaufenthaltes nahezu fortlaufend im Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. solchen nach dem SGB II. Nur eine relativ kurze Zeit, während der Verfahrensbearbeitung seines Einbürgerungsantrages, war er durch eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit (bei seinem Bruder) und ergänzendem Bezug von Kindergeld und Kindergeldzuschlag in der Lage, für sich und seine Angehörigen auf Leistungen nach dem SGB II zu verzichten. Ausgehend von diesem Befund erlaubt die nunmehr neu aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einem andere Arbeitgeber zum 01.07.2012, also wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung, im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) nicht die Prognose, der Kläger werde auf absehbare Zeit vom Bezug von Sozialleistungen frei sein. Die bisherige Erwerbsbiographie des Klägers im Bundesgebiet trägt diese Annahme nicht. Nachdem auch sein jetziger Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von zwei Wochen aufweist, kann derzeit allenfalls von einer vagen Hoffnung gesprochen werden, ein entsprechender Leistungsbezug werde aufgrund eigener Erwerbstätigkeit des Klägers, des Bezuges von Kindergeld und eventuell vielleicht Kindergeldzuschlag, in einem absehbaren Prognosezeitraum nicht notwendig werden. Damit ist die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG jedoch noch nicht erfüllt.
31 
Ein Weiteres kommt hinzu. Der Einbürgerung des Klägers steht auch § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG entgegen.
32 
Nach § 11 S. 1 Nr. 1 StAG ist der Anspruch auf Einbürgerung u.a. ausgeschlossen, wenn zwar die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG geforderte Erklärung abgegeben wird, aber tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber nach dieser Vorschrift inkriminierte Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen inzwischen abgewendet hat.
33 
In der Rechtsprechung unbestritten ist, dass die kurdische PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - zu den Organisationen zählt, deren Wirken unter § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG fällt (zuletzt BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 – 5 C 1.11 -, DVBl 2012, 843 ).
34 
Beim Kläger liegen auch tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass er i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die PKK unterstützt hat.
35 
Als Unterstützung ist dabei jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist und die von der Person erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der jeweiligen Bestrebung vorgenommen wird (BVerwG, Urt. v. 22.02.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956; Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, NJW 2005, 3590). Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - ; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Tritt die inkriminierte Organisation in verfassten Strukturen in Erscheinung (e.V.), so liegt ein Unterstützen vor, wenn der Betreffende in den Organen dieser Organisation tätig ist (Hailbronner, in: Hail-bronner/Renner/Maßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 StAG Rn. 8; VGH Kassel, Beschl. v. 06. 01. 2006 - 12 UZ 3731/04 - NVwZ-RR 2006, 429). Dies gilt auch, wenn die Übernahme der Funktionärstätigkeit mit dem Willen geschieht, nicht selbst Verantwortung übernehmen zu wollen, aber als „Strohmann“ das Tätig werden der eigentlich Verantwortlichen vor den Blicken der deutschen Behörden zu verbergen (VG Stuttgart, Urt. v. 12.10.2005 - 11 K 1429/04 -, ). Aber auch die aktive Mitgliedschaft im einem Verein, der organisatorischer Zusammenschluss einer nach § 11 S. 1 StAG inkriminierten Bestrebung ist, kann einem Einbürgerungsanspruch bereits entgegenstehen (vgl. VG Gießen, Urt. v. 03.05.2004 - 10 E 2961/03 -, BeckRS 2005, 24267). Dies gilt, wenn feststellbar ist, dass der vereinsrechtliche Zusammenschluss gerade dazu dient, der betreffenden Gruppierung sowohl zum organisatorischen Zusammenhalt nach innen als auch zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung nach außen zu verhelfen. Dasselbe gilt schließlich, wenn durch zahlreiche Teilnahme an - öffentlichen oder internen - Veranstaltungen der nämliche Effekt erzielt werden soll, um durch das gemeinsame Auftreten der Anhängerschaft Abwanderungstendenzen entgegenzusteuern und die Mobilisierung - auch neuer Anhänger - zu ermöglichen.
36 
Allerdings muss die Bedeutung einer Unterstützung derartiger Bestrebungen seines Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 1 StAG befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch vereinsrechtlich erlaubte mitgliedschaftliche Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG,§ 54 nr. 5 aufenthg> NVwZ 2005, 1091).
37 
Dass der Einbürgerungsbewerber inkriminierte Bestrebungen im Sinne von § 11 S. 1 Nr. 1 StAG unterstützt oder unterstützt hat, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (etwa Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - ; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
38 
Gemessen an diesen Maßstäben liegen ausreichend tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der PKK in der Vergangenheit unterstützt hat.
39 
Bereits im vorangegangenen Asylverfahren und im Asylwiderrufsverfahren hat sich der Kläger darauf bezogen, in seinem Heimatland Türkei die PKK unterstützt zu haben und nicht etwa darauf, lediglich zu Unrecht der Unterstützung verdächtigt worden zu sein. In den Asylverfahren wurde auch vorgetragen, er habe über einen Rundfunksender am 27.12.2000 eine Großbotschaft an den „Führer aller Führer“ Öcalan verbreitet sowie Gratulationen an die Kämpfer und Inhaftierten und einen Aufruf an andere Kurden, nicht zu schweigen. Der Kläger hat sich daher in der Vergangenheit stets solcher Unterstützungshandlungen ausdrücklich berühmt.
40 
Vor diesem Hintergrund sind dann aber auch die Aktivitäten des Klägers im Bundesgebiet zu betrachten. Der Kläger war zunächst Mitglied im Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ..., der „... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, ; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urt. v. 08.07.2009 - 13 S 358/09 -, ). Dabei ist davon auszugehen, dass die Angaben des Klägers, dort nur ein Jahr lang Mitglied gewesen zu sein, nicht zutrifft. Nach der Erkenntnis des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.), bezeichnet die bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 aufgefundene Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004, auf der auch der Kläger im vorliegenden Verfahren verzeichnet ist, die einzelnen Mitglieder mit dem Zeitpunkt ihres Eintritts („seit dem Jahr 2000“). Da auch die Mitgliedsnummer des Klägers ein entsprechendes Datum aufweist, bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme (vgl. oben), dass der Kläger schon etliche Jahre im Mesopotamischen Kulturverein e.V. Mitglied war. Dies mag zunächst dahinstehen, da auch die Beklagte über ein diesbezügliches aktives Engagement des Klägers im oben dargestellten Sinne insoweit nichts berichtet.
41 
Jedenfalls aber mit der Übernahme eines Vorstandspostens anlässlich der Gründungsversammlung des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsvereins e.V. in ... liegt eine weitere Unterstützungshandlung insoweit vor. Denn der Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e.V. weist eine solche Übereinstimmung mit dem Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ... auf, dass auch insoweit die Annahme gerechtfertigt ist, dieser stelle den örtlichen „PKK-Verein“, nunmehr für ... dar.
42 
Nach dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 09.02.2009, der in den Verwaltungsakten der Beklagten enthalten ist (Anl. zu AS 27), ist der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... ebenfalls Mitglied der „Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V.“ (YEK-KOM), welcher wiederum der PKK nahe steht. Bei der YEK-KOM handelt es sich um einen Dachverband, in dem überwiegend PKK-nahe örtliche Kurdenvereine zusammengeschlossen sind. Im Arbeitsprogramm der YEK-KOM ist die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM bei ihren Veranstaltungen und Aktionen dargestellten Themen liegen im Interessenbereich der PKK, worunter insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbotes sowie die Freilassung Abdullah Öcalans fallen. Hochrangige YEK-KOM Funktionäre beteiligen sich an PKK-Aktionen und treten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.; und bereits Urt. v. 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, ). Der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... dient insoweit im Raum ... als Anlaufstelle für Anhänger und Sympathisanten der PKK. In den Vereinsräumlichkeiten finden auch interne Veranstaltungen mit Bezügen zur PKK statt (vgl. die Aufzählung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz v. 09.02.2009).
43 
Die Übernahme eines Vorstandspostens im Rahmen der Gründungsveranstaltung ist daher im oben dargestellten Sinne ebenfalls als Unterstützungshandlung anzusehen. Als Kassenwart gehört der Kläger dem Vereinsvorstand an und konnte damit kraft seines Amtes auf die inhaltliche Ausrichtung des Vereins Einfluss nehmen. Die Funktion des Kassenwartes weist dem Kläger darüber hinaus eines besondere Vertrauensstellung zu. Der Einzelrichter schließt es aus, dass die klandestin operierende PKK, bzw. ihre örtlichen Unterstützer-Vereine (vgl. oben) gerade finanzielle Angelegenheiten, die für das operative Geschäft der Organisation von tragender Bedeutung sind, einer aus ihrer Sicht unzuverlässigen Person anvertrauen würde. Auch insoweit ist maßgeblich, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn der Kläger das Amt des Kassenwartes nur „pro Forma“ geführt hätte, im Hintergrund aber ein anderer Funktionsträger die Finanzen im Interesse der PKK geführt hätte, dessen Wirken aber durch das formale Amt des Klägers im Verborgenen geblieben wäre. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits als Gründungsmitglied die inhaltliche Ausrichtung des Vereins mit beeinflussen konnte. Eine Unterstützungshandlung im oben dargestellten Sinne liegt daher auch insoweit vor.
44 
Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) dieser Unterstützungshandlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen der PKK muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger hat sich schon Jahre zuvor im Umfeld der PKK bewegt. Er stand der PKK bereits in der Türkei nahe und trat schon 2000 dem Mesopotamischen Kulturverein in Stuttgart bei. Es können für ihn daher keine Zweifel geherrscht haben, dass nach den konkreten Vorgängen in den Vereinsräumen, den Abläufen von Veranstaltungen, gezeigten Fahnen, vorhandenen Portraits oder gehaltenen Reden, er sich jeweils bei ureigenen PKK-Vereinigungen befunden haben muss. Ein zufälliges "Hineinschlittern" eines politisch Unbedarften ist hier völlig ausgeschlossen.
45 
Der Kläger konnte dem Gericht zuletzt auch nicht glaubhaft machen, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG inkriminierten Bestrebungen nunmehr abgewandt hat.
46 
An das Sich-Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG werden keine strengeren Beweisanforderungen als an den Ausschlussgrund selbst gestellt. Denn die Glaubhaftmachung bezeichnet ein herabgesetztes Beweismaß. Hinsichtlich der an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen sind Art, Gewicht, Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt des einbürgerungsschädlichen Verhaltens zu beachten. Die Anforderungen sind in der Regel umso höher, je stärker das Gewicht des einbürgerungsschädlichen Verhaltens ist und je näher dieses Verhalten zeitlich an die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag heranreicht (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.).
47 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfordert aber mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen. Es setzt daneben einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass zukünftig keine Unterstützung inkriminierter Bestrebungen mehr erfolgen wird (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Dabei ist eine Gesamtschau der für und gegen eine Abwendung sprechenden Faktoren vorzunehmen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert hat und daher künftig eine Verfolgung oder Unterstützung von - wie hier - sicherheitsgefährdenden Bestrebungen durch ihn auszuschließen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.). Der Ausländer muss in jedem Fall einräumen oder zumindest nicht bestreiten, in der Vergangenheit eine Bestrebung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt zu haben. Er muss aber nicht seine in der Vergangenheit liegenden Handlungen bedauern, als falsch bzw. irrig verurteilen oder ihnen abschwören (vgl. Berlit a.a.O. Rn. 152 und 158; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 Rn. 17 ff. jeweils m.w.N.). Es muss aber zumindest erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
48 
Der Kläger hat seine Unterstützungshandlungen in der Vergangenheit zwar - teilweise - eingeräumt, diese aber sogleich auf kulturelles Interesse, „Brauchtumspflege“ und Freundschafts-Kontakte hin relativiert. Zwar hat er seine Vorstandstätigkeit im „Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein e. V.“ weniger als zwei Jahre wahrgenommen und sich bereits 2007 nicht mehr zur Wahl gestellt. Auf der anderen Seite besucht der Kläger aber weiterhin dort Veranstaltungen und trifft sich mit anderen Vereinsmitgliedern. Dass er nicht auch räumliche Distanz sucht, zeigt der Umstand, dass er ausgerechnet die über den Vereinsräumen gelegene Wohnung angemietet hat. Berücksichtigt man, dass die PKK gegenüber „Abweichlern“ und „Abtrünnigen“ durchaus zu „Bestrafungsaktionen“ neigt (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.), spricht auch dieser Gesichtspunkt einer tatsächlichen Abwendung ebenso entgegen wie der Umstand, dass der Kläger keinerlei Gründe für seinen angeblichen Bewusstseinswandel vorgetragen hat. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Zielen der PKK und den beiden diese unterstützenden Vereine, die auf einen Lernprozess des Klägers schließen lassen, hat er nicht substantiiert dargelegt und ist auch den Umständen nicht zu entnehmen. Da ein Abwenden aber mehr erfordert, als ein bloßes Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen, wäre es notwendig gewesen, dass Kläger detailliert und nachvollziehbar geschildert hätte, aus welchen Gründen er die Ziele der PKK zwischenzeitlich ablehnt. Ein solcher Sinneswandel ist nach den Angaben des Klägers nicht anzunehmen, da er auf Grund des weiter bestehenden Kontakts und der Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen keinen Bewusstseinswandel vollzogen zu haben scheint.
49 
Zuletzt ist auch eine Abwendung der PKK von den inkriminierten Bestrebungen selbst - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen in der Vergangenheit in einer Weise gewandelt haben, dass eine weiter bestehende Nähe zu diesen Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erscheinen könnte. An dem strikt hierarchischen Aufbau und an der autoritären Führung der Organisation hat sich nichts geändert, weshalb statt freier Meinungsäußerung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam gilt. Dabei stellt Gewalt weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele dar und mit der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes wird immer noch gedroht (vgl. die Darstellung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 05.02.2009, a.a.O. sowie die Jahresberichte des Landesamtes der letzten Jahre seit 1999).
50 
3. Ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung auf der Rechtsgrundlage des § 8 StAG besteht gleichfalls nicht, da der Versagungsgrunds des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG auch insoweit entgegensteht. Die Voraussetzung nach Nr. 4 der Norm liegt mangels gesichertem Lebensunterhalt (vgl. oben) ebenfalls nicht vor.
51 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
24 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sind rechtmäßig und verletzen den Kläger somit nicht in seinen Rechten. Sie konnten vom Gericht daher auch nicht unter Ausspruch einer entsprechenden Verpflichtung aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
25 
1. Die Frage, ob dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch zukommt, beurteilt sich nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, InfAuslR 1996, 399 und VGH Ba.-Wü., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - zit. nach ).
26 
2. Der Kläger besitzt danach keinen Einbürgerungsanspruch nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 StAG ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, - was hier unstreitig gegeben ist - einzubürgern, wenn er die in dieser Vorschrift unter Nr. 1 bis Nr. 7 bezeichneten Voraussetzungen - sofern von diesen nicht nach § 12 oder nach § 12 a Abs. 1 StAG abgesehen wird oder abgesehen werden kann - erfüllt und kein Grund vorliegt, der gemäß § 11 Satz 1 StAG diesen Einbürgerungsanspruch hindert.
27 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Kläger die Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, wonach für eine Anspruchseinbürgerung insoweit erforderlich ist, dass der Einbürgerungsbewerber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde nicht deutlich, dass diese Voraussetzung beim Kläger wirklich gegeben wäre. Zahlreiche Rückfragen des Einzelrichters, etwa zur Lebenssituation der Kinder, mussten ihm von seiner im Gerichtssaal anwesenden Ehefrau übersetzt werden. Antworten des Klägers selbst bestanden häufig nur aus einem Wort. Zwar bestimmt § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG, die Voraussetzungen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache liegen immer dann vor, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B 1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Der Kläger hat auch ein solches Zertifikat Deutsch im Einbürgerungsverfahren vorgelegt, das im April 2008 von einer Frankfurter Sprachenschule ausgestellt wurde. Ob er damit allerdings tatsächlich die Tatbestandsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG erfüllt, erscheint zweifelhaft. Absatz 4 Satz 1 der Norm geht nicht etwa davon aus, dass die Vorlage eines Zertifikates in jedem Fall gleichbedeutend ist mit der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals. Umgekehrt wird, bei offenkundigem Erfüllen des Erfordernisses ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, die Beibringung eines solchen Zertifikates von dieser Vorschrift auch gar nicht verlangt. § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG ist vielmehr als gesetzliche Definition des unbestimmten Rechtsbegriffes „ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache“ zu verstehen, die derjenige Ausländer besitzt, der die Anforderungen der Sprachprüfung des entsprechenden Zertifikates tatsächlich erfüllen würde. Dies scheint beim Kläger aber ausgesprochen zweifelhaft. Wie zu verfahren ist, wenn ein solches Zertifikat Deutsch zwar tatsächlich im Einbürgerungsverfahren vorgelegt wird, die Umstände seiner Erlangung aber im Dunkeln bleiben, und objektiv der Eindruck besteht, ausreichende Sprachkenntnisse liegen nicht vor, lässt das Gesetz offen. Im vorliegenden Fall muss dieser Frage auch nicht weiter nachgegangen werden, denn ein Einbürgerungsanspruch des Klägers besteht auch aus anderen Gründen nicht.
28 
Seiner Einbürgerung nach § 10 StAG steht bereits entgegen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) die Voraussetzung des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Norm nicht ausreichend erfüllt.
29 
Erforderlich insoweit ist, dass der Einbürgerungsbewerber den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann bzw. gegebenenfalls eine solche Inanspruchnahme nicht zu vertreten hätte. Zwar hat der Gesetzgeber des StAG insoweit eine etwas andere Formulierung gewählt, als sie in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG enthalten ist. Gleichwohl ist der Bedeutungsgehalt der Vorschrift insoweit identisch, als ihm ein prognostisches Element innewohnt, wonach auch im Falle der Einbürgerung gesichert sein muss, dass der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen jedenfalls auf eine absehbare Zeit bestritten werden kann (vgl. eingehend VG Berlin, Urt. v. 16.08.2005 - 2 A 99.04 -, zur wortgleichen Vorgängervorschrift). Der rechtlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG käme keine nennenswerte Bedeutung zu, würde man die Vorschrift - allein - so verstehen, dass der Einbürgerungsbewerber lediglich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorgang der Einbürgerung frei sein müsse von der Inanspruchnahme der genannten Sozialleistungen. Ein Einbürgerungsbewerber hätte es dann gleichsam in der Hand, trotz fehlender Unterhaltssicherung seine Einbürgerung zu beantragen und lediglich während der Endphase der Verfahrensbearbeitung etwa eine kurze Erwerbstätigkeit aufzunehmen, nach dem Vollzug der Einbürgerung aber in die Inanspruchnahme von Leistungen zurückzufallen. Hätte der Gesetzgeber solches ermöglichen wollen, hätte er auf § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG praktisch ganz verzichten können. Dasselbe gilt mit Blick auf die Frage, ob nur die tatsächliche Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII als einbürgerungsschädlich anzusehen ist, wohingegen ein materieller Leistungsanspruch, der nicht geltend gemacht wird, die Einbürgerung nicht hindern solle (so Geyer, HK-AuslR, § 10 StAG Rz 17). Auch dann könnte ein Einbürgerungswilliger seinen Leistungsbezug nur für relativ kurze Zeit unterbrechen, sich etwa von Verwandten unterstützen lassen, um nach erfolgter Einbürgerung alsbald den Leistungsbezug fortzusetzen. Eine derartige Auslegung ist mit dem Gesetzeszweck unvereinbar (VG Berlin, a.a.O.).
30 
§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG verlangt daher, jedenfalls für einen überschaubaren Prognosezeitraum, einen gesicherten Lebensunterhalt. Dies ist beim Kläger derzeit aber (noch) nicht zu erkennen. Der Kläger befand sich während seines Inlandsaufenthaltes nahezu fortlaufend im Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. solchen nach dem SGB II. Nur eine relativ kurze Zeit, während der Verfahrensbearbeitung seines Einbürgerungsantrages, war er durch eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit (bei seinem Bruder) und ergänzendem Bezug von Kindergeld und Kindergeldzuschlag in der Lage, für sich und seine Angehörigen auf Leistungen nach dem SGB II zu verzichten. Ausgehend von diesem Befund erlaubt die nunmehr neu aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einem andere Arbeitgeber zum 01.07.2012, also wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung, im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. oben) nicht die Prognose, der Kläger werde auf absehbare Zeit vom Bezug von Sozialleistungen frei sein. Die bisherige Erwerbsbiographie des Klägers im Bundesgebiet trägt diese Annahme nicht. Nachdem auch sein jetziger Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von zwei Wochen aufweist, kann derzeit allenfalls von einer vagen Hoffnung gesprochen werden, ein entsprechender Leistungsbezug werde aufgrund eigener Erwerbstätigkeit des Klägers, des Bezuges von Kindergeld und eventuell vielleicht Kindergeldzuschlag, in einem absehbaren Prognosezeitraum nicht notwendig werden. Damit ist die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG jedoch noch nicht erfüllt.
31 
Ein Weiteres kommt hinzu. Der Einbürgerung des Klägers steht auch § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG entgegen.
32 
Nach § 11 S. 1 Nr. 1 StAG ist der Anspruch auf Einbürgerung u.a. ausgeschlossen, wenn zwar die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG geforderte Erklärung abgegeben wird, aber tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber nach dieser Vorschrift inkriminierte Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn dass sich der Einbürgerungsbewerber von der früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen inzwischen abgewendet hat.
33 
In der Rechtsprechung unbestritten ist, dass die kurdische PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - zu den Organisationen zählt, deren Wirken unter § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG fällt (zuletzt BVerwG, Urt. v. 20.03.2012 – 5 C 1.11 -, DVBl 2012, 843 ).
34 
Beim Kläger liegen auch tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass er i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG die PKK unterstützt hat.
35 
Als Unterstützung ist dabei jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. Bestimmung objektiv vorteilhaft ist und die von der Person erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der jeweiligen Bestrebung vorgenommen wird (BVerwG, Urt. v. 22.02.2007 - 5 C 20.05 -, NVwZ 2007, 956; Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, NJW 2005, 3590). Dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (vgl. VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - ; Berlit in GK-StAR § 11 StAG RdNr. 96 ff.). Tritt die inkriminierte Organisation in verfassten Strukturen in Erscheinung (e.V.), so liegt ein Unterstützen vor, wenn der Betreffende in den Organen dieser Organisation tätig ist (Hailbronner, in: Hail-bronner/Renner/Maßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 StAG Rn. 8; VGH Kassel, Beschl. v. 06. 01. 2006 - 12 UZ 3731/04 - NVwZ-RR 2006, 429). Dies gilt auch, wenn die Übernahme der Funktionärstätigkeit mit dem Willen geschieht, nicht selbst Verantwortung übernehmen zu wollen, aber als „Strohmann“ das Tätig werden der eigentlich Verantwortlichen vor den Blicken der deutschen Behörden zu verbergen (VG Stuttgart, Urt. v. 12.10.2005 - 11 K 1429/04 -, ). Aber auch die aktive Mitgliedschaft im einem Verein, der organisatorischer Zusammenschluss einer nach § 11 S. 1 StAG inkriminierten Bestrebung ist, kann einem Einbürgerungsanspruch bereits entgegenstehen (vgl. VG Gießen, Urt. v. 03.05.2004 - 10 E 2961/03 -, BeckRS 2005, 24267). Dies gilt, wenn feststellbar ist, dass der vereinsrechtliche Zusammenschluss gerade dazu dient, der betreffenden Gruppierung sowohl zum organisatorischen Zusammenhalt nach innen als auch zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung nach außen zu verhelfen. Dasselbe gilt schließlich, wenn durch zahlreiche Teilnahme an - öffentlichen oder internen - Veranstaltungen der nämliche Effekt erzielt werden soll, um durch das gemeinsame Auftreten der Anhängerschaft Abwanderungstendenzen entgegenzusteuern und die Mobilisierung - auch neuer Anhänger - zu ermöglichen.
36 
Allerdings muss die Bedeutung einer Unterstützung derartiger Bestrebungen seines Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation, nicht aber auch deren Bestrebungen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 1 StAG befürwortet - sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch vereinsrechtlich erlaubte mitgliedschaftliche Tätigkeiten nach außen vertritt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, zum insoweit verwandten Begriff des „Unterstützens einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt“ - Ausweisungs- und besonderer Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative, § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG,§ 54 nr. 5 aufenthg> NVwZ 2005, 1091).
37 
Dass der Einbürgerungsbewerber inkriminierte Bestrebungen im Sinne von § 11 S. 1 Nr. 1 StAG unterstützt oder unterstützt hat, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Andererseits genügen allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, nicht. Erforderlich ist eine wertende Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (etwa Art. 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind. Dabei können aber auch legale Betätigungen herangezogen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - ; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.; Berlit, a.a.O. RdNr. 87 ff.). Mit § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.; VGH München, Urt. v. 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - a.a.O.).
38 
Gemessen an diesen Maßstäben liegen ausreichend tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die entsprechenden Bestrebungen der PKK in der Vergangenheit unterstützt hat.
39 
Bereits im vorangegangenen Asylverfahren und im Asylwiderrufsverfahren hat sich der Kläger darauf bezogen, in seinem Heimatland Türkei die PKK unterstützt zu haben und nicht etwa darauf, lediglich zu Unrecht der Unterstützung verdächtigt worden zu sein. In den Asylverfahren wurde auch vorgetragen, er habe über einen Rundfunksender am 27.12.2000 eine Großbotschaft an den „Führer aller Führer“ Öcalan verbreitet sowie Gratulationen an die Kämpfer und Inhaftierten und einen Aufruf an andere Kurden, nicht zu schweigen. Der Kläger hat sich daher in der Vergangenheit stets solcher Unterstützungshandlungen ausdrücklich berühmt.
40 
Vor diesem Hintergrund sind dann aber auch die Aktivitäten des Klägers im Bundesgebiet zu betrachten. Der Kläger war zunächst Mitglied im Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ..., der „... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; (VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, ; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urt. v. 08.07.2009 - 13 S 358/09 -, ). Dabei ist davon auszugehen, dass die Angaben des Klägers, dort nur ein Jahr lang Mitglied gewesen zu sein, nicht zutrifft. Nach der Erkenntnis des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.), bezeichnet die bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 aufgefundene Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004, auf der auch der Kläger im vorliegenden Verfahren verzeichnet ist, die einzelnen Mitglieder mit dem Zeitpunkt ihres Eintritts („seit dem Jahr 2000“). Da auch die Mitgliedsnummer des Klägers ein entsprechendes Datum aufweist, bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme (vgl. oben), dass der Kläger schon etliche Jahre im Mesopotamischen Kulturverein e.V. Mitglied war. Dies mag zunächst dahinstehen, da auch die Beklagte über ein diesbezügliches aktives Engagement des Klägers im oben dargestellten Sinne insoweit nichts berichtet.
41 
Jedenfalls aber mit der Übernahme eines Vorstandspostens anlässlich der Gründungsversammlung des Kurdisch-Deutschen Freundschaftsvereins e.V. in ... liegt eine weitere Unterstützungshandlung insoweit vor. Denn der Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e.V. weist eine solche Übereinstimmung mit dem Mesopotamischen Kulturverein e.V. in ... auf, dass auch insoweit die Annahme gerechtfertigt ist, dieser stelle den örtlichen „PKK-Verein“, nunmehr für ... dar.
42 
Nach dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 09.02.2009, der in den Verwaltungsakten der Beklagten enthalten ist (Anl. zu AS 27), ist der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... ebenfalls Mitglied der „Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V.“ (YEK-KOM), welcher wiederum der PKK nahe steht. Bei der YEK-KOM handelt es sich um einen Dachverband, in dem überwiegend PKK-nahe örtliche Kurdenvereine zusammengeschlossen sind. Im Arbeitsprogramm der YEK-KOM ist die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM bei ihren Veranstaltungen und Aktionen dargestellten Themen liegen im Interessenbereich der PKK, worunter insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbotes sowie die Freilassung Abdullah Öcalans fallen. Hochrangige YEK-KOM Funktionäre beteiligen sich an PKK-Aktionen und treten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen (vgl. VGH Ba.-Wü., Urt. v. 16.05.2012, a.a.O.; und bereits Urt. v. 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, ). Der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ in ... dient insoweit im Raum ... als Anlaufstelle für Anhänger und Sympathisanten der PKK. In den Vereinsräumlichkeiten finden auch interne Veranstaltungen mit Bezügen zur PKK statt (vgl. die Aufzählung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz v. 09.02.2009).
43 
Die Übernahme eines Vorstandspostens im Rahmen der Gründungsveranstaltung ist daher im oben dargestellten Sinne ebenfalls als Unterstützungshandlung anzusehen. Als Kassenwart gehört der Kläger dem Vereinsvorstand an und konnte damit kraft seines Amtes auf die inhaltliche Ausrichtung des Vereins Einfluss nehmen. Die Funktion des Kassenwartes weist dem Kläger darüber hinaus eines besondere Vertrauensstellung zu. Der Einzelrichter schließt es aus, dass die klandestin operierende PKK, bzw. ihre örtlichen Unterstützer-Vereine (vgl. oben) gerade finanzielle Angelegenheiten, die für das operative Geschäft der Organisation von tragender Bedeutung sind, einer aus ihrer Sicht unzuverlässigen Person anvertrauen würde. Auch insoweit ist maßgeblich, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn der Kläger das Amt des Kassenwartes nur „pro Forma“ geführt hätte, im Hintergrund aber ein anderer Funktionsträger die Finanzen im Interesse der PKK geführt hätte, dessen Wirken aber durch das formale Amt des Klägers im Verborgenen geblieben wäre. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits als Gründungsmitglied die inhaltliche Ausrichtung des Vereins mit beeinflussen konnte. Eine Unterstützungshandlung im oben dargestellten Sinne liegt daher auch insoweit vor.
44 
Aber auch die vorausgesetzte Erkenn- und Zurechenbarkeit (vgl. oben) dieser Unterstützungshandlungen in Bezug auf die inkriminierten Bestrebungen der PKK muss vorliegend bejaht werden. Der Kläger hat sich schon Jahre zuvor im Umfeld der PKK bewegt. Er stand der PKK bereits in der Türkei nahe und trat schon 2000 dem Mesopotamischen Kulturverein in Stuttgart bei. Es können für ihn daher keine Zweifel geherrscht haben, dass nach den konkreten Vorgängen in den Vereinsräumen, den Abläufen von Veranstaltungen, gezeigten Fahnen, vorhandenen Portraits oder gehaltenen Reden, er sich jeweils bei ureigenen PKK-Vereinigungen befunden haben muss. Ein zufälliges "Hineinschlittern" eines politisch Unbedarften ist hier völlig ausgeschlossen.
45 
Der Kläger konnte dem Gericht zuletzt auch nicht glaubhaft machen, dass er sich von den nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG inkriminierten Bestrebungen nunmehr abgewandt hat.
46 
An das Sich-Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG werden keine strengeren Beweisanforderungen als an den Ausschlussgrund selbst gestellt. Denn die Glaubhaftmachung bezeichnet ein herabgesetztes Beweismaß. Hinsichtlich der an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen sind Art, Gewicht, Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt des einbürgerungsschädlichen Verhaltens zu beachten. Die Anforderungen sind in der Regel umso höher, je stärker das Gewicht des einbürgerungsschädlichen Verhaltens ist und je näher dieses Verhalten zeitlich an die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag heranreicht (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.).
47 
Ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfordert aber mehr als ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen. Es setzt daneben einen individuellen oder mitgetragenen kollektiven Lernprozess voraus, aufgrund dessen angenommen werden kann, dass zukünftig keine Unterstützung inkriminierter Bestrebungen mehr erfolgen wird (vgl. VGH München, Urteile vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 und 5 B 01.1805, jeweils Juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 149 ff.). Dabei ist eine Gesamtschau der für und gegen eine Abwendung sprechenden Faktoren vorzunehmen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert hat und daher künftig eine Verfolgung oder Unterstützung von - wie hier - sicherheitsgefährdenden Bestrebungen durch ihn auszuschließen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.). Der Ausländer muss in jedem Fall einräumen oder zumindest nicht bestreiten, in der Vergangenheit eine Bestrebung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt zu haben. Er muss aber nicht seine in der Vergangenheit liegenden Handlungen bedauern, als falsch bzw. irrig verurteilen oder ihnen abschwören (vgl. Berlit a.a.O. Rn. 152 und 158; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 Rn. 17 ff. jeweils m.w.N.). Es muss aber zumindest erkennbar sein, aus welchen Gründen sich die persönlichen Rahmenbedingungen verändert haben, wie es etwa durch die Darlegung der Einsicht in die Sinn- und Erfolglosigkeit des bisherigen Bestrebens geschehen kann (vgl. Berlit aaO Rdnr. 155). Liegen die einbürgerungschädlichen Aktivitäten bereits erhebliche Zeit zurück, führt dies zu einer zusätzlichen Herabsetzung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung innerer Lernprozesse (vgl. Berlit aaO Rdnr. 165; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.12.2004, aaO).
48 
Der Kläger hat seine Unterstützungshandlungen in der Vergangenheit zwar - teilweise - eingeräumt, diese aber sogleich auf kulturelles Interesse, „Brauchtumspflege“ und Freundschafts-Kontakte hin relativiert. Zwar hat er seine Vorstandstätigkeit im „Kurdisch-Deutschen Freundschaftsverein e. V.“ weniger als zwei Jahre wahrgenommen und sich bereits 2007 nicht mehr zur Wahl gestellt. Auf der anderen Seite besucht der Kläger aber weiterhin dort Veranstaltungen und trifft sich mit anderen Vereinsmitgliedern. Dass er nicht auch räumliche Distanz sucht, zeigt der Umstand, dass er ausgerechnet die über den Vereinsräumen gelegene Wohnung angemietet hat. Berücksichtigt man, dass die PKK gegenüber „Abweichlern“ und „Abtrünnigen“ durchaus zu „Bestrafungsaktionen“ neigt (BVerwG, Urt. v. 20.03.2012, a.a.O.), spricht auch dieser Gesichtspunkt einer tatsächlichen Abwendung ebenso entgegen wie der Umstand, dass der Kläger keinerlei Gründe für seinen angeblichen Bewusstseinswandel vorgetragen hat. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Zielen der PKK und den beiden diese unterstützenden Vereine, die auf einen Lernprozess des Klägers schließen lassen, hat er nicht substantiiert dargelegt und ist auch den Umständen nicht zu entnehmen. Da ein Abwenden aber mehr erfordert, als ein bloßes Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen, wäre es notwendig gewesen, dass Kläger detailliert und nachvollziehbar geschildert hätte, aus welchen Gründen er die Ziele der PKK zwischenzeitlich ablehnt. Ein solcher Sinneswandel ist nach den Angaben des Klägers nicht anzunehmen, da er auf Grund des weiter bestehenden Kontakts und der Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen keinen Bewusstseinswandel vollzogen zu haben scheint.
49 
Zuletzt ist auch eine Abwendung der PKK von den inkriminierten Bestrebungen selbst - was im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1, letzter Halbsatz StAG ausreichen könnte - nicht glaubhaft gemacht. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen in der Vergangenheit in einer Weise gewandelt haben, dass eine weiter bestehende Nähe zu diesen Organisationen nunmehr als unbeachtlich im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erscheinen könnte. An dem strikt hierarchischen Aufbau und an der autoritären Führung der Organisation hat sich nichts geändert, weshalb statt freier Meinungsäußerung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam gilt. Dabei stellt Gewalt weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele dar und mit der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes wird immer noch gedroht (vgl. die Darstellung im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 05.02.2009, a.a.O. sowie die Jahresberichte des Landesamtes der letzten Jahre seit 1999).
50 
3. Ein Anspruch des Klägers auf Einbürgerung auf der Rechtsgrundlage des § 8 StAG besteht gleichfalls nicht, da der Versagungsgrunds des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG auch insoweit entgegensteht. Die Voraussetzung nach Nr. 4 der Norm liegt mangels gesichertem Lebensunterhalt (vgl. oben) ebenfalls nicht vor.
51 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

2

Der Kläger wurde im Jahre 1970 in der Türkei geboren. Er ist türkischer Staatsangehöriger. Im August 1989 reiste er zusammen mit seiner Ehefrau in das Bundesgebiet ein. Er hat mittlerweile sechs Kinder. Der Kläger kann nicht lesen oder schreiben, da er nach eigenen Angaben nie eine Schule besucht hat.

3

Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik stellte der Kläger einen Asylantrag. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erkannte den Kläger und seine damals mit ihm lebenden Familienangehörigen im Jahre 1994 als Asylberechtigte an. Seit 1993 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die seit dem 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgilt.

4

Im Juni 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten seine Einbürgerung und unterzeichnete die sog. "Loyalitätserklärung". Bei einem im Mai 2002 durch die Volkshochschule P. durchgeführten Test "Deutsch für Analphabeten" hatte er 77 von möglichen 100 Punkten erreicht. Im September 2002 erteilte die Beklagte dem Kläger eine bis zum September 2004 befristete Einbürgerungszusicherung. Im Februar 2005 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg der Beklagten mit, dass es die Zustimmung zur Einbürgerung des Klägers verweigere, nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger am 24. Juni 2001 die sog. "PKK-Selbsterklärung" unterzeichnet hatte. Mit Bescheid vom 18. November 2005 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab, da er nicht die sprachlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfülle.

5

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium mit Bescheid vom 17. August 2006 zurück. Wegen tatsächlicher Anhaltspunkte, dass der Kläger die in § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolge oder unterstütze bzw. verfolgt oder unterstützt habe und eine Abwendung von diesen Bestrebungen nicht glaubhaft gemacht worden sei, bestehe kein Einbürgerungsanspruch. Daneben erfülle er auch nicht die notwendigen Sprachanforderungen, da er nicht lesen und schreiben könne. Auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG scheide aus, da keine atypische Situation vorliege, die ein öffentliches Interesse an einer Einbürgerung begründe. Von dem Kläger, der nach eigenen Angaben keine Lese- und Schreibkenntnisse erworben habe, könne erwartet werden, dass er sich die notwendigen Sprachkenntnisse aneigne; eine körperliche oder geistige Behinderung oder eine Erkrankung, die ihn daran hindern könnten, lägen nicht vor.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, den Kläger einzubürgern. Das der Beklagten nach § 8 StAG eingeräumte Einbürgerungsermessen sei zu Gunsten des Klägers auf Null reduziert; bei einer Gesamtschau seiner persönlichen Situation und seiner bisherigen Integrationsleistungen könne dem Kläger die Nichterfüllung der Sprachanforderungen nicht entgegengehalten werden.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen der sog. Anspruchseinbürgerung nach den §§ 10 und 11 StAG in der für ihn in Bezug auf die Sprachanforderungen günstigeren, vor dem 28. August 2007 geltenden Fassung. Auch nach dieser Fassung stehe dem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG a.F. entgegen, weil er weder lesen noch schreiben könne und daher nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge. Es könne daher dahinstehen, ob die sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 StAG erfüllt seien und (weitere) Ausschlussgründe nach § 11 StAG der Einbürgerung des Klägers entgegenstünden.

8

Der Kläger sei auch nicht nach § 8 StAG im Ermessenswege einzubürgern. Die Erwägung im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid sei nicht zu beanstanden, auch der Ermessenseinbürgerung stehe entgegen, dass der Kläger keine Kenntnisse der deutschen Schriftsprache habe und auch keine atypische Situation vorliege, die ein öffentliches Interesse an einer Einbürgerung begründe, weil von dem Kläger erwartet werden könne, dass er sich die notwendigen Sprachkenntnisse aneigne. Die Einbürgerungsbehörde dürfe auch bei der Betätigung des Einbürgerungsermessens nach § 8 StAG der Kenntnis der deutschen Schriftsprache eine sehr hohe Bedeutung beimessen. Die Widerspruchsbehörde habe in rechtlich vertretbarer Weise von den Sprachanforderungen nicht wegen besonderer Umstände abgesehen. Sie habe hierfür nicht den Umstand ausreichen lassen müssen, dass er auch in seiner Heimatsprache Analphabet sei. Auch habe sie berücksichtigen dürfen, dass eine körperliche oder geistige Behinderung oder eine Erkrankung, die den Kläger daran gehindert hätte, Kenntnisse der Schriftsprache zu erwerben, nicht vorlägen und es daher unverständlich sei, dass er nicht bereits größere Anstrengungen zum Erwerb der deutschen Sprache unternommen habe. Dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten von vornherein außer Stande (gewesen) wäre, Schriftkenntnisse zu erwerben, sei weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Kläger habe noch nicht einmal geltend gemacht, sich erfolglos um den Erwerb von Kenntnissen der deutschen Schriftsprache (Lesefähigkeit) bemüht zu haben. Angesichts seines Lebensalters sei ihm eine Teilnahme an Alphabetisierungskursen bereits zum Zeitpunkt der Einreise, aber auch in der Folgezeit zumutbar gewesen.

9

Im Rahmen der eingeschränkten Überprüfung der Ermessensentscheidung sei auch nicht zu beanstanden, dass die Einbürgerungsbehörden die Defizite im Spracherwerb nicht als anderweitig ausgeglichen bewertet hätten. Diese dürften im Rahmen ihres Ermessens andere Integrationsleistungen berücksichtigen; sie seien rechtlich indes nicht verpflichtet, andere Integrationsleistungen im Ergebnis stärker zu gewichten als fehlende Kenntnisse der Schriftsprache. Durch die vormals erteilte, befristete Einbürgerungszusicherung sei die Beklagte nicht mehr gebunden. Ihre Entscheidung habe auch nicht gegen eine durch Verwaltungsvorschriften bewirkte Selbstbindung der Verwaltung verstoßen.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger weiterhin sein Einbürgerungsbegehren, er rügt eine Verletzung des § 8 StAG.

11

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Einbürgerung hat. Seiner Einbürgerung nach § 10 StAG steht jedenfalls entgegen, dass der Kläger nicht über die für eine Einbürgerung nach §§ 10, 11 StAG erforderlichen Mindestkenntnisse der deutschen Sprache verfügt (dazu 1.). Die Beklagte hat auch das ihr nach § 8 StAG eingeräumte Einbürgerungsermessen fehlerfrei dahin ausgeübt, den Kläger nicht einzubürgern (dazu 2.).

13

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung nach §§ 10, 11 StAG, weil er nicht über die für eine Anspruchseinbürgerung erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt.

14

1.1 Das Berufungsgericht hat für die Anwendung des § 10 StAG zu Recht auf die Fassung abgestellt, welche die Vorschrift zum 1. Januar 2005 durch Art. 5 Nr. 8 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - Zuwanderungsgesetz - (Gesetz vom 30. Juli 2004, BGBl I S. 1950) erhalten hat und die im hier entscheidungserheblichen Kern §§ 85, 86 AuslG entsprach. Denn der Kläger hatte seinen Einbürgerungsantrag im Juni 2002 und damit nach dem 16. März 1999 (dazu § 40c StAG), aber vor dem 1. April 2007 gestellt.

15

Diese zum 30. März 2007 in §§ 10, 11 StAG normierten Sprachanforderungen stellen an die Sprachkenntnisse eines Einbürgerungsbewerbers geringere Anforderungen als § 10 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG (in der Fassung des Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007, BGBl I S. 1970 ). Denn nach der Neuregelung liegt die Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, nur vor, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Diese Anforderungen verlangen im Gegensatz zur Rechtslage bis zum 27. August 2007 auch die Fähigkeit, sich in gewissem Maße schriftlich in deutscher Sprache äußern zu können, also nicht nur Lese-, sondern auch Schreibkenntnisse (Berlit, InfAuslR 2007, 457 <457, 461>).

16

Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG in der hier anzuwendenden Fassung besteht ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht, wenn der Ausländer "nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache" verfügt. Nach der zu dieser Gesetzesfassung ergangenen Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 und - BVerwG 5 C 17.05 - DVBl 2006, 922), von der auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, reichen hierfür allein mündliche Sprachkenntnisse nicht aus. Vielmehr muss ein geschäftsfähiger Einbürgerungsbewerber über die Fähigkeit verfügen, selbständig in deutscher Sprache verfasste Schreiben, Formulare und sonstige Schriftstücke zu lesen und - nach Maßgabe von Alter und Bildungsstand - den sachlichen Gehalt zumindest von Texten einfacher Art aufgrund der Lektüre auch so zu erfassen, dass hierauf zielgerichtet und verständlich reagiert werden kann.

17

Der Kläger verfügt nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die den Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht über solche Sprachkenntnisse; demgegenüber kann sich der Kläger nicht auf die nach seinen Angaben erfolgreiche Teilnahme an einem Test "Deutsch für Analphabeten" an einer Volkshochschule berufen, bei der Inhalt und Maßstab zudem nicht näher ausgeführt sind.

18

1.2 Der Kläger erfüllt nach diesen tatsächlichen Feststellungen erst recht nicht die höheren Erfordernisse nach § 10 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG (F. 2007), nach dem die Einbürgerungsvoraussetzung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache vorliegt, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt.

19

Diese Neufassung der Sprachanforderungen durch das Richtlinienumsetzungsgesetz ist auch nicht mit Blick darauf für den Kläger günstiger (§ 40c StAG), dass von den Sprachanforderungen als Einbürgerungsvoraussetzung abgesehen wird, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann (§ 10 Abs. 6 StAG). Der Kläger leidet nicht an einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung und befindet sich auch in einem Alter, in dem Kenntnisse der Schriftsprache regelmäßig vorhanden oder zumindest erlernbar sind, diese Einbürgerungsvoraussetzung also erfüllt werden könnte. Der Kläger ist vielmehr Analphabet.

20

Analphabetismus bezeichnet kulturell, bildungs- oder psychisch bedingte individuelle Defizite im Lesen und/oder Schreiben bis hin zu völligem Unvermögen. Er ist als solcher keine Krankheit oder Behinderung im Sinne des § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) (s.a. VG Berlin, Urteil vom 10. März 2009 - 30 V 55.08 - juris § 30 abs. 1 satz 1 nr. 2 aufenthg>; LSG Berlin, Urteil vom 22. Juli 2004 - L 3 RJ 15/03 - juris). Hierfür müssten die unzureichenden Sprachkenntnisse ihre wesentlichen Ursachen in einer Krankheit oder einer Behinderung haben, die auch einer Überwindung dieses Zustandes entgegenstehen. Dies ist bei dem hier vorliegenden (primären) Analphabetismus nicht der Fall. Analphabetismus hat zwar vielfältige Ursachen, die auch mit der Sozialisation oder der geistigen Entwicklung eines Menschen zusammenhängen können. Er kann zwar durch eine Behinderung, vor allem eine geistige Behinderung oder längerfristige oder chronische Krankheit verursacht oder mit dem als Lernbehinderung bezeichneten Komplex verbunden sein. Ein nicht behebbares Schicksal ist er - auch für erwachsene Menschen - indes nicht. Zu einer Behinderung wird Analphabetismus auch nicht durch die sozialen Folgen, die er für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft haben kann.

21

Es ist tatrichterlich nicht festgestellt - und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht -, dass er deswegen Analphabet sei, weil er zum Erlernen der Schriftsprache (Lese- und Schreibfähigkeit) wegen einer geistigen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sei. Der Kläger selbst macht geltend, deswegen Analphabet zu sein, weil er in der Türkei als Kind nicht in die Schule gegangen sei.

22

§ 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) ist auch nicht zu Gunsten von Einbürgerungsbewerbern entsprechend anzuwenden, die Analphabeten sind. Es ist keine Regelungslücke gegeben, die durch Analogie oder erweiternde Auslegung zu schließen wäre. Es fehlt schon jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei der Einfügung des § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) nicht erkannt haben könnte, dass auch Analphabeten die - erhöhten - Sprachanforderungen nicht erfüllen. Systematisch gegen eine Lücke spricht zudem, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AufenthG für eine Niederlassungserlaubnis vorausgesetzten "ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache" mit § 9 Abs. 2 Satz 4 und 5 AufenthG über § 10 Abs. 6 StAG hinausgehende Ausnahmeregelungen geschaffen hat. Denn § 10 Abs. 6 StAG erlaubt zwar - ähnlich wie § 9 Abs. 2 Satz 3 AufenthG - eine Ausnahme von der Notwendigkeit ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache, wenn der Ausländer diese Voraussetzung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann. § 10 Abs. 6 StAG enthält aber keine Regelung, nach der zur Vermeidung einer Härte auch in Fällen, in denen keine Krankheit oder Behinderung vorliegt, von ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache abgesehen werden kann (§ 9 Abs. 2 Satz 4 AufenthG), und auch nicht die Möglichkeit, ausnahmsweise die Fähigkeit, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen zu können, ausreichen zu lassen (§ 9 Abs. 2 Satz 5 AufenthG). Dass Einbürgerungsbewerber, die Analphabeten sind, nach § 10 StAG keinen Einbürgerungsanspruch haben, war dem Gesetzgeber zudem aufgrund der Urteile des Senats vom 20. Oktober 2005 (a.a.O.) bekannt; der Gesetzgeber wollte durch die ausdrücklichen Regelungen bei der Anspruchseinbürgerung das Niveau der Sprachanforderungen gerade anheben (s.a. Berlit, InfAuslR 2007, 457 <461>).

23

2. Der Kläger kann seine Einbürgerung auch nicht nach § 8 StAG beanspruchen. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden, gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Ermessensentscheidung (2.1) mit erheblichem und hier ausschlaggebendem Gewicht berücksichtigen durfte, dass der Kläger nicht lesen kann (2.2), und die Ablehnung seiner Einbürgerung auch sonst nicht ermessensfehlerhaft ist (2.3).

24

2.1 Nach § 8 StAG kann ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf seinen Antrag eingebürgert werden. Die Einbürgerung steht auch bei Erfüllung der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StAG bezeichneten Mindestvoraussetzungen im grundsätzlich weiten Ermessen der Einbürgerungsbehörde.

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa Urteile vom 17. Mai 1983 - BVerwG 1 C 163.80 - BVerwGE 67, 177 und 21. Oktober 1986 - BVerwG 1 C 44.84 - BVerwGE 75, 86 und Beschlüsse vom 11. Oktober 1985 - BVerwG 1 B 102.85 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 26 und vom 19. Februar 1991 - BVerwG 1 B 17.91 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 41) ist bei der Ausübung des Ermessens darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der beantragten Einbürgerung besteht. Die Behörde hat zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfindet. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Behörde rechtsfehlerhaft gehandelt, insbesondere von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 113 Abs. 4, § 114 VwGO). Die Verwaltungsgerichte dürfen nicht eigenes Ermessen an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen, wenn ihnen eine dem Bewerber günstigere Ermessensausübung den Umständen des konkreten Falles angemessener erscheint.

26

Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen (dazu 2.2, 2.3), dass die Beklagte hier ihr Einbürgerungsermessen im Ergebnis rechtsfehlerfrei betätigt hat. Der vorliegende Fall gibt daher keinen Anlass zur vertiefenden Erörterung, ob daran festzuhalten ist, dass bei der Ermessensentscheidung ohne Abwägung der privaten Interessen des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist (s. etwa Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rn. 50). Die zu seinen Gunsten streitenden abwägungserheblichen individuellen Belange und subjektiven Interessen des Klägers an der Einbürgerung sind hier - wenn auch in Gestalt eines öffentlichen Interesses - bei der Ermessensbetätigung der Beklagten erkannt und fehlerfrei gewichtet worden.

27

Es kann auch offenbleiben, ob der Bezug von Wohngeld geeignet ist, die Unterhaltsfähigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG) als Einbürgerungsvoraussetzung zu berühren und unter welchen Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 StAG in Fällen eines nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG etwa dem Grunde nach beachtlichen Wohngeldbezuges von dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit abzusehen ist, wenn Wohngeld allein wegen einer überdurchschnittlichen Familiengröße bezogen wird. Rechtsirrig ist jedenfalls die von der Beklagten im Revisionsverfahren angedeutete Rechtsansicht, der Bezug von Wohngeld berühre bereits die Einbürgerungsvoraussetzung (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 StAG), dass der Einbürgerungsbewerber eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat.

28

2.2 Bei der auf Ermessensfehler beschränkten Überprüfung der Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden, dass diese bei der Ausübung des Ermessens der Kenntnis der deutschen Schriftsprache eine sehr hohe Bedeutung beigemessen und hier wegen Fehlens dieser Sprachvoraussetzungen ein öffentliches Interesse abgelehnt hat, weil auch keine atypische Situation vorliege, welche ein Absehen von den Sprachanforderungen gebiete. Der Beklagten wäre allerdings in Bezug auf die Sprachanforderungen auch eine andere Gewichtung und Entscheidung als aus ihrer Sicht zweckmäßiger eröffnet gewesen.

29

2.2.1 Die Einbürgerungsbehörde darf bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung zu Lasten eines Ausländers berücksichtigen, dass er Deutsch nicht lesen kann. Dies gilt auch für Analphabeten, die nicht infolge einer Krankheit oder Behinderung nicht lesen können und bei denen auch keine sonstigen besonderen Härtegründe vorliegen.

30

a) Gewisse Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache haben Bedeutung nicht nur als Einbürgerungsvoraussetzung für die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG. Auch für die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG gilt, dass Einbürgerungsbewerber sprachlich hinreichend in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet allgemein und in ihre Lebens-, Berufs- und Wohnumgebung integriert sein sollten. Wegen der Bedeutung, welche im Arbeits- und Berufsleben, aber auch bei der Kommunikation mit der gesellschaftlichen Umwelt einschließlich der Kontakte mit Behörden und Institutionen der schriftlichen Kommunikation zukommt, erfordert dies regelmäßig auch gewisse Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O.). Diese Sprachanforderungen sind nicht Selbstzweck; sie sind vielmehr typischerweise Voraussetzung für die Integration in die grundlegenden Bereiche der Bildung, der Beschäftigung und der Teilhabe am politischen Leben und damit für die soziale, politische und gesellschaftliche Integration.

31

Bereits dies rechtfertigt ihre Berücksichtigung auch bei der Ermessenseinbürgerung. Die Integrationsanforderungen sind bei der Ermessenseinbürgerung nicht grundsätzlich niedriger anzusetzen als bei der Anspruchseinbürgerung. Sie unterscheiden sich von diesen auch nicht qualitativ.

32

Der systematische Zusammenhang zwischen Anspruchs- und Ermessenseinbürgerung rechtfertigt ebenfalls eine Berücksichtigung der Anspruchsvoraussetzungen und -ausschlussgründe der §§ 10, 11 StAG; sie enthalten auch hinsichtlich der Sprachanforderungen keine abschließende Regelung. Soweit sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind, dürfen die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10, 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden; § 11 StAG (F. 2007) gilt ohnehin unmittelbar auch für die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG. Unterschiede ergeben sich bei Anspruchsausschlussgründen allein in Bezug auf die Rechtsfolge. Sie führen bei der Anspruchseinbürgerung zwingend zur Ablehnung der Einbürgerung, während sie bei der Ermessenseinbürgerung als ermessenserheblicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen sind, die Entscheidung aber nicht notwendig im Ergebnis vorprägen. Soweit die Mindestvoraussetzungen bei der Anspruchseinbürgerung nicht erfüllt sind, wird im Rahmen des § 8 StAG allein eine flexiblere Entscheidung ermöglicht, die nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles eine Absenkung der Sprachanforderungen bis hin zum vollständigen Verzicht auf Kenntnisse der Schriftsprache gestattet.

33

Die Auslegung, dass der Einbürgerungsbewerber auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in der Lage sein muss, einen deutschsprachigen Text des alltäglichen Lebens zu lesen, zu verstehen und die wesentlichen Inhalte mündlich wiederzugeben, entspricht auch Nr. 8.1.2.1.1 Satz 2 StAR-VwV. Die Verwaltungsvorschrift bindet zwar die Verwaltungsgerichte nicht, steuert aber das Ermessen der Einbürgerungsbehörden im Interesse eines gleichheitskonformen Ermessensgebrauchs, ohne den Verzicht auf "ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache" nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auszuschließen. Dies ist auch in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (VG Aachen, Urteil vom 9. Juni 2009 - 5 K 756/08 -; VG Augsburg, Urteil vom 21. Oktober 2008 - Au 1 K 07.1168 -; VG Darmstadt, Urteil vom 24. August 2007 - 5 E 1163/06 (3) -; BayVGH, Urteil vom 20. November 2006 - 5 BV 04.35 -; OVG Saarlouis, Beschluss vom 5. Oktober 2005 - 3 Q 11/05 -) sowie im Schrifttum (Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O. § 8 Rn. 58 ff.; Marx, in: GK-StAR, § 8 StAG Rn. 201 ff., 216 ff.) anerkannt.

34

Anderes folgt auch nicht daraus, dass der Senat in seinem Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 17.05 - (a.a.O.) die Frage offengelassen hat, welche Anforderungen an die Kenntnisse der deutschen Sprache bei einer auf § 8 StAG gestützten Ermessenseinbürgerung zu stellen sind und welches Gewicht bei der nach § 8 StAG zu treffenden, die Belange des Einbürgerungsbewerbers berücksichtigenden Ermessensentscheidung einem tatsächlich etwa geringeren Integrationsbedarf oder den vom Gesetzgeber im Aufenthaltsrecht für die Niederlassungserlaubnis geregelten Ausnahmen vom Erfordernis der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache beizumessen ist. Der Gesetzgeber hat bei der Anspruchseinbürgerung zwischenzeitlich in § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) Ausnahmen von den Sprachanforderungen (§ 10 Abs.1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG) normiert. Diese Ausnahmen berücksichtigen Fallkonstellationen, denen nach der früheren Rechtslage nur im Rahmen der Ermessenseinbürgerung Rechnung getragen werden konnte (s.a. Nr. 8.1.2.1.1 Satz 4 StAR-VwV).

35

b) Der Umstand, dass ein Einbürgerungsbewerber Analphabet ist und daher nicht über die Grundkenntnisse der Schriftsprache verfügt, die im Regelfall verlangt werden können, gebietet für sich allein nicht, aus Härtegründen von diesem Erfordernis abzusehen. § 10 Abs. 6 StAG (F. 2007) bekräftigt bei einer systematischen Auslegung vielmehr, dass das Fehlen gewisser Grundkenntnisse der Schriftsprache (hier: Lesefähigkeit) nicht schon dann unbeachtlich ist, wenn es auf Analphabetismus zurückzuführen ist, sondern regelmäßig nur dann, wenn Grund hierfür Krankheit, Behinderung oder Alter ist.

36

Das nach § 8 StAG eingeräumte Einbürgerungsermessen lässt zwar Raum für die Berücksichtigung weiterer Gründe für das Unvermögen, Deutsch lesen zu können, oder den Verzicht auf Mindestkenntnisse auch der Schriftsprache in Fällen, in denen dies zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen angezeigt ist. Analphabetismus ist aber für sich allein keine Härte. Keine andere Beurteilung gebietet, dass im Bundesgebiet eine Vielzahl von Personen lebt, die auch ohne (ausreichende) Kenntnisse der Schriftsprache ihr Alltagsleben bewältigen und dies auch für einen gewissen Anteil der im Bundesgebiet lebenden Ausländer gilt (s. Sonja Haug, Sprachliche Integration von Migranten in Deutschland, Working Paper 14/2008 der Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Mai 2008, S. 39 ff.).

37

2.2.2 Die Einbürgerungsbehörde darf in Fällen, in denen ein Einbürgerungsbewerber als Analphabet nicht über Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache (Lesekenntnisse) verfügt, ohne dass dies auf Krankheit, Behinderung oder Alter zurückzuführen ist, diesem Umstand auch ein erhebliches Gewicht beimessen, das für eine Einbürgerung streitende Belange überwiegen kann. Nicht zu vertiefen ist hier, dass sie hierzu unter Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit nicht verpflichtet ist und der Verzicht auf Kenntnisse der deutschen Schriftsprache jedenfalls dann ermessensfehlerfrei möglich ist, wenn eine für die Einbürgerung hinreichende Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse anderweitig belegt und im Einzelfall die Grundannahme des Gesetzgebers, dass Kenntnisse der deutschen Schriftsprache Voraussetzung einer gelungenen Integration sind, zumindest abgeschwächt ist.

38

Das nach § 8 StAG eingeräumte Ermessen eröffnet der Einbürgerungsbehörde die Befugnis, auch nach langjährigem Inlandsaufenthalt, der sprachbedingte Integrationsschwierigkeiten im Einzelfall nicht hat erkennen lassen, nach Maßgabe ihrer integrationspolitischen Vorstellungen zumindest für den Regelfall daran festzuhalten, dass der Einbürgerungsbewerber Deutsch zumindest muss lesen können.

39

Für die Gewichtung unzureichender Kenntnisse der Schriftsprache dürfen die Gründe, aus denen diese nicht ausreichend sind, auch insoweit berücksichtigt werden, als sie nicht auf Krankheit, Behinderung oder Alter zurückzuführen sind. Bei einem Einbürgerungsbewerber, der auch in seiner Herkunftssprache Analphabet ist, darf darauf abgestellt werden, welche Eingliederungsbemühungen er unternommen hat oder ob die Gründe, die einen hinreichenden Spracherwerb im Ergebnis verhindert haben, von ihm zu vertreten sind. In § 10 Abs. 3 StAG hat für die Anspruchseinbürgerung der Gedanke gesetzlich Niederschlag gefunden, dass das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einer Einbürgerung wächst, wenn sich ein Einbürgerungsbewerber aktiv um seine Integration und die Beseitigung von Integrationshindernissen bemüht. Dieser Gesichtspunkt ist auch für die Ermessenseinbürgerung von Bedeutung. Es darf daher - insoweit zu Lasten eines Einbürgerungsbewerbers - berücksichtigt werden, wenn dieser ihm erreichbare und zumutbare, insbesondere geeignete und erfolgversprechende Möglichkeiten, Grundkenntnisse der deutschen Schriftsprache zu erwerben, nicht ergriffen hat. Bemühungen um den Spracherwerb sind auch Personen abzuverlangen, die in ihrer Herkunftssprache Analphabeten sind; die Belastungen, die mit dem Erwerb von Mindestkenntnissen der Schriftsprache verbunden sind, sind dabei grundsätzlich auch neben einer Erwerbstätigkeit oder der Erfüllung von Familienpflichten zumutbar. Die Anforderungen an solche Bemühungen dürfen indes nicht überspannt werden und müssen neben der persönlichen Situation des Ausländers auch die Erreichbarkeit geeigneter Sprachvermittlungsangebote berücksichtigen. Bei der Ermessensentscheidung sind ernsthafte Bemühungen um den Erwerb der angezeigten Grundkenntnisse der Schriftsprache im Rahmen einer Gesamtabwägung auch dann zu würdigen, wenn der erhoffte Erfolg nicht oder nur teilweise erreicht werden konnte.

40

Die Beklagte und die Widerspruchsbehörde haben hiernach ihr Ermessen nicht rechtsfehlerhaft ausgeübt, weil sie darauf abgestellt haben, dass der Kläger keine Kenntnisse der deutschen Schriftsprache besitze. Dies gilt bei ihm ungeachtet dessen, dass er Analphabet ist; es liegt keine atypische Situation vor, weil dies nicht auf Krankheit oder Behinderung zurückzuführen ist, von ihm erwartet werden konnte, dass er sich die notwendigen Sprachkenntnisse aneignet, und er ihm zumutbare Bemühungen zum Spracherwerb nicht unternommen hat.

41

2.3 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ermessenserwägungen der Beklagten zu Recht auch sonst nicht als fehlerhaft (§ 113 Abs. 4, § 114 VwGO) beanstandet.

42

2.3.1 Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend darauf hingewiesen, dass unzureichende Kenntnisse der deutschen Schriftsprache zwar durch anderweitige Integrationsleistungen ausgeglichen werden können, und dies bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigt werden darf. Bei dem Kläger rechnen hierzu seine durchgängige Erwerbstätigkeit und die gelungene Integration seiner Kinder, die teilweise deutsche Staatsangehörige sind und beachtliche schulische Erfolge aufzuweisen haben, was wiederum auf eine auf Integration gerichtete Erziehung auch durch den Kläger hinweist.

43

Beklagte und Widerspruchsbehörde haben dies bei ihrer Ermessensentscheidung aber nicht verkannt, sondern als für die Einbürgerung sprechende Aspekte berücksichtigt. Insoweit ist weder ein Ermessensausfall noch ein Ermessensfehlgebrauch dadurch festzustellen, dass nach Lage der Dinge entscheidungserhebliche Tatsachen nicht ermittelt oder berücksichtigt worden wären.

44

2.3.2 Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, dass der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, die Beklagte habe in zulässiger Weise (§ 114 Satz 2 VwGO) ihre Ermessenserwägungen im Berufungsverfahren dahin ergänzt, es spreche auch gegen den Kläger, dass er öffentliche Leistungen in Form von Wohngeld beziehe. Inwieweit bei einer Gesamtabwägung in Bezug auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen auch solche Leistungen (zu Lasten des Einbürgerungsbewerbers) berücksichtigt werden dürfen, die nicht dazu führen, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG nicht erfüllt ist oder von ihr nur nach § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden kann, ist nicht zu vertiefen. Selbst wenn der Bezug von Wohngeld dem Kläger hier wegen der hohen Zahl der Familienangehörigen nicht entgegengehalten werden dürfte, wirkte sich ein etwa hierin liegender Ermessensfehler nicht aus, weil er als - erst im gerichtlichen Verfahren ergänzte - Ermessenserwägung zu einer im Übrigen fehlerfreien Ermessensentscheidung hinzugetreten wäre.

45

2.3.3 Das Berufungsgericht musste auch nicht als Ermessensfehler beanstanden, dass die Beklagte der dem Kläger erteilten, befristeten und bedingten Einbürgerungszusicherung hier nur eine geringe und gegenüber den Sprachanforderungen nachrangige Bedeutung beigemessen hat. Diese Einbürgerungszusicherung ist bereits wegen Zeitablaufs unbeachtlich und kann ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit kein nachwirkendes, schutzwürdiges Vertrauen des Klägers darin begründen, es würden seine für die Einbürgerung unzureichenden Sprachkenntnisse auch künftig unberücksichtigt bleiben.

46

2.3.4 Nicht ermessensfehlerhaft ist auch, dass die Beklagte den Flüchtlingsstatus des Klägers nicht berücksichtigt hat. Dabei kann offenbleiben, ob aus Art. 34 der Genfer Flüchtlingskonvention, nach dem die vertragsschließenden Staaten gehalten sind, soweit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung der Flüchtlinge zu erleichtern, ein innerstaatlich unmittelbar anwendbares, auf das Einbürgerungsermessen einwirkendes Wohlwollensgebot folgt. Denn hieraus folgt jedenfalls nicht, dass deswegen von einer Einbürgerungsvoraussetzung, die - wie die Sprachanforderungen - der Eingliederung dient, abzusehen wäre.

47

2.3.5 Die Beklagte hat bei der Betätigung des ihr eröffneten Ermessens auch nicht einzelnen Tatsachen und Umständen ein Gewicht beigemessen, das ihnen nach objektiven, am Zweck des Gesetzes und sonstigen einschlägigen Rechtssätzen orientierten Wertungsgrundsätzen nicht zukommt. Sie hat auch nicht schematisch und ohne Berücksichtigung der besonderen Situation des Einzelfalls entschieden oder gegen sie bindende, sonst von ihr auch beachtete ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften verstoßen. Die Beklagte hat insbesondere die ihr Ermessen lenkende Verwaltungsvorschrift beachtet, welche die Sprachanforderungen bei nicht krankheits- oder behinderungsbedingtem Analphabetismus gerade nicht generell absenkt, und hat nicht verkannt, dass eine Ausnahme nach den Besonderheiten des Einzelfalls durchaus in Betracht gekommen wäre.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.