Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 23. Feb. 2012 - 4 K 1481/11

bei uns veröffentlicht am23.02.2012

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch der Privatschule „D. B.“ in M..
Der am … 1994 geborene Kläger besucht seit Januar 2010 die Schule „Die B.“, eine private Ergänzungsschule mit Sitz in M.. Bei dem Kläger wurde im August 2010 durch das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des St. E.-Krankenhauses in L. ein atypischer Autismus und eine einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert. Des Weiteren kommt das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger nicht nur vorübergehend eine seelische Behinderung besteht und dass er aufgrund seiner komplexen Störung dem Personenkreis des § 35a SGB VIII zuzuordnen sei.
Schon zuvor erfolgte bei dem Kläger bereits zum 16.09.2007 die Aufnahme in eine stationäre Jugendhilfemaßnahme in der M.gemeinschaft S.. Diese Maßnahme wurde von dem Beklagten als Hilfe zur Erziehung bewilligt und entsprach zunächst auch dem Wunsch der Eltern des Klägers. Im Herbst 2009 kam es zu Konflikten im Zusammenhang mit der Unterbringung des Klägers in der stationären Einrichtung in der M.gemeinschaft. Die Eltern des Klägers beendeten daraufhin Ende November 2009 die jugendhilferechtliche Maßnahme. Seit da lebt der Kläger bei seinen Eltern in E..
Seit Januar 2010 besucht der Kläger die zuvor genannte Privatschule „D. B.“. Die Maßnahme erfolgte ohne bzw. gegen den Willen des Beklagten, der weiterhin eine stationäre oder teilstationäre Hilfe für notwendig erachtete. Das wurde den Eltern des Klägers in einem Gespräch mit einem Mitarbeiter des Sozialen Dienstes des Beklagten am 24.11.2009 mitgeteilt. Die Eltern des Klägers entschieden sich jedoch eigenständig gegen von dem Beklagten befürwortete Maßnahmen und für die Unterbringung des Klägers in ihrem Haushalt und für den Besuch der Privatschule „D. B.“ durch den Kläger. Das Schulgeld für diese Schule beträgt monatlich knapp 500 EUR und wurde zunächst von den Eltern des Klägers getragen.
Am 27.09.2010 stellten die Eltern für den Kläger einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine spezielle ambulante Behandlung im Autismus-Zentrum-S. in F.. Mit Bescheid vom 27.01.2011 bewilligte der Beklagte diese Art der Hilfeleistung für einen bestimmten Zeitraum im Umfang von 52 Behandlungseinheiten zu je 60 Minuten.
Am 11.05.2011 stellte die Mutter des Klägers bei dem Beklagten einen Antrag auf Kostenbeteiligung für den Besuch der Privatschule durch den Kläger. Zur Begründung führte sie aus: Sie habe die Mitarbeiter des Landratsamts bereits im vergangenen Jahr wegen einer Kostenbeteiligung für die private Schule angesprochen. Da der Kläger auf keiner Regelschule beschult werden könne - diverse Versuche seien fehlgeschlagen - hätten sie ihn auf die Privatschule „D. B.“ in M. schicken müssen, damit er wenigstens einen Hauptschulabschluss machen könne. Inzwischen bekämen sie Probleme mit den Kosten, weil sie (die Mutter) aus gesundheitlichen Gründen keiner Arbeit nachgehen könne und auch der Vater des Klägers ein geringes Einkommen habe. Deshalb wollten sie einen Antrag auf Bezuschussung der Schulkosten stellen.
Mit Bescheid vom 25.05.2011 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme für den Besuch einer Privatschule durch den Kläger ab. Zur Begründung führte er aus: Das Jugendamt habe die Eltern des Klägers bereits in einem Gespräch am 24.11.2009 darüber informiert, dass die Kosten für eine Privatschule nicht übernommen werden könnten, da der Hilfebedarf des Klägers nach Einschätzung des Jugendamts ein anderer sei. Die Eltern des Klägers hätten daraufhin erklärt, dass sie die Kosten für die Privatschule selber trügen. An dieser Entscheidung könne die in der Zwischenzeit festgestellte seelische Behinderungen des Klägers nichts ändern. Die Beschulung des Klägers an einer Privatschule sei keine Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche. Die Einrichtung „D. B.“ in M. sei weder in personeller noch in formeller Hinsicht geeignet, eine solche Eingliederungshilfe zu gewährleisten. Außerdem sei im Sozialgesetzbuch VIII geregelt, dass das Jugendamt grundsätzlich nur Kosten von Hilfemaßnahmen trage, wenn sie auf der Grundlage einer Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Klägers bzw. seiner Eltern erbracht werden. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Kostenübernahme von selbst beschafften Hilfen seien hier nicht gegeben.
Am 14.06.2011 erhob der Kläger gegen diese Entscheidung Widerspruch. Zur Begründung führte er aus: Ein aktueller Hilfeplan existiere in seinem Fall nicht. Zwar hätten er bzw. seine Eltern die Beschulung an der Privatschule „D. B.“ selbst beschafft, doch sei der Beklagte rechtzeitig hiervon benachrichtigt worden. Da er nicht nur von seelischer Behinderung bedroht sei, sondern seine seelische Behinderung bereits ärztlicherseits bestätigt sei, habe er Anspruch auf Eingliederungshilfe. Mit seiner Beschulung habe nicht mehr zugewartet werden können. Im Übrigen belegten seine soliden schulischen Leistungen, dass er nunmehr sein inneres Gleichgewicht gefunden habe. Die Privatschule „D. B.“ sei eine anerkannte Ergänzungsschule und damit als Hilfe in ambulanter Form oder in Tageseinrichtungen bzw. in teilstationärer Einrichtung geeignet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus: Die seelische Behinderung des Klägers und der damit zusammenhängende Bedarf an Eingliederungshilfe sei grundsätzlich festgestellt und es sei auf dieser Grundlage bereits eine ambulante Hilfe im Autismus-Therapie-Zentrum S. bewilligt worden. Die Beschulung an einer Privatschule, die nicht Trägerin der Jugendhilfe und Eingliederungshilfe sei, stelle keine geeignete Form der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche dar. Vielmehr stünden insofern die regulären allgemeinbildenden und beruflichen Schulen offen. Dem Bedarf an Eingliederungshilfe werde durch die bewilligte ambulante Hilfe Rechnung getragen. Wenn der Kläger und seine Eltern nach dem Abbruch der stationären Jugendhilfemaßnahme der Ansicht gewesen seien, dass für den Kläger eine intensive teilstationäre oder stationäre Maßnahme notwendig sei, hätte im Zusammenwirken mit dem Jugendamt eine fachlich qualifizierte Einrichtung gesucht werden müssen. Stattdessen hätten sich der Kläger und seine Eltern dafür entschieden, eine Privatschule zu besuchen. Damals sei auch akzeptiert worden, dass sie die Kosten dafür zu tragen hätten. Allein der Umstand, dass sich die schulischen Leistungen des Klägers gebessert hätten, sei kein Indiz dafür, dass die Beschulung an der Privatschule „D. B.“ seinem Bedarf an Eingliederungshilfe und Teilhabe entspreche und er die notwendige psychosoziale Unterstützung erhalte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Kläger mit entsprechender ambulanter Behandlung, die ihm bewilligt worden sei, auch an einer öffentlichen Schule hätte Erfolg haben können oder dass er auch in einer anerkannten Einrichtung der Jugend- und Eingliederungshilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch in teil- oder vollstationärer Form erfolgreich die Schule hätte besuchen und sich persönlich hätte entwickeln können.
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Am 08.08.2011 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Es stehe fest, dass er zu dem Personenkreis des § 35a SGB VIII gehöre. Seine Schulentwicklung sei aufgrund der damals noch nicht diagnostizierten Autismusstörung schwierig gewesen. Er habe im Lauf seines Lebens zahlreiche und vielfältige Erkrankungen gehabt. Ab dem Jahr 2000 habe er die Förderschule besucht. Immer wieder habe er unter der Misshandlung anderer Kinder gelitten. Dadurch habe er einen unruhigen Schlaf mit nächtlichen Schreien und Panikattacken entwickelt. Aufgrund seiner krankheitsbedingten Verhaltensauffälligkeiten sei er immer wieder zu Unrecht Opfer von psychischen und physischen Angriffen Dritter geworden. Auch in den Hauptschulen habe er sich nicht wohlgefühlt. Er habe unter Angst vor der Gewalt anderer gelitten und oft Magenschmerzen gehabt und er sei nachts schreiend aufgewacht. Von September 2007 bis November 2009 sei er stationär in der Jugendhilfeeinrichtung S. beschult worden. Seine Eltern hätten den Schulbesuch im November 2009 beendet, nachdem er nicht mehr dorthin habe zurückkehren wollen. Die Eltern hätten festgestellt, dass er sich völlig verändert habe. Er habe sich dort nicht wohlgefühlt. Seine Eltern hätten den Eindruck gewonnen, dass er dort depressiv und apathisch geworden sei. Nachdem das Jugendamt keine andere Lösung für eine Beschulung als die stationäre Einrichtung in S. angeboten habe, hätten die Eltern ihn in der Ergänzungsschule „D. B.“ in M. angemeldet. Dort fühle er sich - auch nach Einschätzung seiner Eltern - sehr wohl. Er gehe gern in die Schule und sei kaum noch krank. Er könne bei seinen Eltern wohnen und müsse nicht im Internat untergebracht werden. Er habe sich seither sehr gut entwickelt. Das Schulgeld von monatlich etwa 500 EUR hätten seine Eltern bislang selbst aufgebracht. Allerdings sei es so, dass seine Mutter inzwischen eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe und auch der Vater nur über geringe Einkünfte aus seiner selbständigen Schreinertätigkeit verfüge. Die Eltern hätten den Antrag auf Übernahme des Schulgelds umgehend gestellt. Wenn er jetzt mangels Leistungsfähigkeit seiner Eltern das Schulgeld nicht mehr bezahlen könne, drohe ihm, dass er die Schule verlassen müsse. Damit würde eine positive Schullaufbahn beendet werden. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die Kostenübernahme zu Unrecht abgelehnt worden. Er mache in der Privatschule sehr gute Fortschritte und komme mit den Gegebenheiten dort sehr gut zurecht. Er habe sich in seiner Persönlichkeit gut entwickelt und gewinne durch die Unterbringung zu Hause an Sicherheit. Seine diffusen Ängste seien verschwunden. Die Lehrer und Betreuer in der Privatschule hätten einen sehr guten Zugang zu ihm und könnten ihm die Lerninhalte gut vermitteln. Er mache jetzt seinen Hauptschulabschluss und könne aufgrund seiner Leistungen sogar den Realschulabschluss erwerben. Das Schulgeld sei auch wesentlich geringer als die Kosten für die frühere Heimunterbringung, die der Beklagte bewilligt habe. Andere Schuleinrichtungen, insbesondere eine Regelschule, stünden ihm nicht zur Verfügung. Die einzige Alternative sei eine stationäre Unterbringung, die aufgrund seines psychischen Zustands nicht in Frage komme. Damit sei der Schulbesuch in der Privatschule „D. B.“ alternativlos. Deshalb habe der Beklagte das Schulgeld im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass er bzw. seine Eltern durch die Selbsthilfe das Ablehnungsrisiko selbst übernommen hätten. Denn durch die Beharrung auf der stationären Unterbringung habe der Beklagte das vorgreifliche Handeln seiner (des Klägers) Eltern verursacht. Das würde den Ermessenspielraum des Beklagen nicht in der Weise einschränken, dass die Leistungen abzulehnen seien.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Landratsamts E. vom 25.05.2011 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für den Besuch der Privatschule „D. B.“ für den Zeitraum vom 11.05.2011 bis zum 20.07.2011 zu bewilligen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung wiederholt und vertieft der Beklagte im Wesentlichen die Gründe der angefochtenen Bescheide. Ergänzend führt er aus: Es treffe nicht zu, dass das Jugendamt keine andere Lösung für eine Beschulung als die stationäre Einrichtung in S. vorgesehen habe und keine Alternativen geboten habe. Vielmehr habe es nach Beendigung der stationären Hilfe in S. den Eltern des Klägers vermittelt, dass für den Kläger eine andere fachlich qualifizierte und als Träger der Jugendhilfe anerkannte Einrichtung gesucht werden solle, um ihm den erforderlichen Bedarf an Unterstützung und Förderung zukommen zu lassen. Die Eltern des Klägers seien aber nicht bereit gewesen, gemeinsam mit dem Jugendamt in einen Prozess der Hilfeplanung und Lösungssuche einzutreten. Vielmehr seien sie fest entschlossen gewesen, den Kläger in die Privatschule „D. B.“ in M. zu schicken. Das Jugendamt habe die Eltern von Anfang an darüber informiert, dass die Kosten für eine solche Privatschule nicht übernommen werden könnten, zumal die fachliche Einschätzung über den Hilfebedarf des Klägers eine andere gewesen sei. Die Eltern hätten daraufhin erklärt, dass sie die Kosten für die Privatschule selbst tragen wollten. Auch sei es unzutreffend, dass die Eltern den Antrag auf Übernahme des Schulgelds sofort gestellt hätten. Vielmehr sei der Kläger bereits im Januar 2010 an der Privatschule angemeldet worden. Der Antrag auf Kostenübernahme sei erst im Mai 2011 gestellt worden. Ihm gegenüber hätten die Eltern des Klägers nach der Autismusdiagnose nicht die Kostenübernahme für die Privatschule beantragt, sondern stattdessen eine Förderung im Autismus-Therapie-Zentrum. Dieser Antrag sei positiv beschieden worden. Die bewilligte Förderung habe dazu dienen sollen, die festgestellten Teilhabebeeinträchtigungen des Klägers abzumildern oder zu beseitigen. Dies sei den Eltern des Klägers ausführlich erklärt worden. Auch habe sich herausgestellt, dass der Kläger Teilhabebeeinträchtigungen sowohl im Bereich des Lernens als auch im Bereich des Sozialverhaltens in der Schule habe. Auch die Schule „D. B.“ habe deshalb eine Förderung im Autismus-Therapie-Zentrum empfohlen. Damit sei deutlich geworden, dass die Privatschule „D. B.“ keine Einrichtung der Eingliederungshilfe sei, die eigenständig und fachlich kompetent mit den Einschränkungen des Klägers umgehen könne. Vielmehr müsse sie, wie öffentliche Schulen auch, den Kläger insoweit an externe Stellen verweisen und sei auf solche externen Stellen angewiesen, wenn aufgrund seelischer Behinderung bei einem Kind oder Jugendlichen Schwierigkeiten im Schulalltag aufträten. Damit erfülle die Schule „D.B.“ nicht die Aufgaben einer Einrichtung für Eingliederungshilfe und besitze kein fachliches Konzept, um Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen in einem möglichst normalen altersentsprechenden Rahmen zu integrieren.
16 
Der Kammer liegen die Akten der Beklagten über die jugendhilferechtlichen Maßnahmen für den Kläger (2 Hefte) vor. Der Inhalt dieser Akten und der Gerichtsakten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Bescheide des Landratsamts E. vom 25.05.2011 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Übernahme der Kosten für den Besuch der Privatschule „D. B.“ in M. (§ 113 Abs. 5 VwGO).
18 
1. Als Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch kommt allein § 35a Abs. 1 SGB VIII in Betracht. Nach dieser Vorschrift haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und 2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne des Achten Buchs Sozialgesetzbuch sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift (seelische Erkrankung und Teilhabebeeinträchtigung) beim Kläger vorliegen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Davon geht deshalb auch die Kammer aus, obwohl die der Kammer vorliegenden Akten des Beklagten über die jugendhilferechtlichen Maßnahmen für den Kläger für die Annahme einer Teilhabebeeinträchtigung wenig hergeben.
19 
Nach § 35a Abs. 3 SGB VIII richten sich Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen nach § 53 Abs. 3 und 4 Satz 1 sowie den §§ 54, 56 und 57 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII gehören zu den Leistungen der Eingliederungshilfe auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung und damit grundsätzlich auch die Übernahme von Kosten für den Besuch einer Privatschule durch den Träger der Jugendhilfe (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2011 - 7 K 4112/09 -, juris; VG Freiburg, Urteil vom 27.01.2011 - 4 K 1318/10 -; VG Schlesw.-Holst., Urteil vom 22.08.2007 - 15 A 230/06 -, juris; Vondung, in: Kunkel, Sozialgesetzbuch VIII, 4. Aufl. 2011, § 35a RdNr. 56 m.w.N.; vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 B 43/10 -, juris). Allerdings ist die Beschulung in einer Privatschule und insbesondere in einer ganz bestimmten von den Eltern des seelisch behinderten Kindes allein ausgesuchten Schule nicht die einzig denkbare Hilfemöglichkeit bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 SGB VIII, wie der Verweis auf zahlreiche Vorschriften des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch in § 35a Abs. 3 SGB VIII und des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zeigt.
20 
Bei der Einschätzung der Art der nach § 35a SGB VIII zu bewilligenden Hilfeleistung, also der Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit und Geeignetheit der Maßnahme, steht dem Jugendhilfeträger ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, NVwZ 2000, 325; Bayer. VGH, Beschluss vom 02.08.2011 - 12 CE 11.1180 -, juris, m.w.N.; Wiesner, in ders.: SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 35a RdNr. 31, m.w.N.; Beschluss der Kammer vom 09.11.2010 - 4 K 2046/10 - m.w.N.; soweit der VGH Bad.-Württ. in den Urteilen vom 17.03.2011, NVwZ-RR 2011, 770, und vom 08.11.2001, NVwZ-RR 2002, 581, - auch insoweit ersichtlich alleinstehend - hinsichtlich der Notwendigkeit und Geeignetheit jugendhilferechtlicher Maßnahmen eine volle gerichtliche Überprüfung bejaht hat, betraf das die Fälle der Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII, nicht die Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII). Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Maßnahme der Jugendhilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses. Dieses Ergebnis erhebt nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit, muss jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, a.a.O.). Allerdings darf der Jugendhilfeträger auch insoweit den Rat und Sachverstand von Ärzten und Psychotherapeuten, bei denen das Kind bzw. der Jugendliche in Behandlung ist, nicht außer Acht lassen (Nieders. OVG, Beschluss vom 11.06.2008, FEVS 60, 28).
21 
Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Beklagten, die Übernahme der Kosten für den Besuch der Privatschule „D. B.“ durch den Kläger abzulehnen, nicht zu beanstanden. Laut einer Gesprächsnotiz in den Akten des Beklagten hat ein Mitarbeiter des Jugendamts des Beklagten den Eltern des Klägers diese Entscheidung erstmals in einer gemeinsamen Besprechung am 24.11.2009 erläutert und dies vor allem damit begründet, dass der Kläger seine Schwierigkeiten am besten in einer Umgebung bewältigen könne, in der er nicht nur schulisch lerne, sondern in der er auch in einem strukturierten pädagogischen Gruppenalltag lebe. Deshalb halte das Jugendamt eine stationäre oder teilstationäre Hilfe für den Kläger weiterhin für sinnvoll und geboten. In seinem ablehnenden Bescheid vom 25.05.2011 hat der Beklagte dem hinzugefügt, dass die Privatschule „D. B.“ weder die personellen noch die formellen Voraussetzungen für die Durchführung einer Maßnahme der Eingliederungshilfe erfülle. Später ergänzte der Beklagte, dem Kläger stünden die regulären Schulen offen, seinem Eingliederungsbedarf werde durch bewilligte ambulante Hilfen Rechnung getragen, ggf. könne er auch in einer anerkannten stationären oder teilstationären Einrichtung der Jugend- und Eingliederungshilfe die Schule besuchen und sich dort persönlich entwickeln. Die Schule „D. B.“ selbst habe eine Förderung des Klägers durch das Autismus-Therapie-Zentrum vorgeschlagen. Das zeige, dass sie selbst nicht mehr als andere reguläre Schulen auch über die personellen und sonstigen Möglichkeiten zum adäquaten Umgang mit dem Kläger und zu dessen Förderung verfügten.
22 
Diesen Überlegungen des Beklagten halten der Kläger und seine Eltern lediglich eine von ihnen bescheinigte positive Entwicklung des Klägers seit dem Besuch der Schule „D. B.“ entgegen, indem sie behaupten, er komme mit den Gegebenheiten in der Schule gut zurecht, die Lehrer und Betreuer der Schule hätten einen guten Zugang zu ihm und verstünden es, ihm die Lerninhalte zu vermitteln, seine schulischen Leistungen hätten sich stabilisiert, er habe sein inneres Gleichgewicht gefunden, gewinne an Sicherheit und seine diffusen Ängste seien verschwunden.
23 
Mit dieser Argumentation des Klägers und seiner Eltern lässt sich jedoch nicht begründen, dass nur der Besuch dieser Schule sich positiv auf die Entwicklung des Klägers hat auswirken können und dass das die einzig geeignete Maßnahme dargestellt habe, ihm eine angemessene Schulausbildung zu ermöglichen (vgl. hierzu Hess. VGH, Urteil vom 20.08.2009, NVwZ-RR 2010, 59). Allein der Umstand, dass eine vom Kläger und seinen Eltern selbst beschaffte Maßnahme nach ihrer eigenen Bewertung, aber ggf. auch aus objektiver Sicht, am Ende „erfolgreich“ war, führt nicht dazu, dass sich der Beurteilungsspielraum des Jugendhilfeträgers nachträglich auf Null reduziert.
24 
Demgegenüber sind die zuvor dargestellten Überlegungen des Beklagten überzeugend. Die Kosten der Beschulung an einer Privatschule sind vom Jugendhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII nur dann zu übernehmen, wenn dem Hilfesuchenden eine adäquate Förderung - das heißt die zur Bekämpfung auch der seelischen Behinderung erforderliche und geeignete Hilfe - nur an der besagten Privatschule in zumutbarer Weise zuteil wird und das öffentliche Schulsystem nichts Vergleichbares bietet (OVG NW, Beschluss vom 05.05.2011 - 12 A 2195/10 -, juris). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die Privatschule „D. B.“ nicht vor. Ausweislich ihres Profils (siehe hierzu: www.privatschule-xxx.de/schule) und ihren personellen Möglichkeiten (siehe hierzu: www.privatschule-xxx.de/personen) entspricht sie eher einer Regelschule, sie unterscheidet sich von ihr im Wesentlichen nur durch eine deutlich geringere Anzahl von Schülern pro betreuender Lehrkraft und durch andere pädagogische Konzepte. Über speziell ausgebildetes Personal zur Betreuung und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit seelischer Erkrankung bzw. Behinderung, hier in Form einer atypischen Autismusstörung, verfügt die Schule „D. B.“ nicht. Zu Recht hat der Beklagte das auch aus dem Umstand geschlossen, dass die Schule selbst um eine Förderung des Klägers in einem auf Autismus spezialisierten Therapie-Zentrum nachgesucht hat.
25 
2. Darüber hinaus steht dem Anspruch des Klägers auch die Regelung in § 36a SGB VIII entgegen. Nach § 36a Abs. 1 SGB VIII trägt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Leistungsberechtigten erbracht wird. Die Gewährung von Eingliederungshilfe setzt deshalb grundsätzlich eine vorherige Antragstellung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe voraus, wobei der Antrag auch in Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann. Wird eine Hilfe, ohne dass sie der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bewilligt hat, selbst beschafft, kann eine Übernahme der Aufwendungen grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen eines „Systemversagens“, wie sie in § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Einzelnen bestimmt sind, beansprucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 B 43/10 -, JAmt 2011, 274; VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2011, a.a.O.; VG Freiburg, Urteil vom 23.10.2009 - 4 K 1535/07 -). § 36a Abs. 1 SGB VIII betont den Entscheidungsprimat des Jugendamts, welches weder von Institutionen wie Schule oder Familiengericht noch von Eltern als bloße „Zahlstelle“ beansprucht werden soll. Die Regelung beinhaltet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung sozialpädagogisch-fachlichen Handelns des Jugendamts. Die Gewährung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind nach der Konzeption des Achten Buchs Sozialgesetzbuch das Ergebnis eines kooperativen sozialpädagogischen Entscheidungsprozesses, in dem die besonderen Beteiligungserfordernisse (vgl. § 36 SGB VIII) Raum brauchen für ein gemeinsames Entstehen von Hilfe. Das Recht, vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Übernahme von Aufwendungen für selbst beschaffte Leistungen zu verlangen, kann daher nur in Ausnahmefällen gegeben sein (VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2011, a.a.O., m.w.N.).
26 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Anmeldung des Klägers zum Besuch der Privatschule „D. B.“ von den Eltern des Klägers ohne und sogar gegen den ausdrücklich geäußerten Willen des Jugendamts des Beklagten erfolgt ist und die Maßnahme somit selbst beschafft wurde. Die Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für das Vorliegen eines Ausnahmefalls von der verantwortlichen Mitwirkung des Jugendhilfeträgers und damit auch für eine Übernahme der Kosten der selbst beschafften Maßnahme liegen hier nicht vor. Danach muss 1. der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt haben, 2. müssen die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorgelegen haben und 3. darf die Deckung des Bedarfs a) bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder b) bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet haben.
27 
Über die Frage, seit wann das Jugendamt des Beklagten Kenntnis hat von dem weiteren und geänderten Hilfebedarf des Klägers nach Beendigung der jugendhilferechtlichen Maßnahme in der Einrichtung Schweigmatt und über die Absicht seiner Eltern, ihn bei sich zu Hause unterzubringen und ihn in der privaten Ergänzungsschule „D. B.“ zu beschulen, besteht Streit zwischen den Beteiligten. Doch kann das dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die Voraussetzungen der berechtigten Selbstbeschaffung nach den Nummern 2 und 3 von § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII nicht vorliegen. Denn das wäre zum einen gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nur dann der Fall, wenn unabhängig von den Besonderheiten für die Übernahme der Kosten der selbst beschafften Hilfen die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe (hier: nach § 35a SGB VIII) vorgelegen hätten. Das ist nach den vorstehenden Ausführungen (unter 1.) jedoch nicht der Fall. Und zum anderen würde eine Kostenübernahme hiernach voraussetzen, dass es sich bei dem betr. Fall gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII um einen unaufschiebbaren Eilfall gehandelt hat, bei dem wegen eines so genannten Systemversagens des zuständigen Jugendhilfeträgers ein eigenmächtiges Handeln des Leistungsberechtigten geboten war (vgl. hierzu Wiesner, a.a.O., § 36a RdNrn. 42 ff., 50, m.w.N.; VG Freiburg, Urteil vom 23.10.2009, a.a.O.). Ein solches Systemversagen kann dem Beklagten im vorliegenden Fall nicht bescheinigt werden. Vielmehr kam es noch im November 2009, unmittelbar nach Beendigung der Heimunterbringung des Klägers, zu dem oben erwähnten Gespräch zwischen den Eltern des Klägers und Mitarbeitern des Jugendamts des Beklagten. In diesem Gespräch haben die Mitarbeiter des Jugendamts grundsätzlich Einsicht in die Notwendigkeit des Abbruchs der bisher durchgeführten Maßnahme gezeigt und sie waren auch zu weiteren Hilfemaßnahmen bereit. Es bestand lediglich Dissens über die Art der Hilfemaßnahme. Während die Mitarbeiter des Jugendamts, wie sie später, u. a. auch in der mündlichen Verhandlung, dargelegt haben, eher stationäre Maßnahmen für erforderlich und geeignet hielten, bestanden die Eltern des Klägers allein auf der von Ihnen beabsichtigte Anmeldung des Klägers in der Privatschule „D. B.“, verbunden mit dem Wohnen des Klägers bei seiner Mutter. Zu weiteren konstruktiven Lösungssuchen und somit auch zu weiteren Diskussionen - evtl. auch über Modelle teilstationärer Maßnahmen für den Kläger - kam es deshalb erst gar nicht, weil die Eltern des Klägers allein auf der von ihnen befürworteten Lösung bestanden und daran auch festhielten, nachdem ihnen die Mitarbeiter des Jugendamts klar gemacht hatten, dass sämtliche jugendhilferechtlichen Maßnahmen und auch weitere Hilfeplangespräche damit beendet wären und die Kosten für die Beschulung des Klägers in der „B.“ allein von Ihnen aufzubringen wären. Tatsächlich gab es dann bis zum Beginn der Beschulung des Klägers im Januar 2010 und auch in den folgenden Monaten zwischen dem Kläger und seinen Eltern einerseits und dem Jugendamt des Beklagten andererseits keine (Hilfeplan-)Gespräche über den Kläger mehr und trugen die Eltern konsequenterweise allein die Kosten der Privatschule. Bei dieser Sachlage kann von einem Systemversagen des Jugendamts des Beklagten nicht die Rede sein.
28 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Verfahren nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).
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Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen wäre, sind nicht gegeben.

Gründe

 
17 
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Bescheide des Landratsamts E. vom 25.05.2011 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20.07.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Übernahme der Kosten für den Besuch der Privatschule „D. B.“ in M. (§ 113 Abs. 5 VwGO).
18 
1. Als Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch kommt allein § 35a Abs. 1 SGB VIII in Betracht. Nach dieser Vorschrift haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und 2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne des Achten Buchs Sozialgesetzbuch sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift (seelische Erkrankung und Teilhabebeeinträchtigung) beim Kläger vorliegen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Davon geht deshalb auch die Kammer aus, obwohl die der Kammer vorliegenden Akten des Beklagten über die jugendhilferechtlichen Maßnahmen für den Kläger für die Annahme einer Teilhabebeeinträchtigung wenig hergeben.
19 
Nach § 35a Abs. 3 SGB VIII richten sich Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen nach § 53 Abs. 3 und 4 Satz 1 sowie den §§ 54, 56 und 57 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII gehören zu den Leistungen der Eingliederungshilfe auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung und damit grundsätzlich auch die Übernahme von Kosten für den Besuch einer Privatschule durch den Träger der Jugendhilfe (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2011 - 7 K 4112/09 -, juris; VG Freiburg, Urteil vom 27.01.2011 - 4 K 1318/10 -; VG Schlesw.-Holst., Urteil vom 22.08.2007 - 15 A 230/06 -, juris; Vondung, in: Kunkel, Sozialgesetzbuch VIII, 4. Aufl. 2011, § 35a RdNr. 56 m.w.N.; vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 B 43/10 -, juris). Allerdings ist die Beschulung in einer Privatschule und insbesondere in einer ganz bestimmten von den Eltern des seelisch behinderten Kindes allein ausgesuchten Schule nicht die einzig denkbare Hilfemöglichkeit bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 SGB VIII, wie der Verweis auf zahlreiche Vorschriften des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch in § 35a Abs. 3 SGB VIII und des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zeigt.
20 
Bei der Einschätzung der Art der nach § 35a SGB VIII zu bewilligenden Hilfeleistung, also der Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit und Geeignetheit der Maßnahme, steht dem Jugendhilfeträger ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, NVwZ 2000, 325; Bayer. VGH, Beschluss vom 02.08.2011 - 12 CE 11.1180 -, juris, m.w.N.; Wiesner, in ders.: SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 35a RdNr. 31, m.w.N.; Beschluss der Kammer vom 09.11.2010 - 4 K 2046/10 - m.w.N.; soweit der VGH Bad.-Württ. in den Urteilen vom 17.03.2011, NVwZ-RR 2011, 770, und vom 08.11.2001, NVwZ-RR 2002, 581, - auch insoweit ersichtlich alleinstehend - hinsichtlich der Notwendigkeit und Geeignetheit jugendhilferechtlicher Maßnahmen eine volle gerichtliche Überprüfung bejaht hat, betraf das die Fälle der Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII, nicht die Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII). Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Maßnahme der Jugendhilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses. Dieses Ergebnis erhebt nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit, muss jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1999, a.a.O.). Allerdings darf der Jugendhilfeträger auch insoweit den Rat und Sachverstand von Ärzten und Psychotherapeuten, bei denen das Kind bzw. der Jugendliche in Behandlung ist, nicht außer Acht lassen (Nieders. OVG, Beschluss vom 11.06.2008, FEVS 60, 28).
21 
Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Beklagten, die Übernahme der Kosten für den Besuch der Privatschule „D. B.“ durch den Kläger abzulehnen, nicht zu beanstanden. Laut einer Gesprächsnotiz in den Akten des Beklagten hat ein Mitarbeiter des Jugendamts des Beklagten den Eltern des Klägers diese Entscheidung erstmals in einer gemeinsamen Besprechung am 24.11.2009 erläutert und dies vor allem damit begründet, dass der Kläger seine Schwierigkeiten am besten in einer Umgebung bewältigen könne, in der er nicht nur schulisch lerne, sondern in der er auch in einem strukturierten pädagogischen Gruppenalltag lebe. Deshalb halte das Jugendamt eine stationäre oder teilstationäre Hilfe für den Kläger weiterhin für sinnvoll und geboten. In seinem ablehnenden Bescheid vom 25.05.2011 hat der Beklagte dem hinzugefügt, dass die Privatschule „D. B.“ weder die personellen noch die formellen Voraussetzungen für die Durchführung einer Maßnahme der Eingliederungshilfe erfülle. Später ergänzte der Beklagte, dem Kläger stünden die regulären Schulen offen, seinem Eingliederungsbedarf werde durch bewilligte ambulante Hilfen Rechnung getragen, ggf. könne er auch in einer anerkannten stationären oder teilstationären Einrichtung der Jugend- und Eingliederungshilfe die Schule besuchen und sich dort persönlich entwickeln. Die Schule „D. B.“ selbst habe eine Förderung des Klägers durch das Autismus-Therapie-Zentrum vorgeschlagen. Das zeige, dass sie selbst nicht mehr als andere reguläre Schulen auch über die personellen und sonstigen Möglichkeiten zum adäquaten Umgang mit dem Kläger und zu dessen Förderung verfügten.
22 
Diesen Überlegungen des Beklagten halten der Kläger und seine Eltern lediglich eine von ihnen bescheinigte positive Entwicklung des Klägers seit dem Besuch der Schule „D. B.“ entgegen, indem sie behaupten, er komme mit den Gegebenheiten in der Schule gut zurecht, die Lehrer und Betreuer der Schule hätten einen guten Zugang zu ihm und verstünden es, ihm die Lerninhalte zu vermitteln, seine schulischen Leistungen hätten sich stabilisiert, er habe sein inneres Gleichgewicht gefunden, gewinne an Sicherheit und seine diffusen Ängste seien verschwunden.
23 
Mit dieser Argumentation des Klägers und seiner Eltern lässt sich jedoch nicht begründen, dass nur der Besuch dieser Schule sich positiv auf die Entwicklung des Klägers hat auswirken können und dass das die einzig geeignete Maßnahme dargestellt habe, ihm eine angemessene Schulausbildung zu ermöglichen (vgl. hierzu Hess. VGH, Urteil vom 20.08.2009, NVwZ-RR 2010, 59). Allein der Umstand, dass eine vom Kläger und seinen Eltern selbst beschaffte Maßnahme nach ihrer eigenen Bewertung, aber ggf. auch aus objektiver Sicht, am Ende „erfolgreich“ war, führt nicht dazu, dass sich der Beurteilungsspielraum des Jugendhilfeträgers nachträglich auf Null reduziert.
24 
Demgegenüber sind die zuvor dargestellten Überlegungen des Beklagten überzeugend. Die Kosten der Beschulung an einer Privatschule sind vom Jugendhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII nur dann zu übernehmen, wenn dem Hilfesuchenden eine adäquate Förderung - das heißt die zur Bekämpfung auch der seelischen Behinderung erforderliche und geeignete Hilfe - nur an der besagten Privatschule in zumutbarer Weise zuteil wird und das öffentliche Schulsystem nichts Vergleichbares bietet (OVG NW, Beschluss vom 05.05.2011 - 12 A 2195/10 -, juris). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die Privatschule „D. B.“ nicht vor. Ausweislich ihres Profils (siehe hierzu: www.privatschule-xxx.de/schule) und ihren personellen Möglichkeiten (siehe hierzu: www.privatschule-xxx.de/personen) entspricht sie eher einer Regelschule, sie unterscheidet sich von ihr im Wesentlichen nur durch eine deutlich geringere Anzahl von Schülern pro betreuender Lehrkraft und durch andere pädagogische Konzepte. Über speziell ausgebildetes Personal zur Betreuung und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit seelischer Erkrankung bzw. Behinderung, hier in Form einer atypischen Autismusstörung, verfügt die Schule „D. B.“ nicht. Zu Recht hat der Beklagte das auch aus dem Umstand geschlossen, dass die Schule selbst um eine Förderung des Klägers in einem auf Autismus spezialisierten Therapie-Zentrum nachgesucht hat.
25 
2. Darüber hinaus steht dem Anspruch des Klägers auch die Regelung in § 36a SGB VIII entgegen. Nach § 36a Abs. 1 SGB VIII trägt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Leistungsberechtigten erbracht wird. Die Gewährung von Eingliederungshilfe setzt deshalb grundsätzlich eine vorherige Antragstellung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe voraus, wobei der Antrag auch in Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann. Wird eine Hilfe, ohne dass sie der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bewilligt hat, selbst beschafft, kann eine Übernahme der Aufwendungen grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen eines „Systemversagens“, wie sie in § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Einzelnen bestimmt sind, beansprucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 B 43/10 -, JAmt 2011, 274; VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2011, a.a.O.; VG Freiburg, Urteil vom 23.10.2009 - 4 K 1535/07 -). § 36a Abs. 1 SGB VIII betont den Entscheidungsprimat des Jugendamts, welches weder von Institutionen wie Schule oder Familiengericht noch von Eltern als bloße „Zahlstelle“ beansprucht werden soll. Die Regelung beinhaltet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung sozialpädagogisch-fachlichen Handelns des Jugendamts. Die Gewährung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind nach der Konzeption des Achten Buchs Sozialgesetzbuch das Ergebnis eines kooperativen sozialpädagogischen Entscheidungsprozesses, in dem die besonderen Beteiligungserfordernisse (vgl. § 36 SGB VIII) Raum brauchen für ein gemeinsames Entstehen von Hilfe. Das Recht, vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Übernahme von Aufwendungen für selbst beschaffte Leistungen zu verlangen, kann daher nur in Ausnahmefällen gegeben sein (VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2011, a.a.O., m.w.N.).
26 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Anmeldung des Klägers zum Besuch der Privatschule „D. B.“ von den Eltern des Klägers ohne und sogar gegen den ausdrücklich geäußerten Willen des Jugendamts des Beklagten erfolgt ist und die Maßnahme somit selbst beschafft wurde. Die Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für das Vorliegen eines Ausnahmefalls von der verantwortlichen Mitwirkung des Jugendhilfeträgers und damit auch für eine Übernahme der Kosten der selbst beschafften Maßnahme liegen hier nicht vor. Danach muss 1. der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt haben, 2. müssen die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorgelegen haben und 3. darf die Deckung des Bedarfs a) bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder b) bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet haben.
27 
Über die Frage, seit wann das Jugendamt des Beklagten Kenntnis hat von dem weiteren und geänderten Hilfebedarf des Klägers nach Beendigung der jugendhilferechtlichen Maßnahme in der Einrichtung Schweigmatt und über die Absicht seiner Eltern, ihn bei sich zu Hause unterzubringen und ihn in der privaten Ergänzungsschule „D. B.“ zu beschulen, besteht Streit zwischen den Beteiligten. Doch kann das dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die Voraussetzungen der berechtigten Selbstbeschaffung nach den Nummern 2 und 3 von § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII nicht vorliegen. Denn das wäre zum einen gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nur dann der Fall, wenn unabhängig von den Besonderheiten für die Übernahme der Kosten der selbst beschafften Hilfen die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe (hier: nach § 35a SGB VIII) vorgelegen hätten. Das ist nach den vorstehenden Ausführungen (unter 1.) jedoch nicht der Fall. Und zum anderen würde eine Kostenübernahme hiernach voraussetzen, dass es sich bei dem betr. Fall gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII um einen unaufschiebbaren Eilfall gehandelt hat, bei dem wegen eines so genannten Systemversagens des zuständigen Jugendhilfeträgers ein eigenmächtiges Handeln des Leistungsberechtigten geboten war (vgl. hierzu Wiesner, a.a.O., § 36a RdNrn. 42 ff., 50, m.w.N.; VG Freiburg, Urteil vom 23.10.2009, a.a.O.). Ein solches Systemversagen kann dem Beklagten im vorliegenden Fall nicht bescheinigt werden. Vielmehr kam es noch im November 2009, unmittelbar nach Beendigung der Heimunterbringung des Klägers, zu dem oben erwähnten Gespräch zwischen den Eltern des Klägers und Mitarbeitern des Jugendamts des Beklagten. In diesem Gespräch haben die Mitarbeiter des Jugendamts grundsätzlich Einsicht in die Notwendigkeit des Abbruchs der bisher durchgeführten Maßnahme gezeigt und sie waren auch zu weiteren Hilfemaßnahmen bereit. Es bestand lediglich Dissens über die Art der Hilfemaßnahme. Während die Mitarbeiter des Jugendamts, wie sie später, u. a. auch in der mündlichen Verhandlung, dargelegt haben, eher stationäre Maßnahmen für erforderlich und geeignet hielten, bestanden die Eltern des Klägers allein auf der von Ihnen beabsichtigte Anmeldung des Klägers in der Privatschule „D. B.“, verbunden mit dem Wohnen des Klägers bei seiner Mutter. Zu weiteren konstruktiven Lösungssuchen und somit auch zu weiteren Diskussionen - evtl. auch über Modelle teilstationärer Maßnahmen für den Kläger - kam es deshalb erst gar nicht, weil die Eltern des Klägers allein auf der von ihnen befürworteten Lösung bestanden und daran auch festhielten, nachdem ihnen die Mitarbeiter des Jugendamts klar gemacht hatten, dass sämtliche jugendhilferechtlichen Maßnahmen und auch weitere Hilfeplangespräche damit beendet wären und die Kosten für die Beschulung des Klägers in der „B.“ allein von Ihnen aufzubringen wären. Tatsächlich gab es dann bis zum Beginn der Beschulung des Klägers im Januar 2010 und auch in den folgenden Monaten zwischen dem Kläger und seinen Eltern einerseits und dem Jugendamt des Beklagten andererseits keine (Hilfeplan-)Gespräche über den Kläger mehr und trugen die Eltern konsequenterweise allein die Kosten der Privatschule. Bei dieser Sachlage kann von einem Systemversagen des Jugendamts des Beklagten nicht die Rede sein.
28 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Verfahren nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).
29 
Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen wäre, sind nicht gegeben.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 35a Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung


(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36a Steuerungsverantwortung, Selbstbeschaffung


(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36 Mitwirkung, Hilfeplan


(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwickl

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 17. Feb. 2011 - 5 B 43/10

bei uns veröffentlicht am 17.02.2011

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 und vom 22. Mai 2008 - BVerwG 5 B 130.07 - JAmt 2008, 600).

3

a) Die vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltene Frage

"ob bei einer im Rahmen der Selbsthilfe verschafften Maßnahme im Sinne des § 35a Abs. 2 SGB VIII Kostenerstattungsansprüche gegen den Jugendhilfeträger nur dann bestehen können, wenn die fragliche Maßnahme alternativlos in Betracht kommt, jede andere Maßnahme also nicht geeignet wäre, der bestehenden Belastungssituation zu begegnen",

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Klage nicht allein darauf gestützt, beim Kläger wären zur Behandlung seines Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms (im Folgenden: ADS) auch andere Maßnahmen als der Wechsel auf die Internationale Schule in Frage gekommen.

4

Vielmehr hat es selbstständig tragend ausgeführt, für eine Kostenerstattung selbst beschaffter Maßnahmen fehle es im Schuljahr 2002/2003 auch an der schon vor Einführung des § 36a SGB VIII erforderlichen Dringlichkeit. Es sei nicht anzunehmen, dass der Schulwechsel nach dem bereits damals sinngemäß geltenden § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keinen zeitlichen Aufschub geduldet habe. Zumindest ein vorübergehender Verbleib sei nicht unzumutbar gewesen, so dass der Kläger die abschließende Entscheidung des Jugendamts über die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für den Besuch der Privatschule hätte abwarten können und müssen. Für die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 wird selbstständig tragend darauf abgestellt, dass jedenfalls die nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII erforderliche Teilhabebeeinträchtigung nicht mehr bestanden habe und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels auf eine öffentliche Schule keineswegs sicher gedroht habe (UA S. 31 f.). Insoweit sind auch keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben.

5

Folglich ist die möglicherweise klärungsbedürftige Frage nicht entscheidungserheblich, ob eine selbst beschaffte Maßnahme im Falle der Unaufschiebbarkeit nicht nur geeignet (vgl. OVG Münster vom 30. Januar 2004 - 12 B 2392/03 - NVwZ-RR 2004, 503 <505>), sondern - wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof im angegriffenen Berufungsurteil ausführt - auch alternativlos sein muss (differenzierend Kunkel in LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 36a Rn. 8).

6

b) Die vom Kläger des Weiteren für grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage,

"ob das 'In-Kenntnis-Setzen' des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe vom Hilfebedarf im Sinne des § 36a Abs. 3 Ziff. 1 SGB VIII zwingend einen förmlichen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe voraussetzt oder ob es hierfür ausreichend ist, dass der Jugendhilfeträger in anderweitiger Form Kenntnis vom Hilfebedarf erlangt und auf dieser Grundlage über die Hilfegewährung entscheiden konnte",

rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt, dass Leistungen der Jugendhilfe grundsätzlich eine vorherige Antragstellung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe voraussetzen, dass für diesen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und dass er auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann (Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O. m.w.N.). Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof gerade nicht tragend auf den Zeitpunkt des förmlichen Antrages abgestellt. Er ist vielmehr davon ausgegangen, das Jugendamt habe von einem möglichen Hilfebedarf bereits Ende Februar/Anfang März 2002 erfahren und habe darauf in ausreichendem Umfang reagiert (UA S. 26 bis 28).

7

2. Die Revision ist auch nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

8

2.1 Die mit der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Erfolg haben, wenn die für aufklärungsbedürftig gehaltenen Tatsachen unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (stRspr, vgl. Urteil vom 22. Januar 1969 - BVerwG 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212; Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O.). Daran fehlt es.

9

a) Der Kläger rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht hätte entsprechend seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag die behandelnden Therapeuten zum Beweis für die Behauptung vernehmen müssen, dass dem Kläger seinerzeit eine seelische Behinderung gedroht habe. Es erscheint zwar zweifelhaft, ob dieser Hilfsbeweisantrag schon deswegen abgelehnt werden konnte, weil es sich bei dem angeführten Beweisthema der drohenden seelischen Behinderung streng genommen nicht um eine Tatsache, sondern um eine der Rechtsanwendung zuzuordnende Prognoseentscheidung handelt. Dies mag zwar die Vernehmung der behandelnden Therapeuten als sachverständige Zeugen ausschließen, hindert aber ihre Heranziehung als Sachverständige nicht (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <42 f.>). Dass die Vernehmung von Sachverständigen die eigene Prognoseentscheidung des Tatrichters nicht ersetzen, sondern hierfür nur eine Hilfestellung bieten kann, ändert nichts daran, dass ein Sachverständigengutachten durchaus als geeignetes Beweismittel zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung in Bezug auf die Gefahr einer seelischen Behinderung in Betracht kommen kann (vgl. Beschluss vom 22. Oktober 2008 - BVerwG 1 B 5.08 - juris Rn. 5).

10

Die Frage der seelischen Behinderung war jedoch nach der Rechtsauffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs letztlich nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat zwar bezweifelt, dass dem Kläger im Frühjahr 2002, eine seelische Behinderung drohte. Es hat die Ablehnung des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs für das Schuljahr 2002/2003 aber letztlich nicht auf diese Zweifel gestützt. Es hat ergänzend ausgeführt, dass es auch an der erforderlichen Gefahr einer Teilhabebeeinträchtigung fehle, und es hat die Frage der drohenden seelischen Behinderung „letztlich dahinstehen“ lassen (UA S. 19), weil der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch für das Schuljahr 2002/2003 seines Erachtens an den sonstigen Voraussetzungen für die Erstattung selbst beschaffter Hilfen scheiterte. Auch für die folgenden Schuljahre hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich darauf abgestellt, dass dem Kläger jedenfalls nach dem einjährigen Besuch der Internationalen Schule keine Teilhabebeeinträchtigung mehr drohte und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels keineswegs sicher gedroht hätte. In der Aufklärungsrüge ist auch nicht aufgezeigt worden, dass sich in Bezug auf die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 hinsichtlich einer drohenden Teilhabebeeinträchtigung des Klägers weitere Ermittlungen aufgedrängt hätten und dass darauf bereits im Berufungsverfahren im ausreichenden Maße hingewirkt worden wäre. Der oben erwähnte Hilfsbeweisantrag konnte nur so verstanden werden, dass er sich auf die „seinerzeit“ im Jahre 2002 drohende seelische Behinderung bezog. Entgegen dem Beschwerdevorbringen musste der Antrag nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er für den gesamten eingeklagten Erstattungszeitraum gelten sollte.

11

b) Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts war letztlich auch auf die im anderen Hilfsbeweisantrag unter Beweis gestellte Behauptung, dass die Internationale Schule für die ADS-Problematik des Klägers „die richtige Schule“ gewesen sei, nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon, dass dieser Beweisantrag eine dem Beweis nicht zugängliche Bewertung zum Gegenstand hat und vom Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei schon mangels konkreter Tatsachenbehauptung abgewiesen worden ist, kam es auf die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Zweifel an der Eignung dieser Schule als Therapieeinrichtung für Kinder mit ADS nicht an. Das Berufungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - die Kostenerstattungspflicht des Beklagten auch aus anderen selbstständig tragenden Gründen abgelehnt, so dass die beantragte Vernehmung des Schulleiters der Internationalen Schule auch nicht aus Gründen der richterlichen Aufklärungspflicht erforderlich gewesen ist.

12

2.2 Die angegriffene Entscheidung verletzt auch nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Anspruch auf rechtliches Gehör fordert, dass das erkennende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. Oktober 1990 - 2 BvR 562/88 - BVerfGE 83, 24 <35> und vom 30. April 2010 - 1 BvR 2797/09 - FamRZ 2010, 1145). Allerdings müssen die Gerichte nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich bescheiden (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267 <274>). Es müssen nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187>). Ein Gehörsverstoß kommt deshalb nur in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (stRspr, Beschluss vom 2. September 2010 - BVerwG 9 B 12.10 -). Auch in diesem Fall kommt es nur dann zur Aufhebung einer Gerichtsentscheidung, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Berücksichtigung des Vortrags zu einer für die Prozesspartei günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerfG, Urteil vom 14. Dezember 1982 - 2 BvR 434/82 - BVerfGE 62, 392 <396>; BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2008 - BVerwG 8 B 24.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 77).

13

a) Soweit der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall auf zwei gutachtliche Stellungnahmen zur ADS-Problematik des Klägers aus dem Jahr 2007 nicht eingegangen ist, kann die angegriffene Entscheidung auf einer mangelnden Berücksichtigung dieses Vorbringens jedenfalls nicht beruhen. Denn das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer seelischen Behinderung des Klägers - wie ausgeführt - letztlich dahinstehen lassen und den Kostenerstattungsanspruch aus anderen Gründen abgelehnt.

14

b) Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof auch den Sachvortrag zur Dringlichkeit des Schulwechsels im klagebegründenden Schriftsatz vom 9. März 2007 nicht übergangen. Die darin angeführten Argumente für die Notwendigkeit des Schulwechsels (ADS, Absinken der Schulleistungen, Probleme mit Mitschülern, Mobbing, aggressives Verhalten des Klägers, Schulwechselempfehlung des Klassenlehrers und Schulleiters, unbefriedigender Verlauf der Gespräche bei der Schulaufsicht) werden im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegeben (UA S. 8). Damit hat das Berufungsgericht den diesbezüglichen Parteivortrag zur Kenntnis genommen. Dann aber bedarf es besonderer Umstände, die hier nicht ersichtlich sind, dass das Berufungsgericht das zur Kenntnis genommene Vorbringen bei der Entscheidungsfindung nicht erwogen habe.

15

Soweit es bei der Erörterung der Rechtsfrage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels nicht im Einzelnen auf diese Punkte eingegangen ist, lässt dies nicht den Schluss zu, es hätte diese Argumente nicht in Erwägung gezogen. Das Berufungsgericht hat erkennbar zwischen der Frage der Notwendigkeit eines Schulwechsels und der Frage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels bis zu einer Entscheidung des Jugendamts differenziert und verlangt, dass für die Unaufschiebbarkeit eines Schulwechsels noch zusätzliche Argumente angeführt werden müssten, die auch einen vorübergehenden Verbleib unzumutbar erscheinen ließen. Es hat die im Tatbestand des Urteils durchaus referierten Probleme des Klägers im Ergebnis nicht als so schwerwiegend angesehen, dass auch ein einstweiliger Verbleib in der bisherigen Schule unzumutbar gewesen wäre.

16

Bei dieser Bewertung der Tatsachen hat es sich maßgeblich auf die im Aktenvermerk vom 12. September 2002 festgehaltene Einschätzung der Mutter des Klägers gestützt, der Kläger habe die bisherige Schule nicht verlassen müssen. In diesem Zusammenhang ist auch die zum Beleg des Gehörverstoßes angeführte Passage des Urteils zu verstehen, es sei nicht über Auseinandersetzungen des Klägers mit seinen Mitschülern berichtet worden, die einen einstweiligen Verbleib auf der Schule unzumutbar erscheinen ließen. Ist aber das Vorbringen einer Partei zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden, dann hindert der Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht nicht, die zur Kenntnis genommenen Tatsachen anders zu bewerten als die Prozesspartei. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>).

17

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

18

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 und vom 22. Mai 2008 - BVerwG 5 B 130.07 - JAmt 2008, 600).

3

a) Die vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltene Frage

"ob bei einer im Rahmen der Selbsthilfe verschafften Maßnahme im Sinne des § 35a Abs. 2 SGB VIII Kostenerstattungsansprüche gegen den Jugendhilfeträger nur dann bestehen können, wenn die fragliche Maßnahme alternativlos in Betracht kommt, jede andere Maßnahme also nicht geeignet wäre, der bestehenden Belastungssituation zu begegnen",

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Klage nicht allein darauf gestützt, beim Kläger wären zur Behandlung seines Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms (im Folgenden: ADS) auch andere Maßnahmen als der Wechsel auf die Internationale Schule in Frage gekommen.

4

Vielmehr hat es selbstständig tragend ausgeführt, für eine Kostenerstattung selbst beschaffter Maßnahmen fehle es im Schuljahr 2002/2003 auch an der schon vor Einführung des § 36a SGB VIII erforderlichen Dringlichkeit. Es sei nicht anzunehmen, dass der Schulwechsel nach dem bereits damals sinngemäß geltenden § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keinen zeitlichen Aufschub geduldet habe. Zumindest ein vorübergehender Verbleib sei nicht unzumutbar gewesen, so dass der Kläger die abschließende Entscheidung des Jugendamts über die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für den Besuch der Privatschule hätte abwarten können und müssen. Für die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 wird selbstständig tragend darauf abgestellt, dass jedenfalls die nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII erforderliche Teilhabebeeinträchtigung nicht mehr bestanden habe und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels auf eine öffentliche Schule keineswegs sicher gedroht habe (UA S. 31 f.). Insoweit sind auch keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben.

5

Folglich ist die möglicherweise klärungsbedürftige Frage nicht entscheidungserheblich, ob eine selbst beschaffte Maßnahme im Falle der Unaufschiebbarkeit nicht nur geeignet (vgl. OVG Münster vom 30. Januar 2004 - 12 B 2392/03 - NVwZ-RR 2004, 503 <505>), sondern - wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof im angegriffenen Berufungsurteil ausführt - auch alternativlos sein muss (differenzierend Kunkel in LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 36a Rn. 8).

6

b) Die vom Kläger des Weiteren für grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage,

"ob das 'In-Kenntnis-Setzen' des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe vom Hilfebedarf im Sinne des § 36a Abs. 3 Ziff. 1 SGB VIII zwingend einen förmlichen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe voraussetzt oder ob es hierfür ausreichend ist, dass der Jugendhilfeträger in anderweitiger Form Kenntnis vom Hilfebedarf erlangt und auf dieser Grundlage über die Hilfegewährung entscheiden konnte",

rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt, dass Leistungen der Jugendhilfe grundsätzlich eine vorherige Antragstellung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe voraussetzen, dass für diesen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und dass er auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann (Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O. m.w.N.). Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof gerade nicht tragend auf den Zeitpunkt des förmlichen Antrages abgestellt. Er ist vielmehr davon ausgegangen, das Jugendamt habe von einem möglichen Hilfebedarf bereits Ende Februar/Anfang März 2002 erfahren und habe darauf in ausreichendem Umfang reagiert (UA S. 26 bis 28).

7

2. Die Revision ist auch nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

8

2.1 Die mit der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Erfolg haben, wenn die für aufklärungsbedürftig gehaltenen Tatsachen unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (stRspr, vgl. Urteil vom 22. Januar 1969 - BVerwG 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212; Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O.). Daran fehlt es.

9

a) Der Kläger rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht hätte entsprechend seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag die behandelnden Therapeuten zum Beweis für die Behauptung vernehmen müssen, dass dem Kläger seinerzeit eine seelische Behinderung gedroht habe. Es erscheint zwar zweifelhaft, ob dieser Hilfsbeweisantrag schon deswegen abgelehnt werden konnte, weil es sich bei dem angeführten Beweisthema der drohenden seelischen Behinderung streng genommen nicht um eine Tatsache, sondern um eine der Rechtsanwendung zuzuordnende Prognoseentscheidung handelt. Dies mag zwar die Vernehmung der behandelnden Therapeuten als sachverständige Zeugen ausschließen, hindert aber ihre Heranziehung als Sachverständige nicht (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <42 f.>). Dass die Vernehmung von Sachverständigen die eigene Prognoseentscheidung des Tatrichters nicht ersetzen, sondern hierfür nur eine Hilfestellung bieten kann, ändert nichts daran, dass ein Sachverständigengutachten durchaus als geeignetes Beweismittel zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung in Bezug auf die Gefahr einer seelischen Behinderung in Betracht kommen kann (vgl. Beschluss vom 22. Oktober 2008 - BVerwG 1 B 5.08 - juris Rn. 5).

10

Die Frage der seelischen Behinderung war jedoch nach der Rechtsauffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs letztlich nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat zwar bezweifelt, dass dem Kläger im Frühjahr 2002, eine seelische Behinderung drohte. Es hat die Ablehnung des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs für das Schuljahr 2002/2003 aber letztlich nicht auf diese Zweifel gestützt. Es hat ergänzend ausgeführt, dass es auch an der erforderlichen Gefahr einer Teilhabebeeinträchtigung fehle, und es hat die Frage der drohenden seelischen Behinderung „letztlich dahinstehen“ lassen (UA S. 19), weil der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch für das Schuljahr 2002/2003 seines Erachtens an den sonstigen Voraussetzungen für die Erstattung selbst beschaffter Hilfen scheiterte. Auch für die folgenden Schuljahre hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich darauf abgestellt, dass dem Kläger jedenfalls nach dem einjährigen Besuch der Internationalen Schule keine Teilhabebeeinträchtigung mehr drohte und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels keineswegs sicher gedroht hätte. In der Aufklärungsrüge ist auch nicht aufgezeigt worden, dass sich in Bezug auf die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 hinsichtlich einer drohenden Teilhabebeeinträchtigung des Klägers weitere Ermittlungen aufgedrängt hätten und dass darauf bereits im Berufungsverfahren im ausreichenden Maße hingewirkt worden wäre. Der oben erwähnte Hilfsbeweisantrag konnte nur so verstanden werden, dass er sich auf die „seinerzeit“ im Jahre 2002 drohende seelische Behinderung bezog. Entgegen dem Beschwerdevorbringen musste der Antrag nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er für den gesamten eingeklagten Erstattungszeitraum gelten sollte.

11

b) Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts war letztlich auch auf die im anderen Hilfsbeweisantrag unter Beweis gestellte Behauptung, dass die Internationale Schule für die ADS-Problematik des Klägers „die richtige Schule“ gewesen sei, nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon, dass dieser Beweisantrag eine dem Beweis nicht zugängliche Bewertung zum Gegenstand hat und vom Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei schon mangels konkreter Tatsachenbehauptung abgewiesen worden ist, kam es auf die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Zweifel an der Eignung dieser Schule als Therapieeinrichtung für Kinder mit ADS nicht an. Das Berufungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - die Kostenerstattungspflicht des Beklagten auch aus anderen selbstständig tragenden Gründen abgelehnt, so dass die beantragte Vernehmung des Schulleiters der Internationalen Schule auch nicht aus Gründen der richterlichen Aufklärungspflicht erforderlich gewesen ist.

12

2.2 Die angegriffene Entscheidung verletzt auch nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Anspruch auf rechtliches Gehör fordert, dass das erkennende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. Oktober 1990 - 2 BvR 562/88 - BVerfGE 83, 24 <35> und vom 30. April 2010 - 1 BvR 2797/09 - FamRZ 2010, 1145). Allerdings müssen die Gerichte nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich bescheiden (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267 <274>). Es müssen nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187>). Ein Gehörsverstoß kommt deshalb nur in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (stRspr, Beschluss vom 2. September 2010 - BVerwG 9 B 12.10 -). Auch in diesem Fall kommt es nur dann zur Aufhebung einer Gerichtsentscheidung, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Berücksichtigung des Vortrags zu einer für die Prozesspartei günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerfG, Urteil vom 14. Dezember 1982 - 2 BvR 434/82 - BVerfGE 62, 392 <396>; BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2008 - BVerwG 8 B 24.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 77).

13

a) Soweit der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall auf zwei gutachtliche Stellungnahmen zur ADS-Problematik des Klägers aus dem Jahr 2007 nicht eingegangen ist, kann die angegriffene Entscheidung auf einer mangelnden Berücksichtigung dieses Vorbringens jedenfalls nicht beruhen. Denn das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer seelischen Behinderung des Klägers - wie ausgeführt - letztlich dahinstehen lassen und den Kostenerstattungsanspruch aus anderen Gründen abgelehnt.

14

b) Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof auch den Sachvortrag zur Dringlichkeit des Schulwechsels im klagebegründenden Schriftsatz vom 9. März 2007 nicht übergangen. Die darin angeführten Argumente für die Notwendigkeit des Schulwechsels (ADS, Absinken der Schulleistungen, Probleme mit Mitschülern, Mobbing, aggressives Verhalten des Klägers, Schulwechselempfehlung des Klassenlehrers und Schulleiters, unbefriedigender Verlauf der Gespräche bei der Schulaufsicht) werden im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegeben (UA S. 8). Damit hat das Berufungsgericht den diesbezüglichen Parteivortrag zur Kenntnis genommen. Dann aber bedarf es besonderer Umstände, die hier nicht ersichtlich sind, dass das Berufungsgericht das zur Kenntnis genommene Vorbringen bei der Entscheidungsfindung nicht erwogen habe.

15

Soweit es bei der Erörterung der Rechtsfrage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels nicht im Einzelnen auf diese Punkte eingegangen ist, lässt dies nicht den Schluss zu, es hätte diese Argumente nicht in Erwägung gezogen. Das Berufungsgericht hat erkennbar zwischen der Frage der Notwendigkeit eines Schulwechsels und der Frage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels bis zu einer Entscheidung des Jugendamts differenziert und verlangt, dass für die Unaufschiebbarkeit eines Schulwechsels noch zusätzliche Argumente angeführt werden müssten, die auch einen vorübergehenden Verbleib unzumutbar erscheinen ließen. Es hat die im Tatbestand des Urteils durchaus referierten Probleme des Klägers im Ergebnis nicht als so schwerwiegend angesehen, dass auch ein einstweiliger Verbleib in der bisherigen Schule unzumutbar gewesen wäre.

16

Bei dieser Bewertung der Tatsachen hat es sich maßgeblich auf die im Aktenvermerk vom 12. September 2002 festgehaltene Einschätzung der Mutter des Klägers gestützt, der Kläger habe die bisherige Schule nicht verlassen müssen. In diesem Zusammenhang ist auch die zum Beleg des Gehörverstoßes angeführte Passage des Urteils zu verstehen, es sei nicht über Auseinandersetzungen des Klägers mit seinen Mitschülern berichtet worden, die einen einstweiligen Verbleib auf der Schule unzumutbar erscheinen ließen. Ist aber das Vorbringen einer Partei zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden, dann hindert der Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht nicht, die zur Kenntnis genommenen Tatsachen anders zu bewerten als die Prozesspartei. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>).

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3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

18

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 und vom 22. Mai 2008 - BVerwG 5 B 130.07 - JAmt 2008, 600).

3

a) Die vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltene Frage

"ob bei einer im Rahmen der Selbsthilfe verschafften Maßnahme im Sinne des § 35a Abs. 2 SGB VIII Kostenerstattungsansprüche gegen den Jugendhilfeträger nur dann bestehen können, wenn die fragliche Maßnahme alternativlos in Betracht kommt, jede andere Maßnahme also nicht geeignet wäre, der bestehenden Belastungssituation zu begegnen",

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Klage nicht allein darauf gestützt, beim Kläger wären zur Behandlung seines Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms (im Folgenden: ADS) auch andere Maßnahmen als der Wechsel auf die Internationale Schule in Frage gekommen.

4

Vielmehr hat es selbstständig tragend ausgeführt, für eine Kostenerstattung selbst beschaffter Maßnahmen fehle es im Schuljahr 2002/2003 auch an der schon vor Einführung des § 36a SGB VIII erforderlichen Dringlichkeit. Es sei nicht anzunehmen, dass der Schulwechsel nach dem bereits damals sinngemäß geltenden § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keinen zeitlichen Aufschub geduldet habe. Zumindest ein vorübergehender Verbleib sei nicht unzumutbar gewesen, so dass der Kläger die abschließende Entscheidung des Jugendamts über die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für den Besuch der Privatschule hätte abwarten können und müssen. Für die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 wird selbstständig tragend darauf abgestellt, dass jedenfalls die nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII erforderliche Teilhabebeeinträchtigung nicht mehr bestanden habe und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels auf eine öffentliche Schule keineswegs sicher gedroht habe (UA S. 31 f.). Insoweit sind auch keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben.

5

Folglich ist die möglicherweise klärungsbedürftige Frage nicht entscheidungserheblich, ob eine selbst beschaffte Maßnahme im Falle der Unaufschiebbarkeit nicht nur geeignet (vgl. OVG Münster vom 30. Januar 2004 - 12 B 2392/03 - NVwZ-RR 2004, 503 <505>), sondern - wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof im angegriffenen Berufungsurteil ausführt - auch alternativlos sein muss (differenzierend Kunkel in LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 36a Rn. 8).

6

b) Die vom Kläger des Weiteren für grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage,

"ob das 'In-Kenntnis-Setzen' des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe vom Hilfebedarf im Sinne des § 36a Abs. 3 Ziff. 1 SGB VIII zwingend einen förmlichen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe voraussetzt oder ob es hierfür ausreichend ist, dass der Jugendhilfeträger in anderweitiger Form Kenntnis vom Hilfebedarf erlangt und auf dieser Grundlage über die Hilfegewährung entscheiden konnte",

rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt, dass Leistungen der Jugendhilfe grundsätzlich eine vorherige Antragstellung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe voraussetzen, dass für diesen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und dass er auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann (Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O. m.w.N.). Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof gerade nicht tragend auf den Zeitpunkt des förmlichen Antrages abgestellt. Er ist vielmehr davon ausgegangen, das Jugendamt habe von einem möglichen Hilfebedarf bereits Ende Februar/Anfang März 2002 erfahren und habe darauf in ausreichendem Umfang reagiert (UA S. 26 bis 28).

7

2. Die Revision ist auch nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

8

2.1 Die mit der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Erfolg haben, wenn die für aufklärungsbedürftig gehaltenen Tatsachen unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (stRspr, vgl. Urteil vom 22. Januar 1969 - BVerwG 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212; Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O.). Daran fehlt es.

9

a) Der Kläger rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht hätte entsprechend seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag die behandelnden Therapeuten zum Beweis für die Behauptung vernehmen müssen, dass dem Kläger seinerzeit eine seelische Behinderung gedroht habe. Es erscheint zwar zweifelhaft, ob dieser Hilfsbeweisantrag schon deswegen abgelehnt werden konnte, weil es sich bei dem angeführten Beweisthema der drohenden seelischen Behinderung streng genommen nicht um eine Tatsache, sondern um eine der Rechtsanwendung zuzuordnende Prognoseentscheidung handelt. Dies mag zwar die Vernehmung der behandelnden Therapeuten als sachverständige Zeugen ausschließen, hindert aber ihre Heranziehung als Sachverständige nicht (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <42 f.>). Dass die Vernehmung von Sachverständigen die eigene Prognoseentscheidung des Tatrichters nicht ersetzen, sondern hierfür nur eine Hilfestellung bieten kann, ändert nichts daran, dass ein Sachverständigengutachten durchaus als geeignetes Beweismittel zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung in Bezug auf die Gefahr einer seelischen Behinderung in Betracht kommen kann (vgl. Beschluss vom 22. Oktober 2008 - BVerwG 1 B 5.08 - juris Rn. 5).

10

Die Frage der seelischen Behinderung war jedoch nach der Rechtsauffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs letztlich nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat zwar bezweifelt, dass dem Kläger im Frühjahr 2002, eine seelische Behinderung drohte. Es hat die Ablehnung des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs für das Schuljahr 2002/2003 aber letztlich nicht auf diese Zweifel gestützt. Es hat ergänzend ausgeführt, dass es auch an der erforderlichen Gefahr einer Teilhabebeeinträchtigung fehle, und es hat die Frage der drohenden seelischen Behinderung „letztlich dahinstehen“ lassen (UA S. 19), weil der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch für das Schuljahr 2002/2003 seines Erachtens an den sonstigen Voraussetzungen für die Erstattung selbst beschaffter Hilfen scheiterte. Auch für die folgenden Schuljahre hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich darauf abgestellt, dass dem Kläger jedenfalls nach dem einjährigen Besuch der Internationalen Schule keine Teilhabebeeinträchtigung mehr drohte und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels keineswegs sicher gedroht hätte. In der Aufklärungsrüge ist auch nicht aufgezeigt worden, dass sich in Bezug auf die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 hinsichtlich einer drohenden Teilhabebeeinträchtigung des Klägers weitere Ermittlungen aufgedrängt hätten und dass darauf bereits im Berufungsverfahren im ausreichenden Maße hingewirkt worden wäre. Der oben erwähnte Hilfsbeweisantrag konnte nur so verstanden werden, dass er sich auf die „seinerzeit“ im Jahre 2002 drohende seelische Behinderung bezog. Entgegen dem Beschwerdevorbringen musste der Antrag nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er für den gesamten eingeklagten Erstattungszeitraum gelten sollte.

11

b) Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts war letztlich auch auf die im anderen Hilfsbeweisantrag unter Beweis gestellte Behauptung, dass die Internationale Schule für die ADS-Problematik des Klägers „die richtige Schule“ gewesen sei, nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon, dass dieser Beweisantrag eine dem Beweis nicht zugängliche Bewertung zum Gegenstand hat und vom Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei schon mangels konkreter Tatsachenbehauptung abgewiesen worden ist, kam es auf die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Zweifel an der Eignung dieser Schule als Therapieeinrichtung für Kinder mit ADS nicht an. Das Berufungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - die Kostenerstattungspflicht des Beklagten auch aus anderen selbstständig tragenden Gründen abgelehnt, so dass die beantragte Vernehmung des Schulleiters der Internationalen Schule auch nicht aus Gründen der richterlichen Aufklärungspflicht erforderlich gewesen ist.

12

2.2 Die angegriffene Entscheidung verletzt auch nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Anspruch auf rechtliches Gehör fordert, dass das erkennende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. Oktober 1990 - 2 BvR 562/88 - BVerfGE 83, 24 <35> und vom 30. April 2010 - 1 BvR 2797/09 - FamRZ 2010, 1145). Allerdings müssen die Gerichte nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich bescheiden (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267 <274>). Es müssen nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187>). Ein Gehörsverstoß kommt deshalb nur in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (stRspr, Beschluss vom 2. September 2010 - BVerwG 9 B 12.10 -). Auch in diesem Fall kommt es nur dann zur Aufhebung einer Gerichtsentscheidung, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Berücksichtigung des Vortrags zu einer für die Prozesspartei günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerfG, Urteil vom 14. Dezember 1982 - 2 BvR 434/82 - BVerfGE 62, 392 <396>; BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2008 - BVerwG 8 B 24.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 77).

13

a) Soweit der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall auf zwei gutachtliche Stellungnahmen zur ADS-Problematik des Klägers aus dem Jahr 2007 nicht eingegangen ist, kann die angegriffene Entscheidung auf einer mangelnden Berücksichtigung dieses Vorbringens jedenfalls nicht beruhen. Denn das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer seelischen Behinderung des Klägers - wie ausgeführt - letztlich dahinstehen lassen und den Kostenerstattungsanspruch aus anderen Gründen abgelehnt.

14

b) Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof auch den Sachvortrag zur Dringlichkeit des Schulwechsels im klagebegründenden Schriftsatz vom 9. März 2007 nicht übergangen. Die darin angeführten Argumente für die Notwendigkeit des Schulwechsels (ADS, Absinken der Schulleistungen, Probleme mit Mitschülern, Mobbing, aggressives Verhalten des Klägers, Schulwechselempfehlung des Klassenlehrers und Schulleiters, unbefriedigender Verlauf der Gespräche bei der Schulaufsicht) werden im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegeben (UA S. 8). Damit hat das Berufungsgericht den diesbezüglichen Parteivortrag zur Kenntnis genommen. Dann aber bedarf es besonderer Umstände, die hier nicht ersichtlich sind, dass das Berufungsgericht das zur Kenntnis genommene Vorbringen bei der Entscheidungsfindung nicht erwogen habe.

15

Soweit es bei der Erörterung der Rechtsfrage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels nicht im Einzelnen auf diese Punkte eingegangen ist, lässt dies nicht den Schluss zu, es hätte diese Argumente nicht in Erwägung gezogen. Das Berufungsgericht hat erkennbar zwischen der Frage der Notwendigkeit eines Schulwechsels und der Frage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels bis zu einer Entscheidung des Jugendamts differenziert und verlangt, dass für die Unaufschiebbarkeit eines Schulwechsels noch zusätzliche Argumente angeführt werden müssten, die auch einen vorübergehenden Verbleib unzumutbar erscheinen ließen. Es hat die im Tatbestand des Urteils durchaus referierten Probleme des Klägers im Ergebnis nicht als so schwerwiegend angesehen, dass auch ein einstweiliger Verbleib in der bisherigen Schule unzumutbar gewesen wäre.

16

Bei dieser Bewertung der Tatsachen hat es sich maßgeblich auf die im Aktenvermerk vom 12. September 2002 festgehaltene Einschätzung der Mutter des Klägers gestützt, der Kläger habe die bisherige Schule nicht verlassen müssen. In diesem Zusammenhang ist auch die zum Beleg des Gehörverstoßes angeführte Passage des Urteils zu verstehen, es sei nicht über Auseinandersetzungen des Klägers mit seinen Mitschülern berichtet worden, die einen einstweiligen Verbleib auf der Schule unzumutbar erscheinen ließen. Ist aber das Vorbringen einer Partei zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden, dann hindert der Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht nicht, die zur Kenntnis genommenen Tatsachen anders zu bewerten als die Prozesspartei. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>).

17

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

18

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 und vom 22. Mai 2008 - BVerwG 5 B 130.07 - JAmt 2008, 600).

3

a) Die vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltene Frage

"ob bei einer im Rahmen der Selbsthilfe verschafften Maßnahme im Sinne des § 35a Abs. 2 SGB VIII Kostenerstattungsansprüche gegen den Jugendhilfeträger nur dann bestehen können, wenn die fragliche Maßnahme alternativlos in Betracht kommt, jede andere Maßnahme also nicht geeignet wäre, der bestehenden Belastungssituation zu begegnen",

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Klage nicht allein darauf gestützt, beim Kläger wären zur Behandlung seines Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms (im Folgenden: ADS) auch andere Maßnahmen als der Wechsel auf die Internationale Schule in Frage gekommen.

4

Vielmehr hat es selbstständig tragend ausgeführt, für eine Kostenerstattung selbst beschaffter Maßnahmen fehle es im Schuljahr 2002/2003 auch an der schon vor Einführung des § 36a SGB VIII erforderlichen Dringlichkeit. Es sei nicht anzunehmen, dass der Schulwechsel nach dem bereits damals sinngemäß geltenden § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keinen zeitlichen Aufschub geduldet habe. Zumindest ein vorübergehender Verbleib sei nicht unzumutbar gewesen, so dass der Kläger die abschließende Entscheidung des Jugendamts über die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für den Besuch der Privatschule hätte abwarten können und müssen. Für die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 wird selbstständig tragend darauf abgestellt, dass jedenfalls die nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII erforderliche Teilhabebeeinträchtigung nicht mehr bestanden habe und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels auf eine öffentliche Schule keineswegs sicher gedroht habe (UA S. 31 f.). Insoweit sind auch keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben.

5

Folglich ist die möglicherweise klärungsbedürftige Frage nicht entscheidungserheblich, ob eine selbst beschaffte Maßnahme im Falle der Unaufschiebbarkeit nicht nur geeignet (vgl. OVG Münster vom 30. Januar 2004 - 12 B 2392/03 - NVwZ-RR 2004, 503 <505>), sondern - wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof im angegriffenen Berufungsurteil ausführt - auch alternativlos sein muss (differenzierend Kunkel in LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 36a Rn. 8).

6

b) Die vom Kläger des Weiteren für grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage,

"ob das 'In-Kenntnis-Setzen' des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe vom Hilfebedarf im Sinne des § 36a Abs. 3 Ziff. 1 SGB VIII zwingend einen förmlichen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe voraussetzt oder ob es hierfür ausreichend ist, dass der Jugendhilfeträger in anderweitiger Form Kenntnis vom Hilfebedarf erlangt und auf dieser Grundlage über die Hilfegewährung entscheiden konnte",

rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt, dass Leistungen der Jugendhilfe grundsätzlich eine vorherige Antragstellung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe voraussetzen, dass für diesen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und dass er auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann (Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O. m.w.N.). Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof gerade nicht tragend auf den Zeitpunkt des förmlichen Antrages abgestellt. Er ist vielmehr davon ausgegangen, das Jugendamt habe von einem möglichen Hilfebedarf bereits Ende Februar/Anfang März 2002 erfahren und habe darauf in ausreichendem Umfang reagiert (UA S. 26 bis 28).

7

2. Die Revision ist auch nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

8

2.1 Die mit der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Erfolg haben, wenn die für aufklärungsbedürftig gehaltenen Tatsachen unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (stRspr, vgl. Urteil vom 22. Januar 1969 - BVerwG 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212; Beschluss vom 22. Mai 2008 a.a.O.). Daran fehlt es.

9

a) Der Kläger rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht hätte entsprechend seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag die behandelnden Therapeuten zum Beweis für die Behauptung vernehmen müssen, dass dem Kläger seinerzeit eine seelische Behinderung gedroht habe. Es erscheint zwar zweifelhaft, ob dieser Hilfsbeweisantrag schon deswegen abgelehnt werden konnte, weil es sich bei dem angeführten Beweisthema der drohenden seelischen Behinderung streng genommen nicht um eine Tatsache, sondern um eine der Rechtsanwendung zuzuordnende Prognoseentscheidung handelt. Dies mag zwar die Vernehmung der behandelnden Therapeuten als sachverständige Zeugen ausschließen, hindert aber ihre Heranziehung als Sachverständige nicht (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <42 f.>). Dass die Vernehmung von Sachverständigen die eigene Prognoseentscheidung des Tatrichters nicht ersetzen, sondern hierfür nur eine Hilfestellung bieten kann, ändert nichts daran, dass ein Sachverständigengutachten durchaus als geeignetes Beweismittel zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung in Bezug auf die Gefahr einer seelischen Behinderung in Betracht kommen kann (vgl. Beschluss vom 22. Oktober 2008 - BVerwG 1 B 5.08 - juris Rn. 5).

10

Die Frage der seelischen Behinderung war jedoch nach der Rechtsauffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs letztlich nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat zwar bezweifelt, dass dem Kläger im Frühjahr 2002, eine seelische Behinderung drohte. Es hat die Ablehnung des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs für das Schuljahr 2002/2003 aber letztlich nicht auf diese Zweifel gestützt. Es hat ergänzend ausgeführt, dass es auch an der erforderlichen Gefahr einer Teilhabebeeinträchtigung fehle, und es hat die Frage der drohenden seelischen Behinderung „letztlich dahinstehen“ lassen (UA S. 19), weil der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch für das Schuljahr 2002/2003 seines Erachtens an den sonstigen Voraussetzungen für die Erstattung selbst beschaffter Hilfen scheiterte. Auch für die folgenden Schuljahre hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich darauf abgestellt, dass dem Kläger jedenfalls nach dem einjährigen Besuch der Internationalen Schule keine Teilhabebeeinträchtigung mehr drohte und auch im Falle eines erneuten Schulwechsels keineswegs sicher gedroht hätte. In der Aufklärungsrüge ist auch nicht aufgezeigt worden, dass sich in Bezug auf die Schuljahre 2003/2004 bis 2005/2006 hinsichtlich einer drohenden Teilhabebeeinträchtigung des Klägers weitere Ermittlungen aufgedrängt hätten und dass darauf bereits im Berufungsverfahren im ausreichenden Maße hingewirkt worden wäre. Der oben erwähnte Hilfsbeweisantrag konnte nur so verstanden werden, dass er sich auf die „seinerzeit“ im Jahre 2002 drohende seelische Behinderung bezog. Entgegen dem Beschwerdevorbringen musste der Antrag nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er für den gesamten eingeklagten Erstattungszeitraum gelten sollte.

11

b) Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts war letztlich auch auf die im anderen Hilfsbeweisantrag unter Beweis gestellte Behauptung, dass die Internationale Schule für die ADS-Problematik des Klägers „die richtige Schule“ gewesen sei, nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon, dass dieser Beweisantrag eine dem Beweis nicht zugängliche Bewertung zum Gegenstand hat und vom Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei schon mangels konkreter Tatsachenbehauptung abgewiesen worden ist, kam es auf die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Zweifel an der Eignung dieser Schule als Therapieeinrichtung für Kinder mit ADS nicht an. Das Berufungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - die Kostenerstattungspflicht des Beklagten auch aus anderen selbstständig tragenden Gründen abgelehnt, so dass die beantragte Vernehmung des Schulleiters der Internationalen Schule auch nicht aus Gründen der richterlichen Aufklärungspflicht erforderlich gewesen ist.

12

2.2 Die angegriffene Entscheidung verletzt auch nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Anspruch auf rechtliches Gehör fordert, dass das erkennende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. Oktober 1990 - 2 BvR 562/88 - BVerfGE 83, 24 <35> und vom 30. April 2010 - 1 BvR 2797/09 - FamRZ 2010, 1145). Allerdings müssen die Gerichte nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich bescheiden (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267 <274>). Es müssen nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187>). Ein Gehörsverstoß kommt deshalb nur in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (stRspr, Beschluss vom 2. September 2010 - BVerwG 9 B 12.10 -). Auch in diesem Fall kommt es nur dann zur Aufhebung einer Gerichtsentscheidung, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Berücksichtigung des Vortrags zu einer für die Prozesspartei günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerfG, Urteil vom 14. Dezember 1982 - 2 BvR 434/82 - BVerfGE 62, 392 <396>; BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2008 - BVerwG 8 B 24.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 77).

13

a) Soweit der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall auf zwei gutachtliche Stellungnahmen zur ADS-Problematik des Klägers aus dem Jahr 2007 nicht eingegangen ist, kann die angegriffene Entscheidung auf einer mangelnden Berücksichtigung dieses Vorbringens jedenfalls nicht beruhen. Denn das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer seelischen Behinderung des Klägers - wie ausgeführt - letztlich dahinstehen lassen und den Kostenerstattungsanspruch aus anderen Gründen abgelehnt.

14

b) Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof auch den Sachvortrag zur Dringlichkeit des Schulwechsels im klagebegründenden Schriftsatz vom 9. März 2007 nicht übergangen. Die darin angeführten Argumente für die Notwendigkeit des Schulwechsels (ADS, Absinken der Schulleistungen, Probleme mit Mitschülern, Mobbing, aggressives Verhalten des Klägers, Schulwechselempfehlung des Klassenlehrers und Schulleiters, unbefriedigender Verlauf der Gespräche bei der Schulaufsicht) werden im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegeben (UA S. 8). Damit hat das Berufungsgericht den diesbezüglichen Parteivortrag zur Kenntnis genommen. Dann aber bedarf es besonderer Umstände, die hier nicht ersichtlich sind, dass das Berufungsgericht das zur Kenntnis genommene Vorbringen bei der Entscheidungsfindung nicht erwogen habe.

15

Soweit es bei der Erörterung der Rechtsfrage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels nicht im Einzelnen auf diese Punkte eingegangen ist, lässt dies nicht den Schluss zu, es hätte diese Argumente nicht in Erwägung gezogen. Das Berufungsgericht hat erkennbar zwischen der Frage der Notwendigkeit eines Schulwechsels und der Frage der Unaufschiebbarkeit des Schulwechsels bis zu einer Entscheidung des Jugendamts differenziert und verlangt, dass für die Unaufschiebbarkeit eines Schulwechsels noch zusätzliche Argumente angeführt werden müssten, die auch einen vorübergehenden Verbleib unzumutbar erscheinen ließen. Es hat die im Tatbestand des Urteils durchaus referierten Probleme des Klägers im Ergebnis nicht als so schwerwiegend angesehen, dass auch ein einstweiliger Verbleib in der bisherigen Schule unzumutbar gewesen wäre.

16

Bei dieser Bewertung der Tatsachen hat es sich maßgeblich auf die im Aktenvermerk vom 12. September 2002 festgehaltene Einschätzung der Mutter des Klägers gestützt, der Kläger habe die bisherige Schule nicht verlassen müssen. In diesem Zusammenhang ist auch die zum Beleg des Gehörverstoßes angeführte Passage des Urteils zu verstehen, es sei nicht über Auseinandersetzungen des Klägers mit seinen Mitschülern berichtet worden, die einen einstweiligen Verbleib auf der Schule unzumutbar erscheinen ließen. Ist aber das Vorbringen einer Partei zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden, dann hindert der Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht nicht, die zur Kenntnis genommenen Tatsachen anders zu bewerten als die Prozesspartei. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>).

17

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

18

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.