Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Sept. 2015 - 3 K 8439/13

Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwehren, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt unter ihrer Anschrift einen Betrieb zur Herstellung von Spezialchemikalien für die Metalloberflächenbehandlung. Der Nachbarbetrieb der Firma D. D1. betreibt unter der Anschrift Q. - U. - Straße 00 – 00 ein Speditionslager für Industrieprodukte. Beide Betriebe unterliegen den Grundpflichten der Störfall-Verordnung. Zur genauen Lage wird insbesondere auf die von der Klägerin als Anlagen 1 und 2 zur Klageschrift überreichten Darstellungen, die kartografischen Abbildungen von Betriebsbereichen (Beiakte Heft 2, Blätter 7 und 8), das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 übersandte Luftbild (dort Blatt 5) sowie die mit Schriftsatz vom 8. Juni 2015 übersandten Bilder und Unterlagen verwiesen (Beiakten Hefte 4 und 5). Unter anderem befindet sich auf dem Betriebsgelände der Firma D. ein freistehender Propangastank von 2 Tonnen und einem Rauminhalt von 4,85 Kubikmetern. Der Abstand der jeweiligen Betriebsgrenzen zueinander beträgt 108,61 Meter; der Gastank befindet sich konkret 219,28 Meter von der nächstgelegenen Lagerhalle der Klägerin entfernt (vgl. Luftbilder mit Maßangaben, Beiakte Heft 5). Nach Darstellung der Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 10. August 2015 beträgt der Abstand zwischen diesem Tank und der Lagerhalle 226,90 Meter (aufgrund der Berücksichtigung eines anderen Lagerbereichs auf dem Gelände der Klägerin); der Abstand der Grenze des Betriebsbereichs der Firma D. zu der vorgenannten Halle beträgt nach Angaben der Klägerin 151,90 Meter (vgl. Blatt 102 bis 105 Gerichtsakte). Nach beiden Vorträgen liegt der Abstand der Betriebsgrenzen zueinander jedenfalls mit 108,61 bzw. 151,90 Metern unterhalb einer Entfernung von 200 Metern.
3Nach vorheriger Anhörung unter dem 31. Juli 2012 erließ die Bezirksregierung E. am 7. Oktober 2013 einen Bescheid vor dem Hintergrund des sogenannten Domino-Effektes nach § 15 der 12. BImSchV (Störfall-Verordnung). Mit diesem stellte sie gegenüber der Klägerin fest, dass deren Betriebsbereich die Voraussetzungen des Domino-Effektes mit dem benachbarten Betriebsbereich der Firma D. erfülle. Zur Begründung führte die Bezirksregierung im Wesentlichen aus, dass die benachbarten Betriebsbereiche der Klägerin und der Firma D. einen Abstand von kleiner als 200 Meter zueinander hätten. Daher könne der sogenannte Domino-Effekt durch die Firma D. verursacht werden.
4Die Klägerin hat am 4. November 2013 Klage erhoben.
5Sie ist im Wesentlichen der Auffassung: Der Bescheid sei rechtswidrig. Ein Domino-Effekt wie von der Beklagten dargestellt könne nicht festgestellt werden. Sie hat in diesem Zusammenhang zunächst u.a. auf ein Gutachten zur Verträglichkeit von Störfall-Betriebsbereichen im Stadtgebiet E. des TÜV Nord von September 2013 hingewiesen, in der Folgezeit aber zugestanden, dass sich dieses Gutachten mit dem Betriebsbereich der Firma D. gar nicht befasse. Dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, dass die Klägerin nur Akzeptor im Sinne der Störfall-Verordnung sein solle. Eine durchgeführte Einzelfallprüfung durch die Bezirksregierung E. sei aus dem Bescheid nicht ersichtlich. Weiterhin verweist die Klägerin auf eine Stellungnahme des LANUV vom 5. März 2014, die von der Bezirksregierung erst nach Erlass des angefochtenen Bescheides eingeholt worden ist. Danach sei eine Akzeptoreneigenschaft ebenfalls nicht gegeben. Der Abstand des Propangastanks auf dem Gelände der Firma D. zum Betriebsbereich der Klägerin betrage 235 Meter; daraus ergebe sich bei einer Explosion keine zu befürchtende Gefahr durch fliegende Trümmerteile.
6Die Klägerin beantragt,
7den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 7. Oktober 2013 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt im Wesentlichen vor: Die Klägerin sei als Akzeptor im Sinne des Domino-Effektes anzusehen. Das genannte TÜV-Gutachten von September 2013 sei nach Erlass des Bescheides überprüft worden, habe aber keinen Anhaltspunkt für eine Abänderung des Bescheides gegeben. Ferner ergebe sich aus der Vollzugshilfe zur Störfall-Verordnung ein einzuhaltender Achtungsabstand von 200 Meter; vorliegend betrage dieser jedoch nur 130 Meter. Ergänzend verweist die Beklagte auf die Stellungnahmen des LANUV vom 5. März 2014 und vom 8. Oktober 2014 sowie auf diverse weitere Unterlagen. Insbesondere aus den (nachträglich erstellten) Stellungnahmen des LANUV ergebe sich die Richtigkeit der von der Bezirksregierung aufgestellten Annahmen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 5).
12Entscheidungsgründe:
13Die Entscheidung ergeht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten sich hiermit schriftsätzlich einverstanden erklärt haben.
14Die Entscheidung erfolgt durch den Berichterstatter als Einzelrichter, da der Rechtsstreit diesem mit Beschluss der Kammer vom 2. Juli 2015 gemäß § 6 VwGO zur Entscheidung übertragen worden ist.
15Die Klage ist unbegründet.
16Der angefochtene Bescheid der Bezirksregierung E. vom 7. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17Die Voraussetzungen des § 15 der 12. BImSchV (Störfall-Verordnung) – sogenannter Domino-Effekt – liegen vor. Mit der 12. BImSchV ist die sogenannte Seveso II-Richtlinie in das deutsche Recht umgesetzt worden. Nach § 15 hat die zuständige Behörde gegenüber den Betreibern (einer Anlage) festzustellen, bei welchen Betriebsbereichen oder Gruppen von Betriebsbereichen aufgrund ihres Standorts, ihres gegenseitigen Abstands und der in ihren Anlagen vorhandenen gefährlichen Stoffe eine erhöhte Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit von Störfällen bestehen kann oder diese Störfälle folgenschwerer sein können. Hintergrund dieser Vorschrift ist es, dass bei Annahme der Möglichkeit des Domino-Effektes zwischen betroffenen jeweiligen Anlagenbetreibern beispielsweise die jeweiligen Konzepte zur Verhinderung von Störfällen angepasst und aufeinander abgestimmt werden sowie eine Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden vorgesehen wird, um in einem Störfall einen solchen begrenzende Maßnahmen treffen zu können. Die Feststellung des Domino-Effektes kann bereits dann erfolgen, wenn begründete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass ein Störfall in dem verursachenden Betriebsbereich einen Störfall in einem benachbarten Betriebsbereich auslösen kann, wobei hierfür keine lückenlose Kausalkette erforderlich ist. Von einem Störfall ausgehende Gefahren können beispielsweise toxische Emissionen, Explosionen mit Druckwelle und Feuerflug und Bränden sowie eine Brandausweitung sein. Hierdurch können sowohl im Nahbereich als auch in entfernter gelegenen Bereichen je nach Art und Umfang des Schadensereignisses und der in den Betriebsbereichen vorhandenen bzw. produzierten Stoffen Folgeschäden ausgelöst werden, wobei die zu betrachtenden Betriebsbereiche nicht unmittelbar benachbart sein müssen. Die Störfallverordnung selber enthält keine normierten Mindestabstände zwischen relevanten Betriebsbereichen. Das LANUV kommt unter Berücksichtigung einer Prüfung von Auswirkungen der Ereignisse in der Vergangenheit und Betrachtungen in Sicherheitsanalysen und Sicherheitsberichten zu dem Ergebnis, dass ein Domino-Effekt offensichtlich nicht ausgeschlossen ist bei Betriebsbereichen mit Grundpflichten, deren Abstand zwischen den zugewandten Betriebsgrenzen kleiner als 200 Meter ist (vgl. zum Vorstehenden: LANUV NRW unter www.lanuv.nrw.de/anlagen/stoervord/domino).
18Zunächst kann vor dem rechtlich banstandungsfreien Hintergrund des Ziels der Vermeidung von Domino-Effekten der Verursacher (Donator) in Anspruch genommen werden, aber auch der benachbarte Bereich (Akzeptor). Der Betriebsbereich gemäß § 1 der 12. BImSchV bestimmt sich nach der Definition in § 3 Abs. 5a BImSchG; kennzeichnend hierfür ist die durch die Aufsicht des Betreibers vermittelte organisatorische Verbindung zwischen mehreren Anlagen, die räumlich an einem bestimmten Ort konzentriert sind, wobei die räumlich-organisatorische Bestimmung des Betriebsbereichs grundsätzlich nicht von dem konkreten synergetischen Gefahrenpotential und damit nicht von einer konkreten Gefährdungsbeurteilung sich möglicherweise beeinflussender Anlagen abhängt. Abzustellen ist vielmehr darauf, dass in einer oder in mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen und Tätigkeiten einschließlich Lagerung bestimmte Mengen von Stoffen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit davon auszugehen ist, dass die entsprechenden Stoffe bei einem außer Kontrolle geratenen industriellen chemischen Verfahren anfallen können.
19Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2011 – 3 K 7297/09 – und nachgehend OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2012 – 8 A 722/11 –, jeweils Juris.
20Vor diesem Hintergrund kommt es nicht auf die konkrete Entfernung des auf dem Grundstück der Firma D. vorhandenen Propangastanks zu der nächstgelegenen Lagerhalle auf dem Grundstück der Klägerin an, sondern auf die Entfernung der benachbarten Betriebsbereichsgrenzen, wobei hinsichtlich des maßgeblichen Abstands allgemein möglicherweise eintretende Schäden und Kollisionseffekte durch Explosion, Brand und Trümmerflug Berücksichtigung finden dürfen, ohne dass allein und ausschließlich auf diesen speziellen Gastank abzustellen ist. Weder die 12. BImSchV noch die Seveso II - Richtlinie enthalten konkret zu beachtende Sicherheitsabstände; solche sind aufgrund der Besonderheiten der jeweiligen Umstände und Gegebenheiten einzelfallbezogen festzustellen.
21Soweit vorliegend die Bezirksregierung E. den Domino-Effekt bei dem Abstand der Betriebsbereichsgrenzen von 108,61 Metern und damit bei einer deutlichen Unterschreitung eines Achtungsabstandes von 200 Metern (vgl. Vollzugshilfe zur StörfallV vom März 2004, Seiten 32 und 33 i.V.m. dem sich aus dem vfdb-Merkblatt aus Juli 2007, Seite 6, ergebenden Gefahrenpotential von Flüssiggas) bejaht hat, ist dies rechtlich zutreffend erfolgt. Dieser Mindestabstand ergibt sich nicht zuletzt aus den vorgenannten verwertbaren Stellungnahmen des LANUV. Die Tatsache, dass diese Stellungnahmen erst nach Erlass des Bescheides erstellt bzw. bekannt geworden sind, ändert hieran nichts. Denn das LANUV hat lediglich im Nachhinein den objektiv gegebenen Sachverhalt detailliert untersucht und bewertet. Bedenken an der Einschätzung des LANUV ergeben sich für das Gericht nicht. Aber auch unter Berücksichtigung der Maßangaben der Klägerin ist der Achtungsabstand von 200 Metern (deutlich) unterschritten, so dass sich keine andere Bewertung ergibt.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
23Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 11, 711 ZPO.
24Beschluss:
25Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Ist die Unzuständigkeit eines Gerichts auf Grund der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der Gerichte rechtskräftig ausgesprochen, so ist diese Entscheidung für das Gericht bindend, bei dem die Sache später anhängig wird.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.