Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 21. Nov. 2017 - B 5 K 16.655

bei uns veröffentlicht am21.11.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am … … geborene Kläger steht als Posthauptschaffner im Dienst der Beklagten und ist als Briefzusteller Niederlassung Brief () eingesetzt. Mit seiner Klage begehrt er, als weitere Folge des Dienstunfalls vom 18. November 2006, die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter, die Sensibilisierungsstörungen der linken Hand, die Gefühlsstörungen und Schwäche des linken Armes, die psychischen Beschwerden sowie die daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit anzuerkennen.

I.

Am 25. Januar 2007 zeigte der Kläger bei der Unfallkasse Post und Telekom an, dass er am 18. November 2006 während seines Dienstes beim Ausfahren aus einem Firmengelände mit dem Dienst-Pkw an ein Eisentor geprallt sei, das durch einen Windstoß aufgedrückt worden sei. Dabei habe er sich den linken Arm nach hinten gestaucht. Er legte einen Bericht seiner ihn zunächst behandelnden Ärzte, der Orthopäden Dr.und Dr. vom 8. Januar 2007 vor, die eine Behandlung vom selben Tag bestätigten und als Diagnose einen Verdacht auf SLAP-Läsion der linken Bizepssehne anführten. Am 12. Februar 2007 wurde durch den Radiologen Dr. med. eine MRT-Untersuchung des linken Schultergelenks des Klägers durchgeführt.

Mit Bescheid der Unfallkasse Post und Telekom vom 21. Februar 2007 wurde das Unfallereignis vom 18. November 2006 als Dienstunfall nach § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) anerkannt. Ausdrücklich ausgeschlossen wurde die Anerkennung der ab dem 8. Januar 2007 geklagten Beschwerden des Klägers im Bereich der linken Schulter als Folgen des Dienstunfalls. Hiergegen ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten Widerspruch erheben und ein Attest der behandelnden Ärzte vom 15. März 2007 vorlegen.

Am 18. April 2007 ließ der Kläger zur weiteren Abklärung bei einer Arthroskopie eine Labrumrefixation der linken Schulter durchführen.

Nach der Einholung einer Stellungnahme des fachärztlichen Beraters der Beklagten, Herrn Dr., zur Frage der Ursächlichkeit des Dienstunfalls für die im Operationsbericht genannten Beschädigungen wies die Unfallkasse Post und Telekom mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2007 den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen ließ der Kläger mit Telefax seiner Bevollmächtigten vom 6. September 2007 Klage erheben (B 5 K 07.861). Das Verwaltungsgericht Bayreuth beauftragte daraufhin durch Beschluss den Facharzt für Orthopädie, Sozialmedizin, physikalische Therapie, Chirotherapie und Sportmedizin im , Herrn Dr. med., mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens zu der Frage, ob die Läsion des oberen ventralen Labrums der linken Schulter des Klägers durch den Dienstunfall vom 18. November 2006 verursacht oder mit verursacht worden ist. Unter dem 18. Juli 2008 legte Dr. med. sein fachorthopädisches Gutachten vor (Blatt 71, Unfallakte I). Er kommt darin zu dem Ergebnis, dass als Verletzung durch den Dienstunfall eine SLAP-Läsion der linken Schulter und als Unfallverletzungsfolge eine leichte Funktionseinschränkung der linken Schulter nach Refixation des Labrum glenoidale festgestellt werden könne. Unfallunabhängig bestünden folgende Gesundheitsstörungen: Beginnende Verschleißerscheinung des Schultergelenkes, Knorpelschädigung in den inferioren Anteilen der Gelenkspfanne, fehlendes Labrum in den anterior-inferioren Anteilen am ventralen Glenoidrand. Der Kläger habe bei seiner Begutachtung eine Minderempfindung in den Fingern 1 bis 3 der linken Hand, sowie ein Taubheitsgefühl im Unterarmbereich links angegeben. Dies habe aber durch fachneurologische Abklärung durch Herrn Dr. nicht bestätigt werden können.

Das Verwaltungsgericht Bayreuth verpflichtete darauf die Beklagte mit rechtskräftigem Urteil vom 20. Februar 2009 unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide, als Folge des Dienstunfalls vom 18. November 2006 eine Schädigung des oberen ventralen Labrums der linken Schulter des Klägers im Sinn einer SLAP-Läsion anzuerkennen. Mit Bescheid vom 11. Mai 2011 wurden die Unfallfolgen entsprechend dem Urteil von der Beklagten anerkannt.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 (Blatt 180, Unfallakte I) gerichtet an die Unfallkasse Post und Telekom äußerten die Bevollmächtigten des Klägers, dass dieser von einer MdE von 20 ausgehe. Es werde um Mitteilung gebeten, ob diesbezüglich schon eine Prüfung vorgenommen worden sei. Der Kläger legte einen Nachschaubericht des Dr. med. vom 18. Januar 2011 vor. Darin wird beschrieben, dass sich der Kläger wegen schlechter gewordener Beweglichkeit der linken Schulter vorgestellt habe. Er klage auch über Kribbelparästhesien im Bereich der ersten drei Finger links. Eine MRT-Untersuchung sei zu veranlassen. Mit Bericht vom 30. März 2011 (Blatt 185, Unfallakte I) kommt Dr. med. zu dem Ergebnis, dass eine MRT-Untersuchung wegen der Schulterbreite nicht möglich sei. Es lägen noch endgradige Bewegungseinschränkungen vor, der Zustand sei begutachtungswürdig, es sei von einer MdE unter 20 auszugehen. Diese Ansicht wird vom fachärztlichen Berater Dr. mit Stellungnahme vom 18. April 2011 geteilt (Blatt 187, Unfallakte I).

Mit ärztlicher Unfallmeldung vom 31. Mai 2011 (Blatt 209, Unfallakte I) des praktischen Arztes Herrn gab der Kläger erneut Schmerzen in der Schulter an mit der Diagnose: „Anerkannter BG-Fall vom 18. November 2006, Schulterschmerzen.“

Mit Bescheid vom 18. Mai 2011 (Blatt 193, Unfallakte I) stellte die Unfallkasse Post und Telekom fest, dass ein Unfallausgleich nicht gewährt werde, da eine MdE von mindestens 25% nicht vorliege. Gegen den Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten mit Telefax vom 15. Juni 2011 Widerspruch erheben.

Im Zwischenbericht vom 14. September 2011 (Blatt 202, Unfallakte I) schilderte der behandelnde Arzt Dr. med. , dass der Kläger nächtliche Schmerzen, Beschwerden bei Belastung, Druckschmerzen und Rissgefühl habe. Die ersten drei Finger der linken Hand seien taub, es bestehe ein Kraftverlust beim Schließen der Hand. Der Kläger müsse in der Unfallklinik vorstellig werden. Hinweise für die Entwicklung eines psychischen Gesundheitsschadens bestünden nicht.

Die untersuchenden Ärzte der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik stellten im Schreiben vom 24. Oktober 2011 fest, dass die klinischen Untersuchungen ein unspezifisches Beschwerdebild gezeigt hätten. Um eine gesicherte Diagnose zu treffen, sei eine Arthroskopie durchzuführen.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2011 begründeten die Bevollmächtigten des Klägers den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Mai 2011. Der Kläger leide unter folgenden Symptomen: eingeschränkte Bewegungsfreiheit des linken Armes, Schmerzen beim Ausbewegen nach oben und nach hinten, Kraftverlust im linken Arm, starkes Rissgefühl im Oberarm bei Belastung, Taubheitsgefühl im Unterarm und psychische Probleme aufgrund der Beeinträchtigungen. Der Kläger habe verschiedene Therapien (Kuraufenthalte und Physiotherapie) ohne Erfolg durchgeführt. Die auf den Dienstunfall zurückzuführenden MdE betrage mindestens 25 v.H. Der Kläger habe massive Beschwerden im gesamten linken Arm und könne diesen bei seinen Tätigkeiten nicht benutzen.

Auf Nachfrage der Unfallkasse Post und Telekom vom 25. Januar 2012 um welche psychischen Beschwerden es sich handele, ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten mit Schreiben vom 12. März 2012 ausführen, dass in der Kur die psychischen Probleme zugenommen hätten. Es wurde ein neurologischer Befund vom 9. Februar 2012 (Blatt 132-1, Unfallakte II), ein Schreiben des Dr. med. vom 18. März 2010 (Blatt 132-4, Unfallakte II) sowie ein Kurschlussbericht vom 20. September 2010 vorgelegt.

Mit Zwischenbericht vom 5. März 2012 (Blatt 134-1, Unfallakte II) empfahl Dr. med. eine nochmalige Vorstellung in der Unfallklinik in . Er stellte fest, dass es keine Hinweise auf die Entwicklung eines psychischen Gesundheitsschadens gebe.

Zudem wurden ärztliche Stellungnahmen der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vom 6. März 2012 (Blatt 140-1), vom 24. April 2012 (Blatt 145-1, Unfallakte II) und vom 26. April 2012 (Blatt 146-1 und 150-1, Unfallakte II) vorgelegt. Der Kläger beklage zunehmende Schmerzbeschwerden in der linken Schulter, Kraftverlust im linken Arm, so dass ihm zeitweise Pakete aus dem Arm fielen, sowie ein Taubheitsgefühl im linken Arm und der linken Hand. Bei der neurologischen Untersuchung hätten sich keine eindeutigen Pathologika ergeben, eine peripher nervale Funktionsstörung könne nicht eindeutig abgegrenzt werden.

Hierauf ließ die Beklagte durch den fachärztlichen Berater Dr. anfragen, ob die im MRT-Befund vom 24. April 2012 festgestellten Veränderungen als Folgen des Dienstunfalls bewertet werden müssten. Dieser kam in seiner Stellungnahme vom 13. August 2012 (Blatt 156-1, Unfallakte II) zu dem Ergebnis, dass die in der MRT-Untersuchung festgestellten einliegenden Fadenanker Folge der Labrumrefixation (Unfallfolge laut Gerichtsentscheidung) sei. Bei den übrigen festgestellten Veränderungen handele es sich um unspezifische Befunde ohne näher mögliche Zuordnung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2012 (Blatt 161-1, Unfallakte II) wies die Unfallkasse Post und Telekom den Widerspruch des Klägers zurück. Hiergegen ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage erheben.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2014 (Blatt 188, Unfallakte II) wies abermals darauf hin, dass die in der MRT-Untersuchung festgestellten Veränderungen unfallunabhängig seien.

Die gegen den Bescheid vom 18. Mai 2011 und den Widerspruchsbescheid vom 6. November 2012 gerichtete Klage B 5 K 12.974 nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 11. November 2014 zurück. Er habe bislang noch keinen Antrag hinsichtlich der psychischen Folgen des Dienstunfalls bei seinem Dienstherrn gestellt.

II.

In einem Bearbeitungsvermerk der Unfallkasse Post und Telekom vom 1. Dezember 2014 (Blatt 194, Unfallakte II) ist festgehalten, dass der Kläger einen Antrag auf Verschlimmerung der Unfallfolgen geltend mache. Er werde sich bei dem D-Arzt vorstellen und veranlassen, dass ein aktueller Befundbericht vorgelegt werde.

Vorgelegt wurden folgende ärztliche Stellungnahmen:

– neurologischer Befundbericht Dr. vom 9.2.2012 (Blatt 191-5, Unfallakte II);

– Schreiben des Dr. vom 30. Dezember 2014 (Blatt 198, Unfallakte II);

– neurologischer Befundbericht des Dr. med. vom 14. Januar 2015 (Blatt 199, Unfallakte II);

– Befundbericht der Radiologiepraxis vom 2. Februar 2015 (Blatt 213-3, Unfallakte II) und vom 5. Februar 2015 (Blatt 202-1 – Rückseite, Unfallakte II).

Die Beklagte ließ zur Feststellung der Unfallfolgen ein weiteres fachärztliches Gutachten durch den Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik (Klinikum ) Dr. med. anfertigen. In seinem Gutachten vom 19. März 2015 (Blatt 220-1, Unfallakte II) kommt Dr. med. zu dem Ergebnis, dass als Unfallfolge nur der Z.n. Labrumstabilisierung an der linken Schulter bei SLAP-Läsion anerkannt werden müsse. Diese sei 3 Monate nach dem Unfallereignis folgenlos verheilt (während dieser Zeit habe eine MdE von 10% vorgelegen). Ein Gesundheitserstschaden bzgl. der Nervenversorgung des linken Armes oder der Muskulatur sei nicht bewiesen. Die jetzige Funktionseinschränkung könne daher nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden. Zu der Erkrankung könne eine chronische Schmerzstörung geführt haben. Da zwischen der Operation und dem jetzigen Zeitpunkt zwischendurch eine gute Schulterfunktion ohne Bewegungseinschränkung bestanden habe, könne die Schmerzstörung nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das angeschuldigte Unfallereignis zurückgeführt werden.

Die Unfallkasse, Post und Telekom forderte hinsichtlich der psychischen Erkrankung folgende ärztliche Unterlagen an:

– die neurologischen Befunde des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr.  vom 9.2.2012, vom 14.01.2015, vom 13.11.2013 und vom 11.3.2010 (Blatt 228-1 ff. Unfallakte II);

– den Bericht über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in den Reha-Kliniken vom 17. Dezember 2013 (Blatt 236-2 Unfallakte II) und

– den psychologischen Befundbericht des psychologischen Dienstes vom 10. Dezember 2013 (Blatt 240-1, Unfallakte II).

Die Unfallkasse Post und Telekom ließ ein weiteres Gutachten aus neurologischer Sicht in Auftrag geben. Der OA Dr. (Neurologie) des erstattete am 2. November 2015 ein Gutachten (Blatt 251-1, Unfallakte II). Es sei festzustellen, dass auf neurologischem Gebiet kein pathologischer Befund vorliege, welcher mit dem Unfallereignis und einer dabei möglicherweise erlittenen Schädigung eines Plexus oder einer Nervenwurzel zu bringen wäre. Auf psychiatrischem Gebiet sei von der Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung auszugehen. Die depressive Symptomatik sei als Anpassungsstörung einzuordnen. Es handele sich um ein unfallunabhängiges Geschehen. Verantwortlich seien in der Persönlichkeit verankerte Faktoren in Wechselwirkung mit äußeren Belastungsfaktoren.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2015 (Blatt 254-1, Unfallakte II) stellte die Unfallkasse Post und Telekom fest, dass die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter, die Sensibilitätsstörungen der linken Hand, die Gefühlsstörungen und Schwäche des linken Arms sowie die psychischen Beschwerden und die daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit nicht als Folgen des Dienstunfalls anerkannt werden.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 Widerspruch, welchen er durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4. Mai 2016 begründen ließ. Als Folgen des Dienstunfalls seien anzuerkennen: eine Gesundheitsstörung der linken Schulter, Sensibilisierungsstörungen der linken Hand, Gefühlsstörung und Schwäche des linken Arms und psychische Beschwerden. Der ursächliche Zusammenhang sei durch die ärztliche Bescheinigung von Dr. med. und Dr. med. vom 18. September 2007 bestätigt worden. Auch das Gutachten von Dr. med. zeige, dass die unfallbedingte Verletzung der linken Schulter mit operierter SLAP-Läsion nicht folgenlos ausgeheilt sei. Dr. med. komme in seinem radiologischen Gutachten vom 18. März 2015 (Blatt 53 der Gerichtsakte) zu dem Ergebnis, dass eine posttraumatische Veränderung der linken Schulter festzustellen sei. Dies spreche dafür, dass die Verletzung der linken Schulter nicht ausgeheilt sei, die Funktionseinschränkungen hätten tatsächlich eher zugenommen. Das Unfallereignis vom 18. November 2006 sei ursächlich für die somatoforme Störung des Klägers.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2016 (Blatt 280-1, Unfallakte II) wies die BG Verkehr den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und Funktionseinschränkungen und dem Unfallereignis nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne.

III.

Mit Schreiben vom 23. September 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ der Kläger Klage erheben und mit Schreiben vom 8. November 2016 beantragen,

  • 1.Der Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2016 wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, als weitere Folge des Dienstunfalls vom 18. November 2006 die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter sowie die Sensibilisierungsstörungen der linken Hand sowie die Gefühlsstörungen und Schwäche des linken Arms sowie die psychischen Beschwerden sowie die daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit anzuerkennen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen die Widerspruchsbegründung wiederholt. Es werde eine medizinische Begutachtung angeregt.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 beantragte die Beklagte, Klageabweisung.

Zur Begründung wird auf die Gutachten von Dr. vom 19. März 2015 und Dr.  vom 2. November 2015 Bezug genommen.

Auf Nachfrage des Gerichts ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten mit Schreiben vom 29. Mai 2017 mitteilen, dass der Kläger Ende 2014 mündlich an den Dienstherrn herangetreten sei, um einen Antrag auf Verschlechterung der Unfallfolgen zu stellen. Er habe dort die Auskunft erhalten, dass er sich an die Berufsgenossenschaft wenden müsse, da diese für den Antrag zuständig sei. Der Kläger habe sich daher am 1. Dezember 2014 an diese gewandt, was sich auch aus dem Aktenvermerk (vom 1. Dezember 2014, Blatt 194, Unfallakte II) ergebe. Aus diesem Grund sei von der Berufsgenossenschaft auch die Erstellung der beiden Gutachten veranlasst worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen. Zudem wird hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift vom 21. November 2017 verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung wiederholten die Beteiligten ihre schriftlich gestellten Anträge.

Gründe

I.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Unfallkasse Post und Telekom vom 4. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der BG Verkehr vom 24. August 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Gesundheitsschäden als Dienstunfallfolgen. Zur Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung der in seinem Klageantrag aufgeführten Gesundheitsstörungen als Folge des Vorfalls vom 18. November 2006 hat, ist, weil es sich bei der Klage um eine Verpflichtungsklage handelt, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sind die Vorschriften über die Unfallfürsorge, d.h. §§ 30 ff. des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG).

1. Der Beamte hat Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche entstehen können, nach § 45 Abs. 1 BeamtVG innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles bei seinem Dienstvorgesetzten zu melden. Hier wurde der Unfall zwar innerhalb der zwei Jahresfrist gemeldet (Dienstunfallanzeige vom 25. Januar 2007). Die geltend gemachten Beschwerden sind aber erst später entstanden. In diesem Fall deckt die damalige Meldung des Dienstunfalls (25. Januar 2007) die später eingetretenen Unfallfolgen nicht ab (VG Augsburg, U.v. 11.02.2016 – Au 2 K 15.1646 – juris Rn. 59 unter Berufung auf BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 2 C 5.01 – DÖV 2002, 254; U.v. 21.9.2000 – 2 C 22.99 – NVwZ 2001, 328). Es hätte somit einer erneuten Meldung der Unfallfolgen bedurft. Diese Meldung erfolgte außerhalb der Frist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG.

a) Da ein Dienstunfall nach der Begriffsdefinition des § 31 Abs. 1 BeamtVG einen Körperschaden voraussetzt, muss der Dienstunfallmeldung entnommen werden können, welche Art von Körperschaden ein bestimmtes dienstliches Ereignis verursacht hat. Die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG wird daher stets nur für den gemeldeten Schaden einschließlich erkennbar damit zusammenhängender Folgeschäden gewahrt (VG Augsburg, U.v. 27.11.2003 – Au 2 K 02.341 – juris; VG Neustadt, U.v. 25.10.2011 – 1 K 432/11.NW – juris). Nicht umfasst sind hingegen weitere Erkrankungen, die später auftreten und sich als eigenständiger Körperschaden im Sinne von § 31 Abs. 1 BeamtVG darstellen (BayVGH, U.v. 16.07.2008 – 14 B 05.2548 – juris; VG München, U.v. 19.07.2005 – M 12 K 04.1140 – juris). Dies folgt zum einen aus § 45 Abs. 2 BeamtVG, der die Meldefrist auf zehn Jahre nicht nur für die Fälle erhöht, in denen der Beamte das Dienstunfallgeschehen erstmals nach mehr als zwei Jahren meldet, sondern auch, soweit rechtzeitig eine Dienstunfallmeldung erstattet wurde, aber ein weiterer Körperschaden erst nach Ablauf der in Abs. 1 normierten Frist angezeigt wird, wenn mit seinem Auftreten ursprünglich nicht gerechnet werden konnte (BVerwG, U.v. 28.02.2002 – 2 C 5/01 – DÖD 2002, 254).

Zur Abgrenzung neuer Körperschäden mit eigenständiger Meldefrist von Fortwirkungen der ursprünglich gemeldeten Folgen wird u. a. darauf abgestellt, ob die ursprünglichen und die später geltend gemachten Folgen eines Unfalls einer unterschiedlichen Behandlung bedürfen (VG Berlin, U.v. 13.10.2009 – 28 A 333.05 – juris) oder ob zwischen der Ausgangserkrankung und dem späteren Körperschaden ein langer behandlungsfreier Zeitraum lag, in dem andere Ereignisse den betreffenden Köperschaden ausgelöst haben können (VG München, U.v. 5.06.2009 – M 21 K 07.4500 – juris). Weitere geeignete Abgrenzungskriterien sind die Gleichartigkeit oder Unterschiedlichkeit der Symptome, Dauer und Umfang der Behandlungsbedürftigkeit sowie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter späterer Folgen. Dabei ist eine natürliche Betrachtungsweise geboten (VG Trier, U.v. 31. 07.2012 – 1 K 124/12.TR – juris Rn. 32).

aa) Hinsichtlich der geklagten Beschwerden der weiteren Gesundheitsstörung an der linken Schulter, der Sensibilisierungsstörungen der linken Hand, der Gefühlsstörungen und Schwäche des linken Arms ist festzustellen, dass der Kläger im Juli 2007 angegeben hatte, noch unter leichten Schmerzen nachts beim Liegen auf der Schulter zu leiden, er aber tagsüber beschwerdefrei sei. Die Beweglichkeit wurde als frei aktiv festgestellt und die periphere Sensibilität als intakt beschrieben (Schreiben der Orthopädisch-Unfallchirurgischen Praxisklinik vom 2. Juli 2007 – Blatt 36, Unfallakte I). Dieses Ergebnis wurde durch eine weitere Untersuchung am 13. September 2007 verifiziert (Schreiben vom 13. September 2007 – Blatt 47, Unfallakte I). Das Unfallgeschehen wurde auf Grund des Gutachtens des Dr.  vom 18. Juli 2008 als SLAP-Läsion der linken Schulter*gesehen. Weitere Gesundheitsschäden bezüglich der linken Schulter waren zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar. Es ist daher davon auszugehen, dass weitere nach der Begutachtung aufgetretene Gesundheitsstörungen der linken Schulter einer unterschiedlichen Betrachtung bedürfen und als eigener Körperschaden zu bewerten sind, weshalb sie durch eine neue Meldung anzuzeigen waren. Dies ergibt sich zudem daraus, dass schon Dr. im Gutachten vom 18. Juli 2008 festgestellt hatte, dass unfallunabhängig bereits Gesundheitsstörungen an der linken Schulter vorgelegen haben (wie Verschleißerscheinungen des Schultergelenks, Knorpelschäden im unteren Anteil der Gelenkpfanne und ein fehlendes Labrum). Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass Körperschäden in Zusammenhang mit der linken Schulter automatisch als ein Körperschaden aufzufassen sind, da durch die in der Person des Klägers vorhandene Veranlagung (ohne Zusammenhang zum Unfallgeschehen) bereits 2008 weitere Gesundheitsschäden an der linken Schulter in Zukunft zu erwarten waren.

bb) Hinsichtlich der geklagten psychischen Folgen ergibt sich schon nach natürlicher Betrachtungsweise im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Symptome, dass diese einer gesonderten Meldung bedurft hätten.

b) Da die Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Dienstunfalls für diese Gesundheitsschäden abgelaufen ist (§ 45 Abs. 1 BeamtVG), hätte die Meldung innerhalb von drei Monaten, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls gerechnet werden konnte, erfolgen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG). Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es darauf an, ab wann Verletzungen oder Symptome feststellbar sind, die eine Entwicklung als möglich erscheinen lassen, dass Unfallfürsorgeansprüche bestehen. Das kausale Ereignis muss bemerkbar gewesen sein. Davon ist bei einem Unfall regelmäßig auszugehen, wenn Beschwerden auftreten, die einem dienstlich veranlassten Ereignis zugeordnet werden können, oder wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass ein dienstlich veranlasstes Ereignis zu einem Körperschaden führt. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Verletzte die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs verschafft hat oder verschaffen konnte (BayVGH, B.v.12.01.2009 – 3 ZB 08.776 – juris Rn. 5).

Vorliegend hatte der Kläger mit der Möglichkeit weiterer Gesundheitsschäden hinsichtlich der Schulter zumindest ab seiner Vorstellung bei Dr. med am 17. Januar 2011 rechnen können, eventuell könnte man hierfür sogar auf einen früheren Zeitpunkt abstellen, da der Kläger sich wegen zunehmender Beschwerden bereits im März 2010 bei Dr. med. vorgestellt hatte (vgl. dessen Schreiben vom 18. März 2010 – Blatt 132-4 der Unfallakte I). Stellt man aber zugunsten des Klägers erst auf den 17. Januar 2011 ab, so wäre die drei-Monatsfrist mit Ablauf des 18. April 2011 (da der 17. April 2011 ein Sonntag war) abgelaufen. Eine erneute Unfallmeldung ging bei der Unfallkasse Post und Telekom aber erst am 3. Juni 2011 ein (ärztliche Unfallmeldung vom 31. Mai 2011 des praktischen Arztes , Blatt 209 Unfallakte I) und somit nach Ablauf der drei-Monatsfrist.

Hinsichtlich der geklagten psychischen Beschwerden gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 11. November 2014 (B 5 K 12.974) an, diesbezüglich noch keinen Antrag bei seinem Dienstherrn eingereicht zu haben. Selbst wenn man in dem telefonisch gestellten Antrag vom 1. Dezember 2014 (Bearbeitervermerk Blatt 194, Unfallakte II) zu Gunsten des Klägers einen solchen Antrag sehen wollte, wäre auch dieser außerhalb der Drei-Monatsfrist gestellt. Mit der Möglichkeit etwaiger psychischer Folgen konnte der Kläger jedenfalls ab deren ausdrücklicher erster Benennung in der Widerspruchsbegründung vom 29. November 2011 (Blatt 128-1- Unfallakte I) rechnen. Die Meldung erfolgte drei Jahre später und somit eindeutig außerhalb der Drei-Monatsfrist.

Bei den in § 45 Abs. 2 BeamtVG vorgegebenen Fristen handelt es sich um Ausschlussfristen, für die die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht besteht (vgl. OVG NW, U.v. 24.5.2002 – 1 A 6168.96 – juris Rn. 20 ff.). Darüber hinaus muss sich der Kläger eine etwaige Unkenntnis der rechtlichen Vorschriften zurechnen lassen (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2009 – 3 ZB 09.657 – juris Rn 10).

2. Ein Anspruch auf Anerkennung weiterer Gesundheitsfolgen besteht zudem deswegen nicht, da die vom Kläger mit Klageantrag vom 23. September 2016 geklagten Gesundheitsstörungen nicht ursächlich auf den Dienstunfall vom 18. November 2006 zurückzuführen sind.

a) Maßgeblich ist insoweit die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache. Dabei sind ursächlich bzw. mitursächlich für den eingetretenen Schaden nur solche kausalen Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Demnach ist auch der Fall der Mitursächlichkeit anerkannt, sofern die mehreren Ursachen in besonderer Beziehung zum Erfolg stehen und annähernd gleichwertig sind. Wesentlich ist die Ursache, die den Schadenseintritt maßgebend geprägt hat; andere Ursachen treten demgegenüber zurück. Sind mehrere Ursachen gegeben, ist jedoch keine dieser Ursachen den anderen gegenüber von überragender Bedeutung, sondern sind diese Ursachen einander annähernd gleichwertig, gilt die durch den Dienst gesetzte Ursache als alleinige (wesentliche) Ursache. Löst ein Unfallereignis ein bereits vorhandenes Leiden aus oder beschleunigt oder verschlimmert dieses, so ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen „der letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (st.Rspr. seit BVerwG, U.v. 18.1.1967 - VI C 96.65 - ZBR 1967, 219 f.; U.v. 20.4.1967 - II C 118.64 - BVerwGE 26, 332/339 f.; so auch: BayVGH, B.v. vom 31.1.2008 - 14 B 04.73 - Rn. 20 f.).

Nicht ursächlich im Sinne des Gesetzes sind demnach die sog. Gelegenheitsursachen, d.h. solche Bedingungen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (BVerwG, B.v. 8.3.2004 - 2 B 54/03 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 13). Dabei müssen alle Tatbestandsvoraussetzungen für eine Dienstunfallanerkennung bzw. die geltend gemachten Folgen zur Überzeugung der Behörde und des Gerichts vorliegen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist (st.Rspr. vgl. nur: BayVGH, B.v. 31.1.2008 - 14 B 04.73 - Rn. 20 f.; BVerwG, U.v. 23.5.1962 - VI C 39.60 - BVerwGE 14, 181; BVerwG, U.v. 21.10.1964 - VI C 132.61 - Buchholz 232.1 § 135 BBG Nr. 22).

b) Gemessen daran liegen hier die genannten Anforderungen für die Anerkennung der im Klageantrag aufgeführten Gesundheitsstörungen als Folgen des Dienstunfalls vom 18. November 2006 nicht vor. Es fehlt nämlich die notwendige Kausalität zwischen dem Ereignis und den gesundheitlichen Beschwerden. Auch eine wesentliche Verschlimmerung möglicherweise bereits vorbestehender Leiden ist nicht kausal auf dieses Geschehnis zurückzuführen.

aa) Das steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Dr. med. vom 19. März 2015 (Blatt 220-1, Unfallakte II) und des Dr. med. vom 2. November 2015 (Blatt 251-1, Unfallakte II). Die Einholung eines weiteren gerichtlichen Gutachtens war darüber hinaus nicht veranlasst. Wurde bereits im behördlichen Verfahren durch die Beklagte ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, so liegt die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO). Eine Veranlassung hierzu ist grundsätzlich nur gegeben, wenn die bereits vorliegende Begutachtung auch für den nicht Sachkundigen erkennbare grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, insbesondere von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen besteht, wenn ein anderer Sachverständiger über bessere Forschungsmittel verfügt oder wenn es sich um besonders schwierige (medizinische) Fragen handelt, die umstritten sind oder zu denen einander widersprechende Gutachten vorliegen (VG Ansbach, U.v. 12.03.2014 – AN 11 K 13.01618 – juris Rn. 24 unter Bezugnahme auf BVerwG, ZBR 1980, 180 ff. m.w.N.; VGH München, U.v. 7.12.1994 – 3 B 94400 – 3 B 94403 – juris).

Die vorgenannten Gutachten, welche auf einer umfassenden Würdigung ärztlicher Atteste und Befundberichte des Klägers basieren, sind in sich stimmig, überzeugend und werfen keine Zweifelsfragen auf, die durch die Einschaltung weiterer Gutachter geklärt werden müssten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich hierbei um Gefälligkeitsgutachten der Ärzte handelt. Dies wird vom Kläger ohne weitere Substantiierung nur behauptet. Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergeben sich nach Aktenlage nicht. Bei den Gutachtern handelt es sich zudem nicht um Ärzte, die im Bereich der Beklagten etwa als Beamte tätig sind, sondern um unabhängige Ärzte.

bb) Aus den Gutachten ergibt sich in einer Gesamtschau folgendes Bild:

Aus unfallchirurgischer Sicht liegt als Unfallfolge der Z.n. Labrumstabilisierung an der linken Schulter bei SLAP-Läsion vor. Es gibt keinen Hinweis auf eine neurogene Schädigung der linksseitigen Muskulatur. Ohne eine eindeutige primäre Schädigung der Nervenversorgung des linken Arms können Ausfallerscheinungen am linken Arm (Schwäche, Bewegungseinschränkung) nicht als Unfallfolge nachgewiesen werden. Die Verletzung des linken Schultergelenks war mit operierter SLAP-Läsion 3 Monate nach dem Unfallereignis folgenlos verheilt. Da die Beweglichkeit der Schulter frei war und Sensibilitätsstörungen am linken Arm nicht beschrieben waren und sich diese erst viel später entwickelt haben, können die Veränderungen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden. Auch die Sensibilitätsstörungen der Finger der linken Hand sind nicht auf den Dienstunfall zurückzuführen.

Auf neurologischem Gebiet liegt kein pathologischer Befund vor, welcher mit dem Unfallereignis und einer dabei möglicherweise erlittenen Schädigung eines Plexus oder einer Nervenwurzel zu bringen wäre. Auf psychiatrischem Gebiet ist von der Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung auszugehen. Die depressive Symptomatik ist als Anpassungsstörung einzuordnen. Es handelt sich um ein unfallunabhängiges Geschehen. Verantwortlich sind in der Persönlichkeit des Klägers verankerte Faktoren in Wechselwirkung mit äußeren Belastungsfaktoren.

Die Gutachter gehen widerspruchsfrei davon aus, dass sich zwischen dem Geschehnis vom 18. November 2006 und den bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen kein hinreichend wahrscheinlicher Kausalzusammenhang herstellen lässt. Somit war das Geschehen nicht geeignet, die vom Kläger geklagten Beschwerden allein bzw. wesentlich zu verursachen.

cc) Durchgreifende Argumente, die geeignet sein könnten, diese gutachterlichen Feststellungen zu erschüttern, sind nicht zu erkennen. Soweit in der Widerspruchsbegründung ausgeführt wird, dass das radiologische Gutachten vom 18. März 2015 des Dr. med. zu einem anderen Ergebnis komme, ist auszuführen, dass diese Untersuchung in das Gutachten einbezogen wurde (Röntgenuntersuchung vom 4.3.2015 – Seite 10 des Gutachtens des Dr. med. ). Weshalb die Röntgenuntersuchung falsch einbezogen worden sein soll, wurde nicht substantiiert vorgetragen. Zudem ergab die Untersuchung gerade auch eine degenerative posttraumatische Veränderung der linken Schulter und bekräftigt daher eher das Ergebnis des Gutachtens. Hinsichtlich der vorgetragenen Bescheinigung des Dr. vom 18. September 2007 und des Gutachtens des Dr. ist davon auszugehen, dass diese Ergebnisse durch die Anerkennung der Schädigung des oberen ventralen Labrums der linken Schulter im Sinne einer SLAP-Läsion mit Bescheid vom 11. Mai 2011 überholt sind. Auch Dr. erkannte schon im Gutachten vom 18. Juli 2008, dass unfallunabhängig beim Kläger bereits Gesundheitsstörungen an der linken Schulter vorgelegen haben (wie Verschleißerscheinungen des Schultergelenks, Knorpelschäden im unteren Anteil der Gelenkpfanne und ein fehlendes Labrum). Das Gutachten des Dr. bestätigt das Gutachten des Dr. med. eher als es zu entkräften.

II.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

III.

Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

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Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

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(1) Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles schriftlich oder elektronisch bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden.

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(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles schriftlich oder elektronisch bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. § 32 Satz 2 bleibt unberührt. Die Frist nach Satz 1 gilt auch dann als gewahrt, wenn der Unfall bei der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle gemeldet worden ist.

(2) Nach Ablauf der Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden. Die Meldung muss, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Die Unfallfürsorge wird in diesen Fällen vom Tage der Meldung an gewährt; zur Vermeidung von Härten kann sie auch von einem früheren Zeitpunkt an gewährt werden.

(3) Der Dienstvorgesetzte hat jeden Unfall, der ihm von Amts wegen oder durch die Meldung des verletzten Beamten bekannt wird, unverzüglich zu untersuchen und das Ergebnis der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle mitzuteilen. Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle entscheidet, ob ein Dienstunfall vorliegt und ob der Verletzte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Entscheidung ist dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekannt zu geben.

(4) Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 1 Satz 2 wird nur gewährt, wenn der Unfall der Beamtin innerhalb der Fristen nach den Absätzen 1 und 2 gemeldet und als Dienstunfall anerkannt worden ist. Der Anspruch auf Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 2 Satz 2 ist innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Geburt an von den Sorgeberechtigten geltend zu machen. Absatz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Zehn-Jahres-Frist am Tag der Geburt zu laufen beginnt. Der Antrag muss, nachdem mit der Möglichkeit einer Schädigung durch einen Dienstunfall der Mutter während der Schwangerschaft gerechnet werden konnte oder das Hindernis für den Antrag weggefallen ist, innerhalb von drei Monaten gestellt werden.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am ... 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner vorzeitigen Zurruhesetzung mit Ablauf des 30. Juni 2015 im Dienste der Beklagten. Seit dem Jahr 1987 war er als Zugbegleiter tätig.

Am 14. Mai 2006 ereignete sich ein Suizid auf der Fahrt des Regionalexpress von ... in Richtung ..., bei welcher der Kläger als Zugbegleiter tätig war. Das Ereignis vom 14. Mai 2006, welches der DB Regio, Region Bayern, Regio Bayerisch-Schwaben, ..., mit Unfallanzeige vom 26. Mai 2006 angezeigt und bei der als Art der Verletzung ein „psychischer Schock“ angegeben worden war, wurde mit Bescheid des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) - Dienststelle Ost, Berlin - vom 31. Juli 2006 als Dienstunfallereignis anerkannt, nachdem der Ärztliche Dienst des BEV, Dr. med. ..., unter dem 1. Juni 2006 festgestellt hatte, dass die Beschwerden des Klägers auf dem Dienstunfallgeschehen beruhten und eine kurzfristige akute Belastungsreaktion entstanden sei, welche mittlerweile weitestgehend abgeheilt sei. Als erlittener Körperschaden wurde im Bescheid vom 31. Juli 2006 eine „Akute Belastungsreaktion“ anerkannt.

Am 21. September 2008 ereignete sich ein Suizid auf der Fahrt der Regionalbahn von ... nach ..., bei welcher der Kläger als Zugbegleiter tätig war. Nach dem Dienstunfall vom 21. September 2008 suchte der Kläger am 22. und 26. September 2008 Dr. ..., Facharzt für Allgemeinmedizin, auf. In dessen Rechnung vom 4. November 2008 ist als Diagnose u. a. „Depression“ aufgeführt. Dieses Ereignis, welches der DB Regio, Region Bayern, Regio Bayerisch-Schwaben, ..., mit Unfallanzeige vom 20. Oktober 2008 angezeigt und bei der als Art der Verletzung ein „psychischer Schock“ angegeben worden war, wurde mit Bescheid des BEV - Dienststelle Ost, Berlin - vom 28. Oktober 2008 als Dienstunfallereignis anerkannt. Als erlittener Körperschaden wurde eine „Akute Belastungsreaktion“ anerkannt.

Unter dem 28. Oktober 2008 beauftragte das BEV - Dienststelle Ost, Berlin - den Ärztlichen Dienst des BEV mit der Nachuntersuchung bezüglich des Dienstunfalls vom 21. September 2008.

Am 10. November 2008 fand die Nachuntersuchung des Klägers beim Ärztlichen Dienst des BEV, Dr. ..., statt. In dem Befundbericht vom 10. November 2008 stellt Dr. ... fest, dass der Kläger insgesamt zwei Wochen krankgeschrieben gewesen sei, sich danach eine Woche in Urlaub befunden habe und dann seine Tätigkeit wieder aufgenommen habe. Als Befund gab er insbesondere an, es bestehe keine posttraumatische Symptomatik.

Weitere Dienstunfallanzeigen liegen der Beklagten nicht vor.

Nachdem der Kläger innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate krankheitsbedingt keinen Dienst verrichtet hatte, wurde er am 30. März 2015 durch Dr. ..., Ärztliche Dienst des BEV, in Bezug auf seine Dienstfähigkeit untersucht. In seinem Gutachten vom 30. März 2015 stellte Dr. ... als Diagnosen fest: Dysthymie bei zwanghafter Persönlichkeitsstruktur mit mangelnder Belastungspotenz, Sehstörung bei Netzhautdegeneration beidseits, paroxysmaler Lagerungsschwindel, Herzrhythmusstörung, axiale Hiatushernie mit Refluxoesophagitis, erhöhte Infektanfälligkeit nach Tonsillektomie, Polyposis der Nasenschleimhaut und Belüftungsstörungen, Schultergelenksbeschwerden rechts, Kniegelenksbeschwerden links, Migräne. Weiter bemerkte er u. a., dass aufgrund der aufgelisteten Diagnosen das Leistungsvermögen erheblich eingeschränkt sei und der Kläger der zuletzt ausgeübten Tätigkeit im Zugbegleiterdienst dauerhaft nicht gewachsen sei. In dem Vordruck-Formular des Gutachtens des Ärztlichen Dienstes der BEV wurde die Frage nach dem Vorliegen eines Dienstunfalls von Dr. ... bei „Nein“ angekreuzt.

Mit Schreiben des BEV - Dienststelle Süd, Karlsruhe - vom 4. Mai 2015 würde dem Kläger unter Bezugnahme auf das Gutachten des Bahnarztes Dr. ... seine Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit angekündigt.

Mit Bescheid vom 21. Mai 2015 setzte die Beklagte, BEV - Dienststelle Süd, Außenstelle ... - die Versorgungsbezüge des Klägers fest, wobei ein Abschlag von 10,8% auf den Versorgungsbezug angesetzt wurde.

Gegen diesen Festsetzungsbescheid ließ der Kläger unter dem 8. Juni 2015 Widerspruch einlegen mit der Begründung, dass ein 10,8%-iger Abschlag auf den Versorgungsbezug gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG nicht zur Anwendung kommen könne, weil die Dienstunfähigkeit des Klägers auf einem Dienstunfall beruhe. Der Kläger sei im Laufe seiner Arbeitszeit als Zugbegleiter gezwungen gewesen sieben erfolgreiche Suizidversuche mitzuerleben. Den Tod von sieben unschuldigen Menschen habe er schließlich nicht mehr verkraften können. Insbesondere die Suizidversuche im Jahre 2012 hätten zur Dienstunfähigkeit des Klägers geführt.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2015 forderte die BEV, Dienststelle Süd, Außenstelle ..., die BEV Nord, Außenstelle ... auf, zu entscheiden, ob die Dienstunfähigkeit des Klägers infolge eines Dienstunfalls eingetreten ist. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde unter dem 1. Juli 2015 mitgeteilt, dass der Vorgang für eine entsprechende Entscheidung abgegeben worden sei und das Ruhegehalt von Amts wegen neu festgesetzt werde, solle sich herausstellen, dass die Zurruhesetzung dienstunfallbedingt gewesen sei.

Unter dem 14. Juli 2015 teilte die BEV - Dienststelle Nord, Außenstelle ... - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass nach der Beurteilung des ärztlichen Dienstes des BEV, Dr. ..., vom 30. März 2015 die Zurruhesetzung des Klägers nicht dienstunfallbedingt erfolgt sei. Aus den von Dr. ... gestellten Diagnosen lasse sich kein Zusammenhang zu den als Dienstunfall anerkannten Unfällen herstellen. Diese Beurteilung werde auch dadurch gestützt, dass nach dem Dienstunfall vom 14. Mai 2006 keine ärztliche bzw. therapeutische Behandlung erforderlich gewesen sei und die Beschwerden bereits am 24. Juli 2006 weitestgehend abgeheilt gewesen seien, wie der Bahnarzt, Dr. ..., festgestellt habe. In Bezug auf den Dienstunfall vom 21. September 2008 habe der Bahnarzt, Dr. ..., bereits am 10. November 2008 keine posttraumatische Symptomatik mehr feststellen können. Nach den medizinischen Beurteilungen seien die Voraussetzungen des § 36 BeamtVG nicht erfüllt. Es werde dem Kläger Gelegenheit gegeben, sich bis zum 1. September 2015 hierzu zu äußern.

Unter dem 26. August 2015 wurde vom Prozessbevollmächtigten des Klägers ein ärztliches Attest von Dr. med. ..., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychoanalyse-Psychotherapie, ..., vom 18. August 2015 vorgelegt und unter Fristsetzung bis zum 9. September 2015 gebeten, den Widerspruch nunmehr positiv zu verbescheiden.

Im Attest vom 18. August 2015 kommt Dr. med. ... zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass es sich bei den vom Kläger erlebten Ereignissen durchaus um Traumata handle, die im Zugdienstbereich ausgelöst worden seien und einen entsprechenden Dauerschaden in der Addition erbracht hätten.

Die von der BEV - Dienststelle Nord, Außenstelle ... - daraufhin eingeholte bahnärztliche Stellungnahme des Dr. ... vom 3. September 2015 zur Frage der dienstunfallrechtlichen Kausalität kommt zu dem Ergebnis, dass die beim Kläger vorliegenden Beschwerden mit Krankheitswert, die zur Dienstunfähigkeit des Klägers führten, nicht durch einen oder mehrere Dienstunfälle wesentlich verursacht worden seien. Zwar hätten die im Rahmen des Dienstes erlebten Suizide und Suizidversuche den Kläger belastet, jedoch stünden dabei die Ein- und Durchschlafstörungen, das Schwindelerleben zentraler Ausprägung und das Erschöpfungssyndrom im Vordergrund. Die Beschwerden hätten sich im Laufe der Jahre zunehmend gesteigert, wozu es zu einer verstärkten Abwehr seinem Dienst gegenüber gekommen sei und schließlich zur Dienstunfähigkeit. Jedoch handle es sich nicht um akut aufgetretene Traumatisierungsfolgen, sondern um eine Addierung von Beschwerden, die dienstlich aber auch privat durch die Pflege der Eltern ausgelöst worden seien.

Mit Bescheid vom 3. September 2015, zugestellt am 8. September 2015, stellte die BEV - Dienststelle Nord, Außenstelle ... - fest, dass es sich bei den durch den Arzt Dr. med. ... festgestellten Beschwerden „Ein- und Durchschlafstörung, Schwindelerleben zentraler Ausprägung, Erschöpfungssyndrom sowie zunehmendes Belastungserleben“ nicht um Unfallfolgen handelt.

Dagegen ließ der Kläger unter dem 17. September 2015 Widerspruch einlegen. Die Dienstunfälle vom 14. Mai 2006 sowie vom 21. September 2008 hätten zusammen mit den weiteren fünf Selbstmorden und dem Suizidversuch im Jahre 2012 kumulativ dazu geführt, dass der Kläger dienstunfähig geworden sei. Dies bestätige auch der den Kläger behandelnde Arzt Dr. .... Demgegenüber habe die Stellungnahme des Bahnarztes kein Gewicht. Dr. ... habe der Kläger lediglich wenige Minuten gesprochen, die Dienstunfälle seien Dr. ... nicht bekannt und Dr. ... sei als Allgemeinarzt auch nicht sachkompetent.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2015, dem Kläger am 12. Oktober 2015 zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 17. September 2015 zurück.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der geltend gemachten Addierung von Beschwernissen, wie sie Dr. ... in seinem ärztlichen Bericht ausführe, allenfalls um eine Berufskrankheit im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG handeln könne. Welche Erkrankungen als Berufskrankheit in Frage kämen, finde sich in der Anlage 1 zu der Berufskrankheitenverordnung (BKV). In dieser seien allerdings keine psychischen Krankheiten enthalten, so dass eine Anerkennung der Addierung von Beschwernissen als Dienstunfall nicht in Betracht komme.

Des Weiteren seien die gesetzlichen Ausschlussfristen des § 45 Abs. 1 und 2 BeamtVG zu beachten.

Das erstmals im Widerspruchsschreiben vom 8. Juli 2015 erwähnte Schadensereignis aus dem Jahre 2012 hätte spätestens im Jahre 2014 als Dienstunfall gemeldet werden müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.

Die Anerkennung weiterer Unfallfolgen in Form von psychischen Erkrankungen infolge der Geschehnisse in den Jahren 2006 und 2008 im Widerspruchsschreiben vom 8. Juni 2015 nunmehr sieben Jahre nach Beendigung der letzten Behandlung von Dienstunfallfolgen komme wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist nach § 45 Abs. 2 BeamtVG ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger befinde sich seit dem 23. Mai 2015 in fachärztlicher Behandlung bei Dr. .... Somit hätte die Meldung spätestens bis 23. August 2014, drei Monate nach Behandlungsbeginn bei Dr. ..., erfolgen müssen.

Am 5. November 2015 ließ der Kläger Klage erheben; für ihn ist im streitgegenständlichen Verfahren zuletzt sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 7. Oktober 2015 zu verpflichten, das Ereignis vom 26. Januar 2012 als Dienstunfall anzuerkennen und als (weitere) Folge der Dienstunfälle vom 14. Mai 2006, 21. September 2008 und/oder 26. Januar 2012 folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen anzuerkennen:

Ein- und Durchschlafstörungen, Schwindelerleben zentraler Ausprägung, Erschöpfungssyndrom sowie zunehmendes Belastungserleben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, der Kläger sei als Zugbegleiter insgesamt zehn Dienstunfällen ausgesetzt gewesen. Seit Beginn seiner Laufbahn im Jahr 1978 habe er im Laufe der Zeit sieben Selbstmorde unmittelbar miterleben müssen. Davon seien unstreitig zwei, nämlich am 31. Juli 2006 und am 28. Oktober 2008, von der Beklagten als Dienstunfälle anerkannt bzw. dokumentiert worden. Der letzte Dienstunfall habe sich am 26. Januar 2012 ereignet. Diese hätten dazu geführt, dass der Kläger seinen Dienst nicht mehr habe verrichten können und mit Bescheid vom 10. Juni 2015 in den Ruhestand versetzt worden sei.

Die Beklagte habe zu Unrecht die Tatsache verneint, dass die Dienstunfälle bzw. der letzte Dienstunfall wesentliche Ursache für die Ruhesetzung des Klägers gewesen seien. Die Behauptung des Bahnarztes Dr. ..., dass zumindest auch private Ursachen zur Zurruhesetzung geführt hätten, sei unrichtig. Dies werde durch die Bestätigung des den Kläger regelmäßig behandelnden Arztes Dr. ..., der sich für den Kläger stundenlang Zeit nehme und den Kläger besser beurteilen könne als Dr. ..., der sich für den Kläger bei den Gesprächen lediglich 5 - 10 Minuten Zeit genommen habe, widerlegt.

Der Dienstunfall aus dem Jahre 2012 sei auch rechtzeitig gemeldet worden, so dass die Ansprüche des Klägers nicht nach § 45 Abs. 2 BeamtVG ausgeschlossen seien. Der Kläger habe den Unfall vom 26. Januar 2012 sofort dem vorgesetzten Regio-Team weitergeleitet. In dieser Angelegenheit sei sogar die Polizei verständigt worden, so dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, sie hätte von diesen Vorfällen keine Kenntnis.

Im Übrigen habe sich der Kläger wenige Monate nach dem Ereignis aus dem Jahre 2012 in einer Reha-Maßnahme befunden. Auch hier sei es um Schlafstörungen und Belastungsreaktionen gegangen. In dieser Klinik habe der Kläger den behandelnden Ärzten mehrfach dieses Trauma geschildert. Weshalb die Beklagte dies nunmehr ableugne, sei mehr als merkwürdig.

Das Einzige, was man dem Kläger vorwerfen könne, sei, dass er diese Ereignisse nicht - wie manch anderer Beamter - bewusst ausgenutzt habe, um sich krank zu melden. Er habe ständig versucht, gegen dieses Trauma anzukämpfen und seinen Dienst zu verrichten.

Letztlich handle es sich auch nicht um die Geltendmachung einer Berufskrankheit. Vielmehr handle es sich bei den Ereignissen, insbesondere bei dem aus dem Jahre 2012 um ein plötzlich auftretendes Geschehen, welches das „Fass zum Überlaufen gebracht“ habe.

Unter dem 18. November 2015 ist für die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2015 lässt der Kläger weiter vortragen, die Frist gemäß § 45 Abs. 1 BeamtVG sei nicht abgelaufen, da der Dienstherr bzw. der Dienstvorgesetzte von dem Unfall vom 26. Januar 2014, also dem schadensbegründenden Ereignis, unverzüglich Kenntnis erhalten habe. So habe der Lokführer den zuständigen Fahrdienstleiter in ... angerufen und ihm den Sachverhalt des Suizidversuchs einer Frau mitgeteilt. Der Fahrdienstleiter in ... habe die Bundespolizei verständigt. Außerdem habe der Lokführer die Transportleitung unterrichtet. Es seien somit alle Organisationen der Beklagten von dem Sachverhalt informiert gewesen; selbst die Polizei sei vor Ort gewesen. Über das Geschehen sei sogar in der Zeitung berichtet worden. Daher sei es unerklärlich, wie der Dienstherr nunmehr vor Gericht behaupten könne, er habe von diesem Dienstunfall nichts gewusst bzw. man habe ihm den Dienstunfall nicht sofort gemeldet. Der Vorfall sei vom Kläger an den Regio-Leiter, seinem unmittelbaren Vorgesetzten, weitergeleitet worden. Der Kläger habe sogar einen schriftlichen Bericht über den Dienstunfall unterzeichnet. Die Verletzungsfolgen hätten sich erst Tage später entwickelt und es habe sich beim Kläger ein Verdrängungsmechanismus eingestellt. Er sei sich erst dann über die Unfallfolgen bewusst geworden, als er sich vom 24. Juli bis 21. August 2012 in einer stationären Reha-Maßnahme befunden habe. Dort sei durch Dr. ... eine psychische Minderbelastbarkeit nach siebenmaligem Suiziderleben und mehrfacher vitaler Bedrohung durch Fahrgäste festgestellt worden. Die Stellungnahme der Knappschaft Bahn See vom 21. August 2012 werde zu Beweiszwecken beigefügt.

Der Kläger habe auch dem Bahnarzt Dr. ... gegenüber in den Jahren 2013 und 2014 mehrfach die zahlreichen Suiziderlebnisse, insbesondere den Vorfall mit der Frau, geschildert. Dies habe jedoch der Bahnarzt nicht aufgenommen. Er schreibe nur von Bedrohungen. Allerdings hätten dem Bahnarzt auch die Stellungnahme der Reha-Maßnahme und der Befundbericht vorgelegen. Es liege daher eine ordnungsgemäße Meldung vor.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die gesamten Suizidversuche kumulativ zur Berufsunfähigkeit führten und dass diese Symptome erst nach und nach aufgetreten seien, so dass hier die Zehn-Jahresfrist gelten würde.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 entgegnet das BEV hierzu, dass es sich bei dem geschilderten Schadensereignis vom 26. Januar 2012 primär um eine betriebliche Unregelmäßigkeit, wie sie sich mehr oder weniger täglich im Betrieb einer Eisenbahn ereigne, gehandelt habe. Zu einem Dienstunfall werde eine betriebliche Unregelmäßigkeit erst dann, wenn der bei einem Schadensereignis betroffene Beamte einen Körperschaden erleide, er dieses bei der für ihn zuständigen DB-Organisationseinheit anzeige und die Beamtenunfallfürsorge eine Anerkennung als Dienstunfall ausspreche. Die Anfrage der Beklagten vom 13. Juli 2015 hätte jedoch ergeben, dass bei der für den Kläger zuständigen DB-Organisationseinheit, DB Regio AG, Allgäu-Schwaben, keine Unfallanzeige des Klägers vorliege.

Am 11. Februar 2016 fand mündliche Verhandlung statt. Die Sache wurde mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert.

In Bezug auf weitere Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 26. Januar 2012 als Dienstunfall (vgl. unter 1.) noch auf Anerkennung weiterer (späterer) Dienstunfallfolgen aus den anerkannten Dienstunfällen vom 14. Mai 2006 und /oder vom 21. September 2008 (vgl. unter 2.).

1. Die Klage auf Anerkennung des Ereignisses vom 26. Januar 2012 als Dienstunfall mit den späteren Verletzungsfolgen von Ein- und Durchschlafstörungen, Schwindelerleben zentraler Ausprägung, Erschöpfungssyndrom sowie zunehmendes Belastungserleben ist als Verpflichtungsklage zulässig. Die Klage ist jedoch unbegründet, da das Ereignis vom 26. Januar 2012 nicht innerhalb der in § 45 BeamtVG festgelegten Fristen gemeldet worden ist.

a) Der Kläger hat die in § 45 Abs. 1 BeamtVG festgelegte Meldefrist für das Ereignis vom26. Januar 2012 versäumt.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sind Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche entstehen können, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalls bei dem Dienstvorgesetzten zu melden. Unmittelbarer Dienstvorgesetzter des Klägers war die DB Regio, Region Bayern, Regio Bayerisch-Schwaben, ..., die eine entsprechende Anzeige an die zuständige Dienststelle Ost des Bundeseisenbahnvermögens als Dienstvorgesetzte für die Anerkennung von Dienstunfällen weiterzuleiten hätte (vgl. u. a. DelegationsAnO BEV vom 24.8.2005 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a sowie § 12 ADAz. B.).

Fristbeginn für die Ausschlussfrist ist der Zeitpunkt des behaupteten Unfallgeschehens (BVerwG, U.v. 28.2.2002 - 2 C 5.01 - Buchholz 239.1 § 45 BeamtVG Nr. 5); die Frist lief daher am 26. Januar 2012 an. Eine ausdrückliche Dienstunfallanzeige innerhalb der 2-Jahres-Frist liegt unstreitig nicht vor. Auch von einer konkludenten Dienstunfallanzeige ist nicht auszugehen. Der Kläger hat lediglich mündlich seinen vorgesetzten Regio-Team-Leiter davon verständigt, dass es aufgrund eines Suizidversuchs zu Verspätungen auf der Strecke komme bzw. der Lokführer hat dieses Geschehen dem Fahrdienstleiter in ... gemeldet. Des Weiteren wurde ein schriftlicher Bericht zu dem Suizidversuchsgeschehen durch den Kläger verfasst. Bei diesen mündlichen und schriftlichen Angaben sowie der Tatsache, dass die Polizei vor Ort war oder in den Zeitungen über den Vorfall berichtet worden war, handelt es sich jedoch nicht um eine Meldung im Sinne des Dienstunfallrechts.

Aus einer Meldung im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG muss sich zwar weder die Art der Verletzung ergeben noch müssen mit ihr bereits Unfallfürsorgeansprüche erhoben werden. Erforderlich sind jedoch nähere Angaben, aus denen zumindest mittelbar hervorgeht, dass ein Dienstunfall angezeigt wird, aus dem sich Unfallfürsorgeansprüche ergeben können. Das folgt aus dem Zweck der Anmeldepflicht, alsbaldige Ermittlungen hinsichtlich der Voraussetzungen für im Einzelfall in Betracht kommende Unfallfürsorgeleistungen sicherzustellen, um Aufklärungsschwierigkeiten bei verzögerter Sachverhaltsklärung zu vermeiden. Aus der Meldung muss sich ein Anhaltspunkt für einen Körperschaden entnehmen lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt die bloße Unterrichtung von einer Verletzung, die keine ärztliche Behandlung erforderte, bereits keine Unfallmeldung dar (BVerwG, B.v. 11.7.2014 - 2 B 37.14 - Buchholz 239.1 § 45 BeamtVG Nr. 7; U.v. 6.3.1986 - 2 C 37.84 - NJW 1986, 2588). Ebenso ist eine reine Krankmeldung ohne näheren Hinweis auf einen stattgefundenen Unfall oder eine bestimmte, als Dienstunfall mögliche Erkrankung nicht ausreichend (VG Düsseldorf, U.v. 27.4.2009 - 23 K 5499.07 - juris Rn. 27 ff.; Bauer in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 45 BeamtVG Anm. 4). Im vorliegenden Falle ergibt sich aus den mündlichen Schilderungen oder aus dem schriftlich verfassten Bericht nicht einmal eine mögliche Verletzung des Klägers. Es liegt auch keine Krankmeldung oder der Hinweis auf eine erfolgte bzw. nötige ärztliche Behandlung des Klägers vor. Bei dessen schriftlich verfasstem Bericht handelt es sich lediglich um die Meldung einer betrieblichen Unregelmäßigkeit, wie sie sich mehr oder weniger regelmäßig im Betrieb einer Eisenbahn ereignet. Die Mitteilung des Geschehens bzw. die Meldung der betrieblichen Unregelmäßigkeit am 26. Januar 2012 lässt auch nicht mittelbar erkennen, dass ein Dienstunfall geltend gemacht wird. Eine durch den Vorfall möglicherweise ausgelöste behandlungsbedürftige Erkrankung wurde nicht angezeigt. Das wird u. a. dadurch belegt, dass sich weder der vorgesetzte Regio-Team-Leiter noch der Fahrdienstleiter veranlasst sahen, eine Dienstunfallanzeige (§ 45 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 BeamtVG) bei der zuständigen Dienststelle des Beklagten zu erstellen. Dass beim Kläger kein Anhalt für einen Körperschaden vorlag, wird auch dadurch unterstrichen, dass er unmittelbar nach dem Ereignis und auch in den folgenden Monaten weiter als Zugbegleiter tätig war. Die erst in der Zeit vom 24. Juli bis 21. August 2012 durchgeführte Reha-Maßnahme steht nicht mehr in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis, da sie erst Monate nach dem Ereignis vom 26. Januar 2012 erfolgte. Im Übrigen ist in dem Entlassungsbericht von Dr. med. ..., Knappschaft Bahn See, ...-Klinik, vom 21. August 2012 unter den aufgeführten Diagnosen an erster Stelle eine unfallunabhängige aufgeführt und erst an zweiter Position lediglich ein allgemeiner Hinweis auf siebenmalige Beteiligung an Suiziderleben.

Hieraus ergibt sich, dass der Kläger das Ereignis vom 26. Januar 2012 nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalls gemeldet hat. Der Kläger hat das Unfallgeschehen erstmals mit dem Widerspruch vom 8. Juni 2015 gegen den Festsetzungsbescheid des beklagten BEV vom 21. Mai 2015, d. h. nach mehr als drei Jahren, als Dienstunfall bezeichnet.

Die Meldung des Dienstunfalles war auch nicht etwa entbehrlich, weil der Dienstvorgesetzte vom Unfallereignis Kenntnis hatte und daher gemäß § 45 Abs. 3 BeamtVG verpflichtet gewesen wäre, den ihm bekannt gewordenen Unfall von Amts wegen zu untersuchen und Feststellungen zu treffen. Das beklagte BEV mag zwar durch Berichte des Klägers selbst oder des Lokführers, durch die Polizei oder durch Zeitungsartikel davon Kenntnis erhalten haben, dass am 26. Januar 2012 auf der Fahrtstrecke von ... nach ... ein Suizidversuch stattgefunden hat, bei welchem der Zug fast eine Stunde stehenbleiben musste und es zu einem Bahnpolizeieinsatz gekommen war. Das „Bekanntwerden“ im Sinne des § 45 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG setzt jedoch voraus, dass der Dienstvorgesetzte dieses Geschehen mit der zeitlich erst wesentlich später auftretenden Dienstunfähigkeit oder einer ärztlichen Behandlungsbedürftigkeit des Klägers verknüpft hat oder hätten verknüpfen müssen, um hierin einen Dienstunfall zu erkennen, aus dem Unfallfürsorgeansprüche des Klägers entstehen könnten. Dies ist aber hier nicht der Fall, insbesondere vor dem Hintergrund des Vortrags des Klägers, das Ereignis vom 26. Januar 2012 selbst zunächst nicht als Dienstunfall erkannt zu haben. Darüber hinaus reicht die bloße Kenntnis des Dienstvorgesetzten von einem Dienstunfall nicht aus, um die Meldepflicht entfallen zu lassen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 27.4.2009 - 23 K 5499.07 - juris Rn. 47). Denn eine solche, vom Wortlaut nicht vorgesehene Ausnahme vom Meldeerfordernis kann nur dann zugelassen werden, wenn der Zweck der Meldepflicht vollständig erreicht ist und das Beharren auf einer Dienstunfallmeldung deshalb eine bloße Förmelei darstellen würde. Dies ist der Fall, wenn der Dienstvorgesetzte vom Unfall Kenntnis erlangt und die Untersuchung im Sinne von § 45 Abs. 3 BeamtVG bereits durchgeführt hat. Dann ist die zeitnahe Ermittlung des dem Unfall zugrunde liegenden Sachverhalts, des Ursachenzusammenhanges, des eingetretenen Körperschadens usw. nach den Möglichkeiten des Einzelfalls erfolgt und das weitere Verfahren kann ohne Gefahr der Verschlechterung der in tatsächlicher Hinsicht bestehenden Erkenntnismöglichkeiten durchgeführt werden. Eine solche Untersuchung wurde hier zeitnah nicht durchgeführt (vgl. VG Berlin, U.v. 17.11.1015 - 26 K 123.14 - juris Rn. 33 m. w. N.).

b) Der Kläger hat auch die in § 45 Abs. 2 BeamtVG vorgegebenen Fristen für die Meldung eines Dienstunfalls nach Ablauf der Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalls nicht eingehalten.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG wird nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG Unfallfürsorge gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls nicht habe gerechnet werden können. Die Meldung muss in einem solchen Fall innerhalb von drei Monaten erfolgen, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG).

Nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG in der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung kommt es darauf an, ab wann Verletzungen oder Symptome feststellbar sind, die eine Entwicklung als möglich erscheinen lassen, dass Unfallfürsorgeansprüche bestehen. Demnach hat der Betroffene mit dem Vorliegen eines dienstunfallrechtlich relevanten Unfalls zu rechnen, wenn er das schadensstiftende Ereignis erkennt und die Möglichkeit eines Schadenseintritts absehbar, also hinreichend wahrscheinlich, ist. Das kausale Ereignis muss bemerkbar gewesen sein. Davon ist bei einem Unfall regelmäßig auszugehen, wenn Beschwerden auftreten, die einem dienstlich veranlassten Ereignis zugeordnet werden können, oder wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass ein dienstlich veranlasstes Ereignis zu einem Körperschaden führt. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Verletzte die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs verschafft hat oder verschaffen konnte. Ausreichend ist vielmehr, dass ein Ereignis stattgefunden hat, das auch in der Laiensphäre als dienstlich bedingter Unfall zu qualifizieren und aus der Sicht eines objektiven Betrachters geeignet ist, Ansprüche auf Unfallfürsorge zu begründen. Demgegenüber kann mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen begründenden Unfallfolge nicht erst dann gerechnet werden, wenn verletzungsbedingt organische Veränderungen in einem längeren Entwicklungsprozess zu gravierenden Beschwerden oder Ausfallerscheinungen führen (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2009 - 3 ZB 08.776 - juris Rn. 8; B.v. 4.12.2009 - 3 ZB 09.657 - juris Rn. 5)

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger das Ereignis vom 26. Januar 2012 nicht unter Beachtung der in § 45 Abs. 2 BeamtVG statuierten Fristen gemeldet. Bereits während der Reha-Maßnahme vom 24. Juli bis 21. August 2012 waren die beim Kläger aufgetretenen Symptome bzw. Beschwerden oder Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet dem Ereignis vom 26. Januar 2012 zuzuordnen. Denn der Kläger hat in seiner Darstellung in der Klagebegründung vom 4. Dezember 2015 und auch in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2015 geschildert, dass er sich über die Unfallfolgen bewusst geworden sei, als er sich am 24. Juli bis zum 21. August 2012 in einer stationären Reha-Maßnahme befunden habe. Dort sei eine psychische Minderbelastbarkeit nach 7-maligem Suiziderleben (zuletzt Januar 2012) durch die ihn behandelnde Ärztin Dr. med. ... festgestellt worden. Der Kläger hätte damit eine Meldung des Vorfalls vom 26. Januar 2012 zu diesem Zeitpunkt vornehmen müssen, da er aus diesem Ereignis erkennbar Beschwerden abgeleitet hat. Zumindest bzw. spätestens aber mit dem Behandlungsbeginn am 23. Mai 2014 bei Dr. ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, waren für den Kläger Symptome feststellbar, die eine Entwicklung als möglich erscheinen ließen, dass Unfallfürsorgeansprüche bestehen könnten. Aufgrund der Untersuchungen durch den ihn behandelnden Arzt Dr. med. ... hätte der Kläger zur Überzeugung kommen müssen, dass seine psychischen Beschwerden durch die Selbstmordunfälle verursacht wurden. Laut dem vorgelegten Attest von Dr. med. ... vom 18. August 2015 thematisierte der Kläger seit Behandlungsbeginn am 23. Mai 2014 dem Arzt gegenüber die psychosomatischen Folgen von für ihn traumatischen Ereignissen aus den Jahren z. B. 1988, 1990 und 1993 usw. Die Beschwerden des Klägers seien von ihm als sehr belastend erlebt worden. Eine entsprechende Würdigung bzw. Festlegung durch die Behörde sei nicht erfolgt. In der Klagebegründung vom 5. November 2015 ließ der Kläger vortragen, dass er das am 26. Januar 2012 erlebte Szenario wie in einem Horrorfilm empfunden habe und im Anschluss an dieses Ereignis von Horrorvisionen und Angstzuständen bei jeder Bremsung des Zuges geplagt worden sei, die bis heute anhielten und letztlich dazu führten, dass er seinen Dienst nicht mehr habe verrichten können. Daraus ergibt sich, dass der Kläger spätestens am 23. Mai 2014 zu der Überzeugung gekommen war oder nach sorgfältiger Prüfung jedenfalls zu der Überzeugung hätte kommen müssen, dass die von ihm geltend gemachten psychischen Beschwerden durch die Dienstunfälle verursacht worden waren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger ja auch schon vorher einen Zusammenhang zwischen den Dienstunfällen und seinen Beschwerden hergestellt hatte. So hatte er insbesondere die Bahnärzte Dr. ... und Dr. ... bei den Begutachtungen in den Jahren 2008 2012, 2013 und 2014 u. a. auch auf die von ihm miterlebten Selbstmordunfälle hingewiesen. Somit hätte die Meldung spätestens bis 23. August 2014, drei Monate nach Behandlungsbeginn bei Dr. ..., erfolgen müssen.

Demnach wurde das erstmals im Widerspruchsverfahren - im Widerspruchsschreiben vom 8. Juni 2015 - als Dienstunfall bezeichnete Ereignis vom 26. Januar 2012 außerhalb der Dreimonatsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG gemeldet.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Kläger zu einem nicht gänzlich exakt feststellbaren Zeitpunkt in den Jahren ab 2012 durch die durchgeführte Reha-Maßnahme vom 24. Juli bis 21. August 2012, die bahnärztlichen Untersuchungen oder den Behandlungsbeginn bei Dr. med. ... am 23. Mai 2014 den Zusammenhang zwischen den Geschehnissen im Januar 2012 und seinen Beschwerden herstellen konnte hat oder hätte herstellen müssen. Dies genügt, um die Drei-Monats-Frist in Gang zu setzen. Eine „sichere Erkenntnis“ von der Erkrankung und ihrer Verursachung, etwa dadurch, dass ein Arzt den Ursachenzusammenhang in allen Einzelheiten aufzeigt, ist - wie oben dargelegt - nicht erforderlich. Es genügt, dass der Kläger aufgrund der bei den Privatärzten oder beim Bahnarzt gemachten Angaben tatbestandlich mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge rechnen konnte und ihm daher die Meldung seiner Beschwerden zumutbar und möglich war. Hat die Drei-Monats-Frist mithin bereits spätestens am 23. Mai 2014 begonnen, so war sie zum Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung am 8. Juni 2015 bereits verstrichen.

Für das Vorliegen der weiteren Alternative der Vorschrift, dass der Kläger durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall rechtzeitig zu melden, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Solche Umstände liegen nur dann vor, wenn es dem Berechtigten subjektiv unmöglich war, der Obliegenheit nachzukommen. Umstände in diesem Sinne sind insbesondere Zwang, geistige Störungen, schwere Erkrankungen oder das Abschneiden von Informationsmöglichkeiten. Derartige Umstände sind nicht ersichtlich. Eine etwaige Rechtsunkenntnis ist kein „außerhalb des Willens“ liegender Umstand (vgl. VG Berlin, U.v. 17.11.2015 - 23 K 123.14 - juris Rn. 41).

Bei den in § 45 Abs. 2 BeamtVG vorgegebenen Fristen handelt es sich um Ausschlussfristen, für die die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht besteht (vgl. OVG NW, U.v. 24.5.2002 - 1 A 6168.96 - juris Rn. 20 ff.). Darüber hinaus muss sich der Kläger eine etwaige Unkenntnis der rechtlichen Vorschriften zurechnen lassen (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2009 - 3 ZB 09.657 - juris Rn. 10).

2. Die Verpflichtungsklage auf Anerkennung weiterer (späterer) Dienstunfallfolgen aus den mit Bescheiden vom 31. Juli 2006 und vom 28. Oktober 2008 anerkannten Dienstunfällen vom 14. Mai 2006 und/oder vom 21. September 2008 ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Dem Erfolg der Klage steht § 45 Abs. 2 BeamtVG entgegen.

Der Beamte hat Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche entstehen können, nach § 45 Abs. 1 BeamtVG innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles bei seinem Dienstvorgesetzten zu melden. Der Kläger hat die Selbstmordunfälle aus den Jahren 2006 und 2008 als solche zwar rechtzeitig dem Dienstvorgesetzten angezeigt, die von ihm geltend gemachten psychischen Beschwerden sind aber erst nach etwa vier Jahren nach dem letzten Dienstunfall aufgetreten. In diesem Fall decken die damaligen Meldungen der Dienstunfälle die später eingetretenen Unfallfolgen nicht ab (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 - 2 C 5.01 - DÖV 2002, 254; U.v. 21.9.2000 - 2 C 22.99 - NVwZ 2001, 328). Die Anerkennung der Dienstunfälle durch den Beklagten jeweils mit Bescheiden vom 31. Juli 2006 und vom 28. Oktober 2008 bezog sich auch nur auf den Körperschaden „akute Belastungsreaktion“. Von dieser anerkannten Unfallfolge werden ausschließlich die in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit den Selbstmordunfällen beim Kläger aufgetretenen Belastungsreaktionen, die zum Teil zu einer kurzen Behandlungsbedürftigkeit bzw. vorübergehenden kurzzeitigen Arbeitsunfähigkeit geführt haben, nicht aber die erst Jahre nach dem letzten Dienstunfall aufgetretenen psychischen Beschwerden erfasst.

Treten nach Ablauf der zweijährigen Meldefrist, wie beim Kläger, gesundheitliche Beschwerden auf, können diese gemäß § 45 Abs. 2 BeamtVG nur dann als Folgen der früheren Dienstunfälle anerkannt werden, wenn seither noch nicht zehn Jahre vergangen sind und wenn gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls nicht habe gerechnet werden können. Nach Ablauf dieser Frist sollen Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf und über den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 a. a. O.). Die Meldung muss innerhalb von drei Monaten erstattet werden, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründeten Folge des Unfalls gerechnet werden konnte (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Für den Kläger sind die von ihm geltend gemachten psychischen Beschwerden spätestens am 23. Mai 2014 als Symptome, die eine Entwicklung als möglich erscheinen ließen, dass Unfallfürsorgeansprüche bestehen könnten, feststellbar gewesen. Diese Beschwerden hat er frühestens durch den am 8. Juni 2015 erhobenen Widerspruch wegen der Festsetzung der Versorgungsbezüge und damit nach Ablauf der am 23. August 2014 endenden Frist von drei Monaten angezeigt (vgl. dazu bereits ausführlich oben unter 1.b)).

3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles schriftlich oder elektronisch bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. § 32 Satz 2 bleibt unberührt. Die Frist nach Satz 1 gilt auch dann als gewahrt, wenn der Unfall bei der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle gemeldet worden ist.

(2) Nach Ablauf der Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden. Die Meldung muss, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Die Unfallfürsorge wird in diesen Fällen vom Tage der Meldung an gewährt; zur Vermeidung von Härten kann sie auch von einem früheren Zeitpunkt an gewährt werden.

(3) Der Dienstvorgesetzte hat jeden Unfall, der ihm von Amts wegen oder durch die Meldung des verletzten Beamten bekannt wird, unverzüglich zu untersuchen und das Ergebnis der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle mitzuteilen. Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle entscheidet, ob ein Dienstunfall vorliegt und ob der Verletzte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Entscheidung ist dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekannt zu geben.

(4) Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 1 Satz 2 wird nur gewährt, wenn der Unfall der Beamtin innerhalb der Fristen nach den Absätzen 1 und 2 gemeldet und als Dienstunfall anerkannt worden ist. Der Anspruch auf Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 2 Satz 2 ist innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Geburt an von den Sorgeberechtigten geltend zu machen. Absatz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Zehn-Jahres-Frist am Tag der Geburt zu laufen beginnt. Der Antrag muss, nachdem mit der Möglichkeit einer Schädigung durch einen Dienstunfall der Mutter während der Schwangerschaft gerechnet werden konnte oder das Hindernis für den Antrag weggefallen ist, innerhalb von drei Monaten gestellt werden.

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

(1) Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles schriftlich oder elektronisch bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. § 32 Satz 2 bleibt unberührt. Die Frist nach Satz 1 gilt auch dann als gewahrt, wenn der Unfall bei der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle gemeldet worden ist.

(2) Nach Ablauf der Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden. Die Meldung muss, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Die Unfallfürsorge wird in diesen Fällen vom Tage der Meldung an gewährt; zur Vermeidung von Härten kann sie auch von einem früheren Zeitpunkt an gewährt werden.

(3) Der Dienstvorgesetzte hat jeden Unfall, der ihm von Amts wegen oder durch die Meldung des verletzten Beamten bekannt wird, unverzüglich zu untersuchen und das Ergebnis der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle mitzuteilen. Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle entscheidet, ob ein Dienstunfall vorliegt und ob der Verletzte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Entscheidung ist dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekannt zu geben.

(4) Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 1 Satz 2 wird nur gewährt, wenn der Unfall der Beamtin innerhalb der Fristen nach den Absätzen 1 und 2 gemeldet und als Dienstunfall anerkannt worden ist. Der Anspruch auf Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 2 Satz 2 ist innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Geburt an von den Sorgeberechtigten geltend zu machen. Absatz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Zehn-Jahres-Frist am Tag der Geburt zu laufen beginnt. Der Antrag muss, nachdem mit der Möglichkeit einer Schädigung durch einen Dienstunfall der Mutter während der Schwangerschaft gerechnet werden konnte oder das Hindernis für den Antrag weggefallen ist, innerhalb von drei Monaten gestellt werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte berechtigt ist, die aus einem anerkannten Dienstunfall resultierende Heilbehandlung des Klägers abzuschließen. Die ebenfalls zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob dem Kläger noch ein Unfallausgleich zu gewähren ist, steht im vorliegenden Verfahren nicht mehr im Streit.

2

Der Kläger steht im Polizeidienst des Beklagten. Am 21. Juni 1994 griffen zwei Hunde ein Kind an. Der Kläger musste im dienstlichen Einsatz die Hunde durch vier Schüsse aus seiner Dienstwaffe unschädlich machen, um den Angriff zu beenden.

3

Der Kläger begab sich daraufhin am 23. Juni 1994 in ärztliche Behandlung zu dem HNO-Arzt Dr. ... Ausweislich der Unterlagen über die Dienstunfall-Verhandlung stellte dieser ein Knalltrauma linksseitig mit begleitendem Tinnitus fest. Dokumentiert durch ein Audiogramm vom 23. Juni 1994 diagnostizierte bei dem Hörvermögen des Klägers einen Abfall des Innenohrs ab 0,75 kHz mit einer Senke um 45 dB bei 4000 Hz links und einen Abfall des Innenohrs bei 6000 Hz um 20 dB rechts. Der Tinnitus wurde bei 6000 Hz mit 70 dB angegeben („linksseitig“). Ausweislich der ärztlichen Stellungnahme von Dr. ... vom 11. August 1994 kam es bei dem Kläger unter einer Therapie mit durchblutungsfördernden Infusionen und begleitender oraler Therapie wieder zu einem Anstieg des Gehörs auf den Level der Gegenseite. Ein persistierender Tinnitus wurde damals noch behandelt. Am 29. November 1994 bestätigte die zuständige Amtsärztin – Obermedizinalrätin Dr. ... – das Vorliegen eines Dienstunfalls. Am 21. Februar 1995 erklärte die ärztliche Behandlung des Klägers als am 4. Oktober 1994 beendet. In dem zuvor erstellten Audiogramm finde sich eine leichtgradige Innenohrschwerhörigkeit linksseitig, insbesondere um 4000 Hz (hoher Frequenzbereich). Der Tinnituston liege bei 6000 Hz um 40 dB. Eine Dienstunfähigkeit oder Erwerbsminderung liege nicht vor. Die Amtsärztin Dr. ... stellte daraufhin fest, dass der Dienstunfall abgeschlossen sei.

4

Der Kläger erkannte am 29. August 1995 die Feststellungen des Arztes im Rahmen der Dienstunfall-Verhandlung an.

5

Mit Bescheid vom 23. Oktober 1995 wurde der Vorfall vom 21. Juni 1994 als Dienstunfall im Sinne des § 31 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) anerkannt. Als Folge des Unfalls wurde eine leichte Innenohrschädigung mit Tinnitus festgestellt.

6

Nach dem Abschluss der Heilbehandlung stellte sich der Kläger erstmals wieder am 14. Mai 2003 bei Dr. ... vor. Dieser diagnostizierte bei dem Kläger einen akut auftretenden beidseitigen Hörverlust sowie eine Verstärkung des Tinnitus aurium. Daraufhin erfolgte am 19. Mai 2003 eine stationäre Aufnahme des Klägers zwecks Therapierung seiner Beschwerden.

7

Am 23. Mai 2003 bestätigte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie ..., dass bei dem Kläger keine neurologische Störung vorliege. Aktuell liege ein beidseitiger Tinnitus mit beidseitigem Hörverlust vor. Der Kläger habe den seit 1994 in Form eines klingelnden Geräuschs in hoher Frequenz manifestierten Tinnitus anfangs geringer, im Lauf der Zeit jedoch stärker wahrgenommen. Bei einer Routineuntersuchung sei dann ein deutlicher Hörverlust beidseits aufgefallen.

8

Dr. ... attestierte dem Kläger am 7. Oktober 2003 eine beidseitige mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit mit beidseitigem Tinnitus. Hinsichtlich des Verlaufs schilderte Dr. ..., dass es nach einem akuten Knalltrauma zu einem Ansinken des Hörvermögens links sowie zu einer Verstärkung des linksseitigen Tinnitus gekommen sei. Zwar sei es zu einer Verbesserung dieses akuten Lärmtraumas gekommen, es bestehe allerdings immer noch eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit mit einem Tinnitus, der zwar inzwischen von dem Kläger sehr gut toleriert werde, jedoch eine beidseitige Versorgung mit einem Hörgerät erforderlich mache.

9

Auf Anforderung des Gesundheitsamts Neustadt/Wstr. erstellte der Facharzt für HNO-Heilkunde und Allergologie, Dr. ..., ein Gutachten. Darin führte er u.a. aus, dass bei dem Kläger eine Schallempfindungsschwerhörigkeit sowie ein Tinnitus aurium chronicum beidseitig vorliege. Bei dem Kläger sei infolge des Schusswaffengebrauchs eine Schwerhörigkeit aufgetreten, die zunächst linksbetont gewesen sei, am Tag danach bei dem Kläger jedoch das Gefühl erweckt habe, beidseits schlecht zu hören. Ebenfalls habe der Kläger dann ein Ohrgeräusch, zunächst auch mit Linksbetonung, später auch beidseitig wahrgenommen. Nach Abschluss der Behandlung im Oktober 1994 habe der Kläger sich nicht mehr in HNO-Behandlung befunden. Allerdings habe dieser in den Folgejahren stetig eine Verschlechterung des Gehörs beiderseits und auch eine Lautstärkezunahme seines Tinnitus bemerkt. Da man ihm aber ärztlicherseits gesagt habe, dass die Behandlung abgeschlossen sei und er mit dem nach der Therapie erreichten Zustand leben müsse, habe er keinen weiteren HNO-Arzt aufgesucht. Trotz der im Jahr 2003 durchgeführten Behandlung habe der Kläger keine Verbesserung seines Hörvermögens festgestellt. Dr. ... ging in seiner Stellungnahme davon aus, dass der Kläger bei dem Gebrauch seiner Schusswaffe ein beidseitiges akustisches Trauma erlitten habe. Dieses habe sich in einer linksbetonten Hörminderung mit beiderseitigem, ebenfalls linksbetonten Tinnitus geäußert. Eine Beschwerdenormalisierung sei nicht erreicht worden. Es sei von einem prozentualen Hörverlust rechts von 30 v.H. und links von 40 v.H. auszugehen. Die beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit und der beidseitige Tinnitus seien dem Dienstunfall zuzurechnen. Die von dem Kläger geschilderte Wiederverschlechterung des Gehörs und die Lautstärkenzunahme des Tinnitus seien glaubhaft und wissenschaftlich erklärbar. Bei einem Knalltrauma komme es zu Mikroläsionen der Haarzellen des Innenohres. Diese Läsionen könnten rein funktionell aber auch morphologisch sein. Für eine nicht rein funktionelle Läsion spräche die Tatsache, dass durch die seinerzeitige Akutbehandlung keine restitutio integrum habe erreicht werden können. Anhand histologischer Untersuchungen habe man wissenschaftlich nachweisen können, dass die morphologischen Mikroläsionen mit Mikronarbenbildung ausheilen, wobei die Mikronarbenbildung im Lauf von Monaten oder Jahren alle Folgen einer sichtbaren Narbenbildung nach sich zögen. Allerdings seien Mikroläsionen in freien nervalen Strukturen mit Blick auf eventuelle Narbenbildung nicht apparativ usw. zu lindern, da man am lebenden Menschen diese Veränderungen nicht direkt nachweisen und gezielt therapeutisch angehen könne. In diesen Fällen könne man bei Lebenden nur durch eine Leistungsabnahme der betroffenen Struktur auf negative Auswirkungen ursprünglich entstandener Mikronarben schließen. Bei dem Kläger müsse man unter Würdigung der anamnestischen Angaben von einer solchen Situation ausgehen. Folgerichtig müsse damit auch angenommen werden, dass der im Mai 2003 diagnostizierte Hörsturz kein Hörsturz gewesen sei.

10

In der Folgezeit erstattete der Beklagte dem Kläger die im Zusammenhang mit seiner Schwerhörigkeit angefallenen Heilbehandlungskosten und gewährte diesem mit Bescheid vom 22. Dezember 2004 einen Unfallausgleich bis auf weiteres.

11

Zur Dokumentation der Verschlechterung des Hörvermögens des Klägers befinden sich neben den Audiodiagrammen vom 23. September 1994 (kurz nach dem Dienstunfall) und vom 11. August 1994 (zeitnah zur Beendigung der Behandlung) eine Vielzahl weiterer Audiogramme, die im Zusammenhang mit der Heilbehandlung des Klägers sowie den in der Akte dokumentierten ärztlichen Stellungnahmen und Untersuchungen erstellt wurden.

12

Mit Bescheiden vom 31. März, 29. April, 23. September und 7. Dezember 2010 gewährte der Beklagte dem Kläger unter Vorbehalt – hier streitige – Heilbehandlungskosten in Höhe von 309,26 €.

13

Am 18. Mai 2010 erstellte der Direktor der HNO-Klinik L., Professor Dr. med. ... auf Veranlassung des Gesundheitsamts Kaiserslautern ein ärztliches Gutachten zur Feststellung der Folgen des Dienstunfalls vom 21. Juni 1994. In diesem Gutachten führte Prof. Dr. ... u.a. aus, dass die Frage der Progredienz nach einem Knall- oder Explosionstrauma noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt sei. Allgemeiner Kenntnisstand sei aber, dass es nach einem Explosionstrauma selten und nach einem Knalltrauma noch viel seltener zu einer Progredienz der Hörstörungen komme. Dies stelle den derzeitigen Stand der Wissenschaft dar. Nach Feldmann seien für eine Progredienz diverse Anforderungen zu prüfen. Wende man diese auf den vorliegenden Fall an, sei eine Progredienz im Ergebnis zu verneinen. Diese setze einen initialen Hörverlust von größer als 80 dB voraus. Ein solcher habe beim Kläger rechts sicher nicht und links unter Berücksichtigung des Audiogramms vom 23. Juni 1994 wohl auch nicht vorgelegen. Die nachfolgende Therapie habe zudem zur Ausbildung eines symmetrischen Hörvermögens geführt, welches sich auch tonaudiometrisch als Normalhörigkeit dargestellt habe. Der damals behandelnde HNO-Arzt habe zudem lediglich ein Knalltrauma links mit Tinnitus dokumentiert. Die Verschlechterung des Hörvermögens ab dem Jahr 2003 spreche ebenfalls gegen eine Progredienz, zumal Brückensymptome in Gestalt des Tinnitus nur linksseitig vorlägen. Es bestehe zudem ein nahezu symmetrisches Hörvermögen. Selbst in den damals am stärksten betroffenen Frequenzen 4 und 6 kHz sei der Unterschied zwischen links und rechts marginal. Die Hörstörung überschreite zudem das altersbedingte Maß. Zusammengefasst sprächen weder der initiale Hörverlust, die zeitliche Entwicklung der Hörstörung, die Widersprüche in der Dokumentation noch die Ausprägung der Hörstörung zum jetzigen Zeitpunkt dafür, dass der durch das Knalltrauma erlittene Hörschaden eine Progredienz erfahren habe. Die Einschätzung von Dr. ... stelle eine Außenseitermeinung dar, der nicht gefolgt werde. Den Schaden, den der Dienstunfall hinterlassen habe, habe Dr. ... am 11. August 1994 dokumentiert. Damals habe ein symmetrisches Hörvermögen mit Hochtoninnenohrschaden, welcher sich tonaudiometrisch als Normalhörigkeit darstelle, und ein wenig belastender Tinnitus vorgelegen. Die Verschlechterung des Hörvermögens seit dem 11. August 1994 sei unfallunabhängig. Nach 1994 habe kein Behandlungsbedarf mehr wegen der Folgen des Dienstunfalles bestanden.

14

Daraufhin nahm die Amtsärztin Dr. med. ... des Gesundheitsamts Kaiserslautern am 8. Juni 2010 zu diversen Fragen des Beklagten Stellung und führte aus, dass ein Behandlungsbedarf nach 1994 im Falle des Klägers nicht mehr vorgelegen habe. Die ärztliche Behandlung habe inzwischen abgeschlossen werden können. Als Körperschaden sei ein Hochtoninnenohrschaden zurückgeblieben.

15

Am 4. August 2010 nahm Dr. ... zu dem Gutachten von Prof. Dr. ... Stellung, wonach akzeptierter Kenntnisstand sei, dass es nach Knalltraumen selten zur Progredienz der Hörstörung komme. Der Gutachter könne allerdings nicht beweisen, dass dies beim Kläger nicht der Fall gewesen sei. Im Sinne von „im Zweifel für den Geschädigten“ sei hier anzunehmen, dass es nach dem Knalltrauma zu einer Progression des Gesamthörverlustes gekommen sei.

16

Im Rahmen des durch Schreiben vom 4. August 2010 eingeleiteten Anhörungsverfahrens erklärte der Kläger, dass er Prof. Dr. ... erklärt habe, dass der Tinnitus von 1994 bis 2003 kaum Probleme gemacht habe, ihn aber inzwischen erheblich beeinträchtige. Der Tinnitus sei unmittelbar nach dem Dienstunfall auch beidseitig behandelt worden. Die Tatsache, dass er zwischen 1994 und 2003 keinen Arzt aufgesucht habe, liege darin begründet, dass ihm nach Beendigung der Behandlung 1994 gesagt worden sei, dass eine weitere Behandlungsmöglichkeit nicht bestehe. Der Hörverlust sei schleichend eingetreten. Es habe kein Ereignis gegeben, das sich nach dem Dienstunfall nachteilig auf sein Hörvermögen hätte auswirken können. Auch eine familiäre Vorbelastung bestehe nicht.

17

Der Beklagte hielt dem entgegen, dass der Kläger die materielle Beweislast tragen müsse, falls die Kausalität zwischen dem Dienstunfall und dem Körperschaden nicht geklärt werden könne. Bei Abschluss der Behandlung durch Dr. ... sei noch eine leichte linksseitige Innenohrschwerhörigkeit um 4 kHz, der Tinnituston bei 6 kHz um 40 dB festgestellt worden. Ein initialer Hörverlust über 80 dB sei durch die Tonaudiogramme vom 23. Juni 1994 und vom 11. August 1994 genauso wenig wie eine Verschlechterung des Hörvermögens zwischen 1994 und 2003 dokumentiert worden.

18

Am 29. Dezember 2010 nahm Dr. ... erneut Stellung und führte aus, dass der Kläger am Tag nach dem Unfall nicht angegeben habe, dass das rechte Ohr beeinträchtigt sei. Die Adaption des schleichenden Verlustes des Hörvermögens zwischen 1994 und 2003 sei aber nicht ungewöhnlich. Die 2003 festgestellte Hörschädigung sei von ihm als weitere chronische Schädigung ausgehend von dem Dienstunfall angesehen worden.

19

Auf Bitte der zuständigen ADD Koblenz nahm Prof. Dr. ... am 6. Februar 2011 nochmals zu dem Vorgang und zu den Äußerungen von Dr. ... und Dr. ... Stellung. Unter Wiederholung und Vertiefung seiner früheren gutachterlichen Stellungnahme führte Prof. Dr. ... u.a. aus, dass die Angaben des Klägers zu den Folgen des Dienstunfalles im Widerspruch zur Dokumentation in der Akte stünden. Dr. ... und Obermedizinalrätin Dr. ... hätten damals lediglich eine Hörminderung mit Tinnitus links bescheinigt. Nach Abschluss der Behandlung 1994 habe sich bei dem Kläger ein prozentualer Hörverlust von 0 % beidseits ergeben. Die Anforderungen an eine solche Progredienz nach Feldmann seien nicht erfüllt. Nochmals wolle er darauf verweisen, dass nach der Akte nur ein Knalltrauma links mit Tinnitus dokumentiert worden sei, obwohl gemäß dem Tonaudiogramm rechts das Hörvermögen ebenfalls nicht normal gewesen sei. Es bestehe nun aber ein nahezu symmetrisches Hörvermögen. In den am stärksten geschädigten Frequenzen sei der Unterschied links/rechts marginal. Die Tiefenfrequenzen, die 1994 nicht geschädigt worden seien, zeigten beidseits deutlich ausgeprägte Beeinträchtigungen. Dass das Hörvermögen inzwischen auf beiden Ohren nahezu symmetrisch sei, spreche eindeutig gegen eine durch das Knalltrauma verursachte Hörstörung links. Das Ausmaß des initialen Hörverlusts, die Widersprüche in der Dokumentation, fehlende Brückensymptome rechts und die nahezu symmetrische Ausprägung der Hörstörung im Jahr 2010 sprächen gegen eine Progredienz nach einem Knalltrauma. Die Verschlechterung des Hörvermögens könne nur als degenerativ anlagebedingt angesehen werden. Die Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ komme hier nicht in Betracht. Die Dres. ... und ... berücksichtigten nicht hinreichend, dass das rechte Ohr gar keine progrediente Hörstörung habe entwickeln können. Der Tinnitus rechts habe nach dem Knalltrauma nicht bestanden und sei neu entstanden. Eine ärztliche Behandlung oder eine Nachuntersuchung des Dienstunfalls sei nicht notwendig.

20

Mit Bescheid vom 23. Februar 2011 erklärte der Beklagte die Heilbehandlung des Klägers nach dem Dienstunfall vom 21. Juni 1994 für abgeschlossen und forderte vorläufig erstattete Heilbehandlungskosten in Höhe von 309,26 € zurück. Anhand der eingeholten Stellungnahmen sei davon auszugehen, dass im Falle des Klägers kein initialer Hörverlust von größer als 80 dB eingetreten sei. Eine kontinuierliche Verschlechterung des Hörvermögens zwischen 1994 und 2003 sei nicht dokumentiert. Gleiches gelte für eine Hörschädigung rechts im Zuge des Dienstunfalls. Rechts bestehe im Übrigen auch kein Brückensymptom. Das nahezu symmetrische aktuelle Hörvermögen des Klägers spreche gegen eine Progredienz, die sich auf der durch das Knalltrauma stärker betroffenen Seite auch aktuell dort hätte zeigen müssen. Die Hörsymmetrie spreche laut Prof. Dr. ... vielmehr für die gleiche Ursache des aktuellen Hörschadens, nicht aber für eine Kausalität des Knalltraumas. Die Gegenargumente der Dres. ... und ... seien nicht stichhaltig. Deren Abstellen auf die Darstellung des Klägers ohne eine Auseinandersetzung mit den maßgeblichen Ursachen entsprechend dem Dienstunfallrecht genüge nicht, um das Gutachten von Prof. Dr. ... zu erschüttern.

21

Der Kläger hat gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben und vorgetragen, dass die Prämisse des Gutachters Prof. Dr. ... – ein initialer Hörverlust von mehr als 80 dB – nicht unumstritten sei. Daher hätte die konkrete weitere Ursache für den derzeitigen Hörverlust festgestellt werden müssen. Es bestünden keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund anderer Umstände eine Hörschädigung erlitten habe. Nachdem in zwei Bescheiden die Ursächlichkeit der Dienstunfähigkeit festgestellt worden sei, obliege es dem Beklagten, die gegenläufigen Gründe zu beweisen.

22

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Prof. Dr. ... habe überzeugend begründet, dass ein Kausalzusammenhang der bei dem Kläger bestehenden Hörschädigung und des Tinnitus zu dem Dienstunfallereignis nicht gegeben sei. Die frühere Anerkennung als Dienstunfall führe nicht zur Umkehr der Beweislast zu Lasten des Beklagten.

23

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (26. April 2011) hat der Kläger am 9. Mai 2011 Klage erhoben.

24

Er trägt vor, dass das Gutachten von Prof. Dr. ... auf einer unzutreffenden Annahme beruhe. Vielmehr sei mit Dr. ... davon auszugehen, dass die Wahrnehmung der Folgen des Knalltraumas zeitlich verzögert erfolgt sei und nicht nur ein linksseitiges Knalltrauma vorgelegen habe. Dies sei bei vier Pistolenschüssen auch unwahrscheinlich. Die Anwendung der Drei-Frequenz-Tabelle von Röser durch Prof. Dr. ... zur Beurteilung der Lärmschwerhörigkeit sei in den Frequenzbereichen 1, 2 und 3 kHz möglich und sinnvoll. Bei knallbedingten Lärmschäden, die in der Hauptsache den Frequenzbereich 4 bis 6 kHz beträfen, sei diese Tabelle aber weniger geeignet. Feldmann werde zudem von Prof. Dr. ... unzutreffend zitiert. Feldmann fordere keinen initialen Hörverlust von 80 dB, sondern um 80 dB und mehr. Prof. Dr. ... gehe daher von falschen Werten aus. Er – der Kläger – habe zudem gegenüber Dr. ... bereits im Mai 2004 erklärt, dass nach Abschluss der Behandlung 1994 eine Zunahme der Schwerhörigkeit kontinuierlich erfolgt sei. Auch sei die Progredienz auf der linken Seite um ca. 10 dB höher als auf der rechten Seite.

25

Der Kläger beantragt,

26

Ziffer 1 und 2 des Bescheids des Beklagten vom 23. Februar 2011 in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 21. April 2011 aufzuheben.

27

Der Beklagte beantragt,

28

die Klage abzuweisen

29

und verweist auf die Ausführungen in dessen Bescheid und Widerspruchsbescheid.

30

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, eingereichten Unterlagen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

31

Der vorliegenden Klage bleibt der Erfolg versagt, denn der angefochtene Bescheid vom 23. Februar 2011 in seinem noch streitgegenständlichen Umfang sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 21. April 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

32

Der Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die aus dem Dienstunfallereignis vom 21. Juni 1994 resultierende Heilbehandlung abgeschlossen ist.

33

Formelle Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen nicht. Insbesondere ist die Anerkennung eines Dienstunfalls durch den Dienstherrn schriftlich vorzunehmen (§ 31 BeamtVG; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2004 – 2 C 66.03 –, juris). Dementsprechend ist der Abschluss der aus dem Dienstunfallereignis resultierenden Heilbehandlung als actus contrarius ebenfalls schriftlich festzustellen.

34

In materieller Hinsicht hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht festgestellt, eine Kausalität zwischen dem Dienstunfallereignis und der fortgeschrittenen Hörbeeinträchtigung des Klägers bestehe nicht.

35

Die Dienstunfallanerkennung setzt im Ausgangspunkt den mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erbrachten Nachweis voraus, dass der Dienstunfall eine wesentliche Teilursache des Körperschadens darstellt (BVerwG, Beschluss vom 4. April 2011 – 2 E 7/10 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. Mai 1998 – 12 A 629/96 –, juris). Die Beweis- (Feststellungs-)last liegt hinsichtlich des Kausal- und Zurechnungszusammenhangs beim Beamten (BVerwG, Urteil vom 15. September 1994, 2 C 24/92 = NVwZ 1996, 183; VGH Bayern, Urteil vom 12. November 2009 – 3 B 05.933 –, juris). Es gelten dabei die allgemeinen Beweisgrundsätze, wonach ausgeschlossen sein muss, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat; im Falle eines „non liquet“ trägt der Beamte die materielle Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 BeamtVG (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 – 2 C 55.09, juris). Ob bei der Prüfung des Abschlusses der Heilbehandlung oder im Falle der Rücknahme von Unfallausgleich der Nachweis der Behörde genügt, dass bei Erlass des Dienstunfallanerkennungsbescheids dessen Voraussetzungen nicht nachgewiesen waren (so VGH Bayern, Urteil vom 12. November 2009, a.a.O.) bzw. inzwischen nicht mehr vorliegen, oder ob der Dienstherr seinerseits nun beweisen muss, dass ein Kausalzusammenhang nicht (mehr) besteht, lässt das erkennende Gericht – wie auch das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 4. April 2011, a.a.O.) - offen. Die daran anknüpfenden Beweislastfragen können dahinstehen, weil hier kein „non liquet“ vorliegt. Vielmehr hat der Beklagte den Nachweis erbracht, dass die Voraussetzungen für den Abschluss des Dienstunfallverfahrens erfüllt sind.

36

Zunächst weist die Kammer darauf hin, dass es dem Kläger gemäß § 45 Abs. 1 BeamtVG nicht verwehrt ist, sich auch Jahre später auf eine Verschlechterung seines Hörvermögens infolge des Dienstunfalles zu berufen. Denn der Kläger ist seiner Pflicht zur Meldung des Dienstunfalls gegenüber dem Beklagten innerhalb der zweijährigen Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG nachgekommen. Mit dieser Meldung sind auch spätere Weiterungen der Dienstunfallfolgen, also Folgeschäden und Progredienzen erfasst. Denn Umstände, die zu einer Leistungserweiterung im Rahmen der Unfallfürsorge führen, werden von der vorausgegangenen Dienstunfallmeldung mit erfasst (vgl. ebenso Ploog/Wiedow, § 45 BeamtVG Rn. 8).

37

Die fehlende Kausalität zwischen dem Dienstunfallereignis und den bestehenden massiven Hörbeeinträchtigungen des Klägers ist jedoch durch das Gutachten von Prof. Dr. ... vom 18. Mai 2010 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 26. Januar 2011 nachgewiesen. Das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme hat der Beklagte in seinem Bescheid und Widerspruchsbescheid zutreffend gewürdigt.

38

Danach ist davon auszugehen, dass – wie im Gutachten ausgeführt -, bis heute nicht verbindlich geklärt ist, ob es eine Progredienz nach einem Knalltrauma überhaupt gibt. Prof. Dr. ... weist unter Beifügung von Literaturauszügen darauf hin, dass früher in der Literatur eine Verschlechterung nach einem Knalltrauma immer auf andere Ursachen zurückgeführt worden sei. Heute entspreche es allgemein akzeptiertem Kenntnisstand, dass es nach Explosionstraumen selten und nach Knalltraumen noch viel seltener zu einer Progredienz der Hörstörung komme. Nach Feldmann (Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes, 6. Auflage 2006) könne allerdings dann nach einem Knalltrauma eine Progredienz eintreten, wenn diverse Anforderungen erfüllt seien. Hieran mangele es jedoch. So sei ein initialer Hörverlust des Klägers infolge des Knalltraumas ausweislich der Audiogramme 1994 weder rechts noch links belegt. Der Gutachter führt weiterhin aus, dass als zusätzliches Kriterium eine schlüssige Dokumentation hinsichtlich des Dienstunfalls, der medizinischen Entwicklung bzw. Heilbehandlung und den Angaben des Klägers von wesentlicher Bedeutung für die Annahme einer Progredienz sei. Die Dokumentation mit dem Inhalt eines stark links betonten beidseitigen Knalltraumas stehe jedoch im Widerspruch zur Darstellung des Klägers, sofort auf eine beidseitige Beeinträchtigung hingewiesen zu haben. Gleiches gelte für den nur einseitig dokumentierten und manifestierten Tinnitus. In diesem Zusammenhang führt Prof. Dr. ... weiter aus, dass zwar nach den Audiogrammen aus dem Jahr 1994 von einem stark links betonten, beidseitigen Knalltrauma ausgegangen werde. Zudem zeige das Audiogramm rechts ein nicht normales Hörvermögen. Dennoch habe der damals behandelnde Arzt, Dr. ..., dies nicht als Folge des Knalltraumas angesehen. Die Gründe hierfür seien unklar. Möglicherweise habe Dr. ... in Anbetracht der damaligen Angaben des Klägers (Hörstörung links) die rechte Seite als vorbestehenden Schaden gewertet. Die Dokumentation des Dienstunfalls und dessen Folgen einerseits und die Schilderung des Klägers andererseits stünden jedenfalls in Widerspruch.

39

Diese Ausführungen des Gutachters sind zutreffend. Ausgangspunkt seiner Feststellung eines Knalltraumas und Tinnitus links ist das Audiogramm vom 23. Juni 1994. Dies belegt, dass das Hörvermögen des Klägers links bis zur Frequenz von 1 kHz fast identisch mit demjenigen rechts war, dann aber ab 2 kHz signifikant im Vergleich zu rechts abfiel. Das Audiogramm zeigt hingegen für rechts keinen so drastischen Abfall des Hörpegels im Hochtonbereich, wenngleich auch dort eine weniger stark ausgebildete Senke abgebildet ist. Bei der medizinischen Bewertung der Kausalität geht der Gutachter auch von einem zutreffenden Sachverhalt hinsichtlich der Dokumentation der Dienstunfallfolgen aus. Zwar beruht die ausdrückliche Feststellung der Linksseitigkeit der Hörschädigung infolge des Dienstunfalls nur auf der Dienstunfallverhandlung und dort auf der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. ... sowie der Amtsärztin Dr. ... Hingegen wird im Dienstunfallanerkennungsbescheid lediglich eine leichte Innenohrschädigung mit Tinnitus ohne Angabe der betroffenen Körperseite festgestellt. Aus dem Umstand, dass der Anerkennungsbescheid auf der Dienstunfallverhandlung und den dort getroffenen Feststellungen ohne weitere medizinische Aufklärung aufbaut, kann aber nur gefolgert werden, dass die Anerkennung des Dienstunfalls und die daraus resultierende Übernahme der aus dem Dienstunfall entstehenden Kosten auf diese Schädigung beschränkt war. Damit kann auch die Feststellung des Dienstunfallanerkennungsbescheids nur als Beleg für eine linksseitige Beeinträchtigung herangezogen werden. Hierfür spricht auch die textliche Darstellung von Dr. ... im Rahmen der Dienstunfallverhandlung. Dort hat er ausgeführt, dass es unter seiner Therapie zu einem Anstieg des Gehörs (hier kann nur die linke Körperseite gemeint sein) auf den Level der Gegenseite gekommen sei. Zudem hat Dr. ... im Rahmen des Abschlusses der Dienstunfallverhandlung ausgeführt, dass eine leichtgradige Innenohrschwerhörigkeit linksseitig verblieben sei. Er hat im Übrigen noch am 7. Oktober 2003 ausgeführt, dass es nach einem akuten Knalltrauma bei dem Kläger zu einem Absinken des Hörvermögens links sowie zu einer Verstärkung des Tinnitus links gekommen sei. Von einer beiderseitigen unfallbedingten Schädigung ist dort nicht die Rede. Dies gilt umso mehr, als Dr. ... im Rahmen seiner Stellungnahme vom 29. Dezember 2010 erklärt hatte, dass der Kläger am Unfalltag rechts keine Beschwerden geschildert habe. Nur hinsichtlich der 2003 festgestellten Hörschäden führte Dr. ... eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit mit Tinnitus an. Damit ist die Annahme des Gutachters Prof. Dr. ... bestätigt, dass die bisherige Dokumentation der Dienstunfallfolgen und die Darstellung des Klägers, wonach er von vornherein beidseitige Beschwerden angegeben habe, nicht übereinstimmen.

40

Hinsichtlich des von Feldmann formulierten Erfordernis einer kontinuierlichen Verschlechterung des Hörvermögens oder des Vorliegens von Brückensymptomen hat Prof. Dr. ... widerspruchsfrei dargestellt, dass der Kläger eine solche zwar behaupte. Demgegenüber habe aber der 2003 behandelnde Arzt Dr. ... ihm damals eine beidseits akute Hörstörung attestiert, was der Kläger wiederum verneint habe. Eine kontinuierliche zeitliche Entwicklung der Verschlechterung sei also nirgends belegt. Von ihr, so Prof. Dr. ... weiter, könne nicht ausgegangen werden, zumal der Kläger nach Abschluss der Therapie am 4. Oktober 1994 bis 2003 nicht in der Behandlung eines HNO-Arztes gewesen sei. Weiter führt Prof. Dr. ... zu diesem Punkt aus, dass nach Abschluss der Heilbehandlung ausweislich des Audiogramms vom 11. August 1994 tonaudiometrisch Normalhörigkeit erreicht worden sei.

41

Das in diesem Kontext bewertete Audiogramm vom 11. August 1994 zeigt nach Abschluss der Heilbehandlung bis zur Frequenz von 1,5 kHz links sogar ein geringfügig besseres Hörvermögen als rechts, wobei der Hörpegel beidseitig im Wesentlichen gleich verläuft. Danach erfolgt bis 3 kHz eine moderate und bei dieser Frequenz eine zunehmende Verschlechterung links im Vergleich zu rechts. Aus diesem Audiogramm leitet der Gutachter schlüssig ab, dass der inzwischen eingetretene Hörverlust der Annahme eines vom Kläger behaupteten schleichenden Hörverlustes ohne eine entsprechende Dokumentation entgegen stehe. Dies gelte – so Prof. Dr. ... weiter – auch deshalb, weil die 1994 nicht betroffenen Tiefenfrequenzen beidseits geschädigt seien. Diese Einschätzung des Gutachters trifft ebenfalls zu. Inzwischen fällt das Hörvermögen des Klägers bereits in den relativen Tieftonlagen beidseits deutlich ab. Diese Hörbeeinträchtigung korrespondiert nicht mit den zeitnah erstellten Audiogrammen im Jahr 1994. Gleiches gilt für den nunmehr festgestellten beidseitigen Tinnitus. Hieraus folgert der Gutachter, dass auch das weitere Erfordernis eines Brückensymptoms nicht erfüllt sei, weil rechts ein Tinnitus infolge des Dienstunfalls nicht dokumentiert worden sei. Auch liege keine Progredienz der am stärksten betroffenen linken Seite vor. Vielmehr sei nunmehr ein weitgehendes symmetrisches – schlechtes – Hörvermögen des Klägers festzustellen, was gegen die Annahme der Progredienz spreche.

42

Zusammenfassend kommt Prof. Dr. ... zu dem schlüssig erarbeiteten, durch die verfügbaren Audiogramme und die einschlägige Literatur belegten Ergebnis, dass weder der initiale Hörverlust, die zeitliche Entwicklung der Hörstörung, die Widersprüche in der Dokumentation, noch die Ausprägung der Hörstörung zum jetzigen Zeitpunkt dafür sprächen, dass der durch das Knalltrauma erlittene Hörschaden eine Progredienz erfahren habe. Die nach dem 11. August 1994 eingetretenen Hörschäden seien unfallunabhängig. Bei dieser Einschätzung geht Prof. Dr. ... - wie bereits dargelegt - von einem zutreffenden Sachverhalt aus und berücksichtigt die vorausgegangenen ärztlichen Stellungnahmen, Therapiemaßnahmen, Dokumentationen sowie Aufzeichnungen. Seine Ausführungen sind schlüssig und nachvollziehbar. An seiner Kompetenz bestehen keine vernünftigen Zweifel. Die Schwerhörigkeit des Klägers, wie sie sich nach den aktuellen Audiogrammen darstellt, kann daher nicht dem Dienstunfall angelastet werden. Die nach Abschluss der Heilbehandlung 1994 noch vorhandene leichte Innenohrschädigung mit Tinnitus hat damit einen eigengesetzlichen Verlauf genommen.

43

Die gutachterliche Einschätzung von Prof. Dr. ... entspricht auch dem Inhalt der von ihm zum Gutachten beigefügten Literaturauszüge sowie vergleichbaren ärztlichen Stellungnahmen in anderen Fällen. So hat sich der VGH Bayern (Urteil vom 12. November 2009, a. a. O.) auf zwei Stellungnahmen gestützt, wonach ein Knalltrauma sich grundsätzlich nicht verschlechtere. Wenn überhaupt, dann sei eine solche Verschlechterung nur bei einer Initialbelastung von mindestens 80 dB denkbar. Hörschäden im mittleren und tiefen Frequenzbereich seien gerade nicht charakteristisch für einen Lärmschaden. Diese Einschätzung machen auch der VGH Bayern mit Beschluss vom 30. Juli 2009 (Az.: 3 ZB 08.2926) sowie das VG München (Urteil vom 8. Mai 2011 – M 5 K 10.3387 –, juris) zum Gegenstand ihrer Entscheidungen. Insbesondere das Verwaltungsgericht München (a. a. 0.) führt in seinem Urteil aus, dass auf einen Knall niemals eine Schädigung im mittleren oder niedrigen Frequenzbereich eintrete. Vielmehr schädige der Knall den Frequenzbereich ab 4 kHz und aufwärts.

44

In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen folgt das Gericht nicht der Stellungnahme von Dr. ... vom 20. Mai 2004. Dr. ... geht darin von einer Kausalität des Dienstunfalls und der festgestellten Hörbeeinträchtigung des Klägers aus. Letztlich aber unterstellt Dr. ... lediglich die Möglichkeit einer Progredienz aufgrund der Sachverhaltsdarstellung des Klägers. Eine tragfähige Analyse der früheren Audiogramme, eine inhaltlich belastbare Auseinandersetzung mit der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur sowie ein Abgleich der dokumentierten Äußerungen des Klägers im Zusammenhang mit seiner Hörschädigung erfolgt jedoch nicht. Insbesondere setzt sich Dr. ... nicht mit dem Umstand auseinander, dass der Kläger ausweislich der Dokumentation des Dienstunfalls und der ursprünglichen Einlassung seines behandelnden Arztes Dr. ... gerade keine beidseitigen Hörbeschwerden angegeben hatte. Anlass zur intensiven Befassung mit diesem Aspekt hätte aus Sicht von Dr. ... umso mehr bestanden, als dessen medizinische Einschätzung im Wesentlichen auf der Darstellung des Klägers beruht. Dabei muss weiter beachtet werden, dass der Kläger selbst im Rahmen der Dienstunfallverhandlung die Richtigkeit der vorstehenden ärztlichen Stellungnahmen – die gerade keine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit und keinen Tinnitus dokumentierten - bestätigte. Weiter führt Dr. ... in seinem Gutachten aus, dass die unfallbedingte Beeinträchtigung des Hörvermögens durch Mikronarbenbildung im Zuge von Mikroläsionen als Ursache zu bedenken sei. Zugleich führt Dr. ... allerdings aus, dass Mikroläsionen in feinen nervalen Strukturen – wie hier – und infolge dessen eintretende Veränderungen am lebenden Menschen nicht direkt nachzuweisen und nicht gezielt therapeutisch angegangen werden könnten. Objektivierbare Anhaltspunkte für die von Dr. ... bejahte Ursächlichkeit liegen damit nicht vor. Vielmehr führt Dr. ... folgerichtig aus, dass man bei der Bewertung der klägerischen Situation dessen anamnestische Angaben würdigen müsse. Dementsprechend müsse damit angenommen werden, dass zum einen der von Dr. ... diagnostizierte Hörsturz im Mai 2003 kein Hörsturz gewesen und die diagnostizierte Hörverschlechterung Folge einer unfallabhängig rasch ablaufenden Innenohrdegeneration sei. Damit unterstellt das Gutachten von Dr. ... allerdings einen Geschehensablauf, der von den anamneserelevanten Schilderungen des Klägers seit Juni 1994 abweicht, für den keinerlei Dokumentation vorhanden ist und der im Widerspruch zu früheren Angaben hinsichtlich des Beschwerdebildes des Klägers durch Dr. ... steht. Anders als das Gutachten von Prof. Dr. ..., das anhand wissenschaftlich objektivierbarer Kriterien sowie anhand der Analyse der Audiogramme und der Dokumentation des Dienstunfalls sowie der nachfolgenden Heilbehandlung erstellt wurde, entzieht sich das Gutachten von Dr. ... letztlich nach dem derzeitigen medizinischen Erkenntnisstand einer Objektivierbarkeit. Denn eine Ursächlichkeit der von Dr. ... erwogenen Mikroläsionen mit der Folge von Narbenbildung in feinen nervalen Strukturen für die Hörschäden des Klägers lassen sich nach Dr. ... am lebenden Menschen nicht nachweisen. Das damit in letzter Konsequenz vorrangig von den Angaben des Klägers auf die Schadensursächlichkeit schließende Gutachten von Dr. ... ist damit nicht tragfähig.

45

Auch der von Dr. ... angewandte Grundsatz „im Zweifel für den Geschädigten“ ist nicht geeignet, die Richtigkeit des Gutachtens von Prof. Dr. ... in Zweifel zu ziehen. Diese Einschätzung beruht vielmehr auf einer Fehlinterpretation dienstunfallrechtlicher Kausalitätserfordernisse. Die Einschätzung von Dr. ... gründet im Wesentlichen auf einer rechtlich nicht vertretbaren Unterstellung der Kausalität bei einer nicht weiter tragfähig begründeten Möglichkeit einer Progredienz. Eine sachbezogene Auseinandersetzung mit den von Prof. Dr. ... ausgebreiteten Aspekten erfolgte hingegen nicht. Zudem hat Dr. ... am 29. Dezember 2010 selbst bestätigt, dass der Kläger ihm gegenüber ursprünglich keine beidseitigen Beschwerden angegeben hatte. Er berichtete zudem am 7. Oktober 2003, dass es nach einem akuten Knalltrauma zu einem Ansinken des Hörvermögens links sowie zu einer Verstärkung des linksseitigen Tinnitus gekommen sei, was gegen eine schleichende Verschlechterung spricht, wie sie der Kläger nunmehr schildert. Auch Dr. ... erwähnt diesen Bruch in der dokumentierten Darstellung des Klägers, auf der die Stellungnahme von Dr. ... im Wesentlichen aufbaut. Denn Dr. ... erkennt insoweit, dass eine akute Hörstörung im Jahr 2003 mit dem vom Kläger geschilderten chronisch verlaufenden Krankheitsbild schwerlich in Einklang gebracht werden kann.

46

Eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie ... ist insoweit entbehrlich, als dieser primär zur Abklärung neurologischer Störungen eingeschaltet worden war und keine neuen Aufschlüsse bezüglich der Frage einer Progredienz beisteuerte.

47

Die von dem Kläger geäußerte Kritik an dem Gutachten von Prof. Dr. ..., wonach dieser unzutreffend davon ausgegangen sei, für die Annahme einer Progredienz sei ein initialer Hörverlust größer als 80 dB erforderlich, schränkt den Gehalt des Gutachtens nicht ein. Zwar trifft zu, dass Prof. Dr. ... in seinem Gutachten einen initialen Hörverlust größer als 80 dB gefordert hat, obwohl in dem von ihm herangezogenen Schrifttum (Feldmann, a. a. O.) auf Seite 164 ausgeführt wird, dass am ehesten mit einer Progredienz zu rechnen sei, wenn die primäre Schädigung erheblich gewesen sei und Hörverluste von mehr als 80 dB erreicht worden seien, während wenig später als Voraussetzung einer Progredienz eine primäre Schädigung mit Hörverlusten um 80 dB und mehr formuliert wird. Wenngleich das Gutachten von Prof. Dr. ... in diesem Punkt begrifflich nicht vollständig deckungsgleich mit dem von ihm zugrunde gelegten fachwissenschaftlichen Beitrag von Feldmann sein kann, weil dieser begrifflich nicht völlig trennscharf einerseits mehr als 80 dB, dann aber „um 80 dB und mehr“ fordert, so ändert dies nichts an der Schlüssigkeit der gutachterlichen Feststellungen. Denn in der von dem Gutachter herangezogenen Textpassage kommt nirgends zum Ausdruck, dass auch ein initialer Hörverlust um 70 dB genüge. Ausweislich der Tonaudiogramme aus dem Jahr 1994 erreicht der initiale Hörverlust des Klägers links bei einer Frequenz von 6 kHz etwas mehr als 70 dB und rechts bei derselben Frequenz eine Minderung um etwas mehr als 60 dB, wo hingegen beim Sprachschallpegel die Werte deutlich besser waren. Die von Feldmann formulierte Anforderung des initialen Hörverlusts wird in beiden Bereichen somit nicht erfüllt. Die Heranziehung der Dreifrequenztabelle nach Rösner durch Prof. Dr. ... betrifft lediglich die Qualifizierung des nach der Heilbehandlung des Klägers erreichten Hörvermögens als tonaudiometrisch „normal“. Für die Frage der Progredienz anhand der von Feldmann aufgestellten Kriterien hat die Bewertung des nach der Behandlung erzielten Hörvermögens – nicht zu verwechseln mit der Auswertung der festgestellten Hörpegel – keine Relevanz.

48

Die im Verwaltungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme hat damit ein eindeutiges, schlüssiges Ergebnis erzielt. Die dort eingeholten Gutachten und Stellungnahmen genügen für eine eigene Überzeugungsbildung der Kammer im Rahmen des Urkundsbeweises (vgl. auch: VGH Bayern, Beschluss vom 30. September 2009 – 3 ZB 07.2055 – und Beschluss vom 30. Juli 2009 – 3 ZB 08.2926 –, jeweils juris). Da das Gutachten von Prof. Dr. ... unter Heranziehung seiner ergänzenden Stellungnahme objektiv geeignet ist, die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln, bedurfte es auch keiner weiteren Beweisaufnahme durch das Gericht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1998 – 2 B 81/97 –, juris).

49

Die Rückforderung der gezahlten Kosten der Heilbehandlung beruht hier auf den §§ 36 Abs. 2 Nr. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz, 52 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4 BeamtVG; 812, 820 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Zahlungen erfolgten im vorliegenden Fall jeweils nur vorläufig bis zur endgültigen Klärung durch den Beklagten. Hierauf sowie auf die Möglichkeit der Rückforderung wurde in dem jeweiligen Bewilligungsbescheid hingewiesen. Damit besteht eine entsprechende Rückzahlungspflicht des Klägers.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

52

Beschluss

53

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG). Mangels genügender Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Bedeutung einer weiteren Heilfürsorge kommt der Regelstreitwert in Ansatz. Dabei geht die Kammer davon aus, dass der mit dem angefochtenen Bescheid zurückgeforderte Betrag von 309,26 € wirtschaftlich von dem mit dem Regelstreitwert erfassten Punkt 1 des angefochtenen Bescheides umfasst ist.

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

(1) Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles schriftlich oder elektronisch bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. § 32 Satz 2 bleibt unberührt. Die Frist nach Satz 1 gilt auch dann als gewahrt, wenn der Unfall bei der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle gemeldet worden ist.

(2) Nach Ablauf der Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden. Die Meldung muss, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Die Unfallfürsorge wird in diesen Fällen vom Tage der Meldung an gewährt; zur Vermeidung von Härten kann sie auch von einem früheren Zeitpunkt an gewährt werden.

(3) Der Dienstvorgesetzte hat jeden Unfall, der ihm von Amts wegen oder durch die Meldung des verletzten Beamten bekannt wird, unverzüglich zu untersuchen und das Ergebnis der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle mitzuteilen. Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle entscheidet, ob ein Dienstunfall vorliegt und ob der Verletzte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Entscheidung ist dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekannt zu geben.

(4) Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 1 Satz 2 wird nur gewährt, wenn der Unfall der Beamtin innerhalb der Fristen nach den Absätzen 1 und 2 gemeldet und als Dienstunfall anerkannt worden ist. Der Anspruch auf Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 2 Satz 2 ist innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Geburt an von den Sorgeberechtigten geltend zu machen. Absatz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Zehn-Jahres-Frist am Tag der Geburt zu laufen beginnt. Der Antrag muss, nachdem mit der Möglichkeit einer Schädigung durch einen Dienstunfall der Mutter während der Schwangerschaft gerechnet werden konnte oder das Hindernis für den Antrag weggefallen ist, innerhalb von drei Monaten gestellt werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Folgen eines Dienstunfalls.

2

Der am ... 1961 geborene Kläger steht als Forstamtsrat der Besoldungsgruppe A 12 im Dienst des Beklagten. Bei einem Dienstunfall am 24. September 1996 zog er sich zwei Insektenstiche zu. In der Folge erkrankte er an Borreliose. Diese wurde mittels einer zehntägigen Infusionstherapie mit Ceftriaxon (Rocephin) therapiert. Die ärztliche Behandlung endete zunächst am 7. November 1996. Laut Attest des behandelnden Arztes, Dr. A., vom 11. Dezember 1996 bestand der Verdacht einer „Borreliose im Stadium II“. Unter der Behandlung mit Rocephin-Infusionen sei das Krankheitsbild schnell abgeklungen. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1996 erkannte der Beklagte den Vorfall „Insektenstich mit nachfolgender Borreliose“ als Dienstunfall im Sinne des § 31 Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG – an.

3

Im Rahmen einer Nachuntersuchung am 17. Juni 1997 wurde kein krankhafter Befund mehr erhoben. Laut amtsärztlichem Bericht vom 18. Juni 1997 lag nach durchgeführter Blutuntersuchung ein „Zustand nach Borreliose“ vor. Mit Schreiben vom 22. Juli 1997 erklärte der Beklagte das Dienstunfallverfahren daher für abgeschlossen.

4

In den Jahren 2003 und 2006 erlitt der Kläger Unfälle mit der Folge von Knieverletzungen, in deren Folge er außendienstunfähig wurde und sich zur Oberen Wasserbehörde versetzen ließ. Er ist seit dem 28. September 2009 durchgehend dienstunfähig erkrankt.

5

Seit einer Veranstaltung des arbeitsmedizinischen Dienstes im Jahr 2005 hegte der Kläger nach eigenen Angaben den Verdacht, unter chronischer Borreliose zu leiden, die er auf das Ereignis von 1996 zurückführt. Nach besagter Veranstaltung ließ er verschiedene Untersuchungen durchführen, die jedoch kein Ergebnis erbrachten. Mit Attest vom 6. Februar 2007 erklärte Dr. A. eine Untersuchung von Knochenhaut und Gelenkflüssigkeit auf Borrelienerreger im Rahmen einer anderweit durchgeführten Knieoperation für indiziert, um eine möglicherweise noch bestehende Borreliose zu verifizieren oder auszuschließen.

6

Am 12. August 2009 wandte sich der Kläger schriftlich an den Beklagten und legte dar, dass er davon ausgehe, infolge des Dienstunfallereignisses von 1996 an chronischer Borreliose erkrankt zu sein. Hierauf deuteten fortdauernde Beschwerden im Bereich der Muskulatur und Gelenke hin. Er habe seit 1996 keine weitere Borrelieninfektion mehr erlitten. Infolgedessen seien bereits angefallene Behandlungskosten als dienstunfallbedingt vom Beklagten zu erstatten. Dieser übernahm in der Folge unter Vorbehalt Heilbehandlungskosten in Höhe von 13.279,11 Euro.

7

Zur Abklärung der Symptome des Klägers und deren Zusammenhang mit dem Dienstunfall vom 24. September 1996 wurde der Kläger mehrfach – stationär und ambulant - von Ärzten verschiedener Fachrichtungen (Neurologie, Rheumatologie) untersucht. Eine am 10. September 2009 durch Prof. Dr. B., Chefarzt der Neurologie im Krankenhaus ... in ..., durchgeführte Liquoruntersuchung erbrachte keinen Hinweis auf eine Neuroborreliose. Aufgrund bestimmter Auffälligkeiten sei aber nicht auszuschließen, dass eine Reinfektion seit 1996 stattgefunden habe. Sollte deren vorsorgliche Behandlung nicht zu einer Verbesserung führen, sei an ein Post-Borrelien-Syndrom zu denken. PD Dr. C. und Dr. D. aus der Abteilung für u. a. Rheumatologie und Immunologie schlossen laut Bericht vom 27. Oktober 2009 ebenfalls eine Borreliose nach Reinfekt nicht sicher aus, führten aber zugleich aus, dass ein Borrelientiter oft auch nach Therapie dauerhaft nachweisbar sei. Es erfolgte sodann ein Therapieversuch mittels einer dreiwöchigen Antibiotikabehandlung mit Ceftriaxon.

8

Der den Kläger behandelnde Arzt, Privatdozent (PD) Dr. E., Facharzt für Innere Medizin und Mitglied der Deutschen Borreliose Gesellschaft e. V., diagnostizierte in seinem Befundbericht vom 3. Dezember 2009 beim Kläger eine chronische Lyme-Borreliose und chronische Lyme-Neuroborreliose, verursacht durch den Dienstunfall vom 24. September 1996. Zur Begründung seiner Diagnose nannte Dr. E. die Ergebnisse der serologischen Untersuchungen, die jeweils Borreliennachweise erbracht hätten, ferner im September 2009 festgestellte Marklagerläsionen, erhöhte antinukleäre Antikörper, die Nuklidanreicherung in großen und kleinen Gelenken laut Skelettszintigramm vom Oktober 2009, ein von ihm aktuell festgestelltes Erythema migrans im Bereich des linken Ellenbogens sowie Schwächen und Myoklonien im Oberschenkel- und Pectoralbereich.

9

Das vom Beklagten in Auftrag gegebene fachorthopädischen Gutachten des Prof. Dr. F. vom 13. Januar 2010 hatte zum Ergebnis, dass beim Kläger u. a. ein „Zustand nach Borrelieninfektion 1996 ohne klinischen und serologischen Nachweis einer chronischen Borreliose oder Neuroborreliose“ vorliegt. Dem Gutachten lagen die übersandten Unterlagen sowie mitgebrachte Röntgen- und MRT-Fremdaufnahmen zugrunde. Außerdem führte der Gutachter am 5. November 2009 eine eigene ambulante klinische und röntgenologische Untersuchung des Klägers durch. Zur Begründung seines Ergebnisses führte der Gutachter aus, dass derzeit kein Anhalt für eine chronische Borrelioseerkrankung des Klägers bestehe. Eine floride Neuroborreliose sei aufgrund der Lumbalpunktion ausgeschlossen. Ferner habe die serologische Untersuchung vom 8. September 2009 zwar Anhaltspunkte für Infektionen mit Borrelia burgdorferi ergeben. Erhöhte IgG- und IgM-Werte seien jedoch auch nach erfolgreicher Therapie oft über lange Zeit nachweisbar und somit nicht beweisend für eine akute Erkrankung. Auch die gutachterliche Untersuchung habe keine Hinweise für das Vorliegen einer rheumatischen oder borrelienbedingten Gelenkstörung erbracht.

10

Demgemäß kamen auch die Amtsärzte Frau Dr. G. am 6. Oktober 2009 und Herr H. am 21. Juni 2010 in ihren Stellungnahmen zu dem Ergebnis, dass eine chronische Borreliose oder Neuroborreliose weder klinisch noch serologisch habe nachgewiesen werden können.

11

PD Dr. E. hingegen bekräftigte in seinem Befundbericht vom 22. November 2010 die Diagnose der chronischen Lyme-Borreliose und chronischen Lyme-Neuroborreliose. Der Kläger leide nach wie vor unter erheblichem Fatigue, Gelenkschmerzen, anhaltendem Kopfschmerz tagsüber, gelegentlich auch nachts, starker Schweißneigung, Nachtschweiße sowie einer Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Die Krankheit sei verursacht durch den Dienstunfall vom 24. September 1996. Die ursprünglich zehntägige Behandlung mit Rocephin sei zu kurz gewesen, um die Chronifizierung der Lyme-Borreliose zu verhindern. Grundsätzlich sei die Diagnose einer chronischen Lyme-Borreliose oft problematisch, da es keinen sog. positiven Marker dafür gebe. Nur einige Phänomene könnten eine chronische Lyme-Borreliose belegen: Spezifische Hautveränderungen, Erregernachweise, Zunahme der Antikörper im Blut, bis zu einem gewissen Grad ein positiver Lymphozytentransformationstest. Der Kläger weise alle diese Phänomene auf. Er, der Gutachter, habe im November 2009 beim Kläger zwei benachbarte sekundäre Erytheme (Erythema migrans/Wanderröte) festgestellt. Die Hautmanifestation eines Erythema migrans sei für die Lyme-Borreliose beweisend, so dass jedenfalls für diesen Zeitpunkt das Vorliegen der Krankheit feststehe. Ferner sei bei der ebenfalls durch ihn durchgeführten Untersuchung im Dezember 2009 der Lymphozytentransformationstest hoch signifikant pathologisch gewesen. Dies spreche in hohem Maße für eine persistierende Infektion. Gleiches gelte für den serologischen Befund, dessen Persistieren über einen Zeitraum von fast fünfzehn Jahren ein Hinweis für eine chronische Infektion sei. Auch seien alle sonstigen möglichen Ursachen für die Beschwerden des Klägers differentialdiagnostisch ausgeschlossen worden. Bei der chronischen Lyme-Borreliose sei häufig die Zahl der antinukleären Antikörper erhöht, andere spezifische Antikörper jedoch, wie hier, stets negativ. Nur in 30% der Fälle sei bei der chronischen Lyme-Borreliose das Nervensystem betroffen. Soweit die Ärzte im Krankenhaus ... von einer Reinfektion sprächen, sei eine solche durch nichts zu belegen.

12

Zur weiteren Beurteilung des Krankheitsbilds erstellten alsdann im Auftrag des Beklagten Prof. Dr. I., Prof. Dr. J. und Dr. K., Universitätsmedizin L., mit Datum vom 5. Mai 2011 ein internistisches Fachgutachten. Darin führten die Gutachter unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Dr. E. aus, dass nach Auswertung der übersandten ärztlichen Unterlagen und eigener Untersuchung des Klägers am 23. Februar 2011 kein sicherer Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen dessen Dienstunfall vom 24. September 1996 und der von ihm geltend gemachten chronischen Borreliose bzw. Neuborreliose vorliege. Eine Borreliose sei zwar nicht mit völliger Sicherheit auszuschließen, es bestehe aber auch kein hinreichender Verdacht für ihr Vorliegen. Das Dilemma der Diagnosefindung liege darin, dass es keinen klassischen Verlauf einer Borreliose gebe, die Diagnosestellung aber nichtsdestotrotz nach klinischen Gesichtspunkten erfolgen müsse. Eine sichere Diagnose sei anhand serologischer Parameter nicht zu stellen. Die vorhandenen Antikörper könnten gleichermaßen auf eine ausgeheilte wie auf eine fortbestehende Infektion hinweisen. Entgegen den Ausführungen des PD Dr. E. weise der Kläger auch andere spezifische Antikörper als antinukleäre, nämlich sog. Anti-Doppelstrang-DNA-Antikörper auf. Darüber hinaus habe ein eindeutiger klinischer Beweis für eine Borreliose-Infektion nicht gefunden werden können. Die wechselnden Gelenkbeschwerden könnten zahlreiche andere Ursachen haben, insbesondere auf die Arthrose des Klägers zurückzuführen sein. Auch für die unspezifische neurologische Symptomatik bestünden mehrere Differentialdiagnosen. Ein sekundäres Erythema migrans trete im Stadium II einer Borreliose auf, also spätestens sechs Monate nach der Infektion, so dass die von PD Dr. E. beschriebene Hauteffloreszenz keinesfalls mit dem Dienstunfall von 1996 in Verbindung gebracht werden könne. Die ursprüngliche Behandlung mit Ceftriaxon für zehn Tage sei zwar nicht vollständig leitliniengerecht erfolgt, werde jedoch trotzdem für ausreichend und wirksam erachtet. Auch die neuerliche Behandlung mit Ceftriaxon im Jahr 2009, welches als Mittel der Wahl bei Neuroborreliose empfohlen werde, habe zu keiner Besserung geführt.

13

Dem Kläger wurde daraufhin mit Schreiben vom 16. Juni 2011 zur beabsichtigten Ablehnung der Gewährung von Unfallfürsorge Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Hiervon machte er mit Schreiben vom 2. Juli 2011 Gebrauch. Entgegen der Einschätzung der Gutachter leide er an einer Vielzahl von Symptomen, die eher oder ausschließlich der Borreliose zuzuordnen seien. Das negative Ergebnis der Liquorpunktion schließe die Borreliose nicht sicher aus. Die Borrelienserologie und der Lymphozytentransformationstest seien durch die Gutachter ebenso wenig gewürdigt worden wie die in den Jahren 2005 und 2007 bei ihm festgestellten Entzündungen im Bereich der Handgelenke und des linken Kniegelenks sowie die seit dem massiven Krankheitsschub 2009 vorliegenden Beschwerden, welche auch kardiologische Probleme umfassten. Viele dieser Beschwerde seien durch die Antibiose gelindert worden. Nach Absetzen der Antibiotika sei erneut ein schwerer Krankheitsschub erfolgt. Wenn die Gutachter unterstellten, dass die Krankheit durch eine dreiwöchige Ceftriaxon-Behandlung geheilt werden könne, ignorierten sie deren chronischen Charakter. Erytheme träten nicht nur im Stadium II einer Borreliose-Infektion auf, sondern auch bei einer chronischen Erkrankung. Die Behauptung der Gutachter, die ursprüngliche Borreliose-Behandlung sei ausreichend gewesen, sei falsch. Vielmehr deute schon der damalige Verlauf auf eine Chronifizierung hin.

14

In Ansehung dieses Schreibens und weiterer vom Kläger vorgelegter Stellungnahmen und Befundberichte blieben die Gutachter Prof. Dr. I., Prof. Dr. J. und Dr. K. in ihrem Ergänzungsgutachten vom 17. November 2011 bei ihrer Einschätzung. Beim Kläger liege ein unklares Krankheitsbild vor, das bisher keiner sicheren Diagnose habe zugeordnet werden können. Das Fehlen einer sicheren Diagnose erlaube aber nicht den Umkehrschluss, dass dann eine chronische Borreliose vorliege. Nach den Angaben des Max von Pettenkofer Instituts als Referenzzentrum für Borreliose sei der Lymphozytentransformationstest kein mögliches Diagnosekriterium. Die Marklageläsionen, von denen PD Dr. E. berichtet habe, seien nur durch diesen und nicht durch den befundenen Radiologen festgestellt worden. Ein Anhalt für eine Myokarditis bestehe nicht.

15

Auf Grundlage des Gutachtenergebnisses lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 5. Dezember 2011 die Gewährung von weiteren Dienstunfallfürsorgeleistungen ab. Das Bestehen eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis von 1996 und dem geltend gemachten Körperschaden stehe vorliegend nicht, wie erforderlich, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest. Die im Wege der Vorauszahlung bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 13.279,11 Euro forderte er unter Fristsetzung zum 30. Januar 2012 zurück. Weitere Aufwendungen in Höhe von 10.134,37 Euro, die zur Feststellung der Unfallfolgen angefallen waren, übernahm der Beklagte auf Grundlage von §§ 33 Beamtenversorgungsgesetz i. V. m. 3 Abs. 3 Heilverfahrensordnung.

16

Hiergegen legte der Kläger am 17. Dezember 2011 Widerspruch ein.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2012 wies der Beklagte, die Begründung des Ausgangsbescheids wiederholend und vertiefend, den Widerspruch zurück. Ergänzend legte er dar, dass in Ermangelung einer sicheren Diagnose nicht mit hinreichender und erst recht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass es beim Kläger infolge des Dienstunfalls von 1996 zu einer Chronifizierung der damaligen Borrelioseerkrankung gekommen sei. Daher seien die bereits geleisteten Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt und mithin gem. §§ 52 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4 Beamtenversorgungsgesetz i. V. m. § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückzufordern.

18

Der Kläger hat am 10. Februar 2012 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass im Gegensatz zur Borrelioseübertragung durch Zecken bei der Übertragung durch Insekten Borrelien schneller und vermutlich in größerer Anzahl übertragen würden. Da er am Tag des Dienstunfalls zwei Insektenstiche mit nachfolgenden Erythemen erlitten habe, sei also von einer „doppelten Dosis“ der Infektion auszugehen. Bereits zum Zeitpunkt des Therapiebeginns sei ihm laut Arztbrief des Dr. A. eine Borreliose im Stadium II, übergehend zu Stadium III, bescheinigt worden. Ferner werde in der Fachliteratur der Verdacht diskutiert, dass eine parallel zur Ausgangsinfektion erfolgende Tollwutschutzimpfung, wie sie bei ihm vorgenommen worden sei, deutlich krankheitsverstärkend wirke und – ebenso wie die zu kurze Ausgangstherapie – die Chronifizierungswahrscheinlichkeit erhöhe. Die Gutachterin Dr. K. sei von vornherein auf die Diagnose einer Lupus-Erkrankung festgelegt gewesen und habe die beim ihm aufgetretenen Erytheme nicht hinreichend gewürdigt. Das von Dr. E. festgestellte und dokumentierte sekundäre Erythem habe sie sogar schlicht geleugnet. Auch eine Vielzahl weiterer Symptome, insbesondere solcher, die sich unter Antibiose verbessert hätten, seien von der Gutachterin ignoriert worden. Die von Dr. E. festgestellten Marklagerläsionen negiere die Gutachterin ebenso wie das Krankheitsbild der chronischen Borreliose selbst, wenn sie davon ausgehe, dieses könne in jedem Stadium der Erkrankung durch die Gabe von 21 Infusionen Ceftriaxon geheilt werden. Eine Vielzahl von Krankheitssymptomen, die sich unter Antibiose verbessert hätten, würden im Gutachten ignoriert. Das Gutachten lasse insgesamt gutachterliche Sorgfalt und Objektivität vermissen. Es widerspreche ferner den Befunden und Diagnosen fast aller im Verfahren beteiligten Ärzte.

19

Darüber hinaus habe er, der Kläger, mit seinem Schreiben vom 12. August 2009 gegenüber dem Beklagten die Krankheiten „Chronische Lyme-Borreliose“ und „Chronische Lyme-Neuroborreliose“ auch als Berufskrankheiten im Sinne von § 31 Abs. 3 BeamtVG geltend gemacht. Er sei als Förster ständig der Gefahr einer Reinfektion ausgesetzt gewesen und habe pro Jahr etwa 15 bis 55 Zeckenstiche erlitten. Die Ausschlussfrist des § 45 BeamtVG beginne bei Erkrankungen im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG erst in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem bei dem Beamten die Erkrankung sicher diagnostizierbar sei. Er, der Kläger, habe seinen Verdacht einer chronischen Borreliose-Erkrankung erst seit Anfang 2007 begründen können, denn erst nach dem Attest der Dres. A. und M... vom 6. Februar 2007 sei dem Verdacht einer Borreliose-Erkrankung nachgegangen worden. Ferner sei erstmals im Schreiben des PD Dr. C... und des Dr. D... vom Krankenhaus ... in ... vom 27. Oktober 2009 eine Borreliose nach Reinfekt nicht sicher ausgeschlossen worden.

20

Der Kläger beantragt,

21

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2012 zu verpflichten, eine chronische Borreliose-Erkrankung infolge der Infektion im Jahr 1996 als Dienstunfallfolge anzuerkennen.

22

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

24

Zur Begründung verweist er auf den Bescheid vom 5. Dezember 2011 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2012.

25

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten (zwei Ordner), eine Heftung Anlagen zum Schriftsatz des Klägers vom 18. April 2012 und die Gerichtsakte 1 L 125/12.TR verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage bleibt ohne Erfolg.

27

Sie ist zulässig, aber unbegründet. Die Weigerung des Beklagten, eine chronische Borreliose-Erkrankung als weitere Folge des Dienstunfalls des Klägers vom 24. September 1996 anzuerkennen und diesbezüglich Unfallfürsorge zu leisten, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

28

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 31 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 150) sind nicht erfüllt. Danach wird einem Beamten, der durch einen Dienstunfall verletzt wird, Unfallfürsorge gewährt. Ein Fürsorgeansprüche auslösender Dienstunfall setzt nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG voraus, dass ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist, einen Körperschaden verursacht hat. Zwischen dem Unfallereignis und dem geltend gemachten Körperschaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen, damit dieser als Unfallfolge anzuerkennen ist. Ist ein Beamter nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt und erkrankt er an einer solchen Krankheit, so gilt dies nach § 31 Abs. 3 BeamtVG als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat.

29

Vorliegend ist zwischen den Beteiligten bereits streitig, ob der Kläger überhaupt an dem von ihm geltend gemachten Krankheitsbild einer chronischen Borreliose leidet. Das Risiko der Unaufklärbarkeit dieser Frage, d. h. die materielle Beweislast dafür liegt beim Kläger, unabhängig davon, ob er die Krankheit als Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG oder als Berufskrankheit im Sinne von § 31 Abs. 3 BeamtVG geltend macht (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz Kommentar, Stand: November 2011, BeamtVG § 31 Rn. 225 f.). Der den Kläger behandelnde Arzt PD Dr. E. hat in seinen zwei Befundberichten vom 3. Dezember 2009 und 22. November 2010 eine chronische Lyme-Borreliose und eine chronische Lyme-Neuroborreliose diagnostiziert und schließt andere Krankheiten aus. Sämtliche mit der Frage befassten Gutachter kamen hingegen zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht unter der genannten Krankheit leidet oder ihr Vorliegen zwar möglich, aber nicht sicher festzustellen ist.

30

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob das Krankheitsbild des Klägers einer chronischen Borreliose entspricht. Denn jedenfalls hat er, wie die erkennende Kammer bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss vom 19. März 2012 – 1 L 125/12.TR -) ausgeführt hat, die in § 45 BeamtVG normierten Meldefristen nicht eingehalten. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sind Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche entstehen können, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. Nach Ablauf dieser Ausschlussfrist wird gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG muss die Meldung, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Fristbeginn ist dabei immer der Zeitpunkt des Unfallereignisses (Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Stand: April 2004, BeamtVG § 45 Rn. 18). Ferner ist die in § 45 Abs. 2 BeamtVG normierte Zehnjahresfrist eine absolute Ausschlussfrist, nach deren Ablauf ein Unfall oder einzelne Unfallfolgen nicht mehr als Dienstunfall anerkannt werden können (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 - 2 C 5/01 -, DÖD 2002, 254; VG München, Urteil vom Urteil vom 29. Dezember 2009 - M 21 K 08.1617 –, juris; VG Trier, Urteil vom 7. Juni 2011 – 1 K 1501/01.TR -).

31

Da ein Dienstunfall nach der Begriffsdefinition des § 31 Abs. 1 BeamtVG einen Körperschaden voraussetzt, muss der Dienstunfallmeldung entnommen werden können, welche Art von Körperschaden ein bestimmtes dienstliches Ereignis verursacht hat. Die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG wird daher stets nur für den gemeldeten Schaden einschließlich erkennbar damit zusammenhängender Folgeschäden und Progredienzen gewahrt (VG Augsburg, Urteil vom 27. November 2003 - Au 2 K 02.341 -, juris; VG Neustadt, Urteil vom 25. Oktober 2011 - 1 K 432/11.NW -, juris). Nicht umfasst sind hingegen weitere Erkrankungen, die später auftreten und sich als eigenständiger Körperschaden im Sinne von § 31 Abs. 1 BeamtVG darstellen (OVG RP, Beschluss vom 5. Juni 2012 . 2 B 10389/12.OVG -; BayVGH, Urteil vom 16. Juli 2008 – 14 B 05.2548 -, juris; VG München, Urteil vom 19. Juli 2005 – M 12 K 04.1140 -, juris). Dies folgt zum einen aus § 45 Abs. 2 BeamtVG, der die Meldefrist auf zehn Jahre nicht nur für die Fälle erhöht, in denen der Beamte das Dienstunfallgeschehen erstmals nach mehr als zwei Jahren meldet, sondern auch, soweit rechtzeitig eine Dienstunfallmeldung erstattet wurde, aber ein weiterer Körperschaden erst nach Ablauf der in Abs. 1 normierten Frist angezeigt wird, wenn mit seinem Auftreten ursprünglich nicht gerechnet werden konnte (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 – 2 C 5/01 -, DÖD 2002, 254). Der selbständige Fristenlauf für später auftretende Unfallfolgen rechtfertigt sich zum anderen auch aus dem Sinn und Zweck des § 45 BeamtVG, wonach durch die rechtzeitige Unfallmeldung vermieden werden soll, dass notwendige Ermittlungen hinsichtlich des Unfallgeschehens und des Kausalzusammenhangs erst nach vielen Jahren und unter kaum zu bewältigenden Schwierigkeiten festgestellt werden müssen (BayVGH, a. a. O.). Nach Ablauf von zehn Jahren sollen, so der Wille des Gesetzgebers, Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf eines Unfalls und über den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden (BVerwG, a. a. O.).

32

Zur Abgrenzung neuer Körperschäden mit eigenständiger Meldefrist von Fortwirkungen der ursprünglich gemeldeten Folgen wird u. a. darauf abgestellt, ob die ursprünglichen und die später geltend gemachten Folgen eines Unfalls einer unterschiedlichen Behandlung bedürfen (VG Berlin, Urteil vom 13. Oktober 2009 - 28 A 333.05 -, juris) oder ob zwischen der Ausgangserkrankung und dem späteren Körperschaden ein langer behandlungsfreier Zeitraum lag, in dem andere Ereignisse den betreffenden Köperschaden ausgelöst haben können (VG München, Urteil vom 5. Juni 2009 – M 21 K 07.4500 -, juris). Weitere geeignete Abgrenzungskriterien sind die Gleichartigkeit oder Unterschiedlichkeit der Symptome, Dauer und Umfang der Behandlungsbedürftigkeit sowie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter späterer Folgen. Dabei ist eine natürliche Betrachtungsweise geboten (VG München, Urteil vom 5. Juni 2009 - M 21 K 07.4500 -, juris).

33

Vor diesem Hintergrund ist die vom Kläger vorliegend geltend gemachte chronische Borreliose als eigenständiger, neuer Körperschaden anzusehen, für dessen Geltendmachung die Meldefristen des § 45 BeamtVG zu beachten waren. Die – rechtzeitige – Erstmeldung des Dienstunfalls vom 24. September 1996 sowie dessen darauffolgende Anerkennung durch den Beklagten als „Insektenstich mit nachfolgender Borreliose“ mit Bescheid vom 20. Dezember 1996 bezogen sich erkennbar nur auf die unmittelbar nach dem Ereignis aufgetretenen und behandelten Symptome und Beschwerden. Im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung vom 17. Juni 1997 konnte ein krankhafter Befund nicht mehr erhoben werden, so dass der Beklagte das Dienstunfallverfahren mit Schreiben vom 22. Juli 1997 für abgeschlossen erklärte. Für die Annahme eines neuen meldepflichtigen Körperschadens spricht hier auch der Umstand, dass eine Neuroborreliose in etwa 95 Prozent der Fälle nach adäquater antibiotischer Behandlung folgenlos abheilt und die Zahl chronischer Verläufe bei unter 5 Prozent liegt (Deutsches Ärzteblatt 2009, 72 und 75). Mit einer Chronifizierung ist folglich nicht von vornherein zu rechnen. Sie stellt vielmehr einen neuen Umstand dar, der auch angesichts möglicher Reinfektionen mit Borreliose (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007, S. 1144), die ihrerseits zur Chronifizierung führen können, eine Abklärung des Ursachenzusammenhangs mit der Ersterkrankung bzw. dem Dienstunfallereignis erforderlich machen. Eine Reinfektion in dem langen Zeitraum zwischen 1996 und 2009, als der Antragsteller dem Antragsgegner seinen Verdacht einer chronischen Borreliose erstmals mitteilte, ist hier auch nicht unwahrscheinlich, da der Antragsteller noch bis 2006 weiter als Forstbeamter im Außendienst tätig war. Er trägt selbst vor, pro Jahr zwischen 15 und 55 Zeckenbisse festgestellt zu haben. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger vorträgt, nach 1996 nicht noch einmal neu an Borreliose erkrankt zu sein. Denn die Symptome einer chronischen Borreliose können sich auch primär ohne ein vom Betroffenen wahrgenommenes Frühstadium entwickeln (Deutsche Borreliose-Gesellschaft, Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose, Leitlinien, abrufbar unter www.borreliose-gesellschaft.de/Texte/Leitlinien.pdf). Ferner sind die Symptome sowie die Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten der Borreliose in ihren verschiedenen möglichen Stadien höchst unterschiedlich. So ist das Frühstadium (oder auch Stadium I und II), das etwa bis zu sechs Monate nach Infektionsbeginn andauert, gekennzeichnet von unspezifischen grippeartigen Allgemeinsymptomen und häufig einem Erythema migrans (Wanderröte) sowie einem Borrelien-Lymphozytom, während im Spätstadium (Stadium III) eine Vielzahl möglicher Krankheitsmanifestationen in Betracht kommt. Häufig treten die Symptome Fatigue (Erschöpfung, chronisches Krankheitsgefühl), Encephalopathie (Hirnleistungsstörungen), Muskel- und Skelettbeschwerden, neurologische Symptome, Magen-Darm-Beschwerden, urogenitale Symptome, Augensymptome, Hautsymptome und Herzerkrankungen auf. Typische Hautmanifestation im Spätstadium ist die Acrodermatitis chronica atrophicans. Wegen dieser unspezifischen Beschwerden ist die Diagnose einer chronischen Borreliose ungleich schwerer als die einer Ausgangsinfektion. Die Behandlung erfolgt zwar stets mittels Antibiose, allerdings sind die Erfolgschancen einer solchen Behandlung im Frühstadium ungleich höher als später (zum Ganzen Deutsche Borreliose-Gesellschaft, a. a. O.; Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007, S. 562 und 1144).

34

Da nach alledem zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass von einer auch nur teilweisen Identität der Krankheitsbilder bei natürlicher Betrachtungsweise nicht ausgegangen werden kann, war der Kläger nach § 45 BeamtVG gehalten, den Dienstunfall mit den Unfallfolgen „chronische Lyme-Borreliose“ und „chronische Lyme-Neuroborreliose“ innerhalb der Ausschlussfristen dem Dienstherrn anzuzeigen. Dies hat er versäumt. Er machte Unfallfürsorgeansprüche wegen chronischer Borreliose gegenüber dem Antragsgegner erst mit Schreiben vom 12. August 2009 geltend. Zu diesem Zeitpunkt war nicht nur die Zweijahresfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG, sondern auch die absolute Ausschlussfrist von zehn Jahren nach § 45 Abs. 2 BeamtVG abgelaufen. Überdies wäre vorliegend auch innerhalb der Zehnjahresfrist den Anforderungen des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG nicht genügt, da der Antragsteller nicht innerhalb von drei Monaten Meldung erstattet hat, nachdem er mit der Möglichkeit neuer, einen Anspruch auf Unfallfürsorge auslösender Unfallfolgen rechnete. Nach seinen eigenen Angaben hegte er nämlich bereits seit einer Vortragsveranstaltung des arbeitsmedizinischen Dienstes im Jahr 2005 die Vermutung, an chronischer Borreliose zu leiden.

35

Eine Möglichkeit der Behörde, aus Billigkeitsgründen Nachsicht oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, besteht nicht, wenn die Ausschlussfristen des § 45 BeamtVG abgelaufen sind (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz Kommentar, BeamtVG § 45 Rn. 7).

36

Dessen ungeachtet, bleibt der Klage aber, soweit auf den Dienstunfall aus dem Jahr 1996 als Ursache für die heutigen Beschwerden abgestellt wird, auch aus weiteren Gründen der Erfolg versagt. Denn selbst unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Kläger an einer chronischen Borreliose leidet und diese Krankheit gegenüber der Ausgangserkrankung einer Borreliose in den Stadien I und II keine neue Folge des Dienstunfalls, sondern eine Spätfolge der ursprünglichen Erkrankung darstellt, hat der Kläger jedenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dargetan, dass die Borrelioseinfektion von 1996 wesentliche Ursache seiner aktuellen Beschwerden ist (zu den im Dienstunfallrecht geltenden Beweisgrundsätzen siehe BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1981 – 2 C 17/81 –, NJW 1982, 1893). Er trägt selbst vor, dass die Wahrscheinlichkeit einer Reinfektion angesichts von 15 bis 55 Zeckenstichen pro Jahr während seiner bis 2006 andauernden Außendiensttätigkeit sehr hoch war, so dass es neben dem von ihm selbst vermuteten Kausalverlauf ebenso gut denkbar ist, dass er sich, wie oben bereits ausgeführt, nach dem Ausheilen seiner ersten Borrelioseerkrankung erneut mit Borrelien infiziert hat. Eine Reinfektion mit Borrelien ist jederzeit und stets aufs Neue möglich. Darüber hinaus wird nur die Hälfte der Zeckenstiche von den Betroffenen bemerkt (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007, S. 1144). Ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass eine Borreliose-Infektion, die sich einmal im Ausgangsstadium manifestiert hat, typischerweise Ursache einer Jahre später auftretenden chronischen Borreliose ist, existiert nicht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Symptome der chronischen Borreliose auch als primäres Krankheitsbild ohne erkennbares Frühstadium auftreten können. Die Annahme eines solchen, als typisch angesehenen Geschehensablaufs wäre vorliegend außerdem bereits dadurch erschüttert, dass der Kläger durch seine berufliche Tätigkeit in hohem Maße der Gefahr von Borrelieninfektionen ausgesetzt war, was vorliegend eher einen atypischen Ablauf nahelegt. Für eine Reinfektion spricht im Übrigen auch, dass PD Dr. E. beim Kläger im November 2009 zwei sog. Wanderröten (Erytheme) festgestellt hat. Solche Erytheme treten, so die Gutachter Prof. Dr. I., Prof. Dr. J. und Dr. K. typischerweise im Stadium II einer Borreliose-Erkrankung, also spätestens sechs Monate nach der Infektion auf. Der Kläger bestreitet dies zwar, jedoch ohne seine Ansicht medizinisch oder argumentativ zu untermauern.

37

Den Nachweis der Kausalität muss der Kläger zwar insoweit nicht führen, als es sich bei der Borreliose um eine Berufskrankheit im Sinne von § 31 Abs. 3 BeamtVG handelt. Sie fällt als sog. Zoonose, d. h. vom Tier auf den Menschen übertragbare Krankheit, nach Ziffer 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. S. 2623) unter die von § 31 Abs. 3 BeamtVG erfassten Berufskrankheiten. Da der Kläger auch während seiner Tätigkeit im Forst der Gefahr der Erkrankung an Borreliose in erhöhtem Maße ausgesetzt war, wird ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Dienstausübung und Erkrankung vermutet (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 26. März 2007 – 7 A 356/06 -, ZBR 2008, 177). Jedoch sind auch in diesem Fall die Ausschlussfristen des § 45 BeamtVG zu beachten. Soweit es sich bei einer Berufskrankheit, wie hier, um eine Infektionskrankheit handelt, ist für den Lauf der Frist der Infektionszeitpunkt maßgeblich (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz Kommentar, Stand: November 2011, BeamtVG § 45 Rn. 7b). Wann der Beamte die Krankheit erstmals bemerkt, ist hingegen nicht entscheidend (VG Braunschweig, a. a. O.).

38

Vorliegend kann der Kläger sich eine weitere Borrelioseinfektion, jedenfalls dienstlich, spätestens im Jahr 2006 zugezogen haben. Nach seinen Angaben war er nämlich nach einem schweren Unfall im Jahr 2006 außendienstunfähig und ließ sich aus dem Forst zur Oberen Wasserbehörde versetzen. Mithin wäre die Zweijahresfrist nach § 45 Abs. 1 BeamtVG spätestens Ende 2008 abgelaufen. Die Berufung auf § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG wäre dem Kläger insoweit verwehrt, als er weder geltend machen kann, dass mit dem Auftreten einer Borreliose-Erkrankung nicht habe gerechnet werden können, noch dass er durch außerhalb seines Willens liegende Umstände daran gehindert wurde, den Unfall zu melden. Mit dem Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne von § 31 Abs. 3 BeamtVG hat der Beamte dann zu rechnen, wenn er das schadensstiftende Ereignis erkennt und die Möglichkeit eines Schadenseintritts absehbar, also hinreichend wahrscheinlich ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn Beschwerden auftreten, die einem dienstlich veranlassten Ereignis zugeordnet werden können, oder wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass ein dienstlich veranlasstes Ereignis zu einem Körperschaden führt (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz Kommentar, Stand: November 2011, BeamtVG § 45 Rn. 10b). Die Gefahr, sich im Rahmen seiner Außendiensttätigkeit eine Borrelioseinfektion zuzuziehen, war dem Kläger angesichts der Vielzahl erlittener Zeckenstiche bekannt. Nach seinen eigenen Angaben rechnete er auch seit einer Vortragsveranstaltung im Jahr 2005 damit, unter chronischer Borreliose zu leiden. Dass die daraufhin durch ihn veranlassten Untersuchungen diesen Verdacht zunächst nicht bestätigten, vermag hieran nichts zu ändern, sondern zeigt vielmehr auf, in welch hohem Maß er selbst vom Vorliegen der Krankheit überzeugt war. Selbst wenn dem Kläger darin gefolgt würde, dass er seinen Verdacht erst aufgrund des Attests der Dres. A. und M... vom 6. Februar 2007 habe begründen können, wäre die Dreimonatsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG im Zeitpunkt der Meldung des Dienstunfalls am 12. August 2009 weit überschritten gewesen.

39

Bleibt die Klage nach alldem ohne Erfolg, hat der Kläger gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

40

Die Berufung wird gem. §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Frage des Fristenlaufs im Fall der Chronifizierung einer Borreliose-Erkrankung grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Zulassung steht die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Frage vorliegend nicht entgegen. Denn soweit das Urteil auf alternativ tragende Begründungen gestützt wird, genügt das Vorliegen eines Zulassungsgrundes in Bezug auf einen der tragenden Gründe (Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 5).

(1) Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles schriftlich oder elektronisch bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. § 32 Satz 2 bleibt unberührt. Die Frist nach Satz 1 gilt auch dann als gewahrt, wenn der Unfall bei der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle gemeldet worden ist.

(2) Nach Ablauf der Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden. Die Meldung muss, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Die Unfallfürsorge wird in diesen Fällen vom Tage der Meldung an gewährt; zur Vermeidung von Härten kann sie auch von einem früheren Zeitpunkt an gewährt werden.

(3) Der Dienstvorgesetzte hat jeden Unfall, der ihm von Amts wegen oder durch die Meldung des verletzten Beamten bekannt wird, unverzüglich zu untersuchen und das Ergebnis der zuständigen Dienstunfallfürsorgestelle mitzuteilen. Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle entscheidet, ob ein Dienstunfall vorliegt und ob der Verletzte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Entscheidung ist dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekannt zu geben.

(4) Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 1 Satz 2 wird nur gewährt, wenn der Unfall der Beamtin innerhalb der Fristen nach den Absätzen 1 und 2 gemeldet und als Dienstunfall anerkannt worden ist. Der Anspruch auf Unfallfürsorge nach § 30 Abs. 2 Satz 2 ist innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Geburt an von den Sorgeberechtigten geltend zu machen. Absatz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Zehn-Jahres-Frist am Tag der Geburt zu laufen beginnt. Der Antrag muss, nachdem mit der Möglichkeit einer Schädigung durch einen Dienstunfall der Mutter während der Schwangerschaft gerechnet werden konnte oder das Hindernis für den Antrag weggefallen ist, innerhalb von drei Monaten gestellt werden.

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

(1) Tritt eine Beamtin oder ein Beamter aufgrund des § 134 Abs. 1 kraft Gesetzes in den Dienst einer anderen Körperschaft über oder wird sie oder er aufgrund des § 134 Abs. 2 oder 3 von einer anderen Körperschaft übernommen, wird das Beamtenverhältnis mit dem neuen Dienstherrn fortgesetzt.

(2) Im Fall des § 134 Abs. 1 ist der Beamtin oder dem Beamten von der aufnehmenden oder neuen Körperschaft die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses schriftlich zu bestätigen.

(3) In den Fällen des § 134 Abs. 2 und 3 wird die Übernahme von der Körperschaft verfügt, in deren Dienst die Beamtin oder der Beamte treten soll. Die Verfügung wird mit der Zustellung an die Beamtin oder den Beamten wirksam. Die Beamtin oder der Beamte ist verpflichtet, der Verfügung Folge zu leisten. Kommt sie oder er der Verpflichtung nicht nach, wird sie oder er entlassen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend in den Fällen des § 134 Abs. 4.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.