Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 13. Dez. 2017 - B 4 K 16.446

bei uns veröffentlicht am13.12.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Beitragsbescheid 2016 vom 07.06.2016.

Der Kläger ist seit dem 01.10.2004 Mitglied des Ärztlichen Kreisverbands B. Mit Schreiben vom 18.01.2016 wurde er von der Beklagten gebeten, zur Berechnung seines Beitrags für das Jahr 2016 die Einkünfte aus dem Jahr 2014 anzugeben. Auf dem Nachweisbogen, der Beklagten zugegangen am 25.05.2016, gab die Steuerberaterkanzlei des Klägers für das Jahr 2014 Einkünfte aus selbständiger ärztlicher Arbeit in Höhe von … EUR an.

Mit Bescheid vom 07.06.2016 forderte die Beklagte vom Kläger einen Beitrag für das Jahr 2016 in Höhe von … EUR. Zur Begründung wird ausgeführt, dass in Bayern grundsätzlich zwei Beiträge erhoben würden, einer von der Beklagten und einer vom Ärztlichen Kreisverband. Auf dem Bescheid ist die Bitte vermerkt, man möge sich bei Unklarheiten zuerst an die Bayerische ... wenden.

Mit Schreiben vom 15.06.2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 16.06.2016, erhob der Kläger Klage und beantragte,

„den Bescheid der Beklagten vom 07.06.2016 aufzuheben.

Zur Begründung verwies er zunächst auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 (10 C 6.15), wonach eine pauschale Festlegung von Rücklagen ohne konkrete jährliche Risikoabschätzung unzulässig sei. Rücklagen, die in dieser Form gebildet würden, seien als anderweitige Mittel vor einer Beitragsveranlagung dem Haushalt zuzuführen. Insbesondere die Feststellung, wonach der Haushaltsplan im Rahmen des Beitragsrechtsstreits auch einer inzidenten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte zu unterziehen sei, sei zu berücksichtigen. Vorsorglich beantrage er,

– die Beiziehung aller Beschlussvorlagen und –protokolle im Zusammenhang mit der Rücklagenbildung und Gewinnverwendung und der Beschlüsse über die Haushaltspläne und Wirtschaftssatzungen des im Streit stehenden Beitragsjahres,

– die Vorlage des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2014,

– die Vorlage des einschlägigen Haushalts-, Kassen- und Rechnungsord-nung/Finanzstatuts der Beklagten und

– die Beiziehung der Beschlussvorlage und des Protokolls im Zusammenhang mit dem Beschluss über die Haushalts-, Kassen- und Rechnungsordnung/Finanzstatuts.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 des Heilberufe-Kammergesetzes (HKaG) dürfe die Beklagte nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben Mitgliedsbeiträge vom Kläger erheben. Nach herrschender Rechtsprechung sei im Hinblick auf die Frage, ob die Beklagte über solche Mittel verfüge, der Jahresabschluss zu prüfen, der der Beschlussfassung über die Beitragsveranlagung vorausgehe. Der Bescheid sei aufzuheben, weil das Gebot der Schätzgenauigkeit bei der Rücklagenbildung missachtet worden sei. Die Beklagte gebe ein Reinvermögen von 18.432.107,70 EUR an. Es seien daher drei Fragestellungen wesentlich:

– Hat die Beklagte das im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung zustehende Ermessen ausgeübt (Gebot der Schätzgenauigkeit)?

– Entspricht die Schätzung sachlich nachvollziehbaren Kriterien?

– Verfügt die Beklagte bei überdotierten Rücklagen über ausreichende Mittel, um dem Kostendeckungsprinzip zu genügen? Ausdruck mangelnder Transparenz bei der Beklagten sei, dass der Finanzbericht 2014/2015 nur völlig unzureichend über die Finanzen informiere.

Des Weiteren erweise sich die Aufstellung des Haushalts der Beklagten auch hinsichtlich der Beiträge zur Bundesärztekammer als rechtswidrig. Die Jahresrechnung der Bundesärztekammer für das Geschäftsjahr 2010/2011 lasse den Schluss zu, dass dort Vermögen geschaffen und geschont werde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, „gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.“

Zusammenfassend sei festzustellen, dass ein Reinvermögen von 18.432.107,70 EUR bei einem jährlichen Aufwand von 29.814.000,00 EUR bei der Beklagten einen deutlichen und substantiellen Hinweis auf eine rechtswidrige Vermögensbildung darstellt. Die massiven Erträge der Bundesärztekammer würden ebenfalls auf ein erhebliches rechtswidrig aufgebautes Vermögen hindeuten.

Der Kläger legte einen Bericht der Bundesärztekammer über ihre Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2010/2011 vor.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 28.06.2016,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte sei gemäß Art. 15 Abs. 2 HKaG berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von allen Mitgliedern der ärztlichen Kreisverbände Beiträge zu erheben. Die Höhe der Beiträge werde in einer Beitragsordnung der Beklagten festgesetzt, die der Genehmigung des Staatsministeriums bedürfe. Für die Berechnung des der Verwaltungsstreitsache zugrundeliegenden Beitrags für das Beitragsjahr 2016 sei die Beitragsordnung in der Fassung der Änderungsbeschlüsse vom 25.10.2014 die Grundlage, veröffentlicht im Bayerischen Ärzteblatt 12/2014, Seite 698. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beziehe sich ausschließlich auf die Haushaltsführung der Industrie- und Handelskammern, für die der Gesetzgeber mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage vorgesehen habe. Eine derartige Rechtsgrundlage existiere im für die Beklagte geltenden Heilberufe-Kammergesetz gerade nicht. Vor diesem Hintergrund könne die Haushaltsführung der Beklagten keiner verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden, sondern es obliege der Vollversammlung der Beklagten als satzungsgebendem Organ, die Haushaltsplanung der Beklagten auf dem Bayerischen Ärztetag zu prüfen und zu genehmigen. Zudem unterliege die Beklagte der Rechtsaufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege. Nach § 16 Abs. 2 der Satzung der Bayerischen... sei die Betriebsführung und Rechnungslegung der Beklagten laufend durch einen von der Vollversammlung zu bestellenden unabhängigen Prüfer zu überwachen und zu überprüfen. Über das Ergebnis der Prüfung sei der Vollversammlung und dem Vorstand zu berichten. Nach § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung für die Vollversammlung der Bayerischen... hätten alle bayerischen Ärzte Zutritt zur Vollversammlung. Der Vorwurf der mangelnden Transparenz sei demzufolge zurückzuweisen. Für den vorliegenden Fall seien auf dem 74. Bayerischen Ärztetag 2015 die Beschlüsse zum Rechnungsabschluss 2014 und die Entlastung des Vorstandes 2014 erfolgt. Die Haushaltsplanung für das Rechnungsjahr 2014 sei auf dem 72. Bayerischen Ärztetag beschlossen worden. Auch die Beiträge zur Bundesärztekammer seien durch die Vollversammlung der Beklagten geprüft, genehmigt und in den öffentlich zugänglichen Informationen zu den Jahresabschlüssen transparent gemacht worden. Der Kläger habe jederzeit die Möglichkeit, sich auf der Homepage der Beklagten über die jeweiligen Jahresabschlüsse zu informieren. Dort würden sowohl die Gewinn- und Verlustrechnungen als auch die Jahresbilanzen veröffentlicht und zum Downloaden zur Verfügung gestellt. Die Beklagte sei darüber hinaus jederzeit bereit, weitere Fragen zur Haushaltsführung und zu sonstigen bilanztechnischen Punkten zu beantworten. Aus den vergangen Jahresabschlüssen 2004 bis 2014 sei zu erkennen, dass die zweckgebundenen Rücklagen in keinem Fall an der vom Bundesverwaltungsgericht postulierten „50% Grenze“ lägen, so dass in keinem Fall von einem Verstoß gegen das Gebot der Schätzgenauigkeit auszugehen sei. Gerade in den letzten Jahren 2013 und 2014 hätten die zweckgebundenen Rücklagen aufgrund der finanziellen Situation der Beklagten bei einer Bilanzsumme von über 20 Mio. EUR bei unter 4% gelegen. Aber auch in den Jahren davor seien die zweckgebundenen Rücklagen stets an den zu erwartenden Aufwendungen gebildet worden. Eine wie vom Kläger geforderte Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur „Limburger Erklärung“ (8 C 20.09), zur Bildung unangemessener Rücklagen (10 C 6.15) und zur Austrittsforderung aus dem Dachverband komme mangels Vergleichbarkeit nicht in Betracht.

Abschließend verwies die Beklagte auf den Rechtsstreit vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach (Az. AN 4 K 16.00672), der deutlich mache, dass dort wie im vorliegenden Fall verbandspolitische Interessen des Bundesverbandes für freie Kammern - bffk maßgeblich seien.

Die Beklagte legte ihre Beitragsordnung in der Fassung vom 25.10.2014, ihre Satzung sowie die Geschäftsordnung für die Vollversammlung der Bayerischen ..., einen Auszug aus dem Wortprotokoll des 72. Bayerischen Ärztetags 2013 sowie die Jahresabschlüsse 2004 bis 2014 vor. Die Jahresabschlüsse 2004 bis 2016 sind zudem auf der Internetseite der Beklagten (www...de – wir über uns – Tätigkeitsberichte) abrufbar.

Mit Schreiben vom 01.12.2017 legte die Beklagte auf gerichtliche Anforderung u.a. Unterlagen vom 72. Bayerischen Ärztetag inklusive des Haushaltsplans 2014 sowie den Protokollauszug zu TOP 6 „Änderung der Beitragsordnung“ des 73. Bayerischen Ärztetags vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid vom 07.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klage ist deshalb abzuweisen. Die Beklagte hat den Kläger zu Recht für das Beitragsjahr 2016 zu einem Beitrag in Höhe von … EUR veranlagt.

1.1 Rechtsgrundlage des angegriffenen Beitragsbescheids 2016 sind §§ 1, 2, 3, 5 der Beitragsordnung der Bayerischen... in der Fassung vom 25.10.2014 (im Folgenden: Beitragsordnung). Die Heranziehung der Mitglieder der ärztlichen Kreisverbände zur Zahlung von Beiträgen nach Maßgabe einer von der Kammer erlassenen Beitragsordnung beruht auf Art. 15 Abs. 2 Satz 1 HKaG. Der Kläger ist als Mitglied eines ärztlichen Kreisverbands beitragspflichtig (§ 1 der Beitragsordnung). Der Beitragsbescheid entspricht den Vorgaben der Beitragsordnung. Er fordert vom Kläger einen Beitrag in Höhe von 0,38% der Einkünfte aus dem vorletzten Jahr (2014), die Beitragshöhe wurde korrekt berechnet.

1.2 Die Beitragsordnung der Beklagten hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Mitgliedsbeiträge zu den berufsständischen Kammern sind Beiträge im rechtlichen Sinne. Sie sollen der Abgeltung eines besonderen Vorteils, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens dienen und müssen entsprechend bemessen werden (BVerwG, U.v. 26.06.1990, Az. 1 C 45/87, NVwZ 1990, 1167). Die Beitragsordnung ist gerichtlich im Rahmen eines Rechtsstreits über den Beitragsbescheid inzident überprüfbar. Denn die Autonomie der Beklagten zum Erlass der Beitragsordnung besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind (BVerwG, U.v. 09.12.2015, Az. 10 C 6/15, NVwZ 2016, 613, Rdnrn. 14, 16).

a) In formeller Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Beitragsordnung. Sie wurde vom zuständigen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege am 30.10.2014 genehmigt und im Bayerischen Ärzteblatt 12/2014 veröffentlicht (vgl. § 17 der Satzung der Bayerischen Landesärztekammer in der Fassung vom 10.10.2009).

b) Auch in materieller Hinsicht begegnet die Beitragsordnung keinen Bedenken. Beim Erlass der Beitragsordnung besitzt die Beklagte einen weiten Gestaltungsspielraum. Der weite Gestaltungsspielraum der Beklagten im Bereich des Haushalts- und Finanzrechts besteht aber nur soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist. Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Neben den spezialgesetzlichen Vorgaben sind die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten (BVerwG, U.v. 09.12.2015, a.a.O., Rdnrn. 14, 16).

Eine spezialgesetzliche Regelung zur Beitragsordnung der Beklagten enthält Art. 15 Abs. 2 HKaG. Dieser regelt, dass die ... berechtigt ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von allen Mitgliedern der ärztlichen Kreisverbände Beiträge zu erheben. Die Höhe der Beiträge wird in einer Beitragsordnung festgesetzt, die von der ... zu erlassen ist und der Genehmigung des Staatsministeriums bedarf. Vergleichbare differenzierte Vorgaben, wie sie das Recht der Industrie und Handelskammern kennt (vgl. § 3 Abs. 2 und 7 a IHKG) existieren für die Beitragsordnung der Beklagten nicht. Auch hat die Beklagte kein Finanzstatut, das bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsordnung zu berücksichtigen wäre.

Die Beitragsordnung ist daher anhand der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts zu überprüfen. Die bundesrechtlichen Maßstäbe, die für die Beitragserhebung durch öffentlich-rechtliche Berufsorganisationen gelten, sind das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz (BVerwG, B.v. 25.07.1989, Az. 1 B 109/89, juris; BVerwG, U.v. 10.09.1974, Az. I C 48.70, DÖV 1975, 647). Der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verpflichtet die Beklagte, ihre Kosten möglichst gleichmäßig und gerecht auf die Kammerangehörigen zu verteilen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beitragsordnung der Beklagten hiergegen verstoßen könnte, sind nicht ersichtlich. Aus dem Äquivalenzprinzip folgt, dass die Kammerbeiträge ihrer Höhe nach in keinem Missverhältnis zu dem Wert der Mitgliedschaft bei einem ärztlichen Berufsverband stehen dürfen. Die Beiträge dürfen die Kammerangehörigen nicht schlechthin belasten, etwa wegen unnötigen Kammeraufwands (BVerwG, U.v. 10.09.1974, a.a.O.). Die in Art. 2 Abs. 1 HKaG aufgeführten und im Interesse der Mitglieder liegenden Tätigkeiten der Beklagten - Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzte, Überwachung der Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten, Förderung der ärztlichen Fortbildung, Schaffung sozialer Einrichtungen für Ärzte und deren Angehörige sowie Mitwirkung in der öffentlichen Gesundheitspflege - stellen dabei die Gegenleistung zum Kammerbeitrag dar. Die Höhe der in der Beitragsordnung festgelegten Beiträge muss die zu erwartenden Aufgaben der Beklagten decken, darf aber nicht zu einer Vermögensbildung bei der Beklagten führen (BVerwG, U.v. 26.06.1990, a.a.O.). Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt auch das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen (BVerfG, U.v. 09.07.2007, Az. 2 BvF 1/04, NVwZ 2007, 1405; BVerwG, U.v. 09.12.2015, a.a.O., Rdnr. 16; VGH BW, U.v. 02.11.2016, Az. 6 S 1261/14, juris, Rdnr. 30).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beitragsordnung der Beklagten nicht zu beanstanden. Der angegriffene Beitragsbescheid 2016 beruht auf der Beitragsordnung in der Fassung vom 25.10.2014, in Kraft seit dem 01.01.2015. Maßgeblich sind daher zunächst die Haushaltszahlen der Beklagten, die der Beschlussfassung des Bayerischen Ärztetags am 25.10.2014 zugrunde lagen.

Bei der Betrachtung der Haushaltszahlen ist zu beachten, dass das grundsätzliche Verbot der Vermögensbildung die Bildung von Rücklagen nicht ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Rücklagen dienen dazu, zukünftigen Finanzierungsbedarf und Handlungsbedarf abzusichern, sie sind für eine geordnete Haushaltführung erforderlich (BVerwG, U.v. 09.12.2015, a.a.O, Rdnr. 17).

Die Bilanz zum 31.12.2013 sieht zweckgebundene Rücklagen in Höhe von 602.000 EUR und die Bilanz zum 31.12.2014 zweckgebundene Rücklagen in Höhe von 640.000 EUR vor. Ausweislich des Wortprotokolls zu TOP 6 des 73. Bayerischen Ärztetags „Änderung der Beitragsordnung der Bayerischen ... in der Fassung der Änderungsbeschlüsse vom 12.10.2008“ (Bl. 106 ff der Gerichtsakte) wurde die Haushaltssituation 2014 dem für den Erlass der Beitragsordnung zuständigen Gremium, der Vollversammlung (§ 4 der Satzung der Bayerischen Ärztekammer vom 10.10.2009), vor der Abstimmung detailliert vorgestellt. Es wurde hierzu erläutert, dass die Rücklagen weitgehend abgeschmolzen seien, was politisch so gewollt sei.

Kerngedanke der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rücklagenbildung bei Industrie- und Handelskammern ist, dass die Rücklagen von sachgerechten und vertretbaren Anhaltspunkten getragen sein müssen und nicht willkürlich erfolgen dürfen. Diese Gefahr besteht bei zweckgebundenen Rücklagen nicht in gleicher Weise wie bei einer allgemeinen Rücklage. Die Rücklagen in der Haushaltssituation 2014 sind zweckgebunden, sie wurden u.a. für den Hilfsfonds, die Delegiertenwahl oder den Deutschen Ärztetag in Bayern gebildet und sind damit nach ihrem Zweck nachvollziehbar. Sie sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Gemessen an den Gesamtausgaben in Höhe von 27.686.995 EUR (Gewinn- und Verlustrechnung 01.01. bis 31.12.2013) und 27.969.000 EUR (Haushaltsplan 2014) bzw. 27.410.463 EUR (Gewinn- und Verlustrechnung 01.01. bis 31.12.2014) betragen die zweckgebundenen Rücklagen weniger als 2,3% der Gesamtausgaben. Eine unverhältnismäßige Rücklagenbildung ist darin nicht zu erkennen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vom Kläger zitierten Urteil vom 09.12.2015 für den Bereich der Industrie- und Handelskammern Rücklagen in Höhe von 50% der fortdauernden Ausgaben bzw. der Betriebsaufwendungen als zu hoch angesehen. Abgesehen davon, dass diese Grenze hier mangels Rechtsgrundlage nicht gilt, wäre sie bei weitem unterschritten. Vor dem Hintergrund des Gebots der Schätzgenauigkeit sind die von der Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Änderung der Beitragsordnung eingestellten Rücklagen sowohl sachgerecht als auch vertretbar.

Der Einwand des Klägers, es sei auf das Reinvermögen der Beklagten abzustellen, das mit 18.432.107 EUR (2014) zu hoch und damit eine Beitragserhebung auf der Grundlage der Beitragsordnung nicht zulässig sei, geht fehl. Bilanztechnisch gesehen ist das Reinvermögen eine reine Rechnungsgröße. Es ist die Restgröße zwischen dem Bruttovermögen und den Schulden (BVerwG, U.v. 30.06.2011, Az. 5 C 23.10, Rdnr. 10). Zur Beantwortung der im Rahmen der Beitragsstreitigkeit maßgeblichen Frage, ob die Beklagte in unzulässiger Weise Vermögen angehäuft hat, ist die Betrachtung des Reinvermögens ungeeignet.

Die Beitragsordnung der Beklagten ist durch ihre finanzielle Entwicklung in den Jahren 2014 bis 2016 auch nicht rechtswidrig geworden. Die spezialgesetzlichen Regelungen sehen keine Pflicht einer jährlichen Anpassung der Beitragsordnung vor. Anders ist dies bei § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG, der bestimmt, dass der der Beitragsordnung der Industrie- und Handelskammern zugrundeliegende Wirtschaftsplan jährlich aufzustellen ist. Allerdings ist es der Beklagten unbenommen, die Beiträge jederzeit durch eine Änderung der Beitragsordnung zu erhöhen oder zu senken und sie damit den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Zuletzt ist dies durch Beschluss der Vollversammlung auf dem 73. Bayerischen Ärztetag 2014 geschehen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit im Rahmen einer Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Verwaltungsakts. Daher ist zu prüfen, ob die Beitragsordnung im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 07.06.2016 rechtmäßig war.

Die maßgeblichen Haushalts- und Jahresabschlusszahlen wurden von der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.12.2017 mitgeteilt und sind auf der Internetseite der Beklagten detailliert einsehbar. Maßgeblich sind die Bilanz zum 31.12.2015, die Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.12.2015 sowie der Haushaltsplan 2016. Die Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2015 sieht Gesamtausgaben in Hohe von 28.628.994 EUR bei Einnahmen in Höhe von 30.482.284 EUR vor und damit einen Jahresüberschuss in Höhe 1.853.290 EUR. Hiervon erfolgten Einstellungen in die zweckgebundenen Rücklagen, für die die Bilanz zum 31.12.2015 insgesamt eine Höhe von 1.780.000 EUR vorsieht (5,6% des Gesamthaushalts in Höhe von 29.933.308 EUR). Aus der Gewinn- und Verlustrechnung vom 01.01. bis zum 31.12.2016 ergibt sich, dass die Beklagte eine Betriebsmittelrücklage in Höhe von 445.000 EUR vorgesehen hat, die laut Aussage der Beklagten in der mündlichen Verhandlung mittlerweile auf 550.000 EUR erhöht wurde. Die Beitragsordnung der Beklagten ist auch unter Berücksichtigung dieser Betriebsmittelrücklage entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht rechtswidrig (geworden), weil die neue Betriebsmittelrücklage – wie die anderen zweckgebundenen Rücklagen der Beklagten – einem zulässigen sachlichen Zweck dient und nicht unangemessen hoch ist. Die Beklagte führte hierzu in der mündlichen Verhandlung am 13.12.2017 aus, dass die Betriebsmittelrücklage Zahlungsengpässen vorbeugen soll, wie sie sich Ende 2014 eingestellt hätten. Insbesondere wegen Sanierungsmaßnahmen bei Immobilien und der Finanzierung von Weiterbildungen seien die Rücklagen Ende 2014 aufgebraucht gewesen. Die Beklagte habe Probleme gehabt, ihren finanziellen Verpflichtungen für das erste Drittel 2015 nachzukommen. Um diese Situation künftig zu vermeiden, sei die Betriebsmittelrücklage eingeführt worden. In dieser Hinsicht hatten sich auch der Präsident der Beklagten und der Vorsitzende des Finanzausschusses der Beklagten im Rahmen des TOP 6 des 73. Bayerischen Ärztetags geäußert (vgl. Bl. 106 ff der Gerichtsakte). Die Rücklage dient damit der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten und ist sachgerecht. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen zulässigen sachlichen Zweck dar. Das Maß der Rücklage muss von diesem Zweck gedeckt sein, eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen (BVerwG, U.v. 09.12.2015, a.a.O., Rdnr. 18). Die Betriebsmittelrücklage wurde zunächst mit 445.000 EUR eingestellt, später dann auf 550.000 erhöht. Bei einem Gesamthaushalt von 29.933.308 EUR (2015 – im Jahr 2016 auf 31.970.499 EUR angestiegen) macht sie 1,5 bzw. 1,8% des Gesamthaushalts aus und ist damit nicht unangemessen hoch. Auf die Frage, wann die Betriebsmittelrücklage in welcher Höhe und für welchen Zeitraum beschlossen wurde, kommt es nach den obigen Ausführungen nicht mehr an.

Der Beitrag der ... zur Bundesärztekammer begründet ebenfalls nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragsordnung und damit des Beitragsbescheids 2016. Der Kläger trägt vor, er unterstütze indirekt eine unzulässige Vermögensbildung bei der Bundesärztekammer, weil die Beklagte einen Betrag von knapp 2.000.000 EUR jährlich an die Bundesärztekammer zahle, einer Arbeitsgemeinschaft der ... Mit seinem Einwand macht der Kläger geltend, die Beklagte verfolge mit den Zahlungen an die Bundesärztekammer einen unzulässigen Zweck, er wendet sich damit gegen eine bestimmte Tätigkeit der Kammer. Gleiches gilt für den Einwand des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die Kosten, die die Beklagte für das Präsidium aufwende, seien mit ca. 250.000 EUR jährlich unverhältnismäßig hoch.

Pflichtmitglieder einer Kammer können die Zahlung der Beiträge nicht mit der Begründung verweigern, die Kammer überschreite ihren Aufgabenbereich. Der Beitrag besteht nämlich nicht aus einzelnen Teilbeträgen für bestimmte Aufgaben oder Aufwendungen der Kammer, sondern durch ihn soll vielmehr ihre gesamte Tätigkeit finanziert werden. Der Kammerbeitrag kann daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden, auch wenn in der Gewinn- und Verlustrechnung der Beklagten darin die einzelnen Ausgabenansätze enthalten sind (BVerwG, U.v. 09.12.2015, a.a.O; OVG NRW, B.v. 22.09.2008, Az. 5 A 346/06, Rdnrn. 17 ff, juris m.w.N.; BayVGH, B.v. 04.09.2012, Az. 22 ZB 11.1007, Rdnr. 27, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Beitrag des Klägers nach Anteilen zur Finanzierung rechtmäßiger und (vermeintlich) rechtswidriger Tätigkeiten der Beklagten aufspalten ließe. Eine unzulässige Verkürzung des durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes ist damit nicht verbunden. Gegen die Wahrnehmung und Fortsetzung aufgabenfremder Tätigkeiten durch die Kammer können sich Kammermitglieder unmittelbar im Klageweg wenden. Sie können jedoch nicht mit dieser Begründung die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern (BVerwG, U.v. 09.12.2015, a.a.O; OVG NRW, B.v. 22.02.2008, a.a.O.). Hinzu kommt, dass sowohl die Aufwendungen für die Bundesärztekammer als auch die Aufwendungen für das Präsidium einfachgesetzlich vorgesehen sind (vgl. § 8 der Satzung der Bundesärztekammer 2014 und § 15 der Satzung der Bayerischen Ärztekammer vom 10.10.2009).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

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(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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Beschluss vom 2. November 2016
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Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.