Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 20. Juli 2016 - B 4 K 15.74

published on 20/07/2016 00:00
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 20. Juli 2016 - B 4 K 15.74
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Ziffer 1 des Bescheides des Beklagten vom 10.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes Bayreuth vom 07.01.2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf eines Stundungsbescheides und die Feststellung der Fälligkeit des gestundeten Herstellungsbeitrags (Wasserversorgung).

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flnr. Gemarkung N … (…).

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.08.1995 setzte der Beklagte eine Vorauszahlung auf den Herstellungsbeitrag (Wasser) in Höhe von 24.392,57 DM (= 12.471,72 EUR) fest. Mit Bescheid vom 04.04.1996 stundete er auf Antrag der Klägerin davon einen Teilbetrag in Höhe von 15.714,45 DM (= 8.034,67 EUR).

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27.10.1998 setzte der Beklagte einen (endgültigen) Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungseinrichtung in Höhe von 25.503,92 DM (= 13.039,95 EUR) fest.

Mit Bescheid vom 11.03.1999 passte der Beklagte, den am 04.04.1996 gestundeten Betrag aufgrund des Bescheides vom 27.10.1998 an und gewährte nunmehr die Stundung eines Teilbetrages von 14.963,91 DM (= 7.650,93 EUR) wegen landwirtschaftlicher Nutzung (Ziff.1). In Ziffer 2 des Bescheides wurde festgelegt: „Die Stundung wird solange gewährt, als die betreffenden Flächen/Teilflächen nicht bebaut werden und der landwirtschaftlichen Nutzung unterliegen sowie von Ihnen selbst oder von Angehörigen bewirtschaftet werden.“ Sobald die Flächen/Teilflächen, auf die sich die Stundung beziehe, nicht mehr landwirtschaftlich genutzt, bebaut bzw. teilweise bebaut, an „Nichtangehörige“ verpachtet, veräußert oder übergeben würden, sei dies dem Beklagten unverzüglich mitzuteilen. In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, gemäß einer Bestätigung vom 18.03.1996 werde die in Ziffer 1 genannte Teilfläche von der Klägerin selbst landwirtschaftlich genutzt. Dies werde als Voraussetzung für eine zinslose Stundung wegen landwirtschaftlicher Nutzung anerkannt.

Im Jahr 2012 stellte sich heraus, dass das klägerische Grundstück laut den Feststellungen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth nicht mehr als landwirtschaftlich genutzt registriert war. Auf eine telefonische Nachfrage am 12.09.2013 gab die Klägerin gegenüber dem zuständigen Mitarbeiter der VG an, das Grundstück sei inzwischen verpachtet.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10.04.2014, eingegangen bei den Bevollmächtigten der Klägerin am 12.04.2014, widerrief der Beklagte den Stundungsbescheid vom 11.03.1999 und stellte fest, dass der noch offene Betrag in Höhe von 7.650,93 EUR fällig sei.

Mit Telefax vom 12.05.2014 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2015 wies das Landratsamt Bayreuth den Widerspruch zurück. In der Rechtsbehelfsbelehrung:ist für den Fall der Klageerhebung der Freistaat Bayern als Beklagter bezeichnet.

Mit Schriftsatz vom 05.02.2015, der am 06.02.2015 bei Gericht einging, haben die damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth Klage gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Landesamt für Finanzen Würzburg erhoben. In der Begründung wurde am 12.03.2015 klargestellt, die Klage wende sich ersichtlich gegen den Bescheid des Beklagten vom 10.04.2014, mit dem er den Stundungsbescheid vom 11.03.1999 widerrufen habe. Weiter wird ausgeführt, die Klage sei begründet, weil der Beklagte den Bescheid widerrufen habe, obwohl die auflösende Bedingung des Stundungsbescheids eingetreten sei. Da der Beklagte weiter festgestellt habe, dass die Zahlung fällig sei, sei zu prüfen, ob die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Herstellungsbeiträge noch vorlägen. Da dies nicht mehr der Fall sei, sei die Klägerin nicht verpflichtet, den bisher gestundeten Herstellungsbeitrag zu zahlen.

In der mündlichen Verhandlung am 20.07.2016 hat die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 10.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes Bayreuth vom 07.01.2015 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Klageerwiderung wird ausgeführt, die Klage sei unzulässig. Aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung könne die Klägerin mit der Aufhebung des Bescheids die Wiederherstellung der Stundungswirkung, für die die Voraussetzungen nicht mehr vorlägen, nicht erreichen. Außerdem sei die Klage unbegründet. Bei Klageerhebung habe sie sich nicht gegen den richtigen Beklagten gerichtet. Der Widerruf der Stundung habe der Rechtssicherheit gedient, weil zweifelhaft sei, ob die auflösende Bedingung in der Stundungsverfügung ausreichend klar sei. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für eine Stundung nicht mehr vor, weil das Grundstück nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werde.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 20.07.2016 und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

a. Die Klage gegen den Zweckverband zur Wasserversorgung der Gruppe als den richtigen Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie nicht verfristet. Dabei kann offen bleiben, ob sich durch Auslegung des Klageschriftsatzes vom 05.02.2015 bereits ergeben konnte, dass sie gegen den Zweckverband gerichtet war oder ob die „Klarstellung“ vom 12.03.2015 als jedenfalls sachdienliche Klageänderung (§ 91 Abs. 1 VwGO) erst zur richtigen Bezeichnung des Beklagten geführt hat. Aufgrund der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung:im Widerspruchsbescheid betrug die Klagefrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr ab Zustellung des Bescheids.

b. Der Bescheid des Beklagten vom 10.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes Bayreuth vom 07.01.2015 ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, soweit der Stundungsbescheid vom 11.03.1999 widerrufen wurde, weil er in diesem Umfang rechtswidrig und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen, weil die Feststellung, dass der gestundete Betrag in Höhe von 7.650,93 EUR zur Zahlung fällig ist, rechtmäßig ist.

(1) Der Widerruf der Stundung vom 11.03.1999 (Ziff. 1 des Bescheides vom 10.04.2014) ist rechtswidrig, weil die Stundung zum Zeitpunkt ihres Widerrufs durch den Eintritt der auflösenden Bedingung der Beendigung der landwirtschaftlichen Nutzung bereits unwirksam geworden war.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b KAG i. V. m. § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist oder wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.

Einer Korrektur im Wege des Widerrufs bedarf eine Stundung jedoch nur dann, wenn sie nicht auf andere Weise unwirksam geworden ist.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b KAG, § 124 Abs. 2 AO bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder auf andere Weise erledigt ist. Auf andere Weise erledigt sich ein Verwaltungsakt u.a. durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b KAG, § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO (Fritsch in Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 124 Rn. 11).

Der Stundungsbescheid vom 11.03.1999 wurde mit der auflösenden Bedingung erlassen, dass die Stundung solange gewährt wird, als die betreffenden Flächen/Teilflächen nicht bebaut werden und der landwirtschaftlichen Nutzung unterliegen sowie von der Klägerin selbst oder von ihren Angehörigen bewirtschaftet werden (Ziff. 2).

Die auflösende Bedingung ist im Februar 2009 eingetreten, als die Klägerin ihren landwirtschaftlichen Betrieb an einen „Nicht-Angehörigen“ verpachtete. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, beschränkt sie sich seither auf die forstwirtschaftliche Nutzung ihres Waldes und hat die landwirtschaftliche Nutzung auch der bislang für die Erzeugung von Grünfutter für die Tierhaltung genutzten Teilfläche auf dem Grundstück Flnr. endgültig aufgegeben. Daran ändert nichts, dass die Klägerin inzwischen Obst von der Streuobstwiese verkauft. Im Rahmen des Liefer- und Abnahmevertrags mit dem Landschaftspflegeverband und Umgebung e.V. wurden im Jahr 2014 nur 120 kg Äpfel abgeliefert und ein Ertrag von 12,00 EUR erzielt. Schon wegen der geringen Einnah men wurde auf der entsprechenden Teilfläche des Grundstücks damit nicht die landwirtschaftliche Nutzung fortgeführt, sondern eine Liebhaberei betrieben.

Mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung im Februar 2009 durch den objektiven Wegfall der Voraussetzung für die Stundung wurde der Stundungsbescheid vom 11.03.1999 automatisch unwirksam. Eines besonderen Aufhebungsbescheides bedurfte es dazu nicht (BayVGH, U. v. 25.01.2013 - 6 B 12.355 - BayVBl 2013, 405/406 Rn. 21). Der Widerruf der Stundung war zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr möglich, mit der Folge, dass die Ziffer 1 des Bescheides vom 10.04.2014 aus deklaratorischen Gründen aufzuheben ist, um den gegen die Klägerin gerichteten Rechtsschein zu beseitigen.

(2) Der Bescheid vom 10.04.2014 ist rechtmäßig, soweit in Ziffer 2 festgestellt wird, dass der wegen der Stundung noch offene Herstellungsbeitrag in Höhe von 7.650,93 EUR zur Zahlung fällig ist.

Die Beitragsforderung war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 10.04.2014 nicht aufgrund von Zahlungsverjährung gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 b KAG, § 232 AO erloschen.

Ansprüche aus dem Beitragsschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung, die fünf Jahre beträgt (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 a KAG, § 228 AO). Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 a KAG, § 229 Abs. 1 Satz 1 AO). Dies war hier mit Ablauf des Jahres 1998 der Fall, nachdem der Herstellungsbeitragsbescheid am 31.12.2008 in voller Höhe zur Zahlung fällig geworden war. Die Zahlungsverjährung wurde in Höhe von 7.650,93 EUR durch die am 01.04.1999 wirksam gewordene Stundung unterbrochen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 a KAG, § 231 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Unterbrechung der Verjährung durch Stundung dauert gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 5a KAG, § 231 Abs. 2 Satz 1 AO fort, bis die Stundung abgelaufen ist. Ist die Stundung als Unterbrechungshandlung auf eine gewisse Dauer angelegt, endet die Unterbrechung mit Wegfall der Wirkungen (BayVGH, U. v. 25.01.2013 - a.a.O. Rn. 20). Mit dem Wegfall der landwirtschaftlichen Nutzung der Teilfläche des Grundstücks hat die Stundung im Februar 2009 ihre Wirksamkeit verloren. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 a KAG, § 231 Abs. 3 AO begann damit mit Ablauf des Jahres 2009 eine neue fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist, die erst mit Ablauf des 31.12.2014, also nach Erlass des Bescheides am 10.04.2014, geendet hat.

Da nach Wegfall der Wirkungen der Stundung im Februar 2009 die Fälligkeit der Beitragsforderung nicht länger hinausgeschoben wird (vgl. BayVGH, U. v. 27.09.2012 - 20 B 12.821 - juris Rn. 22), war der mit bestandskräftigem Bescheid vom 27.10.1998 festgesetzte Her stellungsbeitrag am 10.04.2014 zur Zahlung fällig, ohne dass es dafür darauf ankommt, ob die Voraussetzungen für die Erhebung eines Herstellungsbeitrags weiterhin vorliegen.

Somit war die Klage, soweit sie sich gegen Ziffer 2 des Bescheides vom 10.04.2014 richtet, abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 155 Abs. 1 VwGO. Danach sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, können die Kosten einem Beteiligten ganz auferlegt werden (§ 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO). Der Beklagte hat hinsichtlich der Feststellung der Fälligkeit der Beitragsforderung obsiegt und ist nur insoweit unterlegen, als der Widerruf der Stundung klarstellend aufgehoben wurde. Deshalb ist es ermessensgerecht, der Klägerin die Kosten insgesamt aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

15 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Annotations

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.

(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsakts nicht zuwiderlaufen.

Durch die Verjährung erlöschen der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis und die von ihm abhängenden Zinsen.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

(1) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt; eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung gleich. Wird die Festsetzung oder Anmeldung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so beginnt die Verjährung des gesamten Anspruchs erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung wirksam geworden ist.

(2) Ist ein Haftungsbescheid ohne Zahlungsaufforderung ergangen, so beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlungsaufforderung nachgeholt worden ist, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.