Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 10. Nov. 2017 - Au 5 S 17.50352

bei uns veröffentlicht am10.11.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Bescheid des Bundesamts für ... vom 18. Oktober 2017 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Abschiebungsanordnung nach Rumänien.

Der am ... 1991 in ... (Irak) geborene Antragsteller zu 1 und die am ... 1985 in ... (Irak) geborene Antragstellerin zu 2 sind irakische Staatsangehörige mit kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischem Glauben.

Ihren Angaben zufolge reisten die Antragsteller am 4. September 2017 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie unter dem 22. September 2017 Asylerstanträge stellten.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) vor.

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 26. September 2017 erklärten die rumänischen Behörden mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2017 lehnte das Bundesamt für ... (im Folgenden: Bundesamt) die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Rumänien wurde in Nr. 3 des Bescheides angeordnet. Nr. 4 des Bescheids setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.

In den Gründen des Bescheids ist ausgeführt, dass die Asylanträge gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) unzulässig seien, da Rumänien aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 18 Abs. 1 b i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Daher würden die Asylanträge in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht Erkenntnissen des Bundesamtes nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Rumänien führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Antragsteller eine Verletzung des Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 18. Oktober 2017 wird ergänzend verwiesen.

Die Antragsteller haben gegen den vorbezeichneten Bescheid mit am 27. Oktober 2017 eingegangenem Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 Klage erhoben (Au 5 K 17.50349). Über diese Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 haben die Antragsteller im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anzuordnen.

Zur Begründung des Eilantrages ist mit Schriftsatz vom 3. November 2017 ausgeführt, dass sich der Antrag auf die erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung der Antragstellerin zu 2 stütze. Die Antragstellerin zu 2 sei derzeit nicht reisefähig. Sie müsse sich einer operativen Therapie unterziehen. Aufgrund der indizierten Beschwerden könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Reisefähigkeit in Kürze wieder hergestellt werde. Das Ergebnis des operativen Eingriffs bleibe abzuwarten. Zurzeit lägen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vor.

Mit der Antragsbegründung wurden mehrere Atteste des Klinikums ... vorgelegt, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Die Antragsgegnerin hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte einschließlich der Akte des Klageverfahrens Au 5 K 17.50349 und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat in der Sache Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des vorliegend aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG folgenden gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

a) Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für den gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder jene, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, da er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Ein Abweichen von diesen allgemeinen Grundsätzen der Entscheidungsfindung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist vorliegend nicht geboten. Insbesondere ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes geboten, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet gemäß der gesetzlichen Anordnung in § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG der Fall ist. Diese Modifizierung des Prüfungsmaßstabs im Eilrechtsschutzverfahren hat der Gesetzgeber nicht auf Rechtsschutzverfahren gegen nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG erlassene Abschiebungsanordnungen ausgedehnt, so dass es hier bei den allgemeinen Grundsätzen verbleibt (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, B.v. 26.1.2015 – Au 7 S. 15.50015 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

b) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze überwiegt vorliegend das Suspensivinteresse der Antragsteller das gesetzliche Vollzugsinteresse. Die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage sind nach summarischer Prüfung hinsichtlich der nach § 34 a AsylG erlassenen Abschiebungsanordnung zumindest offen.

aa) Zwar ist die unter Nr. 1. des gegenständlichen Bescheids getroffene Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als unzulässig bei summarischer Prüfung grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden.

Ein Asylantrag ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da die Republik Rumänien gemäß Art. Art. 18 Abs. 1 lit. b. der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Entscheidung über den Asylantrag der Antragsteller zuständig ist.

(1) Maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Prüfung des Asylantrags ist im gegebenen Fall die Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutzes zuständig ist (Dublin III-VO), die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 49 Abs. 1 Dublin-III-VO). Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO findet diese Verordnung auf Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten (mithin ab 1. Januar 2014) gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 17.6.2014 – 10 C 7/13 – juris Rn. 27). Vorliegend sind sowohl der gegenständliche Asylantrag und damit auch der Antrag auf internationalen Schutz i.S.v. Art. 2 lit. b Dublin III-VO (22. September 2017) als auch das Aufnahmegesuch an die Republik Rumänien (26. September 2017) nach dem vorgenannten Stichtag gestellt worden.

(2) Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ist der nach der Verordnung zuständige Mitgliedsstatt verpflichtet, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedsstaat ohne Aufenthaltstitel aufhält, verpflichtet nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen. Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag gestellt worden ist, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO wird bei der Bestimmung des nach den Kriterien des Kapitels III zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO ist, wenn sich anhand der Kriterien der Dublin-III-VO der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Hier haben sich die Antragsteller nach ihrem eigenen Vorbringen zunächst in Rumänien aufgehalten und sind erst im Anschluss nach Deutschland gelangt. Nach den im Verfahren vorgelegten Unterlagen haben die Antragsteller am 14. August 2017 in Rumänien einen Asylantrag gestellt. Für die Antragsteller liegen jeweils EURODAC-Treffer der Kategorie 1 vor. Auf dieser Grundlage hat die Antragsgegnerin am 26. September 2017 ein Übernahmeersuchen an die Republik Rumänien gerichtet, welchem mit Schreiben der rumänischen Behörden vom 9. Oktober 2017 stattgegeben wurde. Die rumänischen Behörden haben ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Antragsteller gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO anerkannt.

Gründe dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland als Antragsgegnerin gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers im Wege des Selbsteintrittsrechts übernehmen und das Ermessen der Antragsgegnerin insoweit auf Null reduziert sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

bb) Allerdings sind die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage hinsichtlich der unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Abschiebungsanordnung bei summarischer Prüfung zumindest offen.

(1) Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 AsylG. Hiernach ordnet das Bundesamt bei – wie hier – beabsichtigter Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 AsylG) die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamts zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.

(2) Die Abschiebung der Antragsteller in die Republik Rumänien ist grundsätzlich auch rechtlich möglich.

Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO kann es sich als unmöglich erweisen, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, soweit es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 der EU–Grundrechtecharta – GR-Charta – mit sich bringen (vgl. hierzu EuGH vom 21.12.2011, Rs. C-411/10 u.a., juris; vom 14.11.2013, Rs. C-4/11, juris; vom 10.12.2013, Rs. C-394/12, juris). Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen einschlägige EU-Richtlinien genügen somit, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln; nur soweit das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, ist eine Überstellung mit Art. 4 GR-Charta unvereinbar (BVerwGvom 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Leitsatz und Rn. 6).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist festzustellen, dass im Fall der Antragsteller eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bei Rücküberstellung in die Republik Rumänien – bei der es sich als Mitglied der Europäischen Union bereits kraft Gesetzes um einen sicheren Drittstaat i.S.v. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG handelt – nicht ernsthaft zu befürchten ist. Systemische Mängel im rumänischen Asylverfahren haben die Antragsteller bereits nicht aufzeigt. Solche sind auch für das Gericht nicht erkennbar. In dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht zu erkennen, dass die Verhältnisse in Rumänien hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, das die Antragsteller dort mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein würden.

Im Jahr 2005 hatte die EU-Kommission in einem umfassenden Monitoring-Bericht für die Vorbereitung des EU-Beitritts von Rumänien noch ausgeführt, dass der grundlegende rechtliche Rahmen für das Asylrecht und Aufnahmekapazitäten für Asylsuchende zwar geschaffen worden sei, es aber noch einer weiteren Angleichung der Rechtsvorschriften an die Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden, die Dublin II-VO sowie an die Konzepte des internationalen und des vorübergehenden Schutzes bedürfe. Nach dem EU-Beitritt Rumäniens zum 1. Januar 2007 ist die Angleichung der Rechtsvorschriften im Hinblick auf das nationale Recht über Formen des Unionsrechts erfolgt. Die Kommission habe die Entwicklung Rumäniens auch nach dem Beitritt weiter überwacht und die Ergebnisse in jährlichen Monitoring-Berichten festgehalten. Im Zeitraum 2007 bis 2015 ist die Kommission dabei in keiner Form auf noch bestehende Defizite des Asylerfahrens eingegangen. Dies lässt auch zum jetzigen Zeitpunkt den Schluss zu, dass systemische Mängel in Rumänien weder hinsichtlich der rechtlichen Regelungen noch des tatsächlichen Vollzugs vorliegen (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 6.11.2014 – 17 L 2289/14-A – juris Rn. 14; VG Bayreuth, B.v. 25.8.2014 – B 5 S. 14.50047 – juris Rn. 28; VG Karlsruhe, B.v. 10.2.2014 – A 1 K 3800/13 – juris Rn. 10; VG Aachen, B.v. 5.3.2015 – 8 L 739/14.A – juris Rn. 22 ff.).

(3) Allerdings kann nach summarischer Überprüfung von Sach- und Rechtslage derzeit ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.

Nach dem Wortlaut des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG darf eine Abschiebungsanordnung erst dann erfolgen, wenn feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Deshalb muss die Abschiebung nicht nur rechtlich möglich sein, sondern sie muss auch tatsächlich durchführbar sein. Während bei der Abschiebungsandrohung die Prüfung inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse regelmäßig durch die Ausländerbehörde zu erfolgen hat, ist dies bei der Abschiebungsanordnung anders. Eine Abschiebung darf gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nur dann erfolgen, wenn diese rechtlich und tatsächlich möglich ist; andernfalls ist die Abschiebung auszusetzen (Duldung). Liegen somit – ggf. auch nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretende – Duldungsgründe i.S.v. § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vor, so ist die Abschiebung unmöglich und kann auch i.S.v. § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht durchgeführt werden. Dies kann nicht nur der Fall sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche – außerhalb des Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Abweichend von der üblichen Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde hat das Bundesamt bei der Abschiebungsanordnung auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass keine inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse vorliegen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 1795/14 – juris Rn. 9-11; BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4; VG Augsburg, B.v. 26.1.2015 – Au 7 S. 15.50015 – juris Rn. 39).

Legt der Ausländer ärztliche Atteste bzw. Fachberichte vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die zugrundeliegenden Befundtatsachen angeben, ggf. die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung bzw. Diagnose des Krankheitsbilds sowie die konkreten Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten. Regelmäßig muss ein Attest etwa Angaben darüber enthalten, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Dem Arzt, der ein Attest ausstellt, ist es hingegen untersagt, etwaige rechtliche Folgen seiner fachlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen oder sich mit rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 17/07 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 29.7.2014 – 10 CE 14.1523 – juris Rn. 21; B.v. 8.2.2013 – 10 CE 12.2396 – juris Rn. 13; B.v. 9.1.2012 – 10 CE 11.2044 – juris Rn. 9; VG Bayreuth, B.v. 4.11.2014 – B 3 E 14.734 – juris Rn. 33).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt eine Gesamtschau der im Verfahren vorgelegten ärztlichen Befundberichte des Klinikums ... vom 27. Oktober 2017 bzw. 30. Oktober 2017 eine Reiseunfähigkeit (im engeren Sinn) der Antragstellerin zu 2. Insbesondere der ärztlichen Stellungnahme des Klinikums ... – Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie, Lungen- und Bronchialheilkunde, Neurochirurgie, Orthopädie vom 30. Oktober 2017 ist ein ausführlicher Befundbericht beigefügt, der erkennen lässt, auf welcher Grundlage die fachärztliche Stellungnahme vom 27. Oktober 2017 zur Feststellung der bei der Antragstellerin zu 2 vorliegenden derzeitigen Reiseunfähigkeit gelangt ist. Für die Antragstellerin zu 2 ist aufgrund der bei ihr vorliegenden Beschwerden eine notfallmäßige operative Therapie erforderlich, die aktuell einen Vollzug der sofortigen Abschiebung nach Rumänien ausschließt. Die im Verfahren vorgelegten ärztlichen Atteste enthalten belastbare Anhaltspunkte dafür, dass bei der Antragstellerin zu 2 derzeit ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aufgrund krankheitsbedingter Reiseunfähigkeit im engeren Sinn vorliegt.

Bei dieser Sachlage war dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO stattzugeben.

Um den Schutz von Ehe und Familie zu gewährleisten, war die aufschiebende Wirkung der Klage umfassend anzuordnen. Beim Antragsteller zu 1, für den keine gesundheitlichen Einschränkungen im Sinne einer fehlenden Reiseunfähigkeit vorgetragen sind, handelt es sich um einen Familienangehörigen im Sinne der Definition in Art. 2 lit. g Dublin III-VO wonach „Familienangehöriger“ unter anderem der Ehegatte des jeweiligen Antragstellers ist. Dass es sich bei den Antragstellern um ein verheiratetes Ehepaar handelt, wird auch von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren Unterlegen hat die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83 b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

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(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein Asylbewerber aus Somalia. Er wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

2

Der Kläger stellte Mitte August 2010 einen Asylantrag und gab in einer Niederschrift dazu am 9. September 2010 an, er sei somalischer Staatsangehöriger und am 1. Januar 1981 in Mogadischu geboren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - nahm ihm Fingerabdrücke zur Identitätsfeststellung ab, die sich später als nicht verwertbar erwiesen. Der damit betraute Mitarbeiter stellte bereits bei der Abnahme fest, dass die Fingerkuppen des Klägers Veränderungen aufwiesen, die voraussichtlich zur Unverwertbarkeit der abgenommenen Fingerabdrücke führen würden. Der Kläger bestritt, seine Fingerkuppen manipuliert zu haben.

3

Mit Schreiben vom 9. September 2010 wies das Bundesamt den Kläger darauf hin, dass die Beschädigung der Fingerkuppen den Verdacht begründe, dass der Kläger nicht bereit sei, an der Überprüfung seiner Identität mitzuwirken. Er werde daher aufgefordert, sein Asylverfahren dadurch zu betreiben, dass er zum einen binnen eines Monats in der Außenstelle des Bundesamts erscheine und sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen lasse. Zum anderen solle er schriftlich darlegen, in welchen Staaten er sich nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aufgehalten habe, ob er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser ggf. abgelehnt worden sei. Gleichzeitig wurde er unter Bezugnahme auf § 33 AsylVfG (a.F.) darauf hingewiesen, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gelte, wenn er das Verfahren länger als einen Monat nicht betreibe und in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG (a.F.) nach Aktenlage zu entscheiden sei. Dem Schreiben war eine Übersetzung in die Sprache Somali beigefügt. Der Kläger hat sich in einem weiteren Termin Fingerabdrücke abnehmen lassen, die wiederum nicht verwertbar waren. Zu seinem Reiseweg und zur Frage weiterer Asylanträge machte er innerhalb der Monatsfrist keine Angaben.

4

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 22. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Nummer 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen (Nummer 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in den "Herkunftsstaat" aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nummer 3). Das Bundesamt hat den Bescheid im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Er habe weder verwertbare Fingerabdrücke abgegeben noch die angeforderten schriftlichen Angaben zum Reiseweg und zu etwaigen früheren Asylverfahren gemacht. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können.

5

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Bescheids sowie hilfsweise die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.), weiter hilfsweise die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.) hinsichtlich Somalia, sowie die Aufhebung der gegen ihn verfügten Abschiebungsandrohung. Mit Schriftsatz vom 2. November 2010 stellte er beim Bundesamt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in dem er sich zum Reiseweg äußerte und angab, keine weiteren Asylanträge gestellt zu haben.

6

Während des Klageverfahrens forderte das Bundesamt den Kläger mit einem an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 26. Oktober 2011 erneut auf, das Verfahren dadurch zu betreiben, dass er beim Bundesamt erscheine und sich Fingerabdrücke abnehmen lasse. Die Pflicht zur Duldung erkennungsdienstlicher Maßnahmen umfasse auch die Verpflichtung, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Den vom Bundesamt hierzu für den 15. November 2011 anberaumten Termin nahm der Kläger - nach eigenem Vorbringen wegen Verspätung - nicht wahr, bat das Bundesamt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. November 2011 aber um einen neuen Termin. Ein solcher wurde jedoch nicht anberaumt.

7

Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid vom 22. Oktober 2010 auf. Während des Berufungsverfahrens erfuhr das Bundesamt, dass der Kläger im Rahmen einer polizeilichen Fahndungsmaßnahme im Oktober 2012 aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden war. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab, dass sich der Kläger schon im Oktober 2009 unter einer anderen Identität in Deutschland aufgehalten hatte und ihm im Rahmen eines Rückübernahmeersuchens Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Zugleich führte ein Abgleich mit der Eurodac-Datenbank zu einem Treffer. Danach hatte der Kläger bereits am 18. April 2009 in Italien und am 23. Oktober 2009 sowie am 22. Februar 2010 in Schweden Asyl beantragt. Das italienische Innenministerium hatte den schwedischen Behörden in einem Schreiben vom 14. Dezember 2010 mitgeteilt, dass dem Kläger in Italien bereits die Flüchtlingseigenschaft ("refugee status") zuerkannt worden und das Dublin-Verfahren abgeschlossen sei.

8

Darauf erklärte der Vertreter des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen") auf. Weiter hebe er die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat in Satz 2 von Nummer 3 des Bescheides auf. Stattdessen werde dem Kläger die Abschiebung nach Italien angedroht. Daraufhin kündigte der Klägervertreter hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien die Erhebung einer Klage an, sobald ein entsprechender Bescheid des Bundesamtes zugestellt worden sei. Gleichzeitig erklärte er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, soweit das Bundesamt den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben habe. Der Beklagtenvertreter stimmte der Hauptsacheerledigungserklärung insoweit zu, als Satz 1 von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides aufgehoben worden sei.

9

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Erledigung der Hauptsache in Bezug auf die Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland (Nummer 3 des Bescheids vom 22. Oktober 2010) festgestellt und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Er begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Die Einstellung des Verfahrens in Nummer 1 des Bescheids sei rechtswidrig. Denn diese Rechtsfolge sehe § 32 Satz 1 AsylVfG nur für den Fall der Asylantragsrücknahme oder des Verzichts nach § 14a Abs. 3 AsylVfG vor. Als geeignete Reaktion auf die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen EU-Mitgliedstaat käme etwa die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie 2005) in Betracht. Eine Umdeutung der Verfahrenseinstellung in eine andere Form der Verfahrensbeendigung ohne Sachentscheidung nach § 47 VwVfG sei nicht möglich.

10

Die in Nummer 2 des Bescheids getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorlägen, habe nicht aufrechterhalten werden können, da seit Oktober 2012 bekannt sei, dass dem Kläger in Italien Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde. Soweit das Bundesamt in Nummer 3 seiner Verfügung die Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland des Klägers aufgehoben und durch die Androhung der Abschiebung nach Italien ersetzt hat, habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Dem Feststellungsbegehren des Klägers sei zu entsprechen, weil das Bundesamt seinen Bescheid in Nummer 3 durch die Androhung der Abschiebung nach Italien verändert, der Kläger aber diesen neuen Verwaltungsakt nicht im Wege einer objektiven Klageänderung in das Verfahren einbezogen habe. Vielmehr habe der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt, Klage zu erheben, wenn hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien ein entsprechender Bescheid der Beklagten zugestellt worden sei.

11

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten. Diese begründet sie im Wesentlichen wie folgt: Der Verwaltungsgerichtshof hätte zunächst prüfen müssen, ob das Verfahren schon vor den in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt gewesen sei, weil der Kläger einer rechtmäßigen Betreibensaufforderung nicht nachgekommen war. In diesem Fall hätte er die Klage abweisen müssen. Das Bundesamt sei sehr wohl befugt, ein Asylverfahren auch dann ohne Sachentscheidung einzustellen, wenn sich - wie hier - herausstelle, dass der Asylbewerber bereits im Ausland als Flüchtling anerkannt worden sei. § 60 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 AufenthG (n.F.) sehe ausdrücklich vor, dass das Bundesamt bei einer ausländischen Anerkennung kein (weiteres) Asylverfahren mehr durchzuführen habe. Das entspreche Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten einen Asylantrag in derartigen Fällen als unzulässig behandeln könnten. Der deutsche Gesetzgeber habe für diese Konstellation zwar keine konkrete Regelung getroffen, die vorhandene Regelungslücke sei aber durch die Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung in Anlehnung an § 32 AsylVfG zu schließen. Dann könne Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auch entsprechend umgedeutet werden. Eine Erledigung sei zu Nummer 3 des angefochtenen Bescheids durch die Änderung des Zielstaats der Abschiebung nicht eingetreten. Der Hinweis auf den Herkunftsstaat habe keinen Regelungscharakter, so dass der Kläger hierdurch auch nicht beschwert sei. Selbst bei Bejahung von Abschiebungsverboten bleibe die Abschiebungsandrohung im Übrigen unberührt.

12

Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. Mai 2014 hat die Beklagte durch ergänzenden Bescheid vom 15. Mai 2014 Italien als Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt (Nummer 1) und angeordnet, dass der Kläger nicht nach Somalia abgeschoben werden darf (Nummer 2). Der Kläger hat gegen den ergänzenden Bescheid Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Soweit sich die Klage gegen den fehlenden Ausschluss von Somalia als Zielstaat einer Abschiebung in Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 22. Oktober 2010 gerichtet hat, haben die Parteien den Rechtsstreit im vorliegenden Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe

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Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

14

Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung der Nummern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids vom 22. Oktober 2010 bestätigt hat. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Hingegen hat die Revision überwiegend keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Entscheidung zur Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des Bescheids richtet. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht eine Erledigung der Abschiebungsandrohung ohne Zielstaatsbestimmung angenommen. Diese ist vielmehr aufrechtzuerhalten. Allerdings hat er mit Recht entschieden, dass die nachträgliche Bestimmung von Italien als Zielstaat der Abschiebung nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen wurde. Soweit die Parteien den Rechtsstreit über die Abschiebungsandrohung für erledigt erklärt haben, beruht dies auf der rechtlich gebotenen nachträglichen Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Insoweit hat die Beklagte dem Anfechtungsbegehren des Klägers entsprochen und war das Verfahren einzustellen.

15

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 30, jeweils Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

16

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung der angefochtenen Einstellungsverfügung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheids durch das Verwaltungsgericht mit einer Begründung bestätigt, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Verfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt, weil die Voraussetzungen für ein Nichtbetreiben des Verfahrens vorliegen. Der Kläger hat innerhalb der ihm gesetzten Betreibensfrist nicht die von ihm geforderten schriftlichen Angaben zu seinem Reiseweg und zur Frage einer Asylantragstellung im Ausland gemacht.

17

Nach § 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) gilt ein Asylantrag, der nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG (a.F.) auch den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfasst, hingegen noch nicht das Begehren auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.), als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren trotz Aufforderung des Bundesamts länger als einen Monat nicht betreibt (Satz 1). In der Aufforderung ist der Ausländer auf die nach Satz 1 eintretende Folge hinzuweisen (Satz 2). Liegen die Voraussetzungen einer (fiktiven) Antragsrücknahme vor, darf das Bundesamt keine Sachentscheidung mehr über den Asylantrag treffen. Vielmehr hat es nach § 32 AsylVfG in seiner Entscheidung festzustellen, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG (a.F.) vorliegt (Satz 1). In den Fällen des § 33 AsylVfG (a.F.) ist nach Aktenlage zu entscheiden (Satz 2). Das Bundesamt erlässt ferner eine Abschiebungsandrohung; die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist beträgt nach §§ 34, 38 Abs. 2 AsylVfG (a.F.) eine Woche. Für die Beurteilung des Regelungsinhalts des vorliegenden Bescheids ist auf die Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses abzustellen, da eine nachträgliche Erweiterung seiner Einstellungswirkung auch auf die Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes eine echte Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung des § 33 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) bedeuten würde, die mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren wäre (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 12).

18

1.1 Das Berufungsgericht durfte von der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG nicht wegen der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen absehen. Zwar hat dieser erklärt, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auf ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen"). Die erklärte Aufhebung ging jedoch ins Leere. Denn der Ausspruch der Rücknahmefiktion des Asylantrags durch das Bundesamt hat nach der gesetzlichen Ausgestaltung in § 33 und § 32 AsylVfG keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Wirksamkeit der Rücknahme bedarf keiner Feststellung durch das Bundesamt; sie ist lediglich Vorfrage für den gemäß § 32 Satz 1 AsylVfG zu treffenden feststellenden Ausspruch, dass das Asylverfahren eingestellt ist. Diesen hat das Bundesamt aufrechterhalten. Im Übrigen konnte das Bundesamt eine bereits kraft Gesetzes eingetretene Einstellungswirkung nicht nachträglich aufheben.

19

1.2 Die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nach § 33 Abs. 1 AsylVfG war gerechtfertigt. Sie setzt einen bestimmten Anlass voraus, der geeignet ist, Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen des Sachentscheidungsinteresses zu wecken. Solche Zweifel können sich aus einer Vernachlässigung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten ergeben. Zu diesen gehört die Pflicht des Asylbewerbers, im Vorfeld einer geplanten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 - BVerwG 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 Rn. 19). Nach den in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen bestanden hier solche berechtigten Zweifel, weil bereits bei der ersten erkennungsdienstlichen Behandlung Gründe für die voraussichtliche Nichtverwertbarkeit der Fingerabdrücke bemerkt und dokumentiert worden waren, ohne dass der Kläger dazu substantiiert Stellung genommen hatte.

20

1.3 Allerdings führte die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, soweit vom Kläger die Mitwirkung an der Abgabe seiner Fingerabdrücke verlangt wurde. Denn Nummer 1 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 verlangte von ihm die Abgabe "auswertbarer Fingerabdrücke" und entsprach damit nicht den gesetzlichen Vorgaben nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 24 und 35). Die Aufforderung vom 26. Oktober 2011 entsprach dann zwar den gesetzlichen Vorgaben, weil sie vom Kläger lediglich verlangte, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 39). Der Kläger kam dieser zweiten Betreibensaufforderung auch nicht nach, denn er erschien zu dem vom Bundesamt anberaumten Termin zur erneuten Fingerabdrucknahme am 15. November 2011 nicht. Ein mangelndes Betreiben des Verfahrens liegt trotz dieser Säumnis aber deshalb nicht vor, weil der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 18. November 2011 um einen neuen Termin zur erkennungsdienstlichen Behandlung gebeten hatte. Die versäumte Mitwirkungshandlung hätte damit noch innerhalb der gesetzten Betreibensfrist nachgeholt werden können. Eine Gelegenheit hierzu hat das Bundesamt dem Kläger aber nicht mehr eingeräumt.

21

1.4 Die Einstellungswirkung des § 32 Satz 1 AsylVfG ist jedoch dadurch eingetreten, dass der Kläger der selbständigen Verpflichtung zur schriftlichen Darlegung des Reisewegs und zu einer eventuell bereits erfolgten Asylantragstellung nicht fristgerecht nachgekommen ist (Nummer 2 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010).

22

Der Kläger war nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG verpflichtet, die vom Bundesamt angeforderten Angaben zu machen. Zu den Angaben, die von einem Asylbewerber verlangt werden können, zählen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG auch solche über Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und dort eingeleitete oder durchgeführte Asylverfahren (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 33). Die Aufforderung vom 9. September 2010, das Verfahren durch entsprechende schriftliche Angaben zu betreiben, entspricht hier auch den weiteren Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 AsylVfG.

23

Der Kläger hat die geforderten schriftlichen Angaben nicht innerhalb der Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG gemacht. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers dies mit Schreiben vom 2. November 2010 - nach Ablauf der Monatsfrist - nachzuholen versucht. Gründe für eine unverschuldete Fristversäumung ergeben sich aus dem Schreiben jedoch nicht (zur Anwendung des § 32 VwVfG auf die Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG vgl. BTDrucks 12/2062 S. 33). Danach soll die Versäumung der Frist auf einem beim Kläger hervorgerufenen Irrtum beruhen. Dieser habe geglaubt, seiner Verpflichtung aus der Betreibensaufforderung dadurch nachgekommen zu sein, dass er am 7. Oktober 2010 bei der Außenstelle des Bundesamtes erschienen sei und sich dort erneut habe Fingerabdrücke abnehmen lassen. Er sei davon ausgegangen, dass er nunmehr zeitnah vom Bundesamt zu seinen Asylgründen, zu seinem Reiseweg und zur Asylantragstellung in anderen Ländern befragt werde. Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch keine unverschuldete Fristversäumnis. Denn die Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 bezieht sich auf zwei voneinander unabhängige Handlungen: (1) die Abnahme von Fingerabdrücken und (2) die schriftliche Darlegung zum Reiseweg sowie einer möglichen Asylantragstellung. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, durch eine Mitwirkung an der Abnahme von Fingerabdrücken zugleich seiner Pflicht nachgekommen zu sein, die geforderten schriftlichen Angaben zu machen. Dass auch für die in der Betreibensaufforderung genannten schriftlichen Angaben die Monatsfrist gilt, ergibt sich aus der Belehrung über die Rechtsfolgen eines Nichtbetreibens, in der sich die Monatsfrist erkennbar auf beide Mitwirkungshandlungen bezieht. Einer zusätzlichen Erwähnung der Monatsfrist in der Aufforderung zu schriftlichen Darlegungen - wie sie bei der Aufforderung zur Mitwirkung bei der Abnahme von Fingerabdrücken erfolgt ist - bedurfte es angesichts der Eindeutigkeit der auf beide Mitwirkungshandlungen bezogenen Aussage zu den Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der gesetzten Frist nicht. Der Kläger konnte dies auch verstehen, da ihm der Bescheid am 9. September 2010 nicht nur in deutsch, sondern auch in einer in die Sprache Somali übersetzten Fassung überreicht wurde.

24

1.5 Ist das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG eingestellt, bedarf es keiner Entscheidung über die vom Verwaltungsgerichtshof als erheblich angesehene Frage, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden kann.

25

1.6 Die Beklagte war für die erfolgte Einstellung des Verfahrens auch international zuständig. Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union besteht nicht.

26

Es kann offenbleiben, ob auf den Asylantrag eines Ausländers, der - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits als Flüchtling anerkannt ist, die Zuständigkeitsregelungen der Union nach den Verordnungen über das sogenannte Dublin-Verfahren anwendbar sind und das auch für Entscheidungen über die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gilt. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auf Ausländer, die in einem anderen Staat als Flüchtling anerkannt sind, die Regelungen zum Dublin-Verfahren nicht anwendbar sind. Doch selbst wenn diese Regelungen anwendbar sein sollten, wäre Deutschland der für die Entscheidung zuständige Mitgliedstaat geworden, ohne dass sich insoweit eine zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union verpflichtende Zweifelsfrage stellt.

27

Nach der in Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU Nr. L 180 S. 31 - Dublin III-VO) getroffenen Übergangsregelung ist die Dublin III-VO zwar erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Hier war der Antrag bereits im August 2010 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden, so dass auf ihn grundsätzlich noch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl EG Nr. L 50 S. 1 - Dublin II-VO) anwendbar wäre. Allerdings findet die Dublin III-VO darüber hinaus auf die Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - Anwendung. Im vorliegenden Fall käme eine Zuständigkeit Italiens anstelle Deutschlands in Betracht, weil der Kläger dort bereits im April 2009 einen Asylantrag gestellt hat und ihm dort die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (vgl. Art. 13 Dublin II-VO und Dublin III-VO). Eine Überstellung des Klägers nach Italien zur Prüfung des danach in Deutschland gestellten weiteren Antrags wäre nur im Wege der Wiederaufnahme (Art. 20 Dublin II-VO, Art. 23 ff. Dublin III-VO) möglich. Für Gesuche auf Wiederaufnahme - sofern sie nicht bereits vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden - ist jedenfalls für das zu beachtende Verfahren die Dublin III-VO maßgeblich. Danach sind derartige Gesuche nunmehr gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO innerhalb einer Frist von zwei bzw. drei Monaten zu stellen (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 31). Diese Frist ist im vorliegenden Fall verstrichen, ohne dass das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet hat. Damit ist Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO für die Prüfung des hier gestellten (neuen) Asylantrags zuständig, wenn man von der Anwendbarkeit der Dublin-Regelungen auf den vorliegenden Asylantrag ausgeht.

28

2. Der Kläger kann mit dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) nicht durchdringen. Dieser Anspruch wird zwar nicht schon von der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) erfasst (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487). Seine Geltendmachung ist jedoch nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist.

29

Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).

30

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16). Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).

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Für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nach der vor dem 1. Dezember 2013 geltenden Rechtslage in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm diese Aufhebung keinerlei Vorteile bringen kann, nachdem sein Begehren auf Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach dem nunmehr geltenden Recht unzulässig ist.

32

3. Auch der vom Kläger weiter hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz hinsichtlich Somalias ist unzulässig. Denn ihm steht kraft Gesetzes nationaler Abschiebungsschutz in Bezug auf Somalia bereits aufgrund seiner ausländischen Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu (siehe oben Rn. 29). Für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach weiteren Rechtsgrundlagen fehlt dem Kläger hier das Rechtsschutzbedürfnis.

33

Dem Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis auch für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum nationalen Abschiebungsschutz in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids, da er aufgrund der in Italien ausgesprochenen Anerkennung als Flüchtling bereits - wie oben ausgeführt - den begehrten Abschiebungsschutz in Deutschland genießt.

34

4. Der Streit über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des angefochtenen Bescheids hat sich durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärungen nicht erledigt. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (UA Rn. 29) verletzt Bundesrecht.

35

Zwar hat der Kläger die Ersetzung der Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat durch eine solche nach Italien, wie sie von dem Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung vom 14. Januar 2013 erfolgt ist, nicht im Wege der Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO in das vorliegende Verfahren einbezogen. Das unterliegt im Verwaltungsprozess aufgrund der Dispositionsmaxime - anders als nach § 68 FGO und § 86 SGG - allein seiner Entscheidung. Eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG scheitert daran, dass es sich beim Austausch des Zielstaats um eine weitgehende inhaltliche Änderung der Abschiebungsandrohung handelt. Das gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Anfechtungsbegehren des Klägers hat sich aber durch die fehlende Einbeziehung der neuen Zielstaatsbestimmung in das Verfahren nicht erledigt. Denn der Klägerbevollmächtigte hat den Rechtsstreit in der Hauptsache nur insoweit für erledigt erklärt, als die Beklagte den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben hat. Bei der Abschiebungsandrohung hat die Beklagte aber nur die Zielstaatsbezeichnung "in seinen Herkunftsstaat" aufgehoben, nicht die Abschiebungsandrohung als solche. Die Abschiebungsandrohung besitzt auch ohne Zielstaatsbestimmung Verwaltungsaktcharakter (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 a.a.O. Rn. 25). Die Erledigungserklärung geht insoweit ins Leere, denn die nicht konkretisierte Zielstaatsbestimmung "in seinen Herkunftsstaat" stellte - ebenso wie ihre Aufhebung - mangels Regelungswirkung keinen anfechtungsfähigen Verwaltungsakt dar.

36

Die streitgegenständliche Abschiebungsandrohung erfüllt in ihrer durch Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 erlangten Fassung die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 2 AsylVfG. Allerdings war sie in ihrer ursprünglichen Fassung insoweit rechtswidrig, als sie entgegen § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG nicht Somalia als den Staat bezeichnet hat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Hierzu war die Beklagte aufgrund der Bindungswirkung der italienischen Flüchtlingsanerkennung, die aufgrund der somalischen Staatsangehörigkeit des Klägers erfolgte, verpflichtet. Diesen rechtlichen Mangel hat die Beklagte durch nachträgliche Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf, in Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 ausgeräumt. In der Bestimmung des Staates, in den nicht abgeschoben werden darf, liegt nach dem Gedanken der § 59 Abs. 3, § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG eine verselbständigungsfähige Teilregelung. Die Parteien haben der veränderten Sachlage durch übereinstimmende Erledigungserklärungen Rechnung getragen. Damit ist der Rechtsstreit in Bezug auf diese Teilregelung der Abschiebungsandrohung in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 141 und § 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Die vorangegangenen Entscheidungen hierzu werden entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos erklärt. Im Übrigen war die Klage gegen die Abschiebungsandrohung abzuweisen.

37

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich, soweit streitig entschieden wurde, aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des Unterliegens des Klägers bei der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG sowie bei dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und nationalen Abschiebungsschutz erschien dem Senat - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu tragenden Kosten des eingestellten Verfahrensteils - eine Kostenverteilung sachgerecht, wonach der Kläger zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Der Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 09.12.2013 anzuordnen,
ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch im vorliegenden Rechtsstreit von Gesetzes wegen nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, § 75 S. 1 AsylVfG. In diesem Fall kann jedoch das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, einstweilen von der Vollziehung der Verfügung verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Gericht keine Veranlassung, dem Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren, da bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage das Rechtsmittel des Antragstellers erfolglos bleiben wird.
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn der Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Rumänien gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung des Asylantrags zuständig ist.
Auch die Abschiebungsanordnung im angegriffenen Bescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse kann sich der Antragsteller nicht berufen.
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetz kann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen. Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung des Antragstellers nach Rumänien abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
10 
Der Antragsteller ist weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Rumänien systemische Mängel auf (ebenso: VG Ansbach, Urteil vom 29.05.2013 - AN 11 K 13.30197-). Im Zuge des Beitrittsprozesses zur EU wurde im Bereich der Asylpolitik 1996 das Flüchtlingsgesetz geändert. Dabei wurden einige neue Rechtskonzepte eingeführt, wie etwa die Begriffe „offensichtlich unbegründeter Antrag", „sichere Drittländer", „Herkunftsland" und „beschleunigtes Verfahren". Personen, die in Rumänien den Flüchtlingsstatus innehaben, erhalten neun Monate lang eine finanzielle Unterstützung. Bestimmte Personengruppen, vor allem Minderjährige ohne Familienanhang und allein stehende Frauen mit Kindern, erhalten zusätzliche Unterstützung. In aller Regel haben Flüchtlinge die gleichen Rechte wie rumänische Staatsbürger. Dies gilt auch für den Zugang zum Arbeitsmarkt. Seit Februar 2003 sind anerkannte Flüchtlinge aufgrund des neuen Arbeitsrechts nicht mehr verpflichtet, eine Arbeitserlaubnis zu beantragen, wenn sie einer geregelten Arbeit nachgehen möchten. Im November 2001 erließ die Regierung eine Verfügung über die Integration von Flüchtlingen. In einem Gesetz vom März 2002 wurden die Verfahren zur Familienzusammenführung von Flüchtlingen geregelt. Ziel dieses Gesetzes war es, grundlegende Lücken in der bisherigen Gesetzgebung zur Familienzusammenführung zu schließen. In dem Bericht der Kommission vom Oktober 2005 [KOM(2005) 534 endg. - SEK (2005) 1354] wird darauf hingewiesen, dass es einer weiteren Angleichung der Rechtsvorschriften an die Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern, die Dublin-II-Verordnung sowie an die Konzepte des internationalen und des vorübergehenden Schutzes bedarf. In der Bewertung wird zur Durchführung Folgendes festgehalten: Im August 2003 wurde eine Datenbank mit Informationen über das Herkunftsland der Flüchtlinge eingerichtet, die bei dem Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft herangezogen wird. Im April 2004 traten Rechtsvorschriften in Kraft, um die Flüchtlingsregelung besser mit der Genfer Konvention von 1951 in Einklang zu bringen. Zusätzliche Änderungen über die soziale Eingliederung von Flüchtlingen wurden ab Mai 2004 angewandt. Darüber hinaus wurde das Personal des nationalen Flüchtlingsamts aufgestockt und die Kapazität des rumänischen Asylsystems beträchtlich erweitert. 2005 verabschiedete Rumänien offiziell einen Plan zur Einführung des Systems Eurodac im Juli 2005. Dennoch bedürfe es weiterer Anstrengungen. Die in der nationalen Flüchtlingsbehörde und im Institut für Kriminologie für das automatische Fingerabdruck-Erkennungssystem (AFIS) eingesetzten Geräte sollten modernisiert werden. Im diesem Bericht äußert sich die Kommission positiv dazu, dass Rumänien den aus den Beitrittsverhandlungen erwachsenden Verpflichtungen und Anforderungen nachgekommen ist. Nach ihrer Einschätzung dürfte Rumänien in der Lage sein, ab dem Beitritt – 01.01.2007 - den Besitzstand in den Bereichen Einwanderung, Asyl, Terrorismusbekämpfung, Zusammenarbeit im Zollwesen und Menschenrechtsinstrumente anzuwenden (vgl.: http://europa.eu/legislation_summaries/enlargement/2004_and_2007_enlargement/romania/e22108_de.htm). Zu einer Revidierung dieser Einschätzung sah sich die Kommission bis heute nicht veranlasst. Dass das Asylverfahren in Rumänien – trotz mancher Mängel, die in jedem EU-Land vorkommen können – nicht an systemischen Mängel leidet, wird auch durch die insgesamt positive Beurteilung des rumänischen Asylsystems im Menschenbericht für 2012 des U.S. Departement of State, wo zudem von positiven Veränderungen durch Rechtsänderungen im Jahr 2011 die Rede ist, belegt. Auch die Beschreibung der Aktivitäten des UNHCR in Rumänien auf dessen Internet-Auftritt (http://www.unhcr-centraleurope.org/en/where-we-work/operations-in-central-europe/romania.html) enthält nichts, was auf systemische Mängel hindeuten könnte. Anhaltspunkte für systemische Mängel ergeben sich auch nicht aus der Veröffentlichung „Protection Interrupt, National report: Romania“ des Jesuit Refugee Service Europe vom Juni 2013. Darin sind subjektive und angesichts der geringen Zahl von Interviewten nicht repräsentative Eindrücke von Asylsuchenden wiedergegeben; dass und in welcher Hinsicht Rumänien Gemeinschaftsrecht nicht umgesetzt hat, lässt sich dieser Veröffentlichung, die mehr rechtspolitisch argumentiert, nicht entnehmen. Soweit von Pro Asyl, Flüchtlinge im Labyrinth, insbesondere dort Seiten 22 und 23, Missstände oder Mängel behauptet werden, wird auf „Berichte des UNHCR und anderer Organisationen“ Bezug genommen, ohne dass diese konkret benannt werden. Systemische Mängel werden nur gemutmaßt, aber nicht begründet, wie schon aus der Formulierung, „all dies deutet daraufhin, dass ein faires, den EU-Richtlinien entsprechendes Asylverfahren in Rumänien nicht existiert“, deutlich wird. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, lassen die vorliegenden Informationen nicht den Schluss zu, dass in Rumänien systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten.
11 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht.
12 
Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris), sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
14 
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.

Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

     Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige; die Beschwerdeführerin zu 1. ist die Mutter des am 26. März 2011 geborenen Beschwerdeführers zu 2. Sie reisten im Januar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatte die Beschwerdeführerin zu 1. bereits in Italien einen Asylantrag gestellt, aufgrund dessen sie dort subsidiären Schutz zuerkannt bekam. Sie wenden sich gegen einen am 9. Juli 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 8. Juli 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 26a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 16. Juni 2014 versagt wurde, sie in den sicheren Drittstaat Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Begründung ab, dass kein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben sei, insbesondere weil anhand der in der jüngeren Rechtsprechung des EGMR (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) entwickelten Maßstäbe Mängel der Aufnahmesituation in Italien, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 EMRK gebieten könnten, derzeit nach der Auskunftslage auch für die Gruppe der Inhaber eines Schutzstatus nicht erkennbar sei. Anders stelle sich die Lage nur bei alleinstehenden Elternteilen mit Kind dar, zu der die Beschwerdeführer aber deshalb nicht gehörten, weil auch der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin zu 1. aufgrund eines Beschlusses in seinem Eilverfahren mittlerweile vollziehbar nach Italien ausreisepflichtig sei.

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 11. August 2014, einem Montag, erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

4

Sie befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzberechtigte seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Verletzungen ihrer Grundrechte aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, welche die Beschwerdeführer in Folge einer Abschiebung nach Italien erlitten, müsse sich die Bundesrepublik Deutschland zurechnen lassen. In den geschilderten Zuständen in Italien liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

II.

5

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des Beschwerdeführers zu 2. zu treffen haben (dazu 2.).

6

1. Die Beschwerdeführer zeigen schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Sie setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

7

Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie im Übrigen auch nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit zu rechnen haben und dem Beschwerdeführer zu 2. als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

8

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

9

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

10

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

11

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

12

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

13

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

14

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkte der Familieneinheit und des Kindeswohls (vgl. etwa Erwägungsgrund 22 und Art. 14 Abs. 1 a) und d) der Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

15

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, Abschiebungsmaßnahmen aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 sowie aus der Zurückschiebungsverfügung der Bundespolizeiinspektion R. vom 2. Dezember 2013 bzw. Abschiebungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin bis zur Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus ihrem Vorbringen nicht ergibt, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung oder Zurückschiebung zusteht.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Vollziehung der Abschiebung aus der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 zu untersagen, bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist

die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf vorläufige Aussetzung der mit Bescheid vom 20. Januar 2014 angeordneten Abschiebung ist allerdings unzulässig. Für den vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG verweist § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist somit gemäß § 123 Abs. 5 VwGO nicht statthaft. Die Antragstellerin kann insoweit im noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (Az. M 12 S7 14.30364) effektiven Rechtsschutz erlangen. In diesem Verfahren macht die Antragstellerin ebenfalls geltend, dass in ihrer Person sowohl inlandsbezogene als auch zielstaats-bezogene Abschiebungshindernisse vorliegen. Käme das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren bei summarischer Prüfung zum Ergebnis, dass die geltend gemachten Abschiebungshindernisse vorlägen, so hätte es die aufschiebende Wirkung der Klage (M 12 K 14.30132) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 anzuordnen, so dass die Abschiebungsanordnung bis zu einer anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollziehbar wäre. Damit hätte die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Vollzugsmaßnahmen aus der Abschiebungsanordnung vom 20. Januar 2014 zu unterlassen, vollständig erreicht.

Im Übrigen handelt es sich bei einer Rechtsstreitigkeit über die Entscheidung des Bundesamtes nach § 34a Abs. 1 AsylVfG um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit i. S. d. § 80 AsylVfG, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, Abschiebungsmaßnahmen aus der Zurückschiebungsverfügung vom 2. Dezember 2013 durchzuführen, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Für eine diesbezügliche einstweilige Anordnung fehlt (wohl schon) das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Zurückschiebungsverfügung durch die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 auf andere Weise erledigt hat (s. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Eine Zurückschiebungsanordnung auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG stellt einen belastenden anfechtbaren Verwaltungsakt dar (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthaltsG, Stand August 2013, § 57 Rn. 17), der durch die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz am 13. Januar 2014 und die Entscheidung des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 obsolet geworden ist und sich deshalb dadurch erledigt hat. Rechtsgrundlage für eine mögliche Abschiebung der Antragstellerin nach Ungarn ist damit ausschließlich die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zurückschiebungsanordnung noch Rechtswirkungen entfaltet, hätte es die Antragstellerin versäumt, gegen die Zurückschiebungsverfügung als belastenden Verwaltungsakt entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Rechtsmittel einzulegen, so dass die Zurückschiebungsverfügung bestandskräftig geworden wäre. Vorläufigen Rechtsschutz hätte die Antragstellerin im Übrigen auch nur im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zurückschiebungsverfügung erlangen können. Daher stünde auch § 123 Abs. 5 VwGO einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO entgegen.

Soweit das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 20. Februar 2014 davon ausgegangen sein sollte, dass der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung unabhängig von der asylverfahrensrechtlichen Streitigkeit aus § 34a AsylVfG als (zusätzliche) ausländerrechtliche Streitigkeit auf Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG zu behandeln sei, hilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG gerichtete Eilantrag in einem solchen Fall gegen den Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde und nicht gegen die Antragsgegnerin zu richten gewesen wäre. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, seine Abschiebung für einen Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen, weiter.

Der Antragsteller reiste ursprünglich als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wurde zunächst als Asylberechtigter anerkannt. Mit Bescheid vom 17. Juni 2003 widerrief das Bundesamt jedoch seine Asylberechtigung und die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 51 Abs. 1 AuslG und stellte zugleich fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Mit Bescheid vom 25. Juni 2004 wurde der Antragsteller aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der Antragsteller ist mehrfach straffällig geworden und verbrachte längere Zeiträume in Haft. Er ist drogen- und alkoholabhängig.

Nachdem der Antragsteller im April 2014 aus der Haft entlassen worden war, kündigte die Antragsgegnerin an, dass sie beabsichtige, ihn am 9. Juli 2014 nach P. abzuschieben. Sie erwirkte beim Amtsgericht München die Anordnung der Sicherungshaft für zwei Wochen (Beschluss vom 4. Juli 2014).

Am 7. Juli 2014 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Verwaltungsgericht München, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Abschiebung des Antragstellers für einen Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen. Zur Begründung berief er sich auf ein fachärztliches Attest vom 10. Juni 2014, das dem Antragsteller eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung bescheinigte. Der Antragsteller sei aus fachärztlicher Sicht nicht reisefähig.

Die Antragsgegnerin teilte dem Verwaltungsgericht am 8. Juli 2014 mit, dass der Antragsteller nicht habe festgenommen werden können, weil er unter der angegebenen Adresse nicht aufzufinden gewesen sei. Weder den Eltern noch dem Bruder sei bekannt, wo der Antragsteller sich derzeit aufhalte.

Mit Beschluss vom 9. Juli 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Der Antrag sei unzulässig, da dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Er sei offensichtlich untergetaucht, um sich der Festnahme zu entziehen. Das Gericht habe auch an der behaupteten Reiseunfähigkeit des Antragstellers trotz des vorliegenden Attests erhebliche Zweifel.

Mit seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Juli 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers für einen Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen.

Der Antragsteller sei nicht untergetaucht. Er habe nach seiner Haftentlassung im April 2014 erneut seine Anschrift unter der angegebenen Adresse bestätigt. Er sei auch tatsächlich unter dieser Adresse erreichbar. Zustellungen an ihn könnten unter dieser Adresse bewirkt werden. Eine Verpflichtung, sich durchgehend nur an einem Ort aufzuhalten, sei dagegen nicht ersichtlich. Der Antragsteller stehe in regelmäßigem Kontakt mit seinem Bevollmächtigten, auch nehme er die Termine bei seinem Bewährungshelfer wahr. Es könne nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass er kein Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung habe, wenn er an seiner Wohnanschrift nicht festgenommen werden könne. Die Feststellung, ob eine psychiatrische Behandlung im Kosovo praktisch und finanziell hinreichend gewährleistet sei, bleibe der Beurteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vorbehalten. Der Antragsteller habe einen entsprechenden Wiederaufnahmeantrag gestellt. Der Antragsteller habe sich auch nicht einer weiteren Untersuchung entzogen, vielmehr habe die Antragsgegnerin eine amtsärztliche Untersuchung abgelehnt.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Wiederaufnahmeantrag des Antragstellers zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab. Ungeachtet der Nichtdarlegung einer nachvollziehbaren Rückkehrgefahrenprognose im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sowie der nicht nachvollziehbar dargelegten Diagnose einer Depression bleibe festzuhalten, dass sowohl in der Republik Serbien als auch in der Republik Kosovo psychische Erkrankungen hinreichend behandelt werden könnten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller sei untergetaucht. Mehrere Versuche, ihn an der Meldeadresse anzutreffen, seien erfolglos geblieben. Zu seinem Bewährungshelfer habe er seit Januar 2013 keinen persönlichen Kontakt. Sein Arbeitsverhältnis sei vom Arbeitgeber fristlos gekündigt worden. Es bestehe kein Anordnungsgrund mehr. Ein Anordnungsanspruch liege ebenfalls nicht vor.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Erteilung einer vorläufigen Duldung für die Dauer von sechs Monaten im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Sachvortrag im Beschwerdeverfahren, auf den sich die Prüfung des Senats zu beschränken hat, rechtfertigt weder eine Abänderung noch eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO durch sein „Untertauchen“ bereits wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig ist oder es an der Dringlichkeit für eine gerichtliche Entscheidung und damit an einem Anordnungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO fehlt, weil jedenfalls ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht glaubhaft gemacht ist.

Das Erstgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass in Einklang mit Art. 19 Abs. 4 GG jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt. Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf gerichtliche Sachentscheidung. Fehlt es daran, so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen (BVerfG, B. v. 27.10.1998 - 2 BvR 2662/95 - juris Rn. 16 m. w. N.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an der Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr gelegen ist (BayVGH, B. v. 20.12.1999 - 10 ZB 99.1418 - juris Rn. 3). Zwar ist der Antragsteller an seiner Meldeadresse derzeit nicht greifbar. Der Antragsteller macht jedoch geltend, dass er Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung habe, weil vor seiner Abschiebung zunächst geklärt werden müsse, ob wegen der ihm attestierten Erkrankung ein Abschiebungsverbot besteht. Auch wenn sich der Antragsteller derzeit seiner Festnahme entziehen will, lässt sich wohl alleine aus der Tatsache, dass er unter seiner Meldeadresse nicht aufgreifbar ist, nicht ohne weiteres auf sein fehlendes Rechtsschutzinteresse schließen. Mit seinem Bevollmächtigten und auch seinen Eltern steht er zumindest in telefonischem Kontakt.

Nicht abschließend geklärt ist derzeit auch, ob die Abschiebung des Antragstellers tatsächlich konkret bevorsteht und deshalb die für den Anordnungsgrund erforderliche besondere Dringlichkeit für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung besteht. Denn wenn der Antragsteller tatsächlich auf unabsehbare Zeit untergetaucht und für die Abschiebung zuständige Behörde nicht erreichbar sein sollte, fehlte es regelmäßig am Anordnungsgrund (BVerfG, B. v. 31.8.1999 - 2 BvR 1523/99 - juris Leitsatz). Gerichtlicher Eilrechtsschutz gegen die Abschiebung kann in diesen Fällen in Anspruch genommen werden, sobald der Antragsteller wieder auftaucht und der zuständigen Behörde den tatsächlichen Aufenthalts- und Wohnort mitteilt. Vorliegend geht die Antragsgegnerin aber wohl davon aus, dass es ihr noch gelingt, den Antragsteller tatsächlich abzuschieben. Denn sie hat dem Senat mitgeteilt, dass die Abschiebung für den 30. Juli 2014 geplant ist, obwohl sich der Antragsteller derzeit nicht an seiner Meldeadresse aufhält. Unter diesen Umständen muss es dem Antragsteller möglich sein, vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Die Beschwerde bleibt jedoch ohne Erfolg, weil der Antragsteller die Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren, wonach dem Antragsteller in seinem Heimatstaat nicht die benötigten Medikamente und die notwendige medizinische Betreuung zur Verfügung stünden, vermag kein beachtliches (zielstaatsbezogenes) Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu begründen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Antrag auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheids vom 17. Juni 2003 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG abgelehnt. Damit steht fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen. Die Ausländerbehörde ist insoweit an die Feststellungen des Bundesamts gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG). Im Übrigen sind Gründe dafür, dass die vom Bundesamt getroffenen Feststellungen nicht zutreffen, im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt worden.

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besteht aber auch nicht wegen der vom Antragsteller geltend gemachten Reiseunfähigkeit. Von einer Reiseunfähigkeit im engeren Sinne spricht man, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne liegt dann vor, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (BayVGH, B. v. 18.10.2013 - 10 CE 13.1890 - juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 18.10.2013 - OVG 7 S 11.13 - juris Rn. 12). Zur Reiseunfähigkeit des Antragstellers führt das im Antragsverfahren vorgelegte fachärztliche Attest vom 10. Juni 2014 aus: „Es muss nach gegenwärtiger Einschätzung davon ausgegangen werden, dass bei einer Trennung des Patienten von seinen Bezugspersonen eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eintreten wird. Es ist damit zu rechnen, dass der Patient in einem Affektzustand eine akute Suizidalität entwickeln kann bzw. die Notwendigkeit einer stationären psychiatrischen Behandlung entsteht. Der Patient ist deshalb aus meiner fachärztlichen Sicht nicht reisefähig.“ Durch diese fachärztlichen Angaben ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass beim Antragsteller während des eigentlichen Vorgangs der Abschiebung eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht oder das ernsthafte Risiko besteht, dass sich unmittelbar durch die Abschiebung als solche der Gesundheitszustand des Antragstellers wesentlich verschlechtert. Dem fachärztlichen Attest lässt sich entnehmen, dass offensichtlich bei Erstellung der ärztlichen Bescheinigung eine Suizidgefahr nicht bestand, sondern der Antragsteller sehr motiviert und sogar in der Lage war, einer Berufstätigkeit nachzugehen (die vom Arbeitgeber erst nach Bekanntwerden des Haftbefehls für die Sicherungshaft gekündigt worden ist). Attestiert wird ihm lediglich eine deutliche Depressivität. Eine Reiseunfähigkeit im engeren Sinn ist damit nicht festzustellen. Die behauptete wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird durch das fachärztliche Attest ebenfalls nicht hinreichend belegt. Der Facharzt spricht zwar davon, dass der Antragsteller im Affektzustand eine akute Suizidalität entwickeln könne. Für diese prognostische Diagnose, die er ohnehin nur als Möglichkeit in Erwägung zieht, führt er jedoch keinerlei Befundtatsachen aus dem bisherigen Behandlungsverlauf oder der Krankheitsgeschichte des Antragstellers an, die als Beleg für eine Suizidgefahr dienen könnten. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 8.2.2012 - 2 M 29/12 - juris Rn. 11 ff.). Hinzu kommt, dass selbst bei einer unterstellten ernsthaften Suizidgefahr nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt, sondern dass die Abschiebung von der zuständigen Ausländerbehörde dann so zu gestalten wäre, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BayVGH, B. v. 9.4.2003 - 10 CE 03.4844 - juris Rn. 9, BVerfG, B. v. 16.4.2002 - 2 BvR 553/02 - juris; B. v. 26.2.1998 - 2 BvR 1985/98 - juris Rn. 4). Die Antragsgegnerin müsste in diesem Fall klären, ob tatsächlich die konkrete Gefahr einer Selbsttötung besteht, und dieser Gefahr gegebenenfalls zusätzlich zur bereits beabsichtigten Sicherheitsbegleitung durch eine entsprechende ärztliche Versorgung begegnen.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

4. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Bofinger, Augsburg, wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der am …1994 in Bagdad geborene Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben mit seinem Vater von Istanbul kommend auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 03.03.2014 seine Anerkennung als asylberechtigt. Sein am …1960 geborener Vater stellte seinen Asylantrag am 26.02.2014. Die VIS - Antragsauskunft ergab, dass der Antragsteller in Bagdad ein spanisches Visum für die Schengen-Staaten, gültig vom 01.02.2014 bis 25.02.2014, erhalten hatte (Beiakt I B 3 K 14.50036 Seite 30; wie auch sein Vater, Beiakt II B 3 K 14.50036 Seite 34).

Mit Schreiben vom 17.07.2014 erklärten die spanischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Antragstellers gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO. Eine solche Erklärung ging für seinen Vater bereits am 08.07.2014 zu (Beiakt II B 3 K 14.50036 Seite 74).

Mit Bescheid vom 24.07.2014 wurde der Antrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Spanien angeordnet. Zur Begründung wird angeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Spanien aufgrund des erteilten Visums gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO für seine Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Die Klage gegen diesen Bescheid ist bei Gericht unter dem Az.: B 3 K.14.50036 anhängig; über sie wurde noch nicht entschieden. Der Eilantrag des Antragstellers gem. § 80 Abs. 5 VwGO (B 3 S 14.50035) wurde durch gerichtlichen Beschluss vom 07.08.2014 abgelehnt. An der Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ergaben sich für das Gericht keine Zweifel.

Im Gerichtsverfahren B 3 K 14.50036 wurde seitens der früheren Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 21.08.2014 eine ärztliche Bescheinigung des Klinikums der …, Klinik und Fallklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vorgelegt, auf die verwiesen wird (Gerichtsakte B 3 K 14.50036, Seiten 20 - 23). Für den Vater des Antragstellers wurde mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21.08.2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine ebensolche Bescheinigung vom 19.08.2014 vorgelegt (Gerichtsakte B 3 K 14.50036, Seiten 27 – 29); auf diese Stellungnahme wird ebenfalls verwiesen.

Seit dem 07.10.2014 war der Antragsteller unbekannt verzogen (B 3 K 14.50036, Gerichtsakte Seite 42).

Mit Schriftsatz vom 10.10.2014 nahm der jetzige Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter bzw. als Flüchtling, sowie auf Feststellung von europarechtlichen Abschiebungshindernissen nach §§ 4 ff. AsylVfG bzw. § 60 Abs. 2 – 4 AufenthG zurück. Er stellte für den Antragsteller den Antrag, bezüglich seines Herkunftsstaates Irak das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen (B 3 K 14.50036, Gerichtsakte Seite 63).

Mit Schriftsatz vom 10.10.2014 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers weiterhin beim Landratsamt Bamberg die Erteilung einer Duldung für zunächst sechs Monate, hilfsweise für drei Monate beantragt. Dieser Antrag wurde auf § 60a Abs. 2 AufenthG gestützt. Es komme in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Ausländer freiwillig ausreisen könne. Sodann wird offenbar ein Auszug aus der bekannten ärztlichen Stellungnahme des Klinikums der … vom 19.08.2014 zitiert. Schließlich wurde geltend gemacht, dass die Überstellungshaft im Dublin-Verfahren in Deutschland weitgehend rechtswidrig sei.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 10.10.2014 nahm der jetzige Prozessbevollmächtigte des Antragstellers vorsorglich die Klage zurück, soweit nach dem Klageschriftsatz der bisherigen Prozessbevollmächtigten die Bundesrepublik Deutschland zu der Feststellung verpflichtet hätte werden sollen, den Antragsteller als Asylberechtigten und Flüchtling anzuerkennen und bei ihm das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 – 4 AufenthG festzustellen. Die Klage wurde nunmehr dahingehend formuliert, dass die Bundesrepublik Deutschland unter Aufhebung des Bescheids vom 24.07.2014 verpflichtet werden soll, beim Antragsteller bezüglich seines Herkunftsstaates Irak das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen (B 3 K 14.50036, Gerichtsakte Seite 57).

Mit Schriftsatz vom 24.10.2014 stellte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers für diesen den Eilantrag, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu untersagen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Ausländerbehörde des Landratsamts Bamberg über den Antrag auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Antragsteller fortzusetzen (Az. B 3 E 14.50090).

Zur Begründung wurde u. a. vorgetragen, der Antragsteller habe mit seinem Vater beim Landratsamt Bamberg vorgesprochen und sei sofort in Haft genommen worden. Es liege ein wirksamer Schutzantrag vor, der einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung einräume. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dürfe sich über das rechtswirksam gestellte Schutzbegehren nicht hinwegsetzen und müsse deshalb aufenthaltsbeendende Maßnahmen sofort einstellen. Mit Beschluss vom 28.10.2014 wurde dieser Eilantrag abgelehnt, weil das Gericht die Bundesrepublik Deutschland insofern nicht als passivlegitimiert ansah.

Mit Schriftsatz vom 29.10.2014 wandte sich der Antragsteller, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, erneut an das Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragte,

bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Ausländerbehörde des Landratsamts Bamberg über den Antrag auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG es dem Beklagten zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den Antragsteller fortzusetzen.

Zudem wurde Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung beantragt.

Zur Begründung wird insbesondere vorgetragen, der Antragsteller erstrebe nunmehr ausschließlich die Gewährung subsidiären Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Gegenüber dem Landratsamt Bamberg sei wie auch gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Schriftsätzen vom 10.10.2014 das Schutzbegehren auf die Gewährung dieses subsidiären nationalen Abschiebungsschutzes beschränkt worden. Damit sei auch nach Inkrafttreten von Dublin III die Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zuständig. Der Antragsteller sei nunmehr nicht mehr untergetaucht, vielmehr habe er seinen Aufenthalt in der JVA … Der Antragsgegner dürfe das rechtswirksam gestellte, auf Gewährung subsidiären nationalen Abschiebungsschutzes gerichtete Schutzbegehren nicht ignorieren und müsse deshalb aufenthaltsbeendende Maßnahmen sofort einstellen. Der Antragsteller habe als Christ im Irak seit langem unter der Bedrohung durch islamistische Fanatiker gelitten. Nach dem nach wie vor aktuellen Grundsatzurteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 08.02.2007 sei zutreffend von einer Gruppenverfolgung der Christen im Irak auszugehen.

Unabhängig von dem zweifelsfrei begründeten Schutzbegehren des Antragstellers gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertige sich der gestellte Eilantrag bereits aus dem Gesichtspunkt der nachgewiesenen Reiseunfähigkeit des Antragstellers gemäß der ärztlichen Bescheinigung des Klinikums der …, Klinik und Fallklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 19.08.2014.

Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 31.10.2014, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trug er insbesondere vor, die Ausländerbehörde habe zu keiner Zeit eine Rückführung in den Irak geplant. Würde man der Rechtsauffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers folgen, könnte nach einer BAMF-Entscheidung und Anordnung der Abschiebung in einen Anwenderstaat der Dublin-III-VO durch Rücknahme des Asylantrags die Überstellung immer verhindert werden. Die Dublin-III-VO würde dann ins Leere laufen. Eine Reiseunfähigkeit des Antragstellers habe zu keiner Zeit mit qualifiziertem ärztlichen Attest nachgewiesen werden können. Halbherzig werde im letzten Absatz pauschal „eine Hauptbelastung für den Patienten ist zweifelsfrei die drohende Abschiebung nach Spanien“ erwähnt. Das vorgelegte Attest decke sich in weiten Teilen mit dem Attest des Vaters (B 3 E 14.735). Durch die bisher an den Tag gelegte Reisefreudigkeit des Antragstellers (Untertauchen im Raum München, Anwaltsbesuche in München und Augsburg, Arztbesuche in München) bestehe keine Reiseunfähigkeit bezüglich der Reisestrapazen, die eine Überstellung nach Spanien mit sich bringe. Der Antragsteller sei am 22.10.2014 von Bamberg in die Abschiebungshafteinrichtung nach Mühldorf ohne besondere Vorkommnisse transportiert worden (Fahrtdauer ohne Pause ca. 3,5 – 4 Stunden). Eine Überstellung nach Spanien dauere insgesamt nicht länger und stelle durch die Nähe des jetzigen Aufenthaltsortes … zum Flughafen keine größere Belastung für den Antragsteller dar. In Spanien werde der Antragsteller ein reguläres Asylverfahren erhalten und sei dort von einer Rückführung in den Irak umfassend geschützt. Die Aussetzung der Abschiebung nach Spanien habe daher nicht zu erfolgen. Eine Abschiebung in den Irak sei zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen.

Der Asylantrag des Vaters des Antragstellers wurde mit Bescheid des Bundeamtes vom 18.07.2014 als unzulässig abgelehnt und ebenfalls die Abschiebung nach Spanien angeordnet. Die dagegen am 10.10.2014 beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth erhobene Klage (B 3 K 14.50080) wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 14.10.2014 wieder zurückgenommen. Für den Vater des Antragstellers wurde vom gemeinsamen Prozessbevollmächtigten ebenfalls mit Schriftsatz vom 29.10.2014 ein Eilantrag gestellt, der unter dem Az.: B 4 E 14.735 angelegt wurde. Mit Präsidiumsbeschluss vom 31.10.2014 wurde auch dieses Eilverfahren der 3. Kammer wegen einheitlicher Veranlassung zugeteilt und unter dem Az.: B 3 E 14.735 fortgeführt.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten, die Gerichtsakten in den Verfahren B 3 K 14.50036, B 3 S 14.50035, B 3 E 14.50090, sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren B 3 K 14.50080 und B 3 E 14.735 Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Ein Anspruch des Antragstellers auf vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer Duldung für zunächst sechs, hilfsweise drei Monate bzw. auf Einstellung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht ersichtlich nicht.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Der vollziehbar ausreisepflichtige Antragsteller, dessen Ausreisefrist abgelaufen ist, hat keinen Anspruch auf eine Duldung glaubhaft gemacht. Deshalb liegt wegen der ggf. drohenden Abschiebung zwar ein Anordnungsgrund, aber kein Anordnungsanspruch vor.

Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.

Die Abschiebung des Antragstellers nach Spanien – und nur darum geht es hier – ist zweifellos nicht aus tatsächlichen Gründen unmöglich.

Die Abschiebung ist aber auch nicht aus rechtlichen Gründen unmöglich.

Rechtlich unmöglich kann eine Abschiebung auch dann sein, wenn es durch die Abschiebung unmöglich gemacht oder jedenfalls in unzumutbarer Weise erschwert wird, eine ausländerrechtliche Rechtsposition im Bundesgebiet zu verfolgen (BayVGH, Beschluss vom 25.1.2010, Az. 10 CE 09.2762, juris Rdnr. 10). Ein Anordnungsanspruch könnte deshalb dann bestehen, wenn der Antragsteller glaubhaft gemacht hätte, dass er einen offenbaren Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 3 i.V.m. § 60 Abs. 5, 7 AufenthG) hat, den geltend zu machen die Abschiebung zumindest erschwert (vgl. VG München, Beschluss vom 24.8.2010, Az. M 10 S 10.3263 und 3264, juris Rdnr. 35).

Ein solch offenbarer Anspruch ist für den Antragsteller vorliegend jedoch weder glaubhaft gemacht, noch ansonsten ersichtlich.

Soweit der Eilantrag auf die Bedrohung des Antragstellers als Christ im Irak gestützt wird, erschließt sich dem Gericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG betreffend den Irak nicht. Gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Bei der Prüfung dieses Abschiebungsverbotes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer angeschlossen hat, auch eine etwaige Gefahrenminderung durch zumutbares eigenes Verhalten des Ausländers in den Blick zu nehmen (siehe BVerwG U. v. 03.11.1992 Az.: 9 C 21/92 Rd.-Nr. 12, U. v. 15.04.1997, Az.: 9 C 38/96 Rd.-Nr. 27 und aus jüngster Zeit VGH Baden-Württemberg U. v. 26.02.2014 Az. A 11 S 2519/12, unveröffentlichter Entscheidungsabdruck Seite 40, wonach der, der durch eigenes zumutbares Verhalten – insbesondere durch freiwillige Rückkehr – drohende Verfolgung oder sonstige im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes hat). Es ist vorliegend in keiner Weise ersichtlich, dass es dem Antragsteller nicht zuzumuten wäre, entsprechend den europäischen Regelungen in der Dublin-III-Verordnung seinen Asylantrag in Spanien zu stellen und dort sein Schutzbegehren bezüglich des Ziellandes Irak geltend zu machen. Dass der Antragsteller dies offenbar wegen der Ansässigkeit seiner Großfamilie im Münchner Raum nicht will und von Anfang an nicht wollte, ändert nichts daran, dass ihm die Einhaltung der europäischen Zuständigkeitsregeln für die Beantragung internationalen Schutzes in Europa zuzumuten ist. Der Antragsteller betreibt typisches „forumshopping“, d. h., es geht ihm inhaltlich zwar um klassischen Flüchtlingsschutz, äußerlich jedoch verpackt in ein bloßes nationales Abschiebungsverbot um die Zuständigkeitsregeln der Dublin-III-Verordnung zu unterlaufen. Dies ist dem Antragsteller unbenommen, er muss sich allerdings bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG darauf verweisen lassen, dass es ihm frei steht, sich vor den ihm im Irak als Christen drohenden Gefahren durch eine Asylantragstellung in Spanien zu schützen. Insofern stünde einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gem. § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im Übrigen wohl auch entgegen, dass dem Antragsteller die Ausreise nach Spanien möglich und zumutbar ist.

Soweit der Eilantrag auf die „nachgewiesene Reiseunfähigkeit des Antragstellers“ laut ärztlicher Bescheinigung vom 19.08.2014 gestützt wird, erschließt sich dem Gericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, das zur Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG führen könnte, ebenfalls nicht. Von einer Reiseunfähigkeit im engeren Sinne spricht man, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne liegt dann vor, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (BayVGH, B. v. 29.07.2014, 10 CE 14.1523 juris Rn. 21; B. v. 18.10.2013 – 10 CE 13.1890 – juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 18.10.2013 – OVG 7 S 11.13 – juris R.12).

Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten. Insbesondere ist es dem Arzt, der ein Attest ausstellt, untersagt, etwaige rechtliche Folgen seiner fachlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen oder sich mit rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen (BayVGH vom 18.10.2013, a.a.O., Rd.-Nr. 21 m.w.N.). Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (siehe BayVGH B. v. 29.07.2014, 10 CE 14.1523, Rd.-Nr. 21).

Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass bei ihm eine Reiseunfähigkeit vorliegt, die zur Aussetzung seiner Abschiebung führen müsste.

Eine Transportunfähigkeit (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) liegt offenkundig nicht vor. Aber auch eine Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ist nach der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 19.08.2014 (B 3 K 14.50036, Seiten 20 ff.) nicht glaubhaft gemacht. Zunächst ist festzuhalten, dass dem Antragsteller nach einmaligem Patientenkontakt am 19.08.2014 die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode (ICD-10:F33.2), gestellt wurde. Eine differenzierte Diagnostik – außer den Schilderungen des Antragstellers, die offenbar 1:1 als Tatsachen übernommen wurden – ist der Bescheinigung nicht zu entnehmen, was schon die Frage aufwirft, inwieweit die gestellte Diagnose fachlich hinreichend begründet ist. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch sein Vater nach einmaligem Arztkontakt ein weitgehend gleichlautendes Attest erhielt. Abgesehen davon führt das vorgelegte fachärztliche Attest vom 19.08.2014 zur Reiseunfähigkeit des Antragstellers aus:

„Trotz eindringlicher Aufklärung von unserer Seite lehnte der Patient die stationäre Aufnahme aus Angst ‚eingesperrt zu werden‘ ab.

Es besteht bei Herrn … eine klare Indikation für eine kontinuierliche ärztliche Behandlung.

Daher ist die engmaschige medikamentöse und psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung des Patienten angesichts des aktuellen psychopathologischen Zustandsbildes im Rahmen der vorliegenden chronischen Erkrankung dringend notwendig.

Aus ärztlicher Sicht ist Herr … zum gegenwärtigen Zeitpunkt und bis auf weiteres reiseunfähig. Er ist aktuell aufgrund der Schwere seiner psychiatrischen Erkrankung in seiner Belastbarkeit deutlich eingeschränkt und somit einer Exazerbation seiner Erkrankung mit akuter Eigengefährdung ausgesetzt. Kumulierende externe Belastungsfaktoren führten und führen bei unserem Patienten immer wieder zu krisenhaften Einbrüchen mit akuter Suizidalität. Diese sind Ausdruck der ausgeprägten intrapsychischen Konflikte des Patienten auf dem Boden frühkindlicher, kindlicher und jugendlicher Erfahrungen in Form von erheblichen Entbehrungen, Belastungen und traumatischen Erlebnissen. Eine Hauptbelastung für den Patienten ist zweifelsfrei die drohende Abschiebung nach Spanien. Die psychischen Auswirkungen einer solchen Maßnahme führen mit Sicherheit zu einer Dekompensation und somit zu einer akuten Eigengefährdung unseres Patienten. Zudem ist aufgrund der gegenwärtigen Bedingungen für Asylbewerber in Irak eine engmaschige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung nicht zu erwarten. Ein Behandlungsabbruch ist aus medizinischer Sicht nicht vertretbar. Die notwendigen psychiatrischen und psychotherapeutischen Interventionen erfolgen in regelmäßigen Abständen in unserer Migrationsambulanz in der Muttersprache des Patienten.

Herr … benötigt dringend weiterhin ein gesichertes, unterstützendes Umfeld einhergehend mit einer stabilen Aufenthaltsperspektive.“

Durch diese fachärztlichen Angaben ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass beim Antragsteller während des eigentlichen Vorgangs der Abschiebung eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht oder das ernsthafte Risiko besteht, dass sich unmittelbar durch die Abschiebung als solche der Gesundheitszustand des Antragstellers wesentlich verschlechtert. Eine Reiseunfähigkeit des Antragstellers im Sinne von Transportunfähigkeit „bis auf weiteres“ ist ohnehin durch seine Reisetätigkeit des Antragstellers nach der Erstellung des Attestes (u.a. Untertauchen, Reise nach München und von dort zurück nach Bamberg, Transport nach …*) widerlegt. Die behauptete wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers (Reiseunfähigkeit in weiterem Sinne) wird durch das fachärztliche Attest ebenfalls nicht hinreichend belegt. Dem Antragsteller wird zwar die dringende Behandlungsbedürftigkeit seiner „chronischen“ Erkrankung bescheinigt und er wird „aktuell“ einer „Exazerbation seiner Erkrankung mit akuter Eigengefährdung ausgesetzt“ gesehen. Eine Behandlung des Antragstellers im Anschluss an die Bescheinigung erfolgte aber offenbar nicht. Die stationäre Behandlung konnte der damals nach der Bescheinigung akut suizidgefährdete Antragsteller erstaunlicherweise ablehnen. Sonstige Therapiemaßnahmen seit August 2014 wurden nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Welcher „Behandlungsabbruch“ aus medizinischer Sicht unvertretbar sein soll, ist schon von daher nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon unterliegt es keinem vernünftigen Zweifel, dass depressive Erkrankungen in Spanien hinreichend behandelbar sind und der Antragsteller erforderlichenfalls auch eine solche Behandlung erhalten würde.

Da die ärztliche Bestätigung auf die Behandlungsmöglichkeiten im Irak abstellt, kann allerdings auch nicht davon ausgegangen werden, dass die attestierenden Ärzte vollständig informiert waren bzw. die ihnen vorliegenden Informationen zutreffend eingeordnet haben.

Soweit die ärztliche Bestätigung als Hauptbelastung des Antragstellers „die drohende Abschiebung nach Spanien“ nennt (interessanterweise ist das beim Vater die drohende Abschiebung in den Irak), wird dies nicht weiter begründet und ist auch ansonsten nicht nachvollziehbar. Die Abschiebung des Antragstellers würde zusammen mit seinem Vater erfolgen und es ist auch abwegig, dass dem Antragsteller in Spanien als Christ die Verfolgung durch islamistische Fanatiker drohte, der er nach seinen Angaben im Irak ausgesetzt war.

Sofern die ärztliche Bestätigung vom 19.08.2014 schlussendlich zum Ausdruck bringen will, dass einer Suizidgefahr beim Antragsteller ausschließlich durch einen Verbleib (bei der Großfamilie) in Deutschland wirksam begegnet werden kann, mag schon die Fachlichkeit dieser (implizierten) Schlussfolgerung bezweifelt werden. Abgesehen davon liegt ein solches Junktim außerhalb der Reichweite des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 29.07.2014 (a.a.O., juris Rn. 21) ausdrücklich festhält, dass selbst bei einer unterstellten ernsthaften Suizidgefahr nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt, sondern dass die Abschiebung von der zuständigen Ausländerbehörde dann so zu gestalten wäre, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann.

Da ein offenbarer Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nicht glaubhaft gemacht wurde, kann auch das darauf gestützte Duldungsbegehren keinen Erfolg haben.

2. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 8.1 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 f.).

3. Der gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus den dargelegten Gründen hat der Antragsteller jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, so dass keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestehen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.