Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung ambulanter Jugendhilfeleistungen.

1. Mit Schreiben vom 12. November 2014 und 12. März 2015 übersandte das Jugendamt des Antragsgegners den Eltern des am ... 2005 geborenen Antragstellers das Antragsformblatt hinsichtlich ambulanter Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII. Eine förmliche Antragstellung durch ein seitens beider sorgeberechtigter Elternteile unterzeichnetes Antragsformblatt erfolgte jedoch zunächst nicht.

Erst mit am 26. März 2015 eingegangenem Formblatt stellten die Eltern des Antragstellers für diesen beim Jugendamt des Antragsgegners einen förmlichen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche in ambulanter Form (§ 35a SGB VIII). Beantragt wurde konkret die Übernahme von Kosten der Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen Behandlung in der Praxis „...“ in ...

Das Zwischenzeugnis 2013/2014 vom 14. Februar 2014 (Jahrgangsstufe 3) führt zum Sozialverhalten des Antragstellers u. a. aus, dass dieser als freundlicher Junge seinen Mitschülern fröhlich begegne und große Bereitschaft zeige, sich ihnen anzuschließen. Gerne löse er Aufgaben zusammen mit einem Partner. Bei Gruppenarbeiten verhalte sich der Antragsteller zurückhaltend und beobachtend. Er halte sich zuverlässig an vereinbarte Regeln und Absprachen. Das Sozialverhalten sei - wie auch das Lern- und Arbeitsverhalten - insgesamt gut. Das Zeugnis enthielt bis auf die Note „3“ im Fach Deutsch viermal die Note „1“ und dreimal die Note „2“.

Das Jahreszeugnis 2013/2014 vom 29. Juli 2014 (Jahrgangsstufe 3) führt zum Sozialverhalten des Antragstellers u. a. aus, dass dieser als fröhlicher Junge in der Klassengemeinschaft gut zurechtkomme. Bereitwillig arbeite er mit anderen Kindern zusammen. Streitigkeiten löse er in Zusammenarbeit mit der Lehrkraft, Kompromisse nehme er ungern an. Das Sozialverhalten sei - wie auch das Lern- und Arbeitsverhalten - insgesamt gut. Das Zeugnis enthielt bis auf die Note „befriedigend“ im Fach Deutsch sieben Mal die Note „gut“.

Ausweislich einer fachärztlichen Stellungnahme der Chefärztin des Bereichs Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie der Kliniken St. ... (...) bereits vom 8. Dezember 2014 sind beim Antragsteller folgende Diagnosen nach ICD-10 gegeben:

Achse I - Klinisch-psychiatrisches Syndrom

F 43.21 Depressive Anpassungsstörung

F 93.8 Emotionale Störung des Kindesalters mit Identitätsproblematik

V.a. F 90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung

Achse II - Umschriebene Entwicklungsrückstände

F 81.0 Leseschwäche

Achse III - Intelligenzniveau

Normalbegabung

Achse IV - Krankheiten aus anderen Kapiteln des ICD-10

Nicht besetzt

Achse V - Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände

Assoziierte psychosoziale Belastungsfaktoren

Achse VI - Globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus

Leichte soziale Beeinträchtigung

Zusammenfassend gelangte die fachärztliche Stellungnahme u. a. zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller ein gut begabter freundlicher Junge mit erheblichen Selbstwertproblemen und deutlicher depressiver Symptomatik im Zusammenhang mit seiner Leistungssituation in der Schule - insbesondere im Abgleich mit seinem Zwillingsbruder - sei. Der Antragsteller zeige erhebliche Minderwertigkeitsgefühle und brauche dringend eine heilpädagogische Behandlung zur Förderung seiner Lernfähigkeit, zur Entwicklung von Strategien und zum Aufbau eines seinen Fähigkeiten angemessenen Selbstwertgefühls. Die heilpädagogische Behandlung solle breit angelegt sein, sowohl die Leseschwäche berücksichtigen als auch vor allem die Lern-Leistungsfähigkeit des Antragstellers. Die seelische Gesundheit des Antragstellers weiche nicht nur vorübergehend von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab, wodurch eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt bzw. eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei. Eine heilpädagogische, auf mehreren Ebenen angesiedelte Behandlung und Förderung sei aus fachärztlicher Sicht eine geeignete Maßnahme, um den beim Antragsteller gegebenen Schwächen und Selbstwertproblemen zu begegnen und somit eine Chronifizierung der Symptomatik zu verhindern (z. B. Praxis „...“).

Ausweislich eines Aktenvermerks des zuständigen Sozialpädagogen des Antragsgegners vom 1. April 2015 habe die Mutter in den Gesprächen mit dem Jugendamt angegeben, dass sich die schulische Belastung des Antragstellers in der vierten Jahrgangsstufe stark gesteigert habe, worunter sein Selbstwertgefühl gelitten habe. Es sei zu Schlafproblemen und seit Herbst 2014 auch zu nächtlichem Einnässen gekommen. Der Antragsteller habe „traurige Phasen“ und würde oft wegen der Schule weinen. Sozial sei der Antragsteller jedoch in der Schule integriert. Er sei ein Mitläufer, der keine Probleme mit den anderen Kindern habe. Er habe in der Schule sozialen Anschluss in den Pausen und habe auch in der Freizeit gute Kontakte zu Gleichaltrigen. Seit längerer Zeit sei er auch im Fußballverein gut integriert.

Ausweislich des genannten Aktenvermerks des zuständigen Sozialpädagogen des Antragsgegners vom 1. April 2015 hat zudem bereits am 22. Januar 2015 ein Telefonat des Jugendamts mit der (damaligen) Lehrerin des Antragstellers stattgefunden. Die Lehrerin habe ausgeführt, dass der Antragsteller zwar eher „stiller“ sei, jedoch „sozial gut integriert“ und bei den anderen „beliebt“. Er benötige viel Hilfe, da sein Arbeitstempo „ein bisschen langsamer“ sei. Er sei jedoch „notenmäßig nicht dramatisch schlecht“ und grundsätzlich „bemüht und fleißig“. Er würde sich nur selbst - gerade in Konkurrenz zu seinem Bruder - unter Druck setzen. Seine emotionale Verfassung sei zwar labil, so würde er etwa bei Proben zu weinen anfangen. Die Gesamtsituation werde jedoch allmählich besser, zu Schuljahresbeginn sei dies noch schwieriger gewesen.

2. Mit kostenfreiem Bescheid vom 2. April 2015 - zugestellt am 4. April 2015 - lehnte der Antragsgegner den Antrag vom 26. März 2015 auf Übernahme der Kosten für eine ambulante Eingliederungshilfe i. S. v. § 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht gegeben seien. Denn es sei nicht ersichtlich, dass die seelischen Störungen des Antragstellers nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv seien, dass die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Ein soziales Integrationsrisiko bestehe nicht, der Antragsteller sei in Familie und Schule gut integriert. Dies hätten die Angaben der Mutter gegenüber dem Jugendamt als auch das Telefonat mit der Lehrerin des Antragstellers vom 22. Januar 2015 bestätigt. Auch die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 stelle auf Achse VI (globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus) lediglich eine „leichte soziale Beeinträchtigung“ fest. Alternativ komme im Fall des Antragstellers eine Behandlung bei der Psychologischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche oder Eltern bzw. bei einem Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in Betracht.

Mit am 23. April 2015 eingegangenem Schreiben erhob die Mutter des Antragstellers für diesen gegen den Ablehnungsbescheid vom 2. April 2015 „Einspruch“; eine Begründung werde nachgereicht.

3. Am 4. Mai 2015 haben die Eltern des Antragstellers sodann für diesen gegen den Ablehnungsbescheid vom 2. April 2015 Klage (Az. Au 3 K 15.666) erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit am selben Tag eingegangenem Eilantrag ist beantragt (sinngemäß),

den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Antragsteller ambulante Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen Behandlung in der Praxis „...“ in ... zu gewähren.

Die Eilbedürftigkeit folge aus dem Umstand, dass bei einer weiteren Verzögerung der Behandlung Nachteile für das Kindeswohl zu befürchten seien. Entgegen der Auffassung des Jugendamts seien die Anspruchsvoraussetzungen aus § 35a Abs. 1 SGB VIII im Fall des Antragstellers gegeben. Insoweit werde auf die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 verwiesen, die die vorliegend maßgeblichen ICD-10-Diagnosen (v.a. „depressive Anpassungsstörung“ und „emotionale Störung des Kindesalters mit Identitätsproblematik“) eindeutig feststelle. Es stehe dem Jugendamt fachlich nicht zu, von der fachärztlichen Stellungnahme, die eine heilpädagogische Behandlung und Förderung des Antragstellers empfehle, abzuweichen. Hinsichtlich der Durchführung der Maßnahme hätten sich die Eltern in Ausübung ihres aus § 5 Abs. 1 SGB VIII folgenden Wunsch- und Wahlrechts für die Praxis „...“ in ... entschieden. Der Ablehnungsbescheid des Jugendamts sei letztlich in sich widersprüchlich, da er zum einen die Erforderlichkeit einer heilpädagogischen Maßnahme verneine, zum anderen jedoch den Besuch eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten empfehle.

4. Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es fehle vorliegend bereits an der für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds erforderlichen Eilbedürftigkeit; für eine Unzumutbarkeit des Abwartens der gerichtlichen Hauptsacheentscheidung sei substantiiert nichts vorgetragen. Auch ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Denn die Anspruchsvoraussetzungen aus § 35a Abs. 1 SGB VIII seien nicht gegeben. Zwar weiche nach der fachärztlichen Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 die seelische Gesundheit des Antragstellers nicht nur vorübergehend vom dem für das Lebensalter typischen Zustand ab (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). An der weiteren Anspruchsvoraussetzung einer Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft i. S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII fehle es jedoch. Die Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals obliege nicht dem Facharzt, sondern dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Hinzu komme, dass die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 insoweit nicht schlüssig sei, da in dieser bei der für eine etwaige Teilhabeberechtigung wesentlichen Achse VI nur eine „leichte soziale Beeinträchtigung“ vermerkt sei. Der Antragsteller sei nach den bei der Mutter und der (damaligen) Lehrerin eingeholten Informationen sozial - insbesondere in Familie und Schule - gut integriert. Insoweit werde auch auf die Zeugnisse 2013/2014 verwiesen. Auch eine nochmalige Nachfrage bei der (neuen) Lehrerin des Antragstellers vom 13. Mai 2015 habe keine Hinweise auf ein schulisches Teilhaberisiko des Antragstellers ergeben. Dem Antragsteller gehe es vielmehr in der Klasse „blendend“, er sei sozial gut integriert. Eine Weinerlichkeit oder Traurigkeit sei nach Auskunft der den Antragsteller seit Januar 2015 unterrichtenden Lehrerin nicht erkennbar, auch kein sozialer Rückzug.

5. Im Übrigen wird hinsichtlich des Sachverhalts auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat keinen Erfolg.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).

Eine derartige einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Das Vorliegen eines derartigen Anordnungsgrunds und Anordnungsanspruchs ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO). Eine solche Glaubhaftmachung liegt in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) dann vor, wenn das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich ist.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 123 Rn. 54).

a) Vorliegend ist bereits ein Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Dringlichkeit der Sache liegt in aller Regel nur dann vor, wenn es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und Interessen anderer Personen nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (BayVGH, B.v. 26.2.2004 - 12 CE 03.3053 - juris Rn. 19).

Hiervon ausgehend ist eine Eilbedürftigkeit der begehrten einstweiligen Anordnung für die Erbringung von ambulanten Jugendhilfemaßnahmen durch den Antragsteller weder substantiiert dargelegt noch hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2012 - 12 CE 12.1559 - juris Rn. 22).

Eine Eilbedürftigkeit ergibt sich insbesondere nicht aus der fachärztlichen Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 (Blatt 4 - 7 der Verwaltungsakte), soweit diese im zusammenfassenden Teil „dringend“ eine heilpädagogische Maßnahme empfiehlt. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb dem Antragsteller nunmehr - etwa ein halbes Jahr später - ein (weiteres) Zuwarten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht mehr zumutbar sein soll. Der bloße unsubstantiierte Hinweis in der Antragsbegründung vom 28. April 2015 (Blatt 6 der Gerichtsakte) auf eine drohende Gefährdung des Kindeswohls bei einer weiteren Verzögerung der Behandlung ist insoweit nicht ausreichend.

Auch soweit die Eltern des Antragstellers seit Dezember 2014 die heilpädagogische Behandlung des Antragstellers durchgeführt und (zunächst) selbst finanziert haben sollten, fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds. Denn in dieser Situation wäre nicht hinreichend dargetan, weshalb es den Eltern nunmehr unzumutbar sein soll, die Praxis der Eigenfinanzierung (zunächst) fortzusetzen, um sodann nach einem erfolgreichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens ggf. beim Antragsgegner insoweit Regress zu nehmen.

b) Auch ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.

aa) Gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn (1.) ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und (2.) daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Von einer seelischen Behinderung bedroht sind nach § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII die Stellungnahme einzuholen (1.) eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, (2.) eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder (3.) eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt.

Während somit § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII Maßgaben für die Feststellung der seelischen Behinderung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII trifft und diese spezialisierten Fachkräften - wie beispielsweise psychologischen Psychotherapeuten - überantwortet, obliegt die Feststellung des Vorliegens einer - drohenden - Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII wie auch die Festlegung der geeigneten Hilfemaßnahmen, um der Teilhabebeeinträchtigung zu begegnen, dem Jugendamt. Unter dessen Federführung haben ärztliche und sozialpädagogische Fachkräfte nachvollziehbare und gerichtlich überprüfbare Aussagen insbesondere auch darüber zu treffen, welche Lebensbereiche und welches soziale Umfeld von der Teilhabebeeinträchtigung betroffen sind. Anders als die Auswahl der konkret notwendigen und geeigneten Hilfemaßnahme ist das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung i. S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll überprüfbar, es besteht insoweit auf Seiten des Jugendamts kein Beurteilungsspielraum (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 12 ZB 13.1283 - juris Rn. 4-6; B.v. 18.2.2013 - 12 CE 12.2104 - juris Rn. 40; B.v. 21.1.2009 - 12 CE 08.2731 - BayVBl 2010, 412 f., B.v. 18.2.2008 - 12 B 06.1846; Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 35a Rn. 25a; Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 35a Rn. 13 f.).

Im Rahmen der Feststellung einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII obliegt es dem Jugendamt, die vorliegenden Informationen - etwa aus dem Elternhaus, aus der Schule oder aus Einrichtungen, die der Betroffene bereits besucht (hat), von Ärzten oder Fachkräften außerhalb des Jugendamtes, insbesondere wenn sie den Betroffenen bereits betreuen oder betreut haben - heranzuziehen, auszuwerten und daraus nachvollziehbare und gerichtlich überprüfbare Schlussfolgerungen zu treffen. Es gilt der Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X mit der Folge, dass das Jugendamt alle wesentlichen entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln hat. Trifft ein fachärztlicher Gutachter jenseits des von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII gezogenen Rahmens Aussagen zum Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung, darf das Jugendamt diese nicht ignorieren, sondern muss sie verwerten und - will es von ihnen abweichen - ihnen nachvollziehbare, fachlich begründete Argumente, unter Umständen auch ein neues Sachverständigengutachten, entgegensetzen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 18.2.2013 - 12 CE 12.2104 - juris Rn. 42; B.v. 7.12.2010 - 12 CE 10.2326 - juris Rn. 18; B.v. 22.12.2009 - 12 CE 09.2371 - juris Rn. 25; OVG NW, B.v. 23.1.2012 - 12 B 1582/11 - juris Rn. 5 ff.; NdsOVG, B.v. 4.2.2009 - 4 LC 514/07 - juris Rn. 45 ff.).

Eine ärztlicherseits diagnostizierte seelische Behinderung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII führt nicht zwangsläufig - quasi als Automatismus - zur Annahme einer Teilhabebeeinträchtigung i. S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII; die Steuerungsverantwortung des Jugendamts für den Hilfefall, die § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII besonders hervorhebt, schließt eine strikte Bindung des Jugendhilfeträgers an ärztliche Therapieempfehlungen aus (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.7.2012 - 12 ZB 11.1742 - juris Rn. 13; B.v. 22.10.2007 - 12 CE 07.2289 - juris Rn. 12).

Vom Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung i. S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn die Fähigkeit des Betroffenen zu altersgemäßen Handlungsmöglichkeiten und Kontakten in den Bereichen Familie, Schule, Beruf und Freizeit aufgrund der Abweichung der seelischen Gesundheit vom lebensalterstypischen Zustand beeinträchtigt ist (vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2012 - 12 ZB 12.1076 - juris Rn. 11; B.v. 23.7.2012 - 12 ZB 11.1742 - juris Rn. 9). Es ist insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, wenn bei bloßen Schulproblemen und auch bei Schulängsten, die andere Kinder teilen, eine Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII verneint wird (BayVGH, B.v. 29.11.2010 - 12 ZB 2199 - juris Rn. 10).

bb) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sind im Fall des Antragstellers voraussichtlich die Anspruchsvoraussetzungen aus § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht gegeben.

Zwischen den Beteiligten dürfte mit Blick auf die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 das Vorliegen einer seelischen Behinderung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII unstreitig sein.

Das Jugendamt des Antragsgegners hat jedoch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine (drohende) Teilhabebeeinträchtigung i. S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII verneint.

Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zur fachärztlichen Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 (Blatt 4 - 7 der Verwaltungsakte). Denn diese ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerseite - hinsichtlich des inmitten stehenden Aspekts gerade nicht eindeutig. Die fachärztliche Stellungnahme enthält zwar grundsätzlich die - mit Blick auf die Grenzen des § 35a Abs. 1a SGB VIII überschießende - Aussage, dass eine Teilhabe des Antragstellers am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt bzw. eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei (Seite 4 der Stellungnahme, Blatt 7 der Verwaltungsakte). Die betreffende Passage bleibt jedoch pauschal und mutet wie eine bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts an. Das betreffende Ergebnis wird dementsprechend auch nicht gesondert begründet. Insbesondere verhält sich die Stellungnahme nicht zu der Frage, worin genau und in welchem Bereich (Familie, Schule, Beruf oder Freizeit) die Teilhabebeeinträchtigung des Antragstellers liegen soll. Im Abschnitt IV. („Zusammenfassung und Empfehlung“) werden zwar die erheblichen Selbstwertprobleme und die deutliche depressive Symptomatik in den Kontext der „Leistungssituation in der Schule“ gesetzt. Hier bleibt jedoch unklar, ob die schulische Situation lediglich Ursache der Symptomatik des Antragstellers ist bzw. ob und ggf. inwieweit aufgrund der Abweichung der seelischen Gesundheit vom lebensalterstypischen Zustand die Fähigkeit des Antragstellers zu altersgemäßen Handlungsmöglichkeiten und Kontakten im Bereich Schule konkret beeinträchtigt ist. In diesem Zusammenhang hat der Antragsgegner zutreffend darauf hingewiesen, dass die fachärztliche Stellungnahme unter Achse VI (globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus) lediglich eine „leichte soziale Beeinträchtigung“ des Antragstellers feststellt. Nach alledem ist die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 für die Frage der Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII allenfalls von nur erheblich eingeschränkter Aussagekraft (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 10.9.2012 - 12 ZB 12.1076 - juris Rn. 12).

In dieser Situation ist es nicht zu beanstanden, dass das Jugendamt des Antragsgegners auf Basis der sonstigen vorliegenden Informationen entschieden hat, ob und ggf. inwieweit eine Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII im Fall des Antragstellers gegeben ist. Hierbei hat der Antragsgegner zutreffend vornehmlich den Bereich der schulischen Integration des Antragstellers in den Blick genommen, der den Kernbereich seiner Problematik ausmachen dürfte.

Der Antragsgegner hat insoweit zunächst auf die Angaben der Mutter selbst gegenüber dem Jugendamt abgestellt (vgl. Begründung des Ablehnungsbescheids v. 2.4.2015, Blatt 19 f. der Verwaltungsakte). Hiernach habe der Antragsteller „traurige Phasen“ und würde oft wegen der Schule weinen. Sozial sei der Antragsteller jedoch in der Schule integriert. Er sei ein Mitläufer der keine Probleme mit den anderen Kindern habe. Er habe in der Schule sozialen Anschluss in den Pausen und habe auch in der Freizeit gute Kontakte zu Gleichaltrigen. Seit längerer Zeit sei er auch im Fußballverein gut integriert.

Ferner hat der Antragsgegner zutreffend das am 22. Januar 2015 geführte Telefonat mit der (damaligen) Lehrerin des Antragstellers in seine Entscheidung eingestellt (vgl. Begründung des Ablehnungsbescheids v. 2.4.2015, Blatt 20 f. der Verwaltungsakte). Die Lehrerin habe insoweit ausgeführt, dass der Antragsteller zwar eher „stiller“ sei, jedoch „sozial gut integriert“ und bei den anderen „beliebt“. Er benötige viel Hilfe, da sein Arbeitstempo „ein bisschen langsamer“ sei. Er sei jedoch „notenmäßig nicht dramatisch schlecht“ und grundsätzlich „bemüht und fleißig“. Er würde sich nur selbst - gerade in Konkurrenz zu seinem Bruder - unter Druck setzen. Seine emotionale Verfassung sei zwar labil, so würde er etwa bei Proben zu weinen anfangen. Die Gesamtsituation werde jedoch allmählich besser, zu Schuljahresbeginn sei dies noch schwieriger gewesen (vgl. zur Bedeutung von Jahreszeugnissen und Auskünften der Lehrer i.R.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII: BayVGH, B.v. 10.9.2012 - 12 ZB 12.1076 - juris Rn. 11/13).

Diese auch im Aktenvermerk des Antragsgegners vom 1. April 2015 (Blatt 15 - 17 der Verwaltungsakte) festgehaltenen Angaben bzw. Informationen hat der Antragsteller weder bestritten noch ist er ihnen sonst substantiiert entgegengetreten.

Auch eine nochmalige Nachfrage bei der (neuen) Lehrerin des Antragstellers vom 13. Mai 2015 (vgl. Vermerk des Antragsgegners, Blatt 25 der Verwaltungsakte) hat keine Hinweise auf ein schulisches Teilhaberisiko des Antragstellers ergeben. Dem Antragsteller gehe es vielmehr in der Klasse „blendend“, er sei sozial gut integriert. Eine Weinerlichkeit oder Traurigkeit sei nach Auskunft der den Antragsteller seit Januar 2015 unterrichtenden Lehrerin nicht erkennbar, auch kein sozialer Rückzug.

Im Ergebnis ist das Jugendamt des Antragsgegners unter Auswertung aller vorliegenden Informationen zu dem schlüssigen und nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass eine (drohende) Teilhabebeeinträchtigung i. S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII im Fall des Antragstellers derzeit nicht besteht.

cc) Nachdem bereits der Tatbestand des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nicht gegeben ist, wird seitens des Gerichts nur der Vollständigkeit halber - jedoch mit Blick auf ein von der Antragstellerseite insoweit in Bezug genommenes Wunsch- und Wahlrecht - darauf hingewiesen, dass der der Antragsteller vorliegend auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass die von ihm begehrte heilpädagogische Maßnahme in der Praxis „...“ in ... die in seinem Einzelfall einzig notwendige und geeignete Hilfe ist.

Will ein Betroffener wie der Antragsteller die Verpflichtung des Trägers der Jugendhilfe zur Durchführung einer bestimmten Hilfemaßnahme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erwirken, muss er im Hinblick auf den im Rahmen der sozialpädagogischen Fachlichkeit bestehenden, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Jugendamts darlegen und glaubhaft machen, dass allein die beanspruchte Hilfemaßnahme zur Deckung des Hilfebedarfs erforderlich und geeignet, mithin fachlich vertretbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2013 - 12 CE 12.2136 - juris Rn. 30; B.v. 2.8.2011 - 12 CE 11.1180 - juris Rn. 46; B.v. 22.12.2009 - 12 CE 09.2371 - juris Rn. 21 ff.).

Diesen Anforderungen ist der Antragsteller nicht gerecht geworden. Auch die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 (Blatt 7 der Verwaltungsakte) führt insoweit lediglich aus, dass „z. B.“ die Praxis „...“ in Betracht komme; dass die genannte Praxis jedoch die im Einzelfall des Antragstellers einzig notwendige und geeignete Hilfe sei, wird auch fachärztlich nicht behauptet.

c) Nach alledem war der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).

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Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36a Steuerungsverantwortung, Selbstbeschaffung


(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 5 Wunsch- und Wahlrecht


(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Sie sind auf dieses Recht hinzuweisen. (2) Der Wahl und den Wünschen so

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 23 Glaubhaftmachung, Versicherung an Eides statt


(1) Sieht eine Rechtsvorschrift vor, dass für die Feststellung der erheblichen Tatsachen deren Glaubhaftmachung genügt, kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen na

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 21. Mai 2015 - Au 3 E 15.667 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 21. Mai 2015 - Au 3 E 15.667 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2014 - 12 ZB 13.1283

bei uns veröffentlicht am 23.04.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der zulässige Antrag ist unbegründet

Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 03. Aug. 2015 - Au 3 K 15.666

bei uns veröffentlicht am 03.08.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Au 3 K 15.666 Im Namen des Volkes Gerichtsbescheid vom 3. August 2015 3. Kammer Sachgebiets-Nr. 1523 Hauptpunkte: ambulante Jugendhilfe (heilpädagogis
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 21. Mai 2015 - Au 3 E 15.667.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 30. Juni 2015 - Au 3 K 15.690

bei uns veröffentlicht am 30.06.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Aktenzeichen: Au 3 K 15.690 Im Namen des Volkes Urteil vom 30. Juni 2015 3. Kammer Sachgebiets-Nr. 1523 Hauptpunkte: Jugendhilfe; Eingliederungshilfe; seelisc

Referenzen

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 3 K 15.666

Im Namen des Volkes

Gerichtsbescheid

vom 3. August 2015

3. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1523

Hauptpunkte:

ambulante Jugendhilfe (heilpädagogische Maßnahme);

fakultatives Widerspruchsverfahren;

Einlegung von Widerspruch und Klage;

zwischenzeitliche Zulässigkeit als Untätigkeitsklage;

seelische Störung (unstreitig);

Teilhabebeeinträchtigung bzw. soziales Integrationsrisiko (verneint);

fachliche Beurteilung durch das Jugendamt;

einzig geeignete und erforderliche Hilfeform (verneint)

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

gegen

...

- Beklagter -

beteiligt: ...

wegen Jugendhilfe - Eingliederungshilfe

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 3. Kammer,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts ... die Richterin am Verwaltungsgericht ... den Richter am Verwaltungsgericht ... am 3. August 2015 folgenden Gerichtsbescheid:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung ambulanter Jugendhilfeleistungen.

1. Mit Schreiben vom 12. November 2014 und 12. März 2015 übersandte das Jugendamt des Beklagten den Eltern des am 4. März 2005 geborenen Klägers das Antragsformblatt hinsichtlich ambulanter Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII. Eine förmliche Antragstellung durch ein seitens beider sorgeberechtigter Elternteile unterzeichnetes Antragsformblatt erfolgte jedoch zunächst nicht.

Erst mit am 26. März 2015 eingegangenem Formblatt stellten die Eltern des Klägers für diesen beim Jugendamt des Beklagten einen förmlichen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche in ambulanter Form (§ 35a SGB VIII). Beantragt wurde konkret die Übernahme von Kosten der Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen Behandlung in der Praxis „R“ in ...

Das Zwischenzeugnis 2013/2014 vom 14. Februar 2014 (Jahrgangsstufe 3) führt zum Sozialverhalten des Klägers u. a. aus, dass dieser als freundlicher Junge seinen Mitschülern fröhlich begegne und große Bereitschaft zeige, sich ihnen anzuschließen. Gerne löse er Aufgaben zusammen mit einem Partner. Bei Gruppenarbeiten verhalte sich der Kläger zurückhaltend und beobachtend. Er halte sich zuverlässig an vereinbarte Regeln und Absprachen. Das Sozialverhalten sei - wie auch das Lern- und Arbeitsverhalten - insgesamt gut. Das Zeugnis enthielt bis auf die Note „3“ im Fach Deutsch viermal die Note „1“ und dreimal die Note „2“.

Das Jahreszeugnis 2013/2014 vom 29. Juli 2014 (Jahrgangsstufe 3) führt zum Sozialverhalten des Klägers u. a. aus, dass dieser als fröhlicher Junge in der Klassengemeinschaft gut zurecht komme. Bereitwillig arbeite er mit anderen Kindern zusammen. Streitigkeiten löse er in Zusammenarbeit mit der Lehrkraft, Kompromisse nehme er ungern an. Das Sozialverhalten sei - wie auch das Lern- und Arbeitsverhalten - insgesamt gut. Das Zeugnis enthielt bis auf die Note „befriedigend“ im Fach Deutsch sieben Mal die Note „gut“.

Ausweislich einer fachärztlichen Stellungnahme der Chefärztin des Bereichs Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie der Kliniken St. E.(...) bereits vom 8. Dezember 2014 sind beim Kläger folgende Diagnosen nach ICD-10 gegeben:

Achse I - Klinisch-psychiatrisches Syndrom

F 43.21 Depressive Anpassungsstörung

F 93.8 Emotionale Störung des Kindesalters mit Identitätsproblematik

V. a. F 90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung

Achse II - Umschriebene Entwicklungsrückstände

F 81.0 Leseschwäche

Achse III - Intelligenzniveau

Normalbegabung

Achse IV - Krankheiten aus anderen Kapiteln des ICD-10

Nicht besetzt

Achse V - Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände

Assoziierte psychosoziale Belastungsfaktoren

Achse VI - Globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus

Leichte soziale Beeinträchtigung

Zusammenfassend gelangte die fachärztliche Stellungnahme u. a. zu dem Ergebnis, dass der Kläger ein gut begabter freundlicher Junge mit erheblichen Selbstwertproblemen und deutlicher depressiver Symptomatik im Zusammenhang mit seiner Leistungssituation in der Schule - insbesondere im Abgleich mit seinem Zwillingsbruder - sei. Der Kläger zeige erhebliche Minderwertigkeitsgefühle und brauche dringend eine heilpädagogische Behandlung zur Förderung seiner Lernfähigkeit, zur Entwicklung von Strategien und zum Aufbau eines seinen Fähigkeiten angemessenen Selbstwertgefühls. Die heilpädagogische Behandlung solle breit angelegt sein, sowohl die Leseschwäche berücksichtigen als auch vor allem die Lern-Leistungsfähigkeit des Klägers. Die seelische Gesundheit des Klägers weiche nicht nur vorübergehend von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab, wodurch eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt bzw. eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei. Eine heilpädagogische, auf mehreren Ebenen angesiedelte Behandlung und Förderung sei aus fachärztlicher Sicht eine geeignete Maßnahme, um den beim Kläger gegebenen Schwächen und Selbstwertproblemen zu begegnen und somit eine Chronifizierung der Symptomatik zu verhindern (z. B. Praxis „R“).

Ausweislich eines Aktenvermerks des zuständigen Sozialpädagogen des Beklagten vom 1. April 2015 habe die Mutter in den Gesprächen mit dem Jugendamt angegeben, dass sich die schulische Belastung des Klägers in der vierten Jahrgangsstufe stark gesteigert habe, worunter sein Selbstwertgefühl gelitten habe. Es sei zu Schlafproblemen und seit Herbst 2014 auch zu nächtlichem Einnässen gekommen. Der Kläger habe „traurige Phasen“ und würde oft wegen der Schule weinen. Sozial sei der Kläger jedoch in der Schule integriert. Er sei ein Mitläufer, der keine Probleme mit den anderen Kindern habe. Er habe in der Schule sozialen Anschluss in den Pausen und habe auch in der Freizeit gute Kontakte zu Gleichaltrigen. Seit längerer Zeit sei er auch im Fußballverein gut integriert.

Ausweislich des genannten Aktenvermerks des zuständigen Sozialpädagogen des Beklagten vom 1. April 2015 hat zudem bereits am 22. Januar 2015 ein Telefonat des Jugendamts mit der (damaligen) Lehrerin des Klägers stattgefunden. Die Lehrerin habe ausgeführt, dass der Kläger zwar eher „stiller“ sei, jedoch „sozial gut integriert“ und bei den anderen „beliebt“. Er benötige viel Hilfe, da sein Arbeitstempo „ein bisschen langsamer“ sei. Er sei jedoch „notenmäßig nicht dramatisch schlecht“ und grundsätzlich „bemüht und fleißig“. Er würde sich nur selbst - gerade in Konkurrenz zu seinem Bruder - unter Druck setzen. Seine emotionale Verfassung sei zwar labil, so würde er etwa bei Proben zu weinen anfangen. Die Gesamtsituation werde jedoch allmählich besser, zu Schuljahresbeginn sei dies noch schwieriger gewesen.

2. Mit kostenfreiem Bescheid vom 2. April 2015 - zugestellt am 4. April 2015 - lehnte der Beklagte den Antrag vom 26. März 2015 auf Übernahme der Kosten für eine ambulante Eingliederungshilfe i. S. v. § 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht gegeben seien. Denn es sei nicht ersichtlich, dass die seelischen Störungen des Klägers nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv seien, dass die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Ein soziales Integrationsrisiko bestehe nicht, der Kläger sei in Familie und Schule gut integriert. Dies hätten die Angaben der Mutter gegenüber dem Jugendamt als auch das Telefonat mit der Lehrerin des Klägers vom 22. Januar 2015 bestätigt. Auch die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 stelle auf Achse VI (globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus) lediglich eine „leichte soziale Beeinträchtigung“ fest. Alternativ komme im Fall des Klägers eine Behandlung bei der Psychologischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche oder Eltern bzw. bei einem Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in Betracht.

Mit am 23. April 2015 eingegangenem Schreiben erhob die Mutter des Klägers für diesen gegen den Ablehnungsbescheid vom 2. April 2015 „Einspruch“; eine Begründung werde nachgereicht. Über den „Einspruch“ ist bislang nicht entschieden.

3. Am 4. Mai 2015 haben die Eltern des Klägers sodann für diesen gegen den Ablehnungsbescheid vom 2. April 2015 Klage erhoben. Beantragt ist (sinngemäß),

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 2. April 2015 zu verpflichten, dem Kläger ambulante Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen Behandlung in der Praxis „R“ in Donauwörth zu gewähren.

Entgegen der Auffassung des Jugendamts seien die Anspruchsvoraussetzungen aus § 35a Abs. 1 SGB VIII im Fall des Klägers gegeben. Insoweit werde auf die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 verwiesen, die die vorliegend maßgeblichen ICD-10-Diagnosen (v. a. „depressive Anpassungsstörung“ und „emotionale Störung des Kindesalters mit Identitätsproblematik“) eindeutig feststelle. Es stehe dem Jugendamt fachlich nicht zu, von der fachärztlichen Stellungnahme, die eine heilpädagogische Behandlung und Förderung des Klägers empfehle, abzuweichen. Hinsichtlich der Durchführung der Maßnahme hätten sich die Eltern in Ausübung ihres aus § 5 Abs. 1 SGB VIII folgenden Wunsch- und Wahlrechts für die Praxis „R“ in... entschieden. Der Ablehnungsbescheid des Jugendamts sei letztlich in sich widersprüchlich, da er zum einen die Erforderlichkeit einer heilpädagogischen Maßnahme verneine, zum anderen jedoch den Besuch eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten empfehle.

4. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Anspruchsvoraussetzungen aus § 35a Abs. 1 SGB VIII seien nicht gegeben. Zwar weiche nach der fachärztlichen Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 die seelische Gesundheit des Klägers nicht nur vorübergehend vom dem für das Lebensalter typischen Zustand ab (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). An der weiteren Anspruchsvoraussetzung einer Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII fehle es jedoch. Die Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals obliege nicht dem Facharzt, sondern dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Hinzu komme, dass die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 insoweit nicht schlüssig sei, da in dieser bei der für eine etwaige Teilhabeberechtigung wesentlichen Achse VI nur eine „leichte soziale Beeinträchtigung“ vermerkt sei. Der Kläger sei nach den bei der Mutter und der (damaligen) Lehrerin eingeholten Informationen sozial - insbesondere in Familie und Schule - gut integriert. Insoweit werde auch auf die Zeugnisse 2013/2014 verwiesen. Auch eine nochmalige Nachfrage bei der (neuen) Lehrerin des Klägers vom 13. Mai 2015 habe keine Hinweise auf ein schulisches Teilhaberisiko des Klägers ergeben. Dem Kläger gehe es vielmehr in der Klasse „blendend“, er sei sozial gut integriert. Eine Weinerlichkeit oder Traurigkeit sei nach Auskunft der den Kläger seit Januar 2015 unterrichtenden Lehrerin nicht erkennbar, auch kein sozialer Rückzug.

5. Den gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellten Antrag des Klägers, den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Gewährung von ambulanter Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen Behandlung in der Praxis „R“ in ... zu verpflichten, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 21. Mai 2015 (Az. Au 3 S 15.667) ab.

6. Im Übrigen wird hinsichtlich des Sachverhalts auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Es konnte vorliegend gemäß § 84 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört.

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Sie ist zwar zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit der Klage nicht die zuvor bereits am 23. April 2015 beim Landratsamt erfolgte Einlegung eines Widerspruchs („Einspruch“; Blatt 24 der Verwaltungsakte) entgegen.

Gegen einen nur an ihn gerichteten Verwaltungsakt kann der Betroffene gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) im Bereich des Kinder- und Jugendhilferechts entweder Widerspruch einlegen oder unmittelbar Klage erheben. Nach dieser Vorschrift soll das Widerspruchsverfahren somit nur dann entfallen, wenn der vom Verwaltungsakt Betroffene unmittelbar Klage erhebt, also nicht - wie hier - zunächst Widerspruch einlegt. Damit war das Vorverfahren nicht entbehrlich und die vorliegend vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens erhobene Verpflichtungsklage stellt sich grundsätzlich als Untätigkeitsklage dar, die nur unter den Voraussetzungen des § 75 VwGO zulässig ist. Nach § 75 Satz 1 VwGO ist eine Klage abweichend von § 68 VwGO nur dann zulässig, wenn über einen Widerspruch in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist, wobei diese Frist regelmäßig drei Monate seit Einlegung des Widerspruchs beträgt (§ 75 Satz 2 VwGO). Die 3-Monats-Frist war vorliegend bei Eingang der Klage bei Gericht am 4. Mai 2015 bei weitem noch nicht verstrichen; Anhaltspunkte dafür, dass im Einzelfall eine kürzere Frist geboten war, sind nicht ersichtlich. Da jedoch über den Widerspruch des Klägers vom 23. April 2015 bislang ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist, ist die zunächst unzulässige Untätigkeitsklage zwischenzeitlich zulässig geworden; denn seit Widerspruchseinlegung am 23. April 2015 sind zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts mehr als drei Monate verstrichen, § 75 Satz 2 VwGO. Der Beklagte konnte aufgrund des Widerspruchsschreibens der Mutter des Klägers auch nicht davon ausgehen, dass der Kläger das ihm zustehende Wahlrecht zugunsten einer Klageerhebung ausgeübt hat, da im Zweifel davon auszugehen ist, dass der Betroffene zunächst die Nachprüfung des Verwaltungsaktes durch ein Widerspruchsverfahren wählen wollte, da dieses die für ihn umfassendere Rechtsschutzmöglichkeit bietet (vgl. BayVGH, B. v. 12.3.2010 - 11 ZB 09.1459; vgl. zum Ganzen: VG Bayreuth, G. v. 2.10.2013 - B 1 K 13.341 - juris Rn. 39; VG München, U. v. 27.7.2011 - M 18 K 10.4797 - juris Rn. 13).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung ambulanter Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen Behandlung in der Praxis „R“ in ... besteht nicht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn (1.) ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und (2.) daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Von einer seelischen Behinderung bedroht sind nach § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII die Stellungnahme einzuholen (1.) eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, (2.) eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder (3.) eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt.

Während somit § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII Maßgaben für die Feststellung der seelischen Behinderung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII trifft und diese spezialisierten Fachkräften - wie beispielsweise psychologischen Psychotherapeuten - überantwortet, obliegt die Feststellung des Vorliegens einer - drohenden - Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII wie auch die Festlegung der geeigneten Hilfemaßnahmen, um der Teilhabebeeinträchtigung zu begegnen, dem Jugendamt. Unter dessen Federführung haben ärztliche und sozialpädagogische Fachkräfte nachvollziehbare und gerichtlich überprüfbare Aussagen insbesondere auch darüber zu treffen, welche Lebensbereiche und welches soziale Umfeld von der Teilhabebeeinträchtigung betroffen sind. Anders als die Auswahl der konkret notwendigen und geeigneten Hilfemaßnahme ist das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll überprüfbar, es besteht insoweit auf Seiten des Jugendamts kein Beurteilungsspielraum (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 12 ZB 13.1283 - juris Rn. 4-6; B. v. 18.2.2013 - 12 CE 12.2104 - juris Rn. 40; B. v. 21.1.2009 - 12 CE 08.2731 - BayVBl 2010, 412 f., B. v. 18.2.2008 - 12 B 06.1846; Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 35a Rn. 25a; Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 35a Rn. 13 f.).

Im Rahmen der Feststellung einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII obliegt es dem Jugendamt, die vorliegenden Informationen - etwa aus dem Elternhaus, aus der Schule oder aus Einrichtungen, die der Betroffene bereits besucht (hat), von Ärzten oder Fachkräften außerhalb des Jugendamtes, insbesondere wenn sie den Betroffenen bereits betreuen oder betreut haben - heranzuziehen, auszuwerten und daraus nachvollziehbare und gerichtlich überprüfbare Schlussfolgerungen zu treffen. Es gilt der Untersuchungsgrundsatz des § 20 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) mit der Folge, dass das Jugendamt alle wesentlichen entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln hat. Trifft ein fachärztlicher Gutachter jenseits des von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII gezogenen Rahmens Aussagen zum Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung, darf das Jugendamt diese nicht ignorieren, sondern muss sie verwerten und - will es von ihnen abweichen - ihnen nachvollziehbare, fachlich begründete Argumente, unter Umständen auch ein neues Sachverständigengutachten, entgegensetzen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 18.2.2013 - 12 CE 12.2104 - juris Rn. 42; B. v. 7.12.2010 - 12 CE 10.2326 - juris Rn. 18; B. v. 22.12.2009 - 12 CE 09.2371 - juris Rn. 25; OVG NW, B. v. 23.1.2012 - 12 B 1582/11 - juris Rn. 5 ff.; NdsOVG, B. v. 4.2.2009 - 4 LC 514/07 - juris Rn. 45 ff.).

Eine ärztlicherseits diagnostizierte seelische Störung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII führt nicht zwangsläufig - quasi als Automatismus - zur Annahme einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII; die Steuerungsverantwortung des Jugendamts für den Hilfefall, die § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII besonders hervorhebt, schließt eine strikte Bindung des Jugendhilfeträgers an ärztliche Therapieempfehlungen aus (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 23.7.2012 - 12 ZB 11.1742 - juris Rn. 13; B. v. 22.10.2007 - 12 CE 07.2289 - juris Rn. 12).

Vom Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn die Fähigkeit des Betroffenen zu altersgemäßen Handlungsmöglichkeiten und Kontakten in den Bereichen Familie, Schule, Beruf und Freizeit aufgrund der Abweichung der seelischen Gesundheit vom lebensalterstypischen Zustand beeinträchtigt ist (vgl. BayVGH, B. v. 10.9.2012 - 12 ZB 12.1076 - juris Rn. 11; B. v. 23.7.2012 - 12 ZB 11.1742 - juris Rn. 9). Es ist insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, wenn bei bloßen Schulproblemen und auch bei Schulängsten, die andere Kinder teilen, eine Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII verneint wird (BayVGH, B. v. 29.11.2010 - 12 ZB 2199 - juris Rn. 10).

b) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sind im Fall des Klägers die Anspruchsvoraussetzungen aus § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht gegeben.

Zwischen den Beteiligten dürfte mit Blick auf die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 das Vorliegen einer seelischen Störung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII unstreitig sein.

Das Jugendamt des Beklagten hat jedoch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine (drohende) Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII verneint.

Dies Ergebnis steht nicht im Widerspruch zur fachärztlichen Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 (Blatt 4 - 7 der Verwaltungsakte). Denn diese ist - entgegen der Auffassung der Klägerseite - hinsichtlich des inmitten stehenden Aspekts gerade nicht eindeutig. Die fachärztliche Stellungnahme enthält zwar grundsätzlich die - mit Blick auf die Grenzen des § 35a Abs. 1a SGB VIII überschießende - Aussage, dass eine Teilhabe des Klägers am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt bzw. eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei (Seite 4 der Stellungnahme, Blatt 7 der Verwaltungsakte). Die betreffende Passage bleibt jedoch pauschal und mutet wie eine bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts an. Das betreffende Ergebnis wird dementsprechend auch nicht gesondert begründet. Insbesondere verhält sich die Stellungnahme nicht zu der Frage, worin genau und in welchem Bereich (Familie, Schule, Beruf oder Freizeit) die Teilhabebeeinträchtigung des Klägers liegen soll. Im Abschnitt IV. („Zusammenfassung und Empfehlung“) werden zwar die erheblichen Selbstwertprobleme und die deutliche depressive Symptomatik in den Kontext der „Leistungssituation in der Schule“ gesetzt. Hier bleibt jedoch unklar, ob die schulische Situation lediglich Ursache der Symptomatik des Klägers ist bzw. ob und ggf. inwieweit aufgrund der Abweichung der seelischen Gesundheit vom lebensalterstypischen Zustand die Fähigkeit des Klägers zu altersgemäßen Handlungsmöglichkeiten und Kontakten im Bereich Schule konkret beeinträchtigt ist. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die fachärztliche Stellungnahme unter Achse VI (globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus) lediglich eine „leichte soziale Beeinträchtigung“ des Klägers feststellt. Nach alledem ist die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 für die Frage der Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII allenfalls von nur erheblich eingeschränkter Aussagekraft (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 10.9.2012 - 12 ZB 12.1076 - juris Rn. 12).

In dieser Situation ist es nicht zu beanstanden, dass das Jugendamt des Beklagten auf Basis der sonstigen vorliegenden Informationen entschieden hat, ob und ggf. inwieweit eine Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII im Fall des Klägers gegeben ist. Hierbei hat der Beklagte zutreffend vornehmlich den Bereich der schulischen Integration des Klägers in den Blick genommen, der den Kernbereich seiner Problematik ausmachen dürfte.

Der Beklagte hat insoweit zunächst auf die Angaben der Mutter selbst gegenüber dem Jugendamt abgestellt (vgl. Begründung des Ablehnungsbescheids v. 2.4.2015, Blatt 19 f. der Verwaltungsakte). Hiernach habe der Kläger „traurige Phasen“ und würde oft wegen der Schule weinen. Sozial sei der Kläger jedoch in der Schule integriert. Er sei ein Mitläufer der keine Probleme mit den anderen Kindern habe. Er habe in der Schule sozialen Anschluss in den Pausen und habe auch in der Freizeit gute Kontakte zu Gleichaltrigen. Seit längerer Zeit sei er auch im Fußballverein gut integriert.

Ferner hat der Beklagte zutreffend das am 22. Januar 2015 geführte Telefonat mit der (damaligen) Lehrerin des Klägers in seine Entscheidung eingestellt (vgl. Begründung des Ablehnungsbescheids v. 2.4.2015, Blatt 20 f. der Verwaltungsakte). Die Lehrerin habe insoweit ausgeführt, dass der Kläger zwar eher „stiller“ sei, jedoch „sozial gut integriert“ und bei den anderen „beliebt“. Er benötige viel Hilfe, da sein Arbeitstempo „ein bisschen langsamer“ sei. Er sei jedoch „notenmäßig nicht dramatisch schlecht“ und grundsätzlich „bemüht und fleißig“. Er würde sich nur selbst - gerade in Konkurrenz zu seinem Bruder - unter Druck setzen. Seine emotionale Verfassung sei zwar labil, so würde er etwa bei Proben zu weinen anfangen. Die Gesamtsituation werde jedoch allmählich besser, zu Schuljahresbeginn sei dies noch schwieriger gewesen (vgl. zur Bedeutung von Jahreszeugnissen und Auskünften der Lehrer i.R. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII: BayVGH, B. v. 10.9.2012 - 12 ZB 12.1076 - juris Rn. 11/13).

Diese auch im Aktenvermerk des Beklagten vom 1. April 2015 (Blatt 15 - 17 der Verwaltungsakte) festgehaltenen Angaben bzw. Informationen hat der Kläger weder bestritten noch ist er ihnen sonst substantiiert entgegengetreten.

Auch eine nochmalige Nachfrage bei der (neuen) Lehrerin des Klägers vom 13. Mai 2015 (vgl. Vermerk des Beklagten, Blatt 25 der Verwaltungsakte) hat keine Hinweise auf ein schulisches Teilhaberisiko des Klägers ergeben. Dem Kläger gehe es vielmehr in der Klasse „blendend“, er sei sozial gut integriert. Eine Weinerlichkeit oder Traurigkeit sei nach Auskunft der den Kläger seit Januar 2015 unterrichtenden Lehrerin nicht erkennbar, auch kein sozialer Rückzug.

Im Ergebnis ist das Jugendamt des Beklagten unter Auswertung aller vorliegenden Informationen zu dem schlüssigen und nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass eine (drohende) Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII im Fall des Klägers derzeit nicht besteht.

c) Nachdem bereits der Tatbestand des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nicht gegeben ist, wird seitens des Gerichts nur der Vollständigkeit halber - jedoch mit Blick auf ein von der Klägerseite insoweit in Bezug genommenes Wunsch- und Wahlrecht - darauf hingewiesen, dass der Kläger vorliegend auch nicht hinreichend dargelegt hat, dass die von ihm begehrte heilpädagogische Maßnahme in der Praxis „R“ in... die in seinem Einzelfall einzig notwendige und geeignete Hilfe ist.

Will ein Betroffener wie der Kläger die Verpflichtung des Trägers der Jugendhilfe zur Durchführung einer bestimmten Hilfemaßnahme erwirken, muss er im Hinblick auf den im Rahmen der sozialpädagogischen Fachlichkeit bestehenden, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Jugendamts darlegen, dass allein die beanspruchte Hilfemaßnahme zur Deckung des Hilfebedarfs erforderlich und geeignet, mithin fachlich vertretbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 21.2.2013 - 12 CE 12.2136 - juris Rn. 30; B. v. 2.8.2011 - 12 CE 11.1180 - juris Rn. 46; B. v. 22.12.2009 - 12 CE 09.2371 - juris Rn. 21 ff.).

Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden. Auch die fachärztliche Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 (Blatt 7 der Verwaltungsakte) führt insoweit lediglich aus, dass „z. B.“ die Praxis „R“ in Betracht komme; dass die genannte Praxis jedoch die im Einzelfall des Kläger einzig notwendige und geeignete Hilfe sei, wird auch fachärztlich nicht behauptet.

3. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Gerichtsbescheid steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Dem Antrag eines Beteiligten sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Sie sind auf dieses Recht hinzuweisen.

(2) Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der Leistungsberechtigte die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des Hilfeplans (§ 36) geboten ist.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Sieht eine Rechtsvorschrift vor, dass für die Feststellung der erheblichen Tatsachen deren Glaubhaftmachung genügt, kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.

(2) Die Behörde darf bei der Ermittlung des Sachverhalts eine Versicherung an Eides statt nur verlangen und abnehmen, wenn die Abnahme der Versicherung über den betreffenden Gegenstand und in dem betreffenden Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift für zuständig erklärt worden ist. Eine Versicherung an Eides statt soll nur gefordert werden, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis geführt haben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Von eidesunfähigen Personen im Sinne des § 393 der Zivilprozessordnung darf eine eidesstattliche Versicherung nicht verlangt werden.

(3) Wird die Versicherung an Eides statt von einer Behörde zur Niederschrift aufgenommen, sind zur Aufnahme nur der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes befugt, welche die Befähigung zum Richteramt haben. Andere Angehörige des öffentlichen Dienstes kann der Behördenleiter oder sein allgemeiner Vertreter hierzu allgemein oder im Einzelfall schriftlich ermächtigen.

(4) Die Versicherung besteht darin, dass der Versichernde die Richtigkeit seiner Erklärung über den betreffenden Gegenstand bestätigt und erklärt: "Ich versichere an Eides statt, dass ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe." Bevollmächtigte und Beistände sind berechtigt, an der Aufnahme der Versicherung an Eides statt teilzunehmen.

(5) Vor der Aufnahme der Versicherung an Eides statt ist der Versichernde über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung zu belehren. Die Belehrung ist in der Niederschrift zu vermerken.

(6) Die Niederschrift hat ferner die Namen der anwesenden Personen sowie den Ort und den Tag der Niederschrift zu enthalten. Die Niederschrift ist demjenigen, der die eidesstattliche Versicherung abgibt, zur Genehmigung vorzulesen oder auf Verlangen zur Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von dem Versichernden zu unterschreiben. Die Niederschrift ist sodann von demjenigen, der die Versicherung an Eides statt aufgenommen hat, sowie von dem Schriftführer zu unterschreiben.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Zulassungsgründe liegen - soweit dargelegt - nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für seine Unterbringung im Internat J. ... im Zeitraum vom September 2011 bis 9. August 2012 verneint.

1.1 Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht hätte sich zu Unrecht auf den Standpunkt gestellt, die vom Jugendamt getroffene Entscheidung sei nicht schon deshalb fehlerhaft, weil es im Verwaltungsverfahren nicht abschließend geprüft habe, ob eine seelische Behinderung vorliege und in welchen Bereichen diese eine Teilhabebeeinträchtigung kausal bedinge, kann keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils begründen. Denn im Rahmen der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage ist nicht zu prüfen, ob der Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 35a Abs. 1a SGB VIII nachgekommen ist, sondern ob der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung der begehrten Eingliederungshilfe - hier die Übernahme der Internatskosten im streitigen Zeitraum - besteht (BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 - BVerwGE 144, 364, Rn. 12 bei juris).

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zu Recht auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der selbstbeschafften Hilfe abgestellt (§§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 35a SGB VIII) und in diesem Zusammenhang eine seelische Behinderung des Klägers (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII) aufgrund der fachärztlichen Stellungnahme vom 13. Oktober 2012 sowie die daraus folgende Teilhabebeeinträchtigung nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII bejaht. Zur Beurteilung der aus der seelischen Behinderung resultierenden Defizite für die soziale Integration des Klägers hat das Verwaltungsgericht zutreffend die sozialpädagogische Prüfung berücksichtigt, die der Beklagte aufgrund der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen vorgenommen hat, da die fachliche Beurteilung zur Feststellung des Defizits bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft den Fachkräften des Jugendamts obliegt (vgl. den im Prozesskostenhilfeverfahren des Klägers ergangenen Beschluss des Senats vom 4.3.2013 - 12 C 13.38 - m. w. N.).

1.2 Die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Gericht die vom Beklagten vorgenommene Bewertung des Ausmaßes der beim Kläger bestehenden Beeinträchtigungen für nachvollziehbar hält und die Entscheidung zur mangelnden Erforderlichkeit und Geeignetheit der konkret beantragten Hilfemaßnahme als rechtlich nicht zu beanstanden bewertet.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beurteilung des Vorliegens einer Teilhabebeeinträchtigung nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, dass dem Jugendhilfeträger aber im Hinblick auf die Auswahlentscheidung über die Hilfeart ein Entscheidungsspielraum eröffnet ist, weil es sich hierbei um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses handelt, das nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt und auch nicht durch eine gerichtliche Bewertung - gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen - ersetzt werden kann (BayVGH, B. v. 4.3.2013, a. a. O. m. w. N.).

Vorliegend hat die Fachkraft des Jugendamts in der Stellungnahme vom 4. April 2013 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 35a SGB VIII gehört, da bei ihm Auffälligkeiten im sozialen Bereich vorliegen, die alle Lebensbereiche betreffen, weshalb ein gewisses bereits vorhandenes Defizit bei der Teilhabe zu bejahen sei. Diese Probleme werden vom Jugendamt jedoch als nicht so schwerwiegend erachtet, weshalb dieses im Rahmen des ihm eröffneten Entscheidungsspielraums hinsichtlich der notwendigen und geeigneten Hilfeart zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die selbstbeschaffte familienersetzende Hilfe in Form der stationären Internatsunterbringung mit psychologischer Betreuung vorliegend nicht erforderlich war.

Die Einwendungen des Klägers gegen diese Beurteilung greifen nicht durch. Die vom Jugendamt vorgenommene Bewertung der Art und des Ausmaßes der Teilhabebeeinträchtigung des Klägers entspricht den vorliegenden schulischen Stellungnahmen. Bereits in den Schulberichten der ...schule wird von schulischen Problemen des Klägers infolge der diagnostizierten Legasthenie und Aufmerksamkeitsstörung, aber auch von Schwierigkeiten im sozialen und emotionalen Bereich berichtet. Dem Kläger wird aber gerade im 4. Schuljahr eine Besserung, auch in seinem Verhalten bei den Kontakten zu seinen Mitschülern, bescheinigt (persönlicher Brief zum Halbjahr vom Februar 2011, Bl. 4 der Behördenakte; pädagogisches Wortgutachten zum Übertritt vom 22.7.2011, Bl. 3 der Behördenakte). In der ergänzenden Stellungnahme der ehemaligen Klassenlehrerin der ...schule vom 14. September 2012 wird zwar relativierend darauf hingewiesen, dass die persönlichen Briefe an die Kinder stets positiv geschrieben würden, die Besserung im Lern- und Sozialverhalten des Klägers, insbesondere seit Beginn der 4. Klasse, ergebe sich aber auch aus der Schulstellungnahme zum Eingliederungshilfeantrag (Bl. 7 f. der Behördenakte) sowie aus der ergänzenden Stellungnahme vom 14. September 2012 selbst. Soweit darin im Übrigen ausgeführt wird, dass der Kläger noch Hilfestellung und „Begleitung mit viel Struktur und klaren Vorgaben“ benötigt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass hieraus ebenso wenig wie aus der vorgelegten Stellungnahme des Fahrers des Schulbusses vom 12. März 2013 darauf geschlossen werden kann, dass schwerwiegende Probleme des Klägers wie z. B. totale Vereinzelung in der Schule vorgelegen hätten. Auch im Entwicklungsbericht des J. ... vom 10. September 2012 wird zwar von Konflikten des Klägers mit Gleichaltrigen berichtet, zugleich aber auch festgestellt, dass dem Kläger die gemeinsamen Beschäftigungen mit den Mitschülern äußerst wichtig seien und er bei Gruppenaktivitäten gerne dabei sei.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, in der Stellungnahme des Jugendamts vom 7. April 2013 werde überhaupt nicht auf die fachärztliche Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 eingegangen. Denn das genannte Schreiben des Beklagten verweist auf die angefügte sozialpädagogische Stellungnahme vom 4. April 2013, in der sich die zuständige Fachkraft des Jugendamts mit den vom Facharzt genannten Gründen für seine Empfehlung zum Verbleib des Klägers im Internat auseinander setzt und letztendlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die stationäre Unterbringung in der beantragten Form nicht zwingend erforderlich ist. Das wird zum Einen damit begründet, dass sich aus den vorliegenden ärztlichen und schulischen Berichten keine Notwendigkeit für ein über die Möglichkeiten einer Regelschule hinausgehendes schulisches Förderangebot ergibt. Im Hinblick auf die erforderliche Unterstützung bei Integrationsproblemen und Konfliktsituationen in der Schule wird auf die an der Mittelschule vorhandenen Jugendsozialarbeiter, den mobilen sonderpädagogischen Dienst und die Schulpsychologin hingewiesen. Weiter wird angeführt, dass sich die Rahmenbedingungen eines strukturierten Tagesablaufs auch in einer teilstationären Jugendhilfemaßnahme mit fachlicher (heilpädagogischer) Betreuung sowie gegebenenfalls durch die Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenzen mittels einer sozialpädagogischen Familienhilfe erreichen lassen und damit das soziale (familiäre) Umfeld des Klägers einbezogen und erhalten bleibt.

Angesichts dessen fehlt es schon an der notwendigen Darlegung und ist auch im Übrigen nicht erkennbar, dass das Jugendamt bei dieser Bewertung allgemein gültige fachliche Maßstäbe nicht beachtet hat bzw. sachfremde Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind. Im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend um eine selbstbeschaffte Hilfe handelt, musste der Beklagte auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität und Verlässlichkeit, auf die in der fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 abgestellt wird, die seit September 2011 andauernde Unterbringung des Klägers im J. ... berücksichtigen. In der sozialpädagogischen Stellungnahme vom 4. April 2013 wird sowohl auf die Beeinträchtigungen im schulischen Bereich als auch auf die Bearbeitung von Integrationsproblemen eingegangen und die fehlende Erforderlichkeit der begehrten stationären Unterbringung mit den aufgezeigten, an der öffentlichen Schule vorhandenen Unterstützungsangeboten in Kombination mit einer Nachmittagsbetreuung, gegebenenfalls unterstützt durch ambulante Hilfen, nachvollziehbar begründet.

Inwiefern es auf der Hand liegen soll, dass derartige alternative Hilfen nicht ausreichen, erschließt sich dem Senat nicht und wird auch in der Zulassungsbegründung nicht dargelegt. Gründe, weshalb vorliegend eine pädagogisch-psychologisch interdisziplinäre Betreuung durch Fachkräfte erforderlich sein soll, die dem Kläger ständig, also Tag und Nacht, stützend zur Verfügung stehen müssten, ergeben sich weder aus der fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 noch aus der Begründung des Zulassungsantrags. Solche sind im Übrigen auch auf der Grundlage der oben dargestellten Feststellungen zum Integrationsrisiko des Klägers nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Erforderlichkeit einer stationären Unterbringung, wie der Kläger selbst ausführt, nicht daraus abgeleitet werden, dass sich die Mutter des Klägers eine Entlastung von ihrer sich aus dem Personensorgerecht ergebenden Pflicht zur vollumfänglichen Betreuung ihres Sohnes einschließlich der schulischen Belange wünschte.

Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass die in der Stellungnahme vom 4. April 2013 angesprochene Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz mit Hilfe ambulanter Maßnahmen wie der sozialpädagogischen Familienhilfe nicht zum Erfolg geführt hätte. Auf die Krankheit des (nicht sorgeberechtigten) Vaters des Klägers kommt es insoweit nicht an, weil der Kläger und seine Mutter erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums, also ab dem 8. September 2012 zu diesem gezogen sind. Daher kann auch dahinstehen, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, dass aufgrund der psychischen Erkrankung des Vaters eine sozialpädagogische Familienhilfe kaum zielführend gewesen wäre. Im Hinblick auf die Versorgung der pflegebedürftigen Großmutter des Klägers durch dessen Mutter hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass diese ihre Mutter später sogar von einem anderen Wohnort aus betreuen konnte. Danach besteht kein Anlass zu der Annahme, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum durch die Pflege derart belastet war, dass die vom Jugendamt alternativ vorgeschlagenen Hilfemaßnahmen - zumal diese eine Nachmittagsbetreuung des Klägers vorsehen - nicht geeignet gewesen wären, dessen Teilhabebeeinträchtigung zu beseitigen.

Zudem weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die begehrte Fremdunterbringung die Teilhabe des Klägers in der Familie und in der Gesellschaft in seinem Heimat- und damaligen Wohnort beeinträchtigt, zumal der Kläger in der weiteren Entwicklung im streitgegenständlichen Zeitraum wegen der Entfernung zur Schule die Mutter auch an den Wochenenden nicht mehr besucht hat. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, vor diesem Hintergrund sei die sozialpädagogische Entscheidung, dem Erhalt des familiären und sozialen Umfelds Vorrang einzuräumen und daher ambulante und teilstationäre Hilfe anzubieten, nachvollziehbar, begegnet nach alledem keinen rechtlichen Bedenken.

1.3 Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich auch nicht daraus, dass das Jugendamt des Beklagten bei der Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung des Klägers und bei der Bewertung der Erforderlichkeit der Hilfeart keine weiteren Stellen eingebunden hat. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein solches Erfordernis insbesondere auch nicht aus dem im vorangegangenen Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 4. März 2013 (12 C 13.38) ableiten. In dieser Entscheidung wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der damals noch gänzlich fehlenden Beurteilung der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 durch Fachkräfte des Jugendamts begründet. Der Senat hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass diese auf der Grundlage der fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 weitere Feststellungen zu Art und Inhalt der Gefährdung der sozialen Integration und der sozio-emotionalen Entwicklung des Klägers zu treffen und auf dieser Grundlage die zur Beseitigung des Integrationsrisikos erforderliche Hilfeart zu bewerten hätten, wozu es gegebenenfalls der Heranziehung weiteren - möglicherweise externen - Sachverstands bedürfe (Beschluss vom 4.3.2013, a. a. O. Rn. 7). Diesen Anforderungen entspricht die Stellungnahme der sozialpädagogischen Fachkraft des Jugendamts des Beklagten vom 4. April 2013 und deren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung. Danach wird aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen eine Teilhabebeeinträchtigung des Klägers in allen Lebensbereichen bejaht, die fachärztliche Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 zu der bereits im Widerspruchsverfahren vorgelegten Stellungnahme vom 23. September 2011 und zum Entwicklungsbericht des J. ... vom 10. September 2012 in Bezug gesetzt und danach die Erforderlichkeit der beantragten stationären Eingliederungshilfe bewertet. Diese Einschätzung erweist sich, wie oben ausgeführt, auch als tragfähig, ohne dass es hierzu der Heranziehung weiteren Sachverstands bedurfte.

1.4 Soweit im Zulassungsverfahren weiter eingewandt wird, der Mutter des Klägers seien keine alternativen Hilfemaßnahmen angeboten worden, trifft dies nach den vorliegenden Akten nicht zu. Ausweislich der Stellungnahme des Jugendamts des Beklagten vom 18. Januar 2012 (Bl. 13 der Widerspruchsakte) wurden der Mutter des Klägers, nachdem sich diese wegen des anstehenden Schulwechsels Ende Juli 2011 an das Jugendamt wandte, weniger einschneidende Hilfsangebote in Form des Besuchs der ...schule S. mit einer anschließenden Nachmittagsbetreuung sowie eine heilpädagogisch orientierte Tagesstätte in S. angeboten. Im Schreiben vom 5. September 2011, mit dem das Jugendamt der Mutter des Klägers die telefonisch angeforderten Antragsunterlagen übermittelte, wurde zudem auch auf den Besuch der ...-Schule in E. und der Möglichkeit einer dortigen ganztägigen Betreuung hingewiesen (Bl. 10 der Behördenakte).

Wenn der Kläger hiergegen einwendet, die Gespräche seien ausschließlich telefonisch erfolgt und die Mutter des Klägers könne sich nur noch an den Vorschlag des Besuchs der Mittelschule in Simbach mit einer Nachmittagsbetreuung erinnern, stellt das die Richtigkeit der Ausführungen des Beklagten zu den vorgeschlagenen Alternativen nicht in Frage. Wie sich aus dem Aktenvermerk des Beklagten zu den mit der Mutter des Klägers geführten Telefonaten (Bl. 9 der Behördenakte) ergibt, hat diese erstmals am 28. Juli 2011 wegen des unmittelbar bevorstehenden Schulwechsels Kontakt zum Jugendamt aufgenommen und den Wunsch nach Gewährung der Eingliederungshilfe für den Kläger von vornherein ausschließlich auf die Übernahme der Internatskosten im J. ... beschränkt, bei dem sie noch am gleichen Tag und ohne Einbindung des Jugendamts einen Besichtigungstermin wahrnahm. Die Durchführung eines ordnungsgemäßen Hilfeplanverfahrens war damit nicht möglich. Es entspricht indes nicht dem gesetzlichen Auftrag des Jugendhilfeträgers, nur „Zahlstelle“ zu sein. Vielmehr ist seine Einbeziehung in den Entscheidungsprozess erforderlich, damit er seine aus §§ 36a Abs. 1, 79 SGB VIII folgende Gesamtverantwortung für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen kann (BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21/11 - BVerwGE 145, 1, Rn. 31 bei juris).

Dem Vorbringen des Klägers, der Besuch der ...-Schule in E. sei angesichts der Beschreibungen des während des Grundschulbesuchs des Klägers tätigen Schulbusfahrers (Schreiben des Herrn ... vom 12.3.2013) für die Mutter des Klägers absolut undenkbar gewesen, ist entgegenzuhalten, dass gerade diese Stellungnahme das vom Verwaltungsgericht angesprochene Integrationsdefizit des Klägers im Heimatort belegt, welches durch die Fremdunterbringung des Klägers noch verstärkt wurde. Im Übrigen bestand für den Kläger auch die vom Beklagten aufgezeigte Möglichkeit des Schul- und Tagesstättenbesuchs in S..

Aus den Darlegungen in der Zulassungsbegründung ergeben sich danach keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Weitere Zulassungsgründe wurden nicht geltend gemacht und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt deshalb insgesamt ohne Erfolg.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gemäß § 188 Satz 2 VwGO ist das Verfahren gerichtskostenfrei.

3. Gegen diesen Beschluss gib es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1 VwGO). Damit wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. Mai 2013 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.