Verwaltungsgericht Arnsberg Beschluss, 07. Sept. 2015 - 10 L 1185/15
Tenor
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Z. U. (Hagen) Prozesskostenhilfe bewilligt.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (10 K 2019/15) gegen den Bescheid des Schulamtes für die Stadt I. vom 8. Mai 2015 wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antragstellerin wird gemäß § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 114 Satz 1, 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Z. U. beigeordnet, weil die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
3Hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. d. § 114 ZPO bedeutet bei einer an Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst und nur dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits auch, dass Prozesskostenhilfe versagt werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsschutzbegehrens darf dabei nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlegen, um dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Schwierige, bislang nicht ausreichend geklärte Rechts- und Tatsachenfragen dürften nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden.
4Nach diesem Maßstab hat der vorliegende Antrag der Antragstellerin,
5die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (10 K 2019/15) gegen den Bescheid des Schulamtes für die Stadt I. vom 8. Mai 2015 wiederherzustellen,
6hinreichende Aussicht auf Erfolg.
7Abgesehen von dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gebietet § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in materieller Hinsicht eine Abwägung der widerstreitenden Vollzugsinteressen. Diese fällt zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zu Lasten des Antragsgegners aus, da die angefochtene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtswidrig ist, mithin keine Gesichtspunkte vorliegen können, die gegenüber dem zwingend vorliegenden besonderen privaten Aussetzungsinteresse geeignet wären, gleichwohl ein überwiegendes öffentliches Vollzugsinteresse zu begründen.
8In dem streitgegenständlichen Bescheid hat das Schulamt für die Stadt I. für die Antragstellerin sonderpädagogischen Förderbedarf festgestellt, den Förderschwerpunkt „Lernen“ bestimmt und als Förderort „die Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen bzw. die allgemeine Schule (gemeinsamer Unterricht) festgelegt“. Diese drei Entscheidungen hat die Schulaufsichtsbehörde unter Anwendung der §§ 19, 20 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW – SchulG -) vom 15. Februar 2005 i. V. m. den §§ 3, 4, 5, 11, 13 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung – AO-SF -) vom 29. April 2005 in der Änderungsfassung vom 2. November 2012 getroffen. Dies führt zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides, denn sowohl für das Verfahren zur Ermittlung sonderpädagogischen Förderbedarfs wie die drei in dem streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen schulaufsichtsbehördlichen Entscheidungen war (bereits) das SchulG in der durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vom 5. November 2013 (GV.NRW.S. 618) zur Einführung der inklusiven Beschulung geänderten Fassung i. V. m. der AO-SF in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. September 2014 (SGV.NRW.223) anwendbar. Das 9. Schulrechtsänderungsgesetz trat am 1. August 2014 in Kraft (vgl. Artikel 4 § 1 Satz 1). Artikel 2 des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes gewährleistete allerdings, dass die Regelungen in § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG (Schulvorschlag) bereits im Anschluss an die Anmeldeverfahren für die Eingangsklasse der Grundschule (Herbst 2013) und der weiterführenden Schulen (Februar/März 2014) Anwendung fanden.
9vgl. Sonderheft Inklusion 01/14, II. das 9. Schulrechtsänderungsgesetz, 1. synoptische Darstellung des Schulgesetzes mit Begründungen zu den einzelnen Änderungen, S.9.
10Maßgeblich ist insoweit die Übergangsvorschrift in Artikel 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes. Danach finden die Regelungen in § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG nach Maßgabe dieses Gesetzeserstmals Anwendung 1. zum Schuljahr 2014/2015 für Schülerinnen und Schüler, bei denen erstmals ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung festgestellt wurde oder die in der Primarstufe sonderpädagogisch gefördert werden und in die Klasse 5 an weiterführenden Schulen oder in die Eingangsklasse einer gymnasialen Oberstufe wechseln wollen; zum Schuljahr 2015/16 und zu den darauf folgenden Schuljahren gelten diese Bestimmungen auch für Schülerinnen und Schüler der jeweils nächsthöheren Klasse. Diese Regelung erlaubt es, entsprechend dem in der allgemeinen Begründung des Regierungsentwurfs dargestellten „Vorbehalt der progressiven Realisierung“ die in § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG getroffene Regelung schrittweise umzusetzen.
11Vgl. Sonderheft Inklusion, a. a. O. S. 38.
12Die vorgezogene erstmalige Anwendung der Vorschrift bereits zum Schuljahr 2014/15 sollte sich demnach lediglich auf die Schülerinnen/Schüler beziehen, bei denen erstmals ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung festgestellt wurde oder die in der Primarstufe sonderpädagogisch gefördert wurden und deren Wechsel in eine weiterführende Schule zum Schuljahr 2014/15 anstand. Ausgeschlossen von der vorgezogenen Anwendung der Regelung bereits zum oder im Schuljahr 2014/15 waren demnach Schülerinnen und Schüler, die bereits in der Primarstufe sonderpädagogisch gefördert wurden, allerdings zum Schuljahr 2014/15 noch nicht zum Wechsel auf eine weiterführende Schule anstanden, sowie Schüler mit sonderpädagogischer Förderung in einer weiterführenden Schule oder Förderschule. Allein mit diesem Verständnis der Vorschrift macht die Übergangsregelung in Artikel 2 Abs. 1 Ziffer 1 2. Hs. Sinn, § 19 Abs. 5 S. 3 SchulG zum Schuljahr 2015/16 und zu den darauf folgenden Schuljahren auch für Schülerinnen und Schüler der jeweils nächsthöheren Klasse zur Anwendung zu bringen.
13Hiervon ausgehend war im Fall der Antragstellerin neues Recht anzuwenden. Zu Beginn des Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs der Antragstellerin Ende 2014 befand sich diese im laufenden Schuljahr 2014/15 in der Klasse 3 c der I1. -W. -E. -W1. -Schule, Gemeinschaftsgrundschule der Stadt I. (Primarstufe). Auch wurde bei ihr erstmals i. S. d. o. g. Übergangsvorschrift sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf festgestellt. Dass entgegen dem Wortlaut der Übergangsvorschrift die vorgezogene erstmalige Anwendung des § 19 Abs. 5 Satz 1 SchulG auf die Anmeldeverfahren für dieEingangsklassen der Grundschule beschränkt werden sollte, ist der Übergangsvorschrift nicht zu entnehmen. Demnach hätte das Schulamt für die Stadt I. den Eltern der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides die von ihr bisher besuchte Grundschule gemäß § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG als allgemeine Schule für eine inklusive Beschulungvorschlagen können. Dass das Schulamt der Stadt I. als Förderort „die Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen bzw. die allgemeine Schule (allgemeiner Unterricht) [verbindlich] festgelegt“ hat, ist mit § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG nicht vereinbar.
14Gemäß Artikel 2 Abs. 2 und 3 der Änderungsverordnung vom 29. September 2014 hätte auch § 16 Abs. 1 Satz 1 AO-SF (Schulvorschlag) in der mit Wirkung vom 11. Oktober 2014 in Kraft getretenen Fassung Anwendung finden müssen.
15Darüber hinaus war unabhängig von der Frage nach der erstmaligen Anwendung der Schulvorschlagsregelungen gemäß § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG und § 16 Abs. 1 Satz 1 AO-SF (schon) zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs durch Antrag der Grundschule vom 18. Dezember 2014 und zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vom 08. Mai 2015 mit der Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs und der Bestimmung des entsprechende Förderschwerpunktes das bereits am 1. August 2014 in Kraft getretene SchulG in der Fassung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes und die am 11. Oktober 2014 in Kraft getretene Neufassung der AO-SF anzuwenden. Danach liegen Lern- und Entwicklungsstörungen bei erheblichen Beeinträchtigungen u. a. im Lernen vor (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AO-SF). Ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen besteht, wenn die Lern- und Leistungsausfälle schwerwiegender, umfänglicher und langdauernder Art sind (§ 4 Abs. 2 AO-SF). In Ausnahmefällen kann eine allgemeine Schule einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens nach vorheriger Information der Eltern unter Angabe der wesentlichen Gründe stellen, insbesondere wenn eine Schülerin oder ein Schüler nicht zielgleich unterrichtet werden kann (§ 12 Abs. 1 Ziff. 1 AO-SF). Die Schulaufsichtsbehörde entscheidet nach Durchführung des Feststellungsverfahrens über den Bedarf an sonderpädagogischer Förderung, den Förderschwerpunkt oder die Förderschwerpunkte sowie die Notwendigkeit zieldifferenter Förderung (§ 14 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 AO-SF).
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
17Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Arnsberg Beschluss, 07. Sept. 2015 - 10 L 1185/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Arnsberg Beschluss, 07. Sept. 2015 - 10 L 1185/15
Referenzen - Gesetze
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden richtet sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über die Finanzverwaltung.
Gesetz ist jede Rechtsnorm.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.