Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist georgischer Staatsangehöriger, ethnischer Georgier und orthodoxer Christ. Nach Angaben des Antragstellers ist er am 15. November 2013 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und beantragte am 29. November 2013 eine Anerkennung als Asylberechtigter.

Die Abfrage nach Eurodac ergab einen Treffer für das EU-Mitgliedstaat Belgien. Das Königreich Belgien teilte mit Schreiben vom 3. Januar 2014 mit, dass sie zum Übernahme des Antragstellers aufgrund Art. 16 Ziff. 1 lit. e) der Dublin II-Verordnung bereit sind. Mit Schreiben vom 24. April 2014 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der zuständigen Behörde im Königreich Belgien mitgeteilt, dass das Übernahmegesuchen zurückgezogen und das Asylverfahren in eigener Zuständigkeit behandelt werde.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2015 wurde dem Antragsteller ein Fragebogen übermittelt. Das Bundesamt hatte in dem Schreiben um Mitteilung des Sachstandes des Verfahrens in Belgien gebeten und den Antragsteller aufgefordert ggf. neue Tatsachen vorzutragen. Der Fragebogen sollte dem Bundesamt binnen zwei Wochen rückübermittelt werden. Mit Schreiben vom 6. Mai 2016 übermittelte das Bundesamt dem anwaltlichen Vertreter des Antragstellers eine Aufforderung zur Stellungnahme binnen einer Woche, ob mit Blick auf die Befristungsentscheidung schutzwürdige Belange hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots vorliegen. Der Antragsteller hat die beiden Schreiben nicht beantwortet.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18. Mai 2016, zugestellt am 21. Mai 2016, wurde der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt (Ziffer 1). In Ziffer 2 wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. In Ziffer 3 wurde die Antragstellerin aufgefordert, Deutschland binnen einer Woche zu verlassen und ihr die Abschiebung nach Georgien angedroht. In Ziffer 4 wird das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf den Inhalt des Bescheids wird Bezug genommen.

Der Antragsteller lässt durch seinen anwaltlichen Vertreter am 6. Juni 2016 Klage erheben und beantragt, den Bescheid des Bundesamts vom 18. Mai 2016 aufzuheben. Zugleich wurde beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung des Bundesamts vom 18. Mai 2016 anzuordnen.

Zur Begründung wird vorgetragen, dass Bundesamt hätte mit seiner Übernahmeentscheidung das Verfahren in dem Stadium übernommen, in dem es sich zu diesem Zeitpunkt befunden hätte, Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO. Die Antragsgegnerin sei nicht befugt gewesen, den Asylantrag des Antragstellers als Zweitantrag im Sinne des § 71 a AsylG zu werten und zu prüfen. Eine solche Prüfung beinhalte die Kenntnis von den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags im anderen Mitgliedstaat. Die Antragsgegnerin könne nicht davon ausgehen, dass der Antragsteller bereits ein Asylverfahren in Belgien abgeschlossen habe. Das hätte zunächst ermittelt werden müssen. Ohne solchen Erkenntnisse hätte das Verfahren als Erstantrag behandelt werden müssen.

Mit Schreiben vom 7. Juni 2016 übersendete die Antragsgegnerin die Asylakte und beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im angefochtenen Bescheid vom18. Mai 2016 enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung anordnen.

Das Gericht ordnet die aufschiebende Wirkung der Klage an, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Verfahren nicht gegeben. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts verletzt den Antragsteller aller Voraussicht nach nicht in seinen Rechten. Zur Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

1.

Auch die Klage- und Antragsbegründung führt zu keinem anderen Ergebnis. Es kann offenbleiben, ob die Antragsgegnerin den Antrag als Folgeantrag nach § 71 a AsylG behandeln durfte, wonach allerdings auch nach Auffassung des Gerichts Zweifel bestehen. Die Antragsgegnerin leitete die Annahme eines negativ abgeschlossenen Asylverfahrens in Belgien allein aus der Übernahmemitteilung des Königreichs Belgiens auf der Rechtsgrundlage nach Art. 16 Ziff. 1 lit. e) Dublin II-Verordnung her. Nach dieser Vorschrift sind die Mitgliedstaaten gehalten, einen Drittstaatangehörigen, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält wieder aufzunehmen. Weitere Kenntnisse über das negativ abgeschlossene Asylverfahren hat die Antragsgegnerin ausweislich ihrer eigenen Behördenakte nicht. Der anwaltliche Vertreter verweist insoweit zutreffend auf verschiedene gerichtliche Entscheidungen, in denen die Kenntnis über die Entscheidung im Erstverfahren für die Frage der Durchführung eines Folgeverfahrens aufgrund der Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 a AsylG grundsätzlich zwingend notwendig ist.

2.

Der Antragsteller hat ebenfalls im Grundsatz einen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens. Wäre aber nach dem konkreten Sachstand auch die Durchführung eines Asylverfahrens ohne Erfolg geblieben, so fehlt es für den Antragsteller jedenfalls dann an einer Verletzung in eigenen Rechten, wenn die Erfolglosigkeit auf der Verletzung einer Mitwirkungsobliegenheit beruht. So lag der Fall hier.

Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 19. Januar 2015 aufgefordert, sich zum Sachstand der Entscheidung im Königreich Belgien und zu den neuen Tatsachen binnen zwei Wochen zu äußern. Dies ist bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht geschehen. Es wäre dem Antragsteller ohne weiteres möglich gewesen, sich sowohl zu dem Erstverfahren als auch zu seinen Fluchtgründen zu äußern. Unabhängig von der Entscheidung in Belgien wäre eine fehlende Mitwirkung auch bei einem Erstantragsverfahren hinreichender Grund für einen Ablehnungsbescheid gewesen. Der Gesetzgeber hat in §§ 15 Abs. 2 Nr. 1, 25 AsylG ausdrücklich die Mitwirkungspflicht zur Abgabe von Angaben auf schriftliche Aufforderung normiert und ergänzend die Pflicht zum Vorbringen aller relevanter Tatsachen geregelt.

Diese Rechtsfrage wurde auch nicht bereits vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 18.2.2015 - 1 B 2/15) behandelt. In dem vom anwaltlichen Vertreter des Antragstellers zitierten Verfahren hatte der Beschwerdeführer bereits einen anerkannten Schutzstatus in Italien und das Bundesamt hatte ein Folgeverfahren unter Hinweis auf dem bestehenden Schutzstatus abgelehnt. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung mit Blick auf die fehlende Sachverhaltsaufklärung gerügt, da der Kläger ggf. noch einen qualitativ höheren Schutzstatus erlangen könnte. Um eine fehlende Mitwirkungspflicht ging es in diesem Fall jedoch nicht.

3.

Damit war der Antrag abzulehnen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 83b AsylG, § 154 Abs. 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 16. Juni 2016 - AN 4 S 16.30609

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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 16. Juni 2016 - AN 4 S 16.30609 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 15 Allgemeine Mitwirkungspflichten


(1) Der Ausländer ist persönlich verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Dies gilt auch, wenn er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt. (2) Er ist insbesondere verpflichtet, 1. den mit der Ausführung dieses Gese

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 18. Feb. 2015 - 1 B 2/15

bei uns veröffentlicht am 18.02.2015

Gründe 1 Die auch auf den Verfahrensmangel fehlerhafter Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) gestützte Beschwerde der Beklagten hat Erfolg. A

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der Ausländer ist persönlich verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Dies gilt auch, wenn er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt.

(2) Er ist insbesondere verpflichtet,

1.
den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die erforderlichen Angaben mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich zu machen;
2.
das Bundesamt unverzüglich zu unterrichten, wenn ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist;
3.
den gesetzlichen und behördlichen Anordnungen, sich bei bestimmten Behörden oder Einrichtungen zu melden oder dort persönlich zu erscheinen, Folge zu leisten;
4.
seinen Pass oder Passersatz den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
5.
alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, die in seinem Besitz sind, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
6.
im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes oder Passersatzes an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken und auf Verlangen alle Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
7.
die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu dulden.

(3) Erforderliche Urkunden und sonstige Unterlagen nach Absatz 2 Nr. 5 sind insbesondere

1.
alle Urkunden und Unterlagen, die neben dem Pass oder Passersatz für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können,
2.
von anderen Staaten erteilte Visa, Aufenthaltstitel und sonstige Grenzübertrittspapiere,
3.
Flugscheine und sonstige Fahrausweise,
4.
Unterlagen über den Reiseweg vom Herkunftsland in das Bundesgebiet, die benutzten Beförderungsmittel und über den Aufenthalt in anderen Staaten nach der Ausreise aus dem Herkunftsland und vor der Einreise in das Bundesgebiet sowie
5.
alle sonstigen Urkunden und Unterlagen, auf die der Ausländer sich beruft oder die für die zu treffenden asyl- und ausländerrechtlichen Entscheidungen und Maßnahmen einschließlich der Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sind.

(4) Die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden können den Ausländer und Sachen, die von ihm mitgeführt werden, durchsuchen, wenn der Ausländer seinen Verpflichtungen nach Absatz 2 Nr. 4 und 5 nicht nachkommt sowie nicht gemäß Absatz 2 Nummer 6 auf Verlangen die Datenträger vorlegt, aushändigt oder überlässt und Anhaltspunkte bestehen, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist. Der Ausländer darf nur von einer Person gleichen Geschlechts durchsucht werden.

(5) Durch die Rücknahme des Asylantrags werden die Mitwirkungspflichten des Ausländers nicht beendet.

Gründe

1

Die auch auf den Verfahrensmangel fehlerhafter Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) gestützte Beschwerde der Beklagten hat Erfolg. Aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Berufungsentscheidung durch Beschluss aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

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1. Die Beklagte rügt zu Recht, das Berufungsgericht hätte die Berufung nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen dürfen, ohne zuvor den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufgeklärt zu haben. Zwar verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter oder - wie hier - ein Behördenvertreter nicht ausdrücklich beantragt hat. Die Tatsache, dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist aber dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (stRspr, etwa BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 13 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

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Die Beklagte hat im Berufungsverfahren vorgetragen, dass bei ihr am 18. Februar 2013 zwei Eurodac-Treffer der Kategorie eins eingegangen seien. Danach habe der Kläger bereits in Italien und Finnland Asylanträge gestellt. Über eine DublinNET-Mail vom 22. September 2014 sei zwischenzeitlich aus Italien die Antwort zugegangen, dass für den Kläger eine anerkennende Entscheidung ("... was accepted in Rome on 25-9-09") ergangen sei. Damit lagen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 9. Oktober 2014 konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger bereits in anderen Mitgliedstaaten Asylanträge gestellt hat und diese in einem Mitgliedstaat zu einer Anerkennung geführt haben. Bei dieser Sachlage hätte das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine behördliche Einstellungsverfügung nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG und der von ihm offengelassenen Möglichkeit der Aufrechterhaltung einer derartigen Verfügung - sei es durch Auswechseln der Rechtsgrundlage oder Umdeutung - wegen einer möglichen Antragstellung und Anerkennung in einem anderen EU-Mitgliedstaat etwaigen tatsächlichen Zweifeln hinsichtlich des von der Beklagten mit Unterlagen belegten Vorbringens nachgehen müssen. Stattdessen ist es ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts (und auch ohne weiteres Eingehen auf den Einwand anderweitiger Asylantragstellung) davon ausgegangen (UA S. 8 f.), dass zur tatrichterlichen Überzeugung des Gerichtes nicht feststehe, dass der Kläger in Italien eine Flüchtlingsanerkennung oder einen subsidiären Schutzstatus erhalten habe, weil sich der vom Bundesamt in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Erklärung der italienischen Behörden nicht entnehmen lasse, ob und welcher Schutzstatus dem Kläger angeblich zuerkannt worden sei. Die Aufrechterhaltung eines Bescheides unter einer anderen Rechtsgrundlage oder dessen Umdeutung komme im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz nicht in Betracht, wenn dies - wie hier - ohne weitere und umfangreiche Ermittlungen bei italienischen Behörden, die nicht der Amtshilfe des § 14 VwGO unterlägen, nicht möglich sei.

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Mit dieser Begründung hat das Berufungsgericht unter den hier gegebenen Umständen die sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Pflichten verkannt. Danach hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Eine sachgerechte Handhabung dieses Grundsatzes hat zwar unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung und der Prozessökonomie zu erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 <196>). Dies enthebt die Tatsachengerichte aber nicht von der Verpflichtung, hinreichend konkret dargelegten Einwänden eines Beteiligten nachzugehen und den Sachverhalt - ggf. auch unter Mitwirkung der Beteiligten - weiter aufzuklären, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1983 - 8 C 76.80 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 21). Allein der Umstand, dass der Erfolg weiterer Ermittlungsmaßnahmen hier von der Mitwirkung ausländischer Behörden abhängt, begründet für sich noch keine Unzumutbarkeit.

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2. Liegt somit ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Berufungsentscheidung beruht, macht der beschließende Senat im Interesse der Verfahrensbeschleunigung von der Vorschrift des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, ohne dass es einer Entscheidung über die weiteren von der Beklagten geltend gemachten Revisionszulassungsgründe bedarf.

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3. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat allerdings auf Folgendes hin:

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Die Bewertung des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG nicht vorlagen, ist auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Insoweit fehlt es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht an einer tragfähigen Begründung, weshalb die Verfahrenseinstellung nicht zumindest auf die zweite Betreibensaufforderung gestützt werden könnte. Das Berufungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang nicht lediglich darauf gestützt, dass angesichts der erfolgreichen Eurodac-Treffer nicht auszuschließen sei, dass schon die erste Abnahme von Fingerabdrücken diese herbeigeführt habe. Ergänzend hat es - im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 Rn. 17) - ausgeführt, dass eine Betreibensaufforderung einen bestimmten Anlass voraussetzt, der geeignet ist, Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen des Sachentscheidungsinteresses zu wecken. In Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht hierzu entwickelten Kriterien (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 Rn. 29) hat es schlüssig dargelegt, dass allein eine mögliche Unverwertbarkeit der einem Schutzsuchenden abgenommenen Fingerabdrücke noch keinen Manipulationsverdacht rechtfertigt und die Beklagte weder bei der ersten noch bei der zweiten erkennungsdienstlichen Maßnahme etwaige auf eine Manipulation hindeutende Indizien dokumentiert habe. Damit fehlte es nach Auffassung des Berufungsgerichts auch noch bei Erlass der zweiten Betreibensaufforderung vom November 2011 an einem hinreichenden Verdacht für die Verletzung einer Mitwirkungspflicht seitens des Klägers. Unerheblich ist, dass anlässlich der dritten erkennungsdienstlichen Behandlung Ende November 2011 Abschürfungen an den Fingerkuppen festgestellt und dokumentiert wurden, denn die Beklagten hat diesen Umstand nicht zum Anlass für eine (erneute) Betreibensaufforderung genommen.

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Kann der angegriffene Bescheid nicht auf §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gestützt werden, kommt es somit in tatsächlicher Hinsicht darauf an, ob und mit welchem Ergebnis der Kläger bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hat. Hierzu wird das Berufungsgericht den Sachverhalt weiter aufzuklären und sodann auf dieser neuen Tatsachengrundlage der Rechtsfrage nachzugehen haben, ob der Bescheid auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten oder umgedeutet werden kann.

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4. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.