Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Juni 2016 - AN 4 S 16.00950, AN 4 S 16.00954, AN 4 S 16.00952

bei uns veröffentlicht am13.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 3. Mai 2016, in denen den Beigeladenen gemäß § 12 GastG der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft aus Anlass des Grafflmarktes für den Zeitraum am 24. Juni 2016 von 16.00 Uhr bis 24.00 Uhr gestattet wird, wird insoweit wiederhergestellt, als sich die Gestattung auf

Außenbewirtschaftung in der Zeit ab 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr bezieht.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen diese selbst.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die den Beigeladenen gewährten Gestattungen und die dadurch zu erwartenden Lärmeinwirkungen anlässlich der Bewirtung im Anschluss an den Grafflmarkt am 24. Juni 2016 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr im Innenstadtgebiet der Antragsgegnerin, soweit in diesem Zeitraum eine Regelung für die Außenbewirtschaftung getroffen wird.

Der Antragsteller wohnt nach seinen Angaben seit 1987 als Mieter im Haus ... Die Beigeladene zu 1) ist Betreiberin der Gaststätte ... mit Freischankfläche in der ... Der Beigeladene zu 2) plant als Verein im Zusammenhang mit dem Grafflmarkt am 24. und am 25. Juni 2016 Bestuhlung und Ausschank am ... Der Beigeladene zu 3) ist Betreiber der Gaststätte ... mit Freischankfläche in der ...

Die ...-straße geht von der ...-straße aus und mündet in die ...-straße. Die ...-straße öffnet sich auf der Höhe der Hausnummer 1 zum ...-platz hin. Die Freischankflächen aller Beigeladenen liegen unmittelbar auf und um den ...-platz, ebenso das Anwesen ...-straße . Der ...-platz hat eine Fläche von ca. 500 qm.

Das Gebiet liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... der Antragsgegnerin, der hierfür ein Mischgebiet festsetzt. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist die in einem Mischgebiet allgemein zugelassene Nutzung Schank- und Speisewirtschaften in der ...-straße nicht zulässig, soweit es sich um nach dem Gaststättengesetz erlaubnispflichtige Betriebe handelt. Diese Einschränkung gilt wiederum nicht für Betriebe, die - ohne Sitzgelegenheiten bereit zu stellen - in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerkes während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen. Weiter genießen bestehende Betriebe Bestandsschutz; Ausnahme können bei Erweiterungen (sowohl innerhalb von Gebäuden als auch auf Freischankflächen) unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Durch die Erweiterung darf u. a. die Schank- bzw. Gastraumfläche nur im geringen Umfang vergrößert und die Wohnnutzung im Gebäude selbst bzw. in der Nachbarschaft nicht gestört werden.

Weiter wurden in den textlichen Festsetzungen Nr. 2.6 im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans Vergnügungsstätten ausgeschlossen. In der Begründung zur Änderung und Ergänzung des Bebauungsplans Nr. ... im Jahr 1997 wird ausgeführt, ein Hauptziel der Altstadtsanierung sei gewesen, die Innenstadt um ... wieder für das Wohnen attraktiv zu machen. Eine zunehmende Zahl von Restaurants, Kneipen, Cafes und Vergnügungsstätten auf Kosten der Wohnnutzung habe den Wert des innerstädtischen Wohnquartiers gesenkt und zu städtebaulichen Problemen sowie zu Lärm- und Verkehrskonflikten geführt. Da ordnungsrechtliche Mittel nicht erfolgreich gewesen seien, könne eine weitere unerwünschte Gaststättenkonzentration nur über den Weg des Bauplanungsrechts erreicht werden. Eine Durchsetzung der vorhandenen Festsetzung sei im Vollzug schwierig, deshalb bewirkten die nach wie vor in den Abend- und Nachtstunden einerseits durch Musikdarbietungen und Tonwiedergabegeräte verursachten Störungen und andererseits der Zu- und Abfahrtsverkehr der Besucher eine Beeinträchtigung der Wohnruhe. Dies führte letztendlich zu einer Stagnierung der Wohnungsanzahl bzw. auch einer Abwanderung der Wohnbevölkerung. Um dem entgegenzuwirken, solle der seit 19. Februar 1988 rechtskräftige Bebauungsplan Nr. ... entsprechend abgeändert werden.

In den vergangenen Jahren führten verschiedene Veranstaltungen und Feste in der ... Innenstadt wegen erheblicher Lärmeinwirkung zu Nachbarbeschwerden und Nachbarklagen, insbesondere im Bereich der ...-straße. Der ... Grafflmarkt findet seit 1976 zweimal jährlich (jeweils im Frühjahr und Herbst eines Jahres) statt. Der Verkauf auf dem Grafflmarkt erfolgt jeweils freitags von 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr und samstags von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Freitags findet seit 2003 im räumlichen Bereich des Grafflmarktes ab 16.00 Uhr und auch über das Ende der Verkaufstätigkeit der Graffler um 22.00 Uhr hinaus eine erheblich erweiterte ausgeweitete Bewirtung auf den verdichteten und erweiterten Freischankflächen der anliegenden Gaststätten statt, früher als sogenannte „Nachtparty der Wirte“ bezeichnet.

Hinsichtlich der nächtlichen Bewirtung ab 22.00 Uhr begehrten verschiedene Anwohner für die Grafflmärkte im September 2014 sowie im Juni und im September 2015 einstweiligen Rechtsschutz mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach stellte die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die den Gaststättenbetreibern erteilten Gestattungen nach § 12 GastG anlässlich des Grafflmarktes im September 2014 insoweit wieder her, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr bezog (B. v. 12.9.2014 - AN 4 S 14.01456 u.w.). Die Beschwerde der Antragsgegnerin wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013) zurück.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach stellte die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage gegen die erteilten Gestattungen nach § 12 GastG anlässlich des Grafflmarktes im Juni 2015 insoweit wieder her, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr bezog (B. v. 24.6.2015 - AN 4 S 15.00928). Im Beschwerdeverfahren verpflichtete sich die Antragsgegnerin für den Fall einer verfahrensbeendenden Erklärung dazu, die Sperrzeitverkürzung für Innen- und Außengastronomie einheitlich auf 24.00 Uhr festzulegen sowie das Ausschankende auf 23.30 Uhr festzulegen und weiter die Zahl der Veranstaltungen in und um die ...-straße vereinbarungsgemäß zu verringern.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach stellte die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klagen gegen die erteilten Gestattungen nach § 12 GastG anlässlich des Grafflmarktes im September 2015 insoweit wieder her, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr bezog. Schwerpunkt in den Gründen der Entscheidung war dabei die voraussichtliche Rechtswidrigkeit der erteilten Gestattungen (B. v. 14.9.2015 - AN 4 S 15.01495 u.w.). Der hierauf gerichteten Beschwerde hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. September 2015 stattgegeben (22 CS 15.2058). Der Schwerpunkt der Entscheidung lag dabei auf einer Gesamtinteressenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung der Streitigkeiten.

Am 3. Mai 2016 erteilte das Amt für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz der Antragsgegnerin den Beigeladenen jeweils eine Gestattung nach § 12 GastG verbunden mit einer Sperrzeitverkürzung für die Außenbewirtschaftung sowie einer Sperrzeitverlängerung für die Innengastronomie der Beigeladenen zu 1) und 3) anlässlich des Grafflmarktes am 24. Juni 2016 in der Zeit von 16.00 Uhr bis 24.00 Uhr. Der Beginn der Sperrzeit für die Gaststätteninnenräume wurde in der Nacht vom 24. Juni 2016 auf den 25. Juni 2016 von 2.00 Uhr auf 24.00 Uhr vorverlegt (Ziffer 4 des Bescheids). Die Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung wurde auf 24.00 Uhr hinausgeschoben und damit verkürzt. Der Beginn der Nachtzeit wurde für den 24. Juni 2016 auf 24.00 Uhr hinausgeschoben. In Ziffer 9 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.

Der Bescheid hat insbesondere folgende Auflagen festgelegt:

1. Die Abgaben von Speisen und Getränken ist im gesamten Bereich am 24. Juni 2016 um 23.30 Uhr einzustellen.

2. Nach Eintritt der Sperrzeit dürfen Arbeiten, die geeignet sind, die Nachtruhe der Anwohner zu stören, nicht mehr durchgeführt werden. Lärmrelevante Arbeiten sind erst am 25. Juni 2016 ab 8.00 Uhr zulässig.

Der Bescheid setzt weiter Zwangsgelder in Höhe von jeweils 750,00 EUR für die Verletzung der Auflagen 1) und 2) sowie für die Fälle fest, wenn ein Gast nach 24.00 Uhr in den Gaststätteninnenräumen oder auf den Freischankflächen weiter verweilt.

In den Gründen des Bescheides wurde ausgeführt, bei dem Grafflmarkt handele es sich um eine überaus beliebte und im Bewusstsein der Bevölkerung verwurzelte Veranstaltung mit jahrzehntelanger Tradition. Zu der zweimal jährlich im Juni und September stattfindenden Veranstaltung kämen jeweils zehntausende Teilnehmer und Besucher. Der Grafflmarkt beginne freitags jeweils um 16.00 Uhr und ende um 24.00 Uhr. Die Verkaufstätigkeit ende um 22.00 Uhr. Samstags beginne die Veranstaltung um 7.00 Uhr und ende um 16.00 Uhr. Traditionell werde das Bewirtungsangebot der Gastronomie im Bereich des Veranstaltungsgeländes erweitert, um damit dem Besucheransturm und der Erwartung eines ausreichenden Speise- und Getränkeangebots gerecht zu werden. Zu diesem Zwecke würden von der Veranstalterin, dem Markt- und Veranstaltungsservice der Stadt ..., sogenannte Gastroflächen ausgewiesen, auf denen die anliegenden Gaststätten bei Bedarf auch über ihre genehmigten unterjährig genutzten Freischankflächen hinaus bestuhlen und Getränkeausschankanlagen betreiben dürften. Da die für den regulären Gaststättenbetrieb erteilten Sondernutzungserlaubnisse während des Grafflmarktes nicht gälten, würden den Gaststättenbetreibern für diese Gastroflächen von der Veranstalterin sogenannte Platzkarten erteilt.

Abweichend von dem in der Sitzung am 29. Juli 2015 beschlossenen Veranstaltungskonzept hätte der Stadtrat in der Sitzung vom 16. März 2016 zur Lärmminimierung beschlossen, dass auch bei künftigen Grafflmärkten die Sperrzeit sowohl für die Freischankflächen als auch für die Gaststätteninnenräume auf 24.00 Uhr festgesetzt werden sollten.

Zur Beurteilung des Veranstaltungslärms ziehe die Antragsgegnerin die aktuelle Freizeitlärmrichtlinie der Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI-Hinweise) mit Stand vom 6. März 2015 gemäß dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien Energie und Technologie vom 16. Mai 2015 heran. Mit Hilfe einer Prognoserechnung (worst-case) der Antragsgegnerin seien folgende Beurteilungspegel für Freitag und Samstag errechnet worden: Während der Veranstaltung komme es im Bereich des ...-platzes zu Maximalpegeln an den nächstgelegenen Immissionsorten von 78 dB(A) in der Tagzeit (8.00 Uhr bis 20.00 Uhr) und 82 dB(A) in der Ruhezeit mit Musikdarbietungen (20.00 Uhr bis 22.00 Uhr). In der Ruhezeit ohne Musikdarbietungen von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr komme es durch die Menschenmenge im Bereich des ...-platzes zu Maximalpegeln von 74 dB(A). Da die Grenzwerte der LAI-Hinweise aufgrund des Kommunikationslärms der Besucher und trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen möglicherweise nicht eingehalten würden, werde eine Sonderfallbeurteilung nach Nr. 4.4 der LAI-Hinweise durchgeführt. Der Grafflmarkt weise eine hohe Standortgebundenheit bzw. soziale Akzeptanz und Adäquanz auf. Die Veranstaltung hätte seit Jahrzehnten einen ungebrochenen Bekanntheitsgrad und Zuspruch insbesondere der ... Bürger. Eine Verlegung an einen Ersatzstandort sei undenkbar und würde das Ende der Veranstaltung bedeuten. Das gastronomische Angebot während und nach dem Verkaufsgeschehen im Veranstaltungsbereich sei seit jeher ein untrennbarer Bestandteil des Grafflmarktes. Der Lärm sei ferner unvermeidbar und zumutbar. Es stehe insbesondere kein geeigneter Ausweichstandort zur Verfügung, da Lärmbelästigungen lediglich verlagert werden würden. Außerdem sei die auf die Anwohner des ...-platzes einwirkende Gesamtlärmfracht in den letzten Jahren durch folgende Maßnahmen reduziert worden:

1. Im Bereich des ...-platzes würden im Zusammenhang mit Fußballspielen der Spielvereinigung ... keine Verdichtung der Freischankflächen, keine Ausschankstellen und

keine Sperrzeitverkürzung zugelassen.

2. Zur Minimierung der Gesamtlärmfracht und zum Schutz der Anwohner werde nach einem entsprechenden Beschluss des Stadtrates in Anlehnung an das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. November 2015 - 22 BV 13.1686 - der Sperrzeitbeginn der Freischankflächen sonntags bis donnerstags von 23.00 Uhr auf 22.00 Uhr (außer an Abenden vor Feiertagen) vorverlegt.

3. Der ...-platz sei auch 2015 schon nicht mehr Veranstaltungsort des Stadtfestes gewesen.

Im Jahr 2016 fänden am ...-platz mit dem zweitägigen ...-Festival und dem eintägigen Griechisch-Deutschen Freundschaftsfest Xylokastro nur vier seltene Veranstaltungen mit einer Sonderfallbeurteilung nach Nr. 4.4 der LAI-Hinweis statt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Nachtzeitverschiebung an einem Freitag stattfinde, also vor einem Wochenende, an dem ein Großteil der Bevölkerung ausschlafen könne.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erfolge im öffentlichen Interesse, um die von der Antragsgegnerin gewünschte und geplante Abwicklung des Grafflmarktes zu gewährleisten und die Planungen des Veranstalters sowie von Besuchern und Gastwirten nicht kurz vor Veranstaltungsbeginn noch zu gefährden. Insbesondere wäre eine kurzfristige Einschränkung oder Veränderung der Veranstaltung gegenüber ein auf die üblichen zeitlichen Abläufe eingestellte Besuchermenge dieser gegenüber nicht in einer Weise verständlich zu machen, dass gegenüber einer ungehinderten Durchführung der vorgesehenen Bewirtschaftung eine merkliche Lärmreduzierung zu erreichen wäre. Da die Veranstaltung in Kürze stattfinde, könne nicht bis zu einer Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache zugewartet werden.

Mit einem am 2. Juni 2016 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz erhob der Antragsteller Klage und begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die den Beigeladenen erteilten gaststättenrechtlichen Begründungen. Zur Begründung führte er aus:

Seit 2010 beschwerten sich und klagten Anwohner über die Zunahme von Lärm durch die Gastronomie in der Altstadt. Die Unzulässigkeit schon dieser bestehenden Lärmimmission sei im Urteil des VGH - 22 BV 13.1686 - bestätigt. Die allgemeine Sperrzeit der Gaststätten am ...-platz sei aber unverändert außen 23.00 Uhr und innen 2.00 Uhr. Eine Verpflichtung, wie im Urteil des VGH beschrieben, den Raucherlärm zu minimieren, gebe es trotz Beschwerde des Antragstellers vom 1. März für den ...-platz nicht. Der Grafflmarkt in ... finde jeweils an einem Wochenende im Frühjahr und im Herbst statt. Als Verkaufsveranstaltung finde er am Freitag bis 22.00 Uhr und am Samstag bis 16.00 Uhr statt. Nach wie vor fänden auf der Bühne ...-platz Freitag und Samstag laute Musikdarbietungen statt. Nach dem Grafflmarkt werde den Wirten von der Stadt ... gestattet, eine Nachtparty von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr durchzuführen. Dazu werde die Bewirtung in die Straße mit verdichteten, den Kneipen angebundenen, nicht näher definierten Freischankflächen (Fläche und Sitzplatzanzahl) gestattet. Die Öffnung dieser Freischankflächen bis 24.00 Uhr könne nicht als notwendiges Angebot angesehen werden, um den Besuchern des um 22.00 Uhr endenden Grafflmarktes noch die Möglichkeit der Verköstigung zu geben. Wenn die Freischankflächen um 22.00 Uhr geschlossen werden würden, so würden sich die Besucher auf den Heimweg machen oder die Innengastronomie aufsuchen. Es gäbe keinen Grund dafür, die Besucher noch für zwei weitere Stunden im Freien zu halten. Das Bedürfnis von Besuchern, Speisen und Getränke zu sich zu nehmen, müsse jedenfalls nicht für zwei weitere Stunden im Freien befriedigt werden. Letztendlich ginge es nur darum, die Freischankflächenbewirtschaftung, die zuvor unter dem Stichwort „Nachtparty der Wirte“ veranstaltet worden sei und keinerlei Tradition aufweise, noch aufrechtzuerhalten. Die von der Antragsgegnerin in den Bescheiden festgelegten Zwangsgelder hätten eher Alibifunktion, da zur relevanten Zeit zwischen 24.00 Uhr und 8.00 Uhr kein städtisches Personal vor Ort sei. Hinzu käme, dass nach Erfahrung des Antragstellers Polizei und Securitydienst sich für solche Art Überwachung nicht zuständig fühlten. Mit geringem Aufwand wirksam sei des Antragstellers der komplette Abbau der Freischankflächen für den Sperrzeitzeitraum (selbstredend vor 22.00 Uhr). Ferner hätte sich an der Gesamtmenge von Veranstaltungen am ...-platz laut dem von der Stadt am 29. Juli 2015 beschlossenen Veranstaltungskalender nichts geändert:

- Grafflmarkt an zwei Tagen (zwei Tage und eine Nacht),

- ...-Festival an drei Tagen (drei Tage und zwei Nächte),

- „Griechen-Fest“ an einem Tag (einen Tag und eine Nacht),

- Weihnachtsmarkt an zehn Tagen.

In Anbetracht der erheblichen anderweitigen Belastungen, denen der Antragsteller durch Veranstaltungen im Bereich der ...-straße auch über das Jahr ausgesetzt sei, könne im vorliegenden Einzelfall eine Interessenabwägung nicht dazu führen, dass für den Eilrechtsschutz der Wunsch nach einer einigermaßen verträgliche Nachtruhe und der Schutz der Gesundheit hinter dem wirtschaftlichen Interesse der Wirte zurücktreten müsse. Auch aus dem VGH-Beschluss - CS 15.2058 - stehe dem Antragsteller ein gesteigertes Maß an Rücksichtnahme zu. Die notwendigen Voraussetzungen für ein Hinausschieben der Nachtzeit, wie sie die Beklagte darstellt, liege für die „Nachtparty der Wirte“ nicht vor. Was die Gestattung des Gaststättenbetriebs der Beigeladenen zu 2) betrifft, stelle sich die Frage, ob diese nach dem gültigen Bebauungsplan überhaupt rechtens sei mit Blick auf Ziffer 2.2 der Bebauungsplanvorschrift.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seiner Klagen gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 3. Mai 2016, in denen den Beigeladenen gemäß § 12 GastG der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft aus Anlass des Grafflmarktes für den Zeitraum am 24. Juni 2016 von 16.00 Uhr bis 24.00 Uhr gestattet wird, insoweit wiederherzustellen, als sich die Gestattung auf die Außenbewirtschaftung in der Zeit ab 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr bezieht.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Grafflmarkt sei mit dem Bewirtungsangebot entgegen der Darstellung des Antragstellers eine untrennbare Veranstaltung, die sich über zwei Tage erstrecke. Die vom Antragsteller sogenannte „Nachtparty der Wirte“ existiere nicht als separate Veranstaltung und sei nach dem Willen der Stadt ... und dem Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger ein untrennbarer Bestandteil des Grafflmarktes. Um 22.00 Uhr ende nur der reine Warenverkauf, nicht jedoch die gesamte Veranstaltung. Dem Grafflmarkt komme insgesamt, d. h. also mit dem untrennbaren erweiterten Bewirtungsangebot, eine überkommunale Bedeutung zu. Der Grafflmarkt sei eine Traditionsveranstaltung im Sinne eines Straßenfestes. Bei solchen Straßenfesten würden selbstverständlich keine gesonderten externen Bewirtschaftungsunternehmen tätig, sondern es würden die ansässigen Gaststätten in das Straßenfest einbezogen. Dementsprechend werde den Gastronomen mittels der Gestattung die zusätzliche Bewirtung erlaubt. Der Grafflmarkt stelle einschließlich der im Jahr 2003 erstmals behördlich reglementierten Bewirtung eine Einheit dar. Soweit das Verwaltungsgericht in früheren Verfahren der Meinung gewesen sei, dass ein Graffl- oder Flohmarkt seiner Sinnhaftigkeit nach keine Bewirtung im Anschluss erfordere, verkenne es, dass die beiden Grafflmärkte sich im Laufe ihres Bestehens fortentwickelt hätten. Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach hätte in ihrem Beschluss vom 24. Juni 2015 - AN 10 S 15.00977 - den volksfestähnlichen Charakter des Marktes bestätigt. Auch eine Gestattung nach § 12 GastG sei grundsätzlich möglich, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Grundsatzurteilvom 25. November 2015 - 22 BV 13.1686 - anerkannt hätte. Zudem diene die verlängerte Bewirtung auch der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung, da sonst damit zu rechnen sei, dass die zahlreichen Besucher des Straßenfestes stattdessen bis 20.00 Uhr Proviant einkauften und diesen dann auf der Straße, keiner Gaststätte zurechenbar, konsumierten. Entgegen der Darstellung des Antragstellers bestehe nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. November 2015 (22 CS 13.1686) keine unmittelbare Verpflichtung zur Minimierung des Raucherlärms auf dem Waagplatz. Das genannte Verfahren hätte sich ausschließlich mit der ...-straße und den dort beklagten Gaststätten befasst. Gleichwohl beabsichtige die Stadt ..., den Gaststätten mit Freischankflächen auf dem ...-platz inhaltsgleiche Auflagen und Sperrzeitbescheide in beklagten Betrieben in der ...-straße zu erteilen. Dies werde die Gesamtlärmfracht am ...-platz weiter minimieren. Unzutreffend sei die Behauptung des Antragstellers, dass der Umfang der Freischankflächen im Rahmen des Grafflmarktes nicht näher definiert sei. Die Sondernutzungserlaubnisse auf öffentlichem Grund würde zwar während des Grafflmarktes nicht gelten, die Gastwirte hätten für diese Zeit aber sogenannte Platzkarten beim städtischen Liegenschaftsamt beantragt, welche für eine größenmäßig bestimmte Fläche erteilt werden würden. Damit seien die zugesprochenen Flächen, auf denen die Bewirtung stattfinden könne, genau definiert. Näheres ergebe sich aus dem Lageplan. Eine Ausnahme bilde die Freischankfläche der Gaststätte „...“, die auf Privatgrund liege. Diese Fläche sei jedoch Bestandteil der Gaststättenerlaubnis.

In den vergangenen Jahren hätten bei den Grafflmärkten stets Sperrzeitkontrollen durch städtisches Personal stattgefunden. In deren Rahmen hätten im Bereich des ...-platzes keinerlei Verstöße festgestellt werden können. Ein vorzeitiges Abbauen der Freischankflächen sei dementsprechend auch nicht erforderlich. Ferner sei die Behauptung unzutreffend, dass sich seit dem vom Stadtrat in der Sitzung vom 29. Juli 2015 beschlossenen Veranstaltungskonzept nichts geändert hätte. Der Stadtrat hätte in seiner Sitzung am 16. März 2016 zugunsten des Anwohnerschutzes beschlossen, dass abweichend von dem oben genannten Veranstaltungskonzept die Sperrzeit für Gaststätten Innen- und Außenbereiche am Grafflmarkt auf 24.00 Uhr festgesetzt werden sollten. Ursprünglich habe die Innensperrzeit ab 2.00 Uhr beginnen sollen. Dies gelte auch schon für den ...-platz. Außerdem entspräche es nicht der Wahrheit, dass beim „Griechenfest“ eine Bühne am ...-platz aufgebaut werde. Es spiele nach Auskunft des Veranstalters lediglich eine Drei-Mann-Band mit einem Sänger, einem E-Piano und einer E-Gitarre ohne Bühnenaufbau mit nur zwei Lautsprechern. Im Übrigen finde der Weihnachtsmarkt ausschließlich in der Tagzeit statt. Der Gaststätte „Schatzkästle“ sei keine Gestattung erteilt worden, da der Gastwirt erst nach Ablauf der von der Antragsgegnerin gesetzten Antragsfrist vorstellig geworden sei. Hinsichtlich der Einschätzung des Antragstellers, dass auf der Bühne am ...-platz während des Grafflmarktes laute Musikdarbietungen stattfänden, werde auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 24. Juni 2015 - AN 10 S 15.00977 - verwiesen, in dem die Zulässigkeit der Musikdarbietungen bestätigt worden sei. Der Antragsteller könne deshalb hieraus keine unzumutbare Belästigung geltend machen. Durch den Normalbetrieb der Freischankflächen würden die Immissionsschutzrichtwerte oder Immissionsrichtwerte nach TA-Lärm aufgrund der Prognoserechnung der Antragsgegnerin eingehalten, so dass der Antragsteller hierzu keine unzulässige Vorbelastung geltend machen könne. Maßgebliches Regelwerk zur Beurteilung der Lärmsituation sei die Freizeitlärmrichtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI-Hinweise). Die vom Antragsteller eingeforderte einigermaßen verträgliche Nachtruhe sei durch die Regelungen der streitgegenständlichen Bescheide sichergestellt. Eine achtstündige Nachtruhe für den Antragsteller sei gewährleistet, da lärmrelevante Arbeiten erst wieder am 25. Juni 2016 ab 8.00 Uhr zulässig seien.

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2016 hat der Antragsteller nochmals Stellung zum Vorbringen der Antragsgegnerin genommen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung betreffe nur den Grafflmarkt, nicht aber die Nachtparty der Wirte. Diese diene allein der betriebswirtschaftlichen Verbesserung der Gastronomie. Die Unzumutbarkeit des Lärms und die fehlende Traditionseigenschaft sei in zahlreichen Urteilen bestätigt worden. Eine Bewirtung über 22.00 Uhr hinaus sei umso mehr unverständlich, als selbst die ...-Kirchweih um 23.00 Uhr schließe. Nach Erfahrung des Antragsteller werde die Sperrzeit nicht eingehalten und auch nicht effektiv kontrolliert, wie belegt werden könne.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten, auch die der oben genannten Verfahren, Bezug genommen.

II.

Die auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gerichteten Anträge des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80a Abs. 3 VwGO gegen die für sofort vollziehbar erklärten Bescheide der Antragsgegnerin vom 3. Mai 2016 sind zulässig und begründet. Das Gericht hat daher die aufschiebende Wirkung der angegriffenen Bescheide in dem vom Antragsteller mit der Klage bestimmten Umfang angeordnet. Die Anträge haben zum Ziel, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die Außenbewirtschaftung am 24. Juni 2016 zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr wiederherzustellen. Nicht Antragsgegenstand und auch nicht Gegenstand dieser Entscheidung sind die Genehmigungen der Beigeladenen im Rahmen ihrer jeweiligen Gaststättenerlaubnis bzw. Baugenehmigung und ebenso wenig der verdichtete und erweiterte Betrieb aufgrund der streitgegenständlichen Gestattungen für den 24. bzw. 25. Juni 2016, ausgenommen von der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr in der Außengastronomie.

Gemäß § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80a Abs. 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die gaststättenrechtliche Genehmigung nach § 12 GastG wiederherstellen, wenn das Suspensivinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt. Das erkennende Gericht trifft hierbei eine originäre Ermessensentscheidung, für die die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache wesentliches, aber nicht alleiniges Entscheidungskriterium ist.

1.

Die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache kommt zu keinem anderen Ergebnis als in dem Verfahren AN 4 S 15.01495 u.w.. Der Bescheid im streitgegenständlichen Verfahren weicht nur unwesentlich hinsichtlich des Nachbarlärmschutzes zugunsten des Antragstellers ab, soweit er eine achtstündige Nachtruhezeit am 25. Juni 2016 zwischen 0.00 Uhr und 8.00 Uhr anordnet. Im Ergebnis ist auch der Bescheid vom 3. Mai 2016 voraussichtlich rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Eine andere Prognose kann aus Sicht des erkennenden Gerichts auch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren 22 CS 15.2058 nicht entnommen werden. Die Geräuschbelastung, die als Folge der verfahrensgegenständlichen Bescheide in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni 2016 von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr zu erwarten ist, ist unter Würdigung aller Umstände für den Antragsteller nicht zumutbar (1.1). Weitere offene Fragestellungen, die die Rechtmäßigkeit der Gestattungen betreffen, können und brauchen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend geprüft zu werden (1.2).

1.1

Der für die Beigeladenen gemäß § 12 GastG gestattete Betrieb von Freischankflächen mit prognostizierten Beurteilungspegeln von bis zu 74 dB(A) nach 22.00 Uhr ist unzulässig und nachbarrechtsverletzend.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürfte Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten (einschließlich ihrer Freischankflächen) als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinne von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Gast und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus Erwähnung der Nachbarschaft in § 3 Abs. 1 BImschG ergibt, besteht das Erfordernis, umweltschädliche Einwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Allgemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter (BayVGH, B. v. 17.9.2014 - 22 CS 14.2013 - juris Rn. 4).

1.1.1

Die Zumutbarkeit der vom Antragsteller als Anwohner hinzunehmenden Immissionen bestimmt sich in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung. Vorliegend ist daher die Festsetzung im Bebauungsplan Nr. 001 als Mischgebiet maßgeblich.

So führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schon im Beschluss vom 17. September 2014 - Az. 22 CS 14.2013 (juris Rn. 5) -, der aus Anlass der Bewirtungsveranstaltung im Anschluss an den Herbstgrafflmarkt 2014 erging, aus: „Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen, die in § 3 Abs. 1 BImschG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich nicht anhand eines generell - abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z. B. Jarras, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m. w. N.). Die Zumutbarkeit bestimmt sich, insbesondere mit Blick auf das Eigentumsgrundrecht, nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z. B. Jarras, a. a. O., Rn. 55 ff. m. w. N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass das vom Antragsteller bewohnte Anwesen wie die von den Beigeladenen bewirtschafteten Gaststätten und Freiflächen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich den Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzungen zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinne von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan Nr. ... der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan Nr. ... dadurch, dass er - abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO - Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zugunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise u. a. nur dann zulässig, wenn die „Wohnnutzung …. in der Nachbarschaft nicht gestört wird“ (BayVGH, a. a. O., juris Rn. 6). Ebenso wurden die nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BayNVO in Teilen des Mischgebiets zulässigen Vergnügungsstätten ausgeschlossen. All dies geschah nach der Begründung zum Bebauungsplan zu dem Zweck, die im Viertel St... vorhandene Wohnnutzung zu schützen und zu sichern und vor Verdrängung durch weitere Gaststätten zu schützen.

Das zwischenzeitlich eingeleitete Verfahren zur Änderung der Bauleitplanung (öffentlich bekanntgemachter Aufstellungsbeschluss am 22.10.2014) ändert - unabhängig von der geplanten Zielsetzung - jedenfalls schon deswegen nichts an der sich aus dem Gebietscharakter maßgeblich folgenden Schutzwürdigkeit des Antragstellers, da die Planungen sich in einem frühen Verfahrensstadium befinden. Die Antragsgegnerin wird vielmehr erst im Rahmen des Änderungsverfahrens des Bebauungsplans u. a. nach Öffentlichkeitsbeteiligung die öffentlichen und die privaten Belange von Gastwirten und Anwohnern gegeneinander abzuwägen haben.

Die Erweiterung bestandsgeschützter Gaststätten ist nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans nur zulässig, wenn die Wohnnutzung der Nachbarschaft nicht gestört wird. Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattungen eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinne von § 3 Abs. 1 BImschG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die erst seit dem Jahr 2003 stattfindende zweimal jährlichen Ausweitung des Gaststättenbetriebs, bisher „Nachtparty der Wirte“, mit dem erheblich erweiterten Freischankflächenbetrieb ist jedenfalls keine unter Bestandsschutzkriterien zu beurteilende Veranstaltung. Im Übrigen gilt als dem Antragsteller zustehendes Schutzniveau jedenfalls die Gebietsfestsetzung als Mischgebiet. Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Für die Wohnnutzung sind Störungen und Belästigungen insbesondere dann nicht mischgebietsverträglich, wenn sie sich bis in die Freizeit, vor allem in die Zeit der Nachtruhe hinein erstrecken. Die Mindestanforderung an den Grad der Wohnruhe im Mischgebiet ist die Gewährleistung eines ungestörten Feierabends und einer auskömmlichen Nachtruhe (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 115. Erg.L. 2014, § 6 BauNVO Rn. 11).

1.1.2

Da die verschiedenen Regelwerke zum Schutz gegen Lärm auf die vorliegende Fallgestaltung keine direkte Anwendung finden (vgl. 4.1.2.1 bis 4.1.2.3), ergibt eine im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise vorzunehmende Abwägung aller Umstände folgendes: Die Lärmbelastung angesichts des von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels von 74 dB(A) während der Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr ist derart hoch, dass sie das Maß dessen, was den Betroffenen in dem konkreten Gebiet (Mischgebiet) zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet.

Bei Veranstaltungen nach § 12 GastG kann der davon ausgehende Lärm wegen der Seltenheit und ggf. Sozialverträglichkeit in größerem Maß zumutbar sein als sonstiger Gaststättenlärm - insoweit spricht der § 12 GastG auch von erleichterten Voraussetzungen. Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets (BayVGH, B. v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris).

Deshalb wird, wenn dies nicht schon in der für die Nutzung als Gaststätte erforderlichen Baugenehmigung geschehen ist (vgl. insbesondere BVerwG, B. v. 14.6.2011 - 4 B 3/11 - juris, Rn. 6), die Prüfung unter Beachtung aller bei den Nachbarn von Gaststättenbetrieben in der zu beurteilenden Art und Weise einschließlich der Öffnungszeiten ausgehenden Immissionen erfolgen und deren Zumutbarkeit für die Nachbarn geprüft.

Alle Regelwerke (siehe unten) gehen selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht - wie hier - als besonders schutzbedürftig ausgestaltet wurde, davon aus, dass das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt ist, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von 74 dB(A) ab 22.00 Uhr auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Darüber hinaus sind die Anlieger des Waagplatzes aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend Geräuschbelastungen (auch in der Nachtzeit bis 23.00 Uhr - Sperrzeitverordnung/Freischankflächen) ausgesetzt, ebenso wie bei zahlreichen Veranstaltungen, so z. B. die erheblichen Geräuschbelastungen tagsüber an den Grafflmarkt-Tagen wie auch bei weiteren Veranstaltungen.

1.1.2.1

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist zwischenzeitlich geklärt, dass die TA-Lärm auf die hier zu betrachtende Außengastronomie nicht unmittelbar oder schematisch anwendbar ist (BayVGH, U. v. 22.10.1998 - 22 B 98.602 - juris; BGH; U. v. 26.9.2003 - VZR 41-03 - UPR 2004, 31/32; BayVGH B. v. 17.09.2014 - 22 CS 14.2013 - juris Rn. 8; BayVGH B. v. 25.11.2015 - 22 BV 13.1686 - juris Rn. 58; BVerwG, B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BRs 76 [2010] Nr. 188). Für die vorzunehmende Einzelfallbetrachtung lassen sich in entsprechender Anwendung der Grundsätze der TA-Lärm jedoch folgende Anhaltspunkte gewinnen:

Der für ein Mischgebiet zu beachtende Richtwert (Nr. 6.1 TA-Lärm) beträgt in der Nachtzeit (nach Nr. 6.4 Satz 1 TA-Lärm: von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) 45 dB(A), zur Tagzeit (von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) 60 dB(A) und erhöht sich, wie noch auszuführen ist, in Fällen seltener Ereignisse.

Nach den Lärmprognosen der Antragsgegnerin ist bei einem Betrieb der Beigeladenen entsprechend der angegriffenen Bescheide an den nächstliegenden Immissionsorten von einem Beurteilungspegel in der Nachtzeit von 74 dB(A) auszugehen (22.00 Uhr bis 24.00 Uhr). Die zuvor stattfindende Musikveranstaltung endet, zusammen mit dem Verkauf am Grafflmarkt, um 22.00 Uhr. Insoweit ist im direkten Nachlauf noch mit abströmenden Besuchern zu rechnen. Für die TA-Lärm, die in Nr. 6.8 für die Ermittlung der Geräuschimmissionen auf den Anhang verweist, ergibt sich, dass sie eine Ermittlung nicht nur durch Messung (Abschnitt A3), sondern auch durch Prognose zulässt (Abschnitt A2; vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 11.9.2012 - 6 S 947/12 - juris). Jedenfalls geht auch die TA-Lärm davon aus, dass Erfahrungswerte grundsätzlich geeignet sind, eine Prognose der Geräuschimmissionen zu erstellen. Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte sind nicht ersichtlich.

Auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach im Rahmen der erleichterten Voraussetzungen des § 12 GastG die für Lärmimmissionen geltenden Regelwerke nur Anhaltspunkte geben, folgt kein zweckentsprechender Gebrauch des Ermessens durch die Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass anlässlich von Festen, die auf allgemeine Akzeptanz stoßen und von kommunaler Bedeutung sind, höhere Werte als die sonst geltenden Immissionsrichtwerte zulässig sind, hierfür können die für seltene Ereignisse geltenden Richtwerte Anhaltspunkte geben.

Die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte übertreffen aber mit einem Wert von nachts 74 dB(A) auch die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für seltene Ereignisse (Nr. 7.2 TA-Lärm) für nachts (von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, vgl. Nr. 6.4 TA-Lärm) von 55 dB(A) nach Nr. 6.3 TA-Lärm erheblich.

1.1.2.2

Nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) im Mai 1995 als Musterverwaltungsvorschrift verabschiedete sogenannte „Freizeitlärmrichtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.2014, a. a. O. - juris Rn. 10). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich wie hier um eine Veranstaltung handelt, die im Wesentlichen von Gastwirten in Erweiterung des ihnen erlaubten Gaststättenbetriebs durchgeführt wird.

Selbst wenn man vorliegend die Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe im Sinne eines groben Anhalts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles heranziehen wollte, sind die von der gegenständlichen Ausweitung des Gaststättenbetriebs und der Freischanktätigkeit der Beigeladenen im Zeitraum von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr zu erwartenden Lärmimmissionen für die Nachbarschaft unzumutbar.

Die Freizeitlärmrichtlinie, auf die sich die Antragsgegnerin beruft, wurde mit Stand vom 6. März 2015 neu gefasst, insbesondere enthält die neue Fassung im Abschnitt 4.4 Empfehlungen zur „Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, die regelmäßig für Volksfeste einschlägig sind. Die Freizeitlärmrichtlinie enthält diesbezüglich Hinweise zur Prüfung der Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit (vgl. Nr. 4.4.2).

Nach Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie kann bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz eine Sonderfallbeurteilung durchgeführt werden, die eine Abweichung von den in Nrn. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerten erlaubt. Nr. 4.1 Buchst. c geht in Mischgebieten von einem Immissionsrichtwert nachts von 45 dB(A) aus.

Die Ausweitung des Gaststättenbetriebs ab 22.00 Uhr (früher als „Nachtparty der Wirte“ bezeichnet) ist weder eine seltene Veranstaltung in diesem Sinne, noch zeichnet sie sich durch eine besondere Standortgebundenheit oder durch eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz aus. Das gilt unabhängig davon, ob die durch die angegriffenen gaststättenrechtlichen Einzelgestattungen integraler Bestandteil des Grafflmarkts sind oder nicht.

Der Argumentation, dass der Freischank im Anschluss an den Grafflmarkt - bisher selbstständige Nachtparty der Wirte - nunmehr untrennbarer Bestandteil des Grafflmarkts sein soll, kann nicht gefolgt werden.

Soweit neue Bestandteile einer Traditionsveranstaltung ohne weiteres - insbesondere zeitlich - abtrennbar und teilbar sind, nehmen diese am Traditionscharakter der ursprünglichen Veranstaltung nicht teil. Das gilt insbesondere dann, wenn sie nachträglich in eine Traditionsveranstaltung integriert werden.

Der seit 1975 bestehende Grafflmarkt ist durch eine typische Verkaufstätigkeit gekennzeichnet, die um 22.00 Uhr endet. Die seit dem Jahr 2003 stattfindende Ausweitung (bisher „Nachtparty der Wirte“), die insbesondere durch einen erheblich erweiterten Freiflächenausschank der im Bereich des Grafflmarktes liegenden Wirte gekennzeichnet ist, findet von 16.00 Uhr bis 24.00 Uhr statt und ist jedenfalls für den Zeitraum ab dem Ende der Verkaufstätigkeit des Grafflmarktes (also ab 22.00 Uhr) - wie bisher - als selbstständiges und abtrennbares Ereignis zu bewerten, da sie spätestens nach Verkaufsende nicht mehr als ein Rahmenprogramm der Traditionsveranstaltung verstanden werden kann. Einem typischen Floh- oder Trempelmarkt wie dem „Grafflmarkt“ ist es insbesondere nicht immanent, dass nach dem Ende der Verkaufstätigkeit ein umfangreiches Bewirtungsangebot für die Besucherströme zur Verfügung steht, so dass der Grafflmarkt selbst nicht unter den Gesichtspunkten Adäquanz und Akzeptanz in diesem Zusammenhang zu bewerten ist, sondern ausschließlich die anschließende Bewirtungsveranstaltung der Wirte. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Grafflmarkt, der seit 1975, ab 1976 zweimal jährlich durchgeführt wird, von Anfang an eine Musikbühne am ...-platz und eine erweiterte Bewirtung beinhaltete, bezieht sich diese Tradition nur auf die Tagzeiten während des Verkaufs, nicht aber auf die wesentlich später eingeführte und von den Wirten durchgeführte Nachtbewirtung nach Ende des eigentlichen Grafflmarkts. Hierfür spricht auch, dass ursprünglich von einer „Nachtparty der Wirte“ oder Wirteparty die Rede war, die von der Grafflmarktverordnung nicht erfasst war und die auch heute noch durch die Einzelgestattungen an die beteiligten Wirte geregelt wird. In Anbetracht der unter Nr. 4.4.1 der Freizeitlärmrichtlinie aufgezählten Beispiele von Veranstaltungen mit erheblicher Bedeutung, ist ersichtlich, dass der Bewirtung nach 22.00 Uhr durch die ... Wirte unter diesem Blickwinkel (Tradition, kommunale Bedeutung etc.) weder Standortgebundenheit noch eine besondere soziale Akzeptanz und Adäquanz kommt.

Für eine Sonderfallbeurteilung muss nach Nr. 4.4.1 der Richtlinie die Zahl der die Lärmgrenzwerte überschreitenden Veranstaltungen eng begrenzt sein. Die Gesamtzahl der Veranstaltungen in den zu beurteilenden Bereichen ...-straße und ...-straße dürften auch nach der Korrektur des Veranstaltungskalenders durch die Antragsgegnerin nicht einer „engen Begrenzung“ entsprechen. Dabei ist anzumerken, dass die reine Zahl der Veranstaltungen bzw. Veranstaltungstage in der Gesamtbetrachtung nur wieder einen Aspekt neben insbesondere der Intensität der Veranstaltungen und dem - von der Antragsgegnerin in der Bauleitplanung selbst festgelegten - Schutzniveau des Gebiets abbildet. Es darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass die Sperrzeitenregelung der Stadt Fürth für Freischankflächen ohnehin bereits eine Ausweitung des Ausschanks bis 23.00 Uhr für etliche Monate im Jahr an Wochenenden erlaubt, wobei zumindest ab 22.00 Uhr unstreitig die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet von 45 db(A) regelmäßig nicht eingehalten werden.

Darüber hinaus fehlt es vorliegend auch an den unter „Zumutbarkeit“(Nr. 4.4.2 der Richtlinie) geregelten Voraussetzungen:

Die Verschiebung der Nachtzeit setzt besonders gelagerte Fälle voraus, an denen es vorliegend fehlt. Vielmehr spricht die massive Überschreitung der zulässigen Werte auch tagsüber in einem auch von Wohnen geprägten Mischgebiet dafür, dass den Anwohnern diese nicht auch noch über einen Zeitraum von zwei Nachtstunden zugemutet werden können. In Nr. 4.4 der Richtlinie heißt es weiter, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach den Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Dementsprechend ist es nicht möglich, bei einer derart massiven Lärmüberschreitung auch noch die übrigen Ausnahmevoraussetzungen, wie z. B. die Verschiebung der Nachtzeit zugunsten der Antragsgegnerin bzw. der Beigeladenen anwenden zu wollen. Die Argumentation der Antragsgegnerin geht insoweit fehl, als sie nicht berücksichtigt, dass auch eine Verschiebung der Nachtzeit enge Grenzen hat und nicht alle Voraussetzungen kumuliert zugunsten der Antragsgegnerin angewendet und die Nachbarinteressen unberücksichtigt bleiben dürfen. Vorliegend hätte von der Antragsgegnerin vielmehr in die Beurteilung eingestellt werden müssen, dass selbst der Richtwert für seltene Ereignisse nachts von 55 dB(A) im Anschluss an den Grafflmarkt ab 22.00 Uhr um annähernd 20 dB(A) überschritten werden wird. Eine Erhöhung des Pegels im Einwirkungsbereich um 8 bis 10 dB(A) wird als Verdoppelung der Lautstärke empfunden (Tegeter, UPR 2000, 99, 100; VGH Baden-Württemberg, U. v. 27.6.2002, NVwZ-RR 2003, 745, 751). Die zu erwartenden Werte übersteigen auch deutlich die zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung in der Rechtsprechung entwickelte Zumutbarkeitsschwelle von 60 dB(A) nachts und sogar für tags von 70 dB(A) (vgl. insoweit BVerwG, B. v. 30.7.2013 - 7 B 40/12, juris). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls bei ihren Ausführungen dieser massiven Lärmüberschreitung zur Nachtzeit nicht das ihrer Bedeutung zukommende Gewicht beigemessen. Zudem blieb völlig unberücksichtigt, dass es sich hier nicht um eine einmalige Veranstaltung, wie ein Vereinsfest an einem sonst ruhigen Festplatz o.ä. handelt, sondern um eine Veranstaltung von Wirten, die über ihre bereits großzügig genehmigten Betriebszeiten und Freischankflächen hinaus am einem ohnehin hoch belasteten Standort zusätzliche Betriebszeiten in der besonders empfindlichen Nachtzeit und eine erhebliche Verdichtung der Bewirtung erreichen möchten. Diese „normalen“ Betriebszeiten sehen ohnehin bereits eine Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde nach hinten mit entsprechender Lärmbelastung des Freischankbetriebs vor.

Schließlich werden auch keine acht Stunden Nachtruhe zugunsten des Antragstellers eingehalten. Zwar ist den Beigeladenen die Bewirtung erst wieder ab 8.00 Uhr gestattet. Bereits um 7.00 Uhr eröffnet jedoch der eigentliche Grafflmarkt, so dass bereits vor 7.00 Uhr mit Lärmbelastungen durch Aufbautätigkeiten gerechnet werden muss. Umgekehrt kann nicht damit gerechnet werden, dass es um 24.00 Uhr schlagartig ruhig sein wird. Das gilt realistischerweise auch ohne der Antragsgegnerin mangelnden Normdurchsetzungswillen unterstellen zu müssen.

1.1.3

Die Antragsgegnerin kann sich im Hinblick auf die nach Ende der Verkaufstätigkeit des Grafflmarktes von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr schließlich nicht auf eine Zumutbarkeit wegen Vorliegen eines „sehr seltenen Ereignisses“ berufen.

Zur Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2004, a. a. O. (RdNr. 12) aus: „Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen (…). Allerdings hat die Rechtsprechung - auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - BayVBl. 1997, 594) - anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z. B. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 18. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt.“

Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei der stattfindenden Ausweitung der Bewirtung (bisher „Nachtparty der Wirte“) um einen jedenfalls zeitlich trennbaren Bestandteil des Grafflmarkts. Es liegt auf der Hand, dass die ab 22.00 Uhr stattfindende Bewirtung die von der Rechtsprechung aufgestellten sehr engen Voraussetzungen eines „sehr seltenen Ereignisses“ nicht erfüllt (bejaht z. B. für ein alle zwei Jahre stattfindendes Jubiläumsfest der Ortsvereine, BayVGH, U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327). Das Niedersächsische OVG verneint das „sehr seltene Ereignis“ bei jährlich stattfindenden und sich über mehrere Tage und Nächte erstreckenden Schützenfesten (U. v. 17.11.2005 - 1 KN 127/04 - juris, RdNr. 55).

Da die Bewirtungsveranstaltung ab 22.00 Uhr zweimal jährlich stattfindet, fehlt es bereits am Erfordernis des sehr seltenen Eintritts. Die bisherige „Nachtparty der Wirte“ ab 22.00 Uhr kann auch dann nicht als für die Stadtgemeinschaft herausragendes Ereignis bewertet werden, wenn sie nunmehr unter dem Gesamtereignis Grafflmarkt etikettiert wird. Es fehlt der erst 2003 eingeführten Bewirtung die Herkömmlichkeit, die der Grafflmarkt selbst vielleicht beanspruchen könnte. Die Bewirtung dient weder der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums, noch ist sie sonst von besonderer kommunaler Bedeutung. Weiter kann auch nicht zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt werden, dass es sich um eine Feier handelt, die kraft Herkommens zu den typischen Erscheinungen gemeindlichen Lebens gehört, so dass sie von der Nachbarschaft in hohem Maße als sozialadäquat akzeptiert werden würde. Mit der Durchführung eines Flohmarkts ist vielmehr nicht üblicherweise verbunden, dass im Anschluss daran zur Nachtzeit erheblich erweiterte Bewirtungsmöglichkeiten bestehen.

1.2

Im Rahmen der summarischen Prüfung können aufgrund der bereits festgestellten zu erwartenden Rechtswidrigkeit verschiedene Fragestellungen offenbleiben. Das betrifft etwa die Frage, ob der Inhaber einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG systematisch und nach Sinn und Zweck der Vorschrift überhaupt eine weitere Erlaubnis nach § 12 GastG für den gleichen Betrieb erhalten kann.

Offen bleiben kann weiter die Frage der Bestimmtheit der Anordnung mit Blick auf die Freischankflächen. Der Betroffene Antragsteller kann die ihn treffende Belastung nicht aus den Bescheiden selbst erkennen, da die Beigeladenen - mit Ausnahme des Beigeladenen zu 1) - den Umfang ihrer Freischankflächen erst im Rahmen eines weiteren Verfahrens, nämlich der Zuweisung der Platzkarten beim Liegenschaftsamt erhalten. Es bestehen daher Zweifel, ob dieses Vorgehen mit dem Bestimmtheitsgebot vereinbar ist. Ebenfalls nicht erkennbar ist, ob die angegriffenen Bescheide überhaupt konsistent durchsetzbar sind, da - anders als in den bisherigen Verfahren - nicht erkennbar ist, ob die Beigeladenen zu 2) und zu 3) überhaupt Inhaber einer Sondernutzungserlaubnis sind.

Die summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit der Hauptsache kommt zu dem Ergebnis, dass die angegriffenen Bescheide in dem angegriffenen Umfang voraussichtlich rechtswidrig sind und den Antragsteller in nachbarschützenden Rechten verletzten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine andere Prognose kann auch nicht der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dem Beschluss zum Grafflmarkt im September 2015 entnommen werden (Az. 22 CS 15.2058).

2.

Bei der Interessenabwägung zwischen Suspensiv- und Vollzugsinteresse ist damit als ein wesentlicher Aspekt zu berücksichtigen, dass die angegriffenen Bescheide voraussichtlich rechtswidrig sind, weil die Lärmbelastung dem Antragsteller nicht zumutbar ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Grenzwerte der einschlägigen Lärmvorschriften selbst für seltene Ereignisse um 19 dB(A) und damit ganz erheblich überschritten werden.

Auf der anderen Seite fällt bei den betroffenen Wirten nur eine Stunde Außenbewirtschaftung wirklich Weg, da sie zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr ihre herkömmlichen Genehmigungen nutzen können. Im Übrigen haben sich die Wirte zwischenzeitlich auf die Situation einstellen können, dass eine Bewirtung bis 24.00 Uhr auch am Grafflmarkt nicht zulässig ist.

Die gerichtliche Interessenabwägung kommt daher zum Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung in dem stattgegebenen Umfang wiederherzustellen war.

3.

Die Kostenentscheidung ergibt sich §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Der Streitwert entspricht dem halben Auffangstreitwert, der in der Hauptsache anzusetzen ist, §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


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(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze 1. der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit,2. der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit o

Gaststättengesetz - GastG | § 2 Erlaubnis


(1) Wer ein Gaststättengewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis kann auch nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt werden. (2) Der Erlaubnis bedarf nicht, wer 1. alkoholfreie Getränke,2. unentgeltliche Kostproben,3. zubereitete Spei

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(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden. (2) (weggefallen) (3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt

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(1) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe 1. Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder2. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft),3.

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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Juni 2016 - AN 4 S 16.00950, AN 4 S 16.00954, AN 4 S 16.00952 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Juni 2016 - AN 4 S 16.00950, AN 4 S 16.00954, AN 4 S 16.00952 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2014 - 22 CS 14.2013

bei uns veröffentlicht am 17.09.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert wird für das Besc

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2015 - 22 BV 13.1686

bei uns veröffentlicht am 25.11.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof 22 BV 13.1686 Im Namen des Volkes Urteil vom 25. November 2015 (VG Ansbach, Entscheidung vom 11. Juli 2013, Az.: AN 4 K 13.231 u. a.) 22. Senat Sachgebietsschlüsse

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2015 - 22 CS 15.2058

bei uns veröffentlicht am 18.09.2015

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. September 2015 wird in den Nummern 1 und 2 geändert. II. Der Antrag wird abgelehnt. III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden R

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 24. Juni 2015 - AN 4 S 15.00928

bei uns veröffentlicht am 24.06.2015

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015, in denen den Beigeladenen gemäß § 12 Gaststättengesetz der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft aus Anlass des

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 24. Juni 2015 - AN 10 S 15.00977

bei uns veröffentlicht am 24.06.2015

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller wendet sich gegen den

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 30. Juli 2013 - 7 B 40/12

bei uns veröffentlicht am 30.07.2013

Gründe I. 1 Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in R. am Rhein in Nachbarschaft

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Sept. 2012 - 6 S 947/12

bei uns veröffentlicht am 11.09.2012

Tenor Die Sperrzeitverordnung der Stadt Kehl zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten vom 28.03.2012 ist unwirksam.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zug

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 14. Juni 2011 - 4 B 3/11

bei uns veröffentlicht am 14.06.2011

Tenor Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

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(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, in deren Rahmen der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung der in der Begründung dieses Rechtsmittels vorgebrachten Gesichtspunkte beschränkt ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht entsprochen.

Zutreffend weist die Beschwerdebegründung allerdings darauf hin, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage des Antragstellers nicht damit begründet werden kann, er werde durch die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG beeinträchtigt. Denn da der Antragsteller nicht mehr in der G.-straße wohnt, scheidet bereits die Möglichkeit einer geräuschbedingten Beeinträchtigung seiner Gesundheit als Folge der durch diesen Verwaltungsakt zugelassenen Handlungen aus.

Dessen ungeachtet besitzt der Antragsteller die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Auf der Grundlage der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nur möglichen, aber auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist darüber hinaus davon auszugehen, dass er durch die Gestattung vom 1. September 2014 in einem subjektiven Recht verletzt wird, wie das nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Voraussetzung für den Erfolg einer diesen Verwaltungsakt betreffenden Anfechtungsklage ist. Denn der Antragsteller ist (Mit-)Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44. Allen derzeit erkennbaren Umständen nach wird sein Grundrecht auf Eigentum durch die Geräuschbelastung, die als Folge des verfahrensgegenständlichen Bescheids zu erwarten steht, entgegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht lediglich nach Maßgabe der Gesetze eingeschränkt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter.

Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich - soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen - nicht anhand eines generell-abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z. B. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m. w. N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z. B. Jarass, a. a. O. Rn. 55 ff. m. w. N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich den Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzung zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinn von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan 001 dadurch, dass er - abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO - Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zugunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise und u. a. nur dann zulässig, wenn „die Wohnnutzung … in der Nachbarschaft nicht gestört wird“.

Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann - auch im Licht des Beschwerdevorbringens - nicht ernsthaft bezweifelt werden.

Allerdings wendet sich die Antragsgegnerin zu Recht gegen eine „schematische“ Anwendung der TA Lärm. Eine unmodifizierte Anwendung der TA Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offenbleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d. h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U. v. 22.10.1998 - 22 B 98.602 - juris, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32). Hinzukommt, dass die Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen ggf. anheben zu können (vgl. BR-Drucks. 254/98, S. 47). Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (a. a. O. Rn. 4) spricht viel dafür, dass der Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm nicht nur „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch Freischankflächen unterfallen, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden.

Auch andere Regelwerke stehen zur Beurteilung der Geräusche, denen sich die Anwesen des Antragstellers als Folge der verfahrensgegenständlichen Gestattung ausgesetzt sehen werden, nicht zur Verfügung. Nicht einschlägig ist insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Antragsgegnerin hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass vorliegend eine analoge Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in Betracht kommt; nicht dargelegt wurde namentlich das Bestehen einer (absichtlichen oder planwidrigen) Regelungslücke. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (ähnlich Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, § 1 18. BImSchV Rn. 29).

Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz im Mai 1995 als Muster-Verwaltungsvorschrift verabschiedete sog. „Freizeitlärm-Richtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst.

Im Rahmen der nach alledem gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise fällt ausschlaggebend ins Gewicht, dass die Lärmbelastung, die aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung resultieren wird, angesichts eines von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels während der Nachtzeit von bis zu 74 dB(A) derart hoch ist, dass sie das Maß dessen, was Betroffenen in dem konkreten Gebiet zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Hierbei kann nicht außer Betracht bleiben, dass alle vorgenannten Regelwerke davon ausgehen, selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht in jener besonderen Weise als schutzbedürftig ausgestaltet wurde, wie das durch den Bebauungsplan 001 geschehen ist, werde das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von der Art, wie sie für den 19. September 2014 ab 22.00 Uhr prognostiziert wurden, auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Angesichts der Geräuschbelastung, der sich die Anlieger der G.-straße aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend ausgesetzt sehen, vermag hieran auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Gestattung vom 1. September 2014 lärmträchtige Betätigungen nur während einer einzigen Nacht zulässt.

Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Vorschrift des § 6 der 18. BImSchV bezieht, ist diese Norm ebenso wenig unmittelbar oder entsprechend anwendbar, wie das aus den dargestellten Gründen für die Sportanlagenlärmschutzverordnung in ihrer Gesamtheit gilt. Allerdings hat die Rechtsprechung - auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - BayVBl 1997, 594) - anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z. B. OVG RhPf, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt. Nach der Aufstellung, die der Antragsteller der Beschwerdeerwiderung vom 16. September 2014 beigefügt hat und der die Antragsgegnerin in ihrer Replik vom 17. September 2014 nicht entgegengetreten ist, finden in der G.-straße (bzw. in ihrem näheren Umfeld) Veranstaltungen, die mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner einhergehen, vielmehr in großer Zahl und in engen zeitlichen Abständen statt (vgl. zu dem Erfordernis, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit besonders geräuschintensiver Veranstaltungen auch die Gesamtbelastung, die sich für ein Grundstück durch andere Störereignisse ergibt, sowie die zwischen ihnen liegenden Abstände zu berücksichtigen, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32).

Einer Abänderung bedarf der angefochtene Beschluss entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht unter dem Blickwinkel der erforderlichen Bestimmtheit. Die vom Verwaltungsgericht wiederhergestellte aufschiebende Wirkung hat eindeutig zur Folge, dass die Beigeladenen aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung keine Befugnisse herleiten können. Die Rechtslage stellt sich vielmehr so dar, wie sie bestünde, wäre dieser Verwaltungsakt nicht erlassen worden. Der Umfang der gaststättenrechtlichen Befugnisse der Beigeladenen bestimmt sich deshalb nach Maßgabe der ihnen erteilten Erlaubnisse einschließlich der hierfür geltenden Nebenbestimmungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt haben und sie von ihrer Interessenlage zudem als im Lager der unterlegenen Antragsgegnerin stehend anzusehen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015, in denen den Beigeladenen gemäß § 12 Gaststättengesetz der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft aus Anlass des „Grafflmarktes“ für den Zeitraum vom 26. Juni 2015 (16.00 Uhr) bis 27. Juni 2015 (1.00 Uhr) gestattet wird, wird insoweit wieder hergestellt, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 bezieht.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen diese selbst.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die von den benachbarten Gaststätten der Beigeladenen zu erwartenden Lärmeinwirkungen ausgehend von bestehenden, verdichteten und zusätzlich zugewiesenen Gastro- und Freischankflächen (öffentliche Verkehrsflächen) anlässlich einer Bewirtungsveranstaltung im Anschluss an den „Grafflmarkt“ am 26./27. Juni 2015 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr im Innenstadtgebiet der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller ist zur Hälfte (Mit-)Eigentümer der Anwesen G...straße 42 und 44 in ..., in denen sich vermietete Wohn- und Gewerbeeinheiten befinden. Im Erdgeschoss befindet sich das „...“ mit Außenbestuhlung (Öffnungszeiten bis 19.00 Uhr).

Der Beigeladene zu 1) ist Betreiber der Gaststätte „...“ mit Freischankfläche in der G...straße 38 bis 40. Der Beigeladene zu 2) ist Betreiber der Gaststätte „...“ mit Freischankfläche in der G...straße 39. Die Beigeladene zu 3) ist Betreiberin der Gaststätte „Goldener Löwe“ mit Freischankfläche (42 Plätze) in der G...straße 41. Der Beigeladene zu 4) ist Betreiber der Gaststätte „Wein & Meer“ mit Freischankfläche in der G...straße 43. Die Freischankflächen aller Beigeladenen liegen jeweils zwischen Gaststätte und G...straße. Die Gaststätte „...“ liegt unmittelbar neben dem Grundstück des Antragstellers. Die Freischankfläche der „...“ ist durch eine etwa 10 m breite Hoffläche vom Anwesen des Antragstellers getrennt. Die Gaststätten der Beigeladenen zu 2) bis 4) liegen unmittelbar auf der dem Anwesen des Antragstellers gegenüberliegenden Straßenseite der G...straße.

Das Gebiet liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Antragsgegnerin, der hierfür ein Mischgebiet festsetzt. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist die in einem Mischgebiet allgemein zugelassene Nutzung „Schank- und Speisewirtschaften“ in der G...straße nicht zulässig, soweit es sich um nach dem Gaststättengesetz erlaubnispflichtige Betriebe handelt. Diese Einschränkung gilt wiederum nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheiten bereitzustellen in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen. Weiter genießen bestehende Betriebe „Bestandsschutz“. Ausnahmen können bei Erweiterungen (sowohl innerhalb von Gebäuden als auch auf Freischankflächen) unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Durch die Erweiterung darf u.a. die Schank- bzw. Gastraumfläche nur in geringem Umfang vergrößert und die Wohnnutzung im Gebäude selbst bzw. in der Nachbarschaft nicht gestört werden.

Die G...straße liegt weiter im Geltungsbereich der Verordnung der Antragsgegnerin über die Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten (im Folgenden: SperrzeitVO/Freischank-flächen) vom 17. Juni 1996 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 12 vom 21.6.1996) zuletzt geändert mit Verordnung vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt Nr. 3 vom 15.2.2012). Danach wird die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen (Sondernutzungen) und privaten Flächen im Freien mit Wirkung ab 16. Februar 2012 auf 23.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr festgesetzt (§ 1 Abs. 1, wobei die Befugnis, nach § 11 GastVO, nämlich bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für einzelne Betriebe die Sperrzeit abweichend von § 1 Abs. 1 zu verlängern, zu verkürzen oder aufzuheben gemäß § 1 Abs. 3 SperrzeitVO/Freischankflächen unberührt bleibt).

In den vergangenen Jahren führten verschiedene Veranstaltungen und Feste in der Fürther Innenstadt wegen erheblicher Lärmeinwirkungen zu Nachbarbeschwerden und Nachbarklagen, insbesondere im Bereich der G...straße. Der ... Grafflmarkt findet zweimal jährlich (jeweils im Frühjahr und Herbst eines Jahres) statt. Der Verkauf auf dem Grafflmarkt erfolgt jeweils freitags von 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr und samstags von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Freitags findet im räumlichen Bereich des Grafflmarktes ab 16.00 Uhr – und auch über das Ende der Verkaufstätigkeit der „Graffler“ um 22.00 Uhr hinaus - bis 1.00 Uhr eine erheblich ausgeweitete Bewirtung v.a. auf den verdichteten und erweiterten Freischankflächen der anliegenden Gaststätten (ab 22.00 Uhr sog. „Nachtparty der Wirte“) statt. Aus Anlass des Herbstgrafflmarktes im September 2014 begehrten im Hinblick auf die von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr nachts stattfindende „Nachtparty der Wirte“ verschiedene Anwohner Eilrechtsschutz. Im Eilverfahren stellte das Verwaltungsgericht Ansbach die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die den Gaststättenbetreibern erteilten Gestattungen insoweit wieder her, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr bezog (Beschluss vom 12.9.2014 – AN 4 S 14.01456 u.w.Az.). Die Beschwerde der Antragsgegnerin wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013) zurück.

Am 16. Juni 2015 erteilte das Straßenverkehrsamt der Antragsgegnerin, vertreten durch das Liegenschaftsamt, eine Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 2 StVO für die Durchführung der Veranstaltung „Grafflmarkt“ vom 26. bis 27. Juni 2015. Anlässlich des Grafflmarkts erteilte die Antragsgegnerin den Beigeladenen jeweils mit Bescheid vom 11. Juni 2015 die Gestattung für einen vorübergehenden Gaststättenbetrieb als Schank- und Speisewirtschaft nach § 12 GastG für den Zeitraum vom 26. Juni 2015 16.00 Uhr bis 27. Juni 2015 1.00 Uhr. Bei den Feldern „Fläche in Quadratmeter“ und „Anzahl der Sitze“ im Bescheidsvordruck wurden keine Eintragungen vorgenommen. Weiter heißt es im Bescheid, die Gestattung gilt für „… ..., G...straße (Eintragung der jeweiligen Hausnummer), verdichtete Freischankfläche vor der Gaststätte (Zusatz bei der „...“: „und im Hof“). Weiter enthält der Bescheid die Festlegung der auszuschenkenden Getränke, der abzugebenden zubereiteten Speisen sowie verschiedene Auflagen (Nrn. 1.1 bis 1.14). Dort ist u.a. ausgeführt:

„1.11 …. für die Freischankflächen wird der Beginn der Sperrzeit in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 auf 1.00 Uhr hinausgeschoben.

1.12 Das Verabreichen von Speisen und Getränken ist im gesamten Betrieb am 27. Juni 2015 um 0.30 Uhr einzustellen. Der Gaststättenbetrieb muss mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und abgewickelt sein. …..

1.14 Die Bewirtung von Stehgästen, Passanten sowie rauchenden Personen, die den Innenraum der Gaststätte verlassen, auf der Freischankfläche oder außerhalb der Freischankfläche ist vom 26. Juni 2015 16.00 Uhr bis 27. Juni 2015 0.30 Uhr zulässig.“

Unter Nr. 2 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Unter „Hinweise“ heißt es: „Die Ihnen vom Liegenschaftsamt der Stadt Fürth zugewiesene Gastrofläche und die Freischankfläche im Hof dürfen während der gesamten Betriebszeit (in der Nacht vom 26. auf 27.6.2015 bis 1.00 Uhr) über die genehmigte, unterjährig genutzte Freischankfläche hinaus, frei bestuhlt werden.“

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Grafflmarkt sei eine beliebte und im Bewusstsein der Bevölkerung tief verwurzelte Veranstaltung mit jahrzehntelanger Tradition. Der Grafflmarkt beginne freitags um 16.00 Uhr und ende um 22.00 Uhr. Samstags seien Beginn und Ende des Grafflmarkts um 7.00 Uhr bzw. 16.00 Uhr. Traditionell werde das Bewirtungsangebot erweitert, um damit dem Besucheransturm und den Erwartungen an ein ausreichendes Speisen- und Getränkeangebot gerecht zu werden. Zu diesem Zweck würden von der Veranstalterin, dem Markt- und Veranstaltungsservice der Antragsgegnerin, sogenannte „Gastroflächen“ ausgewiesen, auf denen die anliegenden Gaststätten bei Bedarf auch über ihre genehmigten unterjährig genutzten Freischankflächen hinaus bestuhlen und Getränkeausschankanlagen betreiben dürften. Der Beginn der Sperrzeit für die Gastroflächen sei zwischen 2003 und 2013 in den Nächten von Freitag auf Samstag auf 2.00 Uhr festgelegt gewesen. Traditionell hätten auf den Bühnen auf dem Marktplatz und auf dem ...platz Musikdarbietungen stattgefunden. Seit dem Inkrafttreten der Sperrzeitverordnung/ Innenräume im Jahr 2012 müssten sämtliche Gaststätten im Bereich des Veranstaltungsgeländes um 2.00 Uhr geschlossen sein (Ausnahme: Nachtbar des „...“ bis 4.00 Uhr). Nachdem seit dem Jahr 2010 einige Anwohner wegen unzumutbarer Lärmeinwirkungen bei einer Reihe von Veranstaltungen (Grafflmarkt, ...-Festival, Weinfest, Stadtfest, ...-Lauf, Metropol-Marathon) Klagen erhoben hatten, habe der Stadtrat in der Sitzung vom 10. Juni 2013 die Verwaltung beauftragt, für das nächste Jahr eine Neukonzeption der gesamten Veranstaltungen in der Altstadt unter Berücksichtigung des Lärmschutzes mit Beteiligung der Anwohner und Gastwirte zu erarbeiten. In der Sitzung vom 24. Juli 2013 habe der Stadtrat beschlossen, dass der Sperrzeitbeginn für den Betrieb der Freischankflächen zum Schutz der Anwohner anlässlich des Grafflmarktes in der Nacht von Freitag auf Samstag um eine Stunde auf 1.00 Uhr vorverlegt werden solle. In den gaststättenrechtlichen Gestattungen anlässlich des Grafflmarktes im September 2014 seien dieselben Bewirtungszeiträume festgelegt worden wie vorliegend. Auf die einstweiligen Rechtsschutz nachsuchenden Eilanträge von Anwohnern stellte das Verwaltungsgericht Ansbach (AN 4 S 14.01456 u.a.) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Gestattung her, soweit sich diese auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 19. September auf den 20. September 2014 bezog. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013) zurückgewiesen. Dies habe zur Folge gehabt, dass die vier betroffenen Gaststättenbetreiber am Abend des 19. September 2014 die Bestuhlung der Freischankflächen nur bis 22.00 Uhr hätten verdichten dürfen. Bis 23.00 Uhr sei anschließend der reguläre Freischankflächenbetrieb zulässig gewesen. Die übrigen Gaststättenbetreiber hätten die Freischankflächen bis 1.00 Uhr betreiben dürfen. Rechtsgrundlage der Gestattung sei § 12 GastG.

Zur Beurteilung des Veranstaltungslärms ziehe die Antragsgegnerin die aktuelle Freizeitlärmrichtlinie der Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI-Hinweise), Stand 6. März 2015, gemäß dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015 heran. Mit Hilfe einer Prognoserechnung (worst case) der Antragsgegnerin seien folgende Beurteilungspegel für Freitag und Samstag errechnet worden:

Während der Veranstaltung komme es im Bereich der G...straße (keine Musikbeschallung, nur Kommunikationsgeräusche) zu Maximalpegeln an den nächstliegenden Immissionsorten von 72 dB(A) in der Tagzeit (8.00 Uhr bis 20.00 Uhr), 74 dB(A) in der Ruhezeit (20.00 Uhr bis 24.00 Uhr) und von ebenfalls 74 dB(A) in der Nachtzeit (24.00 Uhr bis 1.00 Uhr). Da die Grenzwerte für „seltene Ereignisse“ von tags 70 dB(A) und nachts 55 dB(A) auf Grund der Menschenmenge auf dem Grafflmarktgelände möglicherweise nicht eingehalten werden können, werde eine Sonderfallbeurteilung nach Nr. 4.4 der LAI-Hinweise durchgeführt und der Beginn der Nachtzeit gemäß Nr. 4.4.2 der LAI-Hinweise um zwei Stunden auf 24.00 Uhr verschoben. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Nachtzeitverschiebung an einem Freitag, also vor einem Wochenende, stattfinde und ein Großteil der Bevölkerung ausschlafen könne. Da es sich beim Grafflmarkt um eine ganz herausragende und bedeutsame Veranstaltung mit größter Wertschätzung und Akzeptanz in der Bevölkerung handele, könne gemäß Nr. 4.4 der LAI-Hinweise in diesem ganz besonderen Ausnahmefall von den Immissionsrichtwerten abgewichen werden. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte für „seltene Ereignisse“ erscheine auch unter dem Gesichtspunkt des Anwohnerschutzes gerade noch zumutbar, zumal es sich um eine, was die Häufigkeit und Dauer betrifft, kurze Veranstaltung (lediglich ein Tag im Sinne der LAI-Hinweise) ohne Musikdarbietungen, abgesehen von den Musikdarbietungen auf dem Marktplatz (Ende 22.00 Uhr) handele. Im Übrigen stehe für den Grafflmarkt als sehr seltenes Ereignis kein gleichwertiger Ersatzstandort zur Verfügung, da diese Veranstaltung nach ihrer Tradition und ihrem unverwechselbaren Flair in die Altstadt gehöre. Eine Verlegung auf einen Ersatzstandort sei undenkbar und würde das Ende dieser Veranstaltung bedeuten.

Die Sperrzeit für Freischankflächen habe trotz Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. September 2014 bezüglich des Grafflmarktes im Herbst 2014 auf 1.00 Uhr festgesetzt werden können. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, dass es sich bei der länger andauernden Bewirtung anlässlich des Grafflmarktes nicht um ein (sehr seltenes Ereignis) handele, da in der G...straße Veranstaltungen mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner in großer Zahl und engen zeitlichen Abständen stattfänden. Im Jahr 2015 lägen die Voraussetzungen zur Einordnung des Grafflmarktes als „sehr seltenes Ereignis“ jedoch vor. Die Ausgangssituation habe sich dahingehend wesentlich geändert, dass im Gegensatz zum Vorjahr Veranstaltungen wie z.B. das Weinfest nicht mehr stattfänden und beispielsweise beim Fürth-Festival, dem Höfefest, den Stadtverführungen, dem Tag des Offenen Denkmals und den verkaufsoffenen Sonntagen in der G...straße nur noch Regelbetrieb zugelassen werde, also keine Erweiterung der Freischankflächen und keine Sperrzeitverkürzung. Im Jahr 2014 fänden in der G...straße somit nur an zwei Abenden (seltene Ereignisse) mit Sperrzeitbeginn für die Freischankflächen nach 23.00 Uhr statt: beim Grafflmarkt im Juni und im September jeweils in der Nacht von Freitag auf Samstag. Es werde somit deutlich, dass bei einem Grafflmarkt im Juni und einem im September keine große Zahl an Veranstaltungen in engem zeitlichen Abstand mehr vorliege und die Grafflmärkte als „sehr seltene Ereignisse“ einzuordnen seien. Insofern sei hier auch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anzuwenden, wonach bei Veranstaltungen, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukomme - was auf den seit den 70er Jahren stattfindenden Grafflmarkt zuträfe - auch die Einhaltung der für seltene Ereignisse geltenden Lärmgrenz- oder –richtwerte nicht verlangt werden könne. Die Außenbewirtung bis 1.00 Uhr könne unter Beachtung der oben genannten Rahmenbedingungen zugelassen werden, zumal der Anwohnerschutz nicht nur beim Grafflmarkt, sondern bei allen Veranstaltungen im Umfeld der G...straße deutlich verbessert worden sei. Auch die Maßnahme der Verlegung des Sperrzeitbeginns für die Gaststätteninnenräume auf 1.00 Uhr stelle sicher, dass nicht erneut um 2.00 Uhr (dem Beginn der sonst wirksamen Sperrzeitregelung) mit Lärm von abwandernden Gaststättenbesuchern zu rechnen sei. Diese wichtige Maßnahme diene dem Schutz der Anwohner.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erfolge im öffentlichen Interesse, um die von der Antragsgegnerin gewünschte und geplante Abwicklung des Grafflmarktes zu gewährleisten und die Planungen des Veranstalters sowie von Besuchern und Gastwirten nicht kurz vor Veranstaltungsbeginn noch zu gefährden. Insbesondere wäre eine kurzfristige Einschränkung oder Veränderung der Veranstaltung gegenüber ein auf die üblichen zeitlichen Abläufe eingestellte Besuchermenge dieser gegenüber nicht in einer Weise verständlich zu machen, dass gegenüber einer ungehinderten Durchführung der vorgesehenen Bewirtschaftung eine merkliche Lärmreduzierung zu erreichen wäre. Da die Veranstaltung in Kürze stattfinde, könne nicht bis zu einer Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache zugewartet werden.

Mit einem am 15. Juni 2015 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz erhob der Antragsteller Klage gegen die den Beigeladenen erteilten gaststättenrechtlichen Gestattungen mit dem Ziel, die Durchführung der Veranstaltung nach dem Grafflmarkt – „Nachtparty der Wirte“ – für die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26./ 27. Juni 2015 wegen der „extremen Lärmimmissionen“ zu unterbinden.

Zugleich begehrte der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, die „Nachtparty der Wirte“ nach dem Grafflmarkt ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr biete der Gastronomie freie Bestuhlung in den zu den Kneipen angebundenen Freischankflächen, die neben der herkömmlichen Fläche auch massiv erweitert würden und unbegrenzten Ausschank in die Straße erlauben würden. Erst nach dem Schließen der Verkaufsstände erfolge verstärkt in der G...straße der Alkoholausschank. Die Antragsgegnerin räume in den Gründen ihres Bescheids selbst ein, dass der Grafflmarkt um 22.00 Uhr ende. Somit sei das Veranstaltungsende dieses „sehr seltenen Ereignisses“ um 22.00 Uhr. Diese Veranstaltung werde von den Anwohnern bis 22.00 Uhr trotz der erheblichen Immissionsbelastung über den Grenzwerten mitgetragen. Die „Nachtparty der Wirte“ sei keine Traditionsveranstaltung und erst seit wenigen Jahren (2003) überhaupt etabliert. Die „Nachtparty der Wirte“ mit einer von der Antragsgegnerin unter Nr. II des Bescheids prognostizierten Immissionsbelastung von 74 bis 82 dB(A) nachts sei rechtlich unzulässig. Es liege bis 1.00 Uhr eine massive Überschreitung der nachts zulässigen Immissionswerte vor. Weiter sei mit einem Lärmnachlauf bis mindestens 3.00 Uhr zu rechnen. Der Beginn des Grafflmarktes sei am darauffolgenden Samstag ab 6.00 Uhr genehmigt. Somit sei eine maximale Nachtruhe von drei Stunden zu erwarten. Die aktuelle Freizeitlärmrichtlinie könne für die „Nachtparty der Wirte“ keine Anwendung finden (vgl. Beschluss des BayVGH vom 17.9.2014, Az. 22 CS 14.2013). Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen unter Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie nicht vor. Bei der „Nachtparty der Wirte“ handele es sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht um ein „sehr seltenes Ereignis“. Es fänden weiter eine Reihe von Veranstaltungen statt, die zu einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte in der Nachtzeit führen würden. Aus der als Anlage beigefügten Aufstellung sei ersichtlich, dass bei acht Tagen/Nächten seltene Ereignisse und neun Tagen/Nächten sehr seltene Ereignisse die maximal zulässigen Lärmgrenzen zum Teil massiv überschritten werden. Die Antragsgegnerin müsse im Übrigen Auflagen festsetzen, die geeignet seien, die auf die Nachbarschaft einwirkenden Lärmbelästigungen auf ein zumutbares Maß zu reduzieren.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seiner Klagen gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015 insoweit wieder herzustellen, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 bezieht.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, es werde darauf hingewiesen, dass der Grafflmarkt am 26. Juni 2015 nicht, wie vom Antragsteller behauptet, um 22.00 Uhr ende, sondern lediglich der Warenverkauf als Teil der Veranstaltung. Eine Bewirtung der Freischankflächen bis 1.00 Uhr sei entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht mit Lärmimmissionen bis 3.00 Uhr verbunden (vgl. beiliegendes Datenblatt zur Lärmmessung 2013, wonach der Halbstundenmittelungspegel ab 2.00 Uhr (Sperrzeitbeginn) nachts rapide auf unter 50 dB(A) gesunken sei). Der Antragsteller verkenne weiter, dass die inzwischen in Bayern eingeführten LAI-Hinweise für „Freizeitveranstaltungen“ im vorliegenden Fall einschlägig seien. Die Verschiebung der Nachtzeit auf 24.00 Uhr sei somit möglich. Zum Kriterium der Unvermeidbarkeit des Lärms werde darauf hingewiesen, dass der Lärmpegel unvermeidbar sei, da kein technischer Lärm, sondern überwiegend verhaltensbezogener Lärm der Gäste vorliege und der Grafflmarkt untrennbar mit dem Altstadtflair verknüpft sei. Die unter dem Kriterium „Zumutbarkeit“ geforderten Punkte seien alle eingehalten. Es handele sich um eine Sollvorschrift, wonach Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24.00 Uhr vermieden werden sollten. Da nur an einem einzigen Tag in einem Jahr und nur für eine einzige Stunde auf Grund einer Veranstaltung der Beurteilungspegel nachts von 55 dB(A) überschritten werde, könne nach Abwägung aller Interessen von der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen ausgegangen werden. Die Veranstaltungssituation in der G...straße habe sich in 2015 im Vergleich zu 2014 deutlich geändert. Als einzige Veranstaltung mit echtem „Nachtbetrieb“ bleibe demnach nur noch der „Juni-Grafflmarkt“ (Freitagabend bis 1.00 Uhr), da alle anderen Veranstaltungen (auch der Herbst-Grafflmarkt) spätestens um 24.00 Uhr beendet sein werden. Das Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit um zwei Stunden (auf 24.00 Uhr) sei entsprechend der inzwischen in Bayern eingeführten Freizeitlärmrichtlinie im vorliegenden Fall zulässig und vertretbar. Zur Begründung bezog sich die Antragsgegnerin weiter auf einen Schriftsatz an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 11. Juni 2015 (Az. 22 BV 13.1686), in dem u.a. zur geplanten Änderung des Bebauungsplans folgendes ausgeführt wurde:

Der Stadtrat habe in seiner Sitzung vom 24. September 2014 beschlossen, das Änderungsverfahren einzuleiten, die Zielsetzung des Bebauungsplans ... solle dahingehend konkretisiert werden, dass „die planungsrechtlichen Restriktionen für Schank- und Speisewirtschaften im Geltungsbereich beseitigt, die planungsrechtlichen Restriktionen gegenüber Vergnügungsstätten im Geltungsbereich erhalten bleiben sollen.“ Der Aufstellungsbeschluss sei am 22. Oktober 2014 im Amtsblatt bekanntgemacht worden. Das Verfahren sei nun – nachdem die Mediationsbemühungen gescheitert seien – wieder aufgenommen worden. Die im Bebauungsplan genannte Ausnahme, wonach „bestehende Betriebe Bestandsschutz genießen“ sei im hiesigen Verfahren von einigem Gewicht, denn fast alle Gaststätten, deren Inhaber beigeladen sind, fielen unter diesen Bestandsschutz. Die Bestandsschutzgaststätten hätten daher einen erheblichen, wenn nicht gar prägenden Anteil an der Nutzung, die der Bebauungsplan ... regeln wollte. Besonders in unmittelbarer Nähe des Anwesens des Antragstellers hätten die Gaststätten die Situation, in der sich das Grundeigentum des Antragstellers befinde, geprägt und diese Prägung bestehe trotz des Bebauungsplans ... heute fort. Der über die Regelungen der BauNVO „signifikant“ hinausgehende Anwohnerschutz, der dem Bebauungsplan ... zugeschrieben werde, könne sich daher nicht auf die Gaststätten der Beigeladenen (sog. Traditionsgaststätten) beziehen. Beide Elemente – Wohnbevölkerung und Traditionsgaststätten – hätten die G...straße in ihrer Entwicklung der letzten 20 Jahre geprägt.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gerichteten Anträge des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO gegen die sofort vollziehbar erklärten Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015 sind zulässig und begründet.

1.

Ziel der Anträge ist die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes insoweit, als die Antragsgegnerin mit ihren Bescheiden vom 11. Juni 2015 in der Nacht vom 26. Juni 2015 über 22.00 Uhr hinaus bis 27. Juni 2015 1.00 Uhr eine Gestattung nach § 12 GastG sowie Sperrzeitverkürzungen für die Freischankflächen erteilt hat. Nicht Antragsgegenstand und auch nicht Gegenstand dieser Entscheidung ist der den beigeladenen Gaststättenbetreibern im Rahmen ihrer jeweiligen Gaststättenerlaubnis bzw. Baugenehmigung genehmigte Betrieb der dort festgelegten Freischankflächen (Umfang/Plätze und Öffnungszeiten).

2.

Die zulässigen Anträge sind auch begründet.

Bei den gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten gaststättenrechtlichen Gestattungen (§ 12 GastG) handelt es sich um Verwaltungsakte mit Doppelwirkung, durch die ein Dreiecksverhältnis entsteht: Von den Rechtswirkungen der Genehmigung werden die erlassende Behörde, die begünstigten Beigeladenen und die von der Genehmigung betroffenen Nachbarn erfasst. Da die Antragsgegnerin die Bescheide gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt hat, hat das Gericht zunächst die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu überprüfen und bei einem entsprechenden Mangel die aufschiebende Wirkung herzustellen. Sofern die Überprüfung der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine Fehler ergibt, hat das Gericht auf Grund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene – originäre – Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu treffen (Kopp, VwGO, 17. Aufl., 2011, § 80 Rn. 146). Es hat zu entscheiden, ob das Interesse an einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder das gegenläufige Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung höher zu bewerten ist. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ein wesentliches, aber nicht stets das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird allerdings regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 - 14 CS 11.535 – juris).

3.

Die Begründung des Sofortvollzugs der streitgegenständlichen Gestattungen gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO war ordnungsgemäß. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normiert formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts. Die Vollziehungsanordnung ist grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung zu versehen. Zweck der Begründung ist dabei, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollziehungsanordnung veranlasst haben, ihre Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen (Kopp, VwGO, § 80 Rn. 84). Aus der Eigenschaft als formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung folgt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Erwägungen der Behörde auch inhaltlich im Sinne des objektiven Rechts und der Interessen der Beteiligten vollständig zutreffend sind. Dies ist erst bei der umfassenden vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO zu prüfen. Die Anforderungen an eine Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO dürfen nicht überspannt werden (OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 3.4.2012 - 1 B 10136712 – juris). Die Antragsgegnerin hat vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung v.a. damit begründet, dass die planmäßige Abwicklung des Grafflmarktes gewährleistet werden soll sowie die Planungen der Gastwirte, des Veranstalters und der Gäste nicht gefährdet werden sollen. Diese Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

4.

Nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung werden die Klagen des Antragstellers nach derzeitigem Sachstand voraussichtlich Erfolg haben. Die im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Gestattungen sind im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in nachbarschützenden Rechten.

Die Geräuschbelastung, die als Folge der verfahrensgegenständlichen Bescheide in der Nacht vom 26. auf 27. Juni 2015 von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr zu erwarten ist – Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) entsprechend der Prognose der Antragsgegnerin – ist unter Würdigung aller Umstände für den Antragsteller nicht zumutbar (4.1). Unabhängig davon sind die Bescheide in nachbarrechtlich relevanter Weise nicht hinreichend bestimmt, da für die Nachbarn aus der erteilten Gestattung Gegenstand und Umfang der zu erwartenden Geräuschbelastung nicht eindeutig festgestellt werden kann und zudem verbindliche Bestimmungen dazu fehlen, welche Werte die Beigeladenen nicht überschreiten dürfen (4.2).

4.1

Der den Beigeladenen gemäß § 12 GastG gestattete Betrieb von Freischankflächen mit prognostiziertem Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) nach 22.00 Uhr ist unzulässig und nachbarrechtsverletzend.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen – hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird – so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u.a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter (BayVGH, B.v. 17.9.2014 – 22 CS 14.2013 – juris Rn. 4).

4.1.1

Die Zumutbarkeit der vom Antragsteller als Grundstückseigentümer hinzunehmenden Immissionen bestimmt sich in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung. Vorliegend ist daher die Festsetzung im Bebauungsplan ... als Mischgebiet maßgeblich.

So führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2014 – Az. 22 CS 14.2013 (juris Rn. 5) - die aus Anlass der Bewirtungsveranstaltung im Anschluss an den Herbstgrafflmarkt 2014 erging, aus:

„Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen, die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich – soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen – nicht anhand eines generell – abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z.B. Jarras, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m.w.N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z.B. Jarras, a.a.O., Rn. 55 ff. m.w.N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich dem Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzungen zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinne von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan Nr. 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan Nr. 001 dadurch, dass er – abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO – Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zu Gunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise u.a. nur dann zulässig, wenn die „Wohnnutzung …. in der Nachbarschaft nicht gestört wird“ (BayVGH, a.a.O., juris Rn. 6).

Die Antragsgegnerin hat zwar zum Bebauungsplan vorgetragen, zwischenzeitlich ein Änderungsverfahren mit der Konkretisierung der Zielsetzung des Bebauungsplans dahingehend eingeleitet zu haben (öffentlich bekanntgemachter Aufstellungsbeschluss am 22.10.2014), dass die planungsrechtlichen Restriktionen für Schank- und Speisewirtschaften im Geltungsbereich beseitigt werden sollen. In diesem frühen Verfahrensstadium kann eine geplante Änderung jedoch noch keinen Einfluss auf den Gebietscharakter, der für das Kriterium der Zumutbarkeit eine entscheidende Rolle spielt, nehmen. Die Antragsgegnerin wird vielmehr erst im Rahmen des Änderungsverfahrens des Bebauungsplans u.a. nach Öffentlichkeitsbeteiligung die öffentlichen und die privaten Belange von Gastwirten und Anwohnern gegeneinander abzuwägen haben.

Zum anderen kommt es im vorliegenden Fall nicht auf den Vortrag der Antragsgegnerin an, dass wegen der fast umfassend vom Bestandsschutz erfassten Gaststättennutzungen die Situation in der G...straße in den letzten 20 Jahren sowohl von Traditionsgaststätten als auch von Wohnbevölkerung geprägt sei, denn gerade die Zulässigkeit der Erweiterung bestandsgeschützter Gaststätten ist schon nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans nur zulässig, wenn die Wohnnutzungen der Nachbarschaft nicht gestört wird. Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattungen eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die erst seit dem Jahr 2003 stattfindenden „Nachtparty der Wirte“ mit dem erheblich erweiterten Freischankflächenbetrieb ist jedenfalls keine unter Bestandsschutzkriterien zu beurteilende Veranstaltung.

Im Übrigen gilt als dem Antragsteller zustehendes Schutzniveau jedenfalls die Gebietsfestsetzung als Mischgebiet. Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Für die Wohnnutzung sind Störungen und Belästigungen insbesondere dann nicht mischgebietsverträglich, wenn sie sich bis in die Freizeit, vor allem in die Zeit der Nachtruhe hinein erstrecken. Die Mindestanforderung an den Grad der Wohnruhe im Mischgebiet ist die Gewährleistung eines ungestörten Feierabends und einer auskömmlichen Nachtruhe (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, 115. Erg.L. 2014, § 6 BauNVO Rn. 11).

4.1.2

Da die verschiedenen Regelwerke zum Schutz gegen Lärm auf die vorliegende Fallgestaltung keine direkte Anwendung finden können (vgl. 4.1.2.1 bis 4.1.2.3), ergibt eine im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise vorzunehmende Abwägung aller Umstände folgendes:

Die Lärmbelastung angesichts des von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels von bis zu 74 dB(A) während der Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr ist derart hoch, dass sie das Maß dessen, was den Betroffenen in dem konkreten Gebiet (Mischgebiet) zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Bei Veranstaltungen nach § 12 GastG kann der davon ausgehende Lärm wegen der Seltenheit und ggf. Sozialverträglichkeit in größerem Maß zumutbar sein als sonstiger Gaststättenlärm. Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 – juris).

Alle Regelwerke (siehe unten) gehen selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht – wie hier - als besonders schutzbedürftig ausgestaltet wurde, davon aus, dass das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt ist, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) ab 22.00 Uhr auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Insbesondere sind die Anlieger der G...straße auf Grund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend Geräuschbelastungen (auch in der Nachtzeit bis 23.00 Uhr – Sperrzeitverordnung/Freischankflächen) ausgesetzt, ebenso wie bei zahlreichen Veranstaltungen im Bereich der G...straße, so z.B. die erheblichen Geräuschbelastungen tagsüber an den Grafflmarkt-Tagen wie auch bei weiteren Veranstaltungen.

4.1.2.1

Zur Anwendbarkeit der TA-Lärm vom 26. August 1998 (GMBL S. 503) führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2014, a.a.O. (Rn. 8) folgendes aus:

„Eine unmodifizierte Anwendung der TA-Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offen bleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeit- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U.v. 22.10.1998 – 22 B 98.602 – juris; BGH; U.v. 26.9.2003

– VZR 41-03 – UPR 2004, 31/32). Hinzu kommt, dass die Nr. 1 Satz 2 Buchst. b der TA-Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B.v. 3.8.2010 – 4 B 9.10 – BRs 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen gegebenenfalls anheben zu können (vgl. BR-Drs. 254/98, S. 47). Auf Grund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (a.a.O., Rn. 4) spricht viel dafür, dass der Nr. 1 Satz 2 Buchst. b der TA-Lärm nicht nur „reine“ Freiluftgaststätten (d.h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätten stattfinden), sondern auch Freischankflächen unterfallen, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden.“

Wenn die TA-Lärm nach alledem auch nicht unmittelbar kraft Gesetzes anwendbar ist, so lassen sich daraus doch folgende Anhaltspunkte gewinnen:

Der für ein Mischgebiet zu beachtende Richtwert (Nr. 6.1 TA-Lärm) beträgt in der Nachtzeit (nach Nr. 6.4 Satz 1 TA-Lärm: von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) 45 dB(A), zur Tagzeit (von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) 60 dB(A) und erhöht sich, wie noch auszuführen ist, in Fällen seltener Ereignisse.

Nach den Lärmprognosen der Antragsgegnerin ist bei einem Betrieb der Beigeladenen entsprechend der angegriffenen Bescheide an den nächstliegenden Immissionsorten von einem Beurteilungspegel in der Nachtzeit von 74 dB(A) auszugehen (22.00 Uhr bis 1.00 Uhr). Diese Werte sind, entsprechend den Ausführungen der Antragsgegnerin in den beigezogenen Akten – den Besuchern der Freischankflächen zuzurechnen, da sich im Bereich der G...straße nur wenige „Graffler“ befinden, soweit diese ohnehin nicht bereits wegen des Grafflmarktendes um 22.00 Uhr zu vernachlässigen sind. Für die TA-Lärm, die in Nr. 6.8 für die Ermittlung der Geräuschimmissionen auf den Anhang verweist, ergibt sich, dass sie eine Ermittlung nicht nur durch Messung (Abschnitt A3), sondern auch durch Prognose zulässt (Abschnitt A2; vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 11.9.2012 – 6 S 947/12 – juris). Jedenfalls geht auch die TA-Lärm davon aus, dass Erfahrungswerte grundsätzlich geeignet sind, eine Prognose der Geräuschimmissionen zu erstellen. Nach den nachvollziehbaren Darlegungen der Antragsgegnerin wäre messtechnisch eine Unterscheidung nach Freischankflächenlärm bzw. sonstigem Lärm durch Menschenansammlungen außerhalb der Freischankflächen nicht möglich. Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte sind nicht ersichtlich.

Dass die Berechnungen der Antragsgegnerin die Realität hinreichend genau abbilden, ergibt sich auch daraus, dass nach der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2014 (in den beigezogenen Verfahren AN 4 K 14.01059/01060/01061) kontinuierliche Messungen im vergangenen Jahr Beurteilungspegel nachts von bis zu 76 dB(A) ergeben haben. Zugleich zeigen diese Messungen, dass der Beurteilungspegel ab 3.00 Uhr, eine Stunde nach Beginn der Innensperrzeit, nur noch Werte von etwa 47 dB(A) bis 42 dB(A) aufweist, wobei sich nach Einschätzung der Antragsgegnerin vor allem um die Immissionsgrundbelastung handelt, die damit in etwa dem Richtwert der TA-Lärm von 45 dB(A) nachts für Mischgebiete entspricht. Die darüber hinausgehenden Beurteilungspegel werden daher im Wesentlichen durch den Lärm der Freischankflächen verursacht, von denen – wie die Antragsgegnerin dargelegt hat - messtechnisch der Lärm durch etwaige Menschenansammlungen außerhalb der Freischankflächen nicht zu trennen ist.

Auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach im Rahmen der erleichterten Voraussetzungen des § 12 GastG die für Lärmimmissionen geltenden Regelwerke nur Anhaltspunkte geben, folgt kein zweckentsprechender Gebrauch des Ermessens durch die Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass anlässlich von Festen, die auf allgemeine Akzeptanz stoßen und von kommunaler Bedeutung sind, höhere Werte als die sonst geltenden Immissionsrichtwerte zulässig sind, hierfür können die für seltene Ereignisse geltenden Richtwerte Anhaltspunkte geben.

Die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte übertreffen aber mit einem Wert von nachts 74 dB(A) auch die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für seltene Ereignisse (Nr. 7.2 TA-Lärm) für nachts (von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, vgl. Nr. 6.4 TA-Lärm) von 55 dB(A) nach Nr. 6.3 TA-Lärm erheblich.

4.1.2.2

Nicht einschlägig ist weiter die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014, a.a.O. – juris RdNr. 9).

4.1.2.3

Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) im Mai 1995 als Musterverwaltungsvorschrift verabschiedete sogenannte „Freizeitlärmrichtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014, a.a.O. – juris Rn. 10).

Die Freizeitlärmrichtlinie, auf die sich die Antragsgegnerin beruft, wurde mit Stand vom 6. März 2015 neu gefasst, insbesondere enthält die neue Fassung im Abschnitt 4.4 Empfehlungen zur „Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, die regelmäßig für Volksfeste einschlägig sind. Die Freizeitlärmrichtlinie enthält diesbezüglich Hinweise zur Prüfung der Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit (vgl. Nr. 4.4.2).

Selbst wenn man vorliegend die Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe im Sinne eines groben Anhalts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles heranzieht, sind die von der Veranstaltung „Nachtparty der Wirte“ und der Freischanktätigkeit der Beigeladenen im Zeitraum von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr zu erwartenden Lärmimmissionen für die Nachbarschaft unzumutbar.

Nach Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie kann bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz eine Sonderfallbeurteilung durchgeführt werden, die eine Abweichung von den in Nrn. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerten erlaubt. Nr. 4.1Buchst. c geht in Mischgebieten von einem Immissionsrichtwert nachts von 45 dB(A) aus.

Die „Nachtparty der Wirte“ (ab 22.00 Uhr) ist weder eine seltene Veranstaltung in diesem Sinne, noch zeichnet sie sich durch eine besondere Standortgebundenheit, oder durch eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz aus.

In dieser Hinsicht ist zwischen der Veranstaltung „Grafflmarkt“ und der nach Ende des Grafflmarkts fortgesetzten „Nachtparty der Wirte“ (ab 22.00 Uhr) zu unterscheiden. Dem seit den 70er Jahren bestehenden Grafflmarkt mag zwar eine besondere soziale Adäquanz und Akzeptanz zukommen, er ist aber durch die typische Verkaufstätigkeit gekennzeichnet, die um 22.00 Uhr endet (siehe auch Bescheidsgründe unter I). Die seit dem Jahr 2003 stattfindende „Nachtparty der Wirte“, die insbesondere durch einen erheblich erweiterten Freiflächenausschank der im Bereich des Grafflmarktes liegenden Wirte gekennzeichnet ist, findet von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr statt und ist jedenfalls für den Zeitraum ab dem Ende der Verkaufstätigkeit des Grafflmarktes (also ab 22.00 Uhr) als eigenständige und einen vom Grafflmarkt unabhängigen Zweck verfolgende Veranstaltung zu bewerten. Einem typischen Floh- oder Trempelmarkt wie dem „Grafflmarkt“ ist es insbesondere nicht immanent, dass im Anschluss an die Verkaufstätigkeit ein umfangreiches Bewirtungsangebot für die Besucherströme zur Verfügung steht, so dass der Grafflmarkt selbst nicht unter den Gesichtspunkten Adäquanz und Akzeptanz in diesem Zusammenhang zu bewerten ist, sondern ausschließlich die anschließende Bewirtungsveranstaltung der „Nachtparty der Wirte“. In Anbetracht der unter Nr. 4.4.1 der Freizeitlärmrichtlinie aufgezählten Beispiele von Veranstaltungen mit erheblicher Bedeutung, ist ersichtlich, dass der ... „Wirteparty“ unter diesem Blickwinkel (Tradition, kommunale Bedeutung etc.) weder Standortgebundenheit noch eine besondere soziale Akzeptanz und Adäquanz kommt.

Wegen der Veranstaltungshäufigkeit von zweimal jährlich liegt bereits keine seltene Veranstaltung im Sinne der Nr. 4.4 der Richtlinie vor.

Darüber hinaus fehlt es vorliegend auch an den unter „Zumutbarkeit“(Nr. 4.4. der Richtlinie) geregelten Voraussetzungen:

Nach den dort genannten Kriterien unter „Zumutbarkeit“ ist für den Fall, dass bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels von 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, deren Zumutbarkeit explizit zu begründen (a). Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24.00 Uhr sollten vermieden werden (b). In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein (c).

Vorliegend wird der Beurteilungspegel nachts von 55 dB(A) mit einem zu erwartenden Immissionsrichtwert von 74 dB(A) erheblich überschritten. Bereits diese erhebliche Überschreitung wurde von der Antragsgegnerin nicht ihrem Gewicht und den erheblichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft im Mischgebiet entsprechend in die „Zumutbarkeitsprüfung“ einbezogen. Darüber hinaus wird die weitere zu beachtende Grenze für die Überschreitungen des Beurteilungspegels von 24.00 Uhr wegen der bis 1.00 Uhr genehmigten Ausschank- bzw. Aufräumtätigkeit ebenfalls nicht eingehalten. Schutzwürdige Gründe für eine Dauer der „Wirteparty“ über 24.00 Uhr hinaus hat die Antragsgegnerin ebenfalls nicht eingestellt. Die Verschiebung der Nachtzeit setzt besonders gelagerte Fälle voraus, an denen es vorliegend fehlt. Vielmehr spricht die massive Überschreitung der zulässigen Werte in einem auch von Wohnen geprägten Mischgebiet dafür, dass den Anwohnern diese nicht auch noch über einen Zeitraum von drei Nachtstunden zugemutet werden können. In Nr. 4.4 der Richtlinie heißt es weiter, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach den Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Dementsprechend ist es nicht möglich bei einer derart massiven Lärmüberschreitung auch noch die übrigen Ausnahmevoraussetzungen, wie z.B. die Verschiebung der Nachtzeit zu Gunsten der Antragsgegnerin bzw. der Beigeladenen anwenden zu wollen. Die Argumentation der Antragsgegnerin geht insoweit fehl, als sie nicht berücksichtigt, dass auch eine Verschiebung der Nachtzeit enge Grenzen hat und nicht alle Voraussetzungen kumuliert zu Gunsten der Antragsgegnerin angewendet und die Nachbarinteressen unberücksichtigt bleiben dürfen. Vorliegend hätte von der Antragsgegnerin vielmehr in die Beurteilung eingestellt werden müssen, dass selbst der Richtwert für seltene Ereignisse nachts von 55 dB(A) im Anschluss an den Grafflmarkt ab 22.00 Uhr um annähernd 20 dB(A) überschritten werden wird. Eine Erhöhung des Pegels im Einwirkungsbereich um 8 bis 10 dB(A) wird als Verdoppelung der Lautstärke empfunden (Tegeter, UPR 2000, 99, 100; VGH Baden-Württemberg, U.v. 27.6.2002, NVwZ-RR 2003, 745, 751). Die zu erwartenden Werte übersteigen auch deutlich die zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung in der Rechtsprechung entwickelte Zumutbarkeitsschwelle von 60 dB(A) nachts und sogar für tags von 70 dB(A) (vgl. insoweit BVerwG, B.v. 30.7.2013 – 7 B 40/12, juris). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls bei ihren Ausführungen dieser massiven Lärmüberschreitung zur Nachtzeit nicht das ihrer Bedeutung zukommende Gewicht beigemessen. Zudem blieb völlig unberücksichtigt, dass es sich hier nicht um eine einmalige Veranstaltung, wie ein Vereinsfest an einem sonst ruhigen Festplatz o.ä. handelt, sondern um eine Veranstaltung von Wirten, die über ihre bereits großzügig genehmigten Betriebszeiten und Freischankflächen hinaus am ohnehin hoch belasteten Standort G...straße zusätzliche Betriebszeiten in der besonders empfindlichen Nachtzeit und eine erhebliche Verdichtung der Bewirtung erreichen möchten.

4.1.3

Die Antragsgegnerin kann sich im Hinblick auf die nach Ende des Grafflmarktes von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr stattfindende Bewirtungsveranstaltung auch nicht auf eine Zumutbarkeit wegen Vorliegen eines „sehr seltenen Ereignisses“ berufen.

Zur Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2004, a.a.O. (RdNr. 12) aus:

„Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen…… Allerdings hat die Rechtsprechung – auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 13.5.1997 – 22 B 96.3327 – BayVBl. 1997, 594) – anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder –richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z.B. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 14.9.2004 – 6 A 10949/04 – juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt.“

Wie bereits oben ausgeführt, ist vorliegend zwischen der Traditionsveranstaltung „Grafflmarkt“ mit typischer Verkaufstätigkeit (bis 22.00 Uhr) und der nach 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr stattfindenden Bewirtungsveranstaltung („Nachtparty der Wirte“) zu unterscheiden. Es liegt auf der Hand, dass die ab 22.00 Uhr stattfindende Bewirtungsveranstaltung die von der Rechtsprechung aufgestellten sehr engen Voraussetzungen eines „sehr seltenen Ereignisses“ nicht erfüllt (bejaht z.B. für ein alle zwei Jahre stattfindendes Jubiläumsfest der Ortsvereine, BayVGH, U.v. 13.5.1997 – 22 B 96.3327). Das Niedersächsische OVG verneint das „sehr seltene Ereignis“ bei jährlich stattfindenden und sich über mehrere Tage und Nächte erstreckenden Schützenfesten (U.v. 17.11.2005 – 1 KN 127/04 – juris, RdNr. 55).

Da die Bewirtungsveranstaltung ab 22.00 Uhr zweimal jährlich stattfindet, fehlt es bereits am Erfordernis des sehr seltenen Eintritts. Die Veranstaltung „Nachtparty der Wirte“ ab 22.00 Uhr kann auch nicht als für die Stadtgemeinschaft herausragendes Ereignis bewertet werden. Es fehlt an der Herkömmlichkeit dieser erst seit 2003 eingeführten Veranstaltung. Sie dient weder der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums, noch ist sie sonst von besonderer kommunaler Bedeutung. Weiter kann auch nicht zu Gunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt werden, dass es sich um eine Feier handelt, die kraft Herkommens zu den typischen Erscheinungen gemeindlichen Lebens gehört, so dass sie von der Nachbarschaft in hohem Maße als sozialadäquat akzeptiert werden würde. Mit der Durchführung eines Grafflmarktes ist vielmehr nicht üblicherweise verbunden, dass im Anschluss daran zur Nachtzeit erheblich erweiterte Bewirtungsmöglichkeiten bestehen. Gerade auch in dem vorliegend festgesetzten Mischgebiet in der G...straße, in dem der Schutz der Wohnnutzung vor allem in der Zeit der Nachtruhe eine wichtige Bedeutung zukommt, kann der Bewirtungsveranstaltung – zeitlich losgelöst vom Grafflmarkt – keine im hohen Maße sozialadäquate Akzeptanz in der Nachbarschaft beigemessen werden.

Nur erläuternd sei angeführt, dass den Ausführungen in der schalltechnischen Beurteilung der Antragsgegnerin vom 11. Januar 2013 zu entnehmen ist, dass diese Art der Bewirtschaftung („Nachtparty der Wirte“) auf Anregung der Wirte getroffen wurde, weil es nicht gelingen könne, die Freischankflächen zu räumen, wenn auf Grund des Grafflmarktes sich noch Menschenmassen in der G...straße aufhielten.

4.2

Die streitgegenständlichen Gestattungen sind im angefochtenen Umfang auch rechtswidrig, weil sie unbestimmt sind (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) und sich die Unbestimmtheit gerade auf die als Folge der Gestattung zu erwartenden Geräuschbelastung bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG dient bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gerade auch dem Interesse des – möglicherweise betroffenen – Nachbarn.

Bereits die Unbestimmtheit der erteilten Gestattungen begründet daher die Annahme der Rechtsverletzung des Antragstellers. So wurde weder geregelt, in welchem Ausmaß die vorhandene Freischankfläche verdichtet werden kann, noch ist für die Nachbarschaft ersichtlich, auf welche zusätzliche Flächen („von der Antragsgegnerin zugeteilte Gastrofläche“), welchen Ausmaßes und mit welcher Bestuhlungsdichte zu rechnen ist („freie Bestuhlung“) bzw. welche zusätzlichen Getränke- und Speiseverkaufsstände bzw. –wägen etc. aufgestellt werden dürfen, um etwa die Anzahl der insgesamt bewirteten Personen und den Gesamtumfang der Bewirtung im Hinblick auf die gesamte Lärmsituation festzustellen.

In den Gestattungen wurden keine verbindlichen Bestimmungen dazu getroffen, welche Immissionsrichtwerte die Beigeladenen nicht überschreiten dürfen. Angesichts der offenkundig zu erwartenden erheblichen Lärmbeeinträchtigungen der Anwohner genügt dies nicht der Pflicht, durch die konkrete Festsetzung von Immissionsrichtwerten den Nachbarschutz effektiv und überprüfbar zu regeln (VG Gelsenkirchen, U.v. 27.1.2015 – 19 K 4431/14 – juris, Rn. 85). Die aus Anlass des Grafflmarktes bis 1.00 Uhr nachts dauernde Nachtparty der Wirte mit einem erheblichen Besucherzustrom hätte, um dem Bestimmtheitsgrundsatz im Hinblick auf einen effektiven Schutz der Nachbarn vor schädlichen Umwelteinwirkungen genügen zu können, der verbindlichen Regelung der einzuhaltenden Lärmimmissionsrichtwerte, sowie geeigneter Maßnahmen/Beschränkungen zur Sicherstellung der Einhaltung der höchstzulässigen Werte im Rahmen der Gestattungen bedurft.

4.3

Auch § 11 GastV ergibt keine tragfähige Grundlage für den angegriffenen Bescheid (Sperrzeitregelungen). Die danach gebotene Prüfung erfordert auch die Einbeziehung des Schutzes gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 BImSchG und der in den §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG geregelten und schon für den regelmäßigen Betrieb geltenden Gesichtspunkte. Denn der Schutzzweck der Sperrzeitfestlegung im Einzelfall stimmt weitgehend mit demjenigen des § 5 GastG überein (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.1996, DVBl. 1996 1192, 1194).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes stützt sich auf die §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei war die Hälfte des Wertes der Hauptsache anzusetzen.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. September 2015 wird in den Nummern 1 und 2 geändert.

II.

Der Antrag wird abgelehnt.

III.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf das Beschwerdevorbringen beschränkt ist, hat Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat in Abschnitt 6 der Beschwerdebegründung vom 16. September 2015 zutreffend darauf hingewiesen, dass die verfahrensgegenständlichen gaststättenrechtlichen Gestattungen nicht nur mit einer Beschwer für den Antragsteller einhergehen, sondern sie ihn im Vergleich zu der Situation, die für den Fall bestünde, dass diese Bescheide nicht ergangen wären, auch besserstellen. Denn im Satz 1 der Nummer 1.1 der gegenüber den Beigeladenen zu 1), 3) und 4) ergangenen gaststättenrechtlichen Gestattungen hat die Antragsgegnerin verfügt, dass der Beginn der Sperrzeit für die Gaststättenräume in der Nacht vom 18. auf den 19. September 2015 von 2.00 Uhr auf 24.00 Uhr vorverlegt wird. Die gegenüber dem Beigeladenen zu 2) ergangene gaststättenrechtliche Gestattung setzt den Beginn der Sperrzeit für den Innen- und den Außenbereich in der gleichen Nacht einheitlich auf 24.00 Uhr fest. Alle Gestattungen bestimmen zudem, dass die Verabreichung von Speisen und Getränken im gesamten Betrieb - mithin auch insoweit, als er sich innerhalb geschlossener Räume abspielt - um 23.30 Uhr einzustellen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet dies nach einer in Anbetracht des kurzen Prüfungszeitraums nur summarischer Prüfung - bezogen auf die inmitten stehende eine Nacht für den hier zu beurteilenden Herbst-Grafflmarkt - als einen sachgerechten Ausgleich der inmitten stehenden Belange.

Er erkennt hierbei einerseits, dass sich der Antragsteller in dieser Nacht mindestens bis 24 Uhr einer Lärmbelastung ausgesetzt sehen wird, die angesichts eines prognostizierten Beurteilungspegels von bis zu 74 dB(A) weit über dem Wert von 45 dB(A) liegt, den Bewohner eines Mischgebiets, wie es hier bauplanungsrechtlich festgesetzt ist, nach den meisten Regelwerken, die die Bewertung von Geräuschen zum Gegenstand haben, während der lautesten Nachtstunde hinnehmen müssen. Gleichfalls erheblich überschritten ist der Immissionsrichtwert von 55 dB(A), auf den nach diesen Regelwerken bei „seltenen Ereignissen“ abzustellen ist. Nicht unberücksichtigt gelassen hat der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung ferner, dass die vom Antragsteller im unmittelbaren Einwirkungsbereich der gastronomischen Betätigungen der Beigeladenen ausgeübte Wohnnutzung gegenüber dem Grad an Schutzwürdigkeit, der Bewohnern eines Mischgebiets ansonsten zukommt, sogar ein gesteigertes Maß an Rücksichtnahme beanspruchen kann, weil der einschlägige Bebauungsplan sich für denjenigen Teil seines Geltungsbereichs, in dem sich das Wohnanwesen des Antragstellers befindet, ausdrücklich den Schutz der Wohnnutzung durch das grundsätzliche Verbot der Zulassung nicht nur erlaubnispflichtiger Schank- und Speisewirtschaften, sondern sogar erlaubnispflichtiger Cafés einschließlich solcher, die der Versorgung des Gebiets dienen, zum Ziel gesetzt hat. Ausnahmen hiervon greifen im Wesentlichen nur zugunsten bestehender Betriebe sowie solcher Erweiterungen Platz, durch die u. a. die Wohnnutzung im betroffenen Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht gestört wird.

Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung fällt im vorliegenden Fall andererseits ins Gewicht, dass es sich bei dem am 18. und 19. September 2015 stattfindenden Grafflmarkt jedenfalls im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich um die letzte derartige Veranstaltung handelt, bei der die Antragsgegnerin die vorstehend dargestellte Handhabung praktizieren wird. Außerdem ist maßgeblich, dass die von der Antragsgegnerin für den heutigen Abend getroffenen Regelungen einer gütlichen Einigung entsprechen, wie sie der Verwaltungsgerichtshof anlässlich des Beschwerdeverfahrens vorgeschlagen hat, in dem sich ein anderer Betroffener gegen Gestattungen wandte, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 26. und 27. Juni 2015 stattfindenden Grafflmarkts erteilt hat. Dieser Vorschlag wurde von den Beteiligten des seinerzeitigen Beschwerdeverfahrens als vertretbarer Interessenausgleich akzeptiert und von der Antragsgegnerin zugleich auch für den hier strittigen Herbst-Graffl-Markt als Problemlösung zugesagt. Auch andere Eilverfahren, die noch in erster Instanz anhängig waren, wurden daraufhin nicht streitig beendet. Die Beigeladenen dürfen wohl schutzwürdig darauf vertrauen, dass eine diese gütliche Einigung für den „Herbst-Grafflmarkt“ 2015 unverändert übernehmende Regelung Bestand haben wird. Damit ist keinerlei Präjudiz für die Frage verbunden, ob eine solche Regelung auch für die Zukunft Bestand haben könnte. Dies bedarf näherer Überprüfung, die hier nicht geleistet werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie in keinem der beiden Rechtszüge einen Antrag gestellt haben und sie damit ihrerseits kein Kostenrisiko eingegangen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 BV 13.1686

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. November 2015

(VG Ansbach, Entscheidung vom 11. Juli 2013, Az.: AN 4 K 13.231 u. a.)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 423

Hauptpunkte:

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über ein behördliches Einschreiten gegen von Gaststätten ausgehende Geräuschimmissionen;

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über eine Vorverlegung des Beginns der für Freischankflächen geltenden Sperrzeit;

- Klagebefugnis und Aktivlegitimation des Anspruchstellers als Eigentümer nicht selbstgenutzten Wohnraums im Einwirkungsbereich der emittierenden Gaststätten;

- Lage des Immobiliareigentums des Anspruchstellers und der emittierenden Gaststätten in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet, in dem zum Schutz der Wohnbevölkerung die Errichtung neuer Gaststätten ausgeschlossen ist;

- keine unmittelbare Anwendbarkeit der TA Lärm auch auf solche Freischankflächen, die Annex einer im Übrigen in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte sind;

- Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte durch „Raucherlärm“;

- formelle und materielle Voraussetzungen für eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt ..., vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt,

Beklagte

beigeladen:

1. ...

2. ...

3.

4. ...

5. ...

6. ...

zu 3 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

zu 4 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen gaststättenrechtlicher Auflagen; Sperrzeitverlängerung;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ertl aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. November 2015 am 25. November 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 wird in Nrn. 2 und 3 abgeändert.

II.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erneut zu bescheiden.

III.

Die Nummer 3 des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 erhält folgende Fassung:

„Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug fallen dem Kläger zu zwei Zehnteln, der Beklagten zu drei Zehnteln sowie den im ersten Rechtszug Beigeladenen zu 6) und 7) zu je einem Viertel zur Last. Die im ersten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.“

IV.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu zwei Fünfteln, die Beklagte zu drei Fünfteln zu tragen. Die im zweiten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

V.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet das Begehren des Klägers, die beklagte kreisfreie Gemeinde zu verpflichten, jeweils unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zum einen über seinen Antrag neu zu entscheiden, gegen die Geräuschimmissionen einzuschreiten, denen seine Anwesen aufgrund der in der G.-straße befindlichen Gaststätten und ihrer Besucher ausgesetzt sind, soweit diese zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr außerhalb von Gebäuden einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) und während der übrigen Zeit einen Beurteilungspegel von 60 dB(A) überschreiten, und zum anderen erneut über sein Verlangen auf Festsetzung des Sperrzeitbeginns der Freischankflächen von in der G.-straße vorhandenen Gaststätten auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen nach 22.00 Uhr, aber vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) zu befinden.

1. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen innerhalb der Altstadt der Beklagten und im Geltungsbereich des seit dem 19. Februar 1988 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. 001, der ein Mischgebiet (§ 6 Abs. 1 BauNVO) festsetzt und in seinem Textteil u. a. folgende Regelungen trifft:

„2. Planungsrechtliche Einschränkungen des Mischgebietes gem. § 1 Abs. 5 BauNVO in Verbindung mit § 1 Abs. 9 BauNVO:

2.1 In dem im Planblatt mit,A' gekennzeichneten Bereich ist die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässige Nutzung Schank- und Speisewirtschaften einschließlich deren besonderer Betriebsarten wie auch Cafés - auch solche, die der Versorgung des Gebietes dienen - nicht zulässig, wenn es sich um erlaubnispflichtige Betriebe nach dem Gaststättengesetz handelt. Das Gleiche gilt für die Teilung von Betrieben.

Die planungsrechtliche Einschränkung gilt nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheit bereitzustellen, in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen.

Bestehende Betriebe genießen Bestandsschutz.

Eine Ausnahme kann bei Erweiterungen - sowohl innerhalb des Gebäudes als auch auf Freiflächen - nur gewährt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Erweiterung

- der Schank- u. Gastraumfläche des bestehenden Betriebes in geringem Umfange vergrößert wird,

- die Wohnnutzung im Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht stört und

- des sich daraus ergebenden Bedarfes an notwendigen Stellplätzen auf dem Baugrundstück oder in der Nähe untergebracht wird.“

Die G.-straße liegt innerhalb des mit „A“ gekennzeichneten Bereichs dieses Bebauungsplans, den die Beklagte mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 dahingehend geändert hat, dass seither auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, die in Verbindung mit einer gaststättenähnlichen Nutzung ausgeübt werden, unzulässig sind.

Am 24. September 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten, ein auf eine zweite Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 abzielendes Verfahren einzuleiten, um die in dessen Geltungsbereich bestehenden planungsrechtlichen Restriktionen für Schankund Speisewirtschaften zu beseitigen. Am 21. Oktober 2015 beschloss das gleiche Gremium als Zielvorgabe für die geplante Änderung des Bebauungsplans Nr. 001, dass der von ihm erfasste Bereich zu einem Stadtteil entwickelt werden solle, der eine „urbane Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe, zu dem auch gastronomische Betriebe zählen“, ermögliche. In noch genau festzulegenden Teilbereichen des Bebauungsplangebiets solle „der durch den Bebauungsplan festgesetzte .signifikant' verstärkte Schutz des Wohnens aufgehoben werden und auf die Einschränkung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften verzichtet werden“.

2. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen ferner im Geltungsbereich der am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Verordnung der Beklagten über die Sperrzeit von Gaststätten und Vergnügungsstätten („Innenstadt-Sperrzeitverordnung“) vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27). Sie sieht vor, dass - ausgenommen die Nacht zum 1. Januar - im Innenstadtbereich die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 2.00 Uhr beginnt und um 6.00 Uhr endet.

Die Beklagte hat außerdem eine Verordnung über die Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten („Sperrzeitverordnung“) erlassen. Sie sieht in ihrer derzeit geltenden, ebenfalls am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Fassung vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27) vor, dass die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen (Sondernutzungen) und privaten Flächen im Freien wie Wirtschaftsgärten und Terrassen abweichend von § 8 Abs. 1 GastV auf 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr festgesetzt wird. Das Verabreichen von Speisen und Getränken ist nach dieser Verordnung so rechtzeitig einzustellen, dass der Betrieb der Freischankfläche mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und der zurechenbare Straßenverkehr abgewickelt ist. Ferner dürfen nach dem Beginn der Sperrzeit Arbeiten, die geeignet sind, die Nachtruhe der Anwohner zu stören (z. B. Aufräumen, Zusammenstellen von Tischen und Stühlen), nicht mehr durchgeführt werden.

3. Der Kläger ist eigenem Bekunden zufolge zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44, das sie 2007 erworben und nach einer Sanierung im Juli 2008 bezogen hätten. Es liegt auf der Nordostseite der annähernd von Nordwesten nach Südosten verlaufenden G.-straße.

Einem Aktenvermerk der Beklagten vom 11. Juli 2012 zufolge befanden sich in dem Anwesen G.-straße 42 vom 11. April 1902 bis zum 1. März 1998 nahezu ohne Unterbrechung Gaststätten. Am 4. Juli 2012 erteilte die Beklagte der Ehefrau des Klägers eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG zur Fortführung der Schank- und Speisewirtschaft „Café E.“ im Gebäude G.-straße 42. Sie erstreckte sich u. a. auf eine Freischankfläche mit höchstens 28 Sitzplätzen. Seit Juli 2013 hat der Kläger die Räume des „Café e.“ und die vor dem Anwesen G.-straße 42 liegende Freischankfläche, für die weiterhin 28 Sitzplätze konzessioniert sind, an einen Dritten vermietet, der dort eine als „M.-Cafe-Bar“ bezeichnete Schank- und Speisewirtschaft betreibt.

Die Nutzung der Anwesen G.-straße 42 und 44 für eigene Wohnzwecke hat der Kläger im Laufe des Jahres 2014 beendet und auch den in diesen Gebäuden befindlichen Wohnraum vermietet.

4. Nach Südosten hin schließt sich an das Anwesen G.-straße 42 - von diesem durch eine Zuwegung getrennt - das Anwesen G.-straße 38/40 an, in dem der Beigeladene zu 3) die Gaststätte „K.“ betreibt. Danach folgt auf der gleichen (nordöstlichen) Straßenseite die vom Beigeladenen zu 2) im Anwesen G.-straße 36 geführte Gaststätte „Z.“. im nächsten Gebäude (G.-straße 34) befand sich ehedem die Gaststätte „Zum G.“, die nach Darstellung der Beklagten seit dem 30. November 2014 geschlossen ist.

Auf der südwestlichen Seite der G.-straße betreibt der Beigeladene zu 4) in dem den Anwesen des Klägers gegenüberliegenden Gebäude G.-straße 43 die Schank- und Speisewirtschaft „W.“. Er hat gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof schriftsätzlich erklärt, dieses Lokal mit Ablauf des Jahres 2015 einzustellen. In dem sich auf der gleichen Straßenseite anschließenden Anwesen G.-straße 41 besteht die Gaststätte „Zum g.“, die nunmehr von der Beigeladenen zu 6) betrieben wird. Daran schließt sich die vom Beigeladenen zu 5) geführte Gaststätte „G.“ die an die Stelle des zuvor in dem gleichen Anwesen (G.-straße 39) unter den Bezeichnungen „s.“ bzw. „p.“ betriebenen Lokals getreten ist. Während die beiden auf dieser Straßenseite nächstfolgenden Gebäude (G.-straße 37 und G.-straße 35) nicht für gastronomische Zwecke genutzt werden, unterhält der Beigeladene zu 1) im Anwesen G.-straße 33 das Lokal D. ...

Wegen der genehmigungsrechtlichen Situation dieser Betriebe, die ausnahmslos auch über Freischankflächen verfügen, wird auf die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Gaststättenakten sowie die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof übergebenen, die jüngere Zeit betreffenden Unterlagen verwiesen.

5. Ab dem Jahr 2010 wandten sich Anwohner der G.-straße wegen der Geräuschbelastung, die sich aus den in dieser Straße betriebenen Gaststätten sowie aus in der Innenstadt durchgeführten Veranstaltungen ergebe, beschwerdeführend an die Beklagte. Auf Verlangen des Stadtrats der Beklagten trat am 6. Mai 2011 daraufhin ein „Runder Tisch“ zusammen, an dem u. a. Vertreter der Verwaltung der Beklagten, von Anwohnern der G.-straße sowie die Betreiber mehrerer in dieser Straße befindlicher Gaststätten teilnahmen. Wegen der damals in Aussicht genommenen Maßnahmen wird auf Blatt 140 bis 143 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten Bezug genommen.

In einer weiteren, am 16. November 2011 abgehaltenen Sitzung des „Runden Tisches“ erklärten die Vertreter der Anwohner, der am 6. Mai 2011 in Aussicht genommene Kompromiss sei aus ihrer Sicht u. a. deshalb gescheitert, da mehrere Gastwirte die hinsichtlich der Freischankflächen geltenden Sperrzeitregelungen nicht einhalten würden und die Zahl der dort genehmigten Sitzplätze überschritten werde.

Der Stadtrat der Beklagten befürwortete daraufhin am 21. Dezember 2011 u. a. den Erlass der vorerwähnten Innenstadt-Sperrzeitverordnung sowie eine einheitliche Dauer der Sperrzeit für Freischankflächen von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Wegen der weiteren in jener Sitzung getroffenen Festlegungen wird auf Blatt 277 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten verwiesen.

6. Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte vom 10. Mai 2012 beantragten der Kläger, seine Ehefrau sowie zwei weitere Einwohner der Beklagten - soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Belang - zum einen, geeignete Maßnahmen zu treffen und durchzuführen, damit die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der Gustav-/W.straße entstehenden und auf die Anwesen der Eingabeführer einwirkenden Geräuschimmissionen unter Einschluss der Geräusche, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten und die Nutzung der Freischankflächen verursacht würden, 45 dB(A) während der Nachtzeit und 60 dB(A) tagsüber nicht überschreiten. Zum anderen verlangten sie, die Sperrzeit der Freischankflächen von Gaststätten im Bereich der Gustav-/W.straße auf die Zeit von 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) bis 6.00 Uhr festzusetzen.

Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 31. Mai 2012, die Zuschrift vom 10. Mai 2012 sei dem Stadtrat am 23. Mai 2012 zur Kenntnis gebracht worden. Dieses Gremium habe die Auffassung vertreten, dass am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festgehalten werden solle. Die Aufrechterhaltung des Beginns der Sperrzeit für Freischankflächen um 23.00 Uhr begründete die Beklagte in diesem Schreiben damit, dass der in der TA Lärm vorgesehene Beginn der Nachtzeit um 22.00 Uhr nicht mehr dem geänderten Freizeitverhalten der Bevölkerung entspreche. Die Beklagte habe deshalb von der rechtlichen Möglichkeit, den Beginn der Sperrzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben, Gebrauch gemacht. Im Übrigen verwies die Beklagte u. a. darauf, dass der Grundstückserwerb des Klägers und seiner Ehefrau in der G.-straße zu einer Zeit stattgefunden habe, in der sich die Situation in gleicher Weise wie im Jahr 2012 dargestellt habe.

7. Mit der von ihm am 11. Januar 2013 zum Verwaltungsgericht Ansbach erhobenen Klage beantragte der Kläger bei Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug:

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf behördliches Einschreiten gegen die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der G.-straße in F. entstehenden und auf das Anwesen des Klägers einwirkenden Lärmimmissionen - einbezogen die Lärmimmissionen, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten, auch bei der Nutzung der Freischankflächen, verursacht werden -, die die maximalen Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden von 45 dB(A) in der Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) und von 60 dB(A) zur Tagzeit überschreiten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf Festsetzung der Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten im Bereich G.-straße in F. auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen Beginn vor 23.00 Uhr) bis 6.00 Uhr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8. Durch Urteil vom 11. Juli 2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2012 auf und verpflichtete die Beklagte, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Voraussetzungen für eine auf § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG gestützte Ermessensentscheidung - nämlich schädliche Umwelteinwirkungen zulasten des Klägers - lägen vor. Das Verwaltungsgericht verwies insoweit auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 und führte aus, die Geräuschvorbelastung durch eine genehmigte Nutzung führe nicht dazu, dass die Beigeladenen von jeder Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt wären. Zur Beurteilung der von einer Gaststätte ausgehenden Geräusche sei die TA Lärm heranzuziehen; das gelte auch für den von Freischankflächen ausgehenden Schall. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lasse das normkonkretisierende Konzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als dieses Regelwerk Spielräume in Gestalt von Kannvorschriften oder Bewertungsspannen eröffne.

Es sei unzutreffend, wenn die Beklagte annehme, der Beginn der Nachtzeit sei auf 23.00 Uhr anzusetzen, da es vorliegend sowohl an zwingenden betrieblichen als auch - jedenfalls bezogen auf das gesamte Stadtgebiet der Beklagten - an besonderen örtlichen Verhältnissen im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm fehle. Der Stadtratsbeschluss vom 21. Dezember 2011 stelle lediglich einen Bezug zur vorherigen, für die Anwohner ungünstigeren Sperrzeitregelung her; zu einem Hinausschieben der Nachtzeit verhalte er sich ebenso wenig wie die zugehörige Beschlussvorlage vom 13. Dezember 2011. Wollte man dennoch ein Hinausschieben im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm annehmen, fehle es an einer Würdigung des Umstandes, dass von einer Ausnahmeregelung der TA Lärm im größtmöglichen Umfang Gebrauch gemacht worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen Berücksichtigung gefunden habe, seien umso weniger erkennbar, als die Verwaltung der Beklagten in ihrer Beschlussvorlage darauf hingewiesen habe, dass rechnerisch 25% der Freischankplätze die Lärmrichtwerte überschreiten würden und dass die Toleranz der Anwohner aus immissionsschutzrechtlicher Sicht seit langem über Gebühr strapaziert worden sei. Angesichts eines in der Innenstadt während der Nachtzeit vorhandenen Grundgeräuschpegels von 45 bis 50 dB(A) sei ferner die weitere Voraussetzung für ein Hinausschieben der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm - nämlich die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe für die Nachbarschaft - nicht erfüllt, da am 15. November 2011, am 6. Juni 2012 und am 11. Juni 2012 durchgeführte Berechnungen eines Umweltingenieurs der Beklagten am Anwesen des Klägers für die Zeit zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr - und zwar auch sonntags - einen Beurteilungspegel von 58 dB(A) ergeben hätten. Angesichts der Bindung der Beklagten an die TA Lärm und der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 8 GastV den Gemeinden weiterhin die Möglichkeit von Sperrzeitverlängerungen nach § 10 und § 11 GastV zur Verfügung gestellt habe, scheide die Bejahung besonderer örtlicher Verhältnisse aufgrund des geänderten Ausgehverhaltens der Bevölkerung aus.

Dass es zu Überschreitungen des für die Nachtzeit maßgeblichen Beurteilungspegels von 45 dB(A) komme, ergebe sich u. a. aus den schalltechnischen Beurteilungen bzw. Immissionsprognosen von Umweltingenieuren der Beklagten vom 29. Dezember 2010, vom 6. Juni 2012 und vom 11. Juni 2012 sowie aus der Beschlussvorlage der Verwaltung der Beklagten für eine am 25. Januar 2012 abgehaltene Stadtratssitzung. Wenn in den beiden im Juni 2012 erstellten Immissionsprognosen hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr für das Anwesen des Klägers ein Beurteilungspegel von 58 dB(A) und hinsichtlich der Zeit ab 23.00 Uhr ein Beurteilungspegel von 59 dB(A) angesetzt worden sei, so ergebe sich hieraus eine massive Störung der Nachtruhe als Folge des von der Beklagten bis 23.00 Uhr zugelassenen Betriebs von Freischankflächen; diese Beurteilungspegel überträfen sogar den während der Nachtzeit in einem Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwert von 50 dB(A) deutlich. Zudem hätten an verschiedenen Punkten durchgeführte Messungen ergeben, dass der Raucherlärm zu Beurteilungspegeln von 62 dB(A), 46 dB(A) und 54 dB(A) führe; ähnliche, teilweise erhebliche Überschreitungen würden sich auch für das Anwesen des Klägers ergeben.

Aus der von der Beklagten vorgelegten schalltechnischen Beurteilung vom 8. Februar 2013 ergebe sich ferner, dass bei einigen größeren Freischankflächen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Tageszeit teilweise geringfügig überschritten würden.

Angesichts der eigenen Immissionsberechnungen der Beklagten lägen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Sperrzeit durch Einzelanordnung nach § 11 GastV vor. Die Erwägung, im Bereich der G.-straße bestehe angesichts der „historisch gewachsenen Kneipenmeile“ eine besondere Störungsunempfindlichkeit, sei angesichts der Tatsache, dass § 11 GastV keine atypischen Verhältnisse voraussetze und Gaststätten vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG keinen umfassenden Bestandsschutz genössen, mit dem Gesetz nicht vereinbar. Dies gelte zumal in Anbetracht der Zahl der in dieser Straße als wohnhaft gemeldeten Personen.

Aus dem Bescheid vom 31. Mai 2012 gehe nicht hervor, dass sich die Beklagte des Umstands bewusst gewesen sei, eine Ermessensentscheidung zu treffen; § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und die §§ 10 f. GastV seien nicht einmal erwähnt worden. Dies lasse den Schluss auf eine Ermessensunterschreitung zu. In die gleiche Richtung wirke es sich aus, dass die Beklagte die gegen ihre Entscheidung sprechenden Gesichtspunkte (hier: die Lärmbeeinträchtigung des Klägers) nicht ermittelt, gewürdigt und gewichtet habe. Dieser Mangel sei nicht nach § 114 Satz 2 VwGO heilbar, da diese Vorschrift nicht das erstmalige Ausüben von Ermessen im gerichtlichen Verfahren zulasse.

9. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs neu zu bescheiden.

In tatsächlicher Hinsicht verweist sie vor allem auf die Ergebnisse der Geräuschmessungen, die sie in den Monaten April bis September 2013 am Anwesen G.-straße 35 durchgeführt habe. Wegen der hierbei gewonnenen Ergebnisse und ihrer Bewertung durch die Beklagte wird auf Blatt 180 bis 213 der Gerichtsakte des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

10. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11. Die Beigeladenen haben im zweiten Rechtszug - ebenso wie der Vertreter des öffentlichen Interesses - keinen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die in beiden Rechtszügen angefallenen Gerichtsakten sowie auf die seitens des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs beigezogenen Vorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat im Hilfsantrag Erfolg. Das Verwaltungsgericht ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass das Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 2012 nicht als in jeder Hinsicht rechtskonforme und den Erfordernissen pflichtgemäßer Ermessensausübung entsprechende Verbescheidung des Begehrens angesehen werden kann, das der Kläger mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 10. Mai 2012 an die Beklagte herangetragen hatte. Bei der in der Nummer 1 des Tenors des angefochtenen Urteils erfolgten Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts, der in dem Schreiben vom 31. Mai 2012 zu sehen ist, muss es nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens deshalb ebenso sein Bewenden haben wie bei der unter der Nummer 2 des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung ausgesprochenen grundsätzlichen Verpflichtung der Beklagten, den Kläger neu zu bescheiden. Die Gesichtspunkte, von denen sich die Beklagte hierbei leiten lassen muss, bedürfen teilweise allerdings einer anderen Bestimmung als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist, da das Verwaltungsgericht punktuell sowohl den Rahmen der rechtlichen Bindungen, denen die Beklagte insofern unterliegt, zu eng gezogen als auch eine zu weitreichende Einschränkung ihres Ermessensspielraums angenommen hat.

1. Zulässigkeit der Klage:

Die Klage ist ungeachtet des Umstandes zulässig geblieben, dass der Kläger die Anwesen G.-straße 42 und 44 nicht mehr für eigene Wohnzwecke nutzt. Unabhängig hiervon ergibt sich seine Klagebefugnis (ebenso wie sein „Verletzt-Sein“ in eigenen Rechten im Sinn von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) nämlich aus dem Umstand, dass er durch die nicht rechts- und ermessenskonforme Weigerung der Beklagten, die auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkenden Geräuschimmissionen zu verringern, in seinem Eigentum an diesen Gebäuden verletzt wird. Denn es kann sich auf die Nutzbarkeit einer solchen Liegenschaft - insbesondere auf die Vermietbarkeit darin befindlichen Wohnraums und den hierbei erzielbaren Mietzins - nachteilig auswirken, wenn das Mietobjekt Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, die das Maß dessen überschreiten, was angesichts der konkreten Lage der Immobilie hingenommen werden muss.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich dieser Nachteil bereits realisiert hat. Unerheblich ist namentlich, ob der Kläger bei der Vermietung der zuvor von ihm selbst genutzten Wohnung nur einen geringeren Mietzins erzielen konnte, als das der Fall wäre, befände sich diese Liegenschaft in einer ruhigeren Umgebung. Denn „schädliche Umwelteinwirkungen“, deren Unterbleiben der von ihnen Betroffene nach den vorliegend einschlägigen, drittschützenden Vorschriften des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG grundsätzlich verlangen kann, liegen nicht erst dann vor, wenn es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung eines der in § 1 Abs. 1 BImSchG aufgeführten Schutzgüter, zu denen auch Gebäude gehören (Führ in GK-BlmSchG, Stand Dezember 2011, § 1 Rn. 162; Kotulla in ders., BImSchG, Stand Juli 2004, § 1 Rn. 53), gekommen ist. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn Immissionen „geeignet“ sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Es genügt deshalb, wenn Immissionen erfahrungsgemäß erhebliche negative Effekte auf die in § 1 Abs. 1 BImSchG bezeichneten Schutzgüter zeitigen können (Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Dezember 1990, § 3 BImSchG Anm. 6). Auf die Entbehrlichkeit des Umstands, „dass die Störung tatsächlich eingetreten ist“, als Voraussetzung für das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG hat bereits die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 14. Februar 1973 (BT-Drs. 7/179, S. 29) hingewiesen. Es reicht vielmehr aus, „wenn die Immissionen nach Art, Ausmaß und Dauer die Eignung besitzen, derartige Störungen hervorzubringen“ (BT-Drs. 7/179, S. 29).

Zwar genügt die lediglich entfernte, abstrakte Möglichkeit des Eintritts negativer Effekte auf immissionsschutzrechtlich relevante Schutzgüter nicht (vgl. zur erforderlichen Konkretheit der zu besorgenden Beeinträchtigungen Kotulla in ders., BImSchG, Stand Januar 2004, § 3 Rn. 37; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 3 Rn. 39). Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Belastung von Wohnräumen mit Geräuschimmissionen zu den - oft sogar wesentlichen - wertbildenden Faktoren jeder Wohnimmobilie gehört. Die Möglichkeit, der auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkende Schall könnte zu einer spürbaren Minderung der Ertragskraft dieser Immobilie sowie ggf. zu sonstigen erheblichen Nachteilen für den Kläger (z. B. in Gestalt eines häufigeren, lärmbedingten Mieterwechsels oder einer Vermietbarkeit nur an Personen, die aufgrund ihrer Vermögenslage oder ihrer Verhaltensmodalitäten ein höheres wirtschaftliches Risiko für den Vermieter bedeuten) führen, stellt deshalb nicht nur eine hypothetische, sondern eine nach der Lebenserfahrung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchtende Gefahr dar.

Der in § 3 Abs. 1 BImSchG verwendete Begriff der „erheblichen Nachteile“ umfasst zudem nicht nur Substanz-, sondern auch Vermögensschäden; das gilt jedenfalls dann, wenn sie die Folge von physisch (hier: in Gestalt von Schallwellen) auf ein Sachgut einwirkenden Immissionen sind (vgl. BayVGH, U. v. 25.1.2010 - 22 N 09.1193 - Rn. 45, unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz, BT-Drs. 7/179, S. 29).

2. Beurteilungsmaßstab für die Schädlichkeit des Gaststättenlärms:

Bei der Beantwortung der Frage, ob von den in der G.-straße vorhandenen Gaststätten schädliche Umweltauswirkungen ausgehen, hatte (und hat) die Beklagte die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) insoweit zu beachten, als gaststättenrechtlich relevante Betätigungen innerhalb geschlossener Räume („Innengastronomie“) inmitten stehen. Gleiches gilt, soweit sich Geräusche - wie das u. a. bei den Emissionen des Zu- und Abgangsverkehrs der „Innengastronomie“ der Fall ist - als unmittelbare Folgeerscheinungen eines solchen Betriebs darstellen und der erforderliche räumliche Zusammenhang mit der Gaststätte noch besteht (2.1). Anders stellt sich die Bindung der Beklagten an die TA Lärm grundsätzlich hinsichtlich der akustischen Auswirkungen der in der G.-straße betriebenen Freischankflächen dar (2.2).

2.1 Die Maßgeblichkeit der TA Lärm für die Ermittlung und Bewertung der von Gaststätten (ausgenommen den von der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erfassten Bereich) ausgehenden Geräusche folgt unmittelbar aus der Nummer 1 Abs. 3 Buchst. b TA Lärm (vgl. dazu BVerwG, B. v. 9.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Soweit diese Verwaltungsvorschrift den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, kommt ihr darüber hinaus auch eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12). Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift insbesondere durch Kann-Bestimmungen (z. B. in Gestalt der Nummer 6.5 Satz 3 und der Nummer 7.2) und Bewertungsspannen (vgl. z. B. die Nummer A 2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12).

An dem (auf die Innengastronomie beschränkten) Geltungsanspruch der TA Lärm für Zwecke der Ermittlung und Bewertung der durch Gaststättenbetriebe verursachten Geräusche ändert weder die nunmehr entfallene Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gaststättenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) noch die den Ländern zugewachsene Gesetzgebungskompetenz für verhaltensbezogenen Lärm (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG), sollten die vorliegend verfahrensgegenständlichen Immissionen hierzu zählen, etwas. Denn aus Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich die Fortgeltung sowohl des Gaststättengesetzes des Bundes in Bayern als partielles Bundesrecht als auch die fortbestehende Anwendbarkeit der §§ 22 BImSchG auf Gaststätten in diesem Bundesland jedenfalls neben § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (vgl. zur mangelnden Verdrängung des § 22 BImSchG durch das Gaststättenrecht BVerwG, B. v. 5.7.1986 - 7 N 1.96 u. a. - DÖV 1996, 919/920; SaarlOVG, U. v. 29.8.2006 -1 R 21/06 - NVwZ-RR 2007, 598/599 ff.; Czjaka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand August 2011, § 22 BImSchG Rn. 75; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Oktober 2006, Vor § 22 BImSchG Rn. 28; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 22 Rn. 14; ebenso Roßnagel/Hentschel in GK-BImSchG, Stand Dezember 2012, § 22 Rn. 174 für die beim Betrieb von Gaststätten einzuhaltenden immissionsschutzrechtlichen Anforderungen). Unter diesen Voraussetzungen bleiben bis zu ihrer (bisher nicht erfolgten) Ersetzung auch allgemeine Verwaltungsvorschriften in Kraft, die der Bund gemäß Art. 84 Abs. 2 GG zur Regelung des Vollzugs von Bundesrecht erlassen hat.

Aus dem Umstand, dass § 8 Abs. 1 GastV in der Fassung des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (GVBl S. 539) den Betrieb von Gaststätten nunmehr nahezu „rund um die Uhr“ (ausgenommen die Stunde zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr) zulässt, ergibt sich entgegen der in Abschnitt V.6 der Berufungsbegründung anklingenden Auffassung keine Modifizierung des Begriffsinhalts der „schädlichen Umwelteinwirkungen“, die einem Rückgriff auf § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG und den in diesen Bestimmungen vorausgesetzten, durch § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung u. a. mit der TA Lärm konkretisierten Bedeutungsgehalt dieses Rechtsinstituts entgegenstünde. Das folgt bereits daraus, dass eine landesrechtliche Norm gemäß Art. 31 GG einschlägiges Bundesrecht (hier: das sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG ergebende Gebot des Unterbleibens vermeidbarer bzw. der Minimierung unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen) weder verdrängen noch modifizieren kann. An dem sich aus Art. 31 GG ergebenden Vorrang des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG in Verbindung mit der in § 3 Abs. 1 BImSchG vorgenommenen Begriffsbestimmung der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ würde sich auch dann nichts ändern, wenn - was mangels Entscheidungserheblichkeit vorliegend ausdrücklich dahingestellt bleiben kann - die von den Besuchern einer Gaststätte ausgehenden Geräusche als „verhaltensbezogener Lärm“ im Sinn von Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG mit der Folge anzusehen sein sollten, dass die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung dieser Art von Immissionen nunmehr ebenso bei den Ländern läge wie das hinsichtlich des Gaststättenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG der Fall ist. Solange der Gesetzgeber in Bayern von einer sich aus den letztgenannten Verfassungsbestimmungen ergebenden Normsetzungsbefugnis nämlich nicht Gebrauch gemacht hat, gelten das Gaststättengesetz und die §§ 22 ff. BImSchG in diesem Bundesland gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG unverändert als Bundesrecht fort.

Der Annahme, der Landesgesetzgeber habe die sich aus §§ 22 BImSchG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (jeweils in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BImSchG) ergebenden Anforderungen durch den Erlass des Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (a. a. O.) „mittelbar“ modifiziert, steht auch entgegen, dass eine Derogation oder Relativierung des materiellen Immissionsschutzrechts und eine Absenkung des Schutzniveaus zugunsten der Nachbarn von Gaststätten nachweislich nicht beabsichtigt war. Bereits die Begründung des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung (LT-Drs. 15/1892, S. 4) hielt zu dieser Frage fest:

„Den Belangen des Lärmschutzes und der ungestörten Nachtruhe der Anwohner wird dadurch Rechnung getragen, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben, durch Rechtsverordnung für ihr gesamtes Gemeindegebiet oder für Teile hiervon eine abweichende Sperrzeit festzusetzen. Weiter können sie durch Einzelfallbescheid entsprechend regelnd eingreifen, wenn die Verhältnisse vor Ort dies erfordern.“

2.2 Soweit Freischankflächen den Gegenstand sowohl behördlicher Zulassungsentscheidungen als auch (geforderter) repressiver Maßnahmen bilden, besteht eine unmittelbare Bindung an die TA Lärm demgegenüber nicht, da es sich bei ihnen um „Freiluftgaststätten“ im Sinn der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm handelt, für die sich diese Verwaltungsvorschrift keine Geltung beimisst. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits in den Beschlüssen vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013 - GewArch 2014, 485 Rn. 8) und vom 30. September 2014 (22 B 14.267 - BA Rn. 5) zu erkennen gegeben, dass er in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188) dazu neigt, diese Bestimmung nicht nur auf „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch auf Freischankflächen anzuwenden, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden. An dieser Auffassung ist zum einen deshalb festzuhalten, weil die Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm andernfalls zumindest weitgehend leerliefe. Denn auf Dauer angelegte Gaststätten, die ausschließlich „unter freiem Himmel“ betrieben werden, sind nach dem Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs in der Lebenswirklichkeit kaum anzutreffen. Soweit vorübergehende gastronomische Betätigungen ohne einen geschlossenen Gaststättenraum auskommen, verbietet bereits das sich aus § 12 Abs. 1 GastG ergebende Erfordernis der Zulassung solcher Betätigungen „unter erleichterten Voraussetzungen“ eine unmodifizierte Heranziehung der TA Lärm (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.2014 a. a. O. Rn. 8); der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm kommt in solchen Fällen deshalb keine konstitutive Bedeutung zu. Zum anderen sind keine Umstände erkennbar, die es im Licht des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtfertigen könnten, Freischankflächen, die sich als Bestandteile von in geschlossenen Räumen betriebenen Lokalen darstellen, im Gegensatz zu „selbstständigen“ Freiluftgaststätten von der Anwendung der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm auszunehmen. Sieht man mit dem Bundesverwaltungsgericht (B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 -BRS 76 [2010] Nr. 188 unter insoweit allerdings nicht recht nachvollziehbarer Bezugnahme auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für die TA Lärm, BR-Drs. 254/98, S. 47) die Intention des Vorschriftengebers darin, zum einen im Hinblick auf die Bedeutung der Freiluftgastronomie und ihre örtliche bzw. regionale Herkömmlichkeit die Zumutbarkeitsschwelle gegebenenfalls anheben zu können, zum anderen in der Notwendigkeit, den Besonderheiten des menschlichen Lärms angemessen Rechnung zu tragen, so erscheint es geboten, den in der Realität zumindest ganz im Vordergrund stehenden Typus der Freischankfläche, die zu einer in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte gehört, in den Anwendungsbereich der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm einzubeziehen.

Ein solches Verständnis der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erscheint umso eher vertretbar, als sich hieraus kein „Freibrief“ für rücksichtsloses, lärmverursachendes Verhalten der Inhaber und Nutzer von Freischankflächen ergibt. Vielmehr beanspruchen auch für solche Einrichtungen die in § 22 BImSchG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG bzw. - nach erfolgter Erteilung der Gaststättenerlaubnis - § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gelangenden immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten ungeschmälert Geltung. Eine Besonderheit ergibt sich lediglich daraus, dass bei weder der TA Lärm noch einem anderen lärmschutzfachlichen Regelwerk unterfallenden Geräuschquellen die Entscheidung, wann die Grenze zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG überschritten wird, einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der Art und Lästigkeit der jeweiligen Schallereignisse, des von ihnen hervorgerufenen Beurteilungspegels, ihrer Dauer, Häufigkeit, Impuls-, Ton- und Informationshaltigkeit sowie des Zusammenwirkens dieser verschiedenen Faktoren zu treffen ist (ähnlich Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 1 Rn. 25). Nicht anders als in sonstigen Fällen, in denen für die Bewertung von Immissionen kein unmittelbar einschlägiges Regelwerk zur Verfügung steht, hängt die Beantwortung der Frage nach ihrer Zumutbarkeit auch hier von einer umfassenden Würdigung all dieser Umstände unter besonderer Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets ab (vgl. BVerwG, B. v. 17.7.2003 - 4 B 55.03 -NJW 2003, 3360/3361; HessVGH, U. v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - NVwZ-RR 2006, 531/532; BayVGH, B. v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - BayVBl 2006, 351). Wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz müssen ebenfalls in die Gesamtbetrachtung einfließen.

Wenn eine Anlage vollständig aus dem Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen ist, dann liegt darin zwar eine Klarstellung des Vorschriftengebers, dass die Beurteilungsmaßstäbe der TA Lärm für sie nicht passen (vgl. BR-Drs. 254/98, S. 47). Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, einzelne Vorschriften der TA Lärm entsprechend anzuwenden, soweit dies mit ihrer besonderen Eigenart vereinbar ist (Feldhaus, UPR 1999, 1/2, Kutscheidt, NVwZ 1999, 577/578), wobei ihnen allerdings nicht die Funktion einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift, sondern eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o.J., Nr. 1 Rn. 25).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist zunächst die Schutzwürdigkeit der klägerischen Anwesen zu berücksichtigen, wie sie sich aus dem Bebauungsplan Nr. 001 ergibt. Aus seinen textlichen Festsetzungen und aus seiner Begründung ergibt sich, dass es das zentrale von ihm verfolgte Anliegen ist, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen vor unzumutbaren Beeinträchtigungen - namentlich in Gestalt von Lärm - zu bewahren, die von Gaststätten ausgehen. Unmittelbar deutlich wird diese Regelungsabsicht zum einen im Ausschluss von Schank- und Speisewirtschaften nahezu jedweder Art mit Ausnahme solcher, die - wie Stehausschankflächen von Bäckereien, Metzgereien und anderen Lebensmittelgeschäften - unter dem Blickwinkel des Nachbarschutzes schlechthin kein Problempotential in sich bergen können, zum anderen in der Tatsache, dass die Nummer 2.1 der textlichen Festsetzungen eine Erweiterung bestandsgeschützter Betriebe nur unter der Voraussetzung zulässt, dass eine im Gaststättenanwesen selbst oder in der Nachbarschaft ausgeübte Wohnnutzung nicht gestört wird. In Übereinstimmung damit steht es, wenn die Begründung dieses Bebauungsplans auf ihrer Seite 2 ausführt, Anlass für seine Schaffung habe die Tatsache gegeben, dass während der vorangegangenen Jahre die Zahl der Restaurants, Kneipen und Cafés auf Kosten u. a. der Wohnnutzung zugenommen habe; eine Entwicklung dergestalt, dass die Wohnbevölkerung vor Lärm- und Verkehrsbelastungen aus der Innenstadt in periphere Wohnlagen fliehe, habe in dem Altstadtviertel, in dem die G.-straße liegt, teilweise bereits eingesetzt. Ziel der Planung sei es, diesen Teil der Innenstadt wieder für das Wohnen attraktiv zu machen (ebenda). In die gleiche Richtung weist es, wenn die Beklagte die „Überbelebung bei Nacht bis hin zum ruhestörenden Lärm ausgehend von den Kneipen bzw. Cafés selbst und durch mit Pkw's ankommende und abfahrende Kneipenbesucher“ in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 (S. 4) als einen der besonderen städtebaulichen Gründe anführte, aus denen sich die sachliche Rechtfertigung einer Einschränkung der in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansonsten allgemein zulässigen Nutzungsart „Schank- und Speisewirtschaften“ ergebe. Auch die Begründung der am 8. Februar 1997 in Kraft getretenen Änderung dieses Bebauungsplans hielt auf ihrer Seite 4 fest, die nach wie vor in den Abend- und Nachtstunden durch Musikdarbietungen und Tonwiedergabegeräte verursachten Störungen sowie der Zu- und Abfahrtsverkehr der Besucher hätten eine „Beeinträchtigung der Wohnruhe der unmittelbar angrenzenden Wohnbevölkerung“ zur Folge; dies führe zu einer Stagnierung der Wohnungsanzahl bzw. auch zu einer Abwanderung der Wohnbevölkerung.

Mit dieser Zielsetzung des von der Beklagten selbst gesetzten Ortsrechts wäre es unvereinbar, wollte man sie als befugt ansehen, bei der Bewertung der Störeignung der Geräusche, die von den in der G.-straße nunmehr in großer Zahl und in insgesamt erheblichem Umfang vorhandenen Freischankflächen ausgehen, die nach der TA Lärm für Mischgebiete geltenden Schutzstandards insbesondere in der Nachtzeit außer Acht zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die durch den Betrieb der Freischankflächen hervorgerufenen Geräusche die Gesamtlärmsituation dort jedenfalls dann maßgeblich prägen, wenn sie voll oder stark besetzt sind (vgl. die diesbezüglichen, auf Seite 6 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof festgehaltenen Angaben einer Umweltingenieurin der Beklagten und die damit ein Einklang stehende Tatsache, dass nach den Anlagen 8 bis 13 zur „schallmesstechnischen Betrachtung“ vom Oktober 2013, in der die Ergebnisse der von der Beklagten in der G.-straße durchgeführten Messungen referiert und kommentiert werden, die Stundenmittelwerte für die Zeit ab 23.00 Uhr - d. h. nach dem Beginn der Sperrzeit für die Freischankflächen - zumeist deutlich niedriger liegen als zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Bebauungsplan 001 nichts daran geändert hat, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt). Dies zeigen schon die in ihm enthaltene Bestandsklausel sowie das Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen ergibt, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind.

3. Einschreiten gegen der Innengastronomie zuzurechnenden nächtlichen Lärm, insbesondere „Raucherlärm“.

Der Kläger kann - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - nicht verlangen, dass die Beklagte gegen diejenigen Geräuschimmissionen einschreitet, die von den in der G.-straße betriebenen Gaststätten ausgehen und die zu einer Überschreitung der sich aus der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm ergebenden Beurteilungspegel führen, soweit diese Überschreitung durch Lautäußerungen von Personen verursacht wird, die die Innenräume einer von ihnen besuchten Gaststätte vorübergehend zum Zwecke des Rauchens verlassen, sich jedoch gleichwohl noch in deren unmittelbarer Nähe aufhalten.

Da dieser „Raucherlärm“ unmittelbar kausal auf den Betrieb der jeweiligen Gaststätte zurückzuführen ist, ist er nach dem Vorgesagten zwar grundsätzlich ebenso wie die Geräusche des Zu- und Abgangsverkehrs dieser Anlage zuzurechnen und deshalb bei der Feststellung, ob die jeweils einschlägigen Beurteilungspegel eingehalten sind, mitzuberücksichtigen.

Die Beklagte hat u. a. in Abschnitt I.2.c der Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf die im Jahr 2013 durchgeführten Messungen aufgezeigt, dass bereits einige wenige Raucher, die sich vor Gaststätten in der G.-straße aufhalten und dabei Gespräche führen, Schalldruckpegel hervorrufen, die zwischen 45 und knapp 60 dB(A) liegen können. Bei der Interpretation dieser Werte muss berücksichtigt werden, dass es sich hierbei nicht um Schallleistungspegel, d. h. um Werte handelt, die die Lautstärke am Ort der Entstehung eines Geräuschs wiedergeben, sondern dass die in der Tabelle 2 der Berufungserwiderung dargestellten Messergebnisse bereits die Abnahme der Schallintensität berücksichtigen, die sich aufgrund der Entfernung zwischen den jeweiligen Rauchergruppen und dem von der Beklagten im Dachgeschoss des Anwesens G.-straße 35 angebrachten Mikrofon ergaben. Unberücksichtigt lassen die von der Beklagten mitgeteilten Messergebnisse ferner den Umstand, dass die Kommunikation von Rauchern nach der Nummer A.3.3.5 TA Lärm vielfach die Vergabe eines Zuschlags für Informationshaltigkeit erfordern wird. Eine Umweltingenieurin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar dargelegt, dass es in Fachkreisen als üblich und angemessen angesehen wird, einen solchen Zuschlag dann, wenn ein Dritter vollständige Sätze verstehen kann, in Höhe von 6 dB(A), und, wenn für ihn nur Satzteile oder Wortfetzen hörbar sind, in Höhe von 3 dB(A) anzusetzen. Von einem solchen Zuschlag hat die Beklagte nach der Vorbemerkung zur Tabelle 2 auf Seite 5 der Berufungserwiderung abgesehen. Zwar sind „schädliche Umwelteinwirkungen“ im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG nicht bereits dann zu bejahen, wenn die von Personen, die sich zum Zwecke des Rauchens vor der von ihnen besuchten Gaststätte aufhalten, ausgehenden Geräusche während einer Zeitspanne, die kürzer ist als der maßgebliche Beurteilungszeitraum (er beträgt nach der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm während der Nachtzeit eine Stunde), an einem Immissionsort den während der Nachtzeit maßgeblichen Richtwert übersteigt. Da die Verweildauer einer sich unterhaltenden Rauchergruppe vor einer Gaststätte indes durchaus bis zu 15 Minuten betragen kann (die auf Seite 5 unten der Berufungsbegründung insoweit mitgeteilten Wahrnehmungen der mit der Durchführung der Geräuschmessungen beauftragten Dienstkräfte der Beklagten sind glaubhaft), spricht jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass bereits eine kleine Zahl von Rauchern, die sich (gleichzeitig oder nacheinander) während ein und derselben Stunde in kommunikativer Weise vor einer Gaststätte aufhalten, eine Überschreitung des in Dorf-, Misch- und Kerngebieten während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) nach sich zieht. In gesteigertem Maß besteht eine dahingehende Gefahr dann, wenn sich - wie in der G.-straße der Fall - die maßgeblichen Immissionsorte (vgl. dazu die Nummer 2.3 in Verbindung mit der Nummer A.1.3 TA Lärm) in großer Nähe zu Gaststätten befinden und die Bebauungsstruktur (sie ist in der vergleichsweise schmalen G.-straße durch auf beiden Straßenseiten geschlossene Bauweise gekennzeichnet) z. B. wegen der durch sie bewirkten Reflexionen eine schallverstärkende Funktion entfaltet. Hinzu kommt, dass es auf die Gesamtgeräuschbelastung ankommt und insofern in der G.-straße auch gaststättenunabhängige Geräuschquellen in Betracht kommen.

Die sich aus diesem Befund ergebende Folge, dass Gaststätten (ausgenommen ggf. nur solche Lokale, die ihrem Betriebszuschnitt nach ausschließlich auf die Einnahme von Speisen und Getränken mit hochpreisigem Niveau ausgelegt sind) wegen der Problematik des Raucherlärms in Dorf-, Misch- und sogar Kerngebieten weithin generell (und nicht nur - wie in § 15 Abs. 1 BauNVO vorausgesetzt - im „Einzelfall“) zur Nachtzeit als gebietsunverträglich angesehen werden müssten, stünde ersichtlich in Widerspruch zu der Entscheidung des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, dass Schank- und Speisewirtschaften in diesen Gebieten - vorbehaltlich gegenteiliger Regelungen in einem Bebauungsplan (vgl. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO) - allgemein zulässig sein sollen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Da es sich beim Phänomen des „Raucherlärms“ um eine Erscheinung handelt, die in der nunmehr zu verzeichnenden Massivität erst in jüngerer Zeit - nämlich im Gefolge des ausnahmslos geltenden Rauchverbots in den Innenräumen von Gaststätten gemäß Art. 2 Nr. 8, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 Satz 2 des Gesundheitsschutzgesetzes in der am 1. August 2010 in Kraft getretenen, gegenüber den vorangegangenen Fassungen verschärften Gestalt des Gesetzes vom 23. Juli 2010 (GVBl S. 314, BayRS 2126UG) - vor allem in Bayern aufgetreten ist, konnte die TA Lärm diese Problemstellung noch nicht berücksichtigen.

Der Konflikt, der zwischen den in § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO enthaltenen Vorgaben des Bundesrechts und dem im Gesundheitsschutzgesetz in der nunmehr geltenden Fassung zum Ausdruck gebrachten Willen des Volksgesetzgebers auf Landesebene besteht, kann zwar nicht in der Weise gelöst werden, dass der Raucherlärm als „sozialadäquat“ eingestuft und hieraus eine unbegrenzte Duldungspflicht der im akustischen Einwirkungsbereich von Gaststätten wohnenden Menschen hergeleitet wird; auch die Beklagte ist auf diese Auffassung in den letzten von ihr während des Berufungsverfahrens eingereichten Schriftsätzen zu Recht nicht mehr zurückgekommen. Gründe für eine solche Privilegierung können zum Einen in Traditionen, zum Andern in rechtlichen Sonderstellungen oder in allgemeinen Wertungen begründet sein, die in rechtserheblichen Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben (BVerwG, U. v. 7.10.1983 - 7 C 44.81 - NJW 1984, 989/990; BVerwG, B. v. 2.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Davon kann hier nicht die Rede sein.

Die Konkordanz zwischen den Vorgaben des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, denen zufolge Schank- und Speisewirtschaften in Dorf-, Misch- und Kerngebieten, sofern durch Bebauungsplan nichts Gegenteiliges bestimmt wird, allgemein zulässig sind, und der Tatsache, dass der Raucherlärm dazu führen kann, dass die in solchen Gebieten liegenden Gaststätten die dort geltenden Immissionsrichtwerte (namentlich zur Nachtzeit) u. U. fortlaufend nicht einzuhalten vermögen, ist vielmehr in der Weise herzustellen, dass die zuständigen Behörden als befugt anzusehen sind, in Wahrnehmung des durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffneten Ermessensspielraums - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - in (faktischen oder bauplanungsrechtlich festgesetzten) Dorf-, Misch- und Kerngebieten von einem Einschreiten gegen den Gastwirt abzusehen, soweit es zu Überschreitungen des einzuhaltenden Beurteilungspegels aufgrund des Raucherlärms kommt. Ob dies auch bei in allgemeinen Wohngebieten liegenden Gaststätten angesichts des dort geltenden Vorrangs der Wohnnutzung (vgl. § 4 Abs. 1 BauNVO) und der Tatsache gilt, dass in solchen Gebieten nur der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaften bauplanungsrechtlich zulässig sind, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.

Der erforderliche praktische Ausgleich des auf diese Weise gewahrten Grundsatzes, demzufolge die Auswirkungen einer landesrechtlichen Regelung nicht dazu führen dürfen, dass die bundesrechtliche Grundsatzentscheidung für die generelle Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften in den der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm unterfallenden Gebietsarten unterlaufen wird, mit dem Anliegen des Nachbarschutzes ist in diesen Fällen entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG durch ein - strikt zu handhabendes - Gebot der Minimierung des Raucherlärms herzustellen. Die Heranziehung des der letztgenannten Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedankens erscheint deshalb sachgerecht, weil für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, dass Gastwirten und Behörden Mittel zur Verfügung stehen, um den Raucherlärm stets auf ein Maß abzusenken, bei dem insbesondere der in Dorf-, Misch- und Kerngebieten geltende Nachtrichtwert von 45 dB(A) eingehalten wird; unter der Geltung des Gesundheitsschutzgesetzes ist er deshalb in gewissem Umfang als „unvermeidbar“ im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG anzusehen. Zum anderen stellen die bestehenden Möglichkeiten zur Lärmminderung nach der im achten Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 TA Lärm zum Ausdruck kommenden Wertung des Vorschriftengebers einen Gesichtspunkt dar, dem bei der Ermessensausübung Gewicht zukommt: Je mehr die zur Verfügung stehenden Instrumente ausgeschöpft sind und sich die verbleibende Geräuschbelastung als unabwendbar darstellt, desto eher ist es ermessensgerecht, hinsichtlich des verbleibenden Restbestands an Immissionen - auch soweit sie die in § 3 Abs. 1 BImSchG umschriebene Erheblichkeitsgrenze überschreiten - von Eingriffsmaßnahmen abzusehen.

Die Beklagte hat diesem Minimierungsgebot in nicht unbedeutendem Umfang bereits dadurch Geltung verschafft, dass sie gegenüber allen Beigeladenen auf § 5 Abs. 1 GastG gestützte Bescheide erlassen hat, die dazu dienen sollen, die nachteiligen Auswirkungen des Raucherlärms auf die Wohnbevölkerung in der G.-straße einzuschränken. Sie hat in diesen Bescheiden verfügt, dass Raucher, die den Innenraum der jeweiligen Gaststätte verlassen, keine Getränke mit nach außen nehmen dürfen, und dass ihre Bewirtung auf den vor den Lokalen befindlichen Freischankflächen sowohl innerhalb als auch außerhalb der für diese Betriebsteile geltenden Sperrzeit unstatthaft ist. Der Verwaltungsgerichtshof versteht den Satz 3 der Nummer 3 des Tenors dieser Bescheide ferner so, dass die Verbote der Abgabe von Speisen und Getränken an Gäste, die ein Lokal zum Zwecke des Rauchens verlassen, und der Mitnahme von Getränken durch die Gäste auch dann gelten, wenn diese sich vor der Gaststätte aufhalten, ohne sich auf einer dort vorhandenen Freischankfläche niederzulassen. Unter der Voraussetzung, dass diese Auflagen von den betroffenen Gastwirten beachtet sowie Verstöße hiergegen durch die Beklagte konsequent und in empfindlicher Weise geahndet werden, sind damit wesentliche Anreize dafür entfallen, dass sich Gaststättenbesucher länger oder häufiger vor Lokalen aufhalten, als dies für eine „Raucherpause“ notwendig ist.

Im Licht des Grundrechts des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 GG (ebenso wie des durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich verbürgten Anspruchs von Anwohnern der G.-straße auf Schutz ihrer Gesundheit) können derartige Regelungen indes noch nicht als abschließende Konkretisierung des aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG resultierenden Minimierungsgebots angesehen werden. Um einen wirksamen Schutz der vorgenannten Grundrechte zu gewährleisten, erscheint es vielmehr geboten, dass die Beklagte die Gastwirte in der G.-straße zusätzlich verpflichtet, entweder in eigener Person oder durch verantwortliche Beauftragte dann auf vor dem Lokal verweilende Gäste mündlich mit dem Ziel der Lärmminderung einzuwirken, wenn diese - sei es wegen der Länge ihres Aufenthalts dort, sei es wegen der Art oder der Lautstärke des hierbei praktizierten Verhaltens - die gebotene Rücksichtnahme auf die Wohnbevölkerung in der Nachbarschaft vermissen lassen, sie insbesondere den Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 117 Abs. 1 OWiG verwirklichen, und ihnen im Nichtbeachtungsfall Lokalverbot zu erteilen. Eine Pflicht, auf ihre Gäste mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsverletzungen, anderer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie erheblicher Belästigungen von Anwohnern einzuwirken, obliegt Wirten zwar unmittelbar von Rechts wegen (vgl. zu dieser Pflicht und dem daraus resultierenden Gebot, Gästen erforderlichenfalls Lokalverbot zu erteilen, ferner zur Erstreckung dieser Pflicht auch auf Gäste, die sich in unmittelbarer Nähe des Lokals aufhalten, z. B. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 4 Rn. 24 m. w. N.). Nur die bescheidsmäßige Konkretisierung dieser Pflicht verschafft der Beklagten jedoch die Möglichkeit, Missachtungen des Gebots der Lärmminimierung gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 2 GastG im Bußgeldwege zu ahnden oder gegebenenfalls Zwangsgeldandrohungen als Beugemittel einzusetzen. Die in der Lebenswirklichkeit des Öfteren anzutreffenden Hinweisschilder, durch die Gäste im Interesse der Nachbarschaft zu ruhigem Verhalten ermahnt werden, vermögen ein persönliches Einwirken schon deshalb nicht zu ersetzen, weil ihnen nicht die gleiche Nachdrücklichkeit wie einer dahingehenden, im Nichtbeachtungsfall mit der Sanktion eines Lokalverbots einhergehenden persönlichen Ansprache durch den Gastwirt oder einen von ihm Beauftragten zukommt.

Die Notwendigkeit, die Erfordernisse des bundesrechtlichen Bauplanungsrechts einer- und diejenigen des Lärmschutzes andererseits einem Ausgleich mit dem Ziel praktischer Konkordanz zuzuführen, entfällt im gegebenen Fall nicht deshalb, weil der Bebauungsplan Nr. 001 unter Modifizierung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO die Errichtung neuer Schank- und Speisewirtschaften für unzulässig erklärt. Denn das im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte Begehren des Klägers schließt auch die unter die Bestandsschutzklausel dieses Bebauungsplans fallenden Gaststätten in der G.-straße ein. Wie die Beklagte im Abschnitt II.3.a ihres Schreibens an den Verwaltungsgerichtshof vom 11. Juni 2015 sowie in den Anlagen 4 und 5 hierzu aufgezeigt hat, fällt ein erheblicher Anteil der in dieser Straße vorhandenen Gaststätten dem Grunde nach - wenn auch nicht notwendig (selbst unter Berücksichtigung der einer jeden Nutzungsart innewohnenden Bandbreite möglicher Ausgestaltungen) hinsichtlich des räumlichen Umfangs und des konkreten Betriebszuschnitts - unter die Bestandsschutzklausel. Soweit der Raucherlärm von Lokalen ausgeht, die nicht nur dergestalt Bestandsschutz genießen, dass im jeweiligen Anwesen der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft bauplanungsrechtlich überhaupt zulässig ist, sondern die auch hinsichtlich ihrer aktuellen Größe und ihrer sonstigen Erscheinungsform nach dieser Klausel unterfallen, greifen die vorstehend erwähnten Gesichtspunkte, die zu einem ermessensfehlerfreien Absehen von einem Einschreiten gegen solche Immissionen ermächtigen, die sich als Manifestationen nicht mehr reduzierbaren Raucherlärms darstellen, ebenfalls Platz.

Nicht ermessensfehlerfrei verweisen darf die Beklagte den Kläger auf die erfolgte Ausschöpfung lediglich aller in Betracht kommenden Maßnahmen zur Minimierung des Raucherlärms demgegenüber dann, soweit an seinen Anwesen die Beurteilungspegel von 60 dB(A) während der Tageszeit und von 45 dB(A) in der lautesten Nachtstunde durch den Raucherlärm solcher Gaststätten überschritten werden, die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 in der G.-straße entweder überhaupt nicht oder nicht in dem vorhandenen Umfang bzw. nicht in ihrer konkreten Ausgestaltung betrieben werden dürfen, sofern diese Nutzung nicht durch eine hierfür erteilte Baugenehmigung legalisiert wurde. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 sind - wie dargestellt - dazu bestimmt, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen zu schützen (zu denen auch solche gehören, die erst nach dem Inkrafttreten dieses Bebauungsplans aufgenommen wurden). Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, dem Kläger diesen Schutz dann ermessensgerecht zu verweigern, wenn schädliche Umwelteinwirkungen (z. B. in Gestalt von Raucherlärm) durch eine bauplanungsrechtlich unzulässige und deshalb ihrerseits nicht schutzwürdige Nutzung hervorgerufen werden.

Ebenfalls nicht ermessensfehlerfrei verwiesen werden darf ein Immissionsbetroffener auf das Minimierungsgebot selbst für den Fall einer tatsächlichen vollständigen Erfüllung dieses Postulats ferner dann, wenn die am maßgeblichen Immissionsort zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung ein Ausmaß übersteigt, bei dem mit dem Entstehen von Gesundheitsschäden zu rechnen ist. Dies gilt auch, soweit dieser Zustand durch von bauplanungsrechtlich zulässigen Gaststätten ausgehenden Schall unabhängig davon hervorgerufen wird, ob es zur Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte aufgrund von Raucherlärm oder wegen anderer Geräuscharten kommt. Denn von der Wahrnehmung ihrer Verpflichtung, sich schützend vor die Grundrechte zu stellen (vgl. z. B. BVerfG, U. v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/78 m. w. N.), kann die öffentliche Gewalt dann nicht mehr in ermessensfehlerfreier Weise absehen.

Notwendiges Korrelat des Umstandes, dass die Anwohner von Gaststätten es unter den vorbezeichneten Voraussetzungen und mit den dargestellten Einschränkungen hinnehmen müssen, wenn die zuständige Behörde von Maßnahmen zur Reduzierung des Raucherlärms auch dann absieht, wenn es hierdurch zu einer Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte kommt, ist allerdings, dass das durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffnete Ermessen - sowohl was das „Ob“ eines Einschreitens als auch was die Effektivität der angewendeten Instrumentarien anbetrifft - dann, wenn gaststättenbedingte Geräusche die sich aus § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit den einschlägigen Regelwerken ergebende Erheblichkeitsgrenze aus anderen Gründen als wegen des Raucherlärms übersteigen, - abgesehen von ersichtlichen Bagatellfällen - tendenziell zugunsten Lärmbetroffener ausgeübt wird. Denn das Rücksichtnahmegebot, dem nach dem fünften Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 in Verbindung mit der Nummer 5.2 Abs. 1 TA Lärm eine das Ermessen der Vollzugsbehörden steuernde Funktion zukommt (vgl. dazu Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, TA Lärm Nr. 5 Rn. 1; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 5 Rn. 8), würde einseitig zulasten der Anwohner von Gaststätten gehandhabt, würde die öffentliche Gewalt als befugt angesehen, die Belange dieses Personenkreises, was den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt gaststättenbedingten Lärms anbetrifft, in stärkerem Umfang hintanzusetzen, als das angesichts der faktischen Auswirkungen des Gesundheitsschutzgesetzes unabweisbar ist.

4. Einschreiten gegen der Außengastronomie zuzurechnenden Lärm nach 22.00 Uhr.

Einer teilweisen Korrektur bedarf die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung, soweit der Beginn der Nachtzeit in Frage steht. Das Verwaltungsgericht ging zwar zutreffend davon aus, dass der von der Beklagten vertretene Standpunkt, in ihrem Gebiet (oder in - nie näher bezeichneten - Teilen hiervon) beginne die Nachtzeit bereits gegenwärtig um 23.00 Uhr, unzutreffend ist. Da beide Klageanträge indes auf die Verpflichtung der Beklagten zu einem künftigen Handeln gerichtet sind, darf bei der gerichtlichen Bestimmung der rechtlichen und der Ermessenserwägungen, von denen sich die Beklagte bei der geschuldeten Neuverbescheidung sowohl des umfassenderen Begehrens, das dem Antrag 1 zugrunde liegt, als auch des Verlangens, erneut über eine Vorverlegung des Sperrzeitbeginns für die Freischankflächen im Bereich der G.-straße auf einen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt zu befinden, nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagte tatsächlich und rechtlich in der Lage sein könnte, hinsichtlich der Abende, die einem Samstag oder einem Sonntag oder Feiertag vorausgehen, in der G.-straße die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Nachtzeit als 22.00 Uhr zu schaffen.

Die Beklagte hat das mit Schreiben vom 10. Mai 2012 an sie herangetragene Verlangen des Klägers, die Sperrzeit von Freischankflächen der u. a. in der G.-straße betriebenen Gaststätten um 22.00 Uhr (hilfsweise zu einem anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen zu lassen, am 31. Mai 2012 mit der Begründung abgelehnt, sie habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anfangszeitpunkt der Nachtzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben. Der Frage, wann im Umfeld der Anwesen des Klägers die Nachtzeit beginnt, kommt jedoch Bedeutung auch dafür zu, ob die Beklagte hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr Maßnahmen im Sinn des Klageantrags 1 ergreifen muss, da - abhängig von ihrer Beantwortung -während dieser Zeitspanne unterschiedlich hohe Beurteilungspegel einzuhalten sind.

Ausgangspunkt für die insofern gebotene tatrichterliche Würdigung der Umstände des Einzelfalls (s. oben 2.2) ist die Erkenntnis, dass nahezu alle gängigen Regelwerke zur Lärmbeurteilung die Nachtzeit im Regelfall um 22.00 Uhr beginnen lassen. Dass es Ausnahmen geben kann, zeigen § 2 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142) und Nr. 6.4 Abs. 2 der TA Lärm. Der Verwaltungsgerichtshof hält die in der zuletzt genannten Vorschrift aufgezählten Gesichtspunkte auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der TA Lärm für grundsätzlich sachgerechte Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit bis 23.00 Uhr. Eine solche Entscheidung bei einem tiefgreifenden Interessenkonflikt für das ganze oder für einen größeren Teil des Stadtgebiets der Beklagten zu treffen, obliegt jedoch dem Stadtrat der Beklagten, der darüber noch nicht entschieden hat (4.1). Außerdem lagen auch die sachlichen Voraussetzungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug (noch) nicht vor (4.2).

4.1 Will eine Kommune von der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option für das ganze oder für einen größeren Teil des Gemeindegebiets Gebrauch machen, so handelt es sich bei einer solchen Entscheidung jedenfalls dann, wenn sie - wie vorliegend der Fall - vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Konflikts getroffen werden muss, der in dieser Gemeinde zwischen dem Ruhebedürfnis der betroffenen Wohnbevölkerung einerseits und dem Wunsch nach möglichst unbegrenzter Nutzung von Gaststätten in der „Kneipenmeile“ andererseits zutage getreten ist, auch in einer Stadt von der Größe der Beklagten nicht um ein laufendes Geschäft der Verwaltung im Sinn von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO; vielmehr liegt die Entscheidungszuständigkeit hierüber gemäß Art. 29 GO beim Gemeinderat.

Eine Beschlussfassung des Stadtrats der Beklagten, in deren Vorfeld er sich zunächst Gewissheit über das Vorliegen der - hier entsprechend anwendbaren - Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm verschafft hat und in deren Rahmen, nachdem diese Prüfung zu einem bejahenden Ergebnis geführt hat, eine diesbezügliche Ermessensentscheidung in Abwägung der widerstreitenden Interessen getroffen wurde, lässt sich nicht feststellen. Sie kann insbesondere nicht in der Sitzung dieses Gremiums am 23. Mai 2012 gefallen sein. Denn die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 31. Mai 2012 ausgeführt, sie habe an jenem Tag die Zuschrift der damaligen Bevollmächtigten des Klägers vom 10. Mai 2012 dem Stadtrat lediglich zur Kenntnis gebracht, wobei sich ein eindeutiges Meinungsbild dahingehend ergeben habe, dass man am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festhalten wolle. Die Beklagte trägt damit selbst nicht vor, dass sie dem Stadtrat für die Sitzung am 23. Mai 2012 eine Beschlussvorlage unterbreitet hat, in der die Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm dargelegt, ihre Erfüllung nachgewiesen und die anzustellenden Ermessenserwägungen aufgezeigt wurden. Eine derartige Aufbereitung der Entscheidung erübrigte sich schon deshalb nicht, weil die Zuschrift vom 10. Mai 2012 die letztgenannte Regelung weder erwähnt noch sie die Kriterien anspricht, von denen ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit abhängt.

Aber auch am 21. Dezember 2011 hat der Stadtrat der Beklagten keine Entscheidung getroffen, die als Ausübung der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option angesehen werden könnte. Weder der an jenem Tag gefasste Beschluss selbst (er hatte noch nicht die Änderung der Sperrzeitverordnung als solcher zum Gegenstand, sondern traf nur eine dahingehende - gleichsam „politische“ -Festlegung) noch die der Vorbereitung jener Sitzung dienende Vorlage der Verwaltung der Beklagten erwähnen diese Vorschrift überhaupt; desgleichen fehlt in diesen Unterlagen jedwede Auseinandersetzung mit den Tatbestandsmerkmalen der genannten Vorschrift. Gleiches gilt für die Stadtratssitzung am 25. Januar 2012, in der die am 16. Februar 2012 in Kraft getretene Änderung der Sperrzeitverordnung rechtsförmlich verabschiedet wurde. Vielmehr haben im Zusammenhang mit diesen Sitzungen weder der Stadtrat selbst noch die Verwaltung der Beklagten die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm ausdrücklich oder der Sache nach überhaupt „in den Blick genommen“. Die seinerzeit getroffenen Entscheidungen beschränkten sich vielmehr darauf, die Sperrzeit für Freischankflächen, die sich bereits zuvor mit der Maßgabe grundsätzlich auf die Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr erstreckte, dass sie vom 15. Juni bis zum 15. August freitags und samstags sowie unter gewissen Voraussetzungen an den Tagen vor Christi Himmelfahrt und vor Fronleichnam erst um 24.00 Uhr begann (vgl. die Sperrzeitverordnung der Beklagten vom 17.6.1996 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 31.5.2011, Amtsblatt der Beklagten vom 8.6.2011, S. 18), ausnahmslos um 23.00 Uhr beginnen zu lassen.

Die Annahme, der Stadtrat der Beklagten habe damit zugleich eine Entscheidung im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm getroffen, verbietet sich auch deshalb, weil die Sperrzeitverordnung der Beklagten einheitlich für ihr gesamtes Stadtgebiet gilt; läge in den auf ihre künftige erneute Änderung abzielenden Beschlüssen vom 21. Dezember 2011 und vom 25. Januar 2012 die Festsetzung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr, käme einer solchen Festlegung damit ebenfalls für das gesamte Stadtgebiet Bedeutung zu. Es kann jedoch nicht angenommen werden, der Stadtrat der Beklagten habe eine Regelung dahingehend treffen wollen, der zufolge auch die in reinen Wohngebieten sowie in Krankenhäusern und Pflegeanstalten (vgl. zur besonderen Schutzbedürftigkeit dieser Gebiete bzw. Einrichtungen Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. e und f TA Lärm) lebenden Menschen verpflichtet sein sollten, bis 23.00 Uhr die für die Tageszeit geltenden, deutlich höheren Lärmrichtwerte hinzunehmen. Eine hinreichend bestimmte Beschränkung auf Teile des Stadtgebiets, z. B. eine mehr oder weniger große „Kneipenmeile“, liegt nicht vor.

Einer Interpretation der beiden vorgenannten Stadtratsbeschlüsse als stillschweigende Zurückverlegung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr steht zudem entgegen, dass die einheitliche Festsetzung des Sperrzeitbeginns für Freischankflächen auf diesen Zeitpunkt mit der Aufhebung einer zugunsten der Gastwirte und Gaststättenbesucher zuvor partiell großzügiger ausgestalteten Regelung einherging; diese Maßnahme stellte sich daher als ein Entgegenkommen gegenüber den Anwohnern solcher Einrichtungen unter Bestätigung des Status quo im Übrigen dar. Eine Vergewisserung darüber, dass - wie die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm das fordert - „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen, die einen späteren Beginn der Nachtzeit rechtfertigen, vor allem aber darüber, dass trotz einer nur sieben Stunden dauernden Sperrzeit für die Freischankflächen eine achtstündige Nachtruhe der Anwohner gewährleistet ist (vgl. Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm), lassen diese Erwägungen nicht einmal im Ansatz erkennen.

4.2 Unabhängig hiervon waren die Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit in entsprechender Anwendung der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm weder zur Zeit der vorerwähnten Beschlussfassungen erfüllt, noch ist das gegenwärtig der Fall. Es ist allerdings denkbar, dass solche Voraussetzungen wenigstens teilweise geschaffen werden können.

Die sachlichen Voraussetzungen bestehen darin, dass in Abweichung vom Regelfall besondere örtliche Verhältnisse bejaht werden können (4.2.2) und dass in der Regel eine achtstündige Nachtruhe der Nachbarschaft sichergestellt ist (4.2.1). Beides kann hier (noch) nicht bejaht werden.

4.2.1 Die TA Lärm selbst legt nicht näher fest, unter welchen Voraussetzungen „Nachtruhe“ im Sinn ihrer Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 sichergestellt ist. Die Bedeutung erschließt sich, wenn man vom Zweck des Kriteriums, dem Gesundheitsschutz, ausgeht. Eine gewisse Parallele, wenn auch nur bezogen auf die Einzelanlage, enthält § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142).

Keinesfalls mehr gewahrt ist eine ausreichende Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm dann, wenn die Möglichkeit ungestörten Schlafens während einer zusammenhängenden Zeitspanne von acht Stunden in einem Ausmaß beeinträchtigt ist, die bei den Betroffenen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Denn das aus dem Grundrecht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG herrührende Abwehrrecht verwehrt es der öffentlichen Gewalt, ohne rechtfertigenden Grund durch aktives Tun mittels einer Entscheidung entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm am Entstehen von Gesundheitsschäden mitzuwirken. Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung ist nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 - juris Rn. 44; U. v. 23.2.2005 - 4 A 4.04 - BVerwGE 123, 37/46; U. v. 13.5.2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69) erreicht, wenn ein aus allen Geräuschen, die auf einen zum Schlafen bestimmten Raum einwirken, zu bildender Summenpegel über eine ins Gewicht fallende Zeitspanne hinweg 60 dB(A) überschreitet.

Zur Wahrung dieses „absoluten“ Erfordernisses muss hinzutreten, dass die Bewohner des betroffenen Gebiets zwischen 23.00 Uhr und 7.00 Uhr jenes Maß an Ruhe finden, das sie entweder nach den einschlägigen bauplanungsrechtlichen Vorgaben oder aber nach der Eigenart der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) schutzwürdig erwarten dürfen. Da die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm die Zulässigkeit eines Hinausschiebens des Beginns der Nachtzeit davon abhängig macht, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen berücksichtigt wird, darf die für das jeweilige Gebiet maßgebliche „Schädlichkeitsgrenze“ nicht überschritten werden. Was die Gesamtheit der von der TA Lärm erfassten Geräusche anbetrifft, ist eine Orientierung an den in der Nummer 6.1 TA Lärm normierten Immissionsrichtwerten möglich; für ihre Einhaltung kommt es entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm auf die Gegebenheiten in der lautesten Nachtstunde an.

Die Möglichkeit eines ungestörten, zusammenhängenden Schlafens über acht Stunden hinweg setzt zusätzlich allerdings voraus, dass auch die von der TA Lärm nicht erfassten Geräusche keine Intensität aufweisen, die der Bejahung von „Nachtruhe“ und der Erfüllung des vom Vorschriftengeber damit beabsichtigten Schutzzwecks entgegenstehen. Denn es entspräche nicht der u. a. in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sowie in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gebrachten Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, die Nachtruhe von Personen, die sich bereits einer hohen Belastung durch nicht der TA Lärm unterfallende Geräusche ausgesetzt sehen, durch ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit weiter einzuschränken. Da die für diese Art von Schall geschaffenen Regelwerke - soweit vorhanden - ebenfalls von einem „relativen“ (gebiets- bzw. einrichtungsbezogenen) Maßstab ausgehen (vgl. z. B. § 2 der Verkehrslärmschutzverordnung, § 2 der Sportanlagenlärmschutzverordnung, Nummer 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.8.1970, Beil. zum BAnz. Nr. 160), erscheint es sachgerecht, diesen differenzierenden Ansatz auch der Beantwortung der Frage zugrunde zu legen, welche Lautstärke diese Geräusche erreichen dürfen, damit mit Blickrichtung auf sie Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm bejaht werden kann. Soweit Schall inmitten steht, der von keinem der vorgenannten Regelwerke erfasst wird, ist er in entsprechender Anwendung derjenigen Normen zu ermitteln und zu bewerten, die unter Berücksichtigung der physikalischen Charakteristik der jeweiligen Geräusche, ihrer typischerweise empfundenen Lästigkeit und der sozialen Wertigkeit der Verhaltensweisen, auf die sie zurückzuführen sind, hierfür am besten geeignet sind.

Da es an Vorgaben dafür fehlt, wie die Gesamtbelastung messtechnisch oder prognostisch zu ermitteln ist, die sich auf der Grundlage einer summativen Berücksichtigung der von der TA Lärm einer- und für bestimmte sonstige Geräuscharten andererseits geltenden Regelungen ergibt, erachtet der Verwaltungsgerichtshof eine getrennte Betrachtung beider Kategorien so lange für ausreichend, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bildung eines Summenpegels der verschiedenen Geräuscharten dazu führt, dass die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschritten wird.

„Nachtruhe“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm ist deshalb - vorbehaltlich der Einhaltung der vorbezeichneten absoluten Grenze - dann zu bejahen, wenn an allen maßgeblichen Immissionsorten in dem Gebiet, für das ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit angeordnet wurde oder verfügt werden soll, sowohl die für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm als auch diejenigen der jeweils einschlägigen Sonderregelwerke gewahrt sind.

4.2.2 Die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe alleine reicht jedoch nicht aus, um den Beginn der Nachtzeit in rechtmäßiger Weise auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt verlegen zu können. Dies zeigt das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm enthaltene Tatbestandsmerkmal, demzufolge „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen müssen, um eine solche Maßnahme zu rechtfertigen.

Dieses Kriterium spielt auf die Üblichkeit bestimmter Schlafzeiten an. Die Bejahung „besonderer örtlicher Verhältnisse“ scheidet stets aus, wenn die im betroffenen Gebiet wohnende Bevölkerung nach den Wertungen der Rechtsordnung schutzwürdig erwarten darf, bereits ab 22.00 Uhr ungestörten Schlaf zu finden. Eine dahingehende praktische Notwendigkeit besteht vor allem für Erwerbstätige, Schüler und sonstige Auszubildende, die, um ihren Arbeitsplatz oder ihre Ausbildungsstelle rechtzeitig zu erreichen, bereits um (ggf. sogar deutlich vor) 6.00 Uhr aufstehen müssen und die deshalb allenfalls dann eine achtstündige Nachtruhe finden, wenn ab 22.00 Uhr die Möglichkeit ungestörten Schlafs besteht.

Eine dahingehende, rechtlich geschützte Erwartung ist in jedem Gebiet zu bejahen, das entweder aufgrund der hierfür geltenden bauplanungsrechtlichen Regelungen (d. h. nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans in Verbindung mit den Aussagen der Baunutzungsverordnung) oder aber wegen der „Eigenart der näheren Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB so beschaffen ist, dass dort Personen, die aus rechtlich anerkennenswerten Gründen auf eine ungestörte Nachtruhe bereits ab 22.00 Uhr angewiesen sind, Wohnung nehmen können, ohne sich dem Vorwurf der offensichtlichen Missachtung eigener Interessen auszusetzen. Dies wird stets in reinen und in aller Regel auch in allgemeinen Wohngebieten der Fall sein, während eine Person, die die in einem Kerngebiet ggf. zugelassene Wohnnutzung (vgl. § 7 Abs. 2 Nrn. 6 und 7 BauNVO) aufnimmt, angesichts der Zweckbestimmung solcher Gebiete, außer Schank- und Speisewirtschaften u. a. auch Vergnügungsstätten aufzunehmen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), hiervon vielfach nicht wird ausgehen dürfen. Wie die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Bewohner von Misch- und besonderen Wohngebieten (§ 6 bzw. § 4a BauNVO) zu bewerten ist, die Nachtruhe beginne stets um 22.00 Uhr, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der Aussagen des jeweils einschlägigen Bebauungsplans oder - sofern ein solcher fehlt - nach Maßgabe des konkreten Zuschnitts eines derartigen Gebiets bestimmen. Insbesondere eine Person, die in einem faktischen Mischgebiet eine Wohnnutzung aufnimmt, das entweder seit langem durch einen hohen Anteil an solchen Gaststätten gekennzeichnet ist, die nicht der Einnahme von Speisen in gehobenem Ambiente dienen, sondern die während einer das Entstehen eines gegenläufigen Vertrauens hindernden Zeitspanne in „kneipenähnlicher“ Weise betrieben wurden, kann nicht schutzwürdig erwarten, der zuständige Träger öffentlicher Gewalt werde dem gewandelten Ausgehverhalten wesentlicher Teile der Bevölkerung nicht dadurch Rechnung tragen, dass er die Nachtzeit erst um 23.00 Uhr (oder zu einem zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen lässt. Gleiches gilt für Gebiete, die ebenfalls in einem Umfang, der in quantitativer und zeitlicher Hinsicht traditionsbegründend wirkt, als Wohnquartier für Bevölkerungsteile dienen, deren Lebensbedingungen nicht durch einen frühen Arbeitsbeginn gekennzeichnet oder für die geräuschintensive Verhaltensweisen auch nach 22.00 Uhr typisch sind.

Um festzustellen, ob unter Beachtung dieser Grundsätze „besondere örtliche Verhältnisse“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm vorliegen, bedarf es - zumindest in aller Regel - keiner empirischen Erhebungen über die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im fraglichen Gebiet. Ausschlaggebend kommt es vielmehr auf die zutreffende Erfassung des diesbezüglichen Aussagegehalts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen Normen und Festsetzungen bzw. der prägenden Wirkungen der tatsächlichen Gegebenheiten im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB an. Denn die planungsrechtlichen Aussagen über die (Un-)Zulässigkeit baurechtlich relevanter Nutzungen bzw. die gemäß § 34 BauGB an ihre Stelle tretenden tatsächlichen Gegebenheiten sind es, die im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des in diesem Gebiet vorhandenen Immobiliareigentums bestimmen. Sind diese Faktoren so beschaffen, dass Immobilienerwerber oder Mietinteressenten nach dem Vorgesagten angesichts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, dass sie bei einer Ansiedlung dort ab 22.00 Uhr Nachtruhe finden werden, so kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Eigentümer (für den Fall der Eigennutzung) selbst zu dem Personenkreis gehört, der auf ein ungestörtes Schlafen ab diesem Zeitpunkt angewiesen ist, oder er ihm gehörenden Wohnraum bereits bisher solchen Personen überlassen hat; von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützt wird bereits der Lagevorteil, der aus der bauplanungsrechtlich (unter Einschluss der Planersatzfunktion des § 34 Abs. 1 BauGB) eröffneten Möglichkeit einer künftigen derartigen Eigen- oder Fremdnutzung folgt.

Auch in Fällen, in denen danach eine Verlegung des Beginns der Nachtzeit auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz einer im betroffenen Gebiet zulässigen Wohnnutzung grundsätzlich ausscheidet, kann es jedoch rechtens sein, hinsichtlich bestimmter Wochentage dann eine auf die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung gestützte Entscheidung zu treffen, wenn dem insoweit keine schutzwürdigen Belange der im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen wohnenden Bevölkerung entgegenstehen. Dies kommt insbesondere in Ansehung der Nächte in Betracht, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorangehen. Sonn- und Feiertage sind von Rechts wegen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11.8.1919; § 9 Abs. 1 ArbZG) grundsätzlich arbeitsfrei. Auch unter tatsächlichem Blickwinkel besteht an Sonn- und Feiertagen für den weitaus größten Teil der erwerbstätigen oder in Ausbildung stehenden Bevölkerung nicht die Notwendigkeit frühen Aufstehens. Ob dies auch für den Samstag gilt, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere davon ab, ob ein ggf. vorhandener Bebauungsplan das schutzwürdige Vertrauen begründet, dass in den Nächten von Freitag auf Samstag bereits ab 22.00 Uhr Nachtruhe herrscht. Der Bestand einer „Kneipenmeile“ mit regem Besuch gerade am Ende der Arbeitswoche darf dabei ebenfalls beachtet werden.

4.2.3 Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 001 hinsichtlich der Nächte von Sonntag auf Montag bis einschließlich Donnerstag auf Freitag bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil angesichts der Festsetzungen dieses Bebauungsplans auch Menschen, die wegen ihrer Berufs- oder Ausbildungssituation so früh aufstehen müssen, dass sie auf die Möglichkeit ungestörten Schlafs ab 22.00 Uhr angewiesen sind, schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass die öffentliche Gewalt - insbesondere aber die Stelle, die den diesen Schutz vermittelnden Bebauungsplan erlassen hat - keine Maßnahmen ergreifen wird, die diese berechtigte Erwartung unterlaufen.

Anders verhält es sich hinsichtlich der Nächte, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen. Nicht nur aus der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001, sondern auch aus weiteren von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (vor allem aus den Anlagen 4 und 5 zu ihrem Schriftsatz vom 11.6.2015) geht hervor, dass die G.-straße bereits vor dem 19. Februar 1988 durch eine außerordentlich hohe Dichte an Gaststätten gekennzeichnet war. Die gleichen Unterlagen verdeutlichen zudem, dass es sich bei diesen Betrieben zu einem wesentlichen Teil nicht um unter dem Blickwinkel des Lärmschutzes - insbesondere zur Nachtzeit - unproblematische Lokale handelte. Die Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 verwendet zum Zweck der Charakterisierung der vorhandenen Gaststätten an einer Vielzahl von Stellen vielmehr den Terminus „Kneipen“; bereits ein im August 1983 erstellter Entwurf dieses Bebauungsplans wurde von der Beklagten mit der Bezeichnung „Kneipenstoppplan“ versehen. Der Bebauungsplan selbst setzt sich zwar die Verhinderung der Ausweitung dieser Nutzungsart zum Ziel; an der Tatsache, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt), hat sich durch sein Inkrafttreten schon angesichts der in ihm enthaltenen Bestandsschutzklausel und nach dem Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind, indes nichts geändert. Vor diesem Hintergrund kann das Interesse von Personen, denen auch am Vorabend von Samstagen oder von Sonn- und Feiertagen an einen Beginn der Nachtruhe um 22.00 Uhr gelegen ist, bzw. von Inhabern von Immobiliareigentum in einem solchen Gebiet daran, dass diese Menschen nicht aus dem Kreis potenzieller Mietinteressenten ausscheiden, nicht als in einem Grad schutzwürdig anerkannt werden, dass ihm von Rechts wegen der Vorrang gegenüber dem Wunsch breiter Bevölkerungskreise zukommt, an solchen Abenden Gaststätten (einschließlich ihrer Freischankflächen) in größerem Umfang nutzen zu können, als das auf der Grundlage der für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte möglich ist.

Stünde demnach das Erfordernis der „besonderen örtlichen Verhältnisse“ einem Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf höchstens 23.00 Uhr an den Abenden, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen, als solches nicht entgegen, so könnte eine solche Entscheidung gegenwärtig gleichwohl deswegen nicht als rechtens angesehen werden, weil auch in diesen Nächten derzeit das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm genannte zusätzliche Kriterium (s. oben 4.2.1) nicht erfüllt ist. Denn nach den von der Beklagten zwischen dem April 2013 und dem September 2013 durchgeführten Messungen wird jedenfalls der nach der TA Lärm in einem Mischgebiet zur Nachtzeit geltende Beurteilungspegel von 45 dB(A) zum Teil erheblich und während mehrerer Stunden der Nacht überschritten (vgl. die Anlagen 6 bis 13 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013). Danach waren nicht nur in der Stunde zwischen 23.00 Uhr und 24.00 Uhr, sondern in der Mehrzahl der Monate sogar noch zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr Beurteilungspegel zu verzeichnen, die zwischen 50 und 55 dB(A) lagen. Nach der Aufschlüsselung, die in den Anlagen 8 bis 13 zu dieser schallmesstechnischen Betrachtung vorgenommen wurde, war das auch (und gerade) an Wochenenden - mithin auch in den Nächten Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag - der Fall. Es ist offenbar noch nicht hinreichend sichergestellt worden, dass die Freischankflächen die Nachtruhe ab 23.00 Uhr tatsächlich einhalten (vgl. zu diesem Erfordernis auch § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20.4.1999 GVBl S. 142). Ebenso kommt es darauf an, ob an Wochenenden nicht gaststättenbezogene Feierlichkeiten auf der G.-straße stattfinden, von denen bis nach Mitternacht erhebliche Lärmbelästigungen ausgehen. Auch ist von Bedeutung, ob es der Beklagten gelingt, den Raucherlärm auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat gezeigt, dass es der Beklagten möglich sein könnte, diese Voraussetzungen zu schaffen. Außer Betracht bleiben in diesem Zusammenhang diejenigen Veranstaltungen, die als seltene oder sehr seltene Ereignisse behandelt werden können, einschließlich der damit verbundenen Gestattungen nach § 12 GastG.

Da gegenwärtig nicht nur eine Entscheidung des zuständigen Beschlussorgans der Beklagten über ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr fehlt, sondern auch die materiellen Voraussetzungen einer solchen Maßnahme nicht vorliegen, behält es mit der durch das Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung sein Bewenden, sowohl erneut über eine Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit (Klageantrag 2) als auch über sonstige Maßnahmen zu befinden, die der Einhaltung des im Bereich der G.-straße ab 22.00 Uhr in Ansehung gaststättenbedingter Geräusche geltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) dienen (Klageantrag 1).

5. Einschreiten gegen Gaststättenlärm zur Tagzeit:

Die vom Verwaltungsgericht bejahte Verpflichtung der Beklagten, im Sinn des Klageantrags 1 erneut über Maßnahmen zu befinden, die auf eine Begrenzung der von Gaststätten in der G.-straße ausgehenden Geräusche auf den während der Tageszeit einzuhaltenden Beurteilungspegel von 60 dB(A) abzielen, besteht dann nicht mehr, sobald die Beklagte alle von Rechts wegen eröffneten Möglichkeiten ausgeschöpft hat, diejenigen gaststättenrechtlichen Nutzungen zu unterbinden, die sie in Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 zugelassen hat oder die unabhängig hiervon unter Missachtung der Vorgaben dieses Bebauungsplans ausgeübt werden und die sich auf die an den Anwesen des Klägers bestehende Immissionssituation nachteilig auswirken. Das folgt daraus, dass die Anwesen des Klägers schon bisher (d. h. vor der Durchführung der vorbezeichneten Maßnahmen) - sowohl was die Häufigkeit als auch was die Höhe von Überschreitungen des für die Tageszeit geltenden Beurteilungspegels von 60 dB(A) anbetrifft - nur in begrenztem Umfang schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt sind; auf die Frage, ob auch das sich aus der Nummer 6.1 Abs. 2 TA Lärm ergebende Spitzenpegelkriterium gewahrt ist, ist angesichts der Beschränkung des mit dem Klageantrag 1 verfolgten Begehrens auf die Einhaltung der maßgeblichen Beurteilungspegel nicht einzugehen.

Ausweislich der der schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 beigefügten Tabelle 1 kam es in den Monaten Mai und Juni 2013 an jeweils einem, im April an zwei, im August an drei und im Juli jenes Jahres an sechs Messtagen zu über 60 dB(A) liegenden Pegelwerten. An sieben dieser Tage wurde hierbei ein Beurteilungspegel von 61 dB(A), an drei weiteren ein solcher von 62 dB(A) ermittelt; an jeweils einem Tag lag dieser Wert bei 63, bei 64 bzw. bei 66 dB(A). Es steht außer Frage, dass nach Eliminierung der bauplanungsrechtlich unzulässigen gaststättenrechtlichen Geräuschquellen in dem rechtlich möglichen Umfang „gaststättenbedingte“ Richtwertüberschreitungen während der Tageszeit nur noch ein derart geringes Maß erreichen können, dass kein anerkennenswertes Interesse des Klägers an einem über die vorbezeichneten Schritte hinausgehenden diesbezüglichen Tätigwerden der Beklagten mehr bejaht werden kann. Diese Annahme ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil die in der Anlage 1 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 verzeichneten Pegelwerte nicht nur auf die Schallemissionen von Gaststätten zurückzuführen sind, sondern in sie auch andere Geräuschquellen (insbesondere der Verkehrs- und der im Zentrum einer Großstadt tagsüber sonst vorhandene Lärm) Eingang gefunden haben.

6. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Hauptbeteiligten des Rechtsstreits auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, hinsichtlich der im zweiten Rechtszug Beigeladenen auf § 154 Abs. 3 Halbs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Da keiner von ihnen einen Sachantrag gestellt hat, scheidet die Überbürdung von Kosten auf sie ebenso aus wie die Zuerkennung eines (anteiligen) Kostenerstattungsanspruchs zu ihren Gunsten. In erster Instanz haben nur die damaligen Beigeladenen zu 6) und 7) einen - auf Abweisung der Klage abzielenden - Antrag gestellt. Da er nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Gänze erfolglos geblieben ist, wurden sie im angefochtenen Urteil folgerichtig zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von je einem Viertel herangezogen. Da diese früheren Beigeladenen im Laufe des Berufungsverfahrens aus dem Rechtsstreit ausgeschieden sind, hält es der Verwaltungsgerichtshof für sachgerecht, den sie betreffenden Teil der erstinstanzlichen Kostenentscheidung unverändert bestehen zu lassen. Dies hat allerdings zur Folge, dass die im ersten Rechtszug angefallene Kostenmasse nur noch im Umfang von 50% zwischen den übrigen Kostenpflichtigen (d. h. den beiden Hauptbeteiligten des Verfahrens) zu verteilen ist; der Grundsatz der Kosteneinheit muss insoweit zwangsläufig eine Durchbrechung erfahren. Diese Verteilung hat der Verwaltungsgerichtshof unter Abänderung der Nummer 3 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils unter Zugrundelegung der gleichen Quote vorgenommen, wie er das nach dem Ausgang des Berufungsverfahrens ausweislich der Nummer IV des Tenors seines Urteils für angezeigt erachtet.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 BV 13.1686

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. November 2015

(VG Ansbach, Entscheidung vom 11. Juli 2013, Az.: AN 4 K 13.231 u. a.)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 423

Hauptpunkte:

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über ein behördliches Einschreiten gegen von Gaststätten ausgehende Geräuschimmissionen;

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über eine Vorverlegung des Beginns der für Freischankflächen geltenden Sperrzeit;

- Klagebefugnis und Aktivlegitimation des Anspruchstellers als Eigentümer nicht selbstgenutzten Wohnraums im Einwirkungsbereich der emittierenden Gaststätten;

- Lage des Immobiliareigentums des Anspruchstellers und der emittierenden Gaststätten in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet, in dem zum Schutz der Wohnbevölkerung die Errichtung neuer Gaststätten ausgeschlossen ist;

- keine unmittelbare Anwendbarkeit der TA Lärm auch auf solche Freischankflächen, die Annex einer im Übrigen in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte sind;

- Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte durch „Raucherlärm“;

- formelle und materielle Voraussetzungen für eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt ..., vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt,

Beklagte

beigeladen:

1. ...

2. ...

3.

4. ...

5. ...

6. ...

zu 3 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

zu 4 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen gaststättenrechtlicher Auflagen; Sperrzeitverlängerung;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ertl aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. November 2015 am 25. November 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 wird in Nrn. 2 und 3 abgeändert.

II.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erneut zu bescheiden.

III.

Die Nummer 3 des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 erhält folgende Fassung:

„Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug fallen dem Kläger zu zwei Zehnteln, der Beklagten zu drei Zehnteln sowie den im ersten Rechtszug Beigeladenen zu 6) und 7) zu je einem Viertel zur Last. Die im ersten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.“

IV.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu zwei Fünfteln, die Beklagte zu drei Fünfteln zu tragen. Die im zweiten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

V.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet das Begehren des Klägers, die beklagte kreisfreie Gemeinde zu verpflichten, jeweils unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zum einen über seinen Antrag neu zu entscheiden, gegen die Geräuschimmissionen einzuschreiten, denen seine Anwesen aufgrund der in der G.-straße befindlichen Gaststätten und ihrer Besucher ausgesetzt sind, soweit diese zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr außerhalb von Gebäuden einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) und während der übrigen Zeit einen Beurteilungspegel von 60 dB(A) überschreiten, und zum anderen erneut über sein Verlangen auf Festsetzung des Sperrzeitbeginns der Freischankflächen von in der G.-straße vorhandenen Gaststätten auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen nach 22.00 Uhr, aber vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) zu befinden.

1. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen innerhalb der Altstadt der Beklagten und im Geltungsbereich des seit dem 19. Februar 1988 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. 001, der ein Mischgebiet (§ 6 Abs. 1 BauNVO) festsetzt und in seinem Textteil u. a. folgende Regelungen trifft:

„2. Planungsrechtliche Einschränkungen des Mischgebietes gem. § 1 Abs. 5 BauNVO in Verbindung mit § 1 Abs. 9 BauNVO:

2.1 In dem im Planblatt mit,A' gekennzeichneten Bereich ist die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässige Nutzung Schank- und Speisewirtschaften einschließlich deren besonderer Betriebsarten wie auch Cafés - auch solche, die der Versorgung des Gebietes dienen - nicht zulässig, wenn es sich um erlaubnispflichtige Betriebe nach dem Gaststättengesetz handelt. Das Gleiche gilt für die Teilung von Betrieben.

Die planungsrechtliche Einschränkung gilt nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheit bereitzustellen, in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen.

Bestehende Betriebe genießen Bestandsschutz.

Eine Ausnahme kann bei Erweiterungen - sowohl innerhalb des Gebäudes als auch auf Freiflächen - nur gewährt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Erweiterung

- der Schank- u. Gastraumfläche des bestehenden Betriebes in geringem Umfange vergrößert wird,

- die Wohnnutzung im Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht stört und

- des sich daraus ergebenden Bedarfes an notwendigen Stellplätzen auf dem Baugrundstück oder in der Nähe untergebracht wird.“

Die G.-straße liegt innerhalb des mit „A“ gekennzeichneten Bereichs dieses Bebauungsplans, den die Beklagte mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 dahingehend geändert hat, dass seither auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, die in Verbindung mit einer gaststättenähnlichen Nutzung ausgeübt werden, unzulässig sind.

Am 24. September 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten, ein auf eine zweite Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 abzielendes Verfahren einzuleiten, um die in dessen Geltungsbereich bestehenden planungsrechtlichen Restriktionen für Schankund Speisewirtschaften zu beseitigen. Am 21. Oktober 2015 beschloss das gleiche Gremium als Zielvorgabe für die geplante Änderung des Bebauungsplans Nr. 001, dass der von ihm erfasste Bereich zu einem Stadtteil entwickelt werden solle, der eine „urbane Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe, zu dem auch gastronomische Betriebe zählen“, ermögliche. In noch genau festzulegenden Teilbereichen des Bebauungsplangebiets solle „der durch den Bebauungsplan festgesetzte .signifikant' verstärkte Schutz des Wohnens aufgehoben werden und auf die Einschränkung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften verzichtet werden“.

2. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen ferner im Geltungsbereich der am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Verordnung der Beklagten über die Sperrzeit von Gaststätten und Vergnügungsstätten („Innenstadt-Sperrzeitverordnung“) vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27). Sie sieht vor, dass - ausgenommen die Nacht zum 1. Januar - im Innenstadtbereich die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 2.00 Uhr beginnt und um 6.00 Uhr endet.

Die Beklagte hat außerdem eine Verordnung über die Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten („Sperrzeitverordnung“) erlassen. Sie sieht in ihrer derzeit geltenden, ebenfalls am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Fassung vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27) vor, dass die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen (Sondernutzungen) und privaten Flächen im Freien wie Wirtschaftsgärten und Terrassen abweichend von § 8 Abs. 1 GastV auf 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr festgesetzt wird. Das Verabreichen von Speisen und Getränken ist nach dieser Verordnung so rechtzeitig einzustellen, dass der Betrieb der Freischankfläche mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und der zurechenbare Straßenverkehr abgewickelt ist. Ferner dürfen nach dem Beginn der Sperrzeit Arbeiten, die geeignet sind, die Nachtruhe der Anwohner zu stören (z. B. Aufräumen, Zusammenstellen von Tischen und Stühlen), nicht mehr durchgeführt werden.

3. Der Kläger ist eigenem Bekunden zufolge zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44, das sie 2007 erworben und nach einer Sanierung im Juli 2008 bezogen hätten. Es liegt auf der Nordostseite der annähernd von Nordwesten nach Südosten verlaufenden G.-straße.

Einem Aktenvermerk der Beklagten vom 11. Juli 2012 zufolge befanden sich in dem Anwesen G.-straße 42 vom 11. April 1902 bis zum 1. März 1998 nahezu ohne Unterbrechung Gaststätten. Am 4. Juli 2012 erteilte die Beklagte der Ehefrau des Klägers eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG zur Fortführung der Schank- und Speisewirtschaft „Café E.“ im Gebäude G.-straße 42. Sie erstreckte sich u. a. auf eine Freischankfläche mit höchstens 28 Sitzplätzen. Seit Juli 2013 hat der Kläger die Räume des „Café e.“ und die vor dem Anwesen G.-straße 42 liegende Freischankfläche, für die weiterhin 28 Sitzplätze konzessioniert sind, an einen Dritten vermietet, der dort eine als „M.-Cafe-Bar“ bezeichnete Schank- und Speisewirtschaft betreibt.

Die Nutzung der Anwesen G.-straße 42 und 44 für eigene Wohnzwecke hat der Kläger im Laufe des Jahres 2014 beendet und auch den in diesen Gebäuden befindlichen Wohnraum vermietet.

4. Nach Südosten hin schließt sich an das Anwesen G.-straße 42 - von diesem durch eine Zuwegung getrennt - das Anwesen G.-straße 38/40 an, in dem der Beigeladene zu 3) die Gaststätte „K.“ betreibt. Danach folgt auf der gleichen (nordöstlichen) Straßenseite die vom Beigeladenen zu 2) im Anwesen G.-straße 36 geführte Gaststätte „Z.“. im nächsten Gebäude (G.-straße 34) befand sich ehedem die Gaststätte „Zum G.“, die nach Darstellung der Beklagten seit dem 30. November 2014 geschlossen ist.

Auf der südwestlichen Seite der G.-straße betreibt der Beigeladene zu 4) in dem den Anwesen des Klägers gegenüberliegenden Gebäude G.-straße 43 die Schank- und Speisewirtschaft „W.“. Er hat gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof schriftsätzlich erklärt, dieses Lokal mit Ablauf des Jahres 2015 einzustellen. In dem sich auf der gleichen Straßenseite anschließenden Anwesen G.-straße 41 besteht die Gaststätte „Zum g.“, die nunmehr von der Beigeladenen zu 6) betrieben wird. Daran schließt sich die vom Beigeladenen zu 5) geführte Gaststätte „G.“ die an die Stelle des zuvor in dem gleichen Anwesen (G.-straße 39) unter den Bezeichnungen „s.“ bzw. „p.“ betriebenen Lokals getreten ist. Während die beiden auf dieser Straßenseite nächstfolgenden Gebäude (G.-straße 37 und G.-straße 35) nicht für gastronomische Zwecke genutzt werden, unterhält der Beigeladene zu 1) im Anwesen G.-straße 33 das Lokal D. ...

Wegen der genehmigungsrechtlichen Situation dieser Betriebe, die ausnahmslos auch über Freischankflächen verfügen, wird auf die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Gaststättenakten sowie die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof übergebenen, die jüngere Zeit betreffenden Unterlagen verwiesen.

5. Ab dem Jahr 2010 wandten sich Anwohner der G.-straße wegen der Geräuschbelastung, die sich aus den in dieser Straße betriebenen Gaststätten sowie aus in der Innenstadt durchgeführten Veranstaltungen ergebe, beschwerdeführend an die Beklagte. Auf Verlangen des Stadtrats der Beklagten trat am 6. Mai 2011 daraufhin ein „Runder Tisch“ zusammen, an dem u. a. Vertreter der Verwaltung der Beklagten, von Anwohnern der G.-straße sowie die Betreiber mehrerer in dieser Straße befindlicher Gaststätten teilnahmen. Wegen der damals in Aussicht genommenen Maßnahmen wird auf Blatt 140 bis 143 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten Bezug genommen.

In einer weiteren, am 16. November 2011 abgehaltenen Sitzung des „Runden Tisches“ erklärten die Vertreter der Anwohner, der am 6. Mai 2011 in Aussicht genommene Kompromiss sei aus ihrer Sicht u. a. deshalb gescheitert, da mehrere Gastwirte die hinsichtlich der Freischankflächen geltenden Sperrzeitregelungen nicht einhalten würden und die Zahl der dort genehmigten Sitzplätze überschritten werde.

Der Stadtrat der Beklagten befürwortete daraufhin am 21. Dezember 2011 u. a. den Erlass der vorerwähnten Innenstadt-Sperrzeitverordnung sowie eine einheitliche Dauer der Sperrzeit für Freischankflächen von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Wegen der weiteren in jener Sitzung getroffenen Festlegungen wird auf Blatt 277 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten verwiesen.

6. Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte vom 10. Mai 2012 beantragten der Kläger, seine Ehefrau sowie zwei weitere Einwohner der Beklagten - soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Belang - zum einen, geeignete Maßnahmen zu treffen und durchzuführen, damit die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der Gustav-/W.straße entstehenden und auf die Anwesen der Eingabeführer einwirkenden Geräuschimmissionen unter Einschluss der Geräusche, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten und die Nutzung der Freischankflächen verursacht würden, 45 dB(A) während der Nachtzeit und 60 dB(A) tagsüber nicht überschreiten. Zum anderen verlangten sie, die Sperrzeit der Freischankflächen von Gaststätten im Bereich der Gustav-/W.straße auf die Zeit von 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) bis 6.00 Uhr festzusetzen.

Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 31. Mai 2012, die Zuschrift vom 10. Mai 2012 sei dem Stadtrat am 23. Mai 2012 zur Kenntnis gebracht worden. Dieses Gremium habe die Auffassung vertreten, dass am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festgehalten werden solle. Die Aufrechterhaltung des Beginns der Sperrzeit für Freischankflächen um 23.00 Uhr begründete die Beklagte in diesem Schreiben damit, dass der in der TA Lärm vorgesehene Beginn der Nachtzeit um 22.00 Uhr nicht mehr dem geänderten Freizeitverhalten der Bevölkerung entspreche. Die Beklagte habe deshalb von der rechtlichen Möglichkeit, den Beginn der Sperrzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben, Gebrauch gemacht. Im Übrigen verwies die Beklagte u. a. darauf, dass der Grundstückserwerb des Klägers und seiner Ehefrau in der G.-straße zu einer Zeit stattgefunden habe, in der sich die Situation in gleicher Weise wie im Jahr 2012 dargestellt habe.

7. Mit der von ihm am 11. Januar 2013 zum Verwaltungsgericht Ansbach erhobenen Klage beantragte der Kläger bei Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug:

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf behördliches Einschreiten gegen die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der G.-straße in F. entstehenden und auf das Anwesen des Klägers einwirkenden Lärmimmissionen - einbezogen die Lärmimmissionen, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten, auch bei der Nutzung der Freischankflächen, verursacht werden -, die die maximalen Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden von 45 dB(A) in der Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) und von 60 dB(A) zur Tagzeit überschreiten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf Festsetzung der Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten im Bereich G.-straße in F. auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen Beginn vor 23.00 Uhr) bis 6.00 Uhr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8. Durch Urteil vom 11. Juli 2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2012 auf und verpflichtete die Beklagte, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Voraussetzungen für eine auf § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG gestützte Ermessensentscheidung - nämlich schädliche Umwelteinwirkungen zulasten des Klägers - lägen vor. Das Verwaltungsgericht verwies insoweit auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 und führte aus, die Geräuschvorbelastung durch eine genehmigte Nutzung führe nicht dazu, dass die Beigeladenen von jeder Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt wären. Zur Beurteilung der von einer Gaststätte ausgehenden Geräusche sei die TA Lärm heranzuziehen; das gelte auch für den von Freischankflächen ausgehenden Schall. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lasse das normkonkretisierende Konzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als dieses Regelwerk Spielräume in Gestalt von Kannvorschriften oder Bewertungsspannen eröffne.

Es sei unzutreffend, wenn die Beklagte annehme, der Beginn der Nachtzeit sei auf 23.00 Uhr anzusetzen, da es vorliegend sowohl an zwingenden betrieblichen als auch - jedenfalls bezogen auf das gesamte Stadtgebiet der Beklagten - an besonderen örtlichen Verhältnissen im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm fehle. Der Stadtratsbeschluss vom 21. Dezember 2011 stelle lediglich einen Bezug zur vorherigen, für die Anwohner ungünstigeren Sperrzeitregelung her; zu einem Hinausschieben der Nachtzeit verhalte er sich ebenso wenig wie die zugehörige Beschlussvorlage vom 13. Dezember 2011. Wollte man dennoch ein Hinausschieben im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm annehmen, fehle es an einer Würdigung des Umstandes, dass von einer Ausnahmeregelung der TA Lärm im größtmöglichen Umfang Gebrauch gemacht worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen Berücksichtigung gefunden habe, seien umso weniger erkennbar, als die Verwaltung der Beklagten in ihrer Beschlussvorlage darauf hingewiesen habe, dass rechnerisch 25% der Freischankplätze die Lärmrichtwerte überschreiten würden und dass die Toleranz der Anwohner aus immissionsschutzrechtlicher Sicht seit langem über Gebühr strapaziert worden sei. Angesichts eines in der Innenstadt während der Nachtzeit vorhandenen Grundgeräuschpegels von 45 bis 50 dB(A) sei ferner die weitere Voraussetzung für ein Hinausschieben der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm - nämlich die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe für die Nachbarschaft - nicht erfüllt, da am 15. November 2011, am 6. Juni 2012 und am 11. Juni 2012 durchgeführte Berechnungen eines Umweltingenieurs der Beklagten am Anwesen des Klägers für die Zeit zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr - und zwar auch sonntags - einen Beurteilungspegel von 58 dB(A) ergeben hätten. Angesichts der Bindung der Beklagten an die TA Lärm und der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 8 GastV den Gemeinden weiterhin die Möglichkeit von Sperrzeitverlängerungen nach § 10 und § 11 GastV zur Verfügung gestellt habe, scheide die Bejahung besonderer örtlicher Verhältnisse aufgrund des geänderten Ausgehverhaltens der Bevölkerung aus.

Dass es zu Überschreitungen des für die Nachtzeit maßgeblichen Beurteilungspegels von 45 dB(A) komme, ergebe sich u. a. aus den schalltechnischen Beurteilungen bzw. Immissionsprognosen von Umweltingenieuren der Beklagten vom 29. Dezember 2010, vom 6. Juni 2012 und vom 11. Juni 2012 sowie aus der Beschlussvorlage der Verwaltung der Beklagten für eine am 25. Januar 2012 abgehaltene Stadtratssitzung. Wenn in den beiden im Juni 2012 erstellten Immissionsprognosen hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr für das Anwesen des Klägers ein Beurteilungspegel von 58 dB(A) und hinsichtlich der Zeit ab 23.00 Uhr ein Beurteilungspegel von 59 dB(A) angesetzt worden sei, so ergebe sich hieraus eine massive Störung der Nachtruhe als Folge des von der Beklagten bis 23.00 Uhr zugelassenen Betriebs von Freischankflächen; diese Beurteilungspegel überträfen sogar den während der Nachtzeit in einem Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwert von 50 dB(A) deutlich. Zudem hätten an verschiedenen Punkten durchgeführte Messungen ergeben, dass der Raucherlärm zu Beurteilungspegeln von 62 dB(A), 46 dB(A) und 54 dB(A) führe; ähnliche, teilweise erhebliche Überschreitungen würden sich auch für das Anwesen des Klägers ergeben.

Aus der von der Beklagten vorgelegten schalltechnischen Beurteilung vom 8. Februar 2013 ergebe sich ferner, dass bei einigen größeren Freischankflächen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Tageszeit teilweise geringfügig überschritten würden.

Angesichts der eigenen Immissionsberechnungen der Beklagten lägen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Sperrzeit durch Einzelanordnung nach § 11 GastV vor. Die Erwägung, im Bereich der G.-straße bestehe angesichts der „historisch gewachsenen Kneipenmeile“ eine besondere Störungsunempfindlichkeit, sei angesichts der Tatsache, dass § 11 GastV keine atypischen Verhältnisse voraussetze und Gaststätten vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG keinen umfassenden Bestandsschutz genössen, mit dem Gesetz nicht vereinbar. Dies gelte zumal in Anbetracht der Zahl der in dieser Straße als wohnhaft gemeldeten Personen.

Aus dem Bescheid vom 31. Mai 2012 gehe nicht hervor, dass sich die Beklagte des Umstands bewusst gewesen sei, eine Ermessensentscheidung zu treffen; § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und die §§ 10 f. GastV seien nicht einmal erwähnt worden. Dies lasse den Schluss auf eine Ermessensunterschreitung zu. In die gleiche Richtung wirke es sich aus, dass die Beklagte die gegen ihre Entscheidung sprechenden Gesichtspunkte (hier: die Lärmbeeinträchtigung des Klägers) nicht ermittelt, gewürdigt und gewichtet habe. Dieser Mangel sei nicht nach § 114 Satz 2 VwGO heilbar, da diese Vorschrift nicht das erstmalige Ausüben von Ermessen im gerichtlichen Verfahren zulasse.

9. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs neu zu bescheiden.

In tatsächlicher Hinsicht verweist sie vor allem auf die Ergebnisse der Geräuschmessungen, die sie in den Monaten April bis September 2013 am Anwesen G.-straße 35 durchgeführt habe. Wegen der hierbei gewonnenen Ergebnisse und ihrer Bewertung durch die Beklagte wird auf Blatt 180 bis 213 der Gerichtsakte des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

10. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11. Die Beigeladenen haben im zweiten Rechtszug - ebenso wie der Vertreter des öffentlichen Interesses - keinen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die in beiden Rechtszügen angefallenen Gerichtsakten sowie auf die seitens des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs beigezogenen Vorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat im Hilfsantrag Erfolg. Das Verwaltungsgericht ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass das Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 2012 nicht als in jeder Hinsicht rechtskonforme und den Erfordernissen pflichtgemäßer Ermessensausübung entsprechende Verbescheidung des Begehrens angesehen werden kann, das der Kläger mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 10. Mai 2012 an die Beklagte herangetragen hatte. Bei der in der Nummer 1 des Tenors des angefochtenen Urteils erfolgten Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts, der in dem Schreiben vom 31. Mai 2012 zu sehen ist, muss es nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens deshalb ebenso sein Bewenden haben wie bei der unter der Nummer 2 des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung ausgesprochenen grundsätzlichen Verpflichtung der Beklagten, den Kläger neu zu bescheiden. Die Gesichtspunkte, von denen sich die Beklagte hierbei leiten lassen muss, bedürfen teilweise allerdings einer anderen Bestimmung als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist, da das Verwaltungsgericht punktuell sowohl den Rahmen der rechtlichen Bindungen, denen die Beklagte insofern unterliegt, zu eng gezogen als auch eine zu weitreichende Einschränkung ihres Ermessensspielraums angenommen hat.

1. Zulässigkeit der Klage:

Die Klage ist ungeachtet des Umstandes zulässig geblieben, dass der Kläger die Anwesen G.-straße 42 und 44 nicht mehr für eigene Wohnzwecke nutzt. Unabhängig hiervon ergibt sich seine Klagebefugnis (ebenso wie sein „Verletzt-Sein“ in eigenen Rechten im Sinn von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) nämlich aus dem Umstand, dass er durch die nicht rechts- und ermessenskonforme Weigerung der Beklagten, die auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkenden Geräuschimmissionen zu verringern, in seinem Eigentum an diesen Gebäuden verletzt wird. Denn es kann sich auf die Nutzbarkeit einer solchen Liegenschaft - insbesondere auf die Vermietbarkeit darin befindlichen Wohnraums und den hierbei erzielbaren Mietzins - nachteilig auswirken, wenn das Mietobjekt Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, die das Maß dessen überschreiten, was angesichts der konkreten Lage der Immobilie hingenommen werden muss.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich dieser Nachteil bereits realisiert hat. Unerheblich ist namentlich, ob der Kläger bei der Vermietung der zuvor von ihm selbst genutzten Wohnung nur einen geringeren Mietzins erzielen konnte, als das der Fall wäre, befände sich diese Liegenschaft in einer ruhigeren Umgebung. Denn „schädliche Umwelteinwirkungen“, deren Unterbleiben der von ihnen Betroffene nach den vorliegend einschlägigen, drittschützenden Vorschriften des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG grundsätzlich verlangen kann, liegen nicht erst dann vor, wenn es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung eines der in § 1 Abs. 1 BImSchG aufgeführten Schutzgüter, zu denen auch Gebäude gehören (Führ in GK-BlmSchG, Stand Dezember 2011, § 1 Rn. 162; Kotulla in ders., BImSchG, Stand Juli 2004, § 1 Rn. 53), gekommen ist. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn Immissionen „geeignet“ sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Es genügt deshalb, wenn Immissionen erfahrungsgemäß erhebliche negative Effekte auf die in § 1 Abs. 1 BImSchG bezeichneten Schutzgüter zeitigen können (Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Dezember 1990, § 3 BImSchG Anm. 6). Auf die Entbehrlichkeit des Umstands, „dass die Störung tatsächlich eingetreten ist“, als Voraussetzung für das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG hat bereits die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 14. Februar 1973 (BT-Drs. 7/179, S. 29) hingewiesen. Es reicht vielmehr aus, „wenn die Immissionen nach Art, Ausmaß und Dauer die Eignung besitzen, derartige Störungen hervorzubringen“ (BT-Drs. 7/179, S. 29).

Zwar genügt die lediglich entfernte, abstrakte Möglichkeit des Eintritts negativer Effekte auf immissionsschutzrechtlich relevante Schutzgüter nicht (vgl. zur erforderlichen Konkretheit der zu besorgenden Beeinträchtigungen Kotulla in ders., BImSchG, Stand Januar 2004, § 3 Rn. 37; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 3 Rn. 39). Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Belastung von Wohnräumen mit Geräuschimmissionen zu den - oft sogar wesentlichen - wertbildenden Faktoren jeder Wohnimmobilie gehört. Die Möglichkeit, der auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkende Schall könnte zu einer spürbaren Minderung der Ertragskraft dieser Immobilie sowie ggf. zu sonstigen erheblichen Nachteilen für den Kläger (z. B. in Gestalt eines häufigeren, lärmbedingten Mieterwechsels oder einer Vermietbarkeit nur an Personen, die aufgrund ihrer Vermögenslage oder ihrer Verhaltensmodalitäten ein höheres wirtschaftliches Risiko für den Vermieter bedeuten) führen, stellt deshalb nicht nur eine hypothetische, sondern eine nach der Lebenserfahrung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchtende Gefahr dar.

Der in § 3 Abs. 1 BImSchG verwendete Begriff der „erheblichen Nachteile“ umfasst zudem nicht nur Substanz-, sondern auch Vermögensschäden; das gilt jedenfalls dann, wenn sie die Folge von physisch (hier: in Gestalt von Schallwellen) auf ein Sachgut einwirkenden Immissionen sind (vgl. BayVGH, U. v. 25.1.2010 - 22 N 09.1193 - Rn. 45, unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz, BT-Drs. 7/179, S. 29).

2. Beurteilungsmaßstab für die Schädlichkeit des Gaststättenlärms:

Bei der Beantwortung der Frage, ob von den in der G.-straße vorhandenen Gaststätten schädliche Umweltauswirkungen ausgehen, hatte (und hat) die Beklagte die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) insoweit zu beachten, als gaststättenrechtlich relevante Betätigungen innerhalb geschlossener Räume („Innengastronomie“) inmitten stehen. Gleiches gilt, soweit sich Geräusche - wie das u. a. bei den Emissionen des Zu- und Abgangsverkehrs der „Innengastronomie“ der Fall ist - als unmittelbare Folgeerscheinungen eines solchen Betriebs darstellen und der erforderliche räumliche Zusammenhang mit der Gaststätte noch besteht (2.1). Anders stellt sich die Bindung der Beklagten an die TA Lärm grundsätzlich hinsichtlich der akustischen Auswirkungen der in der G.-straße betriebenen Freischankflächen dar (2.2).

2.1 Die Maßgeblichkeit der TA Lärm für die Ermittlung und Bewertung der von Gaststätten (ausgenommen den von der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erfassten Bereich) ausgehenden Geräusche folgt unmittelbar aus der Nummer 1 Abs. 3 Buchst. b TA Lärm (vgl. dazu BVerwG, B. v. 9.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Soweit diese Verwaltungsvorschrift den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, kommt ihr darüber hinaus auch eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12). Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift insbesondere durch Kann-Bestimmungen (z. B. in Gestalt der Nummer 6.5 Satz 3 und der Nummer 7.2) und Bewertungsspannen (vgl. z. B. die Nummer A 2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12).

An dem (auf die Innengastronomie beschränkten) Geltungsanspruch der TA Lärm für Zwecke der Ermittlung und Bewertung der durch Gaststättenbetriebe verursachten Geräusche ändert weder die nunmehr entfallene Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gaststättenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) noch die den Ländern zugewachsene Gesetzgebungskompetenz für verhaltensbezogenen Lärm (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG), sollten die vorliegend verfahrensgegenständlichen Immissionen hierzu zählen, etwas. Denn aus Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich die Fortgeltung sowohl des Gaststättengesetzes des Bundes in Bayern als partielles Bundesrecht als auch die fortbestehende Anwendbarkeit der §§ 22 BImSchG auf Gaststätten in diesem Bundesland jedenfalls neben § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (vgl. zur mangelnden Verdrängung des § 22 BImSchG durch das Gaststättenrecht BVerwG, B. v. 5.7.1986 - 7 N 1.96 u. a. - DÖV 1996, 919/920; SaarlOVG, U. v. 29.8.2006 -1 R 21/06 - NVwZ-RR 2007, 598/599 ff.; Czjaka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand August 2011, § 22 BImSchG Rn. 75; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Oktober 2006, Vor § 22 BImSchG Rn. 28; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 22 Rn. 14; ebenso Roßnagel/Hentschel in GK-BImSchG, Stand Dezember 2012, § 22 Rn. 174 für die beim Betrieb von Gaststätten einzuhaltenden immissionsschutzrechtlichen Anforderungen). Unter diesen Voraussetzungen bleiben bis zu ihrer (bisher nicht erfolgten) Ersetzung auch allgemeine Verwaltungsvorschriften in Kraft, die der Bund gemäß Art. 84 Abs. 2 GG zur Regelung des Vollzugs von Bundesrecht erlassen hat.

Aus dem Umstand, dass § 8 Abs. 1 GastV in der Fassung des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (GVBl S. 539) den Betrieb von Gaststätten nunmehr nahezu „rund um die Uhr“ (ausgenommen die Stunde zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr) zulässt, ergibt sich entgegen der in Abschnitt V.6 der Berufungsbegründung anklingenden Auffassung keine Modifizierung des Begriffsinhalts der „schädlichen Umwelteinwirkungen“, die einem Rückgriff auf § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG und den in diesen Bestimmungen vorausgesetzten, durch § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung u. a. mit der TA Lärm konkretisierten Bedeutungsgehalt dieses Rechtsinstituts entgegenstünde. Das folgt bereits daraus, dass eine landesrechtliche Norm gemäß Art. 31 GG einschlägiges Bundesrecht (hier: das sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG ergebende Gebot des Unterbleibens vermeidbarer bzw. der Minimierung unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen) weder verdrängen noch modifizieren kann. An dem sich aus Art. 31 GG ergebenden Vorrang des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG in Verbindung mit der in § 3 Abs. 1 BImSchG vorgenommenen Begriffsbestimmung der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ würde sich auch dann nichts ändern, wenn - was mangels Entscheidungserheblichkeit vorliegend ausdrücklich dahingestellt bleiben kann - die von den Besuchern einer Gaststätte ausgehenden Geräusche als „verhaltensbezogener Lärm“ im Sinn von Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG mit der Folge anzusehen sein sollten, dass die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung dieser Art von Immissionen nunmehr ebenso bei den Ländern läge wie das hinsichtlich des Gaststättenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG der Fall ist. Solange der Gesetzgeber in Bayern von einer sich aus den letztgenannten Verfassungsbestimmungen ergebenden Normsetzungsbefugnis nämlich nicht Gebrauch gemacht hat, gelten das Gaststättengesetz und die §§ 22 ff. BImSchG in diesem Bundesland gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG unverändert als Bundesrecht fort.

Der Annahme, der Landesgesetzgeber habe die sich aus §§ 22 BImSchG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (jeweils in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BImSchG) ergebenden Anforderungen durch den Erlass des Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (a. a. O.) „mittelbar“ modifiziert, steht auch entgegen, dass eine Derogation oder Relativierung des materiellen Immissionsschutzrechts und eine Absenkung des Schutzniveaus zugunsten der Nachbarn von Gaststätten nachweislich nicht beabsichtigt war. Bereits die Begründung des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung (LT-Drs. 15/1892, S. 4) hielt zu dieser Frage fest:

„Den Belangen des Lärmschutzes und der ungestörten Nachtruhe der Anwohner wird dadurch Rechnung getragen, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben, durch Rechtsverordnung für ihr gesamtes Gemeindegebiet oder für Teile hiervon eine abweichende Sperrzeit festzusetzen. Weiter können sie durch Einzelfallbescheid entsprechend regelnd eingreifen, wenn die Verhältnisse vor Ort dies erfordern.“

2.2 Soweit Freischankflächen den Gegenstand sowohl behördlicher Zulassungsentscheidungen als auch (geforderter) repressiver Maßnahmen bilden, besteht eine unmittelbare Bindung an die TA Lärm demgegenüber nicht, da es sich bei ihnen um „Freiluftgaststätten“ im Sinn der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm handelt, für die sich diese Verwaltungsvorschrift keine Geltung beimisst. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits in den Beschlüssen vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013 - GewArch 2014, 485 Rn. 8) und vom 30. September 2014 (22 B 14.267 - BA Rn. 5) zu erkennen gegeben, dass er in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188) dazu neigt, diese Bestimmung nicht nur auf „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch auf Freischankflächen anzuwenden, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden. An dieser Auffassung ist zum einen deshalb festzuhalten, weil die Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm andernfalls zumindest weitgehend leerliefe. Denn auf Dauer angelegte Gaststätten, die ausschließlich „unter freiem Himmel“ betrieben werden, sind nach dem Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs in der Lebenswirklichkeit kaum anzutreffen. Soweit vorübergehende gastronomische Betätigungen ohne einen geschlossenen Gaststättenraum auskommen, verbietet bereits das sich aus § 12 Abs. 1 GastG ergebende Erfordernis der Zulassung solcher Betätigungen „unter erleichterten Voraussetzungen“ eine unmodifizierte Heranziehung der TA Lärm (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.2014 a. a. O. Rn. 8); der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm kommt in solchen Fällen deshalb keine konstitutive Bedeutung zu. Zum anderen sind keine Umstände erkennbar, die es im Licht des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtfertigen könnten, Freischankflächen, die sich als Bestandteile von in geschlossenen Räumen betriebenen Lokalen darstellen, im Gegensatz zu „selbstständigen“ Freiluftgaststätten von der Anwendung der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm auszunehmen. Sieht man mit dem Bundesverwaltungsgericht (B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 -BRS 76 [2010] Nr. 188 unter insoweit allerdings nicht recht nachvollziehbarer Bezugnahme auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für die TA Lärm, BR-Drs. 254/98, S. 47) die Intention des Vorschriftengebers darin, zum einen im Hinblick auf die Bedeutung der Freiluftgastronomie und ihre örtliche bzw. regionale Herkömmlichkeit die Zumutbarkeitsschwelle gegebenenfalls anheben zu können, zum anderen in der Notwendigkeit, den Besonderheiten des menschlichen Lärms angemessen Rechnung zu tragen, so erscheint es geboten, den in der Realität zumindest ganz im Vordergrund stehenden Typus der Freischankfläche, die zu einer in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte gehört, in den Anwendungsbereich der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm einzubeziehen.

Ein solches Verständnis der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erscheint umso eher vertretbar, als sich hieraus kein „Freibrief“ für rücksichtsloses, lärmverursachendes Verhalten der Inhaber und Nutzer von Freischankflächen ergibt. Vielmehr beanspruchen auch für solche Einrichtungen die in § 22 BImSchG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG bzw. - nach erfolgter Erteilung der Gaststättenerlaubnis - § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gelangenden immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten ungeschmälert Geltung. Eine Besonderheit ergibt sich lediglich daraus, dass bei weder der TA Lärm noch einem anderen lärmschutzfachlichen Regelwerk unterfallenden Geräuschquellen die Entscheidung, wann die Grenze zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG überschritten wird, einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der Art und Lästigkeit der jeweiligen Schallereignisse, des von ihnen hervorgerufenen Beurteilungspegels, ihrer Dauer, Häufigkeit, Impuls-, Ton- und Informationshaltigkeit sowie des Zusammenwirkens dieser verschiedenen Faktoren zu treffen ist (ähnlich Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 1 Rn. 25). Nicht anders als in sonstigen Fällen, in denen für die Bewertung von Immissionen kein unmittelbar einschlägiges Regelwerk zur Verfügung steht, hängt die Beantwortung der Frage nach ihrer Zumutbarkeit auch hier von einer umfassenden Würdigung all dieser Umstände unter besonderer Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets ab (vgl. BVerwG, B. v. 17.7.2003 - 4 B 55.03 -NJW 2003, 3360/3361; HessVGH, U. v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - NVwZ-RR 2006, 531/532; BayVGH, B. v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - BayVBl 2006, 351). Wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz müssen ebenfalls in die Gesamtbetrachtung einfließen.

Wenn eine Anlage vollständig aus dem Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen ist, dann liegt darin zwar eine Klarstellung des Vorschriftengebers, dass die Beurteilungsmaßstäbe der TA Lärm für sie nicht passen (vgl. BR-Drs. 254/98, S. 47). Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, einzelne Vorschriften der TA Lärm entsprechend anzuwenden, soweit dies mit ihrer besonderen Eigenart vereinbar ist (Feldhaus, UPR 1999, 1/2, Kutscheidt, NVwZ 1999, 577/578), wobei ihnen allerdings nicht die Funktion einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift, sondern eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o.J., Nr. 1 Rn. 25).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist zunächst die Schutzwürdigkeit der klägerischen Anwesen zu berücksichtigen, wie sie sich aus dem Bebauungsplan Nr. 001 ergibt. Aus seinen textlichen Festsetzungen und aus seiner Begründung ergibt sich, dass es das zentrale von ihm verfolgte Anliegen ist, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen vor unzumutbaren Beeinträchtigungen - namentlich in Gestalt von Lärm - zu bewahren, die von Gaststätten ausgehen. Unmittelbar deutlich wird diese Regelungsabsicht zum einen im Ausschluss von Schank- und Speisewirtschaften nahezu jedweder Art mit Ausnahme solcher, die - wie Stehausschankflächen von Bäckereien, Metzgereien und anderen Lebensmittelgeschäften - unter dem Blickwinkel des Nachbarschutzes schlechthin kein Problempotential in sich bergen können, zum anderen in der Tatsache, dass die Nummer 2.1 der textlichen Festsetzungen eine Erweiterung bestandsgeschützter Betriebe nur unter der Voraussetzung zulässt, dass eine im Gaststättenanwesen selbst oder in der Nachbarschaft ausgeübte Wohnnutzung nicht gestört wird. In Übereinstimmung damit steht es, wenn die Begründung dieses Bebauungsplans auf ihrer Seite 2 ausführt, Anlass für seine Schaffung habe die Tatsache gegeben, dass während der vorangegangenen Jahre die Zahl der Restaurants, Kneipen und Cafés auf Kosten u. a. der Wohnnutzung zugenommen habe; eine Entwicklung dergestalt, dass die Wohnbevölkerung vor Lärm- und Verkehrsbelastungen aus der Innenstadt in periphere Wohnlagen fliehe, habe in dem Altstadtviertel, in dem die G.-straße liegt, teilweise bereits eingesetzt. Ziel der Planung sei es, diesen Teil der Innenstadt wieder für das Wohnen attraktiv zu machen (ebenda). In die gleiche Richtung weist es, wenn die Beklagte die „Überbelebung bei Nacht bis hin zum ruhestörenden Lärm ausgehend von den Kneipen bzw. Cafés selbst und durch mit Pkw's ankommende und abfahrende Kneipenbesucher“ in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 (S. 4) als einen der besonderen städtebaulichen Gründe anführte, aus denen sich die sachliche Rechtfertigung einer Einschränkung der in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansonsten allgemein zulässigen Nutzungsart „Schank- und Speisewirtschaften“ ergebe. Auch die Begründung der am 8. Februar 1997 in Kraft getretenen Änderung dieses Bebauungsplans hielt auf ihrer Seite 4 fest, die nach wie vor in den Abend- und Nachtstunden durch Musikdarbietungen und Tonwiedergabegeräte verursachten Störungen sowie der Zu- und Abfahrtsverkehr der Besucher hätten eine „Beeinträchtigung der Wohnruhe der unmittelbar angrenzenden Wohnbevölkerung“ zur Folge; dies führe zu einer Stagnierung der Wohnungsanzahl bzw. auch zu einer Abwanderung der Wohnbevölkerung.

Mit dieser Zielsetzung des von der Beklagten selbst gesetzten Ortsrechts wäre es unvereinbar, wollte man sie als befugt ansehen, bei der Bewertung der Störeignung der Geräusche, die von den in der G.-straße nunmehr in großer Zahl und in insgesamt erheblichem Umfang vorhandenen Freischankflächen ausgehen, die nach der TA Lärm für Mischgebiete geltenden Schutzstandards insbesondere in der Nachtzeit außer Acht zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die durch den Betrieb der Freischankflächen hervorgerufenen Geräusche die Gesamtlärmsituation dort jedenfalls dann maßgeblich prägen, wenn sie voll oder stark besetzt sind (vgl. die diesbezüglichen, auf Seite 6 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof festgehaltenen Angaben einer Umweltingenieurin der Beklagten und die damit ein Einklang stehende Tatsache, dass nach den Anlagen 8 bis 13 zur „schallmesstechnischen Betrachtung“ vom Oktober 2013, in der die Ergebnisse der von der Beklagten in der G.-straße durchgeführten Messungen referiert und kommentiert werden, die Stundenmittelwerte für die Zeit ab 23.00 Uhr - d. h. nach dem Beginn der Sperrzeit für die Freischankflächen - zumeist deutlich niedriger liegen als zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Bebauungsplan 001 nichts daran geändert hat, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt). Dies zeigen schon die in ihm enthaltene Bestandsklausel sowie das Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen ergibt, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind.

3. Einschreiten gegen der Innengastronomie zuzurechnenden nächtlichen Lärm, insbesondere „Raucherlärm“.

Der Kläger kann - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - nicht verlangen, dass die Beklagte gegen diejenigen Geräuschimmissionen einschreitet, die von den in der G.-straße betriebenen Gaststätten ausgehen und die zu einer Überschreitung der sich aus der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm ergebenden Beurteilungspegel führen, soweit diese Überschreitung durch Lautäußerungen von Personen verursacht wird, die die Innenräume einer von ihnen besuchten Gaststätte vorübergehend zum Zwecke des Rauchens verlassen, sich jedoch gleichwohl noch in deren unmittelbarer Nähe aufhalten.

Da dieser „Raucherlärm“ unmittelbar kausal auf den Betrieb der jeweiligen Gaststätte zurückzuführen ist, ist er nach dem Vorgesagten zwar grundsätzlich ebenso wie die Geräusche des Zu- und Abgangsverkehrs dieser Anlage zuzurechnen und deshalb bei der Feststellung, ob die jeweils einschlägigen Beurteilungspegel eingehalten sind, mitzuberücksichtigen.

Die Beklagte hat u. a. in Abschnitt I.2.c der Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf die im Jahr 2013 durchgeführten Messungen aufgezeigt, dass bereits einige wenige Raucher, die sich vor Gaststätten in der G.-straße aufhalten und dabei Gespräche führen, Schalldruckpegel hervorrufen, die zwischen 45 und knapp 60 dB(A) liegen können. Bei der Interpretation dieser Werte muss berücksichtigt werden, dass es sich hierbei nicht um Schallleistungspegel, d. h. um Werte handelt, die die Lautstärke am Ort der Entstehung eines Geräuschs wiedergeben, sondern dass die in der Tabelle 2 der Berufungserwiderung dargestellten Messergebnisse bereits die Abnahme der Schallintensität berücksichtigen, die sich aufgrund der Entfernung zwischen den jeweiligen Rauchergruppen und dem von der Beklagten im Dachgeschoss des Anwesens G.-straße 35 angebrachten Mikrofon ergaben. Unberücksichtigt lassen die von der Beklagten mitgeteilten Messergebnisse ferner den Umstand, dass die Kommunikation von Rauchern nach der Nummer A.3.3.5 TA Lärm vielfach die Vergabe eines Zuschlags für Informationshaltigkeit erfordern wird. Eine Umweltingenieurin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar dargelegt, dass es in Fachkreisen als üblich und angemessen angesehen wird, einen solchen Zuschlag dann, wenn ein Dritter vollständige Sätze verstehen kann, in Höhe von 6 dB(A), und, wenn für ihn nur Satzteile oder Wortfetzen hörbar sind, in Höhe von 3 dB(A) anzusetzen. Von einem solchen Zuschlag hat die Beklagte nach der Vorbemerkung zur Tabelle 2 auf Seite 5 der Berufungserwiderung abgesehen. Zwar sind „schädliche Umwelteinwirkungen“ im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG nicht bereits dann zu bejahen, wenn die von Personen, die sich zum Zwecke des Rauchens vor der von ihnen besuchten Gaststätte aufhalten, ausgehenden Geräusche während einer Zeitspanne, die kürzer ist als der maßgebliche Beurteilungszeitraum (er beträgt nach der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm während der Nachtzeit eine Stunde), an einem Immissionsort den während der Nachtzeit maßgeblichen Richtwert übersteigt. Da die Verweildauer einer sich unterhaltenden Rauchergruppe vor einer Gaststätte indes durchaus bis zu 15 Minuten betragen kann (die auf Seite 5 unten der Berufungsbegründung insoweit mitgeteilten Wahrnehmungen der mit der Durchführung der Geräuschmessungen beauftragten Dienstkräfte der Beklagten sind glaubhaft), spricht jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass bereits eine kleine Zahl von Rauchern, die sich (gleichzeitig oder nacheinander) während ein und derselben Stunde in kommunikativer Weise vor einer Gaststätte aufhalten, eine Überschreitung des in Dorf-, Misch- und Kerngebieten während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) nach sich zieht. In gesteigertem Maß besteht eine dahingehende Gefahr dann, wenn sich - wie in der G.-straße der Fall - die maßgeblichen Immissionsorte (vgl. dazu die Nummer 2.3 in Verbindung mit der Nummer A.1.3 TA Lärm) in großer Nähe zu Gaststätten befinden und die Bebauungsstruktur (sie ist in der vergleichsweise schmalen G.-straße durch auf beiden Straßenseiten geschlossene Bauweise gekennzeichnet) z. B. wegen der durch sie bewirkten Reflexionen eine schallverstärkende Funktion entfaltet. Hinzu kommt, dass es auf die Gesamtgeräuschbelastung ankommt und insofern in der G.-straße auch gaststättenunabhängige Geräuschquellen in Betracht kommen.

Die sich aus diesem Befund ergebende Folge, dass Gaststätten (ausgenommen ggf. nur solche Lokale, die ihrem Betriebszuschnitt nach ausschließlich auf die Einnahme von Speisen und Getränken mit hochpreisigem Niveau ausgelegt sind) wegen der Problematik des Raucherlärms in Dorf-, Misch- und sogar Kerngebieten weithin generell (und nicht nur - wie in § 15 Abs. 1 BauNVO vorausgesetzt - im „Einzelfall“) zur Nachtzeit als gebietsunverträglich angesehen werden müssten, stünde ersichtlich in Widerspruch zu der Entscheidung des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, dass Schank- und Speisewirtschaften in diesen Gebieten - vorbehaltlich gegenteiliger Regelungen in einem Bebauungsplan (vgl. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO) - allgemein zulässig sein sollen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Da es sich beim Phänomen des „Raucherlärms“ um eine Erscheinung handelt, die in der nunmehr zu verzeichnenden Massivität erst in jüngerer Zeit - nämlich im Gefolge des ausnahmslos geltenden Rauchverbots in den Innenräumen von Gaststätten gemäß Art. 2 Nr. 8, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 Satz 2 des Gesundheitsschutzgesetzes in der am 1. August 2010 in Kraft getretenen, gegenüber den vorangegangenen Fassungen verschärften Gestalt des Gesetzes vom 23. Juli 2010 (GVBl S. 314, BayRS 2126UG) - vor allem in Bayern aufgetreten ist, konnte die TA Lärm diese Problemstellung noch nicht berücksichtigen.

Der Konflikt, der zwischen den in § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO enthaltenen Vorgaben des Bundesrechts und dem im Gesundheitsschutzgesetz in der nunmehr geltenden Fassung zum Ausdruck gebrachten Willen des Volksgesetzgebers auf Landesebene besteht, kann zwar nicht in der Weise gelöst werden, dass der Raucherlärm als „sozialadäquat“ eingestuft und hieraus eine unbegrenzte Duldungspflicht der im akustischen Einwirkungsbereich von Gaststätten wohnenden Menschen hergeleitet wird; auch die Beklagte ist auf diese Auffassung in den letzten von ihr während des Berufungsverfahrens eingereichten Schriftsätzen zu Recht nicht mehr zurückgekommen. Gründe für eine solche Privilegierung können zum Einen in Traditionen, zum Andern in rechtlichen Sonderstellungen oder in allgemeinen Wertungen begründet sein, die in rechtserheblichen Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben (BVerwG, U. v. 7.10.1983 - 7 C 44.81 - NJW 1984, 989/990; BVerwG, B. v. 2.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Davon kann hier nicht die Rede sein.

Die Konkordanz zwischen den Vorgaben des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, denen zufolge Schank- und Speisewirtschaften in Dorf-, Misch- und Kerngebieten, sofern durch Bebauungsplan nichts Gegenteiliges bestimmt wird, allgemein zulässig sind, und der Tatsache, dass der Raucherlärm dazu führen kann, dass die in solchen Gebieten liegenden Gaststätten die dort geltenden Immissionsrichtwerte (namentlich zur Nachtzeit) u. U. fortlaufend nicht einzuhalten vermögen, ist vielmehr in der Weise herzustellen, dass die zuständigen Behörden als befugt anzusehen sind, in Wahrnehmung des durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffneten Ermessensspielraums - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - in (faktischen oder bauplanungsrechtlich festgesetzten) Dorf-, Misch- und Kerngebieten von einem Einschreiten gegen den Gastwirt abzusehen, soweit es zu Überschreitungen des einzuhaltenden Beurteilungspegels aufgrund des Raucherlärms kommt. Ob dies auch bei in allgemeinen Wohngebieten liegenden Gaststätten angesichts des dort geltenden Vorrangs der Wohnnutzung (vgl. § 4 Abs. 1 BauNVO) und der Tatsache gilt, dass in solchen Gebieten nur der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaften bauplanungsrechtlich zulässig sind, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.

Der erforderliche praktische Ausgleich des auf diese Weise gewahrten Grundsatzes, demzufolge die Auswirkungen einer landesrechtlichen Regelung nicht dazu führen dürfen, dass die bundesrechtliche Grundsatzentscheidung für die generelle Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften in den der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm unterfallenden Gebietsarten unterlaufen wird, mit dem Anliegen des Nachbarschutzes ist in diesen Fällen entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG durch ein - strikt zu handhabendes - Gebot der Minimierung des Raucherlärms herzustellen. Die Heranziehung des der letztgenannten Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedankens erscheint deshalb sachgerecht, weil für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, dass Gastwirten und Behörden Mittel zur Verfügung stehen, um den Raucherlärm stets auf ein Maß abzusenken, bei dem insbesondere der in Dorf-, Misch- und Kerngebieten geltende Nachtrichtwert von 45 dB(A) eingehalten wird; unter der Geltung des Gesundheitsschutzgesetzes ist er deshalb in gewissem Umfang als „unvermeidbar“ im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG anzusehen. Zum anderen stellen die bestehenden Möglichkeiten zur Lärmminderung nach der im achten Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 TA Lärm zum Ausdruck kommenden Wertung des Vorschriftengebers einen Gesichtspunkt dar, dem bei der Ermessensausübung Gewicht zukommt: Je mehr die zur Verfügung stehenden Instrumente ausgeschöpft sind und sich die verbleibende Geräuschbelastung als unabwendbar darstellt, desto eher ist es ermessensgerecht, hinsichtlich des verbleibenden Restbestands an Immissionen - auch soweit sie die in § 3 Abs. 1 BImSchG umschriebene Erheblichkeitsgrenze überschreiten - von Eingriffsmaßnahmen abzusehen.

Die Beklagte hat diesem Minimierungsgebot in nicht unbedeutendem Umfang bereits dadurch Geltung verschafft, dass sie gegenüber allen Beigeladenen auf § 5 Abs. 1 GastG gestützte Bescheide erlassen hat, die dazu dienen sollen, die nachteiligen Auswirkungen des Raucherlärms auf die Wohnbevölkerung in der G.-straße einzuschränken. Sie hat in diesen Bescheiden verfügt, dass Raucher, die den Innenraum der jeweiligen Gaststätte verlassen, keine Getränke mit nach außen nehmen dürfen, und dass ihre Bewirtung auf den vor den Lokalen befindlichen Freischankflächen sowohl innerhalb als auch außerhalb der für diese Betriebsteile geltenden Sperrzeit unstatthaft ist. Der Verwaltungsgerichtshof versteht den Satz 3 der Nummer 3 des Tenors dieser Bescheide ferner so, dass die Verbote der Abgabe von Speisen und Getränken an Gäste, die ein Lokal zum Zwecke des Rauchens verlassen, und der Mitnahme von Getränken durch die Gäste auch dann gelten, wenn diese sich vor der Gaststätte aufhalten, ohne sich auf einer dort vorhandenen Freischankfläche niederzulassen. Unter der Voraussetzung, dass diese Auflagen von den betroffenen Gastwirten beachtet sowie Verstöße hiergegen durch die Beklagte konsequent und in empfindlicher Weise geahndet werden, sind damit wesentliche Anreize dafür entfallen, dass sich Gaststättenbesucher länger oder häufiger vor Lokalen aufhalten, als dies für eine „Raucherpause“ notwendig ist.

Im Licht des Grundrechts des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 GG (ebenso wie des durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich verbürgten Anspruchs von Anwohnern der G.-straße auf Schutz ihrer Gesundheit) können derartige Regelungen indes noch nicht als abschließende Konkretisierung des aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG resultierenden Minimierungsgebots angesehen werden. Um einen wirksamen Schutz der vorgenannten Grundrechte zu gewährleisten, erscheint es vielmehr geboten, dass die Beklagte die Gastwirte in der G.-straße zusätzlich verpflichtet, entweder in eigener Person oder durch verantwortliche Beauftragte dann auf vor dem Lokal verweilende Gäste mündlich mit dem Ziel der Lärmminderung einzuwirken, wenn diese - sei es wegen der Länge ihres Aufenthalts dort, sei es wegen der Art oder der Lautstärke des hierbei praktizierten Verhaltens - die gebotene Rücksichtnahme auf die Wohnbevölkerung in der Nachbarschaft vermissen lassen, sie insbesondere den Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 117 Abs. 1 OWiG verwirklichen, und ihnen im Nichtbeachtungsfall Lokalverbot zu erteilen. Eine Pflicht, auf ihre Gäste mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsverletzungen, anderer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie erheblicher Belästigungen von Anwohnern einzuwirken, obliegt Wirten zwar unmittelbar von Rechts wegen (vgl. zu dieser Pflicht und dem daraus resultierenden Gebot, Gästen erforderlichenfalls Lokalverbot zu erteilen, ferner zur Erstreckung dieser Pflicht auch auf Gäste, die sich in unmittelbarer Nähe des Lokals aufhalten, z. B. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 4 Rn. 24 m. w. N.). Nur die bescheidsmäßige Konkretisierung dieser Pflicht verschafft der Beklagten jedoch die Möglichkeit, Missachtungen des Gebots der Lärmminimierung gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 2 GastG im Bußgeldwege zu ahnden oder gegebenenfalls Zwangsgeldandrohungen als Beugemittel einzusetzen. Die in der Lebenswirklichkeit des Öfteren anzutreffenden Hinweisschilder, durch die Gäste im Interesse der Nachbarschaft zu ruhigem Verhalten ermahnt werden, vermögen ein persönliches Einwirken schon deshalb nicht zu ersetzen, weil ihnen nicht die gleiche Nachdrücklichkeit wie einer dahingehenden, im Nichtbeachtungsfall mit der Sanktion eines Lokalverbots einhergehenden persönlichen Ansprache durch den Gastwirt oder einen von ihm Beauftragten zukommt.

Die Notwendigkeit, die Erfordernisse des bundesrechtlichen Bauplanungsrechts einer- und diejenigen des Lärmschutzes andererseits einem Ausgleich mit dem Ziel praktischer Konkordanz zuzuführen, entfällt im gegebenen Fall nicht deshalb, weil der Bebauungsplan Nr. 001 unter Modifizierung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO die Errichtung neuer Schank- und Speisewirtschaften für unzulässig erklärt. Denn das im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte Begehren des Klägers schließt auch die unter die Bestandsschutzklausel dieses Bebauungsplans fallenden Gaststätten in der G.-straße ein. Wie die Beklagte im Abschnitt II.3.a ihres Schreibens an den Verwaltungsgerichtshof vom 11. Juni 2015 sowie in den Anlagen 4 und 5 hierzu aufgezeigt hat, fällt ein erheblicher Anteil der in dieser Straße vorhandenen Gaststätten dem Grunde nach - wenn auch nicht notwendig (selbst unter Berücksichtigung der einer jeden Nutzungsart innewohnenden Bandbreite möglicher Ausgestaltungen) hinsichtlich des räumlichen Umfangs und des konkreten Betriebszuschnitts - unter die Bestandsschutzklausel. Soweit der Raucherlärm von Lokalen ausgeht, die nicht nur dergestalt Bestandsschutz genießen, dass im jeweiligen Anwesen der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft bauplanungsrechtlich überhaupt zulässig ist, sondern die auch hinsichtlich ihrer aktuellen Größe und ihrer sonstigen Erscheinungsform nach dieser Klausel unterfallen, greifen die vorstehend erwähnten Gesichtspunkte, die zu einem ermessensfehlerfreien Absehen von einem Einschreiten gegen solche Immissionen ermächtigen, die sich als Manifestationen nicht mehr reduzierbaren Raucherlärms darstellen, ebenfalls Platz.

Nicht ermessensfehlerfrei verweisen darf die Beklagte den Kläger auf die erfolgte Ausschöpfung lediglich aller in Betracht kommenden Maßnahmen zur Minimierung des Raucherlärms demgegenüber dann, soweit an seinen Anwesen die Beurteilungspegel von 60 dB(A) während der Tageszeit und von 45 dB(A) in der lautesten Nachtstunde durch den Raucherlärm solcher Gaststätten überschritten werden, die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 in der G.-straße entweder überhaupt nicht oder nicht in dem vorhandenen Umfang bzw. nicht in ihrer konkreten Ausgestaltung betrieben werden dürfen, sofern diese Nutzung nicht durch eine hierfür erteilte Baugenehmigung legalisiert wurde. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 sind - wie dargestellt - dazu bestimmt, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen zu schützen (zu denen auch solche gehören, die erst nach dem Inkrafttreten dieses Bebauungsplans aufgenommen wurden). Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, dem Kläger diesen Schutz dann ermessensgerecht zu verweigern, wenn schädliche Umwelteinwirkungen (z. B. in Gestalt von Raucherlärm) durch eine bauplanungsrechtlich unzulässige und deshalb ihrerseits nicht schutzwürdige Nutzung hervorgerufen werden.

Ebenfalls nicht ermessensfehlerfrei verwiesen werden darf ein Immissionsbetroffener auf das Minimierungsgebot selbst für den Fall einer tatsächlichen vollständigen Erfüllung dieses Postulats ferner dann, wenn die am maßgeblichen Immissionsort zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung ein Ausmaß übersteigt, bei dem mit dem Entstehen von Gesundheitsschäden zu rechnen ist. Dies gilt auch, soweit dieser Zustand durch von bauplanungsrechtlich zulässigen Gaststätten ausgehenden Schall unabhängig davon hervorgerufen wird, ob es zur Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte aufgrund von Raucherlärm oder wegen anderer Geräuscharten kommt. Denn von der Wahrnehmung ihrer Verpflichtung, sich schützend vor die Grundrechte zu stellen (vgl. z. B. BVerfG, U. v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/78 m. w. N.), kann die öffentliche Gewalt dann nicht mehr in ermessensfehlerfreier Weise absehen.

Notwendiges Korrelat des Umstandes, dass die Anwohner von Gaststätten es unter den vorbezeichneten Voraussetzungen und mit den dargestellten Einschränkungen hinnehmen müssen, wenn die zuständige Behörde von Maßnahmen zur Reduzierung des Raucherlärms auch dann absieht, wenn es hierdurch zu einer Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte kommt, ist allerdings, dass das durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffnete Ermessen - sowohl was das „Ob“ eines Einschreitens als auch was die Effektivität der angewendeten Instrumentarien anbetrifft - dann, wenn gaststättenbedingte Geräusche die sich aus § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit den einschlägigen Regelwerken ergebende Erheblichkeitsgrenze aus anderen Gründen als wegen des Raucherlärms übersteigen, - abgesehen von ersichtlichen Bagatellfällen - tendenziell zugunsten Lärmbetroffener ausgeübt wird. Denn das Rücksichtnahmegebot, dem nach dem fünften Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 in Verbindung mit der Nummer 5.2 Abs. 1 TA Lärm eine das Ermessen der Vollzugsbehörden steuernde Funktion zukommt (vgl. dazu Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, TA Lärm Nr. 5 Rn. 1; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 5 Rn. 8), würde einseitig zulasten der Anwohner von Gaststätten gehandhabt, würde die öffentliche Gewalt als befugt angesehen, die Belange dieses Personenkreises, was den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt gaststättenbedingten Lärms anbetrifft, in stärkerem Umfang hintanzusetzen, als das angesichts der faktischen Auswirkungen des Gesundheitsschutzgesetzes unabweisbar ist.

4. Einschreiten gegen der Außengastronomie zuzurechnenden Lärm nach 22.00 Uhr.

Einer teilweisen Korrektur bedarf die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung, soweit der Beginn der Nachtzeit in Frage steht. Das Verwaltungsgericht ging zwar zutreffend davon aus, dass der von der Beklagten vertretene Standpunkt, in ihrem Gebiet (oder in - nie näher bezeichneten - Teilen hiervon) beginne die Nachtzeit bereits gegenwärtig um 23.00 Uhr, unzutreffend ist. Da beide Klageanträge indes auf die Verpflichtung der Beklagten zu einem künftigen Handeln gerichtet sind, darf bei der gerichtlichen Bestimmung der rechtlichen und der Ermessenserwägungen, von denen sich die Beklagte bei der geschuldeten Neuverbescheidung sowohl des umfassenderen Begehrens, das dem Antrag 1 zugrunde liegt, als auch des Verlangens, erneut über eine Vorverlegung des Sperrzeitbeginns für die Freischankflächen im Bereich der G.-straße auf einen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt zu befinden, nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagte tatsächlich und rechtlich in der Lage sein könnte, hinsichtlich der Abende, die einem Samstag oder einem Sonntag oder Feiertag vorausgehen, in der G.-straße die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Nachtzeit als 22.00 Uhr zu schaffen.

Die Beklagte hat das mit Schreiben vom 10. Mai 2012 an sie herangetragene Verlangen des Klägers, die Sperrzeit von Freischankflächen der u. a. in der G.-straße betriebenen Gaststätten um 22.00 Uhr (hilfsweise zu einem anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen zu lassen, am 31. Mai 2012 mit der Begründung abgelehnt, sie habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anfangszeitpunkt der Nachtzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben. Der Frage, wann im Umfeld der Anwesen des Klägers die Nachtzeit beginnt, kommt jedoch Bedeutung auch dafür zu, ob die Beklagte hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr Maßnahmen im Sinn des Klageantrags 1 ergreifen muss, da - abhängig von ihrer Beantwortung -während dieser Zeitspanne unterschiedlich hohe Beurteilungspegel einzuhalten sind.

Ausgangspunkt für die insofern gebotene tatrichterliche Würdigung der Umstände des Einzelfalls (s. oben 2.2) ist die Erkenntnis, dass nahezu alle gängigen Regelwerke zur Lärmbeurteilung die Nachtzeit im Regelfall um 22.00 Uhr beginnen lassen. Dass es Ausnahmen geben kann, zeigen § 2 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142) und Nr. 6.4 Abs. 2 der TA Lärm. Der Verwaltungsgerichtshof hält die in der zuletzt genannten Vorschrift aufgezählten Gesichtspunkte auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der TA Lärm für grundsätzlich sachgerechte Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit bis 23.00 Uhr. Eine solche Entscheidung bei einem tiefgreifenden Interessenkonflikt für das ganze oder für einen größeren Teil des Stadtgebiets der Beklagten zu treffen, obliegt jedoch dem Stadtrat der Beklagten, der darüber noch nicht entschieden hat (4.1). Außerdem lagen auch die sachlichen Voraussetzungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug (noch) nicht vor (4.2).

4.1 Will eine Kommune von der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option für das ganze oder für einen größeren Teil des Gemeindegebiets Gebrauch machen, so handelt es sich bei einer solchen Entscheidung jedenfalls dann, wenn sie - wie vorliegend der Fall - vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Konflikts getroffen werden muss, der in dieser Gemeinde zwischen dem Ruhebedürfnis der betroffenen Wohnbevölkerung einerseits und dem Wunsch nach möglichst unbegrenzter Nutzung von Gaststätten in der „Kneipenmeile“ andererseits zutage getreten ist, auch in einer Stadt von der Größe der Beklagten nicht um ein laufendes Geschäft der Verwaltung im Sinn von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO; vielmehr liegt die Entscheidungszuständigkeit hierüber gemäß Art. 29 GO beim Gemeinderat.

Eine Beschlussfassung des Stadtrats der Beklagten, in deren Vorfeld er sich zunächst Gewissheit über das Vorliegen der - hier entsprechend anwendbaren - Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm verschafft hat und in deren Rahmen, nachdem diese Prüfung zu einem bejahenden Ergebnis geführt hat, eine diesbezügliche Ermessensentscheidung in Abwägung der widerstreitenden Interessen getroffen wurde, lässt sich nicht feststellen. Sie kann insbesondere nicht in der Sitzung dieses Gremiums am 23. Mai 2012 gefallen sein. Denn die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 31. Mai 2012 ausgeführt, sie habe an jenem Tag die Zuschrift der damaligen Bevollmächtigten des Klägers vom 10. Mai 2012 dem Stadtrat lediglich zur Kenntnis gebracht, wobei sich ein eindeutiges Meinungsbild dahingehend ergeben habe, dass man am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festhalten wolle. Die Beklagte trägt damit selbst nicht vor, dass sie dem Stadtrat für die Sitzung am 23. Mai 2012 eine Beschlussvorlage unterbreitet hat, in der die Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm dargelegt, ihre Erfüllung nachgewiesen und die anzustellenden Ermessenserwägungen aufgezeigt wurden. Eine derartige Aufbereitung der Entscheidung erübrigte sich schon deshalb nicht, weil die Zuschrift vom 10. Mai 2012 die letztgenannte Regelung weder erwähnt noch sie die Kriterien anspricht, von denen ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit abhängt.

Aber auch am 21. Dezember 2011 hat der Stadtrat der Beklagten keine Entscheidung getroffen, die als Ausübung der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option angesehen werden könnte. Weder der an jenem Tag gefasste Beschluss selbst (er hatte noch nicht die Änderung der Sperrzeitverordnung als solcher zum Gegenstand, sondern traf nur eine dahingehende - gleichsam „politische“ -Festlegung) noch die der Vorbereitung jener Sitzung dienende Vorlage der Verwaltung der Beklagten erwähnen diese Vorschrift überhaupt; desgleichen fehlt in diesen Unterlagen jedwede Auseinandersetzung mit den Tatbestandsmerkmalen der genannten Vorschrift. Gleiches gilt für die Stadtratssitzung am 25. Januar 2012, in der die am 16. Februar 2012 in Kraft getretene Änderung der Sperrzeitverordnung rechtsförmlich verabschiedet wurde. Vielmehr haben im Zusammenhang mit diesen Sitzungen weder der Stadtrat selbst noch die Verwaltung der Beklagten die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm ausdrücklich oder der Sache nach überhaupt „in den Blick genommen“. Die seinerzeit getroffenen Entscheidungen beschränkten sich vielmehr darauf, die Sperrzeit für Freischankflächen, die sich bereits zuvor mit der Maßgabe grundsätzlich auf die Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr erstreckte, dass sie vom 15. Juni bis zum 15. August freitags und samstags sowie unter gewissen Voraussetzungen an den Tagen vor Christi Himmelfahrt und vor Fronleichnam erst um 24.00 Uhr begann (vgl. die Sperrzeitverordnung der Beklagten vom 17.6.1996 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 31.5.2011, Amtsblatt der Beklagten vom 8.6.2011, S. 18), ausnahmslos um 23.00 Uhr beginnen zu lassen.

Die Annahme, der Stadtrat der Beklagten habe damit zugleich eine Entscheidung im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm getroffen, verbietet sich auch deshalb, weil die Sperrzeitverordnung der Beklagten einheitlich für ihr gesamtes Stadtgebiet gilt; läge in den auf ihre künftige erneute Änderung abzielenden Beschlüssen vom 21. Dezember 2011 und vom 25. Januar 2012 die Festsetzung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr, käme einer solchen Festlegung damit ebenfalls für das gesamte Stadtgebiet Bedeutung zu. Es kann jedoch nicht angenommen werden, der Stadtrat der Beklagten habe eine Regelung dahingehend treffen wollen, der zufolge auch die in reinen Wohngebieten sowie in Krankenhäusern und Pflegeanstalten (vgl. zur besonderen Schutzbedürftigkeit dieser Gebiete bzw. Einrichtungen Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. e und f TA Lärm) lebenden Menschen verpflichtet sein sollten, bis 23.00 Uhr die für die Tageszeit geltenden, deutlich höheren Lärmrichtwerte hinzunehmen. Eine hinreichend bestimmte Beschränkung auf Teile des Stadtgebiets, z. B. eine mehr oder weniger große „Kneipenmeile“, liegt nicht vor.

Einer Interpretation der beiden vorgenannten Stadtratsbeschlüsse als stillschweigende Zurückverlegung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr steht zudem entgegen, dass die einheitliche Festsetzung des Sperrzeitbeginns für Freischankflächen auf diesen Zeitpunkt mit der Aufhebung einer zugunsten der Gastwirte und Gaststättenbesucher zuvor partiell großzügiger ausgestalteten Regelung einherging; diese Maßnahme stellte sich daher als ein Entgegenkommen gegenüber den Anwohnern solcher Einrichtungen unter Bestätigung des Status quo im Übrigen dar. Eine Vergewisserung darüber, dass - wie die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm das fordert - „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen, die einen späteren Beginn der Nachtzeit rechtfertigen, vor allem aber darüber, dass trotz einer nur sieben Stunden dauernden Sperrzeit für die Freischankflächen eine achtstündige Nachtruhe der Anwohner gewährleistet ist (vgl. Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm), lassen diese Erwägungen nicht einmal im Ansatz erkennen.

4.2 Unabhängig hiervon waren die Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit in entsprechender Anwendung der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm weder zur Zeit der vorerwähnten Beschlussfassungen erfüllt, noch ist das gegenwärtig der Fall. Es ist allerdings denkbar, dass solche Voraussetzungen wenigstens teilweise geschaffen werden können.

Die sachlichen Voraussetzungen bestehen darin, dass in Abweichung vom Regelfall besondere örtliche Verhältnisse bejaht werden können (4.2.2) und dass in der Regel eine achtstündige Nachtruhe der Nachbarschaft sichergestellt ist (4.2.1). Beides kann hier (noch) nicht bejaht werden.

4.2.1 Die TA Lärm selbst legt nicht näher fest, unter welchen Voraussetzungen „Nachtruhe“ im Sinn ihrer Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 sichergestellt ist. Die Bedeutung erschließt sich, wenn man vom Zweck des Kriteriums, dem Gesundheitsschutz, ausgeht. Eine gewisse Parallele, wenn auch nur bezogen auf die Einzelanlage, enthält § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142).

Keinesfalls mehr gewahrt ist eine ausreichende Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm dann, wenn die Möglichkeit ungestörten Schlafens während einer zusammenhängenden Zeitspanne von acht Stunden in einem Ausmaß beeinträchtigt ist, die bei den Betroffenen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Denn das aus dem Grundrecht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG herrührende Abwehrrecht verwehrt es der öffentlichen Gewalt, ohne rechtfertigenden Grund durch aktives Tun mittels einer Entscheidung entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm am Entstehen von Gesundheitsschäden mitzuwirken. Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung ist nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 - juris Rn. 44; U. v. 23.2.2005 - 4 A 4.04 - BVerwGE 123, 37/46; U. v. 13.5.2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69) erreicht, wenn ein aus allen Geräuschen, die auf einen zum Schlafen bestimmten Raum einwirken, zu bildender Summenpegel über eine ins Gewicht fallende Zeitspanne hinweg 60 dB(A) überschreitet.

Zur Wahrung dieses „absoluten“ Erfordernisses muss hinzutreten, dass die Bewohner des betroffenen Gebiets zwischen 23.00 Uhr und 7.00 Uhr jenes Maß an Ruhe finden, das sie entweder nach den einschlägigen bauplanungsrechtlichen Vorgaben oder aber nach der Eigenart der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) schutzwürdig erwarten dürfen. Da die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm die Zulässigkeit eines Hinausschiebens des Beginns der Nachtzeit davon abhängig macht, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen berücksichtigt wird, darf die für das jeweilige Gebiet maßgebliche „Schädlichkeitsgrenze“ nicht überschritten werden. Was die Gesamtheit der von der TA Lärm erfassten Geräusche anbetrifft, ist eine Orientierung an den in der Nummer 6.1 TA Lärm normierten Immissionsrichtwerten möglich; für ihre Einhaltung kommt es entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm auf die Gegebenheiten in der lautesten Nachtstunde an.

Die Möglichkeit eines ungestörten, zusammenhängenden Schlafens über acht Stunden hinweg setzt zusätzlich allerdings voraus, dass auch die von der TA Lärm nicht erfassten Geräusche keine Intensität aufweisen, die der Bejahung von „Nachtruhe“ und der Erfüllung des vom Vorschriftengeber damit beabsichtigten Schutzzwecks entgegenstehen. Denn es entspräche nicht der u. a. in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sowie in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gebrachten Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, die Nachtruhe von Personen, die sich bereits einer hohen Belastung durch nicht der TA Lärm unterfallende Geräusche ausgesetzt sehen, durch ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit weiter einzuschränken. Da die für diese Art von Schall geschaffenen Regelwerke - soweit vorhanden - ebenfalls von einem „relativen“ (gebiets- bzw. einrichtungsbezogenen) Maßstab ausgehen (vgl. z. B. § 2 der Verkehrslärmschutzverordnung, § 2 der Sportanlagenlärmschutzverordnung, Nummer 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.8.1970, Beil. zum BAnz. Nr. 160), erscheint es sachgerecht, diesen differenzierenden Ansatz auch der Beantwortung der Frage zugrunde zu legen, welche Lautstärke diese Geräusche erreichen dürfen, damit mit Blickrichtung auf sie Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm bejaht werden kann. Soweit Schall inmitten steht, der von keinem der vorgenannten Regelwerke erfasst wird, ist er in entsprechender Anwendung derjenigen Normen zu ermitteln und zu bewerten, die unter Berücksichtigung der physikalischen Charakteristik der jeweiligen Geräusche, ihrer typischerweise empfundenen Lästigkeit und der sozialen Wertigkeit der Verhaltensweisen, auf die sie zurückzuführen sind, hierfür am besten geeignet sind.

Da es an Vorgaben dafür fehlt, wie die Gesamtbelastung messtechnisch oder prognostisch zu ermitteln ist, die sich auf der Grundlage einer summativen Berücksichtigung der von der TA Lärm einer- und für bestimmte sonstige Geräuscharten andererseits geltenden Regelungen ergibt, erachtet der Verwaltungsgerichtshof eine getrennte Betrachtung beider Kategorien so lange für ausreichend, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bildung eines Summenpegels der verschiedenen Geräuscharten dazu führt, dass die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschritten wird.

„Nachtruhe“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm ist deshalb - vorbehaltlich der Einhaltung der vorbezeichneten absoluten Grenze - dann zu bejahen, wenn an allen maßgeblichen Immissionsorten in dem Gebiet, für das ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit angeordnet wurde oder verfügt werden soll, sowohl die für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm als auch diejenigen der jeweils einschlägigen Sonderregelwerke gewahrt sind.

4.2.2 Die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe alleine reicht jedoch nicht aus, um den Beginn der Nachtzeit in rechtmäßiger Weise auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt verlegen zu können. Dies zeigt das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm enthaltene Tatbestandsmerkmal, demzufolge „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen müssen, um eine solche Maßnahme zu rechtfertigen.

Dieses Kriterium spielt auf die Üblichkeit bestimmter Schlafzeiten an. Die Bejahung „besonderer örtlicher Verhältnisse“ scheidet stets aus, wenn die im betroffenen Gebiet wohnende Bevölkerung nach den Wertungen der Rechtsordnung schutzwürdig erwarten darf, bereits ab 22.00 Uhr ungestörten Schlaf zu finden. Eine dahingehende praktische Notwendigkeit besteht vor allem für Erwerbstätige, Schüler und sonstige Auszubildende, die, um ihren Arbeitsplatz oder ihre Ausbildungsstelle rechtzeitig zu erreichen, bereits um (ggf. sogar deutlich vor) 6.00 Uhr aufstehen müssen und die deshalb allenfalls dann eine achtstündige Nachtruhe finden, wenn ab 22.00 Uhr die Möglichkeit ungestörten Schlafs besteht.

Eine dahingehende, rechtlich geschützte Erwartung ist in jedem Gebiet zu bejahen, das entweder aufgrund der hierfür geltenden bauplanungsrechtlichen Regelungen (d. h. nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans in Verbindung mit den Aussagen der Baunutzungsverordnung) oder aber wegen der „Eigenart der näheren Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB so beschaffen ist, dass dort Personen, die aus rechtlich anerkennenswerten Gründen auf eine ungestörte Nachtruhe bereits ab 22.00 Uhr angewiesen sind, Wohnung nehmen können, ohne sich dem Vorwurf der offensichtlichen Missachtung eigener Interessen auszusetzen. Dies wird stets in reinen und in aller Regel auch in allgemeinen Wohngebieten der Fall sein, während eine Person, die die in einem Kerngebiet ggf. zugelassene Wohnnutzung (vgl. § 7 Abs. 2 Nrn. 6 und 7 BauNVO) aufnimmt, angesichts der Zweckbestimmung solcher Gebiete, außer Schank- und Speisewirtschaften u. a. auch Vergnügungsstätten aufzunehmen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), hiervon vielfach nicht wird ausgehen dürfen. Wie die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Bewohner von Misch- und besonderen Wohngebieten (§ 6 bzw. § 4a BauNVO) zu bewerten ist, die Nachtruhe beginne stets um 22.00 Uhr, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der Aussagen des jeweils einschlägigen Bebauungsplans oder - sofern ein solcher fehlt - nach Maßgabe des konkreten Zuschnitts eines derartigen Gebiets bestimmen. Insbesondere eine Person, die in einem faktischen Mischgebiet eine Wohnnutzung aufnimmt, das entweder seit langem durch einen hohen Anteil an solchen Gaststätten gekennzeichnet ist, die nicht der Einnahme von Speisen in gehobenem Ambiente dienen, sondern die während einer das Entstehen eines gegenläufigen Vertrauens hindernden Zeitspanne in „kneipenähnlicher“ Weise betrieben wurden, kann nicht schutzwürdig erwarten, der zuständige Träger öffentlicher Gewalt werde dem gewandelten Ausgehverhalten wesentlicher Teile der Bevölkerung nicht dadurch Rechnung tragen, dass er die Nachtzeit erst um 23.00 Uhr (oder zu einem zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen lässt. Gleiches gilt für Gebiete, die ebenfalls in einem Umfang, der in quantitativer und zeitlicher Hinsicht traditionsbegründend wirkt, als Wohnquartier für Bevölkerungsteile dienen, deren Lebensbedingungen nicht durch einen frühen Arbeitsbeginn gekennzeichnet oder für die geräuschintensive Verhaltensweisen auch nach 22.00 Uhr typisch sind.

Um festzustellen, ob unter Beachtung dieser Grundsätze „besondere örtliche Verhältnisse“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm vorliegen, bedarf es - zumindest in aller Regel - keiner empirischen Erhebungen über die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im fraglichen Gebiet. Ausschlaggebend kommt es vielmehr auf die zutreffende Erfassung des diesbezüglichen Aussagegehalts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen Normen und Festsetzungen bzw. der prägenden Wirkungen der tatsächlichen Gegebenheiten im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB an. Denn die planungsrechtlichen Aussagen über die (Un-)Zulässigkeit baurechtlich relevanter Nutzungen bzw. die gemäß § 34 BauGB an ihre Stelle tretenden tatsächlichen Gegebenheiten sind es, die im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des in diesem Gebiet vorhandenen Immobiliareigentums bestimmen. Sind diese Faktoren so beschaffen, dass Immobilienerwerber oder Mietinteressenten nach dem Vorgesagten angesichts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, dass sie bei einer Ansiedlung dort ab 22.00 Uhr Nachtruhe finden werden, so kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Eigentümer (für den Fall der Eigennutzung) selbst zu dem Personenkreis gehört, der auf ein ungestörtes Schlafen ab diesem Zeitpunkt angewiesen ist, oder er ihm gehörenden Wohnraum bereits bisher solchen Personen überlassen hat; von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützt wird bereits der Lagevorteil, der aus der bauplanungsrechtlich (unter Einschluss der Planersatzfunktion des § 34 Abs. 1 BauGB) eröffneten Möglichkeit einer künftigen derartigen Eigen- oder Fremdnutzung folgt.

Auch in Fällen, in denen danach eine Verlegung des Beginns der Nachtzeit auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz einer im betroffenen Gebiet zulässigen Wohnnutzung grundsätzlich ausscheidet, kann es jedoch rechtens sein, hinsichtlich bestimmter Wochentage dann eine auf die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung gestützte Entscheidung zu treffen, wenn dem insoweit keine schutzwürdigen Belange der im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen wohnenden Bevölkerung entgegenstehen. Dies kommt insbesondere in Ansehung der Nächte in Betracht, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorangehen. Sonn- und Feiertage sind von Rechts wegen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11.8.1919; § 9 Abs. 1 ArbZG) grundsätzlich arbeitsfrei. Auch unter tatsächlichem Blickwinkel besteht an Sonn- und Feiertagen für den weitaus größten Teil der erwerbstätigen oder in Ausbildung stehenden Bevölkerung nicht die Notwendigkeit frühen Aufstehens. Ob dies auch für den Samstag gilt, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere davon ab, ob ein ggf. vorhandener Bebauungsplan das schutzwürdige Vertrauen begründet, dass in den Nächten von Freitag auf Samstag bereits ab 22.00 Uhr Nachtruhe herrscht. Der Bestand einer „Kneipenmeile“ mit regem Besuch gerade am Ende der Arbeitswoche darf dabei ebenfalls beachtet werden.

4.2.3 Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 001 hinsichtlich der Nächte von Sonntag auf Montag bis einschließlich Donnerstag auf Freitag bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil angesichts der Festsetzungen dieses Bebauungsplans auch Menschen, die wegen ihrer Berufs- oder Ausbildungssituation so früh aufstehen müssen, dass sie auf die Möglichkeit ungestörten Schlafs ab 22.00 Uhr angewiesen sind, schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass die öffentliche Gewalt - insbesondere aber die Stelle, die den diesen Schutz vermittelnden Bebauungsplan erlassen hat - keine Maßnahmen ergreifen wird, die diese berechtigte Erwartung unterlaufen.

Anders verhält es sich hinsichtlich der Nächte, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen. Nicht nur aus der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001, sondern auch aus weiteren von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (vor allem aus den Anlagen 4 und 5 zu ihrem Schriftsatz vom 11.6.2015) geht hervor, dass die G.-straße bereits vor dem 19. Februar 1988 durch eine außerordentlich hohe Dichte an Gaststätten gekennzeichnet war. Die gleichen Unterlagen verdeutlichen zudem, dass es sich bei diesen Betrieben zu einem wesentlichen Teil nicht um unter dem Blickwinkel des Lärmschutzes - insbesondere zur Nachtzeit - unproblematische Lokale handelte. Die Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 verwendet zum Zweck der Charakterisierung der vorhandenen Gaststätten an einer Vielzahl von Stellen vielmehr den Terminus „Kneipen“; bereits ein im August 1983 erstellter Entwurf dieses Bebauungsplans wurde von der Beklagten mit der Bezeichnung „Kneipenstoppplan“ versehen. Der Bebauungsplan selbst setzt sich zwar die Verhinderung der Ausweitung dieser Nutzungsart zum Ziel; an der Tatsache, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt), hat sich durch sein Inkrafttreten schon angesichts der in ihm enthaltenen Bestandsschutzklausel und nach dem Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind, indes nichts geändert. Vor diesem Hintergrund kann das Interesse von Personen, denen auch am Vorabend von Samstagen oder von Sonn- und Feiertagen an einen Beginn der Nachtruhe um 22.00 Uhr gelegen ist, bzw. von Inhabern von Immobiliareigentum in einem solchen Gebiet daran, dass diese Menschen nicht aus dem Kreis potenzieller Mietinteressenten ausscheiden, nicht als in einem Grad schutzwürdig anerkannt werden, dass ihm von Rechts wegen der Vorrang gegenüber dem Wunsch breiter Bevölkerungskreise zukommt, an solchen Abenden Gaststätten (einschließlich ihrer Freischankflächen) in größerem Umfang nutzen zu können, als das auf der Grundlage der für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte möglich ist.

Stünde demnach das Erfordernis der „besonderen örtlichen Verhältnisse“ einem Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf höchstens 23.00 Uhr an den Abenden, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen, als solches nicht entgegen, so könnte eine solche Entscheidung gegenwärtig gleichwohl deswegen nicht als rechtens angesehen werden, weil auch in diesen Nächten derzeit das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm genannte zusätzliche Kriterium (s. oben 4.2.1) nicht erfüllt ist. Denn nach den von der Beklagten zwischen dem April 2013 und dem September 2013 durchgeführten Messungen wird jedenfalls der nach der TA Lärm in einem Mischgebiet zur Nachtzeit geltende Beurteilungspegel von 45 dB(A) zum Teil erheblich und während mehrerer Stunden der Nacht überschritten (vgl. die Anlagen 6 bis 13 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013). Danach waren nicht nur in der Stunde zwischen 23.00 Uhr und 24.00 Uhr, sondern in der Mehrzahl der Monate sogar noch zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr Beurteilungspegel zu verzeichnen, die zwischen 50 und 55 dB(A) lagen. Nach der Aufschlüsselung, die in den Anlagen 8 bis 13 zu dieser schallmesstechnischen Betrachtung vorgenommen wurde, war das auch (und gerade) an Wochenenden - mithin auch in den Nächten Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag - der Fall. Es ist offenbar noch nicht hinreichend sichergestellt worden, dass die Freischankflächen die Nachtruhe ab 23.00 Uhr tatsächlich einhalten (vgl. zu diesem Erfordernis auch § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20.4.1999 GVBl S. 142). Ebenso kommt es darauf an, ob an Wochenenden nicht gaststättenbezogene Feierlichkeiten auf der G.-straße stattfinden, von denen bis nach Mitternacht erhebliche Lärmbelästigungen ausgehen. Auch ist von Bedeutung, ob es der Beklagten gelingt, den Raucherlärm auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat gezeigt, dass es der Beklagten möglich sein könnte, diese Voraussetzungen zu schaffen. Außer Betracht bleiben in diesem Zusammenhang diejenigen Veranstaltungen, die als seltene oder sehr seltene Ereignisse behandelt werden können, einschließlich der damit verbundenen Gestattungen nach § 12 GastG.

Da gegenwärtig nicht nur eine Entscheidung des zuständigen Beschlussorgans der Beklagten über ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr fehlt, sondern auch die materiellen Voraussetzungen einer solchen Maßnahme nicht vorliegen, behält es mit der durch das Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung sein Bewenden, sowohl erneut über eine Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit (Klageantrag 2) als auch über sonstige Maßnahmen zu befinden, die der Einhaltung des im Bereich der G.-straße ab 22.00 Uhr in Ansehung gaststättenbedingter Geräusche geltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) dienen (Klageantrag 1).

5. Einschreiten gegen Gaststättenlärm zur Tagzeit:

Die vom Verwaltungsgericht bejahte Verpflichtung der Beklagten, im Sinn des Klageantrags 1 erneut über Maßnahmen zu befinden, die auf eine Begrenzung der von Gaststätten in der G.-straße ausgehenden Geräusche auf den während der Tageszeit einzuhaltenden Beurteilungspegel von 60 dB(A) abzielen, besteht dann nicht mehr, sobald die Beklagte alle von Rechts wegen eröffneten Möglichkeiten ausgeschöpft hat, diejenigen gaststättenrechtlichen Nutzungen zu unterbinden, die sie in Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 zugelassen hat oder die unabhängig hiervon unter Missachtung der Vorgaben dieses Bebauungsplans ausgeübt werden und die sich auf die an den Anwesen des Klägers bestehende Immissionssituation nachteilig auswirken. Das folgt daraus, dass die Anwesen des Klägers schon bisher (d. h. vor der Durchführung der vorbezeichneten Maßnahmen) - sowohl was die Häufigkeit als auch was die Höhe von Überschreitungen des für die Tageszeit geltenden Beurteilungspegels von 60 dB(A) anbetrifft - nur in begrenztem Umfang schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt sind; auf die Frage, ob auch das sich aus der Nummer 6.1 Abs. 2 TA Lärm ergebende Spitzenpegelkriterium gewahrt ist, ist angesichts der Beschränkung des mit dem Klageantrag 1 verfolgten Begehrens auf die Einhaltung der maßgeblichen Beurteilungspegel nicht einzugehen.

Ausweislich der der schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 beigefügten Tabelle 1 kam es in den Monaten Mai und Juni 2013 an jeweils einem, im April an zwei, im August an drei und im Juli jenes Jahres an sechs Messtagen zu über 60 dB(A) liegenden Pegelwerten. An sieben dieser Tage wurde hierbei ein Beurteilungspegel von 61 dB(A), an drei weiteren ein solcher von 62 dB(A) ermittelt; an jeweils einem Tag lag dieser Wert bei 63, bei 64 bzw. bei 66 dB(A). Es steht außer Frage, dass nach Eliminierung der bauplanungsrechtlich unzulässigen gaststättenrechtlichen Geräuschquellen in dem rechtlich möglichen Umfang „gaststättenbedingte“ Richtwertüberschreitungen während der Tageszeit nur noch ein derart geringes Maß erreichen können, dass kein anerkennenswertes Interesse des Klägers an einem über die vorbezeichneten Schritte hinausgehenden diesbezüglichen Tätigwerden der Beklagten mehr bejaht werden kann. Diese Annahme ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil die in der Anlage 1 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 verzeichneten Pegelwerte nicht nur auf die Schallemissionen von Gaststätten zurückzuführen sind, sondern in sie auch andere Geräuschquellen (insbesondere der Verkehrs- und der im Zentrum einer Großstadt tagsüber sonst vorhandene Lärm) Eingang gefunden haben.

6. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Hauptbeteiligten des Rechtsstreits auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, hinsichtlich der im zweiten Rechtszug Beigeladenen auf § 154 Abs. 3 Halbs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Da keiner von ihnen einen Sachantrag gestellt hat, scheidet die Überbürdung von Kosten auf sie ebenso aus wie die Zuerkennung eines (anteiligen) Kostenerstattungsanspruchs zu ihren Gunsten. In erster Instanz haben nur die damaligen Beigeladenen zu 6) und 7) einen - auf Abweisung der Klage abzielenden - Antrag gestellt. Da er nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Gänze erfolglos geblieben ist, wurden sie im angefochtenen Urteil folgerichtig zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von je einem Viertel herangezogen. Da diese früheren Beigeladenen im Laufe des Berufungsverfahrens aus dem Rechtsstreit ausgeschieden sind, hält es der Verwaltungsgerichtshof für sachgerecht, den sie betreffenden Teil der erstinstanzlichen Kostenentscheidung unverändert bestehen zu lassen. Dies hat allerdings zur Folge, dass die im ersten Rechtszug angefallene Kostenmasse nur noch im Umfang von 50% zwischen den übrigen Kostenpflichtigen (d. h. den beiden Hauptbeteiligten des Verfahrens) zu verteilen ist; der Grundsatz der Kosteneinheit muss insoweit zwangsläufig eine Durchbrechung erfahren. Diese Verteilung hat der Verwaltungsgerichtshof unter Abänderung der Nummer 3 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils unter Zugrundelegung der gleichen Quote vorgenommen, wie er das nach dem Ausgang des Berufungsverfahrens ausweislich der Nummer IV des Tenors seines Urteils für angezeigt erachtet.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen den angeordneten Sofortvollzug zu einer Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 2 StVO für die Durchführung einer Veranstaltung auf öffentlichem Verkehrsgrund -... -, (jedoch nur) soweit, als diese den Betrieb einer Musikbühne (am ...) beinhaltet.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2015 hat die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Erlaubnis erteilt und hinsichtlich der (einzigen) Musikbühne am ... die Spielzeit am Freitag, den 26. Juni 2015 auf 16:00 Uhr bis 22:00 Uhr (von 21:00 Uhr bis 22:00 Uhr nur für unverstärkte Musik) und für den 27. Juni 2015 auf 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr festgesetzt. Zu den erwartenden Geräuschbelastungen wurde für den Bereich des ... (Kommunikationsgeräusche plus Musik) ein Beurteilungspegel von 78 dB(A) in der Tagzeit, 82 dB(A) in der Ruhezeit und von 73 dB(A) in der Nachtzeit prognostiziert. Als Grundlage zur Beurteilung dieses und des sonstigen Veranstaltungslärms auf seine Zumutbarkeit stützte sich die Antragsgegnerin auf die aktuelle Freizeitlärm-Richtlinie des LAI (Länderausschuss für Immissionsschutz) in der Fassung vom 6. März 2015. Da die Immissionsrichtwerte von tags 70 dB(A) nicht eingehalten werden könnten, werde eine Sonderfallbeurteilung gemäß Ziffer 4.4 der oben genannten Freizeitlärm-Richtlinie vorgenommen. Da es sich beim ... nach Auffassung der Antragsgegnerin um eine ganz herausragende und bedeutsame Veranstaltung mit größter Wertschätzung und Akzeptanz in der Bevölkerung handele, könne gemäß Nr. 4.4 der Richtlinie in diesem ganz besonderen Ausnahmefall von den Immissionsschutzrichtwerten von tags 70 dB(A) abgewichen werden. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte erscheine auch unter dem Gesichtspunkt des Anwohnerschutzes gerade noch zumutbar, zumal es sich um eine, was die Häufigkeit und Dauer betreffe, kurze Veranstaltung von lediglich einem Tag im Sinne der Richtlinie handele. Die Musikdarbietungen fänden traditionell auf den Bühnen auf dem ... und (bisher) auch auf dem ... statt. Um eine zu starke Lärmbelästigung am ... durch Musikbeschallung zu verhindern, werde die Bühne durch die Antragsgegnerin bei Veranstaltungsbeginn auf einen Schalldruckpegel von 80 dB(A) eingepegelt. Es werde auf eine optimale Ausrichtung der Bühne und der Beschallungstechnik geachtet.

Die letztlich verfügte Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolge im öffentlichen Interesse, unter anderem um die Abwicklung der Veranstaltung zu gewährleisten.

Der Antragsteller beantragte bei Gericht mit Schreiben vom 21. Juni 2015 (der Sache nach),

die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage insoweit wiederherzustellen, als der Betrieb der Musikbühne am ... am 26. und 27. Juni 2015 genehmigt wurde.

Der Antrag wurde unter anderem dahingehend begründet, dass der Antragsteller als Mieter in unmittelbarer Nähe (etwa 10 m) von der vorgesehenen Musikbühne wohne.

Die Musikdarbietung auf der Bühne am ... sei nicht wesentlicher Kern bzw. unverzichtbarer Teil des ..., Kern sei der Flohmarkt.

Die Voraussetzungen der Freizeitlärm-Richtlinie lägen nicht vor, Prüf- und Begründungspflichten seien nicht eingehalten worden. Eine Unvermeidbarkeit im Sinne von Ziffer 4.4.2 der Richtlinie liege nicht vor, da eine Verlagerung der Bühne, z. B. auf den ..., den ... oder den ..., möglich sei. Auch fehle es - unter anderem - an einer expliziten Begründung für die Zumutbarkeit einer Überschreitung des Beurteilungspegels von 70 dB(A) tagsüber.

Der ... sei ferner durch „seltene Ereignisse“ an 13 Tagen oder Nächten, sehr seltene Ereignisse an 8 Tagen oder Nächten und zugehöriger Auf- und Abbauzeiten von 5 Tagen Lärmwertüberschreitungen ausgesetzt. Bisher sei nichts weiter zum Anwohnerschutz unternommen worden.

Die Antragsgegnerin beantragte

Antragsablehnung

und führte unter anderem aus, dass die Bühne am ... seit Jahrzehnten neben der Bewirtschaftung von Freischankflächen untrennbarer Bestandteil des traditionellen ... sei. Entgegen dem Vorbringen habe die Antragsgegnerin sehr wohl Maßnahmen zur Verbesserung der Immissionssituation getroffen: So seien Zeiten für die Musikbeschallung bis maximal 22:00 Uhr festgesetzt worden sowie ein Schalldruckpegel von 80 dB(A) festgesetzt worden, welcher aber auch notwendig sei, um die Bühne sinnvoll betreiben zu können.

Im Jahr 2015 hätten bereits stattgefunden bzw. fänden noch folgende Veranstaltungen am Waagplatz statt:

• ... (zweimal): 4 Tage insgesamt

• ...-Festival: 3 Tage

• Griechisches Sommerfest: 1 Tag

• Weihnachtsmarkt: 10 Tage (Betriebszeit 14:00 bis 20:00 Uhr)

• Altstadtverein-Jubiläum: 1 Tag

Durch alle Veranstaltungen würden die „normalen“ Immissionsrichtwerte überschritten. Die Antragsgegnerin halte die bestehenden Lärmimmissionen bei den wenigen Veranstaltungen auch in ihrer Höhe für zulässig und den Anwohnern gerade noch zumutbar.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Das Gericht erachtet den Antrag als zulässig, er ist jedoch unbegründet.

Dass in der Hauptsache noch keine Anfechtungsklage erhoben wurde, steht zumindest vorliegend aufgrund der gegebenen Eilbedürftigkeit der Zulässigkeit des Antrags ausnahmsweise nicht entgegen (vgl. grundsätzlich: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 80, Rn. 139; BayVGH vom 27.8.1987, BayVBl 88, 17; str.).

Allerdings ist der Antrag unbegründet.

Bei der Entscheidung über die Anträge nach § 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung, bei der die Interessen aller am Verfahren Beteiligter zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klagen gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhebliche Bedeutung zu. Ist nach dieser Prüfung davon auszugehen, dass die Klagen voraussichtlich Erfolg haben, spricht dies für ein überwiegendes Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an der Durchführung des Festivals. Bleiben die Klagen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil der Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug überwiegen wird. Sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens offen, ist im Rahmen der oben genannten Abwägung das Interesse der Antragsteller, mit dem Vollzug des sie belastenden Verwaltungsaktes vor dessen Bestandskraft nicht überzogen zu werden, abzuwägen mit dem besonderen öffentlichen Interesse der Allgemeinheit, den angefochtenen Verwaltungsakt schnellstmöglich zu vollziehen. Maßstab für diese Abwägung ist ein Vergleich der Verhältnisse einerseits für den angenommenen Fall, dass die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wird, der Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren jedoch bestätigt wird, mit andererseits der angenommenen Konstellation, dass der Sofortvollzug bestehen bleibt, der Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren jedoch aufgehoben wird.

Im vorliegenden Fall ergibt die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2015 - jedenfalls soweit dieser hier streitgegenständlich ist - mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht ergangen ist.

Es ist zwar davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 29 Abs. 2 StVO drittschützend ist und bei der Entscheidung über entsprechende Erlaubnisanträge die Interessen der Nachbarschaft

- insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor erheblichen Lärmimmissionen - in ausreichendem Umfang zu berücksichtigen sind.

Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Entscheidung - insbesondere über die Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen - die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 (im Folgenden: Richtlinie) herangezogen. Diese Richtlinie als Beurteilungsgrundlage wird auch vom Antragsteller nicht grundsätzlich als Beurteilungsgrundlage in Frage gezogen, wenn er vorträgt, dass deren Anforderungen von der Antragsgegnerin nicht eingehalten seien.

Auch das Gericht hat keine Bedenken diese technische Richtlinie eines sachverständigen Gremiums, deren Heranziehung als Erkenntnisquelle auch vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie empfohlen wird, bei der Überprüfung und Beurteilung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Freizeitaktivitäten, insbesondere von volksfestähnlichen Veranstaltungen wie dem ..., als fachliche Grundlage heranzuziehen.

Die aktuelle Fassung dieser Richtlinie beschäftigt sich nun auch ausdrücklich mit der hier einschlägigen Problemstellung der Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle von Lärmimmissionen bei Volksfesten und vergleichbaren Veranstaltungen.

Ziffer 4.4. enthält Regelungen für eine „Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialen Adäquanz und Akzeptanz“. Mit diesen Regelungen soll ersichtlich eine Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle von Lärmimmissionen ermöglicht werden, wenn Veranstaltungen geprägt sind durch deren Herkömmlichkeit, deren Sozialadäquanz und deren allgemeine Akzeptanz und deren zahlenmäßig eng begrenztes Vorkommen.

Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der ... in ... sowohl hohe Standortgebundenheit als auch soziale Adäquanz und auch Akzeptanz aufweist. Der ... ist für die Stadt ... eines der traditionellen und prägenden Freiluftfeste mit hohem Bekanntheitsgrad und großem Zuspruch.

Diese Veranstaltung „steht und fällt“ auch mit dem konkreten Veranstaltungsort in der ... Innenstadt und ist auch nach den für das Gericht glaubhaften Bekundungen der Antragsgegnerin nicht nur geprägt vom Typus eines Flohmarkts, sondern auch - soweit hier streitgegenständlich - von Musikdarbietungen. Hierbei wurde bereits einer der zwei herkömmlicherweise üblichen Spielorte aus dem Programm genommen (...), verblieben ist der hier streitgegenständliche Spielort ....

Die hiervon ausgehende Geräuschbelastung ist im Sinne der Richtlinie auch - örtlich - unvermeidbar, da es sich um einen herkömmlichen Standort handelt. Zudem wäre - entgegen dem Antragstellervorbringen - letztlich eine Verlagerung innerhalb des innerstädtischen ...geländes bei der gebotenen Gesamtwürdigung auch kein geeigneter Ausweichstandort, da Belastungen lediglich verlagert würden. Unvermeidbar ist auch, dass Musik „laut“ sein muss, um als solche wahrgenommen werden zu können. Entgegen dem Antragstellervortrag, jedoch der Richtlinie entsprechend, hat die Antragsgegnerin dafür im Bescheid durch Einpegelung der Musikanlage auf einen Schalldruckpegel von 80 dB(A) Sorge getragen, dass diese nicht lauter ist, als zu einer musikalischen Wirkungserzielung auch notwendig ist. Ferner wurde eine wesentliche Pegelreduzierung durch das Verbot von verstärkter Musik zwischen 21:00 und 22:00 Uhr sichergestellt.

Die Antragsgegnerin hat hinsichtlich der - hier allein streitgegenständlichen - Auswirkungen der Musikbühne im Rahmen des ... die Anforderungen der Richtlinie eingehalten, so dass letztlich auch nicht deren Entscheidung beanstandet werden kann, sogar Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) tagsüber (die Nachtzeit ist vorliegend nicht betroffen) im Einzelfall hinzunehmen bzw. zuzumuten, auch wenn diese Belastung noch über der durch den sonstigen Betrieb des ... bestehenden, also ohne Musikdarbietung, liegt.

Das Gericht weist jedoch vorsorglich darauf hin, dass die Anwendbarkeit von Ziffer 4.4 der Richtlinie maßgeblich davon abhängt, dass eine derartige Sonderfallbeurteilung nur in zahlenmäßig eng begrenzten Fällen zulässig ist (vgl. Ziffer 4.4.1).

Ferner ist die in Ziffer 4.4.2 genannte Anzahl von 18 Tagen pro Kalenderjahr zum einen wohl zwar keine absolute Obergrenze, vor allem aber keine unbedingte, pauschale und „garantierte“ Mindestzahl von möglichen Sonderbeurteilungsfällen/Tagen pro Kalenderjahr.

Wenn auch das Gericht in seiner Entscheidung vom 23. Juni 2014 (AN 10 K 13.01200) das „...-Festival“ als - der Sache nach - grundsätzlich (heute) unter Ziffer 4.4 der Richtlinie fallend angesehen hat, ist es jedoch offen, ob etwa alle Veranstaltungen, welche die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 22. Juni 2015 genannt hat, bei aufsummierender Betrachtung einer Sonderbeurteilung unterfallen werden können.

Da der Antragsteller mit seinem Begehren unterlegen ist, hat er auch gemäß der Regelung von § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand 15.11.2013). Für das Begehren des Antragstellers in der Hauptsache wäre ein Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR festzusetzen, welcher im Eilverfahren zu halbieren ist.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen den angeordneten Sofortvollzug zu einer Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 2 StVO für die Durchführung einer Veranstaltung auf öffentlichem Verkehrsgrund -... -, (jedoch nur) soweit, als diese den Betrieb einer Musikbühne (am ...) beinhaltet.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2015 hat die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Erlaubnis erteilt und hinsichtlich der (einzigen) Musikbühne am ... die Spielzeit am Freitag, den 26. Juni 2015 auf 16:00 Uhr bis 22:00 Uhr (von 21:00 Uhr bis 22:00 Uhr nur für unverstärkte Musik) und für den 27. Juni 2015 auf 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr festgesetzt. Zu den erwartenden Geräuschbelastungen wurde für den Bereich des ... (Kommunikationsgeräusche plus Musik) ein Beurteilungspegel von 78 dB(A) in der Tagzeit, 82 dB(A) in der Ruhezeit und von 73 dB(A) in der Nachtzeit prognostiziert. Als Grundlage zur Beurteilung dieses und des sonstigen Veranstaltungslärms auf seine Zumutbarkeit stützte sich die Antragsgegnerin auf die aktuelle Freizeitlärm-Richtlinie des LAI (Länderausschuss für Immissionsschutz) in der Fassung vom 6. März 2015. Da die Immissionsrichtwerte von tags 70 dB(A) nicht eingehalten werden könnten, werde eine Sonderfallbeurteilung gemäß Ziffer 4.4 der oben genannten Freizeitlärm-Richtlinie vorgenommen. Da es sich beim ... nach Auffassung der Antragsgegnerin um eine ganz herausragende und bedeutsame Veranstaltung mit größter Wertschätzung und Akzeptanz in der Bevölkerung handele, könne gemäß Nr. 4.4 der Richtlinie in diesem ganz besonderen Ausnahmefall von den Immissionsschutzrichtwerten von tags 70 dB(A) abgewichen werden. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte erscheine auch unter dem Gesichtspunkt des Anwohnerschutzes gerade noch zumutbar, zumal es sich um eine, was die Häufigkeit und Dauer betreffe, kurze Veranstaltung von lediglich einem Tag im Sinne der Richtlinie handele. Die Musikdarbietungen fänden traditionell auf den Bühnen auf dem ... und (bisher) auch auf dem ... statt. Um eine zu starke Lärmbelästigung am ... durch Musikbeschallung zu verhindern, werde die Bühne durch die Antragsgegnerin bei Veranstaltungsbeginn auf einen Schalldruckpegel von 80 dB(A) eingepegelt. Es werde auf eine optimale Ausrichtung der Bühne und der Beschallungstechnik geachtet.

Die letztlich verfügte Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolge im öffentlichen Interesse, unter anderem um die Abwicklung der Veranstaltung zu gewährleisten.

Der Antragsteller beantragte bei Gericht mit Schreiben vom 21. Juni 2015 (der Sache nach),

die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage insoweit wiederherzustellen, als der Betrieb der Musikbühne am ... am 26. und 27. Juni 2015 genehmigt wurde.

Der Antrag wurde unter anderem dahingehend begründet, dass der Antragsteller als Mieter in unmittelbarer Nähe (etwa 10 m) von der vorgesehenen Musikbühne wohne.

Die Musikdarbietung auf der Bühne am ... sei nicht wesentlicher Kern bzw. unverzichtbarer Teil des ..., Kern sei der Flohmarkt.

Die Voraussetzungen der Freizeitlärm-Richtlinie lägen nicht vor, Prüf- und Begründungspflichten seien nicht eingehalten worden. Eine Unvermeidbarkeit im Sinne von Ziffer 4.4.2 der Richtlinie liege nicht vor, da eine Verlagerung der Bühne, z. B. auf den ..., den ... oder den ..., möglich sei. Auch fehle es - unter anderem - an einer expliziten Begründung für die Zumutbarkeit einer Überschreitung des Beurteilungspegels von 70 dB(A) tagsüber.

Der ... sei ferner durch „seltene Ereignisse“ an 13 Tagen oder Nächten, sehr seltene Ereignisse an 8 Tagen oder Nächten und zugehöriger Auf- und Abbauzeiten von 5 Tagen Lärmwertüberschreitungen ausgesetzt. Bisher sei nichts weiter zum Anwohnerschutz unternommen worden.

Die Antragsgegnerin beantragte

Antragsablehnung

und führte unter anderem aus, dass die Bühne am ... seit Jahrzehnten neben der Bewirtschaftung von Freischankflächen untrennbarer Bestandteil des traditionellen ... sei. Entgegen dem Vorbringen habe die Antragsgegnerin sehr wohl Maßnahmen zur Verbesserung der Immissionssituation getroffen: So seien Zeiten für die Musikbeschallung bis maximal 22:00 Uhr festgesetzt worden sowie ein Schalldruckpegel von 80 dB(A) festgesetzt worden, welcher aber auch notwendig sei, um die Bühne sinnvoll betreiben zu können.

Im Jahr 2015 hätten bereits stattgefunden bzw. fänden noch folgende Veranstaltungen am Waagplatz statt:

• ... (zweimal): 4 Tage insgesamt

• ...-Festival: 3 Tage

• Griechisches Sommerfest: 1 Tag

• Weihnachtsmarkt: 10 Tage (Betriebszeit 14:00 bis 20:00 Uhr)

• Altstadtverein-Jubiläum: 1 Tag

Durch alle Veranstaltungen würden die „normalen“ Immissionsrichtwerte überschritten. Die Antragsgegnerin halte die bestehenden Lärmimmissionen bei den wenigen Veranstaltungen auch in ihrer Höhe für zulässig und den Anwohnern gerade noch zumutbar.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Das Gericht erachtet den Antrag als zulässig, er ist jedoch unbegründet.

Dass in der Hauptsache noch keine Anfechtungsklage erhoben wurde, steht zumindest vorliegend aufgrund der gegebenen Eilbedürftigkeit der Zulässigkeit des Antrags ausnahmsweise nicht entgegen (vgl. grundsätzlich: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 80, Rn. 139; BayVGH vom 27.8.1987, BayVBl 88, 17; str.).

Allerdings ist der Antrag unbegründet.

Bei der Entscheidung über die Anträge nach § 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung, bei der die Interessen aller am Verfahren Beteiligter zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klagen gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhebliche Bedeutung zu. Ist nach dieser Prüfung davon auszugehen, dass die Klagen voraussichtlich Erfolg haben, spricht dies für ein überwiegendes Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an der Durchführung des Festivals. Bleiben die Klagen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil der Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug überwiegen wird. Sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens offen, ist im Rahmen der oben genannten Abwägung das Interesse der Antragsteller, mit dem Vollzug des sie belastenden Verwaltungsaktes vor dessen Bestandskraft nicht überzogen zu werden, abzuwägen mit dem besonderen öffentlichen Interesse der Allgemeinheit, den angefochtenen Verwaltungsakt schnellstmöglich zu vollziehen. Maßstab für diese Abwägung ist ein Vergleich der Verhältnisse einerseits für den angenommenen Fall, dass die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wird, der Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren jedoch bestätigt wird, mit andererseits der angenommenen Konstellation, dass der Sofortvollzug bestehen bleibt, der Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren jedoch aufgehoben wird.

Im vorliegenden Fall ergibt die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2015 - jedenfalls soweit dieser hier streitgegenständlich ist - mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht ergangen ist.

Es ist zwar davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 29 Abs. 2 StVO drittschützend ist und bei der Entscheidung über entsprechende Erlaubnisanträge die Interessen der Nachbarschaft

- insbesondere hinsichtlich des Schutzes vor erheblichen Lärmimmissionen - in ausreichendem Umfang zu berücksichtigen sind.

Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Entscheidung - insbesondere über die Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen - die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 (im Folgenden: Richtlinie) herangezogen. Diese Richtlinie als Beurteilungsgrundlage wird auch vom Antragsteller nicht grundsätzlich als Beurteilungsgrundlage in Frage gezogen, wenn er vorträgt, dass deren Anforderungen von der Antragsgegnerin nicht eingehalten seien.

Auch das Gericht hat keine Bedenken diese technische Richtlinie eines sachverständigen Gremiums, deren Heranziehung als Erkenntnisquelle auch vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie empfohlen wird, bei der Überprüfung und Beurteilung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Freizeitaktivitäten, insbesondere von volksfestähnlichen Veranstaltungen wie dem ..., als fachliche Grundlage heranzuziehen.

Die aktuelle Fassung dieser Richtlinie beschäftigt sich nun auch ausdrücklich mit der hier einschlägigen Problemstellung der Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle von Lärmimmissionen bei Volksfesten und vergleichbaren Veranstaltungen.

Ziffer 4.4. enthält Regelungen für eine „Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialen Adäquanz und Akzeptanz“. Mit diesen Regelungen soll ersichtlich eine Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle von Lärmimmissionen ermöglicht werden, wenn Veranstaltungen geprägt sind durch deren Herkömmlichkeit, deren Sozialadäquanz und deren allgemeine Akzeptanz und deren zahlenmäßig eng begrenztes Vorkommen.

Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der ... in ... sowohl hohe Standortgebundenheit als auch soziale Adäquanz und auch Akzeptanz aufweist. Der ... ist für die Stadt ... eines der traditionellen und prägenden Freiluftfeste mit hohem Bekanntheitsgrad und großem Zuspruch.

Diese Veranstaltung „steht und fällt“ auch mit dem konkreten Veranstaltungsort in der ... Innenstadt und ist auch nach den für das Gericht glaubhaften Bekundungen der Antragsgegnerin nicht nur geprägt vom Typus eines Flohmarkts, sondern auch - soweit hier streitgegenständlich - von Musikdarbietungen. Hierbei wurde bereits einer der zwei herkömmlicherweise üblichen Spielorte aus dem Programm genommen (...), verblieben ist der hier streitgegenständliche Spielort ....

Die hiervon ausgehende Geräuschbelastung ist im Sinne der Richtlinie auch - örtlich - unvermeidbar, da es sich um einen herkömmlichen Standort handelt. Zudem wäre - entgegen dem Antragstellervorbringen - letztlich eine Verlagerung innerhalb des innerstädtischen ...geländes bei der gebotenen Gesamtwürdigung auch kein geeigneter Ausweichstandort, da Belastungen lediglich verlagert würden. Unvermeidbar ist auch, dass Musik „laut“ sein muss, um als solche wahrgenommen werden zu können. Entgegen dem Antragstellervortrag, jedoch der Richtlinie entsprechend, hat die Antragsgegnerin dafür im Bescheid durch Einpegelung der Musikanlage auf einen Schalldruckpegel von 80 dB(A) Sorge getragen, dass diese nicht lauter ist, als zu einer musikalischen Wirkungserzielung auch notwendig ist. Ferner wurde eine wesentliche Pegelreduzierung durch das Verbot von verstärkter Musik zwischen 21:00 und 22:00 Uhr sichergestellt.

Die Antragsgegnerin hat hinsichtlich der - hier allein streitgegenständlichen - Auswirkungen der Musikbühne im Rahmen des ... die Anforderungen der Richtlinie eingehalten, so dass letztlich auch nicht deren Entscheidung beanstandet werden kann, sogar Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) tagsüber (die Nachtzeit ist vorliegend nicht betroffen) im Einzelfall hinzunehmen bzw. zuzumuten, auch wenn diese Belastung noch über der durch den sonstigen Betrieb des ... bestehenden, also ohne Musikdarbietung, liegt.

Das Gericht weist jedoch vorsorglich darauf hin, dass die Anwendbarkeit von Ziffer 4.4 der Richtlinie maßgeblich davon abhängt, dass eine derartige Sonderfallbeurteilung nur in zahlenmäßig eng begrenzten Fällen zulässig ist (vgl. Ziffer 4.4.1).

Ferner ist die in Ziffer 4.4.2 genannte Anzahl von 18 Tagen pro Kalenderjahr zum einen wohl zwar keine absolute Obergrenze, vor allem aber keine unbedingte, pauschale und „garantierte“ Mindestzahl von möglichen Sonderbeurteilungsfällen/Tagen pro Kalenderjahr.

Wenn auch das Gericht in seiner Entscheidung vom 23. Juni 2014 (AN 10 K 13.01200) das „...-Festival“ als - der Sache nach - grundsätzlich (heute) unter Ziffer 4.4 der Richtlinie fallend angesehen hat, ist es jedoch offen, ob etwa alle Veranstaltungen, welche die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 22. Juni 2015 genannt hat, bei aufsummierender Betrachtung einer Sonderbeurteilung unterfallen werden können.

Da der Antragsteller mit seinem Begehren unterlegen ist, hat er auch gemäß der Regelung von § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand 15.11.2013). Für das Begehren des Antragstellers in der Hauptsache wäre ein Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR festzusetzen, welcher im Eilverfahren zu halbieren ist.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

(1) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe

1.
Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder
2.
zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft),
3.
(weggefallen)
wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.

(2) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt ferner, wer als selbständiger Gewerbetreibender im Reisegewerbe von einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Betriebsstätte aus Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.

(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze

1.
der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit,
2.
der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder
3.
gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit
erteilt werden.

(2) Gegenüber Gewerbetreibenden, die ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, können Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 erlassen werden.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, in deren Rahmen der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung der in der Begründung dieses Rechtsmittels vorgebrachten Gesichtspunkte beschränkt ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht entsprochen.

Zutreffend weist die Beschwerdebegründung allerdings darauf hin, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage des Antragstellers nicht damit begründet werden kann, er werde durch die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG beeinträchtigt. Denn da der Antragsteller nicht mehr in der G.-straße wohnt, scheidet bereits die Möglichkeit einer geräuschbedingten Beeinträchtigung seiner Gesundheit als Folge der durch diesen Verwaltungsakt zugelassenen Handlungen aus.

Dessen ungeachtet besitzt der Antragsteller die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Auf der Grundlage der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nur möglichen, aber auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist darüber hinaus davon auszugehen, dass er durch die Gestattung vom 1. September 2014 in einem subjektiven Recht verletzt wird, wie das nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Voraussetzung für den Erfolg einer diesen Verwaltungsakt betreffenden Anfechtungsklage ist. Denn der Antragsteller ist (Mit-)Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44. Allen derzeit erkennbaren Umständen nach wird sein Grundrecht auf Eigentum durch die Geräuschbelastung, die als Folge des verfahrensgegenständlichen Bescheids zu erwarten steht, entgegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht lediglich nach Maßgabe der Gesetze eingeschränkt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter.

Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich - soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen - nicht anhand eines generell-abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z. B. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m. w. N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z. B. Jarass, a. a. O. Rn. 55 ff. m. w. N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich den Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzung zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinn von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan 001 dadurch, dass er - abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO - Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zugunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise und u. a. nur dann zulässig, wenn „die Wohnnutzung … in der Nachbarschaft nicht gestört wird“.

Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann - auch im Licht des Beschwerdevorbringens - nicht ernsthaft bezweifelt werden.

Allerdings wendet sich die Antragsgegnerin zu Recht gegen eine „schematische“ Anwendung der TA Lärm. Eine unmodifizierte Anwendung der TA Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offenbleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d. h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U. v. 22.10.1998 - 22 B 98.602 - juris, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32). Hinzukommt, dass die Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen ggf. anheben zu können (vgl. BR-Drucks. 254/98, S. 47). Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (a. a. O. Rn. 4) spricht viel dafür, dass der Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm nicht nur „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch Freischankflächen unterfallen, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden.

Auch andere Regelwerke stehen zur Beurteilung der Geräusche, denen sich die Anwesen des Antragstellers als Folge der verfahrensgegenständlichen Gestattung ausgesetzt sehen werden, nicht zur Verfügung. Nicht einschlägig ist insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Antragsgegnerin hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass vorliegend eine analoge Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in Betracht kommt; nicht dargelegt wurde namentlich das Bestehen einer (absichtlichen oder planwidrigen) Regelungslücke. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (ähnlich Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, § 1 18. BImSchV Rn. 29).

Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz im Mai 1995 als Muster-Verwaltungsvorschrift verabschiedete sog. „Freizeitlärm-Richtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst.

Im Rahmen der nach alledem gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise fällt ausschlaggebend ins Gewicht, dass die Lärmbelastung, die aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung resultieren wird, angesichts eines von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels während der Nachtzeit von bis zu 74 dB(A) derart hoch ist, dass sie das Maß dessen, was Betroffenen in dem konkreten Gebiet zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Hierbei kann nicht außer Betracht bleiben, dass alle vorgenannten Regelwerke davon ausgehen, selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht in jener besonderen Weise als schutzbedürftig ausgestaltet wurde, wie das durch den Bebauungsplan 001 geschehen ist, werde das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von der Art, wie sie für den 19. September 2014 ab 22.00 Uhr prognostiziert wurden, auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Angesichts der Geräuschbelastung, der sich die Anlieger der G.-straße aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend ausgesetzt sehen, vermag hieran auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Gestattung vom 1. September 2014 lärmträchtige Betätigungen nur während einer einzigen Nacht zulässt.

Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Vorschrift des § 6 der 18. BImSchV bezieht, ist diese Norm ebenso wenig unmittelbar oder entsprechend anwendbar, wie das aus den dargestellten Gründen für die Sportanlagenlärmschutzverordnung in ihrer Gesamtheit gilt. Allerdings hat die Rechtsprechung - auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - BayVBl 1997, 594) - anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z. B. OVG RhPf, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt. Nach der Aufstellung, die der Antragsteller der Beschwerdeerwiderung vom 16. September 2014 beigefügt hat und der die Antragsgegnerin in ihrer Replik vom 17. September 2014 nicht entgegengetreten ist, finden in der G.-straße (bzw. in ihrem näheren Umfeld) Veranstaltungen, die mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner einhergehen, vielmehr in großer Zahl und in engen zeitlichen Abständen statt (vgl. zu dem Erfordernis, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit besonders geräuschintensiver Veranstaltungen auch die Gesamtbelastung, die sich für ein Grundstück durch andere Störereignisse ergibt, sowie die zwischen ihnen liegenden Abstände zu berücksichtigen, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32).

Einer Abänderung bedarf der angefochtene Beschluss entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht unter dem Blickwinkel der erforderlichen Bestimmtheit. Die vom Verwaltungsgericht wiederhergestellte aufschiebende Wirkung hat eindeutig zur Folge, dass die Beigeladenen aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung keine Befugnisse herleiten können. Die Rechtslage stellt sich vielmehr so dar, wie sie bestünde, wäre dieser Verwaltungsakt nicht erlassen worden. Der Umfang der gaststättenrechtlichen Befugnisse der Beigeladenen bestimmt sich deshalb nach Maßgabe der ihnen erteilten Erlaubnisse einschließlich der hierfür geltenden Nebenbestimmungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt haben und sie von ihrer Interessenlage zudem als im Lager der unterlegenen Antragsgegnerin stehend anzusehen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg.

2

1. Als grundsätzlich klärungsbedürftig wirft die Beschwerde die Frage auf:

Müssen die für den Nachbarschutz notwendigen Regelungen auch dann einheitlich und abschließend in der Baugenehmigung getroffen werden, wenn sichergestellt ist, dass das Rücksichtnahmegebot in einem nachfolgenden fachaufsichtlichen Genehmigungsverfahren nochmals überprüft wird?

3

Mit dieser Rüge wendet sich die Beschwerde gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Sicherung von Nachbarrechten bei einem Vorhaben, dessen Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten würde, erfordere, dass Nutzungsmöglichkeiten des Vorhabens unter Umständen durch konkrete Regelungen beschränkt, maßgebliche Immissionsrichtwerte oder Beurteilungspegel als Grenzwerte bereits in der Baugenehmigung festgelegt werden (UA S. 11 Rn. 35). In tatsächlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht dazu festgestellt, es sei nicht zweifelhaft, dass die Immissionsrichtwerte zur Nachtzeit bei seltenen Ereignissen mit Bezug zum Vorhaben der Beigeladenen überschritten werden könnten; eine Überschreitung des Immissionsrichtwerts für Mischgebiete von 45 dB(A) nachts (Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm) sei nach der Prognoseberechnung des Umweltamts der Beklagten schon ohne die Berücksichtigung seltener Ereignisse anzunehmen. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht von der Beklagten in die angefochtene Baugenehmigung eingefügte einschränkende Regelung Nr. 8.2 habe zur Folge, dass die Beigeladene bei größeren Veranstaltungen, die als seltene Ereignisse bezeichnet würden, die Möglichkeit habe, die Außenbewirtschaftung ohne Beachtung der dem Nachbarschutz durch die Auflagen Nr. 5 bis 8.1 dienenden Beschränkungen erheblich auszuweiten (UA S. 12 Rn. 36).

4

Es bedarf nicht erst der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um die aufgeworfene Frage - soweit sie revisionsgerichtlicher Klärung zugänglich ist - zu beantworten. Soweit sie Bundesrecht betrifft, lässt sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres mit dem Berufungsgericht bejahen.

5

Wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt ist, regelt die (positive) bauaufsichtliche Genehmigung nach dem Bauordnungsrecht der Länder nicht nur, dass ein bestimmtes Bauvorhaben ausgeführt werden darf; neben diesem gestattenden Teil (Baufreigabe) hat die Baugenehmigung vielmehr die umfassende Feststellung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens einschließlich der ihm zugedachten Nutzung mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zum Inhalt, soweit sie für die baurechtliche Prüfung einschlägig sind (Urteil vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 1 C 18.87 - BVerwGE 84, 11 <13 f.>). Des Weiteren ist geklärt, dass wenn die von einer Gaststätte typischerweise zu erwartenden Belästigungen nach der Art des Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als zumutbar anzusehen sind, dies zugleich bedeutet, dass es sich dabei nicht um schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG handelt (Urteil vom 4. Oktober 1988 - BVerwG 1 C 72.86 - BVerwGE 80, 259 <262>). Soweit die Baugenehmigungsbehörde zuständig ist, entfaltet die feststellende Regelung der Baugenehmigung im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren Bindungswirkung (Urteil vom 17. Oktober 1989 a.a.O. S. 14).

6

Zur Frage, welche Behörde die insoweit maßgebliche Entscheidung zu treffen hat, hat das Bundesverwaltungsgericht den Grundsatz aufgestellt, dass diese danach zu bestimmen ist, zu welchem in die originäre Zuständigkeit der beteiligten Behörden fallenden Regelungsgegenstand der stärkere Bezug besteht (Urteile vom 4. Juli 1986 - BVerwG 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315 <324>; vom 4. Oktober 1988 a.a.O. S. 262 und vom 27. März 1990 - BVerwG 1 C 47.88 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 9). Danach gilt: Soweit die typischerweise mit der bestimmungsgemäßen Nutzung einer Gaststätte in einer konkreten baulichen Umgebung verbundenen Immissionen zu beurteilen sind, besteht der stärkere Bezug zur Zuständigkeit der Baurechtsbehörde; denn diese typischen Immissionen hängen von Größe, Beschaffenheit und Standort der baulichen Anlage ab, die Gegenstand der Baugenehmigung sind, und nicht vom jeweiligen Gastwirt, dem die Gaststättenerlaubnis - wenn auch in Bezug auf bestimmte Räume - gerade für seine Person erteilt wird (Urteil vom 4. Oktober 1988 a.a.O. S. 262; vgl. auch Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 4 Rn. 358; ders. a.a.O. § 5 Rn. 45). Lärmbeeinträchtigungen, die bei so genannten seltenen Ereignissen auftreten, stellen ebenfalls typische mit der Nutzung in der konkreten baulichen Situation verbundene Immissionen dar. Dementsprechend muss bereits die angegriffene Baugenehmigung sicher stellen, dass durch die mit ihr zusätzlich zugelassene Nutzung keine Lärmimmissionen hervorgerufen werden, die nach dem Gebot der Rücksichtnahme unzumutbar wären; sie muss die mit Rücksicht auf schutzwürdige nachbarschaftliche Belange ggf. erforderlichen Beschränkungen selbst klar und im sachlich gebotenen Umfang regeln. Unabhängig davon, dass bei bestimmten Veranstaltungen, die als seltene Ereignisse einzustufen sind, eine gaststättenrechtliche oder sicherheitsrechtliche Genehmigung einzuholen ist, hat - wie das Berufungsgericht ausgeführt hat - die Baugenehmigungsbehörde daher unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall einzuschätzen, in welcher Weise bei der Festsetzung der zulässigen Art und Zahl der seltenen Ereignisse den Belangen der Anwohner unter Berücksichtigung der gebotenen gegenseitigen Rücksichtnahme Rechnung getragen werden muss. Das schließt es nicht aus, dass Einzelheiten der Nutzungsausübung im Einzelfall dem gaststättenrechtlichen Verfahren vorbehalten sein können (Beschlüsse vom 28. November 1991 - BVerwG 1 B 152.91 - Buchholz 451.41 § 4 GastG Nr. 18 und vom 20. Oktober 1988 - BVerwG 4 B 195.88 - BRS 48 Nr. 141). Darauf hebt der Senat auch ab in dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 5.98 - (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 - juris Rn. 34), wenn er darauf hinweist, dass allein Beeinträchtigungen, die einen unmittelbaren Bezug zu einem Gaststättenbetrieb aufweisen, als Anknüpfungspunkt für gaststättenrechtliche Anordnungen in Betracht kommen. Einen über diese Grundsätze hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

7

2. Als Verfahrensrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO macht die Beschwerde geltend, das Urteil stelle ein Überraschungsurteil dar, weil das Berufungsgericht die Frage der Teilbarkeit der angefochtenen Baugenehmigung nicht mit den Beteiligten erörtert, insbesondere keine entsprechende Nachfrage an die Beklagte gerichtet habe. Sie wendet sich damit gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Teilaufhebung nur der Nebenbestimmung Nr. 8.2 komme nicht in Betracht, weil das zur Folge hätte, dass die gerichtliche Entscheidung zu einer Baugenehmigung führen würde, die dem Willen der Beklagten nicht entspräche (UA S. 13 Rn. 39). Auch diese Rüge führt nicht zur Zulassung der Revision.

8

Die richterliche Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (Urteil vom 11. November 1970 - BVerwG 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264 <266 f.>). Das Berufungsgericht darf deshalb seine Entscheidung nicht auf Tatsachen oder Rechtsgründe stützen, die für einen erstinstanzlich erfolgreichen Beteiligten in Ansehung der Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils überraschend sind (Beschluss vom 4. Juli 2007 - BVerwG 7 B 18.07 - juris Rn. 5). Die Hinweispflicht bezieht sich auf die tragenden ("wesentlichen") Erwägungen des Gerichts. Ein Gericht ist aber grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr; vgl. nur Beschlüsse vom 26. Juni 1998 - BVerwG 4 B 19.98 - BRS 60 Nr. 187 und vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 310 § 137 Abs. 2 VwGO Nr. 12 - juris Rn. 25). Unzulässig sind nur Überraschungsentscheidungen, bei denen die Entscheidung auf neue Gesichtspunkte gestützt wird, ohne dass die Beteiligten damit rechnen konnten.

9

Es erscheint schon zweifelhaft, ob das Berufungsgericht als verpflichtet angesehen werden könnte, die beigeladene Bauherrin auf die Rechtsfolgen der Rechtswidrigkeit der von einer Nachbarin angefochtenen Baugenehmigung hinzuweisen und zu erörtern, ob - unter Abweisung der Klage im Übrigen - eine Teilaufhebung in Betracht käme. Dass das Berufungsgericht - anders als das Verwaltungsgericht - Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung hatte, dürfte sich der Beigeladenen im Rahmen des in der Sitzungsniederschrift dokumentierten Rechtsgesprächs ohne Weiteres erschlossen haben. Da sich die Klägerin nicht auf eine isolierte Anfechtung der nachträglich eingefügten Nr. 8.2 beschränkt hat und das Berufungsgericht der Klägerin gegenüber auch keine solche Beschränkung nahegelegt hat, musste die Beigeladene damit rechnen, dass das Gericht - wie von der Klägerin beantragt - den rechtswidrigen Verwaltungsakt insgesamt aufheben werde.

10

Unabhängig davon genügt es unter dem Blickwinkel des Beruhenserfordernisses nicht, lediglich darauf zu verweisen, dass auf entsprechenden Hinweis vorgetragen worden wäre, dass auch ein Bescheid ohne die Nebenbestimmung Nr. 8.2 dem Willen der Beklagten entsprochen hätte, was sich auch daran zeige, dass die Nebenbestimmung in dem ursprünglichen Ausgangsbescheid nicht enthalten gewesen sei. Die Beigeladene beachtet insofern nicht, dass bei der Beurteilung von Verfahrensfehlern vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Gerichts auszugehen ist. Nach Auffassung des Berufungsgerichts müssen - wie dargelegt - auch im Hinblick auf so genannte seltene Ereignisse bereits in der Baugenehmigung Regelungen im Hinblick auf Lärmbeeinträchtigungen enthalten sein. Der Umstand, dass die Nebenbestimmung Nr. 8.2 nachträglich eingefügt worden war, beruhte dagegen auf der vom Berufungsgericht verworfenen Auffassung, es genüge, für solche Ereignisse gaststättenrechtliche oder sicherheitsrechtliche Genehmigungen einzuholen. Der Ausgangsbescheid enthielt also nur deswegen keine Einschränkung, weil die Beklagte der - auch vom Verwaltungsgericht vertretenen - Auffassung war, Ereignisse im Sinne der Nr. 7.2 TA Lärm seien nicht Regelungsgegenstand der Baugenehmigung. Vor diesem Hintergrund hätte es der substantiierten Darlegung bedurft, dass die Beklagte einen Betrieb genehmigen wollte, bei dem die Nebenbestimmungen Nr. 5 bis 8.1 - insbesondere die Beschränkung des Betriebs nur tagsüber bis 22.00 Uhr sowie das Verbot von Musikdarbietungen jeglicher Art - uneingeschränkt auch im Fall so genannter seltener Ereignisse gelten sollten. Dass die Beklagte bei Erlass des Bescheids einen solchen Regelungswillen hatte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, in deren Rahmen der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung der in der Begründung dieses Rechtsmittels vorgebrachten Gesichtspunkte beschränkt ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht entsprochen.

Zutreffend weist die Beschwerdebegründung allerdings darauf hin, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage des Antragstellers nicht damit begründet werden kann, er werde durch die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG beeinträchtigt. Denn da der Antragsteller nicht mehr in der G.-straße wohnt, scheidet bereits die Möglichkeit einer geräuschbedingten Beeinträchtigung seiner Gesundheit als Folge der durch diesen Verwaltungsakt zugelassenen Handlungen aus.

Dessen ungeachtet besitzt der Antragsteller die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Auf der Grundlage der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nur möglichen, aber auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist darüber hinaus davon auszugehen, dass er durch die Gestattung vom 1. September 2014 in einem subjektiven Recht verletzt wird, wie das nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Voraussetzung für den Erfolg einer diesen Verwaltungsakt betreffenden Anfechtungsklage ist. Denn der Antragsteller ist (Mit-)Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44. Allen derzeit erkennbaren Umständen nach wird sein Grundrecht auf Eigentum durch die Geräuschbelastung, die als Folge des verfahrensgegenständlichen Bescheids zu erwarten steht, entgegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht lediglich nach Maßgabe der Gesetze eingeschränkt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u. a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter.

Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich - soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen - nicht anhand eines generell-abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z. B. Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m. w. N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z. B. Jarass, a. a. O. Rn. 55 ff. m. w. N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich den Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzung zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinn von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan 001 dadurch, dass er - abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO - Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zugunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise und u. a. nur dann zulässig, wenn „die Wohnnutzung … in der Nachbarschaft nicht gestört wird“.

Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattung eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann - auch im Licht des Beschwerdevorbringens - nicht ernsthaft bezweifelt werden.

Allerdings wendet sich die Antragsgegnerin zu Recht gegen eine „schematische“ Anwendung der TA Lärm. Eine unmodifizierte Anwendung der TA Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offenbleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d. h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U. v. 22.10.1998 - 22 B 98.602 - juris, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32). Hinzukommt, dass die Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen ggf. anheben zu können (vgl. BR-Drucks. 254/98, S. 47). Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (a. a. O. Rn. 4) spricht viel dafür, dass der Nummer 1 Satz 2 Buchst. b der TA Lärm nicht nur „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch Freischankflächen unterfallen, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden.

Auch andere Regelwerke stehen zur Beurteilung der Geräusche, denen sich die Anwesen des Antragstellers als Folge der verfahrensgegenständlichen Gestattung ausgesetzt sehen werden, nicht zur Verfügung. Nicht einschlägig ist insbesondere die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Antragsgegnerin hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass vorliegend eine analoge Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in Betracht kommt; nicht dargelegt wurde namentlich das Bestehen einer (absichtlichen oder planwidrigen) Regelungslücke. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (ähnlich Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, § 1 18. BImSchV Rn. 29).

Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz im Mai 1995 als Muster-Verwaltungsvorschrift verabschiedete sog. „Freizeitlärm-Richtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst.

Im Rahmen der nach alledem gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise fällt ausschlaggebend ins Gewicht, dass die Lärmbelastung, die aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung resultieren wird, angesichts eines von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels während der Nachtzeit von bis zu 74 dB(A) derart hoch ist, dass sie das Maß dessen, was Betroffenen in dem konkreten Gebiet zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Hierbei kann nicht außer Betracht bleiben, dass alle vorgenannten Regelwerke davon ausgehen, selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht in jener besonderen Weise als schutzbedürftig ausgestaltet wurde, wie das durch den Bebauungsplan 001 geschehen ist, werde das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von der Art, wie sie für den 19. September 2014 ab 22.00 Uhr prognostiziert wurden, auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Angesichts der Geräuschbelastung, der sich die Anlieger der G.-straße aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend ausgesetzt sehen, vermag hieran auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Gestattung vom 1. September 2014 lärmträchtige Betätigungen nur während einer einzigen Nacht zulässt.

Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Vorschrift des § 6 der 18. BImSchV bezieht, ist diese Norm ebenso wenig unmittelbar oder entsprechend anwendbar, wie das aus den dargestellten Gründen für die Sportanlagenlärmschutzverordnung in ihrer Gesamtheit gilt. Allerdings hat die Rechtsprechung - auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 13.5.1997 - 22 B 96.3327 - BayVBl 1997, 594) - anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z. B. OVG RhPf, U. v. 14.9.2004 - 6 A 10949/04 - juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt. Nach der Aufstellung, die der Antragsteller der Beschwerdeerwiderung vom 16. September 2014 beigefügt hat und der die Antragsgegnerin in ihrer Replik vom 17. September 2014 nicht entgegengetreten ist, finden in der G.-straße (bzw. in ihrem näheren Umfeld) Veranstaltungen, die mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner einhergehen, vielmehr in großer Zahl und in engen zeitlichen Abständen statt (vgl. zu dem Erfordernis, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit besonders geräuschintensiver Veranstaltungen auch die Gesamtbelastung, die sich für ein Grundstück durch andere Störereignisse ergibt, sowie die zwischen ihnen liegenden Abstände zu berücksichtigen, BGH, U. v. 26.9.2003 - V ZR 41/03 - UPR 2004, 31/32).

Einer Abänderung bedarf der angefochtene Beschluss entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht unter dem Blickwinkel der erforderlichen Bestimmtheit. Die vom Verwaltungsgericht wiederhergestellte aufschiebende Wirkung hat eindeutig zur Folge, dass die Beigeladenen aus der verfahrensgegenständlichen Gestattung keine Befugnisse herleiten können. Die Rechtslage stellt sich vielmehr so dar, wie sie bestünde, wäre dieser Verwaltungsakt nicht erlassen worden. Der Umfang der gaststättenrechtlichen Befugnisse der Beigeladenen bestimmt sich deshalb nach Maßgabe der ihnen erteilten Erlaubnisse einschließlich der hierfür geltenden Nebenbestimmungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt haben und sie von ihrer Interessenlage zudem als im Lager der unterlegenen Antragsgegnerin stehend anzusehen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 BV 13.1686

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. November 2015

(VG Ansbach, Entscheidung vom 11. Juli 2013, Az.: AN 4 K 13.231 u. a.)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 423

Hauptpunkte:

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über ein behördliches Einschreiten gegen von Gaststätten ausgehende Geräuschimmissionen;

- Verlangen auf ermessensgerechte Entscheidung über eine Vorverlegung des Beginns der für Freischankflächen geltenden Sperrzeit;

- Klagebefugnis und Aktivlegitimation des Anspruchstellers als Eigentümer nicht selbstgenutzten Wohnraums im Einwirkungsbereich der emittierenden Gaststätten;

- Lage des Immobiliareigentums des Anspruchstellers und der emittierenden Gaststätten in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet, in dem zum Schutz der Wohnbevölkerung die Errichtung neuer Gaststätten ausgeschlossen ist;

- keine unmittelbare Anwendbarkeit der TA Lärm auch auf solche Freischankflächen, die Annex einer im Übrigen in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte sind;

- Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte durch „Raucherlärm“;

- formelle und materielle Voraussetzungen für eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt ..., vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt,

Beklagte

beigeladen:

1. ...

2. ...

3.

4. ...

5. ...

6. ...

zu 3 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

zu 4 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen gaststättenrechtlicher Auflagen; Sperrzeitverlängerung;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ertl aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. November 2015 am 25. November 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 wird in Nrn. 2 und 3 abgeändert.

II.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erneut zu bescheiden.

III.

Die Nummer 3 des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Juli 2013 erhält folgende Fassung:

„Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug fallen dem Kläger zu zwei Zehnteln, der Beklagten zu drei Zehnteln sowie den im ersten Rechtszug Beigeladenen zu 6) und 7) zu je einem Viertel zur Last. Die im ersten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.“

IV.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu zwei Fünfteln, die Beklagte zu drei Fünfteln zu tragen. Die im zweiten Rechtszug Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

V.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet das Begehren des Klägers, die beklagte kreisfreie Gemeinde zu verpflichten, jeweils unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zum einen über seinen Antrag neu zu entscheiden, gegen die Geräuschimmissionen einzuschreiten, denen seine Anwesen aufgrund der in der G.-straße befindlichen Gaststätten und ihrer Besucher ausgesetzt sind, soweit diese zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr außerhalb von Gebäuden einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) und während der übrigen Zeit einen Beurteilungspegel von 60 dB(A) überschreiten, und zum anderen erneut über sein Verlangen auf Festsetzung des Sperrzeitbeginns der Freischankflächen von in der G.-straße vorhandenen Gaststätten auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen nach 22.00 Uhr, aber vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) zu befinden.

1. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen innerhalb der Altstadt der Beklagten und im Geltungsbereich des seit dem 19. Februar 1988 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. 001, der ein Mischgebiet (§ 6 Abs. 1 BauNVO) festsetzt und in seinem Textteil u. a. folgende Regelungen trifft:

„2. Planungsrechtliche Einschränkungen des Mischgebietes gem. § 1 Abs. 5 BauNVO in Verbindung mit § 1 Abs. 9 BauNVO:

2.1 In dem im Planblatt mit,A' gekennzeichneten Bereich ist die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässige Nutzung Schank- und Speisewirtschaften einschließlich deren besonderer Betriebsarten wie auch Cafés - auch solche, die der Versorgung des Gebietes dienen - nicht zulässig, wenn es sich um erlaubnispflichtige Betriebe nach dem Gaststättengesetz handelt. Das Gleiche gilt für die Teilung von Betrieben.

Die planungsrechtliche Einschränkung gilt nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheit bereitzustellen, in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen.

Bestehende Betriebe genießen Bestandsschutz.

Eine Ausnahme kann bei Erweiterungen - sowohl innerhalb des Gebäudes als auch auf Freiflächen - nur gewährt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Erweiterung

- der Schank- u. Gastraumfläche des bestehenden Betriebes in geringem Umfange vergrößert wird,

- die Wohnnutzung im Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht stört und

- des sich daraus ergebenden Bedarfes an notwendigen Stellplätzen auf dem Baugrundstück oder in der Nähe untergebracht wird.“

Die G.-straße liegt innerhalb des mit „A“ gekennzeichneten Bereichs dieses Bebauungsplans, den die Beklagte mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 dahingehend geändert hat, dass seither auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, die in Verbindung mit einer gaststättenähnlichen Nutzung ausgeübt werden, unzulässig sind.

Am 24. September 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten, ein auf eine zweite Änderung des Bebauungsplans Nr. 001 abzielendes Verfahren einzuleiten, um die in dessen Geltungsbereich bestehenden planungsrechtlichen Restriktionen für Schankund Speisewirtschaften zu beseitigen. Am 21. Oktober 2015 beschloss das gleiche Gremium als Zielvorgabe für die geplante Änderung des Bebauungsplans Nr. 001, dass der von ihm erfasste Bereich zu einem Stadtteil entwickelt werden solle, der eine „urbane Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe, zu dem auch gastronomische Betriebe zählen“, ermögliche. In noch genau festzulegenden Teilbereichen des Bebauungsplangebiets solle „der durch den Bebauungsplan festgesetzte .signifikant' verstärkte Schutz des Wohnens aufgehoben werden und auf die Einschränkung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften verzichtet werden“.

2. Die G.-straße und die an sie angrenzenden Grundstücke liegen ferner im Geltungsbereich der am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Verordnung der Beklagten über die Sperrzeit von Gaststätten und Vergnügungsstätten („Innenstadt-Sperrzeitverordnung“) vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27). Sie sieht vor, dass - ausgenommen die Nacht zum 1. Januar - im Innenstadtbereich die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 2.00 Uhr beginnt und um 6.00 Uhr endet.

Die Beklagte hat außerdem eine Verordnung über die Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten („Sperrzeitverordnung“) erlassen. Sie sieht in ihrer derzeit geltenden, ebenfalls am 16. Februar 2012 in Kraft getretenen Fassung vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt der Beklagten vom 15.2.2012, S. 27) vor, dass die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen (Sondernutzungen) und privaten Flächen im Freien wie Wirtschaftsgärten und Terrassen abweichend von § 8 Abs. 1 GastV auf 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr festgesetzt wird. Das Verabreichen von Speisen und Getränken ist nach dieser Verordnung so rechtzeitig einzustellen, dass der Betrieb der Freischankfläche mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und der zurechenbare Straßenverkehr abgewickelt ist. Ferner dürfen nach dem Beginn der Sperrzeit Arbeiten, die geeignet sind, die Nachtruhe der Anwohner zu stören (z. B. Aufräumen, Zusammenstellen von Tischen und Stühlen), nicht mehr durchgeführt werden.

3. Der Kläger ist eigenem Bekunden zufolge zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer der Anwesen G.-straße 42 und 44, das sie 2007 erworben und nach einer Sanierung im Juli 2008 bezogen hätten. Es liegt auf der Nordostseite der annähernd von Nordwesten nach Südosten verlaufenden G.-straße.

Einem Aktenvermerk der Beklagten vom 11. Juli 2012 zufolge befanden sich in dem Anwesen G.-straße 42 vom 11. April 1902 bis zum 1. März 1998 nahezu ohne Unterbrechung Gaststätten. Am 4. Juli 2012 erteilte die Beklagte der Ehefrau des Klägers eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG zur Fortführung der Schank- und Speisewirtschaft „Café E.“ im Gebäude G.-straße 42. Sie erstreckte sich u. a. auf eine Freischankfläche mit höchstens 28 Sitzplätzen. Seit Juli 2013 hat der Kläger die Räume des „Café e.“ und die vor dem Anwesen G.-straße 42 liegende Freischankfläche, für die weiterhin 28 Sitzplätze konzessioniert sind, an einen Dritten vermietet, der dort eine als „M.-Cafe-Bar“ bezeichnete Schank- und Speisewirtschaft betreibt.

Die Nutzung der Anwesen G.-straße 42 und 44 für eigene Wohnzwecke hat der Kläger im Laufe des Jahres 2014 beendet und auch den in diesen Gebäuden befindlichen Wohnraum vermietet.

4. Nach Südosten hin schließt sich an das Anwesen G.-straße 42 - von diesem durch eine Zuwegung getrennt - das Anwesen G.-straße 38/40 an, in dem der Beigeladene zu 3) die Gaststätte „K.“ betreibt. Danach folgt auf der gleichen (nordöstlichen) Straßenseite die vom Beigeladenen zu 2) im Anwesen G.-straße 36 geführte Gaststätte „Z.“. im nächsten Gebäude (G.-straße 34) befand sich ehedem die Gaststätte „Zum G.“, die nach Darstellung der Beklagten seit dem 30. November 2014 geschlossen ist.

Auf der südwestlichen Seite der G.-straße betreibt der Beigeladene zu 4) in dem den Anwesen des Klägers gegenüberliegenden Gebäude G.-straße 43 die Schank- und Speisewirtschaft „W.“. Er hat gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof schriftsätzlich erklärt, dieses Lokal mit Ablauf des Jahres 2015 einzustellen. In dem sich auf der gleichen Straßenseite anschließenden Anwesen G.-straße 41 besteht die Gaststätte „Zum g.“, die nunmehr von der Beigeladenen zu 6) betrieben wird. Daran schließt sich die vom Beigeladenen zu 5) geführte Gaststätte „G.“ die an die Stelle des zuvor in dem gleichen Anwesen (G.-straße 39) unter den Bezeichnungen „s.“ bzw. „p.“ betriebenen Lokals getreten ist. Während die beiden auf dieser Straßenseite nächstfolgenden Gebäude (G.-straße 37 und G.-straße 35) nicht für gastronomische Zwecke genutzt werden, unterhält der Beigeladene zu 1) im Anwesen G.-straße 33 das Lokal D. ...

Wegen der genehmigungsrechtlichen Situation dieser Betriebe, die ausnahmslos auch über Freischankflächen verfügen, wird auf die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Gaststättenakten sowie die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof übergebenen, die jüngere Zeit betreffenden Unterlagen verwiesen.

5. Ab dem Jahr 2010 wandten sich Anwohner der G.-straße wegen der Geräuschbelastung, die sich aus den in dieser Straße betriebenen Gaststätten sowie aus in der Innenstadt durchgeführten Veranstaltungen ergebe, beschwerdeführend an die Beklagte. Auf Verlangen des Stadtrats der Beklagten trat am 6. Mai 2011 daraufhin ein „Runder Tisch“ zusammen, an dem u. a. Vertreter der Verwaltung der Beklagten, von Anwohnern der G.-straße sowie die Betreiber mehrerer in dieser Straße befindlicher Gaststätten teilnahmen. Wegen der damals in Aussicht genommenen Maßnahmen wird auf Blatt 140 bis 143 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten Bezug genommen.

In einer weiteren, am 16. November 2011 abgehaltenen Sitzung des „Runden Tisches“ erklärten die Vertreter der Anwohner, der am 6. Mai 2011 in Aussicht genommene Kompromiss sei aus ihrer Sicht u. a. deshalb gescheitert, da mehrere Gastwirte die hinsichtlich der Freischankflächen geltenden Sperrzeitregelungen nicht einhalten würden und die Zahl der dort genehmigten Sitzplätze überschritten werde.

Der Stadtrat der Beklagten befürwortete daraufhin am 21. Dezember 2011 u. a. den Erlass der vorerwähnten Innenstadt-Sperrzeitverordnung sowie eine einheitliche Dauer der Sperrzeit für Freischankflächen von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Wegen der weiteren in jener Sitzung getroffenen Festlegungen wird auf Blatt 277 in Band III der Akte „F. Altstadt“ der Beklagten verwiesen.

6. Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte vom 10. Mai 2012 beantragten der Kläger, seine Ehefrau sowie zwei weitere Einwohner der Beklagten - soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Belang - zum einen, geeignete Maßnahmen zu treffen und durchzuführen, damit die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der Gustav-/W.straße entstehenden und auf die Anwesen der Eingabeführer einwirkenden Geräuschimmissionen unter Einschluss der Geräusche, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten und die Nutzung der Freischankflächen verursacht würden, 45 dB(A) während der Nachtzeit und 60 dB(A) tagsüber nicht überschreiten. Zum anderen verlangten sie, die Sperrzeit der Freischankflächen von Gaststätten im Bereich der Gustav-/W.straße auf die Zeit von 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) bis 6.00 Uhr festzusetzen.

Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 31. Mai 2012, die Zuschrift vom 10. Mai 2012 sei dem Stadtrat am 23. Mai 2012 zur Kenntnis gebracht worden. Dieses Gremium habe die Auffassung vertreten, dass am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festgehalten werden solle. Die Aufrechterhaltung des Beginns der Sperrzeit für Freischankflächen um 23.00 Uhr begründete die Beklagte in diesem Schreiben damit, dass der in der TA Lärm vorgesehene Beginn der Nachtzeit um 22.00 Uhr nicht mehr dem geänderten Freizeitverhalten der Bevölkerung entspreche. Die Beklagte habe deshalb von der rechtlichen Möglichkeit, den Beginn der Sperrzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben, Gebrauch gemacht. Im Übrigen verwies die Beklagte u. a. darauf, dass der Grundstückserwerb des Klägers und seiner Ehefrau in der G.-straße zu einer Zeit stattgefunden habe, in der sich die Situation in gleicher Weise wie im Jahr 2012 dargestellt habe.

7. Mit der von ihm am 11. Januar 2013 zum Verwaltungsgericht Ansbach erhobenen Klage beantragte der Kläger bei Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug:

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf behördliches Einschreiten gegen die aufgrund der Gaststättenbetriebe im Bereich der G.-straße in F. entstehenden und auf das Anwesen des Klägers einwirkenden Lärmimmissionen - einbezogen die Lärmimmissionen, die durch die Gäste beim Betreten und Verlassen der Gaststätten, auch bei der Nutzung der Freischankflächen, verursacht werden -, die die maximalen Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden von 45 dB(A) in der Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) und von 60 dB(A) zur Tagzeit überschreiten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 31. Mai 2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 10. Mai 2012 auf Festsetzung der Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten im Bereich G.-straße in F. auf 22.00 Uhr (hilfsweise auf einen anderen Beginn vor 23.00 Uhr) bis 6.00 Uhr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8. Durch Urteil vom 11. Juli 2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2012 auf und verpflichtete die Beklagte, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Voraussetzungen für eine auf § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG gestützte Ermessensentscheidung - nämlich schädliche Umwelteinwirkungen zulasten des Klägers - lägen vor. Das Verwaltungsgericht verwies insoweit auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 und führte aus, die Geräuschvorbelastung durch eine genehmigte Nutzung führe nicht dazu, dass die Beigeladenen von jeder Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt wären. Zur Beurteilung der von einer Gaststätte ausgehenden Geräusche sei die TA Lärm heranzuziehen; das gelte auch für den von Freischankflächen ausgehenden Schall. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lasse das normkonkretisierende Konzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als dieses Regelwerk Spielräume in Gestalt von Kannvorschriften oder Bewertungsspannen eröffne.

Es sei unzutreffend, wenn die Beklagte annehme, der Beginn der Nachtzeit sei auf 23.00 Uhr anzusetzen, da es vorliegend sowohl an zwingenden betrieblichen als auch - jedenfalls bezogen auf das gesamte Stadtgebiet der Beklagten - an besonderen örtlichen Verhältnissen im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm fehle. Der Stadtratsbeschluss vom 21. Dezember 2011 stelle lediglich einen Bezug zur vorherigen, für die Anwohner ungünstigeren Sperrzeitregelung her; zu einem Hinausschieben der Nachtzeit verhalte er sich ebenso wenig wie die zugehörige Beschlussvorlage vom 13. Dezember 2011. Wollte man dennoch ein Hinausschieben im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm annehmen, fehle es an einer Würdigung des Umstandes, dass von einer Ausnahmeregelung der TA Lärm im größtmöglichen Umfang Gebrauch gemacht worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen Berücksichtigung gefunden habe, seien umso weniger erkennbar, als die Verwaltung der Beklagten in ihrer Beschlussvorlage darauf hingewiesen habe, dass rechnerisch 25% der Freischankplätze die Lärmrichtwerte überschreiten würden und dass die Toleranz der Anwohner aus immissionsschutzrechtlicher Sicht seit langem über Gebühr strapaziert worden sei. Angesichts eines in der Innenstadt während der Nachtzeit vorhandenen Grundgeräuschpegels von 45 bis 50 dB(A) sei ferner die weitere Voraussetzung für ein Hinausschieben der Nachtzeit nach der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm - nämlich die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe für die Nachbarschaft - nicht erfüllt, da am 15. November 2011, am 6. Juni 2012 und am 11. Juni 2012 durchgeführte Berechnungen eines Umweltingenieurs der Beklagten am Anwesen des Klägers für die Zeit zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr - und zwar auch sonntags - einen Beurteilungspegel von 58 dB(A) ergeben hätten. Angesichts der Bindung der Beklagten an die TA Lärm und der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 8 GastV den Gemeinden weiterhin die Möglichkeit von Sperrzeitverlängerungen nach § 10 und § 11 GastV zur Verfügung gestellt habe, scheide die Bejahung besonderer örtlicher Verhältnisse aufgrund des geänderten Ausgehverhaltens der Bevölkerung aus.

Dass es zu Überschreitungen des für die Nachtzeit maßgeblichen Beurteilungspegels von 45 dB(A) komme, ergebe sich u. a. aus den schalltechnischen Beurteilungen bzw. Immissionsprognosen von Umweltingenieuren der Beklagten vom 29. Dezember 2010, vom 6. Juni 2012 und vom 11. Juni 2012 sowie aus der Beschlussvorlage der Verwaltung der Beklagten für eine am 25. Januar 2012 abgehaltene Stadtratssitzung. Wenn in den beiden im Juni 2012 erstellten Immissionsprognosen hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr für das Anwesen des Klägers ein Beurteilungspegel von 58 dB(A) und hinsichtlich der Zeit ab 23.00 Uhr ein Beurteilungspegel von 59 dB(A) angesetzt worden sei, so ergebe sich hieraus eine massive Störung der Nachtruhe als Folge des von der Beklagten bis 23.00 Uhr zugelassenen Betriebs von Freischankflächen; diese Beurteilungspegel überträfen sogar den während der Nachtzeit in einem Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwert von 50 dB(A) deutlich. Zudem hätten an verschiedenen Punkten durchgeführte Messungen ergeben, dass der Raucherlärm zu Beurteilungspegeln von 62 dB(A), 46 dB(A) und 54 dB(A) führe; ähnliche, teilweise erhebliche Überschreitungen würden sich auch für das Anwesen des Klägers ergeben.

Aus der von der Beklagten vorgelegten schalltechnischen Beurteilung vom 8. Februar 2013 ergebe sich ferner, dass bei einigen größeren Freischankflächen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Tageszeit teilweise geringfügig überschritten würden.

Angesichts der eigenen Immissionsberechnungen der Beklagten lägen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Sperrzeit durch Einzelanordnung nach § 11 GastV vor. Die Erwägung, im Bereich der G.-straße bestehe angesichts der „historisch gewachsenen Kneipenmeile“ eine besondere Störungsunempfindlichkeit, sei angesichts der Tatsache, dass § 11 GastV keine atypischen Verhältnisse voraussetze und Gaststätten vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG keinen umfassenden Bestandsschutz genössen, mit dem Gesetz nicht vereinbar. Dies gelte zumal in Anbetracht der Zahl der in dieser Straße als wohnhaft gemeldeten Personen.

Aus dem Bescheid vom 31. Mai 2012 gehe nicht hervor, dass sich die Beklagte des Umstands bewusst gewesen sei, eine Ermessensentscheidung zu treffen; § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und die §§ 10 f. GastV seien nicht einmal erwähnt worden. Dies lasse den Schluss auf eine Ermessensunterschreitung zu. In die gleiche Richtung wirke es sich aus, dass die Beklagte die gegen ihre Entscheidung sprechenden Gesichtspunkte (hier: die Lärmbeeinträchtigung des Klägers) nicht ermittelt, gewürdigt und gewichtet habe. Dieser Mangel sei nicht nach § 114 Satz 2 VwGO heilbar, da diese Vorschrift nicht das erstmalige Ausüben von Ermessen im gerichtlichen Verfahren zulasse.

9. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs neu zu bescheiden.

In tatsächlicher Hinsicht verweist sie vor allem auf die Ergebnisse der Geräuschmessungen, die sie in den Monaten April bis September 2013 am Anwesen G.-straße 35 durchgeführt habe. Wegen der hierbei gewonnenen Ergebnisse und ihrer Bewertung durch die Beklagte wird auf Blatt 180 bis 213 der Gerichtsakte des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

10. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11. Die Beigeladenen haben im zweiten Rechtszug - ebenso wie der Vertreter des öffentlichen Interesses - keinen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die in beiden Rechtszügen angefallenen Gerichtsakten sowie auf die seitens des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs beigezogenen Vorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat im Hilfsantrag Erfolg. Das Verwaltungsgericht ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass das Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 2012 nicht als in jeder Hinsicht rechtskonforme und den Erfordernissen pflichtgemäßer Ermessensausübung entsprechende Verbescheidung des Begehrens angesehen werden kann, das der Kläger mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 10. Mai 2012 an die Beklagte herangetragen hatte. Bei der in der Nummer 1 des Tenors des angefochtenen Urteils erfolgten Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts, der in dem Schreiben vom 31. Mai 2012 zu sehen ist, muss es nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens deshalb ebenso sein Bewenden haben wie bei der unter der Nummer 2 des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung ausgesprochenen grundsätzlichen Verpflichtung der Beklagten, den Kläger neu zu bescheiden. Die Gesichtspunkte, von denen sich die Beklagte hierbei leiten lassen muss, bedürfen teilweise allerdings einer anderen Bestimmung als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist, da das Verwaltungsgericht punktuell sowohl den Rahmen der rechtlichen Bindungen, denen die Beklagte insofern unterliegt, zu eng gezogen als auch eine zu weitreichende Einschränkung ihres Ermessensspielraums angenommen hat.

1. Zulässigkeit der Klage:

Die Klage ist ungeachtet des Umstandes zulässig geblieben, dass der Kläger die Anwesen G.-straße 42 und 44 nicht mehr für eigene Wohnzwecke nutzt. Unabhängig hiervon ergibt sich seine Klagebefugnis (ebenso wie sein „Verletzt-Sein“ in eigenen Rechten im Sinn von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) nämlich aus dem Umstand, dass er durch die nicht rechts- und ermessenskonforme Weigerung der Beklagten, die auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkenden Geräuschimmissionen zu verringern, in seinem Eigentum an diesen Gebäuden verletzt wird. Denn es kann sich auf die Nutzbarkeit einer solchen Liegenschaft - insbesondere auf die Vermietbarkeit darin befindlichen Wohnraums und den hierbei erzielbaren Mietzins - nachteilig auswirken, wenn das Mietobjekt Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, die das Maß dessen überschreiten, was angesichts der konkreten Lage der Immobilie hingenommen werden muss.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich dieser Nachteil bereits realisiert hat. Unerheblich ist namentlich, ob der Kläger bei der Vermietung der zuvor von ihm selbst genutzten Wohnung nur einen geringeren Mietzins erzielen konnte, als das der Fall wäre, befände sich diese Liegenschaft in einer ruhigeren Umgebung. Denn „schädliche Umwelteinwirkungen“, deren Unterbleiben der von ihnen Betroffene nach den vorliegend einschlägigen, drittschützenden Vorschriften des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG grundsätzlich verlangen kann, liegen nicht erst dann vor, wenn es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung eines der in § 1 Abs. 1 BImSchG aufgeführten Schutzgüter, zu denen auch Gebäude gehören (Führ in GK-BlmSchG, Stand Dezember 2011, § 1 Rn. 162; Kotulla in ders., BImSchG, Stand Juli 2004, § 1 Rn. 53), gekommen ist. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn Immissionen „geeignet“ sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Es genügt deshalb, wenn Immissionen erfahrungsgemäß erhebliche negative Effekte auf die in § 1 Abs. 1 BImSchG bezeichneten Schutzgüter zeitigen können (Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Dezember 1990, § 3 BImSchG Anm. 6). Auf die Entbehrlichkeit des Umstands, „dass die Störung tatsächlich eingetreten ist“, als Voraussetzung für das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG hat bereits die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 14. Februar 1973 (BT-Drs. 7/179, S. 29) hingewiesen. Es reicht vielmehr aus, „wenn die Immissionen nach Art, Ausmaß und Dauer die Eignung besitzen, derartige Störungen hervorzubringen“ (BT-Drs. 7/179, S. 29).

Zwar genügt die lediglich entfernte, abstrakte Möglichkeit des Eintritts negativer Effekte auf immissionsschutzrechtlich relevante Schutzgüter nicht (vgl. zur erforderlichen Konkretheit der zu besorgenden Beeinträchtigungen Kotulla in ders., BImSchG, Stand Januar 2004, § 3 Rn. 37; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 3 Rn. 39). Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Belastung von Wohnräumen mit Geräuschimmissionen zu den - oft sogar wesentlichen - wertbildenden Faktoren jeder Wohnimmobilie gehört. Die Möglichkeit, der auf die Anwesen G.-straße 42 und 44 einwirkende Schall könnte zu einer spürbaren Minderung der Ertragskraft dieser Immobilie sowie ggf. zu sonstigen erheblichen Nachteilen für den Kläger (z. B. in Gestalt eines häufigeren, lärmbedingten Mieterwechsels oder einer Vermietbarkeit nur an Personen, die aufgrund ihrer Vermögenslage oder ihrer Verhaltensmodalitäten ein höheres wirtschaftliches Risiko für den Vermieter bedeuten) führen, stellt deshalb nicht nur eine hypothetische, sondern eine nach der Lebenserfahrung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchtende Gefahr dar.

Der in § 3 Abs. 1 BImSchG verwendete Begriff der „erheblichen Nachteile“ umfasst zudem nicht nur Substanz-, sondern auch Vermögensschäden; das gilt jedenfalls dann, wenn sie die Folge von physisch (hier: in Gestalt von Schallwellen) auf ein Sachgut einwirkenden Immissionen sind (vgl. BayVGH, U. v. 25.1.2010 - 22 N 09.1193 - Rn. 45, unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Bundes-Immissionsschutzgesetz, BT-Drs. 7/179, S. 29).

2. Beurteilungsmaßstab für die Schädlichkeit des Gaststättenlärms:

Bei der Beantwortung der Frage, ob von den in der G.-straße vorhandenen Gaststätten schädliche Umweltauswirkungen ausgehen, hatte (und hat) die Beklagte die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) insoweit zu beachten, als gaststättenrechtlich relevante Betätigungen innerhalb geschlossener Räume („Innengastronomie“) inmitten stehen. Gleiches gilt, soweit sich Geräusche - wie das u. a. bei den Emissionen des Zu- und Abgangsverkehrs der „Innengastronomie“ der Fall ist - als unmittelbare Folgeerscheinungen eines solchen Betriebs darstellen und der erforderliche räumliche Zusammenhang mit der Gaststätte noch besteht (2.1). Anders stellt sich die Bindung der Beklagten an die TA Lärm grundsätzlich hinsichtlich der akustischen Auswirkungen der in der G.-straße betriebenen Freischankflächen dar (2.2).

2.1 Die Maßgeblichkeit der TA Lärm für die Ermittlung und Bewertung der von Gaststätten (ausgenommen den von der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erfassten Bereich) ausgehenden Geräusche folgt unmittelbar aus der Nummer 1 Abs. 3 Buchst. b TA Lärm (vgl. dazu BVerwG, B. v. 9.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Soweit diese Verwaltungsvorschrift den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, kommt ihr darüber hinaus auch eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12). Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift insbesondere durch Kann-Bestimmungen (z. B. in Gestalt der Nummer 6.5 Satz 3 und der Nummer 7.2) und Bewertungsspannen (vgl. z. B. die Nummer A 2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U. v. 29.8.2007 a. a. O. Rn. 12).

An dem (auf die Innengastronomie beschränkten) Geltungsanspruch der TA Lärm für Zwecke der Ermittlung und Bewertung der durch Gaststättenbetriebe verursachten Geräusche ändert weder die nunmehr entfallene Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gaststättenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) noch die den Ländern zugewachsene Gesetzgebungskompetenz für verhaltensbezogenen Lärm (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG), sollten die vorliegend verfahrensgegenständlichen Immissionen hierzu zählen, etwas. Denn aus Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich die Fortgeltung sowohl des Gaststättengesetzes des Bundes in Bayern als partielles Bundesrecht als auch die fortbestehende Anwendbarkeit der §§ 22 BImSchG auf Gaststätten in diesem Bundesland jedenfalls neben § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (vgl. zur mangelnden Verdrängung des § 22 BImSchG durch das Gaststättenrecht BVerwG, B. v. 5.7.1986 - 7 N 1.96 u. a. - DÖV 1996, 919/920; SaarlOVG, U. v. 29.8.2006 -1 R 21/06 - NVwZ-RR 2007, 598/599 ff.; Czjaka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand August 2011, § 22 BImSchG Rn. 75; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Oktober 2006, Vor § 22 BImSchG Rn. 28; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 22 Rn. 14; ebenso Roßnagel/Hentschel in GK-BImSchG, Stand Dezember 2012, § 22 Rn. 174 für die beim Betrieb von Gaststätten einzuhaltenden immissionsschutzrechtlichen Anforderungen). Unter diesen Voraussetzungen bleiben bis zu ihrer (bisher nicht erfolgten) Ersetzung auch allgemeine Verwaltungsvorschriften in Kraft, die der Bund gemäß Art. 84 Abs. 2 GG zur Regelung des Vollzugs von Bundesrecht erlassen hat.

Aus dem Umstand, dass § 8 Abs. 1 GastV in der Fassung des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (GVBl S. 539) den Betrieb von Gaststätten nunmehr nahezu „rund um die Uhr“ (ausgenommen die Stunde zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr) zulässt, ergibt sich entgegen der in Abschnitt V.6 der Berufungsbegründung anklingenden Auffassung keine Modifizierung des Begriffsinhalts der „schädlichen Umwelteinwirkungen“, die einem Rückgriff auf § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG und den in diesen Bestimmungen vorausgesetzten, durch § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung u. a. mit der TA Lärm konkretisierten Bedeutungsgehalt dieses Rechtsinstituts entgegenstünde. Das folgt bereits daraus, dass eine landesrechtliche Norm gemäß Art. 31 GG einschlägiges Bundesrecht (hier: das sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG ergebende Gebot des Unterbleibens vermeidbarer bzw. der Minimierung unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen) weder verdrängen noch modifizieren kann. An dem sich aus Art. 31 GG ergebenden Vorrang des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG in Verbindung mit der in § 3 Abs. 1 BImSchG vorgenommenen Begriffsbestimmung der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ würde sich auch dann nichts ändern, wenn - was mangels Entscheidungserheblichkeit vorliegend ausdrücklich dahingestellt bleiben kann - die von den Besuchern einer Gaststätte ausgehenden Geräusche als „verhaltensbezogener Lärm“ im Sinn von Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG mit der Folge anzusehen sein sollten, dass die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung dieser Art von Immissionen nunmehr ebenso bei den Ländern läge wie das hinsichtlich des Gaststättenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG der Fall ist. Solange der Gesetzgeber in Bayern von einer sich aus den letztgenannten Verfassungsbestimmungen ergebenden Normsetzungsbefugnis nämlich nicht Gebrauch gemacht hat, gelten das Gaststättengesetz und die §§ 22 ff. BImSchG in diesem Bundesland gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG unverändert als Bundesrecht fort.

Der Annahme, der Landesgesetzgeber habe die sich aus §§ 22 BImSchG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG (jeweils in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BImSchG) ergebenden Anforderungen durch den Erlass des Gesetzes zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung vom 27. Dezember 2004 (a. a. O.) „mittelbar“ modifiziert, steht auch entgegen, dass eine Derogation oder Relativierung des materiellen Immissionsschutzrechts und eine Absenkung des Schutzniveaus zugunsten der Nachbarn von Gaststätten nachweislich nicht beabsichtigt war. Bereits die Begründung des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Änderung des Feiertagsgesetzes und der Gaststättenverordnung (LT-Drs. 15/1892, S. 4) hielt zu dieser Frage fest:

„Den Belangen des Lärmschutzes und der ungestörten Nachtruhe der Anwohner wird dadurch Rechnung getragen, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben, durch Rechtsverordnung für ihr gesamtes Gemeindegebiet oder für Teile hiervon eine abweichende Sperrzeit festzusetzen. Weiter können sie durch Einzelfallbescheid entsprechend regelnd eingreifen, wenn die Verhältnisse vor Ort dies erfordern.“

2.2 Soweit Freischankflächen den Gegenstand sowohl behördlicher Zulassungsentscheidungen als auch (geforderter) repressiver Maßnahmen bilden, besteht eine unmittelbare Bindung an die TA Lärm demgegenüber nicht, da es sich bei ihnen um „Freiluftgaststätten“ im Sinn der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm handelt, für die sich diese Verwaltungsvorschrift keine Geltung beimisst. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits in den Beschlüssen vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013 - GewArch 2014, 485 Rn. 8) und vom 30. September 2014 (22 B 14.267 - BA Rn. 5) zu erkennen gegeben, dass er in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (4 B 9.10 - BRS 76 [2010] Nr. 188) dazu neigt, diese Bestimmung nicht nur auf „reine“ Freiluftgaststätten (d. h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätte stattfinden), sondern auch auf Freischankflächen anzuwenden, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden. An dieser Auffassung ist zum einen deshalb festzuhalten, weil die Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm andernfalls zumindest weitgehend leerliefe. Denn auf Dauer angelegte Gaststätten, die ausschließlich „unter freiem Himmel“ betrieben werden, sind nach dem Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs in der Lebenswirklichkeit kaum anzutreffen. Soweit vorübergehende gastronomische Betätigungen ohne einen geschlossenen Gaststättenraum auskommen, verbietet bereits das sich aus § 12 Abs. 1 GastG ergebende Erfordernis der Zulassung solcher Betätigungen „unter erleichterten Voraussetzungen“ eine unmodifizierte Heranziehung der TA Lärm (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.2014 a. a. O. Rn. 8); der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm kommt in solchen Fällen deshalb keine konstitutive Bedeutung zu. Zum anderen sind keine Umstände erkennbar, die es im Licht des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtfertigen könnten, Freischankflächen, die sich als Bestandteile von in geschlossenen Räumen betriebenen Lokalen darstellen, im Gegensatz zu „selbstständigen“ Freiluftgaststätten von der Anwendung der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm auszunehmen. Sieht man mit dem Bundesverwaltungsgericht (B. v. 3.8.2010 - 4 B 9.10 -BRS 76 [2010] Nr. 188 unter insoweit allerdings nicht recht nachvollziehbarer Bezugnahme auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für die TA Lärm, BR-Drs. 254/98, S. 47) die Intention des Vorschriftengebers darin, zum einen im Hinblick auf die Bedeutung der Freiluftgastronomie und ihre örtliche bzw. regionale Herkömmlichkeit die Zumutbarkeitsschwelle gegebenenfalls anheben zu können, zum anderen in der Notwendigkeit, den Besonderheiten des menschlichen Lärms angemessen Rechnung zu tragen, so erscheint es geboten, den in der Realität zumindest ganz im Vordergrund stehenden Typus der Freischankfläche, die zu einer in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte gehört, in den Anwendungsbereich der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm einzubeziehen.

Ein solches Verständnis der Nummer 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm erscheint umso eher vertretbar, als sich hieraus kein „Freibrief“ für rücksichtsloses, lärmverursachendes Verhalten der Inhaber und Nutzer von Freischankflächen ergibt. Vielmehr beanspruchen auch für solche Einrichtungen die in § 22 BImSchG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG bzw. - nach erfolgter Erteilung der Gaststättenerlaubnis - § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gelangenden immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten ungeschmälert Geltung. Eine Besonderheit ergibt sich lediglich daraus, dass bei weder der TA Lärm noch einem anderen lärmschutzfachlichen Regelwerk unterfallenden Geräuschquellen die Entscheidung, wann die Grenze zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG überschritten wird, einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der Art und Lästigkeit der jeweiligen Schallereignisse, des von ihnen hervorgerufenen Beurteilungspegels, ihrer Dauer, Häufigkeit, Impuls-, Ton- und Informationshaltigkeit sowie des Zusammenwirkens dieser verschiedenen Faktoren zu treffen ist (ähnlich Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 1 Rn. 25). Nicht anders als in sonstigen Fällen, in denen für die Bewertung von Immissionen kein unmittelbar einschlägiges Regelwerk zur Verfügung steht, hängt die Beantwortung der Frage nach ihrer Zumutbarkeit auch hier von einer umfassenden Würdigung all dieser Umstände unter besonderer Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets ab (vgl. BVerwG, B. v. 17.7.2003 - 4 B 55.03 -NJW 2003, 3360/3361; HessVGH, U. v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - NVwZ-RR 2006, 531/532; BayVGH, B. v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - BayVBl 2006, 351). Wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz müssen ebenfalls in die Gesamtbetrachtung einfließen.

Wenn eine Anlage vollständig aus dem Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen ist, dann liegt darin zwar eine Klarstellung des Vorschriftengebers, dass die Beurteilungsmaßstäbe der TA Lärm für sie nicht passen (vgl. BR-Drs. 254/98, S. 47). Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, einzelne Vorschriften der TA Lärm entsprechend anzuwenden, soweit dies mit ihrer besonderen Eigenart vereinbar ist (Feldhaus, UPR 1999, 1/2, Kutscheidt, NVwZ 1999, 577/578), wobei ihnen allerdings nicht die Funktion einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift, sondern eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o.J., Nr. 1 Rn. 25).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist zunächst die Schutzwürdigkeit der klägerischen Anwesen zu berücksichtigen, wie sie sich aus dem Bebauungsplan Nr. 001 ergibt. Aus seinen textlichen Festsetzungen und aus seiner Begründung ergibt sich, dass es das zentrale von ihm verfolgte Anliegen ist, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen vor unzumutbaren Beeinträchtigungen - namentlich in Gestalt von Lärm - zu bewahren, die von Gaststätten ausgehen. Unmittelbar deutlich wird diese Regelungsabsicht zum einen im Ausschluss von Schank- und Speisewirtschaften nahezu jedweder Art mit Ausnahme solcher, die - wie Stehausschankflächen von Bäckereien, Metzgereien und anderen Lebensmittelgeschäften - unter dem Blickwinkel des Nachbarschutzes schlechthin kein Problempotential in sich bergen können, zum anderen in der Tatsache, dass die Nummer 2.1 der textlichen Festsetzungen eine Erweiterung bestandsgeschützter Betriebe nur unter der Voraussetzung zulässt, dass eine im Gaststättenanwesen selbst oder in der Nachbarschaft ausgeübte Wohnnutzung nicht gestört wird. In Übereinstimmung damit steht es, wenn die Begründung dieses Bebauungsplans auf ihrer Seite 2 ausführt, Anlass für seine Schaffung habe die Tatsache gegeben, dass während der vorangegangenen Jahre die Zahl der Restaurants, Kneipen und Cafés auf Kosten u. a. der Wohnnutzung zugenommen habe; eine Entwicklung dergestalt, dass die Wohnbevölkerung vor Lärm- und Verkehrsbelastungen aus der Innenstadt in periphere Wohnlagen fliehe, habe in dem Altstadtviertel, in dem die G.-straße liegt, teilweise bereits eingesetzt. Ziel der Planung sei es, diesen Teil der Innenstadt wieder für das Wohnen attraktiv zu machen (ebenda). In die gleiche Richtung weist es, wenn die Beklagte die „Überbelebung bei Nacht bis hin zum ruhestörenden Lärm ausgehend von den Kneipen bzw. Cafés selbst und durch mit Pkw's ankommende und abfahrende Kneipenbesucher“ in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 (S. 4) als einen der besonderen städtebaulichen Gründe anführte, aus denen sich die sachliche Rechtfertigung einer Einschränkung der in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansonsten allgemein zulässigen Nutzungsart „Schank- und Speisewirtschaften“ ergebe. Auch die Begründung der am 8. Februar 1997 in Kraft getretenen Änderung dieses Bebauungsplans hielt auf ihrer Seite 4 fest, die nach wie vor in den Abend- und Nachtstunden durch Musikdarbietungen und Tonwiedergabegeräte verursachten Störungen sowie der Zu- und Abfahrtsverkehr der Besucher hätten eine „Beeinträchtigung der Wohnruhe der unmittelbar angrenzenden Wohnbevölkerung“ zur Folge; dies führe zu einer Stagnierung der Wohnungsanzahl bzw. auch zu einer Abwanderung der Wohnbevölkerung.

Mit dieser Zielsetzung des von der Beklagten selbst gesetzten Ortsrechts wäre es unvereinbar, wollte man sie als befugt ansehen, bei der Bewertung der Störeignung der Geräusche, die von den in der G.-straße nunmehr in großer Zahl und in insgesamt erheblichem Umfang vorhandenen Freischankflächen ausgehen, die nach der TA Lärm für Mischgebiete geltenden Schutzstandards insbesondere in der Nachtzeit außer Acht zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die durch den Betrieb der Freischankflächen hervorgerufenen Geräusche die Gesamtlärmsituation dort jedenfalls dann maßgeblich prägen, wenn sie voll oder stark besetzt sind (vgl. die diesbezüglichen, auf Seite 6 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof festgehaltenen Angaben einer Umweltingenieurin der Beklagten und die damit ein Einklang stehende Tatsache, dass nach den Anlagen 8 bis 13 zur „schallmesstechnischen Betrachtung“ vom Oktober 2013, in der die Ergebnisse der von der Beklagten in der G.-straße durchgeführten Messungen referiert und kommentiert werden, die Stundenmittelwerte für die Zeit ab 23.00 Uhr - d. h. nach dem Beginn der Sperrzeit für die Freischankflächen - zumeist deutlich niedriger liegen als zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr).

Bei der tatrichterlichen Würdigung des vorliegenden Falls ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Bebauungsplan 001 nichts daran geändert hat, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt). Dies zeigen schon die in ihm enthaltene Bestandsklausel sowie das Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen ergibt, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind.

3. Einschreiten gegen der Innengastronomie zuzurechnenden nächtlichen Lärm, insbesondere „Raucherlärm“.

Der Kläger kann - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - nicht verlangen, dass die Beklagte gegen diejenigen Geräuschimmissionen einschreitet, die von den in der G.-straße betriebenen Gaststätten ausgehen und die zu einer Überschreitung der sich aus der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm ergebenden Beurteilungspegel führen, soweit diese Überschreitung durch Lautäußerungen von Personen verursacht wird, die die Innenräume einer von ihnen besuchten Gaststätte vorübergehend zum Zwecke des Rauchens verlassen, sich jedoch gleichwohl noch in deren unmittelbarer Nähe aufhalten.

Da dieser „Raucherlärm“ unmittelbar kausal auf den Betrieb der jeweiligen Gaststätte zurückzuführen ist, ist er nach dem Vorgesagten zwar grundsätzlich ebenso wie die Geräusche des Zu- und Abgangsverkehrs dieser Anlage zuzurechnen und deshalb bei der Feststellung, ob die jeweils einschlägigen Beurteilungspegel eingehalten sind, mitzuberücksichtigen.

Die Beklagte hat u. a. in Abschnitt I.2.c der Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf die im Jahr 2013 durchgeführten Messungen aufgezeigt, dass bereits einige wenige Raucher, die sich vor Gaststätten in der G.-straße aufhalten und dabei Gespräche führen, Schalldruckpegel hervorrufen, die zwischen 45 und knapp 60 dB(A) liegen können. Bei der Interpretation dieser Werte muss berücksichtigt werden, dass es sich hierbei nicht um Schallleistungspegel, d. h. um Werte handelt, die die Lautstärke am Ort der Entstehung eines Geräuschs wiedergeben, sondern dass die in der Tabelle 2 der Berufungserwiderung dargestellten Messergebnisse bereits die Abnahme der Schallintensität berücksichtigen, die sich aufgrund der Entfernung zwischen den jeweiligen Rauchergruppen und dem von der Beklagten im Dachgeschoss des Anwesens G.-straße 35 angebrachten Mikrofon ergaben. Unberücksichtigt lassen die von der Beklagten mitgeteilten Messergebnisse ferner den Umstand, dass die Kommunikation von Rauchern nach der Nummer A.3.3.5 TA Lärm vielfach die Vergabe eines Zuschlags für Informationshaltigkeit erfordern wird. Eine Umweltingenieurin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar dargelegt, dass es in Fachkreisen als üblich und angemessen angesehen wird, einen solchen Zuschlag dann, wenn ein Dritter vollständige Sätze verstehen kann, in Höhe von 6 dB(A), und, wenn für ihn nur Satzteile oder Wortfetzen hörbar sind, in Höhe von 3 dB(A) anzusetzen. Von einem solchen Zuschlag hat die Beklagte nach der Vorbemerkung zur Tabelle 2 auf Seite 5 der Berufungserwiderung abgesehen. Zwar sind „schädliche Umwelteinwirkungen“ im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG nicht bereits dann zu bejahen, wenn die von Personen, die sich zum Zwecke des Rauchens vor der von ihnen besuchten Gaststätte aufhalten, ausgehenden Geräusche während einer Zeitspanne, die kürzer ist als der maßgebliche Beurteilungszeitraum (er beträgt nach der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm während der Nachtzeit eine Stunde), an einem Immissionsort den während der Nachtzeit maßgeblichen Richtwert übersteigt. Da die Verweildauer einer sich unterhaltenden Rauchergruppe vor einer Gaststätte indes durchaus bis zu 15 Minuten betragen kann (die auf Seite 5 unten der Berufungsbegründung insoweit mitgeteilten Wahrnehmungen der mit der Durchführung der Geräuschmessungen beauftragten Dienstkräfte der Beklagten sind glaubhaft), spricht jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass bereits eine kleine Zahl von Rauchern, die sich (gleichzeitig oder nacheinander) während ein und derselben Stunde in kommunikativer Weise vor einer Gaststätte aufhalten, eine Überschreitung des in Dorf-, Misch- und Kerngebieten während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) nach sich zieht. In gesteigertem Maß besteht eine dahingehende Gefahr dann, wenn sich - wie in der G.-straße der Fall - die maßgeblichen Immissionsorte (vgl. dazu die Nummer 2.3 in Verbindung mit der Nummer A.1.3 TA Lärm) in großer Nähe zu Gaststätten befinden und die Bebauungsstruktur (sie ist in der vergleichsweise schmalen G.-straße durch auf beiden Straßenseiten geschlossene Bauweise gekennzeichnet) z. B. wegen der durch sie bewirkten Reflexionen eine schallverstärkende Funktion entfaltet. Hinzu kommt, dass es auf die Gesamtgeräuschbelastung ankommt und insofern in der G.-straße auch gaststättenunabhängige Geräuschquellen in Betracht kommen.

Die sich aus diesem Befund ergebende Folge, dass Gaststätten (ausgenommen ggf. nur solche Lokale, die ihrem Betriebszuschnitt nach ausschließlich auf die Einnahme von Speisen und Getränken mit hochpreisigem Niveau ausgelegt sind) wegen der Problematik des Raucherlärms in Dorf-, Misch- und sogar Kerngebieten weithin generell (und nicht nur - wie in § 15 Abs. 1 BauNVO vorausgesetzt - im „Einzelfall“) zur Nachtzeit als gebietsunverträglich angesehen werden müssten, stünde ersichtlich in Widerspruch zu der Entscheidung des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, dass Schank- und Speisewirtschaften in diesen Gebieten - vorbehaltlich gegenteiliger Regelungen in einem Bebauungsplan (vgl. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO) - allgemein zulässig sein sollen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Da es sich beim Phänomen des „Raucherlärms“ um eine Erscheinung handelt, die in der nunmehr zu verzeichnenden Massivität erst in jüngerer Zeit - nämlich im Gefolge des ausnahmslos geltenden Rauchverbots in den Innenräumen von Gaststätten gemäß Art. 2 Nr. 8, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 Satz 2 des Gesundheitsschutzgesetzes in der am 1. August 2010 in Kraft getretenen, gegenüber den vorangegangenen Fassungen verschärften Gestalt des Gesetzes vom 23. Juli 2010 (GVBl S. 314, BayRS 2126UG) - vor allem in Bayern aufgetreten ist, konnte die TA Lärm diese Problemstellung noch nicht berücksichtigen.

Der Konflikt, der zwischen den in § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO enthaltenen Vorgaben des Bundesrechts und dem im Gesundheitsschutzgesetz in der nunmehr geltenden Fassung zum Ausdruck gebrachten Willen des Volksgesetzgebers auf Landesebene besteht, kann zwar nicht in der Weise gelöst werden, dass der Raucherlärm als „sozialadäquat“ eingestuft und hieraus eine unbegrenzte Duldungspflicht der im akustischen Einwirkungsbereich von Gaststätten wohnenden Menschen hergeleitet wird; auch die Beklagte ist auf diese Auffassung in den letzten von ihr während des Berufungsverfahrens eingereichten Schriftsätzen zu Recht nicht mehr zurückgekommen. Gründe für eine solche Privilegierung können zum Einen in Traditionen, zum Andern in rechtlichen Sonderstellungen oder in allgemeinen Wertungen begründet sein, die in rechtserheblichen Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben (BVerwG, U. v. 7.10.1983 - 7 C 44.81 - NJW 1984, 989/990; BVerwG, B. v. 2.4.2003 - 6 B 12.03 - GewArch 2003, 300/301). Davon kann hier nicht die Rede sein.

Die Konkordanz zwischen den Vorgaben des bundesrechtlichen Verordnungsgebers, denen zufolge Schank- und Speisewirtschaften in Dorf-, Misch- und Kerngebieten, sofern durch Bebauungsplan nichts Gegenteiliges bestimmt wird, allgemein zulässig sind, und der Tatsache, dass der Raucherlärm dazu führen kann, dass die in solchen Gebieten liegenden Gaststätten die dort geltenden Immissionsrichtwerte (namentlich zur Nachtzeit) u. U. fortlaufend nicht einzuhalten vermögen, ist vielmehr in der Weise herzustellen, dass die zuständigen Behörden als befugt anzusehen sind, in Wahrnehmung des durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffneten Ermessensspielraums - mit den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen - in (faktischen oder bauplanungsrechtlich festgesetzten) Dorf-, Misch- und Kerngebieten von einem Einschreiten gegen den Gastwirt abzusehen, soweit es zu Überschreitungen des einzuhaltenden Beurteilungspegels aufgrund des Raucherlärms kommt. Ob dies auch bei in allgemeinen Wohngebieten liegenden Gaststätten angesichts des dort geltenden Vorrangs der Wohnnutzung (vgl. § 4 Abs. 1 BauNVO) und der Tatsache gilt, dass in solchen Gebieten nur der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaften bauplanungsrechtlich zulässig sind, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.

Der erforderliche praktische Ausgleich des auf diese Weise gewahrten Grundsatzes, demzufolge die Auswirkungen einer landesrechtlichen Regelung nicht dazu führen dürfen, dass die bundesrechtliche Grundsatzentscheidung für die generelle Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften in den der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. c TA Lärm unterfallenden Gebietsarten unterlaufen wird, mit dem Anliegen des Nachbarschutzes ist in diesen Fällen entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG durch ein - strikt zu handhabendes - Gebot der Minimierung des Raucherlärms herzustellen. Die Heranziehung des der letztgenannten Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedankens erscheint deshalb sachgerecht, weil für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, dass Gastwirten und Behörden Mittel zur Verfügung stehen, um den Raucherlärm stets auf ein Maß abzusenken, bei dem insbesondere der in Dorf-, Misch- und Kerngebieten geltende Nachtrichtwert von 45 dB(A) eingehalten wird; unter der Geltung des Gesundheitsschutzgesetzes ist er deshalb in gewissem Umfang als „unvermeidbar“ im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG anzusehen. Zum anderen stellen die bestehenden Möglichkeiten zur Lärmminderung nach der im achten Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 TA Lärm zum Ausdruck kommenden Wertung des Vorschriftengebers einen Gesichtspunkt dar, dem bei der Ermessensausübung Gewicht zukommt: Je mehr die zur Verfügung stehenden Instrumente ausgeschöpft sind und sich die verbleibende Geräuschbelastung als unabwendbar darstellt, desto eher ist es ermessensgerecht, hinsichtlich des verbleibenden Restbestands an Immissionen - auch soweit sie die in § 3 Abs. 1 BImSchG umschriebene Erheblichkeitsgrenze überschreiten - von Eingriffsmaßnahmen abzusehen.

Die Beklagte hat diesem Minimierungsgebot in nicht unbedeutendem Umfang bereits dadurch Geltung verschafft, dass sie gegenüber allen Beigeladenen auf § 5 Abs. 1 GastG gestützte Bescheide erlassen hat, die dazu dienen sollen, die nachteiligen Auswirkungen des Raucherlärms auf die Wohnbevölkerung in der G.-straße einzuschränken. Sie hat in diesen Bescheiden verfügt, dass Raucher, die den Innenraum der jeweiligen Gaststätte verlassen, keine Getränke mit nach außen nehmen dürfen, und dass ihre Bewirtung auf den vor den Lokalen befindlichen Freischankflächen sowohl innerhalb als auch außerhalb der für diese Betriebsteile geltenden Sperrzeit unstatthaft ist. Der Verwaltungsgerichtshof versteht den Satz 3 der Nummer 3 des Tenors dieser Bescheide ferner so, dass die Verbote der Abgabe von Speisen und Getränken an Gäste, die ein Lokal zum Zwecke des Rauchens verlassen, und der Mitnahme von Getränken durch die Gäste auch dann gelten, wenn diese sich vor der Gaststätte aufhalten, ohne sich auf einer dort vorhandenen Freischankfläche niederzulassen. Unter der Voraussetzung, dass diese Auflagen von den betroffenen Gastwirten beachtet sowie Verstöße hiergegen durch die Beklagte konsequent und in empfindlicher Weise geahndet werden, sind damit wesentliche Anreize dafür entfallen, dass sich Gaststättenbesucher länger oder häufiger vor Lokalen aufhalten, als dies für eine „Raucherpause“ notwendig ist.

Im Licht des Grundrechts des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 GG (ebenso wie des durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich verbürgten Anspruchs von Anwohnern der G.-straße auf Schutz ihrer Gesundheit) können derartige Regelungen indes noch nicht als abschließende Konkretisierung des aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG resultierenden Minimierungsgebots angesehen werden. Um einen wirksamen Schutz der vorgenannten Grundrechte zu gewährleisten, erscheint es vielmehr geboten, dass die Beklagte die Gastwirte in der G.-straße zusätzlich verpflichtet, entweder in eigener Person oder durch verantwortliche Beauftragte dann auf vor dem Lokal verweilende Gäste mündlich mit dem Ziel der Lärmminderung einzuwirken, wenn diese - sei es wegen der Länge ihres Aufenthalts dort, sei es wegen der Art oder der Lautstärke des hierbei praktizierten Verhaltens - die gebotene Rücksichtnahme auf die Wohnbevölkerung in der Nachbarschaft vermissen lassen, sie insbesondere den Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 117 Abs. 1 OWiG verwirklichen, und ihnen im Nichtbeachtungsfall Lokalverbot zu erteilen. Eine Pflicht, auf ihre Gäste mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsverletzungen, anderer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie erheblicher Belästigungen von Anwohnern einzuwirken, obliegt Wirten zwar unmittelbar von Rechts wegen (vgl. zu dieser Pflicht und dem daraus resultierenden Gebot, Gästen erforderlichenfalls Lokalverbot zu erteilen, ferner zur Erstreckung dieser Pflicht auch auf Gäste, die sich in unmittelbarer Nähe des Lokals aufhalten, z. B. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 4 Rn. 24 m. w. N.). Nur die bescheidsmäßige Konkretisierung dieser Pflicht verschafft der Beklagten jedoch die Möglichkeit, Missachtungen des Gebots der Lärmminimierung gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 2 GastG im Bußgeldwege zu ahnden oder gegebenenfalls Zwangsgeldandrohungen als Beugemittel einzusetzen. Die in der Lebenswirklichkeit des Öfteren anzutreffenden Hinweisschilder, durch die Gäste im Interesse der Nachbarschaft zu ruhigem Verhalten ermahnt werden, vermögen ein persönliches Einwirken schon deshalb nicht zu ersetzen, weil ihnen nicht die gleiche Nachdrücklichkeit wie einer dahingehenden, im Nichtbeachtungsfall mit der Sanktion eines Lokalverbots einhergehenden persönlichen Ansprache durch den Gastwirt oder einen von ihm Beauftragten zukommt.

Die Notwendigkeit, die Erfordernisse des bundesrechtlichen Bauplanungsrechts einer- und diejenigen des Lärmschutzes andererseits einem Ausgleich mit dem Ziel praktischer Konkordanz zuzuführen, entfällt im gegebenen Fall nicht deshalb, weil der Bebauungsplan Nr. 001 unter Modifizierung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO die Errichtung neuer Schank- und Speisewirtschaften für unzulässig erklärt. Denn das im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte Begehren des Klägers schließt auch die unter die Bestandsschutzklausel dieses Bebauungsplans fallenden Gaststätten in der G.-straße ein. Wie die Beklagte im Abschnitt II.3.a ihres Schreibens an den Verwaltungsgerichtshof vom 11. Juni 2015 sowie in den Anlagen 4 und 5 hierzu aufgezeigt hat, fällt ein erheblicher Anteil der in dieser Straße vorhandenen Gaststätten dem Grunde nach - wenn auch nicht notwendig (selbst unter Berücksichtigung der einer jeden Nutzungsart innewohnenden Bandbreite möglicher Ausgestaltungen) hinsichtlich des räumlichen Umfangs und des konkreten Betriebszuschnitts - unter die Bestandsschutzklausel. Soweit der Raucherlärm von Lokalen ausgeht, die nicht nur dergestalt Bestandsschutz genießen, dass im jeweiligen Anwesen der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft bauplanungsrechtlich überhaupt zulässig ist, sondern die auch hinsichtlich ihrer aktuellen Größe und ihrer sonstigen Erscheinungsform nach dieser Klausel unterfallen, greifen die vorstehend erwähnten Gesichtspunkte, die zu einem ermessensfehlerfreien Absehen von einem Einschreiten gegen solche Immissionen ermächtigen, die sich als Manifestationen nicht mehr reduzierbaren Raucherlärms darstellen, ebenfalls Platz.

Nicht ermessensfehlerfrei verweisen darf die Beklagte den Kläger auf die erfolgte Ausschöpfung lediglich aller in Betracht kommenden Maßnahmen zur Minimierung des Raucherlärms demgegenüber dann, soweit an seinen Anwesen die Beurteilungspegel von 60 dB(A) während der Tageszeit und von 45 dB(A) in der lautesten Nachtstunde durch den Raucherlärm solcher Gaststätten überschritten werden, die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 in der G.-straße entweder überhaupt nicht oder nicht in dem vorhandenen Umfang bzw. nicht in ihrer konkreten Ausgestaltung betrieben werden dürfen, sofern diese Nutzung nicht durch eine hierfür erteilte Baugenehmigung legalisiert wurde. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 sind - wie dargestellt - dazu bestimmt, die in seinem Geltungsbereich ausgeübten Wohnnutzungen zu schützen (zu denen auch solche gehören, die erst nach dem Inkrafttreten dieses Bebauungsplans aufgenommen wurden). Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, dem Kläger diesen Schutz dann ermessensgerecht zu verweigern, wenn schädliche Umwelteinwirkungen (z. B. in Gestalt von Raucherlärm) durch eine bauplanungsrechtlich unzulässige und deshalb ihrerseits nicht schutzwürdige Nutzung hervorgerufen werden.

Ebenfalls nicht ermessensfehlerfrei verwiesen werden darf ein Immissionsbetroffener auf das Minimierungsgebot selbst für den Fall einer tatsächlichen vollständigen Erfüllung dieses Postulats ferner dann, wenn die am maßgeblichen Immissionsort zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung ein Ausmaß übersteigt, bei dem mit dem Entstehen von Gesundheitsschäden zu rechnen ist. Dies gilt auch, soweit dieser Zustand durch von bauplanungsrechtlich zulässigen Gaststätten ausgehenden Schall unabhängig davon hervorgerufen wird, ob es zur Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte aufgrund von Raucherlärm oder wegen anderer Geräuscharten kommt. Denn von der Wahrnehmung ihrer Verpflichtung, sich schützend vor die Grundrechte zu stellen (vgl. z. B. BVerfG, U. v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07 u. a. - BVerfGE 125, 39/78 m. w. N.), kann die öffentliche Gewalt dann nicht mehr in ermessensfehlerfreier Weise absehen.

Notwendiges Korrelat des Umstandes, dass die Anwohner von Gaststätten es unter den vorbezeichneten Voraussetzungen und mit den dargestellten Einschränkungen hinnehmen müssen, wenn die zuständige Behörde von Maßnahmen zur Reduzierung des Raucherlärms auch dann absieht, wenn es hierdurch zu einer Überschreitung einzuhaltender Immissionsrichtwerte kommt, ist allerdings, dass das durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffnete Ermessen - sowohl was das „Ob“ eines Einschreitens als auch was die Effektivität der angewendeten Instrumentarien anbetrifft - dann, wenn gaststättenbedingte Geräusche die sich aus § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit den einschlägigen Regelwerken ergebende Erheblichkeitsgrenze aus anderen Gründen als wegen des Raucherlärms übersteigen, - abgesehen von ersichtlichen Bagatellfällen - tendenziell zugunsten Lärmbetroffener ausgeübt wird. Denn das Rücksichtnahmegebot, dem nach dem fünften Tiret der Nummer 5.1 Abs. 2 in Verbindung mit der Nummer 5.2 Abs. 1 TA Lärm eine das Ermessen der Vollzugsbehörden steuernde Funktion zukommt (vgl. dazu Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, TA Lärm Nr. 5 Rn. 1; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck o. J., Nr. 5 Rn. 8), würde einseitig zulasten der Anwohner von Gaststätten gehandhabt, würde die öffentliche Gewalt als befugt angesehen, die Belange dieses Personenkreises, was den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt gaststättenbedingten Lärms anbetrifft, in stärkerem Umfang hintanzusetzen, als das angesichts der faktischen Auswirkungen des Gesundheitsschutzgesetzes unabweisbar ist.

4. Einschreiten gegen der Außengastronomie zuzurechnenden Lärm nach 22.00 Uhr.

Einer teilweisen Korrektur bedarf die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung, soweit der Beginn der Nachtzeit in Frage steht. Das Verwaltungsgericht ging zwar zutreffend davon aus, dass der von der Beklagten vertretene Standpunkt, in ihrem Gebiet (oder in - nie näher bezeichneten - Teilen hiervon) beginne die Nachtzeit bereits gegenwärtig um 23.00 Uhr, unzutreffend ist. Da beide Klageanträge indes auf die Verpflichtung der Beklagten zu einem künftigen Handeln gerichtet sind, darf bei der gerichtlichen Bestimmung der rechtlichen und der Ermessenserwägungen, von denen sich die Beklagte bei der geschuldeten Neuverbescheidung sowohl des umfassenderen Begehrens, das dem Antrag 1 zugrunde liegt, als auch des Verlangens, erneut über eine Vorverlegung des Sperrzeitbeginns für die Freischankflächen im Bereich der G.-straße auf einen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt zu befinden, nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagte tatsächlich und rechtlich in der Lage sein könnte, hinsichtlich der Abende, die einem Samstag oder einem Sonntag oder Feiertag vorausgehen, in der G.-straße die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Nachtzeit als 22.00 Uhr zu schaffen.

Die Beklagte hat das mit Schreiben vom 10. Mai 2012 an sie herangetragene Verlangen des Klägers, die Sperrzeit von Freischankflächen der u. a. in der G.-straße betriebenen Gaststätten um 22.00 Uhr (hilfsweise zu einem anderen vor 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen zu lassen, am 31. Mai 2012 mit der Begründung abgelehnt, sie habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anfangszeitpunkt der Nachtzeit auf 23.00 Uhr hinauszuschieben. Der Frage, wann im Umfeld der Anwesen des Klägers die Nachtzeit beginnt, kommt jedoch Bedeutung auch dafür zu, ob die Beklagte hinsichtlich der Stunde zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr Maßnahmen im Sinn des Klageantrags 1 ergreifen muss, da - abhängig von ihrer Beantwortung -während dieser Zeitspanne unterschiedlich hohe Beurteilungspegel einzuhalten sind.

Ausgangspunkt für die insofern gebotene tatrichterliche Würdigung der Umstände des Einzelfalls (s. oben 2.2) ist die Erkenntnis, dass nahezu alle gängigen Regelwerke zur Lärmbeurteilung die Nachtzeit im Regelfall um 22.00 Uhr beginnen lassen. Dass es Ausnahmen geben kann, zeigen § 2 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142) und Nr. 6.4 Abs. 2 der TA Lärm. Der Verwaltungsgerichtshof hält die in der zuletzt genannten Vorschrift aufgezählten Gesichtspunkte auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der TA Lärm für grundsätzlich sachgerechte Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit bis 23.00 Uhr. Eine solche Entscheidung bei einem tiefgreifenden Interessenkonflikt für das ganze oder für einen größeren Teil des Stadtgebiets der Beklagten zu treffen, obliegt jedoch dem Stadtrat der Beklagten, der darüber noch nicht entschieden hat (4.1). Außerdem lagen auch die sachlichen Voraussetzungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug (noch) nicht vor (4.2).

4.1 Will eine Kommune von der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option für das ganze oder für einen größeren Teil des Gemeindegebiets Gebrauch machen, so handelt es sich bei einer solchen Entscheidung jedenfalls dann, wenn sie - wie vorliegend der Fall - vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Konflikts getroffen werden muss, der in dieser Gemeinde zwischen dem Ruhebedürfnis der betroffenen Wohnbevölkerung einerseits und dem Wunsch nach möglichst unbegrenzter Nutzung von Gaststätten in der „Kneipenmeile“ andererseits zutage getreten ist, auch in einer Stadt von der Größe der Beklagten nicht um ein laufendes Geschäft der Verwaltung im Sinn von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO; vielmehr liegt die Entscheidungszuständigkeit hierüber gemäß Art. 29 GO beim Gemeinderat.

Eine Beschlussfassung des Stadtrats der Beklagten, in deren Vorfeld er sich zunächst Gewissheit über das Vorliegen der - hier entsprechend anwendbaren - Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm verschafft hat und in deren Rahmen, nachdem diese Prüfung zu einem bejahenden Ergebnis geführt hat, eine diesbezügliche Ermessensentscheidung in Abwägung der widerstreitenden Interessen getroffen wurde, lässt sich nicht feststellen. Sie kann insbesondere nicht in der Sitzung dieses Gremiums am 23. Mai 2012 gefallen sein. Denn die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 31. Mai 2012 ausgeführt, sie habe an jenem Tag die Zuschrift der damaligen Bevollmächtigten des Klägers vom 10. Mai 2012 dem Stadtrat lediglich zur Kenntnis gebracht, wobei sich ein eindeutiges Meinungsbild dahingehend ergeben habe, dass man am Beschluss vom 21. Dezember 2011 festhalten wolle. Die Beklagte trägt damit selbst nicht vor, dass sie dem Stadtrat für die Sitzung am 23. Mai 2012 eine Beschlussvorlage unterbreitet hat, in der die Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm dargelegt, ihre Erfüllung nachgewiesen und die anzustellenden Ermessenserwägungen aufgezeigt wurden. Eine derartige Aufbereitung der Entscheidung erübrigte sich schon deshalb nicht, weil die Zuschrift vom 10. Mai 2012 die letztgenannte Regelung weder erwähnt noch sie die Kriterien anspricht, von denen ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit abhängt.

Aber auch am 21. Dezember 2011 hat der Stadtrat der Beklagten keine Entscheidung getroffen, die als Ausübung der durch die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm eröffneten Option angesehen werden könnte. Weder der an jenem Tag gefasste Beschluss selbst (er hatte noch nicht die Änderung der Sperrzeitverordnung als solcher zum Gegenstand, sondern traf nur eine dahingehende - gleichsam „politische“ -Festlegung) noch die der Vorbereitung jener Sitzung dienende Vorlage der Verwaltung der Beklagten erwähnen diese Vorschrift überhaupt; desgleichen fehlt in diesen Unterlagen jedwede Auseinandersetzung mit den Tatbestandsmerkmalen der genannten Vorschrift. Gleiches gilt für die Stadtratssitzung am 25. Januar 2012, in der die am 16. Februar 2012 in Kraft getretene Änderung der Sperrzeitverordnung rechtsförmlich verabschiedet wurde. Vielmehr haben im Zusammenhang mit diesen Sitzungen weder der Stadtrat selbst noch die Verwaltung der Beklagten die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm ausdrücklich oder der Sache nach überhaupt „in den Blick genommen“. Die seinerzeit getroffenen Entscheidungen beschränkten sich vielmehr darauf, die Sperrzeit für Freischankflächen, die sich bereits zuvor mit der Maßgabe grundsätzlich auf die Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr erstreckte, dass sie vom 15. Juni bis zum 15. August freitags und samstags sowie unter gewissen Voraussetzungen an den Tagen vor Christi Himmelfahrt und vor Fronleichnam erst um 24.00 Uhr begann (vgl. die Sperrzeitverordnung der Beklagten vom 17.6.1996 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 31.5.2011, Amtsblatt der Beklagten vom 8.6.2011, S. 18), ausnahmslos um 23.00 Uhr beginnen zu lassen.

Die Annahme, der Stadtrat der Beklagten habe damit zugleich eine Entscheidung im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm getroffen, verbietet sich auch deshalb, weil die Sperrzeitverordnung der Beklagten einheitlich für ihr gesamtes Stadtgebiet gilt; läge in den auf ihre künftige erneute Änderung abzielenden Beschlüssen vom 21. Dezember 2011 und vom 25. Januar 2012 die Festsetzung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr, käme einer solchen Festlegung damit ebenfalls für das gesamte Stadtgebiet Bedeutung zu. Es kann jedoch nicht angenommen werden, der Stadtrat der Beklagten habe eine Regelung dahingehend treffen wollen, der zufolge auch die in reinen Wohngebieten sowie in Krankenhäusern und Pflegeanstalten (vgl. zur besonderen Schutzbedürftigkeit dieser Gebiete bzw. Einrichtungen Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. e und f TA Lärm) lebenden Menschen verpflichtet sein sollten, bis 23.00 Uhr die für die Tageszeit geltenden, deutlich höheren Lärmrichtwerte hinzunehmen. Eine hinreichend bestimmte Beschränkung auf Teile des Stadtgebiets, z. B. eine mehr oder weniger große „Kneipenmeile“, liegt nicht vor.

Einer Interpretation der beiden vorgenannten Stadtratsbeschlüsse als stillschweigende Zurückverlegung des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr steht zudem entgegen, dass die einheitliche Festsetzung des Sperrzeitbeginns für Freischankflächen auf diesen Zeitpunkt mit der Aufhebung einer zugunsten der Gastwirte und Gaststättenbesucher zuvor partiell großzügiger ausgestalteten Regelung einherging; diese Maßnahme stellte sich daher als ein Entgegenkommen gegenüber den Anwohnern solcher Einrichtungen unter Bestätigung des Status quo im Übrigen dar. Eine Vergewisserung darüber, dass - wie die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm das fordert - „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen, die einen späteren Beginn der Nachtzeit rechtfertigen, vor allem aber darüber, dass trotz einer nur sieben Stunden dauernden Sperrzeit für die Freischankflächen eine achtstündige Nachtruhe der Anwohner gewährleistet ist (vgl. Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm), lassen diese Erwägungen nicht einmal im Ansatz erkennen.

4.2 Unabhängig hiervon waren die Voraussetzungen für ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit in entsprechender Anwendung der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm weder zur Zeit der vorerwähnten Beschlussfassungen erfüllt, noch ist das gegenwärtig der Fall. Es ist allerdings denkbar, dass solche Voraussetzungen wenigstens teilweise geschaffen werden können.

Die sachlichen Voraussetzungen bestehen darin, dass in Abweichung vom Regelfall besondere örtliche Verhältnisse bejaht werden können (4.2.2) und dass in der Regel eine achtstündige Nachtruhe der Nachbarschaft sichergestellt ist (4.2.1). Beides kann hier (noch) nicht bejaht werden.

4.2.1 Die TA Lärm selbst legt nicht näher fest, unter welchen Voraussetzungen „Nachtruhe“ im Sinn ihrer Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 sichergestellt ist. Die Bedeutung erschließt sich, wenn man vom Zweck des Kriteriums, dem Gesundheitsschutz, ausgeht. Eine gewisse Parallele, wenn auch nur bezogen auf die Einzelanlage, enthält § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 (GVBl S. 142).

Keinesfalls mehr gewahrt ist eine ausreichende Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm dann, wenn die Möglichkeit ungestörten Schlafens während einer zusammenhängenden Zeitspanne von acht Stunden in einem Ausmaß beeinträchtigt ist, die bei den Betroffenen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Denn das aus dem Grundrecht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG herrührende Abwehrrecht verwehrt es der öffentlichen Gewalt, ohne rechtfertigenden Grund durch aktives Tun mittels einer Entscheidung entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm am Entstehen von Gesundheitsschäden mitzuwirken. Die Grenze zur Gesundheitsgefährdung ist nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 - juris Rn. 44; U. v. 23.2.2005 - 4 A 4.04 - BVerwGE 123, 37/46; U. v. 13.5.2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69) erreicht, wenn ein aus allen Geräuschen, die auf einen zum Schlafen bestimmten Raum einwirken, zu bildender Summenpegel über eine ins Gewicht fallende Zeitspanne hinweg 60 dB(A) überschreitet.

Zur Wahrung dieses „absoluten“ Erfordernisses muss hinzutreten, dass die Bewohner des betroffenen Gebiets zwischen 23.00 Uhr und 7.00 Uhr jenes Maß an Ruhe finden, das sie entweder nach den einschlägigen bauplanungsrechtlichen Vorgaben oder aber nach der Eigenart der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) schutzwürdig erwarten dürfen. Da die Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm die Zulässigkeit eines Hinausschiebens des Beginns der Nachtzeit davon abhängig macht, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen berücksichtigt wird, darf die für das jeweilige Gebiet maßgebliche „Schädlichkeitsgrenze“ nicht überschritten werden. Was die Gesamtheit der von der TA Lärm erfassten Geräusche anbetrifft, ist eine Orientierung an den in der Nummer 6.1 TA Lärm normierten Immissionsrichtwerten möglich; für ihre Einhaltung kommt es entsprechend der Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm auf die Gegebenheiten in der lautesten Nachtstunde an.

Die Möglichkeit eines ungestörten, zusammenhängenden Schlafens über acht Stunden hinweg setzt zusätzlich allerdings voraus, dass auch die von der TA Lärm nicht erfassten Geräusche keine Intensität aufweisen, die der Bejahung von „Nachtruhe“ und der Erfüllung des vom Vorschriftengeber damit beabsichtigten Schutzzwecks entgegenstehen. Denn es entspräche nicht der u. a. in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sowie in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Ausdruck gebrachten Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, die Nachtruhe von Personen, die sich bereits einer hohen Belastung durch nicht der TA Lärm unterfallende Geräusche ausgesetzt sehen, durch ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit weiter einzuschränken. Da die für diese Art von Schall geschaffenen Regelwerke - soweit vorhanden - ebenfalls von einem „relativen“ (gebiets- bzw. einrichtungsbezogenen) Maßstab ausgehen (vgl. z. B. § 2 der Verkehrslärmschutzverordnung, § 2 der Sportanlagenlärmschutzverordnung, Nummer 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.8.1970, Beil. zum BAnz. Nr. 160), erscheint es sachgerecht, diesen differenzierenden Ansatz auch der Beantwortung der Frage zugrunde zu legen, welche Lautstärke diese Geräusche erreichen dürfen, damit mit Blickrichtung auf sie Nachtruhe im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm bejaht werden kann. Soweit Schall inmitten steht, der von keinem der vorgenannten Regelwerke erfasst wird, ist er in entsprechender Anwendung derjenigen Normen zu ermitteln und zu bewerten, die unter Berücksichtigung der physikalischen Charakteristik der jeweiligen Geräusche, ihrer typischerweise empfundenen Lästigkeit und der sozialen Wertigkeit der Verhaltensweisen, auf die sie zurückzuführen sind, hierfür am besten geeignet sind.

Da es an Vorgaben dafür fehlt, wie die Gesamtbelastung messtechnisch oder prognostisch zu ermitteln ist, die sich auf der Grundlage einer summativen Berücksichtigung der von der TA Lärm einer- und für bestimmte sonstige Geräuscharten andererseits geltenden Regelungen ergibt, erachtet der Verwaltungsgerichtshof eine getrennte Betrachtung beider Kategorien so lange für ausreichend, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bildung eines Summenpegels der verschiedenen Geräuscharten dazu führt, dass die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschritten wird.

„Nachtruhe“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm ist deshalb - vorbehaltlich der Einhaltung der vorbezeichneten absoluten Grenze - dann zu bejahen, wenn an allen maßgeblichen Immissionsorten in dem Gebiet, für das ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit angeordnet wurde oder verfügt werden soll, sowohl die für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm als auch diejenigen der jeweils einschlägigen Sonderregelwerke gewahrt sind.

4.2.2 Die Gewährleistung einer achtstündigen Nachtruhe alleine reicht jedoch nicht aus, um den Beginn der Nachtzeit in rechtmäßiger Weise auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt verlegen zu können. Dies zeigt das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm enthaltene Tatbestandsmerkmal, demzufolge „besondere örtliche Verhältnisse“ vorliegen müssen, um eine solche Maßnahme zu rechtfertigen.

Dieses Kriterium spielt auf die Üblichkeit bestimmter Schlafzeiten an. Die Bejahung „besonderer örtlicher Verhältnisse“ scheidet stets aus, wenn die im betroffenen Gebiet wohnende Bevölkerung nach den Wertungen der Rechtsordnung schutzwürdig erwarten darf, bereits ab 22.00 Uhr ungestörten Schlaf zu finden. Eine dahingehende praktische Notwendigkeit besteht vor allem für Erwerbstätige, Schüler und sonstige Auszubildende, die, um ihren Arbeitsplatz oder ihre Ausbildungsstelle rechtzeitig zu erreichen, bereits um (ggf. sogar deutlich vor) 6.00 Uhr aufstehen müssen und die deshalb allenfalls dann eine achtstündige Nachtruhe finden, wenn ab 22.00 Uhr die Möglichkeit ungestörten Schlafs besteht.

Eine dahingehende, rechtlich geschützte Erwartung ist in jedem Gebiet zu bejahen, das entweder aufgrund der hierfür geltenden bauplanungsrechtlichen Regelungen (d. h. nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans in Verbindung mit den Aussagen der Baunutzungsverordnung) oder aber wegen der „Eigenart der näheren Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB so beschaffen ist, dass dort Personen, die aus rechtlich anerkennenswerten Gründen auf eine ungestörte Nachtruhe bereits ab 22.00 Uhr angewiesen sind, Wohnung nehmen können, ohne sich dem Vorwurf der offensichtlichen Missachtung eigener Interessen auszusetzen. Dies wird stets in reinen und in aller Regel auch in allgemeinen Wohngebieten der Fall sein, während eine Person, die die in einem Kerngebiet ggf. zugelassene Wohnnutzung (vgl. § 7 Abs. 2 Nrn. 6 und 7 BauNVO) aufnimmt, angesichts der Zweckbestimmung solcher Gebiete, außer Schank- und Speisewirtschaften u. a. auch Vergnügungsstätten aufzunehmen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), hiervon vielfach nicht wird ausgehen dürfen. Wie die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Bewohner von Misch- und besonderen Wohngebieten (§ 6 bzw. § 4a BauNVO) zu bewerten ist, die Nachtruhe beginne stets um 22.00 Uhr, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der Aussagen des jeweils einschlägigen Bebauungsplans oder - sofern ein solcher fehlt - nach Maßgabe des konkreten Zuschnitts eines derartigen Gebiets bestimmen. Insbesondere eine Person, die in einem faktischen Mischgebiet eine Wohnnutzung aufnimmt, das entweder seit langem durch einen hohen Anteil an solchen Gaststätten gekennzeichnet ist, die nicht der Einnahme von Speisen in gehobenem Ambiente dienen, sondern die während einer das Entstehen eines gegenläufigen Vertrauens hindernden Zeitspanne in „kneipenähnlicher“ Weise betrieben wurden, kann nicht schutzwürdig erwarten, der zuständige Träger öffentlicher Gewalt werde dem gewandelten Ausgehverhalten wesentlicher Teile der Bevölkerung nicht dadurch Rechnung tragen, dass er die Nachtzeit erst um 23.00 Uhr (oder zu einem zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr liegenden Zeitpunkt) beginnen lässt. Gleiches gilt für Gebiete, die ebenfalls in einem Umfang, der in quantitativer und zeitlicher Hinsicht traditionsbegründend wirkt, als Wohnquartier für Bevölkerungsteile dienen, deren Lebensbedingungen nicht durch einen frühen Arbeitsbeginn gekennzeichnet oder für die geräuschintensive Verhaltensweisen auch nach 22.00 Uhr typisch sind.

Um festzustellen, ob unter Beachtung dieser Grundsätze „besondere örtliche Verhältnisse“ im Sinn der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm vorliegen, bedarf es - zumindest in aller Regel - keiner empirischen Erhebungen über die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im fraglichen Gebiet. Ausschlaggebend kommt es vielmehr auf die zutreffende Erfassung des diesbezüglichen Aussagegehalts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen Normen und Festsetzungen bzw. der prägenden Wirkungen der tatsächlichen Gegebenheiten im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB an. Denn die planungsrechtlichen Aussagen über die (Un-)Zulässigkeit baurechtlich relevanter Nutzungen bzw. die gemäß § 34 BauGB an ihre Stelle tretenden tatsächlichen Gegebenheiten sind es, die im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des in diesem Gebiet vorhandenen Immobiliareigentums bestimmen. Sind diese Faktoren so beschaffen, dass Immobilienerwerber oder Mietinteressenten nach dem Vorgesagten angesichts der einschlägigen bauplanungsrechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, dass sie bei einer Ansiedlung dort ab 22.00 Uhr Nachtruhe finden werden, so kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Eigentümer (für den Fall der Eigennutzung) selbst zu dem Personenkreis gehört, der auf ein ungestörtes Schlafen ab diesem Zeitpunkt angewiesen ist, oder er ihm gehörenden Wohnraum bereits bisher solchen Personen überlassen hat; von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützt wird bereits der Lagevorteil, der aus der bauplanungsrechtlich (unter Einschluss der Planersatzfunktion des § 34 Abs. 1 BauGB) eröffneten Möglichkeit einer künftigen derartigen Eigen- oder Fremdnutzung folgt.

Auch in Fällen, in denen danach eine Verlegung des Beginns der Nachtzeit auf einen später als 22.00 Uhr liegenden Zeitpunkt mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz einer im betroffenen Gebiet zulässigen Wohnnutzung grundsätzlich ausscheidet, kann es jedoch rechtens sein, hinsichtlich bestimmter Wochentage dann eine auf die Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung gestützte Entscheidung zu treffen, wenn dem insoweit keine schutzwürdigen Belange der im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen wohnenden Bevölkerung entgegenstehen. Dies kommt insbesondere in Ansehung der Nächte in Betracht, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorangehen. Sonn- und Feiertage sind von Rechts wegen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11.8.1919; § 9 Abs. 1 ArbZG) grundsätzlich arbeitsfrei. Auch unter tatsächlichem Blickwinkel besteht an Sonn- und Feiertagen für den weitaus größten Teil der erwerbstätigen oder in Ausbildung stehenden Bevölkerung nicht die Notwendigkeit frühen Aufstehens. Ob dies auch für den Samstag gilt, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere davon ab, ob ein ggf. vorhandener Bebauungsplan das schutzwürdige Vertrauen begründet, dass in den Nächten von Freitag auf Samstag bereits ab 22.00 Uhr Nachtruhe herrscht. Der Bestand einer „Kneipenmeile“ mit regem Besuch gerade am Ende der Arbeitswoche darf dabei ebenfalls beachtet werden.

4.2.3 Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 001 hinsichtlich der Nächte von Sonntag auf Montag bis einschließlich Donnerstag auf Freitag bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil angesichts der Festsetzungen dieses Bebauungsplans auch Menschen, die wegen ihrer Berufs- oder Ausbildungssituation so früh aufstehen müssen, dass sie auf die Möglichkeit ungestörten Schlafs ab 22.00 Uhr angewiesen sind, schutzwürdig davon ausgehen dürfen, dass die öffentliche Gewalt - insbesondere aber die Stelle, die den diesen Schutz vermittelnden Bebauungsplan erlassen hat - keine Maßnahmen ergreifen wird, die diese berechtigte Erwartung unterlaufen.

Anders verhält es sich hinsichtlich der Nächte, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen. Nicht nur aus der Begründung des Bebauungsplans Nr. 001, sondern auch aus weiteren von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (vor allem aus den Anlagen 4 und 5 zu ihrem Schriftsatz vom 11.6.2015) geht hervor, dass die G.-straße bereits vor dem 19. Februar 1988 durch eine außerordentlich hohe Dichte an Gaststätten gekennzeichnet war. Die gleichen Unterlagen verdeutlichen zudem, dass es sich bei diesen Betrieben zu einem wesentlichen Teil nicht um unter dem Blickwinkel des Lärmschutzes - insbesondere zur Nachtzeit - unproblematische Lokale handelte. Die Begründung des Bebauungsplans Nr. 001 verwendet zum Zweck der Charakterisierung der vorhandenen Gaststätten an einer Vielzahl von Stellen vielmehr den Terminus „Kneipen“; bereits ein im August 1983 erstellter Entwurf dieses Bebauungsplans wurde von der Beklagten mit der Bezeichnung „Kneipenstoppplan“ versehen. Der Bebauungsplan selbst setzt sich zwar die Verhinderung der Ausweitung dieser Nutzungsart zum Ziel; an der Tatsache, dass es sich bei der G.-straße um eine „Kneipenmeile“ handelte (und handelt), hat sich durch sein Inkrafttreten schon angesichts der in ihm enthaltenen Bestandsschutzklausel und nach dem Gesamtbild, das sich aus den in dieser Straße zu verzeichnenden Vorfällen, wie sie in großer Zahl in den Akten der Beklagten dokumentiert sind, indes nichts geändert. Vor diesem Hintergrund kann das Interesse von Personen, denen auch am Vorabend von Samstagen oder von Sonn- und Feiertagen an einen Beginn der Nachtruhe um 22.00 Uhr gelegen ist, bzw. von Inhabern von Immobiliareigentum in einem solchen Gebiet daran, dass diese Menschen nicht aus dem Kreis potenzieller Mietinteressenten ausscheiden, nicht als in einem Grad schutzwürdig anerkannt werden, dass ihm von Rechts wegen der Vorrang gegenüber dem Wunsch breiter Bevölkerungskreise zukommt, an solchen Abenden Gaststätten (einschließlich ihrer Freischankflächen) in größerem Umfang nutzen zu können, als das auf der Grundlage der für die Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwerte möglich ist.

Stünde demnach das Erfordernis der „besonderen örtlichen Verhältnisse“ einem Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf höchstens 23.00 Uhr an den Abenden, die einem Samstag oder einem Sonn- oder Feiertag vorausgehen, als solches nicht entgegen, so könnte eine solche Entscheidung gegenwärtig gleichwohl deswegen nicht als rechtens angesehen werden, weil auch in diesen Nächten derzeit das in der Nummer 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm genannte zusätzliche Kriterium (s. oben 4.2.1) nicht erfüllt ist. Denn nach den von der Beklagten zwischen dem April 2013 und dem September 2013 durchgeführten Messungen wird jedenfalls der nach der TA Lärm in einem Mischgebiet zur Nachtzeit geltende Beurteilungspegel von 45 dB(A) zum Teil erheblich und während mehrerer Stunden der Nacht überschritten (vgl. die Anlagen 6 bis 13 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013). Danach waren nicht nur in der Stunde zwischen 23.00 Uhr und 24.00 Uhr, sondern in der Mehrzahl der Monate sogar noch zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr Beurteilungspegel zu verzeichnen, die zwischen 50 und 55 dB(A) lagen. Nach der Aufschlüsselung, die in den Anlagen 8 bis 13 zu dieser schallmesstechnischen Betrachtung vorgenommen wurde, war das auch (und gerade) an Wochenenden - mithin auch in den Nächten Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag - der Fall. Es ist offenbar noch nicht hinreichend sichergestellt worden, dass die Freischankflächen die Nachtruhe ab 23.00 Uhr tatsächlich einhalten (vgl. zu diesem Erfordernis auch § 2 Abs. 2 der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20.4.1999 GVBl S. 142). Ebenso kommt es darauf an, ob an Wochenenden nicht gaststättenbezogene Feierlichkeiten auf der G.-straße stattfinden, von denen bis nach Mitternacht erhebliche Lärmbelästigungen ausgehen. Auch ist von Bedeutung, ob es der Beklagten gelingt, den Raucherlärm auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat gezeigt, dass es der Beklagten möglich sein könnte, diese Voraussetzungen zu schaffen. Außer Betracht bleiben in diesem Zusammenhang diejenigen Veranstaltungen, die als seltene oder sehr seltene Ereignisse behandelt werden können, einschließlich der damit verbundenen Gestattungen nach § 12 GastG.

Da gegenwärtig nicht nur eine Entscheidung des zuständigen Beschlussorgans der Beklagten über ein Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit auf 23.00 Uhr fehlt, sondern auch die materiellen Voraussetzungen einer solchen Maßnahme nicht vorliegen, behält es mit der durch das Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung sein Bewenden, sowohl erneut über eine Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit (Klageantrag 2) als auch über sonstige Maßnahmen zu befinden, die der Einhaltung des im Bereich der G.-straße ab 22.00 Uhr in Ansehung gaststättenbedingter Geräusche geltenden Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) dienen (Klageantrag 1).

5. Einschreiten gegen Gaststättenlärm zur Tagzeit:

Die vom Verwaltungsgericht bejahte Verpflichtung der Beklagten, im Sinn des Klageantrags 1 erneut über Maßnahmen zu befinden, die auf eine Begrenzung der von Gaststätten in der G.-straße ausgehenden Geräusche auf den während der Tageszeit einzuhaltenden Beurteilungspegel von 60 dB(A) abzielen, besteht dann nicht mehr, sobald die Beklagte alle von Rechts wegen eröffneten Möglichkeiten ausgeschöpft hat, diejenigen gaststättenrechtlichen Nutzungen zu unterbinden, die sie in Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001 zugelassen hat oder die unabhängig hiervon unter Missachtung der Vorgaben dieses Bebauungsplans ausgeübt werden und die sich auf die an den Anwesen des Klägers bestehende Immissionssituation nachteilig auswirken. Das folgt daraus, dass die Anwesen des Klägers schon bisher (d. h. vor der Durchführung der vorbezeichneten Maßnahmen) - sowohl was die Häufigkeit als auch was die Höhe von Überschreitungen des für die Tageszeit geltenden Beurteilungspegels von 60 dB(A) anbetrifft - nur in begrenztem Umfang schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt sind; auf die Frage, ob auch das sich aus der Nummer 6.1 Abs. 2 TA Lärm ergebende Spitzenpegelkriterium gewahrt ist, ist angesichts der Beschränkung des mit dem Klageantrag 1 verfolgten Begehrens auf die Einhaltung der maßgeblichen Beurteilungspegel nicht einzugehen.

Ausweislich der der schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 beigefügten Tabelle 1 kam es in den Monaten Mai und Juni 2013 an jeweils einem, im April an zwei, im August an drei und im Juli jenes Jahres an sechs Messtagen zu über 60 dB(A) liegenden Pegelwerten. An sieben dieser Tage wurde hierbei ein Beurteilungspegel von 61 dB(A), an drei weiteren ein solcher von 62 dB(A) ermittelt; an jeweils einem Tag lag dieser Wert bei 63, bei 64 bzw. bei 66 dB(A). Es steht außer Frage, dass nach Eliminierung der bauplanungsrechtlich unzulässigen gaststättenrechtlichen Geräuschquellen in dem rechtlich möglichen Umfang „gaststättenbedingte“ Richtwertüberschreitungen während der Tageszeit nur noch ein derart geringes Maß erreichen können, dass kein anerkennenswertes Interesse des Klägers an einem über die vorbezeichneten Schritte hinausgehenden diesbezüglichen Tätigwerden der Beklagten mehr bejaht werden kann. Diese Annahme ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil die in der Anlage 1 zur schallmesstechnischen Betrachtung vom Oktober 2013 verzeichneten Pegelwerte nicht nur auf die Schallemissionen von Gaststätten zurückzuführen sind, sondern in sie auch andere Geräuschquellen (insbesondere der Verkehrs- und der im Zentrum einer Großstadt tagsüber sonst vorhandene Lärm) Eingang gefunden haben.

6. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Hauptbeteiligten des Rechtsstreits auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, hinsichtlich der im zweiten Rechtszug Beigeladenen auf § 154 Abs. 3 Halbs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Da keiner von ihnen einen Sachantrag gestellt hat, scheidet die Überbürdung von Kosten auf sie ebenso aus wie die Zuerkennung eines (anteiligen) Kostenerstattungsanspruchs zu ihren Gunsten. In erster Instanz haben nur die damaligen Beigeladenen zu 6) und 7) einen - auf Abweisung der Klage abzielenden - Antrag gestellt. Da er nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Gänze erfolglos geblieben ist, wurden sie im angefochtenen Urteil folgerichtig zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von je einem Viertel herangezogen. Da diese früheren Beigeladenen im Laufe des Berufungsverfahrens aus dem Rechtsstreit ausgeschieden sind, hält es der Verwaltungsgerichtshof für sachgerecht, den sie betreffenden Teil der erstinstanzlichen Kostenentscheidung unverändert bestehen zu lassen. Dies hat allerdings zur Folge, dass die im ersten Rechtszug angefallene Kostenmasse nur noch im Umfang von 50% zwischen den übrigen Kostenpflichtigen (d. h. den beiden Hauptbeteiligten des Verfahrens) zu verteilen ist; der Grundsatz der Kosteneinheit muss insoweit zwangsläufig eine Durchbrechung erfahren. Diese Verteilung hat der Verwaltungsgerichtshof unter Abänderung der Nummer 3 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils unter Zugrundelegung der gleichen Quote vorgenommen, wie er das nach dem Ausgang des Berufungsverfahrens ausweislich der Nummer IV des Tenors seines Urteils für angezeigt erachtet.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

Die Sperrzeitverordnung der Stadt Kehl zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten vom 28.03.2012 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen die Sperrzeitverordnung der Antragsgegnerin zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten vom 28.03.2012 (im Folgenden: Sperrzeitverordnung).
Am 28.03.2012 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Sperrzeitverordnung, sie wurde am 30.03.2012 bekanntgemacht und trat nach ihrem § 3 am 01.05.2012 in Kraft. § 1 der Sperrzeitverordnung lautet:
„Für Gaststätten, in denen Geldspielgeräte im Sinne von § 1 der Spielverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2006 (BGBl. I S. 280) aufgestellt sind und die in Gebieten mit schutzbedürftiger Wohnnutzung gemäß § 2 dieser Verordnung liegen, beginnt die Sperrzeit außer in den Fällen von § 9 Abs. 2 der Gaststättenverordnung und vorbehaltlich besonderer Regelungen im Einzelfall nach § 12 Gaststättenverordnung von Sonntag bis Donnerstag spätestens mit Ablauf der 24. Stunde (das ist 0 Uhr des folgenden Tages) und in den Nächten von Freitag auf Samstag sowie von Samstag auf Sonntag spätestens um 2.00 Uhr.“
In § 2 der Sperrzeitverordnung werden die Gebiete mit schutzwürdiger Wohnnutzung im Sinne von § 1 der Sperrzeitverordnung näher bestimmt.
In der Beschlussvorlage der Verwaltung zur Gemeinderatssitzung am 28.03.2012 wird unter anderem ausgeführt: Die Antragsgegnerin habe mit derzeit 34.970 Einwohnern eine überproportional hohe Anzahl von in Gaststätten und Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräten. Es komme ein Geldspielgerät auf 55 Einwohner. Die Geldspielgeräte verteilten sich zum 31.12.2011 auf 27 Spielhallen und 98 Gaststätten; zum 31.12.2006 habe es nur 55 Gaststätten mit Spielgeräten gegeben. Die Zahl der Spielgeräte in Gaststätten sei von 92 im Jahr 2006 auf 276 im Jahr 2011 gewachsen. Die Massierung von Spielgeräten und von Gaststätten mit Spielgeräten erkläre sich aus der Grenzlage der Antragsgegnerin und der unmittelbaren Nachbarschaft des Ballungsraums Straßburg. In Frankreich sei die Aufstellung von Glücksspielgeräten in Gaststätten nicht erlaubt; Spielhallen wie in Deutschland gebe es nicht. Es seien nur wenige konzessionierte Casinobetriebe vorhanden. Seit im Jahr 2006 durch die Änderung der Spielverordnung die Höchstzahl der Geldspielgeräte in Gaststätten von zwei auf drei erhöht worden sei, sei eine Zunahme von Beschwerden über nächtliche Ruhestörungen in der Nachbarschaft innerstädtischer Gaststätten mit Geldspielgeräten zu verzeichnen. Derzeit gingen wöchentlich etwa zehn Beschwerden von Anwohnern bei der Polizei oder dem Produktbereich Öffentliche Ordnung ein. Herkömmliche Gaststätten, die ihren Umsatz im Wesentlichen durch die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken erzielten, würden regelmäßig nicht in Erscheinung treten. Die Beschwerden über Ruhestörungen, die von Gaststätten ausgingen, seien bisher nur betriebs- und nicht typenbezogen erfasst worden, so dass derzeit noch die Grundlagen für eine statistisch abgesicherte Gesamtbetrachtung fehlten. Die Darstellung beruhe im Wesentlichen auf der Wahrnehmung auffälliger Häufungen durch den Produktbereich Öffentliche Ordnung und das Polizeirevier Kehl. Die Sperrzeitverlängerung solle auf alle Gebiete mit störungsempfindlicher Wohnnutzung erstreckt werden, auch wenn sich die Störungen bislang auf wenige eingegrenzte Bereiche konzentrierten. Angesichts der offensichtlich außerordentlich großen Gewinne sei zu erwarten, dass die Betreiber andernfalls sehr schnell in Gebiete ausweichen würden, die noch nicht von der verlängerten Sperrzeit betroffen seien. Es sollten alle Gaststätten unabhängig von der Zahl der aufgestellten Spielgeräte in den Anwendungsbereich der Verordnung einbezogen werden, da schon jetzt eine Tendenz zu „Mikro-Bistros“ erkennbar sei und eine noch größere Zahl kleinerer Betriebe die Störungen durch Lokalwechsel zunehmen lasse. Dem Schutz der Nachbarschaft sei ein höherer Stellenwert einzuräumen als den Umsatzeinbußen der Automatenbetreiber und der Gastwirte.
Die Antragstellerin zu 1 betreibt im Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung die Bistros ... und ..., für die sie jeweils die gaststättenrechtliche Erlaubnis besitzt. In beiden Bistros sind jeweils drei Geldspielgeräte aufgestellt. Von den Erträgen der aufgestellten Geldspielgeräte erhält sie nach Abzug der Vergnügungssteuer einen Anteil von 70 Prozent; dreißig Prozent erhält der Automatenaufsteller. Der Antragsteller zu 2 ist Automatenaufsteller und in dieser Eigenschaft nach eigenen Angaben fast ausschließlich in Kehl tätig. Er hat dort in ... Gaststätten insgesamt ... Geldspielgeräte aufgestellt. Der jeweilige Inhaber der Gaststätte, in der der Antragsteller zu 2 Spielgeräte aufstellt, und der Antragsteller zu 2 teilen sich die Einnahmen aus den Geldspielgeräten abzüglich der Vergnügungssteuer hälftig.
Am 02.05.2012 haben die Antragsteller Normenkontrollanträge gestellt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ausführen: Die Sperrzeitverordnung sei bereits formell fehlerhaft. Denn sie stelle sich ihrem Inhalt nach als Allgemeinverfügung dar. Sie richte sich nur an einen bestimmten, von vornherein begrenzten Adressatenkreis. Zum einen gelte sie nur für Gaststätten, in denen Geldspielgeräte gemäß § 1 SpielV aufgestellt seien. Biergärten, Gartenwirtschaften, Diskotheken, Tanzcafés und Sportbars seien von ihrem Anwendungsbereich nicht erfasst, obwohl sie ihrer Art nach ebenfalls geeignet seien, die von der Antragsgegnerin in der Begründung zur Sperrzeitverordnung bemühten Lärmbelästigungen hervorzurufen. Zum anderen sei der Anwendungsbereich räumlich beschränkt. Die Sperrzeitverordnung sei auch materiell fehlerhaft. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 GastVO seien nicht gegeben. Besondere örtliche Verhältnisse lägen im Hinblick auf die von den betroffenen Gaststätten hervorgerufenen Lärmimmissionen nicht vor. Es fehle bereits an belastbaren Feststellungen dazu, dass es in den von der Sperrzeitverordnung betroffenen Gebieten überhaupt zu Lärmgrenzwertüberschreitungen gekommen sei oder kommen werde. Entsprechende schalltechnische Begutachtungen oder Immissionsprognosen seien nicht erstellt worden. Die Sperrzeitverordnung sei lediglich auf Grundlage einer angeblich festgestellten Zunahme von Beschwerden über nächtliche Ruhestörungen erlassen worden. Zudem hätte die Antragsgegnerin nachweisen müssen, dass allein oder zumindest überwiegend von Gaststätten mit Geldspielgeräten Lärmgrenzwertüberschreitungen hervorgerufen würden und sich dies eklatant von dem Lärmgeschehen bei den sonstigen „herkömmlichen“ Gaststätten unterscheide. Wenn eine Gemeinde nur für bestimmte Betriebe eine grundrechtsrelevante Beschränkung regele, müsse sie das Bedürfnis hierfür konkret nachweisen. Die Antragsgegnerin hätte zudem für jedes einzelne Teilgebiet, in dem die Sperrzeitverordnung gelte, differenziert darlegen müssen, dass im Hinblick auf die Lärmsituation besondere Verhältnisse vorherrschten. Die Sperrzeitverordnung schränke in nicht zulässiger Weise die Berufsfreiheit der Antragsteller ein. Mangels Nachweises, dass es bei der Wohnbevölkerung überhaupt zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen komme und diese den Gaststätten mit Geldspielgeräten zuzuordnen seien, stehe bereits die Erforderlichkeit der Regelungen der Sperrzeitverordnung in Frage. Sie sei auch deswegen nicht gegeben, weil die Antragsgegnerin angebliche nächtliche Ruhestörungen durchaus mit Einzelverfügungen ahnden bzw. verfolgen könne. Dies habe sie bislang offenbar noch nicht einmal versucht. Wenn man die Liste der von der Antragsgegnerin als auffällig bezeichneten Gaststätten betrachte, sei zu erkennen, dass von den derzeit bestehenden 100 Gaststätten mit Geldspielgeräten lediglich 19 auffällig seien. Dies zeige, dass für die Sperrzeitverordnung gar kein Bedürfnis bestehe. Mangels relevanter Entscheidungsgrundlagen, die bei der Beschlussfassung des Gemeinderates hätten vorliegen müssen, habe eine sachgerechte und den Interessen der Antragsteller gerecht werdende Abwägung der betroffenen Interessen gar nicht stattfinden können. Es werde auch unzulässig in das Recht der Antragsteller am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Da die Antragsgegnerin nicht nachgewiesen habe, dass die Gaststätten mit Geldspielgeräten allein für Lärmgrenzwertüberschreitungen verantwortlich seien und diese deshalb speziellen Regelungen zum Schutz der Wohnbevölkerung unterworfen werden müssten, verstoße die Sperrzeitverordnung auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Antragsteller haben Berichte ihrer Steuerberatungsgesellschaft über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Sperrzeitverordnung vorgelegt, wegen deren Inhalte auf Blatt 233 bis 265 und 269 bis 295 der Gerichtsakte verwiesen wird.
Die Antragsteller beantragen,
die Sperrzeitverordnung der Antragsgegnerin zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten vom 28.03.2012 für unwirksam zu erklären.
10 
Die Antragsgegnerin beantragt,
11 
die Normenkontrollanträge abzuweisen.
12 
Sie führt im Wesentlichen aus: Die Auffassung der Antragsteller, es handele sich in Wirklichkeit um eine Allgemeinverfügung, sei fernliegend. Die Sperrzeitverordnung erfasse alle Gaststättenbetriebe mit Geldspielgeräten in ihrem räumlichen Geltungsbereich, gleich ob sie heute bereits bestünden oder erst zukünftig eingerichtet würden. Das Verhältnis von Geldspielgeräten zu den Einwohnern der Stadt Kehl habe zum Zeitpunkt der Verwaltungsvorlage für den Gemeinderat 1:62 betragen, nunmehr betrage es 1:57. Die Anzahl der Geldspielgeräte habe sich in Kehl in 6 ½ Jahren sowohl bei den Spielhallen wie auch in den Gaststätten mehr als verdreifacht. Die Zahl der Gaststätten, für die Geeignetheitsbestätigungen erteilt worden seien, habe sich fast verdoppelt. Die extrem hohe Spielautomatendichte in Kehl finde in keiner anderen Gemeinde Baden-Württembergs auch nur eine annähernde Entsprechung und sei wohl auch deutschlandweit einmalig. Die angefochtene Sperrzeitverordnung werde nur mit bereits heute festgestellten und für die Zukunft erwarteten Belästigungen und Störungen der Nachtruhe im Stadtgebiet begründet, nicht aber zum Beispiel damit, dass durch den Nachtbetrieb einer übergroßen Zahl von „Automatenbistros“ der Kriminalität oder der Spielsucht Vorschub geleistet werde. Dazu seien aber keine Lärmmessungen, die Aufschluss über die gegenwärtige Situation bieten könnten, vorgenommen worden. Die Verordnung sei auch nicht damit begründet worden, dass in bestimmten Teilen des Stadtgebietes oder im Umfeld bestimmter Betriebe Störungen besonders häufig oder besonders intensiv seien. Die allgemeine Verlängerung der Sperrzeit werde vielmehr mit der festgestellten dramatischen Zunahme von Automatenbistros im Stadtgebiet und der aus der Analyse der Rahmenbedingungen begründeten Prognose begründet, dass diese Entwicklung voranschreiten und zu weiteren erheblichen Störungen und Belästigungen führen werde. Vor diesem Hintergrund seien Einzelmaßnahmen von vornherein ungeeignet und führe jegliche Einschränkung des Geltungsbereichs der Sperrzeitverordnung zu Ausweichbewegungen. Lärmmessungen seien in der Situation, wie sie auf ihrem Gemeindegebiet anzutreffen sei, weder erforderlich noch überhaupt sinnvoll möglich. Die Ausbreitung der Automatenbistros führe zu einem Ansteigen des Lärmpegels insgesamt und nicht nur an einzelnen Punkten. Soweit sich die Sperrzeitverordnung auf eingemeindete Dörfer beziehe, aus denen bislang keine Beschwerden laut geworden seien, habe sie, die Antragsgegnerin, eine Prognose vorzunehmen, wie sich die Entwicklung künftig fortsetze, und dabei zu berücksichtigen, dass eine Sperrzeitverlängerung nur in einzelnen Bereichen des Stadtgebietes angesichts der bestehenden Verkehrsanbindungen wahrscheinlich zu Ausweichbewegungen führe. Die Sperrzeitverordnung sei damit erforderlich und geeignet, um die Bevölkerung der Stadt Kehl vor Ruhestörungen und sonstigen Belästigungen, die ihre Ursache im nächtlichen Betrieb einer übermäßig hohen Anzahl von Automatenbistros habe, zu schützen. Sie sei auch verhältnismäßig. Anders als die Betreiber von Spielhallen lebten die Inhaber von Gastwirtschaften nicht ausschließlich oder überwiegend vom Betrieb von Spielautomaten. Ansonsten müssten Gaststättenerlaubnisse und Geeignetheitsbestätigungen entzogen werden. Ein Betrieb, der auf das Erbringen typischer Gaststättenleistungen, nämlich den Ausschank von Getränken und der Verabreichung von Speisen, ausgelegt sei, könne entweder ohne den Betrieb von Spielautomaten wirtschaften oder werde von einer Schließung um Mitternacht nicht allzu sehr betroffen.
13 
Dem Senat liegen die Akten der Antragsgegnerin vor, ebenso eine Aufstellung des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. über die Zahl der in baden-württembergischen Kommunen über 10.000 Einwohnern in Spielhallen und Gaststätten aufgestellten Geldspielgeräte und deren Verhältnis zur Einwohnerzahl, wegen deren Inhalts auf Blatt 143 - 165 der Gerichtsakte verwiesen wird. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig und begründet.
15 
Die Normenkontrollanträge sind gemäß § 47 Abs. 1 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten unterliegt als eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit der Normenkontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO).
16 
Die Normenkontrollanträge sind auch im Übrigen zulässig, insbesondere sind die Antragsteller nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Norm wird die Antragsbefugnis jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als bei der Regelung der Klagebefugnis in § 42 Abs. 2 VwGO, an der sich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 47 Abs. 2 durch Gesetz vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) orientiert hat. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offenkundig und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden (BVerwG, Beschluss vom 08.06.2011 - 4 BN 42.10 -, BauR 2011, 1641; Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.07.2012 - 10 S 406/10 -, juris). Die Antragstellerin zu 1 ist demgemäß als Betreiberin einer Gaststätte mit Spielgeräten antragsbefugt. Denn bei der Verlängerung der Sperrzeiten durch die hier angegriffene Rechtsverordnung handelt es sich um eine Regelung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreiberin, die die Ausübung ihres Gewerbes in ihrem zeitlichen Umfang betrifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.03.1995 - 14 S 779/94 -, VBlBW 1995, 474). Auch dem Antragsteller zu 2, der lediglich Automatenaufsteller ist und Geldspielgeräte nach eigenem Vorbringen fast ausschließlich im Stadtgebiet der Antragstellerin (... Geldspielautomaten in ... Gaststätten) anbringt, kann die Antragsbefugnis auf Grund der besonderen Umstände des Falls nicht abgesprochen werden. Zwar hat die angegriffene Sperrzeitverlängerung für Automatenaufsteller regelmäßig lediglich Folgewirkungen auf den zu erwartenden Gewinn durch den Betrieb der Spielgeräte, lässt ihre Berufsausübungsfreiheit aber unberührt. Das Grundrecht der Berufsfreiheit bietet keinen Anspruch auf die Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Wettbewerbspositionen und damit auch der Umsatz und die Erträge unterliegen dem Risiko laufender Veränderungen je nach den Marktverhältnissen (BVerfG, Urteil vom 17.12.2002 - 1 BvL 28, 29, 30/95 -, BVerfGE 106, 275, 299; BVerwG, Urteil vom 23.10.2008 - 7 C 48.07 -, BVerwGE 132, 244; Urteil des Senats vom 27.09.2011 - 6 S 707/10 -, juris; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl., Art. 12 RdNr. 17). Allerdings hat der Antragsteller zu 2 einen Bericht der Steuerberatungsgesellschaft ... über die wirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Sperrzeitverordnung auf seinen Betrieb vorgelegt, der auf Grund der von dem Antragsteller zu 2 bezifferten, von der Steuerberatungsgesellschaft als realistische Ausgangsgröße angesehenen Umsatzausfälle wegen der angegriffenen Sperrzeitverordnung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Durchsetzung der Sperrzeitverordnung die Existenz des Antragstellers bedrohe. Vor diesem Hintergrund kann nicht von vornherein offenkundig davon ausgegangen werden, dass die Sperrzeitverordnung nicht in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Antragstellers zu 2 eingreift.
17 
Die einjährige Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten. Die angegriffene Sperrzeitverordnung wurde am 30.03.2012 bekanntgemacht; die Normenkontrollanträge wurden am 02.05.2012 gestellt.
18 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Die formell nicht zu beanstandende Sperrzeitverordnung ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 der Verordnung der Landesregierung zur Ausführung des Gaststättengesetzes (GastVO) in Verbindung mit § 1 des Gaststättengesetzes für Baden-Württemberg (LGastG) und § 18 des Gaststättengesetzes (GastG) gedeckt.
19 
Allerdings war der Gemeinderat der Antragsgegnerin für den Erlass der Sperrzeitverordnung zuständig. § 1 Abs. 5 GastVO überträgt - neben ande-ren - den Gemeinden die Kompetenz für den Erlass von Rechtsverordnungen gemäß § 11 GastVO. Nach § 44 Abs. 3 GemO ist innerhalb der Gemeinde der Gemeinderat zuständig, weil es sich beim Erlass einer Sperrzeitverordnung gemäß § 1 Abs. 7 GastVO um eine Pflichtaufgabe nach Weisung handelt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 -, VBlBW 2001, 65).
20 
Anders als die Antragsteller unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 12.08.2004 (6 S 1126/04, NVwZ-RR 2005, 243) meinen, ist die angegriffene Sperrzeitverordnung nicht deswegen formell rechtswidrig, weil sie sich ihrem Inhalt nach als eine Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 1. Alt. LVwVfG darstellt. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Grenzziehung zwischen Allgemeinverfügung und Rechtsverordnung als schwierig und durchaus „fließend“ (vgl. Jarass, NVwZ 1987, 97 f.; Maurer, VBlBW 1987, 363) anzusehen ist. Deswegen ist insoweit vornehmlich darauf abzustellen, dass § 18 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. GastG und entsprechend § 11 GastVO ausdrücklich eine allgemeine Regelung verlangen, wobei sich der Begriff „allgemein“ auf den Adressatenkreis der Regelung bezieht, wie sich aus der Fassung der 2. Alternative des § 18 Abs. 1 Satz 2 GastG „für einzelne Betriebe“ ergibt. Der Adressatenkreis einer Rechtsverordnung nach § 11 GastVO muss also offen sein und die Regelungen der Rechtsverordnung müssen einen generellen Charakter haben, wobei - da der Begriff „allgemein“ nicht „einheitlich“ bedeutet - Differenzierungen aus sachlichen Gesichtspunkten zulässig sind und es daher nicht erforderlich ist, eine einheitliche Sperrzeit für alle Gaststättenbetriebe festzusetzen (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl., § 18 RdNr. 11). Allerdings darf die Sperrzeitverordnung den von ihr erfassten Adressatenkreis nicht von vornherein als beschränkt und feststehend bestimmen (vgl. auch Beschluss des Senats vom 16.01.2012 - 6 S 2888/11 -). Dies ist hier - im Gegensatz zu dem dem Beschluss des Senats vom 12.08.2004, a.a.O., zu Grunde liegenden Sachverhalt, bei dem der Anwendungsbereich der Sperrzeitverordnung auf Betriebe beschränkt war, bei denen der Beginn der Sperrzeit in der gaststättenrechtlichen Erlaubnis auf 22.00 Uhr festgesetzt war, und die Sperrzeitverordnung der Sache nach gaststättenrechtliche Einzelverfügungen ersetzen sollte - der Fall. Die von der Regelung der Sperrzeitverordnung erfassten Betriebe sind hier nur dadurch näher bezeichnet, dass es sich um Gaststätten handelt, in denen Geldspielgeräte im Sinne des § 1 der Spielverordnung vom 27.01.2006 aufgestellt sind und die in Gebieten mit schutzbedürftiger Wohnbevölkerung liegen. Sie erfasst bei ihrem Erlass bereits vorhandene Gaststätten mit Spielgeräten wie auch neu hinzukommende und erweist sich, auch wenn die Zahl der betroffenen Gaststätten nicht unbegrenzt ist, als „offen“ und - wie es § 11 GastVO fordert - als „allgemein“.
21 
Die angegriffene Sperrzeitverordnung ist aber deswegen unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 11 GastVO in Verbindung mit § 1 LGastG, § 18 GastG hält. Nach § 11 GastVO kann bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die Sperrzeit durch Rechtsverordnung allgemein verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden. Weder das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Bedürfnisses noch das der besonderen örtlichen Verhältnisse sind hier erfüllt.
22 
Diese beiden Tatbestandsmerkmale lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2000, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 12.03.2012 - 8 B 2473/11.N -, ZfWG 2012, 200; Spieß, Sächs.VBl. 1999, 73). Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Bedürfnisses soll in der Regel einschlägig sein, wenn der öffentliche Bedarf an Diensten der Gaststätten im Vordergrund der Überlegung steht. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sollen vorrangig dann zu prüfen sein, wenn nicht die Frage des besonderen Bedarfs streitig ist, dafür aber die Frage einer besonderen Störempfindlichkeit bzw. -unempfindlichkeit der Umgebung. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sind gegeben, wenn sich die Verhältnisse im örtlichen Bereich so von den Verhältnissen anderer örtlicher Bereiche unterscheiden, dass deswegen eine Abweichung von der allgemeinen Sperrzeit gerechtfertigt erscheint. Beiden Tatbestandsmerkmalen gemeinsam ist, dass das Gemeinwohl jeweils einer Sperrzeitverlängerung bzw. -verkürzung nicht entgegenstehen darf. Steht - wie hier - die Verlängerung der Sperrzeit in Rede, ist zudem zu beachten, dass nach dem Regelungsgefüge der in erster Linie an die Landesregierungen gerichteten Verordnungsermächtigung in § 18 GastG und der auf Fälle eines besonderen öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse begrenzten Subdelegation dieser Ermächtigung ein vom allgemeinen Gefahrenpotenzial abweichendes erhöhtes lokales Gefahrenpotenzial erforderlich ist. Denn die allgemeine Sperrzeitregelung in § 11 GastVO trägt durchschnittlichen Gefahrenpotenzialen Rechnung. Soll das Grundrecht der betroffenen Gewerbetreibenden aus Art. 12 Abs. 1 GG durch ordnungsbehördliche Ausnahmeregelungen stärker beschränkt werden, bedarf dies einer Rechtfertigung im Sinne eines erhöhten Gefahrenpotenzials im Zuständigkeitsbereich der handelnden Ordnungsbehörde (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 12.03.2012, a.a.O.).
23 
Nach den Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 18.07.2012 (Seite 8, letzter Absatz) wird die Sperrzeitverlängerung - wie sich bereits aus ihrer Bezeichnung als Verordnung „zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten“ und ihres auf Gebiete mit schutzbedürftiger Wohnnutzung eingeschränkten räumlichen Geltungsbereiches ergibt - ausdrücklich „nur“ mit den vorhandenen und zukünftig drohenden Belästigungen und Ruhestörungen, nicht aber damit begründet, dass durch den Nachtbetrieb „einer übergroßen Zahl von Automatenbistros“ der Kriminalität oder der Spielsucht Vorschub geleitstet wird. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Bevölkerung der Antragsgegnerin stärker von Spielsucht betroffen sei als die Bevölkerung anderer Orte. Ein Zusammenhang zwischen der „Nachtöffnung der Automatenbistros“ und der in Kehl „erschreckend hohen“ Kriminalitätsbelastung habe nicht schlüssig begründet werden können.
24 
Von dem Betrieb von Gaststätten ausgehende Lärmimmissionen können ein Abweichen von der allgemein festgesetzten Sperrzeit sowohl im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des „öffentlichen Bedürfnisses“ wie auch im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „der besonderen örtlichen Verhältnisse“ rechtfertigen. Gründe für ein öffentliches Bedürfnis hinsichtlich der Verlängerung der Sperrzeit liegen vor, wenn die Ausnutzung der allgemeinen Sperrzeit nicht im Einklang mit der Rechtsordnung oder anderen von der Verwaltung zu wahrenden öffentlichen Belangen steht und insoweit dem Gemeinwohl zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 -, GewArch 1996, 426; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 -, GewArch 2003, 204 und vom 12.08.2008 - 6 S 1613/07 -; Saarl. OVG, Urteil vom 29.08.2006 - 1 R 21/06 -, NVwZ-RR 2007, 598). Insbesondere dürfen von den Gaststätten innerhalb der allgemeinen Sperrzeit keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne der §§ 3, 22 BImSchG ausgehen. Denn die Nachtruhe von Personen, die in der Nachbarschaft von Gaststätten wohnen, gehört zu den Interessen, deren Wahrung der Rechtsbegriff des öffentlichen Bedürfnisses dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996, a.a.O.). Nichts anderes gilt hinsichtlich der zweiten Tatbestandsvariante der §§ 18 GastG, 11 GastVO in Gestalt des Vorliegens besonderer örtlicher Verhältnisse, die - insbesondere zum Schutz der betroffenen Anwohner - eine Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit ermöglicht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008, a.a.O.).
25 
Schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. auch §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Erheblichkeit von Immissionen muss nach dem Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt werden. Sie ist anzunehmen, wenn die Einwirkungen der Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, BVerwGE 56, 110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008, a.a.O.), wobei es hinsichtlich des zumutbaren Maßes auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten ankommt (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 -, BVerwGE 101, 157). Daneben sind bei der Frage der Zumutbarkeit der Lärmeinwirkung auch wertende Gesichtspunkte, wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz, als Kriterien heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1992 - 7 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002, a.a.O.). Zu den zu berücksichtigenden Lärmeinwirkungen zählen nicht nur die Geräusche durch den eigentlichen Gaststättenbetrieb, also der Lärm aus der Gaststätte, sondern auch sonstiger, der Gaststätte zurechenbarer Lärm, etwa der Lärm, der durch die Gäste auf dem Weg von und zu der Gaststätte hervorgerufen wird, sofern er einen erkennbaren Bezug zu dem Betrieb hat (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 06.06.2011 - 6 S 2666/10 -). Das Ausmaß der durch den Betrieb von Gaststätten bedingten Lärmeinwirkungen beurteilt sich anhand der Regelungen der gemäß § 48 BImSchG erlassenen TA-Lärm (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002, a.a.O.; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, TA-Lärm Nr. 1 RdNr. 16).
26 
Wenn eine Sperrzeitverlängerung abstrakt und generell für einen bestimmten räumlichen Geltungsbereich vorgenommen wird, müssen die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für den gesamten räumlichen Geltungsbereich vorliegen (Beschluss des Senats vom 06.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteile vom 17.06.2008 - 22 N 06.3069, 22 N 07.974 -, BayVBl 2009, 695 und vom 10.08.2011 - 22 N 10.1867, 22 N 10.1985 -, BayVBl. 2012, 433 sowie Beschluss vom 25.01.2010 - 22 NE 09.2019 -, juris). Hierzu hat der Verordnungsgeber vor dem Hintergrund, dass die Sperrzeitverlängerung in die Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreiber eingreift und dieser Eingriff am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG zu messen ist, belastbare Feststellungen zu treffen und eine spezielle Würdigung der Gesamtlärmsituation zur Nachtzeit in dem von der Sperrzeitverordnung erfassten Bereich vorzunehmen. Einer solchen Würdigung werden in der Regel Lärmmessungen oder Immissionsprognosen zu Grunde liegen, aus denen sich ergibt, ob der von den durch die Sperrzeitverordnung erfassten Gaststätten hervorgerufene Lärm den einschlägigen Immissionsrichtwert der TA-Lärm an den Wohngebäuden im Geltungsbereich der Verordnung überschreitet. Die subjektive Beurteilung der Lärmereignisse und die Erwartung möglichst hoher Lärmvorsorge durch die Anwohner können solche nachvollziehbaren Feststellungen nicht ersetzen (vgl. zum Ganzen: Beschluss des Senats vom 06.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteile vom 17.06.2008 und vom 10.08.2011 sowie Beschluss vom 25.01.2010, jew. a.a.O.), allerdings kann in bestimmten Konstellationen auch die Beurteilung von nächtlichem Lärm als schädliche Umwelteinwirkung auf die Nachbarschaft an Hand von hinreichend ausgewerteten behördlichen und polizeilichen Feststellungen das Ergebnis einer nicht zu beanstandenden behördlichen oder gerichtlichen Beweiswürdigung sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 24.05.2012 - 22 ZB 12.46 -, juris). Ebenso wie für die nach § 12 GastVO im Einzelfall durch Verwaltungsakt gegenüber dem Betreiber einer Gaststätte ausgesprochene Sperrzeitverlängerung erforderlich ist, dass die von seinem Betrieb ausgehenden Lärmimmissionen den einschlägigen Grenzwert der TA-Lärm überschreiten (vgl. Urteil des Senats vom 12.08.2008, a.a.O.), müssen für den Erlass einer die Sperrzeit unter Lärmschutzgesichtspunkten verlängernden Rechtsverordnung auf Grundlage des § 11 GastVO hinreichende Feststellungen dafür getroffen worden sein, dass die für ihren gesamten Geltungsbereich bestehende oder zu erwartende Gesamtlärmbelastung den nach der TA-Lärm zulässigen Rahmen überschreitet. Für den Erlass einer Rechtsverordnung ist - in Abgrenzung zum Vorgehen durch Einzelfallregelungen nach § 12 GastVO - allerdings die Feststellung ausreichend, dass auf Grund der örtlichen Verhältnisse eine über den zulässigen Richtwerten der TA-Lärm liegende Gesamtlärmbelastung der Nachbarschaft auf Grund des Gaststättenlärms gegeben oder zu erwarten ist, auch wenn die Immissionen nicht mit der erforderlichen Sicherheit einzelnen Gaststätten zugeordnet werden können, wie dies etwa für Straßenzüge mit einer Vielzahl von Gaststätten der Fall sein kann (vgl. dazu: BayVGH, Urteile vom 25.01.2010 - 22 N 09.1193 -, GewArch 2010, 118 und vom 10.10.2011 - 22 N 11.1075 -, juris).
27 
An solchen hinreichend belastbaren Feststellungen der Antragsgegnerin fehlt es hier. Aus der maßgeblichen Sitzungsvorlage der Verwaltung für die Gemeinderatssitzung am 28.03.2012 ergibt sich, dass die Antragsgegnerin sowohl das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse wie auch das öffentliche Bedürfnis für die Sperrzeitverlängerung im Hinblick auf nächtliche Belästigungen der Nachbarschaft durch „Automatengaststätten“ angenommen hat. Diese Belästigungen seien handgreiflich und den Betrieben als typische Auswirkungen zuzuordnen. Die Ruhestörungen seien ohne weiteres geeignet, das Wohlbefinden und unter Umständen die Gesundheit der betroffenen Anwohner zu beeinträchtigen. Es leuchte ein, dass durch die fortgesetzten Ruhestörungen der Wert der beeinträchtigten Wohngrundstücke sinke. In der Grenzstadt Kehl gebe es wegen restriktiver glücksspielrechtlicher Regelungen in Frankreich signifikant mehr Automaten und „Automatengaststätten“ als in anderen Gemeinden. Es treffe ein Geldspielgerät auf 55 Einwohner (wobei später das Verhältnis auf 1:57 im Juli 2012 korrigiert wurde). Zum 21.02.2012 habe die Zahl der Gaststätten mit Spielgeräten bei 100 und die Zahl der Spielgeräte in Gaststätten bei 276 gelegen.
28 
Indes hat die Antragsgegnerin keine belastbaren Feststellungen zur konkreten Gesamtlärmsituation zur Nachtzeit im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung getroffen. Dies ergibt sich schon aus der Verwaltungsvorlage zur Gemeinderatssitzung am 28.03.2012, in der ausgeführt ist, dass Beschwerden über Ruhestörungen, die von Gaststätten ausgehen, bisher nur betriebs- und nicht typenbezogen erfasst worden seien und derzeit noch die Grundlagen für eine statistisch abgesicherte Gesamtbetrachtung fehlten. Lärmmessungen oder Lärmprognosen sind, wie die Antragsgegnerin ausdrücklich in ihrem Schriftsatz vom 18.07.2012 einräumt, nicht erfolgt. Die Vertreter der Antragsgegnerin sprachen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nur von einer „diffusen Störsituation“. Die Antragsgegnerin stützt sich in tatsächlicher Hinsicht lediglich auf die „Wahrnehmung auffälliger Häufungen“ von Beschwerden über Ruhestörungen durch die Sachbearbeiter des Produktbereichs Öffentliche Ordnung und durch die Beamten des Kehler Polizeireviers und auf eine Auswertung der Akten auffälliger Betriebe. Diesbezüglich war der Verwaltungsvorlage als Anlage 3 eine Liste von 19 Gaststätten beigefügt, in welchen gehäuft Beschwerden wegen Ruhestörungen aufgetreten sind, wobei diese Liste ausweislich der Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 18.07.2012 allerdings nicht dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung vorlag, sondern lediglich dem Verwaltungsausschuss in einer nichtöffentlichen Vorlage. Die in der Liste genannten Beschwerden sind weder im Verwaltungsverfahren noch im Normenkontrollverfahren näher dokumentiert oder aufbereitet worden. Sie umfassen lediglich 19 Gaststätten mit drei (so bei 17 Gaststätten) oder zwei Geldspielgeräten (so bei 2 Gaststätten), während im Gemeindegebiet insgesamt 100 Gaststätten mit Geldspielgeräten vorhanden sind. Auf ein solches Tatsachenmaterial, das nur ein Fünftel der von der Sperrzeitverordnung betroffenen Gaststätten mit Geldspielgeräten erfasst, können hinreichende tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der Gesamtlärmbelästigung der Nachbarschaft durch die von der Sperrzeitverordnung betroffenen Gaststätten mit Geldspielgeräten nicht gestützt werden. Dies betrifft nicht nur die Vorgehensweise, allein auf gehäufte Anwohnerbeschwerden und nicht auf hinreichend belastbare, nämlich in der Regel durch einzuholende sachverständige Lärmgutachten oder -prognosen belegte objektive Feststellungen zur Gesamtlärmsituation zurückzugreifen, sondern auch die Bestimmung des sachlichen und räumlichen Geltungsbereichs der Sperrzeitverordnung. Von der hier streitgegenständlichen Sperrzeitverordnung sind nämlich alle Gaststätten umfasst, in denen Geldspielgeräte im Sinne von § 1 der Spielverordnung aufgestellt sind. Mithin fallen in ihren Geltungsbereich auch solche Gaststätten mit etwa nur einem oder zwei Geldspielgeräten, die von der Antragsgegnerin nicht als „Automatenbistros“, sondern als „herkömmliche Gaststätten“, die ihren Umsatz im Wesentlichen durch die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken bestreiten, bezeichnet werden. Für diese Gaststätten hat die Antragsgegnerin ebenso wenig wie für die zahlenmäßig überwiegenden „Automatenbistros“, bei deren Betrieb es bislang nicht oder nicht gehäuft zu Anwohnerbeschwerden gekommen ist und die deswegen nicht in der Anlage 3 zur Verwaltungsvorlage aufgeführt sind, nicht einmal ansatzweise näher ermittelt, ob von ihnen auch ein erhöhtes Gefährdungspotenzial auf Grund von Lärmimmissionen ausgeht. Hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs der Sperrzeitverordnung werden gleichfalls - bloß auf Grund eines von der Antragsgegnerin vermuteten, aber nicht belegten Verlagerungseffektes - Gebiete einbezogen, für die unzumutbare Lärmimmissionen derzeit weder nachgewiesen sind noch überhaupt in Frage stehen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin insoweit nicht auf eine konkret zu erwartende Lärmsituation abgestellt, sondern lediglich darauf, wo in ihrem Gemeindegebiet schutzbedürftige Wohnbevölkerung vorhanden ist.
29 
Anders als die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10.10.2011 und vom 25.01.2010 (jew. a.a.O.) meint, kann die Sperrzeitverordnung hier auch nicht allein darauf gestützt werden, dass sich besondere örtliche Verhältnisse unter dem Aspekt der Bekämpfung schädlicher Lärmeinwirkungen daraus ergeben, dass in einem Gebiet eine zahlenmäßig beträchtliche Wohnbevölkerung auf eine große Anzahl von Gaststätten mit Nachtbetrieb trifft und damit eine konfliktträchtige Gemengelage entsteht, die als solche untypisch ist und eine Besonderheit darstellt. Denn zum einen kann jedenfalls nicht für den gesamten Geltungsbereich der streitgegenständlichen Sperrzeitverordnung von einer solchen ungewöhnlichen Dichte von Gaststätten mit Spielgeräten gesprochen werden. Die Antragsgegnerin hat den Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung insoweit nicht auf die Gebiete (vgl. insofern die Verwaltungsvorlage zur Gemeinderatssitzung vom 28.03.2012, in der davon gesprochen wird, dass sich die Störungen bislang auf wenige eingegrenzte Bereiche konzentrieren) begrenzt, in denen es zu vermehrten Störungen auf Grund zu hoher Lärmimmissionen gekommen sein soll, sondern den Geltungsbereich unabhängig von der konkreten Lärmsituation auf alle Gebiete mit störungsempfindlicher Wohnnutzung erstreckt. Zum anderen wurden in den von der Antragsgegnerin herangezogenen Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse im Hinblick auf Lärmschutzaspekte in tatsächlicher Hinsicht nicht bloß auf Anliegerbeschwerden gestützt, sondern durch belastbare Feststellungen auf Grund von dem Verordnungsgeber vorgelegter schalltechnischer Gutachten bzw. Untersuchungen belegt. Diese sachverständigen Stellungnahmen zeigen zudem, dass - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - verlässliche Feststellungen zur Ermittlung der Gesamtlärmsituation messtechnisch oder lärmprognostisch möglich sind.
30 
Vor diesem Hintergrund bleibt es der Antragsgegnerin zur Erreichung des durchaus verständlichen Ziels, die Wohnbevölkerung vor unzumutbaren Lärmbelästigungen zu schützen, unbenommen, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen und gegebenenfalls nach weiterer Sachaufklärung und Einholung von schalltechnischen Gutachten oder Prognosen sowie einer hinreichenden Dokumentation und Auswertung einzelner Vorfälle im Weg der Einzelfallanordnung nach § 12 GastVO bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG, § 1 LGastG gegen einzelne Gaststätten mit Geldspielgeräten vorzugehen oder nach entsprechend belastbarer Ermittlung des Lärmpotenzials in bestimmten Gemeindegebieten für einen begrenzten Bereich eine allgemein geltende Rechtsverordnung zu erlassen, mit der die Sperrzeit für solche Betriebe verlängert wird, die für eine unzumutbare Gesamtlärmbelastung der Anwohnerschaft verantwortlich sind. Die von der Antragsgegnerin zu Grunde gelegten tatsächlichen Feststellungen und die von ihr ins Feld geführte „diffuse Störsituation“ reichen auch vor dem Hintergrund, dass die Sperrzeitverlängerung als Eingriff in die Berufsfreiheit der Gaststättenbetreiber am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG und im Hinblick auf andere nicht erfasste Gaststätten (ohne Geldspielgeräte) am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist, keinesfalls aus, um die Sperrzeitverordnung, zudem mit ihrem weiten räumlichen Geltungsbereich und ihrer nicht weiter differenzierenden Erfassung sämtlicher Gaststätten mit Geldspielgeräten im Sinne des § 1 SpielV, zu rechtfertigen.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.
32 
Beschluss vom 11. September 2012
33 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 54.4 des Streitwertkataloges 2004 auf 15.000 EUR (je 7.500 EUR für den Antrag der Antragstellerin zu 1 und den des Antragstellers zu 2) festgesetzt.

Gründe

 
14 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig und begründet.
15 
Die Normenkontrollanträge sind gemäß § 47 Abs. 1 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten unterliegt als eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit der Normenkontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO).
16 
Die Normenkontrollanträge sind auch im Übrigen zulässig, insbesondere sind die Antragsteller nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Norm wird die Antragsbefugnis jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dabei keine höheren Anforderungen zu stellen als bei der Regelung der Klagebefugnis in § 42 Abs. 2 VwGO, an der sich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 47 Abs. 2 durch Gesetz vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) orientiert hat. Die Antragsbefugnis fehlt deshalb nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offenkundig und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt werden (BVerwG, Beschluss vom 08.06.2011 - 4 BN 42.10 -, BauR 2011, 1641; Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.07.2012 - 10 S 406/10 -, juris). Die Antragstellerin zu 1 ist demgemäß als Betreiberin einer Gaststätte mit Spielgeräten antragsbefugt. Denn bei der Verlängerung der Sperrzeiten durch die hier angegriffene Rechtsverordnung handelt es sich um eine Regelung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreiberin, die die Ausübung ihres Gewerbes in ihrem zeitlichen Umfang betrifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.03.1995 - 14 S 779/94 -, VBlBW 1995, 474). Auch dem Antragsteller zu 2, der lediglich Automatenaufsteller ist und Geldspielgeräte nach eigenem Vorbringen fast ausschließlich im Stadtgebiet der Antragstellerin (... Geldspielautomaten in ... Gaststätten) anbringt, kann die Antragsbefugnis auf Grund der besonderen Umstände des Falls nicht abgesprochen werden. Zwar hat die angegriffene Sperrzeitverlängerung für Automatenaufsteller regelmäßig lediglich Folgewirkungen auf den zu erwartenden Gewinn durch den Betrieb der Spielgeräte, lässt ihre Berufsausübungsfreiheit aber unberührt. Das Grundrecht der Berufsfreiheit bietet keinen Anspruch auf die Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Wettbewerbspositionen und damit auch der Umsatz und die Erträge unterliegen dem Risiko laufender Veränderungen je nach den Marktverhältnissen (BVerfG, Urteil vom 17.12.2002 - 1 BvL 28, 29, 30/95 -, BVerfGE 106, 275, 299; BVerwG, Urteil vom 23.10.2008 - 7 C 48.07 -, BVerwGE 132, 244; Urteil des Senats vom 27.09.2011 - 6 S 707/10 -, juris; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl., Art. 12 RdNr. 17). Allerdings hat der Antragsteller zu 2 einen Bericht der Steuerberatungsgesellschaft ... über die wirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Sperrzeitverordnung auf seinen Betrieb vorgelegt, der auf Grund der von dem Antragsteller zu 2 bezifferten, von der Steuerberatungsgesellschaft als realistische Ausgangsgröße angesehenen Umsatzausfälle wegen der angegriffenen Sperrzeitverordnung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Durchsetzung der Sperrzeitverordnung die Existenz des Antragstellers bedrohe. Vor diesem Hintergrund kann nicht von vornherein offenkundig davon ausgegangen werden, dass die Sperrzeitverordnung nicht in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Antragstellers zu 2 eingreift.
17 
Die einjährige Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten. Die angegriffene Sperrzeitverordnung wurde am 30.03.2012 bekanntgemacht; die Normenkontrollanträge wurden am 02.05.2012 gestellt.
18 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Die formell nicht zu beanstandende Sperrzeitverordnung ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 11 der Verordnung der Landesregierung zur Ausführung des Gaststättengesetzes (GastVO) in Verbindung mit § 1 des Gaststättengesetzes für Baden-Württemberg (LGastG) und § 18 des Gaststättengesetzes (GastG) gedeckt.
19 
Allerdings war der Gemeinderat der Antragsgegnerin für den Erlass der Sperrzeitverordnung zuständig. § 1 Abs. 5 GastVO überträgt - neben ande-ren - den Gemeinden die Kompetenz für den Erlass von Rechtsverordnungen gemäß § 11 GastVO. Nach § 44 Abs. 3 GemO ist innerhalb der Gemeinde der Gemeinderat zuständig, weil es sich beim Erlass einer Sperrzeitverordnung gemäß § 1 Abs. 7 GastVO um eine Pflichtaufgabe nach Weisung handelt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 -, VBlBW 2001, 65).
20 
Anders als die Antragsteller unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 12.08.2004 (6 S 1126/04, NVwZ-RR 2005, 243) meinen, ist die angegriffene Sperrzeitverordnung nicht deswegen formell rechtswidrig, weil sie sich ihrem Inhalt nach als eine Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 1. Alt. LVwVfG darstellt. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Grenzziehung zwischen Allgemeinverfügung und Rechtsverordnung als schwierig und durchaus „fließend“ (vgl. Jarass, NVwZ 1987, 97 f.; Maurer, VBlBW 1987, 363) anzusehen ist. Deswegen ist insoweit vornehmlich darauf abzustellen, dass § 18 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. GastG und entsprechend § 11 GastVO ausdrücklich eine allgemeine Regelung verlangen, wobei sich der Begriff „allgemein“ auf den Adressatenkreis der Regelung bezieht, wie sich aus der Fassung der 2. Alternative des § 18 Abs. 1 Satz 2 GastG „für einzelne Betriebe“ ergibt. Der Adressatenkreis einer Rechtsverordnung nach § 11 GastVO muss also offen sein und die Regelungen der Rechtsverordnung müssen einen generellen Charakter haben, wobei - da der Begriff „allgemein“ nicht „einheitlich“ bedeutet - Differenzierungen aus sachlichen Gesichtspunkten zulässig sind und es daher nicht erforderlich ist, eine einheitliche Sperrzeit für alle Gaststättenbetriebe festzusetzen (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl., § 18 RdNr. 11). Allerdings darf die Sperrzeitverordnung den von ihr erfassten Adressatenkreis nicht von vornherein als beschränkt und feststehend bestimmen (vgl. auch Beschluss des Senats vom 16.01.2012 - 6 S 2888/11 -). Dies ist hier - im Gegensatz zu dem dem Beschluss des Senats vom 12.08.2004, a.a.O., zu Grunde liegenden Sachverhalt, bei dem der Anwendungsbereich der Sperrzeitverordnung auf Betriebe beschränkt war, bei denen der Beginn der Sperrzeit in der gaststättenrechtlichen Erlaubnis auf 22.00 Uhr festgesetzt war, und die Sperrzeitverordnung der Sache nach gaststättenrechtliche Einzelverfügungen ersetzen sollte - der Fall. Die von der Regelung der Sperrzeitverordnung erfassten Betriebe sind hier nur dadurch näher bezeichnet, dass es sich um Gaststätten handelt, in denen Geldspielgeräte im Sinne des § 1 der Spielverordnung vom 27.01.2006 aufgestellt sind und die in Gebieten mit schutzbedürftiger Wohnbevölkerung liegen. Sie erfasst bei ihrem Erlass bereits vorhandene Gaststätten mit Spielgeräten wie auch neu hinzukommende und erweist sich, auch wenn die Zahl der betroffenen Gaststätten nicht unbegrenzt ist, als „offen“ und - wie es § 11 GastVO fordert - als „allgemein“.
21 
Die angegriffene Sperrzeitverordnung ist aber deswegen unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 11 GastVO in Verbindung mit § 1 LGastG, § 18 GastG hält. Nach § 11 GastVO kann bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die Sperrzeit durch Rechtsverordnung allgemein verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden. Weder das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Bedürfnisses noch das der besonderen örtlichen Verhältnisse sind hier erfüllt.
22 
Diese beiden Tatbestandsmerkmale lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2000, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 12.03.2012 - 8 B 2473/11.N -, ZfWG 2012, 200; Spieß, Sächs.VBl. 1999, 73). Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Bedürfnisses soll in der Regel einschlägig sein, wenn der öffentliche Bedarf an Diensten der Gaststätten im Vordergrund der Überlegung steht. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sollen vorrangig dann zu prüfen sein, wenn nicht die Frage des besonderen Bedarfs streitig ist, dafür aber die Frage einer besonderen Störempfindlichkeit bzw. -unempfindlichkeit der Umgebung. Die besonderen örtlichen Verhältnisse sind gegeben, wenn sich die Verhältnisse im örtlichen Bereich so von den Verhältnissen anderer örtlicher Bereiche unterscheiden, dass deswegen eine Abweichung von der allgemeinen Sperrzeit gerechtfertigt erscheint. Beiden Tatbestandsmerkmalen gemeinsam ist, dass das Gemeinwohl jeweils einer Sperrzeitverlängerung bzw. -verkürzung nicht entgegenstehen darf. Steht - wie hier - die Verlängerung der Sperrzeit in Rede, ist zudem zu beachten, dass nach dem Regelungsgefüge der in erster Linie an die Landesregierungen gerichteten Verordnungsermächtigung in § 18 GastG und der auf Fälle eines besonderen öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse begrenzten Subdelegation dieser Ermächtigung ein vom allgemeinen Gefahrenpotenzial abweichendes erhöhtes lokales Gefahrenpotenzial erforderlich ist. Denn die allgemeine Sperrzeitregelung in § 11 GastVO trägt durchschnittlichen Gefahrenpotenzialen Rechnung. Soll das Grundrecht der betroffenen Gewerbetreibenden aus Art. 12 Abs. 1 GG durch ordnungsbehördliche Ausnahmeregelungen stärker beschränkt werden, bedarf dies einer Rechtfertigung im Sinne eines erhöhten Gefahrenpotenzials im Zuständigkeitsbereich der handelnden Ordnungsbehörde (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 12.03.2012, a.a.O.).
23 
Nach den Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 18.07.2012 (Seite 8, letzter Absatz) wird die Sperrzeitverlängerung - wie sich bereits aus ihrer Bezeichnung als Verordnung „zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten“ und ihres auf Gebiete mit schutzbedürftiger Wohnnutzung eingeschränkten räumlichen Geltungsbereiches ergibt - ausdrücklich „nur“ mit den vorhandenen und zukünftig drohenden Belästigungen und Ruhestörungen, nicht aber damit begründet, dass durch den Nachtbetrieb „einer übergroßen Zahl von Automatenbistros“ der Kriminalität oder der Spielsucht Vorschub geleitstet wird. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Bevölkerung der Antragsgegnerin stärker von Spielsucht betroffen sei als die Bevölkerung anderer Orte. Ein Zusammenhang zwischen der „Nachtöffnung der Automatenbistros“ und der in Kehl „erschreckend hohen“ Kriminalitätsbelastung habe nicht schlüssig begründet werden können.
24 
Von dem Betrieb von Gaststätten ausgehende Lärmimmissionen können ein Abweichen von der allgemein festgesetzten Sperrzeit sowohl im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des „öffentlichen Bedürfnisses“ wie auch im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „der besonderen örtlichen Verhältnisse“ rechtfertigen. Gründe für ein öffentliches Bedürfnis hinsichtlich der Verlängerung der Sperrzeit liegen vor, wenn die Ausnutzung der allgemeinen Sperrzeit nicht im Einklang mit der Rechtsordnung oder anderen von der Verwaltung zu wahrenden öffentlichen Belangen steht und insoweit dem Gemeinwohl zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 -, GewArch 1996, 426; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 -, GewArch 2003, 204 und vom 12.08.2008 - 6 S 1613/07 -; Saarl. OVG, Urteil vom 29.08.2006 - 1 R 21/06 -, NVwZ-RR 2007, 598). Insbesondere dürfen von den Gaststätten innerhalb der allgemeinen Sperrzeit keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne der §§ 3, 22 BImSchG ausgehen. Denn die Nachtruhe von Personen, die in der Nachbarschaft von Gaststätten wohnen, gehört zu den Interessen, deren Wahrung der Rechtsbegriff des öffentlichen Bedürfnisses dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996, a.a.O.). Nichts anderes gilt hinsichtlich der zweiten Tatbestandsvariante der §§ 18 GastG, 11 GastVO in Gestalt des Vorliegens besonderer örtlicher Verhältnisse, die - insbesondere zum Schutz der betroffenen Anwohner - eine Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit ermöglicht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008, a.a.O.).
25 
Schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. auch §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Erheblichkeit von Immissionen muss nach dem Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt werden. Sie ist anzunehmen, wenn die Einwirkungen der Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, BVerwGE 56, 110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2008, a.a.O.), wobei es hinsichtlich des zumutbaren Maßes auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten ankommt (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10.95 -, BVerwGE 101, 157). Daneben sind bei der Frage der Zumutbarkeit der Lärmeinwirkung auch wertende Gesichtspunkte, wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz, als Kriterien heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1992 - 7 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002, a.a.O.). Zu den zu berücksichtigenden Lärmeinwirkungen zählen nicht nur die Geräusche durch den eigentlichen Gaststättenbetrieb, also der Lärm aus der Gaststätte, sondern auch sonstiger, der Gaststätte zurechenbarer Lärm, etwa der Lärm, der durch die Gäste auf dem Weg von und zu der Gaststätte hervorgerufen wird, sofern er einen erkennbaren Bezug zu dem Betrieb hat (BVerwG, Urteil vom 07.05.1996, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 06.06.2011 - 6 S 2666/10 -). Das Ausmaß der durch den Betrieb von Gaststätten bedingten Lärmeinwirkungen beurteilt sich anhand der Regelungen der gemäß § 48 BImSchG erlassenen TA-Lärm (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.06.2002, a.a.O.; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, TA-Lärm Nr. 1 RdNr. 16).
26 
Wenn eine Sperrzeitverlängerung abstrakt und generell für einen bestimmten räumlichen Geltungsbereich vorgenommen wird, müssen die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für den gesamten räumlichen Geltungsbereich vorliegen (Beschluss des Senats vom 06.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteile vom 17.06.2008 - 22 N 06.3069, 22 N 07.974 -, BayVBl 2009, 695 und vom 10.08.2011 - 22 N 10.1867, 22 N 10.1985 -, BayVBl. 2012, 433 sowie Beschluss vom 25.01.2010 - 22 NE 09.2019 -, juris). Hierzu hat der Verordnungsgeber vor dem Hintergrund, dass die Sperrzeitverlängerung in die Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreiber eingreift und dieser Eingriff am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG zu messen ist, belastbare Feststellungen zu treffen und eine spezielle Würdigung der Gesamtlärmsituation zur Nachtzeit in dem von der Sperrzeitverordnung erfassten Bereich vorzunehmen. Einer solchen Würdigung werden in der Regel Lärmmessungen oder Immissionsprognosen zu Grunde liegen, aus denen sich ergibt, ob der von den durch die Sperrzeitverordnung erfassten Gaststätten hervorgerufene Lärm den einschlägigen Immissionsrichtwert der TA-Lärm an den Wohngebäuden im Geltungsbereich der Verordnung überschreitet. Die subjektive Beurteilung der Lärmereignisse und die Erwartung möglichst hoher Lärmvorsorge durch die Anwohner können solche nachvollziehbaren Feststellungen nicht ersetzen (vgl. zum Ganzen: Beschluss des Senats vom 06.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteile vom 17.06.2008 und vom 10.08.2011 sowie Beschluss vom 25.01.2010, jew. a.a.O.), allerdings kann in bestimmten Konstellationen auch die Beurteilung von nächtlichem Lärm als schädliche Umwelteinwirkung auf die Nachbarschaft an Hand von hinreichend ausgewerteten behördlichen und polizeilichen Feststellungen das Ergebnis einer nicht zu beanstandenden behördlichen oder gerichtlichen Beweiswürdigung sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 24.05.2012 - 22 ZB 12.46 -, juris). Ebenso wie für die nach § 12 GastVO im Einzelfall durch Verwaltungsakt gegenüber dem Betreiber einer Gaststätte ausgesprochene Sperrzeitverlängerung erforderlich ist, dass die von seinem Betrieb ausgehenden Lärmimmissionen den einschlägigen Grenzwert der TA-Lärm überschreiten (vgl. Urteil des Senats vom 12.08.2008, a.a.O.), müssen für den Erlass einer die Sperrzeit unter Lärmschutzgesichtspunkten verlängernden Rechtsverordnung auf Grundlage des § 11 GastVO hinreichende Feststellungen dafür getroffen worden sein, dass die für ihren gesamten Geltungsbereich bestehende oder zu erwartende Gesamtlärmbelastung den nach der TA-Lärm zulässigen Rahmen überschreitet. Für den Erlass einer Rechtsverordnung ist - in Abgrenzung zum Vorgehen durch Einzelfallregelungen nach § 12 GastVO - allerdings die Feststellung ausreichend, dass auf Grund der örtlichen Verhältnisse eine über den zulässigen Richtwerten der TA-Lärm liegende Gesamtlärmbelastung der Nachbarschaft auf Grund des Gaststättenlärms gegeben oder zu erwarten ist, auch wenn die Immissionen nicht mit der erforderlichen Sicherheit einzelnen Gaststätten zugeordnet werden können, wie dies etwa für Straßenzüge mit einer Vielzahl von Gaststätten der Fall sein kann (vgl. dazu: BayVGH, Urteile vom 25.01.2010 - 22 N 09.1193 -, GewArch 2010, 118 und vom 10.10.2011 - 22 N 11.1075 -, juris).
27 
An solchen hinreichend belastbaren Feststellungen der Antragsgegnerin fehlt es hier. Aus der maßgeblichen Sitzungsvorlage der Verwaltung für die Gemeinderatssitzung am 28.03.2012 ergibt sich, dass die Antragsgegnerin sowohl das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse wie auch das öffentliche Bedürfnis für die Sperrzeitverlängerung im Hinblick auf nächtliche Belästigungen der Nachbarschaft durch „Automatengaststätten“ angenommen hat. Diese Belästigungen seien handgreiflich und den Betrieben als typische Auswirkungen zuzuordnen. Die Ruhestörungen seien ohne weiteres geeignet, das Wohlbefinden und unter Umständen die Gesundheit der betroffenen Anwohner zu beeinträchtigen. Es leuchte ein, dass durch die fortgesetzten Ruhestörungen der Wert der beeinträchtigten Wohngrundstücke sinke. In der Grenzstadt Kehl gebe es wegen restriktiver glücksspielrechtlicher Regelungen in Frankreich signifikant mehr Automaten und „Automatengaststätten“ als in anderen Gemeinden. Es treffe ein Geldspielgerät auf 55 Einwohner (wobei später das Verhältnis auf 1:57 im Juli 2012 korrigiert wurde). Zum 21.02.2012 habe die Zahl der Gaststätten mit Spielgeräten bei 100 und die Zahl der Spielgeräte in Gaststätten bei 276 gelegen.
28 
Indes hat die Antragsgegnerin keine belastbaren Feststellungen zur konkreten Gesamtlärmsituation zur Nachtzeit im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung getroffen. Dies ergibt sich schon aus der Verwaltungsvorlage zur Gemeinderatssitzung am 28.03.2012, in der ausgeführt ist, dass Beschwerden über Ruhestörungen, die von Gaststätten ausgehen, bisher nur betriebs- und nicht typenbezogen erfasst worden seien und derzeit noch die Grundlagen für eine statistisch abgesicherte Gesamtbetrachtung fehlten. Lärmmessungen oder Lärmprognosen sind, wie die Antragsgegnerin ausdrücklich in ihrem Schriftsatz vom 18.07.2012 einräumt, nicht erfolgt. Die Vertreter der Antragsgegnerin sprachen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit nur von einer „diffusen Störsituation“. Die Antragsgegnerin stützt sich in tatsächlicher Hinsicht lediglich auf die „Wahrnehmung auffälliger Häufungen“ von Beschwerden über Ruhestörungen durch die Sachbearbeiter des Produktbereichs Öffentliche Ordnung und durch die Beamten des Kehler Polizeireviers und auf eine Auswertung der Akten auffälliger Betriebe. Diesbezüglich war der Verwaltungsvorlage als Anlage 3 eine Liste von 19 Gaststätten beigefügt, in welchen gehäuft Beschwerden wegen Ruhestörungen aufgetreten sind, wobei diese Liste ausweislich der Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 18.07.2012 allerdings nicht dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung vorlag, sondern lediglich dem Verwaltungsausschuss in einer nichtöffentlichen Vorlage. Die in der Liste genannten Beschwerden sind weder im Verwaltungsverfahren noch im Normenkontrollverfahren näher dokumentiert oder aufbereitet worden. Sie umfassen lediglich 19 Gaststätten mit drei (so bei 17 Gaststätten) oder zwei Geldspielgeräten (so bei 2 Gaststätten), während im Gemeindegebiet insgesamt 100 Gaststätten mit Geldspielgeräten vorhanden sind. Auf ein solches Tatsachenmaterial, das nur ein Fünftel der von der Sperrzeitverordnung betroffenen Gaststätten mit Geldspielgeräten erfasst, können hinreichende tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der Gesamtlärmbelästigung der Nachbarschaft durch die von der Sperrzeitverordnung betroffenen Gaststätten mit Geldspielgeräten nicht gestützt werden. Dies betrifft nicht nur die Vorgehensweise, allein auf gehäufte Anwohnerbeschwerden und nicht auf hinreichend belastbare, nämlich in der Regel durch einzuholende sachverständige Lärmgutachten oder -prognosen belegte objektive Feststellungen zur Gesamtlärmsituation zurückzugreifen, sondern auch die Bestimmung des sachlichen und räumlichen Geltungsbereichs der Sperrzeitverordnung. Von der hier streitgegenständlichen Sperrzeitverordnung sind nämlich alle Gaststätten umfasst, in denen Geldspielgeräte im Sinne von § 1 der Spielverordnung aufgestellt sind. Mithin fallen in ihren Geltungsbereich auch solche Gaststätten mit etwa nur einem oder zwei Geldspielgeräten, die von der Antragsgegnerin nicht als „Automatenbistros“, sondern als „herkömmliche Gaststätten“, die ihren Umsatz im Wesentlichen durch die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken bestreiten, bezeichnet werden. Für diese Gaststätten hat die Antragsgegnerin ebenso wenig wie für die zahlenmäßig überwiegenden „Automatenbistros“, bei deren Betrieb es bislang nicht oder nicht gehäuft zu Anwohnerbeschwerden gekommen ist und die deswegen nicht in der Anlage 3 zur Verwaltungsvorlage aufgeführt sind, nicht einmal ansatzweise näher ermittelt, ob von ihnen auch ein erhöhtes Gefährdungspotenzial auf Grund von Lärmimmissionen ausgeht. Hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs der Sperrzeitverordnung werden gleichfalls - bloß auf Grund eines von der Antragsgegnerin vermuteten, aber nicht belegten Verlagerungseffektes - Gebiete einbezogen, für die unzumutbare Lärmimmissionen derzeit weder nachgewiesen sind noch überhaupt in Frage stehen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin insoweit nicht auf eine konkret zu erwartende Lärmsituation abgestellt, sondern lediglich darauf, wo in ihrem Gemeindegebiet schutzbedürftige Wohnbevölkerung vorhanden ist.
29 
Anders als die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10.10.2011 und vom 25.01.2010 (jew. a.a.O.) meint, kann die Sperrzeitverordnung hier auch nicht allein darauf gestützt werden, dass sich besondere örtliche Verhältnisse unter dem Aspekt der Bekämpfung schädlicher Lärmeinwirkungen daraus ergeben, dass in einem Gebiet eine zahlenmäßig beträchtliche Wohnbevölkerung auf eine große Anzahl von Gaststätten mit Nachtbetrieb trifft und damit eine konfliktträchtige Gemengelage entsteht, die als solche untypisch ist und eine Besonderheit darstellt. Denn zum einen kann jedenfalls nicht für den gesamten Geltungsbereich der streitgegenständlichen Sperrzeitverordnung von einer solchen ungewöhnlichen Dichte von Gaststätten mit Spielgeräten gesprochen werden. Die Antragsgegnerin hat den Geltungsbereich der Sperrzeitverordnung insoweit nicht auf die Gebiete (vgl. insofern die Verwaltungsvorlage zur Gemeinderatssitzung vom 28.03.2012, in der davon gesprochen wird, dass sich die Störungen bislang auf wenige eingegrenzte Bereiche konzentrieren) begrenzt, in denen es zu vermehrten Störungen auf Grund zu hoher Lärmimmissionen gekommen sein soll, sondern den Geltungsbereich unabhängig von der konkreten Lärmsituation auf alle Gebiete mit störungsempfindlicher Wohnnutzung erstreckt. Zum anderen wurden in den von der Antragsgegnerin herangezogenen Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse im Hinblick auf Lärmschutzaspekte in tatsächlicher Hinsicht nicht bloß auf Anliegerbeschwerden gestützt, sondern durch belastbare Feststellungen auf Grund von dem Verordnungsgeber vorgelegter schalltechnischer Gutachten bzw. Untersuchungen belegt. Diese sachverständigen Stellungnahmen zeigen zudem, dass - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - verlässliche Feststellungen zur Ermittlung der Gesamtlärmsituation messtechnisch oder lärmprognostisch möglich sind.
30 
Vor diesem Hintergrund bleibt es der Antragsgegnerin zur Erreichung des durchaus verständlichen Ziels, die Wohnbevölkerung vor unzumutbaren Lärmbelästigungen zu schützen, unbenommen, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen und gegebenenfalls nach weiterer Sachaufklärung und Einholung von schalltechnischen Gutachten oder Prognosen sowie einer hinreichenden Dokumentation und Auswertung einzelner Vorfälle im Weg der Einzelfallanordnung nach § 12 GastVO bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG, § 1 LGastG gegen einzelne Gaststätten mit Geldspielgeräten vorzugehen oder nach entsprechend belastbarer Ermittlung des Lärmpotenzials in bestimmten Gemeindegebieten für einen begrenzten Bereich eine allgemein geltende Rechtsverordnung zu erlassen, mit der die Sperrzeit für solche Betriebe verlängert wird, die für eine unzumutbare Gesamtlärmbelastung der Anwohnerschaft verantwortlich sind. Die von der Antragsgegnerin zu Grunde gelegten tatsächlichen Feststellungen und die von ihr ins Feld geführte „diffuse Störsituation“ reichen auch vor dem Hintergrund, dass die Sperrzeitverlängerung als Eingriff in die Berufsfreiheit der Gaststättenbetreiber am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG und im Hinblick auf andere nicht erfasste Gaststätten (ohne Geldspielgeräte) am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist, keinesfalls aus, um die Sperrzeitverordnung, zudem mit ihrem weiten räumlichen Geltungsbereich und ihrer nicht weiter differenzierenden Erfassung sämtlicher Gaststätten mit Geldspielgeräten im Sinne des § 1 SpielV, zu rechtfertigen.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.
32 
Beschluss vom 11. September 2012
33 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 54.4 des Streitwertkataloges 2004 auf 15.000 EUR (je 7.500 EUR für den Antrag der Antragstellerin zu 1 und den des Antragstellers zu 2) festgesetzt.

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in R. am Rhein in Nachbarschaft zur Bahntrasse der rechten Rheinstrecke. Er wendet sich gegen eine Plangenehmigung vom 22. Dezember 2010 für das Vorhaben "Umbau der Bahnübergänge L 3034, Dreikönigstraße und Neugasse" im Ortsteil A. Die Maßnahme erfolgt im Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt "Neubau eines elektronischen Stellwerks auf der rechten Rheinstrecke". Dieses Gesamtprojekt soll durch Anpassung der Signalanlagen an den derzeitigen Stand der Technik die Voraussetzung für eine wirtschaftlichere Abwicklung des Bahnbetriebs schaffen.

2

Der Kläger macht unter anderem geltend, das Vorhaben ermögliche eine höhere Zugkapazität. Deshalb sei mit einer Steigerung der Lärm- und Erschütterungsimmissionen zu rechnen. Die Schallimmissionen an seinem Wohnhaus überschritten schon heute einen gemittelten Dauerschallpegel von 75 dB(A).

3

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt:

Die genehmigte Maßnahme sei notwendig zur Rationalisierung des Betriebsablaufs und Senkung der laufenden Betriebskosten. Die Immissionsbelastung des Anwesens des Klägers steige durch das Vorhaben nicht an. Dieses führe nicht zu einer Erhöhung der Streckenkapazität und der Zugzahl. Schon deshalb liege keine Maßnahme vor, die gemäß § 41 BImSchG und der diese Bestimmung konkretisierenden Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) zu Schallschutzansprüchen führe. Es fehle auch an einem erheblichen baulichen Eingriff in den Schienenweg.

4

Die Planfeststellungsbehörde habe die Lärmproblematik im Rahmen der Abwägung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG nicht aufwerfen müssen, weil das Vorhaben im Vergleich zu dem Zustand des Schienenwegs, der ohne die Planung bestünde, zu keiner Verschlechterung der Lärmsituation für die Nachbarschaft führe.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde.

II.

6

Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 2.). Es liegt auch kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).

7

1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

8

Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage, ob ein in seinem Wohneigentum durch Immissionen eines benachbarten Eisenbahnbetriebs von mehr als 70 dB(A) - und damit oberhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle und der Schwelle eines enteignungsgleichen Eingriffs in sein Grundeigentum - Betroffener aus Anlass einer Planungsänderung an einer nicht planfestgestellten und nicht unter Abwägung der Eigentumsrechte dieses Lärmbetroffenen oder seiner Rechtsvorgänger betriebenen Bahnstrecke diese Schallbelastung als abwägungserheblichen Belang rügen kann.

9

Diese Frage lässt sich - soweit sie im vorliegenden Fall entscheidungserheblich ist - ohne Weiteres aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten:

10

Nach der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 5.07 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 66 Rn. 17), der sich der erkennende Senat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 7 A 11.10 - (Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 59 Rn. 30) ausdrücklich angeschlossen hat, sind anlässlich eines Änderungsvorhabens Lärmschutzbelange der Nachbarschaft grundsätzlich nur dann in die planerische Abwägung einzubeziehen, wenn die Lärmbelastung durch das Vorhaben ansteigt. Dies gilt auch dann, wenn die für den Planfall prognostizierten Belastungswerte oberhalb der zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie unzumutbarer Eingriffe in das Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts liegen. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage (eisenbahnrechtliche Planfeststellung oder Gestattung nach früher geltendem Recht) der Eisenbahnbetrieb im Ist-Zustand erfolgt, ist dabei ohne Bedeutung.

11

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen.

12

Dem genügt die Beschwerde nicht. Sie rügt vielmehr die unrichtige Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im vorliegenden Einzelfall. Die Beschwerde zitiert umfangreich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 - (BVerwGE 81, 95 = Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 1) und meint, das angefochtene Urteil verkenne bei der Beurteilung der Änderung einer Betriebsanlage der Eisenbahn die in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Luftverkehrsrecht aufgestellten Anforderungen an die rechtliche Prüfung der Wesentlichkeit einer Änderung. Das angefochtene Urteil hätte bei Berücksichtigung der in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts genannten Anforderungen an die Wesentlichkeit einer Änderung eine Planfeststellungspflicht der Gesamtanlage der Eisenbahnstrecke in Nachbarschaft des klägerischen Wohneigentums bejaht. Damit wird keine Divergenz im oben genannten Sinne dargelegt.

13

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht unrichtig angewandt. Er ist vielmehr hinsichtlich der Lärm- und Erschütterungsimmissionen des Bahnbetriebs zu dem Ergebnis gelangt, dass hier nachbarliche Interessen durch die Änderung nicht beeinträchtigt werden, weil das plangenehmigte Vorhaben keinen Einfluss auf diese Immissionen hat.

14

3. Es liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

15

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Danach ist das Gericht zwar verpflichtet, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in seine Erwägungen einzubeziehen (BVerfG, Beschluss vom 28. März 1985 - 1 BvR 1245, 1254/84 - BVerfGE 69, 233 <246>). Es ist jedoch nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht insbesondere schriftsätzlichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, soweit nicht gegenteilige Anhaltspunkte vorhanden sind (BVerfG, Beschluss vom 3. April 1979 - 1 BvR 733/78 - BVerfGE 51, 126 <129>).

16

An solchen Anhaltspunkten fehlt es hier. Für den Verwaltungsgerichtshof war entscheidend, dass die Immissionsbelastung des Klägers durch das Vorhaben nicht zunehmen kann. Die Frage, ob der gegenwärtige Bahnbetrieb (in vollem Umfang) rechtmäßig erfolgt, war für die Überprüfung der hier allein streitgegenständlichen Plangenehmigung nach der - für die Prüfung eines Verfahrensmangels maßgebenden - Rechtsauffassung des Gerichts erkennbar ohne Bedeutung (vgl. UA S. 6 f., 10 f.)

(1) Wer ein Gaststättengewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis kann auch nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt werden.

(2) Der Erlaubnis bedarf nicht, wer

1.
alkoholfreie Getränke,
2.
unentgeltliche Kostproben,
3.
zubereitete Speisen oder
4.
in Verbindung mit einem Beherbergungsbetrieb Getränke und zubereitete Speisen an Hausgäste
verabreicht.

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(1) Aus besonderem Anlaß kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.

(2) (weggefallen)

(3) Dem Gewerbetreibenden können jederzeit Auflagen erteilt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. September 2015 wird in den Nummern 1 und 2 geändert.

II.

Der Antrag wird abgelehnt.

III.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf das Beschwerdevorbringen beschränkt ist, hat Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat in Abschnitt 6 der Beschwerdebegründung vom 16. September 2015 zutreffend darauf hingewiesen, dass die verfahrensgegenständlichen gaststättenrechtlichen Gestattungen nicht nur mit einer Beschwer für den Antragsteller einhergehen, sondern sie ihn im Vergleich zu der Situation, die für den Fall bestünde, dass diese Bescheide nicht ergangen wären, auch besserstellen. Denn im Satz 1 der Nummer 1.1 der gegenüber den Beigeladenen zu 1), 3) und 4) ergangenen gaststättenrechtlichen Gestattungen hat die Antragsgegnerin verfügt, dass der Beginn der Sperrzeit für die Gaststättenräume in der Nacht vom 18. auf den 19. September 2015 von 2.00 Uhr auf 24.00 Uhr vorverlegt wird. Die gegenüber dem Beigeladenen zu 2) ergangene gaststättenrechtliche Gestattung setzt den Beginn der Sperrzeit für den Innen- und den Außenbereich in der gleichen Nacht einheitlich auf 24.00 Uhr fest. Alle Gestattungen bestimmen zudem, dass die Verabreichung von Speisen und Getränken im gesamten Betrieb - mithin auch insoweit, als er sich innerhalb geschlossener Räume abspielt - um 23.30 Uhr einzustellen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet dies nach einer in Anbetracht des kurzen Prüfungszeitraums nur summarischer Prüfung - bezogen auf die inmitten stehende eine Nacht für den hier zu beurteilenden Herbst-Grafflmarkt - als einen sachgerechten Ausgleich der inmitten stehenden Belange.

Er erkennt hierbei einerseits, dass sich der Antragsteller in dieser Nacht mindestens bis 24 Uhr einer Lärmbelastung ausgesetzt sehen wird, die angesichts eines prognostizierten Beurteilungspegels von bis zu 74 dB(A) weit über dem Wert von 45 dB(A) liegt, den Bewohner eines Mischgebiets, wie es hier bauplanungsrechtlich festgesetzt ist, nach den meisten Regelwerken, die die Bewertung von Geräuschen zum Gegenstand haben, während der lautesten Nachtstunde hinnehmen müssen. Gleichfalls erheblich überschritten ist der Immissionsrichtwert von 55 dB(A), auf den nach diesen Regelwerken bei „seltenen Ereignissen“ abzustellen ist. Nicht unberücksichtigt gelassen hat der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung ferner, dass die vom Antragsteller im unmittelbaren Einwirkungsbereich der gastronomischen Betätigungen der Beigeladenen ausgeübte Wohnnutzung gegenüber dem Grad an Schutzwürdigkeit, der Bewohnern eines Mischgebiets ansonsten zukommt, sogar ein gesteigertes Maß an Rücksichtnahme beanspruchen kann, weil der einschlägige Bebauungsplan sich für denjenigen Teil seines Geltungsbereichs, in dem sich das Wohnanwesen des Antragstellers befindet, ausdrücklich den Schutz der Wohnnutzung durch das grundsätzliche Verbot der Zulassung nicht nur erlaubnispflichtiger Schank- und Speisewirtschaften, sondern sogar erlaubnispflichtiger Cafés einschließlich solcher, die der Versorgung des Gebiets dienen, zum Ziel gesetzt hat. Ausnahmen hiervon greifen im Wesentlichen nur zugunsten bestehender Betriebe sowie solcher Erweiterungen Platz, durch die u. a. die Wohnnutzung im betroffenen Gebäude selbst und in der Nachbarschaft nicht gestört wird.

Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung fällt im vorliegenden Fall andererseits ins Gewicht, dass es sich bei dem am 18. und 19. September 2015 stattfindenden Grafflmarkt jedenfalls im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich um die letzte derartige Veranstaltung handelt, bei der die Antragsgegnerin die vorstehend dargestellte Handhabung praktizieren wird. Außerdem ist maßgeblich, dass die von der Antragsgegnerin für den heutigen Abend getroffenen Regelungen einer gütlichen Einigung entsprechen, wie sie der Verwaltungsgerichtshof anlässlich des Beschwerdeverfahrens vorgeschlagen hat, in dem sich ein anderer Betroffener gegen Gestattungen wandte, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 26. und 27. Juni 2015 stattfindenden Grafflmarkts erteilt hat. Dieser Vorschlag wurde von den Beteiligten des seinerzeitigen Beschwerdeverfahrens als vertretbarer Interessenausgleich akzeptiert und von der Antragsgegnerin zugleich auch für den hier strittigen Herbst-Graffl-Markt als Problemlösung zugesagt. Auch andere Eilverfahren, die noch in erster Instanz anhängig waren, wurden daraufhin nicht streitig beendet. Die Beigeladenen dürfen wohl schutzwürdig darauf vertrauen, dass eine diese gütliche Einigung für den „Herbst-Grafflmarkt“ 2015 unverändert übernehmende Regelung Bestand haben wird. Damit ist keinerlei Präjudiz für die Frage verbunden, ob eine solche Regelung auch für die Zukunft Bestand haben könnte. Dies bedarf näherer Überprüfung, die hier nicht geleistet werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie in keinem der beiden Rechtszüge einen Antrag gestellt haben und sie damit ihrerseits kein Kostenrisiko eingegangen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.