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Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
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Gegenstand des Klageverfahrens ist die Minderungsentscheidung der Beklagten. Das Gericht kann offenlassen, ob die Beklagte eine solche Regelung bereits verbindlich im „Erläuterungsschreiben" vom 30.07.2004 getroffen hat, ob dieses seinem Inhalt nach also einen Verwaltungsakt darstellt. Hat wie vorliegenden Fall ein Vorverfahren stattgefunden, ist nach § 95 SGG Gegenstand des Klageverfahrens der Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides; der Widerspruchsbescheid kann aus einem schlichten Verwaltungshandeln einen Verwaltungsakt machen, wenn er der ursprünglichen Erklärung eine verbindliche Regelung zukommen lässt (BSG 12.02.80 – 7 RAr 26/79 – BSGE 49, 291). Die Beklagte hat das Schreiben vom 30.07.2004 im Widerspruchsbescheid als Bescheid bezeichnet und den Widerspruch in der Sache als unbegründet, nicht als unzulässig zurückgewiesen. Damit hat sie dem „Bescheid" eine verbindliche Regelung zukommen lassen. Ausweislich des verfolgten Begehrens, ungemindertes Arbeitslosengeld zu erhalten, richtete sich der Widerspruch des Klägers auch gegen den eine solche Minderung berücksichtigenden Bewilligungsbescheid vom 03.08.2004. Auch insoweit wurde dem Widerspruch im Widerspruchsbescheid nicht abgeholfen, vielmehr die Minderungsentscheidung bestätigt.
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Die Klage richtet sich somit als Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 30.07. und 03.08.2004 und den Widerspruchsbescheid vom 12.08.04. Mangels eines Bescheides über die Bewilligung ungekürzten Arbeitslosengeldes genügt die Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Bescheide nicht, um dem Begehren des Klägers zu entsprechend. Die Klage war daher als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu fassen.
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Die angefochtenen Bescheide der Beklagte sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Dieser hat Anspruch auf die Bewilligung ungekürzten Arbeitslosengeldes.
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Rechtsgrundlage für die angefochtene Minderungsentscheidung ist § 140 SGB III.
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Nach § 140 SGB III mindert sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37b nicht unverzüglich arbeitssuchend gemeldet hat. Die Pflicht- oder Obliegenheitsverletzung, die diese leistungsrechtlichen Konsequenzen auslöst, ergibt sich allein aus § 37b. Dem Merkmal „unverzüglich" in § 140 kommt danach keine eigenständige Bedeutung für den Zeitpunkt zu, zu dem die Meldung zu erfolgen hat. Dies bestimmt sich ausschließlich nach § 37b. Das Tatbestandsmerkmal in § 140 macht nur das Verschuldenselement deutlich, das für die Minderung vorausgesetzt wird; § 37b enthält nämlich in Satz 2 keine eigene Bezugnahme auf eine „Unverzüglichkeit".
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Nach § 37b S.1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses wie im vorliegenden Fall hat die Meldung gem. S. 2 jedoch „frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen". Satz 1 statuiert eine „Pflicht" der Versicherten, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, sich zum frühest möglichen Zeitpunkt bei der Agentur für Arbeit zu melden. Sobald der Versicherte erkennt, dass und wann er arbeitslos sein wird, soll die Agentur für Arbeit in die Lage versetzt werden, ihre Vermittlungstätigkeit oder deren Vorbereitung aufzunehmen. Auf diese Weise soll der Eintritt von Arbeitslosigkeit ganz vermieden („Vermittlung von Beschäftigung in Beschäftigung") oder zumindest deren Dauer verringert werden. Dementsprechend hat die Meldung „unverzüglich" zu erfolgen; darunter ist unter Rückgriff auf § 121 BGB und die dort enthaltene Legaldefinition ein Tätigwerden „ohne schuldhaftes Zögern" zu verstehen (Spellbrink in Eicher/Schlegel SGB III, § 37b Rz. 46; Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 37b Rz. 8). Erhält beispielsweise ein Arbeitnehmer durch Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, löst dies die „Pflicht" zur unverzüglichen Meldung als arbeitsuchend aus.
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S.2 trifft für befristete Arbeitsverhältnisse eine hiervon abweichende Regelung; danach hat die Meldung „frühestens" drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erfolgen.
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Nach dem unmittelbaren Wortsinn bedeutet „frühestens" nur, dass eine Meldung zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich ist, bzw. genügt. Wann die Meldung spätestens zu erfolgen hat, lässt sich hieraus nicht entnehmen. Eine zeitliche Begrenzung lässt sich dem Wortsinn nur in einer Richtung entnehmen, nämlich nicht länger als drei Monate vor der Beendigung. In die andere „Richtung" ist der Wortsinn offen und impliziert damit, dass eine spätere Meldung durchaus möglich ist (vgl. a. Spellbrink a.a.O. Rz. 56; Coseriu/Jakob a.a.O. Rz. 12). Eine Anknüpfung an Satz 1 erfolgt nur bzgl. der persönlichen Meldung; eine jedenfalls ausdrückliche Bezugnahme auf die „Unverzüglichkeit" des Satzes 1 fehlt in Satz 2 gerade (vgl. a. Spellbrink a.a.O. Rz. 56).
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Es dürfte auch schwerlich ein Zeitpunkt oder Ereignis zu finden sein, an das im Falle des befristeten Arbeitsverhältnisses die „Unverzüglichkeit" anzuknüpfen wäre. In aller Regel steht bei befristeten Arbeitsverhältnissen bereits bei Vertragsschluss fest, wann das Versicherungspflichtverhältnis endet. Bei Arbeitsverhältnissen über drei Monaten kann also nicht an die Kenntnis von der Beendigung angeknüpft werden, da dieser Zeitpunkt außerhalb des Dreimonatsrahmens liegt. Spätere Anknüpfungspunkte innerhalb des Rahmens sind nicht ersichtlich. Wollte man S. 2 so verstehen, dass der Versicherte der Meldepflicht unverzüglich an dem Tag Folge zu leisten hat, der drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt, würde eine Pflicht begründet, sich tatsächlich „spätestens" an diesem Tag zu melden. Dies ist mit dem eindeutigen Wortlaut („frühestens") nicht vereinbar.
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In der Literatur wird teilweise vorgeschlagen, das „frühestens" auf befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Dauer unter drei Monaten zu beziehen (Coseriu/Jakob a.a.O. Rz. 12): Bei solchen träte die Meldepflicht erst bei Abschluss des Arbeitsvertrages ein, während die Meldung bei längerfristigen Arbeitsverhältnissen genau drei Monate vor deren Beendigung zu erfolgen habe. Eine solche Differenzierung ist dem Wortlaut des Satz 2 allerdings nicht zu entnehmen; dieser gilt für alle befristeten Verträge.
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Der Zweck des § 37b SGB III spricht eher gegen eine Auslegung, die dem Versicherten im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu irgendeinem beliebigem Zeitpunkt erlaubt, solange dieser nicht früher als drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses liegt. Die Regelung des § 37b hat nach der amtlichen Begründung (BT-Drucks 15/25 S 27) „zum Ziel, die Eingliederung von Arbeitsuchenden zu beschleunigen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen der Versichertengemeinschaft möglichst zu vermeiden bzw. die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen. Personen, die versicherungspflichtig beschäftigt oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit sind, sollen sich deshalb so früh wie möglich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Die Agentur für Arbeit kann dann sofort mit den in § 35 SGB III vorgesehenen Maßnahmen beginnen. Die Regelung fordert von den Betroffenen, dass sie sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit persönlich melden müssen, wenn sie den Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses kennen. … Bei befristeten Arbeitsverhältnissen soll die Meldung jedoch nicht früher als drei Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses erfolgen."
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Die frühzeitige Meldung soll die Agentur für Arbeit also in die Lage versetzen, bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit erste Schritte zur Vermittlung einzuleiten, z.B. die Erstellung eines Bewerberprofils, aber auch bereits die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz. Je später die Meldung erfolgt, desto weniger Zeit bleibt hierfür, so dass pauschal die Chancen sinken, einen unmittelbaren Anschlussarbeitsplatz zu finden. Eine Meldung erst kurz vor Eintritt der Arbeitslosigkeit i.S.d. § 37b ausreichen zu lassen, widerspräche diesem Zweck. Andererseits hat der Gesetzgeber jedenfalls bei befristeten Arbeitsverhältnissen eine frühere Meldung als drei Monate vor Beendigung bewusst ausgeschlossen. Ein Grund hierfür ist der amtlichen Begründung nicht zu entnehmen. Denkbar wäre, dass ein Beginn der Arbeitsvermittlung mehr als drei Monate vor Eintritt der Arbeitslosigkeit als nicht sinnvoll angesehen wurde. Dagegen spricht aber, dass eine solche zeitliche Einschränkung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung in § 37b S. 1 nicht vorgesehen ist; gleichwohl können hier, z.B. bei einer sechsmonatigen Kündigungsfrist, deutlich längere Zeiträume zwischen Meldung und Beginn der Arbeitslosigkeit liegen. Das Tatbestandsmerkmal „frühestens" wird also letztlich nicht begründet (Spellbrink a.a.O. Rz.58). Deutlich wird jedoch, dass von der Regelung des Satzes 1 abgewichen werden sollte.
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Systematisch ließe sich S. 2 aufgrund der Stellung im Gesetz als „unselbständige Begrenzung des Satzes 1" verstehen (so Voelzke in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 12 Rz. 494). Demnach muss sich auch der befristet Beschäftigte an sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes melden; kenne er diesen Zeitpunkt aber bereits seit längerem (ab Vertragsschluss), so habe er sich erst drei Monate vor der Beendigung zu melden. In diesem Falle bedeutete aber „frühestens" gleichzeitig „spätestens", was der Wortlaut nicht trägt. Des Weiteren findet sich, wie bereits ausgeführt, eine Anbindung von Satz 2 an Satz 1 nur bzgl. der persönlichen Meldung, nicht aber der Unverzüglichkeit. Die amtliche Begründung spricht eher dafür, dass der Gesetzgeber insoweit gerade von der Regelung des Satz 1 abweichen wollte.
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Eine Auslegung, die in den Fällen des Satz 2 eine Meldung als arbeitsuchend auch noch weniger als drei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses zulässt, führt zu einer Privilegierung eines solchen Versicherten gegenüber beispielsweise denen i.S.d. Satzes 1, bei denen eine mindestens dreimonatige Kündigungsfrist gilt. Ein plausibler Grund für diese Besserstellung ist in der Gesetzesbegründung nicht genannt oder erkennbar (so zutreffend Spellbrink a.a.O. § 37b Rz.57). Eine solche Besserstellung ergibt sich aber auch, wenn man Satz 2 so versteht, dass die Meldung spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erfolgen habe. Der befristet Beschäftigte kann sich auch dann später arbeitsuchend melden als ein Beschäftigter, für den z.B. eine sechsmonatige Kündigungsfrist gilt. Die von Spellbrink diesbezüglich vorgeschlagene „gerechte" Lösung (Rz. 58), bei der Anwendung des § 37b das „frühestens" einfach zu ignorieren, lässt sich mit dem gesetzlichen Wortlaut nicht vereinbaren. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sieht einen die unterschiedliche Behandlung rechtfertigenden Grund darin, dass es sich bei Personen mit langen Kündigungsfristen häufig um höher qualifizierte Arbeitnehmer handelt oder um solche, die viele Jahre nicht gezwungen gewesen seien, Arbeit zu suchen, so dass es in solchen Fällen gerade sinnvoll sei, eine lange Vorlauffrist für die Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit zu haben (zitiert nach Coseriu/Jakob a.a.O. § 37b Rz. 9). Dass die Vermittlungsaussichten von Arbeitnehmern schlechter seien, so dass die Vermittlung früher beginnen muss, wenn diese Arbeitnehmer auf eine langjährige ungekündigte Beschäftigung hinweisen können, als bei Arbeitnehmern, die gegebenenfalls nur kurze befristete Beschäftigungsverhältnisses „vorzuweisen" haben, erscheint zwar zweifelhaft. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass sich Gründe für eine unterschiedliche Behandlung anführen lassen. Der Gesetzgeber hat offenbar keine gleichen Fristen für Versicherte in den Fällen des Satzes 1 und des Satzes 2 angestrebt. Ob die hierfür anzuführenden Gründe letztlich tragen, kann offen bleiben, da eine solche Schlechterstellung lediglich Fälle des Satzes 1 beträfe, vorliegend aber Satz 2 einschlägig ist. Die unterschiedliche Behandlung nach Satz 1 und Satz 2 kann daher aber auch für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „frühestens" in Satz 2 nicht als Argument herangezogen werden.
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Die Auslegung des § 37b S. 2 muss jedoch unter Berücksichtigung der Regelung des § 140 SGB III erfolgen. Danach führt ein Verstoß gegen die Meldepflicht des § 37b zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes. Diese Minderung soll zwar keine Sanktion i.S.e. Strafe, sondern lediglich im Rahmen des Ausgleiches der Interessen des Arbeitslosen und der Versichertengemeinschaft einen pauschalierten Schadensausgleich darstellen (Coseriu/Jakob a.a.O. § 140 Rz. 9). Gleichwohl wird durch die Rechtsfolge der Minderung in den durch das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG geschützten Anspruch des Versicherten auf Arbeitslosengeld eingegriffen (vgl. BVerfG vom 12.02.86 - 1 BvL 39/83 - BVerfGE 72, 9; Spellbrink a.a.O. § 37b Rz. 47). Solche Eingriffe sind nicht von vornherein ausgeschlossen; auch ist der Gesetzgeber befugt, Inhalt und Grenzen des Eigentumsrechts zu bestimmen. Zulässiger Anknüpfungspunkt kann diesbezüglich ein - zurechenbarer – Verstoß des Versicherten gegen Pflichten oder Obliegenheiten sein, die sich aus dem Sozialrechtsverhältnis ergeben. So führen beispielsweise solche Verstöße bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen der Sperrzeitregelung des § 144 SGB III ebenfalls zu einer Minderung des Anspruches. Das Gericht kann es offenlassen, ob die „Meldepflicht" nach § 37b eine echte Rechtspflicht, eine Obliegenheit oder eine selbständige oder unselbständige Nebenpflicht darstellt (ausführlich dazu Spellbrink a.a.O. § 37b Rz. 23 ff). Der Gesetzgeber hat jedenfalls eine ausdrückliche Regelung geschaffen, dass ein bestimmtes Verhalten vom Versicherten erwartet wird, und ein Verstoß hiergegen mit den leistungsrechtlichen Konsequenzen des § 140 SGB III verknüpft.
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Wegen der grundrechtlichen Position des Arbeitslosengeldanspruches muss nach Auffassung des Gerichts dem Versicherten zweifelsfrei erkennbar sein, welches Verhalten von ihm erwartet wird, wann er also leistungsrechtliche Konsequenzen zu tragen hat. Entscheidet sich der Gesetzgeber für die ausdrückliche Normierung der Pflicht oder Obliegenheit, kann sie nur darin bestehen, wie die Regelung vom durchschnittlichen Normadressaten verstanden wird oder werden kann. Dem Wortlaut der Vorschrift kommt dabei die entscheidende Bedeutung zu; andere Auslegungsmethoden und -ergebnisse müssen dahinter zurücktreten. Wie obige Überlegungen zeigen, mag es möglich sein, durch aufwendige teleologische und systematische Betrachtungen und Einbeziehung differenzierter Fallgestaltungen eine Auslegung von § 37b S. 2 zu finden, die gerade noch mit dem Wortlaut in Einklang gebracht werden könnte. Solche Überlegungen können vom Versicherten als dem durchschnittlichen Normadressat aber nicht erwartet werden; jedenfalls so lange nicht, wie der eigentliche und alltägliche Wortsinn ein anderes Verständnis nahe legt. Wie oben ausgeführt, ist beim Wort „frühestens" eben ein späteres Aktivwerden ohne weiteres möglich.
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Das Gericht sieht sich auch nicht in Widerspruch zu der zum Sperrzeitrecht ergangenen Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 17.10.2002 (B 7 AL 72/00 R). Darin hatte das BSG den Eintritt einer Sperrzeit angenommen, weil der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis gelöst hatte, um zum Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft zu ziehen. Das Gericht hatte ausgeführt, der Arbeitnehmer könne sich nicht auf einen wichtigen Grund hierfür berufen, weil er sich entgegen einer Obliegenheit aus dem Versicherungsverhältnis nicht frühzeitig am neuen Wohnort arbeitsuchend gemeldet hatte. Hier wurden die leistungsrechtlichen Konsequenzen letztlich sogar an eine ungeschriebene Obliegenheit geknüpft. Diese wurde nicht weiter begründet, sondern als selbstverständlich gegeben oder aus der „Natur der Sache" folgend unterstellt. Dies könnte zunächst dafür sprechen, dass die Obliegenheit, bei deren Nichtbeachtung leistungsrechtliche Konsequenzen eintreten, dem Versicherten nicht ausdrücklich vor Augen geführt werden muss. Die Kammer sieht jedoch relevante Unterschiede zum vorliegenden Fall der „Meldepflicht". Zum einen knüpfte die Sperrzeit im vom BSG entschieden Fall in erster Linie an die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses an; der Verstoß gegen die ungeschriebene Obliegenheit verhinderte lediglich, dass sich der Versicherte auf einen wichtigen Grund berufen konnte. Die Pflicht oder Obliegenheit, nicht durch Lösung des Beschäftigungsverhältnisses Arbeitslosigkeit herbeizuführen, ist aber klar in § 144 SGB III geregelt. Zum anderen kann auf eine allgemeine ungeschriebene Obliegenheit nicht zurückgegriffen werden, wenn der Gesetzgeber diese ausdrücklich regelt; maßgeblich ist dann eben die gesetzliche Regelung mit dem aus ihr erkennbaren Inhalt.
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Nach alldem geht die erkennende Kammer davon aus, dass die in § 37b S. 2 geregelte Verpflichtung des Versicherten nur darin besteht, sich nicht früher als drei Monate vor Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses als arbeitsuchend zu melden, nicht aber dies spätestens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu tun. Demnach kann die Arbeitssuchendmeldung auch mit der Arbeitslosmeldung zusammenfallen, ohne dass dem Versicherten leistungsrechtliche Konsequenzen entstehen. Dies mag nicht der gesetzgeberischen Intention oder den systematische Zusammenhängen der Regelung des § 37b entsprechen. Angesichts des Wortlautes können diese Erwägungen vor dem grundrechtlichen Hintergrund aber keine Bedeutung gewinnen. Wenn der Gesetzgeber andere Vorstellungen mit der Regelung verbunden hat, sind sie jedenfalls so nicht in den gesetzlichen Wortlaut eingeflossen.
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Mit der am 19.05.2004 erfolgten Meldung hat der Kläger somit nicht gegen die sich aus § 37b ergebende Obliegenheit verstoßen, so dass eine Minderung nach § 140 SGB III nicht eingetreten ist. Die eine solche Minderung regelnden Bescheide der Beklagten waren rechtswidrig und daher aufzuheben. Die Beklagte hat dem Kläger für die Zeit der geminderten Gewährung Arbeitslosengeld in Höhe des nicht ausgezahlten Betrages nachzuzahlen.
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