Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/2009 und III/2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2010 verurteilt, über die Honoraransprüche der Klägerin für die Quartale II/2009 und III/2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

 
Im Streit stehen Honorarkürzungen auf Grundlage der sogenannten Konvergenzvereinbarung in den Quartalen II/2009 und III/2009.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in K. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Für das Quartal II/2009 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg das Honorar der Klägerin in Höhe von insgesamt ... EUR fest. Dabei wurde ein Regelleistungsvolumen (RLV) in Höhe von ... EUR anerkannt, zzgl. eines Fallwertzuschlags für Sonographie, Psychosomatik und Kleinchirurgie in Höhe von ... EUR. Das RLV überschritt die Klägerin um einen Betrag in Höhe von 6.759,26 EUR. Insoweit stand der Klägerin laut Honorarabrechnung eine Vergütung mit abgestaffelten Preisen in Höhe von insgesamt 1.385,65 EUR zu. Neben den Leistungen innerhalb und außerhalb des RLV wurden freie Leistungen und Einzelleistungen vergütet. Von dem so errechneten Gesamthonoraranspruch zog die Beklagte sodann einen Betrag in Höhe von 6.077,92 EUR ab. Diesen Betrag errechnete die Beklagte aus der Differenz zwischen dem Honorar der Klägerin für das Quartal II/2008 (abzüglich Laborleistungen, Kosten, Wegegebühren, Leistungen genehmigungspflichtiger Psychotherapie, Einzelleistungen, HzV-Bereinigungsbetrag) und dem sogenannten Grenzwert für den Honorarzuwachs. Letzterer wurde aus einer Multiplikation des Fallwertes im Quartal II/2008 mit der Fallzahl im Quartal II/2009 ermittelt, zuzüglich 5 % Honorarzuwachstoleranz.
Für das Quartal III/2009 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin in Höhe von insgesamt ... EUR fest. Das RLV wurde in Höhe von ... EUR ausgewiesen, zzgl. eines Fallwertzuschlags für Sonographie, Psychosomatik und Kleinchirurgie in Höhe von ... EUR. Das RLV überschritt die Klägerin um einen Betrag in Höhe von 5.019,64 EUR. Insoweit stand der Klägerin laut Honorarabrechnung eine Vergütung mit abgestaffelten Preisen in Höhe von insgesamt 1.147,73 EUR zu. Neben den Leistungen innerhalb und außerhalb des RLV wurden freie Leistungen und Einzelleistungen vergütet. Von dem Gesamthonoraranspruch zog die Beklagte einen Betrag in Höhe von 6.754,72 EUR ab. Diesen Betrag errechnete die Beklagte aus der Differenz zwischen dem Honorar der Klägerin für das Quartal III/2008 (abzüglich Laborleistungen, Kosten, Wegegebühren, Leistungen genehmigungspflichtiger Psychotherapie, Einzelleistungen, HzV-Bereinigungsbetrag) und dem Grenzwert für den Honorarzuwachs. Letzterer wurde aus einer Multiplikation des Fallwertes im Quartal III/2008 mit der Fallzahl im Quartal III/2009 ermittelt, zuzüglich 5 % Honorarzuwachstoleranz.
Die Honorarkürzungen stützte die Beklagte auf die am 09.11.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 zwischen der Beklagten und den Krankenkassen abgeschlossene „Vereinbarung über Verfahrensregelungen zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten, bedingt durch die Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung in 2009 (Konvergenzvereinbarung)“. Nach § 2 Ziff. 1 der Konvergenzvereinbarung erfolgt eine Ausgleichszahlung, wenn sich das Honorar einer Arztpraxis und das Honorar je Fall für ambulant erbrachte Leistungen der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (, ohne Laborleistungen und -kosten des Kapitels 32 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes , Kosten und Wegegebühren, Leistungen des Kapitels 35.2 EBM) um mehr als 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal - bezogen auf die im entsprechenden Quartal des Jahres 2009 gültige Definition der Leistungsbereiche - verringert. Die Ausgleichszahlung wird bis 95 % des Fallwertes, maximal jedoch bis 95 % des Honorars, jeweils bezogen auf das entsprechende Vorjahresquartal und den nach 1. definierten Leistungsbereichen, geleistet (§ 2 Ziff. 2 Satz 1 der Konvergenzvereinbarung). Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung ist, dass das Regelleistungsvolumen der betroffenen Arztpraxis ausgeschöpft ist (§ 2 Ziff. 2 Satz 2 der Konvergenzvereinbarung). Honorarsteigerungen im Bereich der Leistungen außerhalb der MGV sowie der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM werden nach § 2 Ziff. 3 der Konvergenzvereinbarung mit dem Ausgleichsbetrag verrechnet, wobei dies nicht für Leistungen aus Selektivverträgen gilt. Unter § 2 Ziff. 7 der Konvergenzvereinbarung heißt es:
„Die Ausgleichszahlung nach 2. wird quartalsweise unter Berücksichtigung der nachfolgenden Bestimmungen durch die KVBW im Rahmen der Honorarverteilung sichergestellt:
a) Zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen nach 2. werden die Honorarumsätze derjenigen Praxen einer Quotierung zugeführt, deren Honorarumsätze für Leistungen der Morbiditätsorientierten Gesamtvergütung (ohne Laborleistungen und -kosten des Kapitels 32 EBM, Kosten und Wegegebühren, Leistungen nach Kap. 35.2 EBM) im aktuellen Abrechnungsquartal um 5 % über den entsprechenden Vorjahreshonorarumsätzen liegen. Verluste im Bereich der Leistungen außerhalb der MGV - bezogen auf die im entsprechenden Quartal des Jahres 2009 gültige Definition der Leistungsbereiche - sowie der Leistungen des Kap. 35.2 EBM werden hierbei berücksichtigt.
b) Die Ausgleichszahlungen nach 2. werden aus dem jeweiligen Versorgungsbereich unter Verwendung sämtlicher im Rahmen der Honorarverteilung nicht ausgeschöpfter Finanzmittel geleistet.“
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/2009 und III/2009 legte die Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2010 und 03.02.2010 jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung wurde u. a. vorgetragen, die Konvergenzregelungen begründeten einen Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip. Insbesondere Praxen in der Aufbauphase würden durch die Anknüpfung an Vorjahresquartale aufgrund steigender Umsätze benachteiligt.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe Vorgaben zur Honorarverteilung gemacht, die im Honorarverteilungsvertrag (HVV) für 2009 umgesetzt worden seien. § 12 HVV lasse Ausgleichszahlungen bei Honorarverlusten zu. Da nach § 12 Abs. 3 HVV die nähere Regelung der KVBW zugewiesen sei, habe die Beklagte mit ihren Vertragspartnern eine Konvergenzvereinbarung geschlossen. Zur Finanzierung der darin geregelten Ausgleichszahlungen sei eine Quotierung für positive Honorarveränderungen vereinbart worden. Die Quotierung stelle keine Bestrafung dar, sondern sei notwendige Voraussetzung, um das Solidargefüge der Vertragsärzte aufrechtzuerhalten. Die Stützung im Rahmen der Konvergenz müsse von den Vertragsärzten getragen werden, da die Krankenkassen keiner Nachschusspflicht unterlägen. Zur Rechtfertigung dieses Solidarbeitrags werde sichergestellt, dass eine Stützung ausschließlich in den Fällen greife, in denen der Honorarverlust aufgrund der Systematik der Leistungssteuerung verursacht worden sei und nicht auf von der Praxis selbst zu verantwortenden Gründen beruhe. Darüber hinaus sei trotz Quotierung ein Wachstum möglich, da die Wachstumstoleranzgrenze bei 105 % des Vorjahresquartals angesetzt worden sei. Der Rückgriff auf das Vorjahresquartal sei bindend, um die nötige Vergleichbarkeit gewährleisten zu können. Die Anwendung der Konvergenzvereinbarung und die damit verbundenen Honorarabzüge auch bei Praxen in der Aufbauphase, widerspreche nicht dem Gleichheitsprinzip. Dies deshalb, weil die Zugrundelegung der tatsächlichen Fallzahlen im Rahmen der RLV-Bemessung bereits zu einer Verringerung des jeweiligen konvergenzbedingten Abzugs führe. Zudem werde nur der Betrag in Abzug gebracht, mit dem der Fallwert des Vorjahresquartals um mehr als 5 % überstritten werde.
11 
Am 12.08.2010 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart Klage. Zu Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für die vorgenommenen Honorarkürzungen. Weder das Gesetz noch die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses ließen es zu, Honorarzuwächse von über 5 % nicht zu vergüten. Zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen hätte die Beklagte Rückstellungen vornehmen müssen. Dies ginge aus den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses hervor. Eine Kompensation der Honorarverluste durch Abschöpfen der Umsatzzuwächse sei nicht zulässig.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/2009 und III/2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2010 zu verurteilen, über die Honoraransprüche der Klägerin für die Quartale II/2009 und III/2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Die Beklagte erwidert im Wesentlichen, die Honorarkürzungen im Rahmen der Konvergenz seien nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege nicht vor. Die Konvergenzvereinbarung basiere auf Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses. Dem (Erweiterten) Bewertungsausschuss stünde ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Daher habe er in der Umstellungsphase auf das völlig neue Vergütungssystem entsprechende Regelungen treffen dürfen. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe die - zeitlich befristete - Konvergenzphase als Phase zur schrittweisen Anpassung der Regelleistungsvolumen bezeichnet. Er habe damit ausdrücklich geregelt, dass die überproportionalen Honorarverluste nicht über Rückstellungen, sondern über Honorarzuwächse bei sogenannten Gewinnerpraxen zu finanzieren seien. Dies werde auch daran deutlich, dass nach den Vorgaben des Erweiterten Bewertungsausschusses die Auswirkungen der Konvergenzphase bei der Bildung von Rückstellungen und bei den Vorwegabzügen zum Zwecke der Vermeidung von Unterdeckungen zu berücksichtigen seien. Dass die Beklagte zur Abschöpfung der Gewinne ermächtigt sei, ergebe sich zudem daraus, dass der Erweiterte Bewertungsausschuss in seinem Beschluss vom 15.01.2009 im Plural von „Grenzwerten“ spreche. Aus der dazu gehörigen Protokollnotiz ergebe sich weiter, dass der GKV-Spitzenverband von Grenzwerten für 2009 in Höhe von „80 % bzw. 120 %“ und für 2010 von Grenzwerten von „70 % bzw. 130 %“ ausgehe. Dies zeige, dass nach dem Willen der Vertragspartner eine Finanzierung nicht bzw. nur subsidiär durch Rückstellungen zu erfolgen habe. Entsprechendes sei auch einem Rundschreiben der KBV vom 16.01.2009 zu entnehmen.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Beteiligtenvortrages, wird auf die Sozialgerichtsakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale II/2009 und III/2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2010 sind hinsichtlich der Honorarkürzungen zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen nach der Konvergenzvereinbarung rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
I.
19 
Die vorgenommenen Honorarkürzungen basieren auf § 2 Ziff. 7 a) der Konvergenzvereinbarung zwischen der Beklagten und den Krankenkassen vom 09.11.2009. Diese Regelung ist unwirksam, da sie nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist.
20 
Gemäß § 87b Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) werden ab dem 1. Januar 2009 (abweichend von § 85 SGB V) die vertragsärztlichen Leistungen von der Beklagten auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V vergütet. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen. Ein RLV ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (§ 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V). Abweichend hiervon ist gemäß § 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V die das RLV überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten. Die Werte für die RLV sind morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen (§ 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V). Der Bewertungsausschuss bestimmt erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der RLV (§ 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V).
21 
Der (Erweiterte) Bewertungsausschuss hat mit Beschluss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28.08.2008 (Teil F) detailliert Vorgaben zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87b Abs. 2 und Abs. 3 SGB V gemacht. Die Beklagte ist hieran gebunden. Dies ergibt sich aus § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V, wonach die Zuständigkeit für die Bestimmung des Verfahrens zur Berechnung und Anpassung der RLV dem Bewertungsausschuss zugewiesen ist. Die Beklagte stellt zwar mit den Krankenkassen unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der RLV konkret anzuwendende Berechnungsformel fest, ist dabei aber an die Vorgaben des Bewertungsausschusses gebunden (§ 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V).
22 
Der Gesetzgeber hat mit diesen Regelungen das Ziel verfolgt, die regional unterschiedlichen Kriterien der Honorarverteilung zu beseitigen. Die Vergütung der Ärzte sollte künftig in allen Regionen nach bundeseinheitlichen Regelungen des Bewertungsausschusses erfolgen (vgl. Gesetzentwurf zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, BT-Drucks. 16/3100, S. 126). Von diesen Bestimmungen darf daher durch die Partner der Honorarverteilungsverträge nicht ohne normative Grundlage auf Bundesebene abgewichen werden.
23 
Die Beklagte ist mit den Bestimmungen der Konvergenzvereinbarung zur Honorarkürzung bei den sogenannten „Gewinnerpraxen“ von den Vorgaben des Bundesgesetzgebers und des (Erweiterten) Bewertungsausschusses abgewichen. Sie hat unter Anwendung des § 2 Ziff. 7 der Konvergenzvereinbarung einen Teil der von der Klägerin erbrachten Leistungen entgegen der bundesrechtlichen Vorgaben nicht vergütet. Dabei hat sich die Beklagte im Ergebnis weder an die Bestimmung zur abgestaffelten Vergütung der Leistungsmenge, die das RLV überschreitet, noch an die Regelungen zur Vergütung der innerhalb des RLV liegenden Leistungsmenge gehalten. Die streitgegenständlichen Honorarkürzungen umfassten betragsmäßig jeweils die gesamte abgestaffelte Vergütung sowie einen Teil des zugewiesenen RLV. Der Klägerin wurden damit realiter ein Teil ihres RLV sowie die gesamte abgestaffelte Vergütung für Leistungen, die über das RLV hinausgingen, vorenthalten. Mit dieser Vorgehensweise haben die Vertragspartner der Konvergenzvereinbarung die Anwendung der bundeseinheitlich vorgegebenen Regelungen zu den RLV faktisch ausgesetzt. Zwar sieht der Honorarverteilungsvertrag für den Bezirk der Beklagten (gültig ab 01.01.2009) in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben Bestimmungen zum RLV vor. Die Beklagte hat diese Regelungen laut Honorarbescheid auch zunächst zur Anwendung gebracht. Dadurch, dass die Beklagte aber im Anschluss eine Kürzung des Honorars nach der Konvergenzvereinbarung vorgenommen hat, konterkarierte sie die Regelungen zum RLV. Anstelle einer Vergütung auf Grundlage von RLV erfolgte tatsächlich eine Vergütung in Orientierung an den Honorarumsätzen der Vorjahresquartale. Damit hat die Beklagte eine praxisindividuelle Budgetierung zum Ansatz gebracht, die mit den für die Zeit ab 01.01.2009 geltenden normativen Vorgaben nicht vereinbar war.
24 
Eine Ermächtigungsgrundlage für diese Vorgehensweise existierte auf Bundesebene nicht. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung insbesondere nicht auf Beschlüsse des (Erweiterten) Bewertungsausschusses berufen.
25 
Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 9. Sitzung am 15.01.2009 (Teil A) kann bereits deshalb keine Grundlage für die Konvergenzvereinbarung bilden, da er noch vor Abschluss der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Krankenkassen durch Beschluss in der 10. Sitzung des Erweiterten Bewertungsausschusses am 27.02.2009 umfassend abgeändert wurde. Die Bestimmungen im Beschluss vom 15.01.2009, auf welche die Beklagte ihre Auslegung stützt, haben dadurch ihre Gültigkeit verloren.
26 
Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 10. Sitzung am 27.02.2009 (Teil A - Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung) bildet ebenfalls keine hinreichende normative Grundlage für die streitgegenständlichen Honorarkürzungen.
27 
Nach Ziff. 1 des Beschlusses können die Partner der Gesamtverträge einvernehmlich zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung „ein Verfahren zur schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen (Konvergenzverfahren)“ beschließen, sofern die Honorarverluste durch die Umstellung der Steuerung auf die neue Systematik begründet sind. Das Konvergenzverfahren dient mithin den Zielen, reformbedingte Honorarverluste in größerem Umfang und Versorgungsdefizite abzuwenden. Honorarsteigerungen infolge der Neuordnung der Vergütung werden im Beschluss nicht thematisiert. Eine Regelung zur Vornahme von Honorarkürzungen existiert nicht.
28 
Die Befugnis zur Vornahme von pauschalen Honorarkürzungen bei sog. „Gewinnerpraxen“ lässt sich auch nicht durch Auslegung der Regelungen ermitteln. Insbesondere kann eine Ermächtigung - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht Ziff. 8 des Beschlusses entnommen werden. Nach dieser Bestimmung lösen die Konvergenzregelungen keine Nachschusspflicht der Krankenkassen aus. Die Konvergenzregelungen sind stattdessen bei der Bildung von Rückstellungen zur Vermeidung von Unterdeckungen zu berücksichtigen. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass die Beklagte zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen Honorarkürzungen bei „Gewinnerpraxen“ vornehmen darf. Der Beklagten wird vielmehr aufgegeben, zur Finanzierung des Konvergenzverfahrens ausreichende Rückstellungen zu bilden.
29 
Eine Ermächtigungsgrundlage für die vorgenommenen Honorarkürzungen ergibt sich auch nicht aus den übrigen Regelungen des Beschlusses. Die Bestimmungen zeigen vielmehr auf, dass auch in der Konvergenzphase die Vergütung nach RLV zu erfolgen hat. Nach Ziff. 2 des Beschlusses wird das Konvergenzverfahren „mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben“ ausgestaltet. „Bestehende Differenzen zwischen der sich aus der jeweiligen Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses ergebenden Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen und der aus dem regionalen Verfahren nach 1. ergebenden Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen“ sind nach Ziff. 5 des Beschlusses bis zum 31.12.2010 vollständig aufzuheben. Demnach darf zwar von Vorgaben des (Erweiterten) Bewertungsausschusses für eine Übergangszeit abgewichen werden, hinsichtlich der RLV jedoch nur insoweit, als dass eine „schrittweise Anpassung“ an die normativen Vorgaben vorgenommen werden darf (vgl. BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 58, juris-Rd. 43). Die (faktische) Aussetzung der Vergütung nach RLV wird nicht gestattet. Lediglich von den Vorgaben zur Berechnungsweise der RLV darf abgewichen werden (vgl. Ziff. 3 und 4 des Beschlusses vom 27.02.2009), nicht aber von der ab 2009 gültigen und vom Gesetzgeber vorgegebenen Grundstruktur des Honorarverteilungssystems. Zu entsprechenden Regelungen wäre der (Erweitere) Bewertungsausschuss auch nicht ermächtigt gewesen. Ihm steht zwar ein Gestaltungspielraum bei den von ihm zu treffenden Regelungen zu (BSG, Urt. v. 17.03.2010, B 6 KA 43/08 R, BSGE 106, 56). Insoweit ist er auch berechtigt Übergangsregelungen zu erlassen, wonach aus Gründen der Kontinuität des Honorierungsumfangs und der Verwaltungspraktikabilität für eine bestimmte Zeit noch Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben toleriert werden (BSG, Urt. v. 17.03.2010, B 6 KA 43/08 R, a. a. O.; Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Die weitgehende Suspendierung zwingender gesetzlicher Vorgaben ist dagegen vom Gestaltungsspielraum des (Erweiterten) Bewertungsausschusses nicht umfasst (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2011, B 6 KA 3/11 R, veröffentlicht bislang nur im Terminbericht Nr. 65/11). Wie oben aufgezeigt, entsprach die Vorgehensweise der Beklagten faktisch einer Aussetzung der Vergütung nach RLV. Die Höhe des dem Vertragsarzt zustehenden Honorars bestimmte sich im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen RLV, sondern nach dem praxisindividuellen Honorarumsatz im Referenzquartal.
30 
Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Honorarkürzungen auch nicht darauf berufen, dass die Ausgleichszahlungen an diejenigen Praxen, die infolge der Honorarreform Honorareinbußen hinnehmen mussten, finanziert werden mussten. Die Beklagte ist gehalten, die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen (BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 58). Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht (BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Das von der Beklagten angeführte Solidargefüge der Vertragsärzte zeichnet sich vielmehr durch eine gleichmäßige Belastung aller an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte aus. Es ist kein Grund ersichtlich, nur die sogenannten „Gewinnerpraxen“ in die Pflicht zu nehmen. Dem steht sowohl das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung der Gesamtvergütung als auch der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG) entgegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die „Gewinnerpraxen“ - wie vorliegend - einer pauschalen Kürzung unterzogen werden, ohne die Gründe für den Zuwachs zu berücksichtigen. Honorarzuwächse in der Aufbauphase einer Anfängerpraxis oder aufgrund einer Praxisneuausrichtung stehen in keinerlei Korrelation zu reformbedingten Honorarverlusten bei den sogenannten „Verliererpraxen“. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der Honorarreform vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt waren, z. B. weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde (zur Honorarreform im Jahr 2005: BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Eine pauschale Inanspruchnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen an die „Verliererpraxen“ ist deshalb nicht zulässig (zur Konvergenzregelung im HVV der KV Hessen für das Quartal IV/2005 so auch: BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Die zur Finanzierung erforderlichen Geldmittel müssen vielmehr aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden (zur Konvergenzregelung im HVV der KV Hessen für das Quartal IV/2005 so auch: BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Hierfür sind gegebenenfalls Rückstellungen zu bilden. Dementsprechend sieht Ziff. 8 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 10. Sitzung vom 27.02.2009 (Teil A) vor, dass bei der Bildung von Rückstellungen die Auswirkungen der Konvergenzphase zum Zwecke der Vermeidung von Unterdeckungen zu berücksichtigen sind (zur Bildung von Rückstellungen zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten vgl. auch: Teil G des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 7. Sitzung vom 27. und 28.08.2008 sowie § 12 i. V. m. Anlage 3b zu Teil B des HVV).
31 
Eine Rechtfertigung der Vorgehensweise der Beklagten ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung. Denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden (BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.).
32 
Der Klage war daher stattzugeben.
II.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Kosten zu tragen.

Gründe

 
18 
Die form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale II/2009 und III/2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2010 sind hinsichtlich der Honorarkürzungen zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen nach der Konvergenzvereinbarung rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
I.
19 
Die vorgenommenen Honorarkürzungen basieren auf § 2 Ziff. 7 a) der Konvergenzvereinbarung zwischen der Beklagten und den Krankenkassen vom 09.11.2009. Diese Regelung ist unwirksam, da sie nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist.
20 
Gemäß § 87b Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) werden ab dem 1. Januar 2009 (abweichend von § 85 SGB V) die vertragsärztlichen Leistungen von der Beklagten auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V vergütet. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen. Ein RLV ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (§ 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V). Abweichend hiervon ist gemäß § 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V die das RLV überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten. Die Werte für die RLV sind morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen (§ 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V). Der Bewertungsausschuss bestimmt erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der RLV (§ 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V).
21 
Der (Erweiterte) Bewertungsausschuss hat mit Beschluss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28.08.2008 (Teil F) detailliert Vorgaben zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV nach § 87b Abs. 2 und Abs. 3 SGB V gemacht. Die Beklagte ist hieran gebunden. Dies ergibt sich aus § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V, wonach die Zuständigkeit für die Bestimmung des Verfahrens zur Berechnung und Anpassung der RLV dem Bewertungsausschuss zugewiesen ist. Die Beklagte stellt zwar mit den Krankenkassen unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der RLV konkret anzuwendende Berechnungsformel fest, ist dabei aber an die Vorgaben des Bewertungsausschusses gebunden (§ 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V).
22 
Der Gesetzgeber hat mit diesen Regelungen das Ziel verfolgt, die regional unterschiedlichen Kriterien der Honorarverteilung zu beseitigen. Die Vergütung der Ärzte sollte künftig in allen Regionen nach bundeseinheitlichen Regelungen des Bewertungsausschusses erfolgen (vgl. Gesetzentwurf zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, BT-Drucks. 16/3100, S. 126). Von diesen Bestimmungen darf daher durch die Partner der Honorarverteilungsverträge nicht ohne normative Grundlage auf Bundesebene abgewichen werden.
23 
Die Beklagte ist mit den Bestimmungen der Konvergenzvereinbarung zur Honorarkürzung bei den sogenannten „Gewinnerpraxen“ von den Vorgaben des Bundesgesetzgebers und des (Erweiterten) Bewertungsausschusses abgewichen. Sie hat unter Anwendung des § 2 Ziff. 7 der Konvergenzvereinbarung einen Teil der von der Klägerin erbrachten Leistungen entgegen der bundesrechtlichen Vorgaben nicht vergütet. Dabei hat sich die Beklagte im Ergebnis weder an die Bestimmung zur abgestaffelten Vergütung der Leistungsmenge, die das RLV überschreitet, noch an die Regelungen zur Vergütung der innerhalb des RLV liegenden Leistungsmenge gehalten. Die streitgegenständlichen Honorarkürzungen umfassten betragsmäßig jeweils die gesamte abgestaffelte Vergütung sowie einen Teil des zugewiesenen RLV. Der Klägerin wurden damit realiter ein Teil ihres RLV sowie die gesamte abgestaffelte Vergütung für Leistungen, die über das RLV hinausgingen, vorenthalten. Mit dieser Vorgehensweise haben die Vertragspartner der Konvergenzvereinbarung die Anwendung der bundeseinheitlich vorgegebenen Regelungen zu den RLV faktisch ausgesetzt. Zwar sieht der Honorarverteilungsvertrag für den Bezirk der Beklagten (gültig ab 01.01.2009) in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben Bestimmungen zum RLV vor. Die Beklagte hat diese Regelungen laut Honorarbescheid auch zunächst zur Anwendung gebracht. Dadurch, dass die Beklagte aber im Anschluss eine Kürzung des Honorars nach der Konvergenzvereinbarung vorgenommen hat, konterkarierte sie die Regelungen zum RLV. Anstelle einer Vergütung auf Grundlage von RLV erfolgte tatsächlich eine Vergütung in Orientierung an den Honorarumsätzen der Vorjahresquartale. Damit hat die Beklagte eine praxisindividuelle Budgetierung zum Ansatz gebracht, die mit den für die Zeit ab 01.01.2009 geltenden normativen Vorgaben nicht vereinbar war.
24 
Eine Ermächtigungsgrundlage für diese Vorgehensweise existierte auf Bundesebene nicht. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung insbesondere nicht auf Beschlüsse des (Erweiterten) Bewertungsausschusses berufen.
25 
Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 9. Sitzung am 15.01.2009 (Teil A) kann bereits deshalb keine Grundlage für die Konvergenzvereinbarung bilden, da er noch vor Abschluss der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Krankenkassen durch Beschluss in der 10. Sitzung des Erweiterten Bewertungsausschusses am 27.02.2009 umfassend abgeändert wurde. Die Bestimmungen im Beschluss vom 15.01.2009, auf welche die Beklagte ihre Auslegung stützt, haben dadurch ihre Gültigkeit verloren.
26 
Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 10. Sitzung am 27.02.2009 (Teil A - Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung) bildet ebenfalls keine hinreichende normative Grundlage für die streitgegenständlichen Honorarkürzungen.
27 
Nach Ziff. 1 des Beschlusses können die Partner der Gesamtverträge einvernehmlich zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung „ein Verfahren zur schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen (Konvergenzverfahren)“ beschließen, sofern die Honorarverluste durch die Umstellung der Steuerung auf die neue Systematik begründet sind. Das Konvergenzverfahren dient mithin den Zielen, reformbedingte Honorarverluste in größerem Umfang und Versorgungsdefizite abzuwenden. Honorarsteigerungen infolge der Neuordnung der Vergütung werden im Beschluss nicht thematisiert. Eine Regelung zur Vornahme von Honorarkürzungen existiert nicht.
28 
Die Befugnis zur Vornahme von pauschalen Honorarkürzungen bei sog. „Gewinnerpraxen“ lässt sich auch nicht durch Auslegung der Regelungen ermitteln. Insbesondere kann eine Ermächtigung - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht Ziff. 8 des Beschlusses entnommen werden. Nach dieser Bestimmung lösen die Konvergenzregelungen keine Nachschusspflicht der Krankenkassen aus. Die Konvergenzregelungen sind stattdessen bei der Bildung von Rückstellungen zur Vermeidung von Unterdeckungen zu berücksichtigen. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass die Beklagte zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen Honorarkürzungen bei „Gewinnerpraxen“ vornehmen darf. Der Beklagten wird vielmehr aufgegeben, zur Finanzierung des Konvergenzverfahrens ausreichende Rückstellungen zu bilden.
29 
Eine Ermächtigungsgrundlage für die vorgenommenen Honorarkürzungen ergibt sich auch nicht aus den übrigen Regelungen des Beschlusses. Die Bestimmungen zeigen vielmehr auf, dass auch in der Konvergenzphase die Vergütung nach RLV zu erfolgen hat. Nach Ziff. 2 des Beschlusses wird das Konvergenzverfahren „mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben“ ausgestaltet. „Bestehende Differenzen zwischen der sich aus der jeweiligen Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses ergebenden Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen und der aus dem regionalen Verfahren nach 1. ergebenden Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen“ sind nach Ziff. 5 des Beschlusses bis zum 31.12.2010 vollständig aufzuheben. Demnach darf zwar von Vorgaben des (Erweiterten) Bewertungsausschusses für eine Übergangszeit abgewichen werden, hinsichtlich der RLV jedoch nur insoweit, als dass eine „schrittweise Anpassung“ an die normativen Vorgaben vorgenommen werden darf (vgl. BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 58, juris-Rd. 43). Die (faktische) Aussetzung der Vergütung nach RLV wird nicht gestattet. Lediglich von den Vorgaben zur Berechnungsweise der RLV darf abgewichen werden (vgl. Ziff. 3 und 4 des Beschlusses vom 27.02.2009), nicht aber von der ab 2009 gültigen und vom Gesetzgeber vorgegebenen Grundstruktur des Honorarverteilungssystems. Zu entsprechenden Regelungen wäre der (Erweitere) Bewertungsausschuss auch nicht ermächtigt gewesen. Ihm steht zwar ein Gestaltungspielraum bei den von ihm zu treffenden Regelungen zu (BSG, Urt. v. 17.03.2010, B 6 KA 43/08 R, BSGE 106, 56). Insoweit ist er auch berechtigt Übergangsregelungen zu erlassen, wonach aus Gründen der Kontinuität des Honorierungsumfangs und der Verwaltungspraktikabilität für eine bestimmte Zeit noch Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben toleriert werden (BSG, Urt. v. 17.03.2010, B 6 KA 43/08 R, a. a. O.; Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Die weitgehende Suspendierung zwingender gesetzlicher Vorgaben ist dagegen vom Gestaltungsspielraum des (Erweiterten) Bewertungsausschusses nicht umfasst (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2011, B 6 KA 3/11 R, veröffentlicht bislang nur im Terminbericht Nr. 65/11). Wie oben aufgezeigt, entsprach die Vorgehensweise der Beklagten faktisch einer Aussetzung der Vergütung nach RLV. Die Höhe des dem Vertragsarzt zustehenden Honorars bestimmte sich im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen RLV, sondern nach dem praxisindividuellen Honorarumsatz im Referenzquartal.
30 
Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Honorarkürzungen auch nicht darauf berufen, dass die Ausgleichszahlungen an diejenigen Praxen, die infolge der Honorarreform Honorareinbußen hinnehmen mussten, finanziert werden mussten. Die Beklagte ist gehalten, die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen (BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 58). Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht (BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Das von der Beklagten angeführte Solidargefüge der Vertragsärzte zeichnet sich vielmehr durch eine gleichmäßige Belastung aller an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte aus. Es ist kein Grund ersichtlich, nur die sogenannten „Gewinnerpraxen“ in die Pflicht zu nehmen. Dem steht sowohl das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung der Gesamtvergütung als auch der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG) entgegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die „Gewinnerpraxen“ - wie vorliegend - einer pauschalen Kürzung unterzogen werden, ohne die Gründe für den Zuwachs zu berücksichtigen. Honorarzuwächse in der Aufbauphase einer Anfängerpraxis oder aufgrund einer Praxisneuausrichtung stehen in keinerlei Korrelation zu reformbedingten Honorarverlusten bei den sogenannten „Verliererpraxen“. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der Honorarreform vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt waren, z. B. weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde (zur Honorarreform im Jahr 2005: BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Eine pauschale Inanspruchnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen an die „Verliererpraxen“ ist deshalb nicht zulässig (zur Konvergenzregelung im HVV der KV Hessen für das Quartal IV/2005 so auch: BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Die zur Finanzierung erforderlichen Geldmittel müssen vielmehr aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden (zur Konvergenzregelung im HVV der KV Hessen für das Quartal IV/2005 so auch: BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.). Hierfür sind gegebenenfalls Rückstellungen zu bilden. Dementsprechend sieht Ziff. 8 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 10. Sitzung vom 27.02.2009 (Teil A) vor, dass bei der Bildung von Rückstellungen die Auswirkungen der Konvergenzphase zum Zwecke der Vermeidung von Unterdeckungen zu berücksichtigen sind (zur Bildung von Rückstellungen zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten vgl. auch: Teil G des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 7. Sitzung vom 27. und 28.08.2008 sowie § 12 i. V. m. Anlage 3b zu Teil B des HVV).
31 
Eine Rechtfertigung der Vorgehensweise der Beklagten ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung. Denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden (BSG, Urt. v. 18.08.2010, B 6 KA 27/09 R, a. a. O.).
32 
Der Klage war daher stattzugeben.
II.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Kosten zu tragen.

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Sozialgericht Stuttgart Urteil, 20. Dez. 2011 - S 10 KA 4968/10 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 85 Gesamtvergütung


(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärzt

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 87b Vergütung der Ärzte (Honorarverteilung)


(1) Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 87a Regionale Euro-Gebührenordnung, Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung, Behandlungsbedarf der Versicherten


(1) Abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 gelten für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. (2) Die Kassenärztliche Vereinigung und die

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Bundessozialgericht Urteil, 14. Dez. 2011 - B 6 KA 3/11 R

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. September 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 18. Aug. 2010 - B 6 KA 27/09 R

bei uns veröffentlicht am 18.08.2010

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 17. März 2010 - B 6 KA 43/08 R

bei uns veröffentlicht am 17.03.2010

Tatbestand 1 Streitig ist die Höhe des Honorars des Klägers für das Quartal II/2005. 2

Referenzen

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 gelten für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(2) Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren auf der Grundlage des Orientierungswertes gemäß § 87 Absatz 2e jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres einen Punktwert, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden ist. Die Vertragspartner nach Satz 1 können dabei einen Zuschlag auf den oder einen Abschlag von dem Orientierungswert gemäß § 87 Absatz 2e vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Darüber hinaus können auf der Grundlage von durch den Bewertungsausschuss festzulegenden Kriterien zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten, insbesondere in Planungsbereichen, für die Feststellungen nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen wurden, Zuschläge auf den Orientierungswert nach § 87 Absatz 2e für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern vereinbart werden. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Aus dem vereinbarten Punktwert nach diesem Absatz und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen gemäß § 87 Absatz 1 ist eine regionale Gebührenordnung mit Euro-Preisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen. Besonders förderungswürdige Leistungen nach Satz 3 können auch vertragsärztliche Leistungen sein, die telemedizinisch erbracht werden.

(3) Ebenfalls jährlich bis zum 31. Oktober vereinbaren die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und bewerten diesen mit dem nach Absatz 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in Euro; der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt als notwendige medizinische Versorgung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1. Die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen sind mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten. Darüber hinausgehende Leistungen, die sich aus einem bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs ergeben, sind von den Krankenkassen zeitnah, spätestens im folgenden Abrechnungszeitraum unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 ebenfalls mit den in der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 enthaltenen Preisen zu vergüten. Von den Krankenkassen sind folgende Leistungen und Zuschläge außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten:

1.
Leistungen im Rahmen der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
2.
Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 sowie Absatz 2c Satz 3 und 4,
3.
Leistungen im Behandlungsfall, die aufgrund der Vermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 und 4 erbracht werden, sofern es sich nicht um Fälle nach § 75 Absatz 1a Satz 8 handelt,
4.
Leistungen im Behandlungsfall bei Weiterbehandlung eines Patienten durch einen an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach Vermittlung durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2,
5.
bis zum 31. Dezember 2022 Leistungen im Behandlungsfall, die von Ärzten, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, gegenüber Patienten erbracht werden, die in der jeweiligen Arztpraxis erstmals untersucht und behandelt werden oder die mindestens zwei Jahre nicht in der jeweiligen Arztpraxis untersucht und behandelt wurden,
6.
Leistungen im Behandlungsfall, die im Rahmen von bis zu fünf offenen Sprechstunden je Kalenderwoche ohne vorherige Terminvereinbarung gemäß § 19a Absatz 1 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte erbracht werden; bei einem reduzierten Versorgungsauftrag ist die Vergütung außerhalb der Gesamtvergütung auf die jeweils anteilige Zeit offener Sprechstunden je Kalenderwoche gemäß § 19a Absatz 1 Satz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte begrenzt,
7.
die regelmäßige Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes und
8.
ab dem 1. April 2023 kinder- und jugendpsychiatrische Grundversorgung, Gespräche, Beratungen, Erörterungen, Abklärungen, Anleitung von Bezugs- oder Kontaktpersonen, Betreuung sowie kontinuierliche Mitbetreuung in häuslicher Umgebung oder in beschützenden Einrichtungen oder Heimen.
Darüber hinaus können Leistungen außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder wenn dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen sind, begrenzt auf ein Jahr zu bereinigen. Zudem haben sie unter Berücksichtigung der vom Bewertungsausschuss zu beschließenden Vorgaben nach Satz 10 vierteljährlich ein für die Kassenärztliche Vereinigung spezifisch durchzuführendes Korrekturverfahren zu vereinbaren, mit dem bei der Bereinigung nach Satz 7 nicht berücksichtigte Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen berücksichtigt werden. Das Korrekturverfahren erfolgt für vier Quartale beginnend mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021; der Zeitraum wird verlängert, wenn die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht bis zum 30. Juni 2021 gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes aufgehoben wird, und endet ein Jahr nach deren Aufhebung zum Ende des dann laufenden Quartals. Der Bewertungsausschuss beschließt nach Maßgabe der Sätze 11 und 12 Vorgaben zum Korrekturverfahren einschließlich der jeweiligen Korrekturbeträge der Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen, um die nach Satz 1 vereinbarte Gesamtvergütung basiswirksam zusätzlich zur Bereinigung nach Satz 7 zu bereinigen. Der Korrekturbetrag für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen wird quartalsweise für jede Kassenärztliche Vereinigung ermittelt auf der Grundlage des aus den Abrechnungsdaten des Jahres 2018, unter Berücksichtigung der Abrechnungsdaten der Jahre 2016 und 2017, abgeleiteten zu erwartenden Verhältnisses aus dem Punktzahlvolumen für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen zum Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen bei rechnerischer Anwendung dieses Verhältnisses auf das Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im zu bereinigenden Quartal nach Satz 9; von dem ermittelten Korrekturbetrag in Abzug zu bringen ist die bereits nach Satz 7 erfolgte Bereinigung für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen. Für die Ermittlung des Korrekturbetrags für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen gilt Satz 11 entsprechend mit der Maßgabe, dass das zu erwartende Verhältnis aus einer empirisch zu bestimmenden Quote ermittelt wird, die sich am höchsten Anteil des Punktzahlvolumens für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen an dem Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung in einem Quartal im Bereinigungszeitraum nach Satz 7 bemisst. Ab dem 1. Januar 2023 sind die in Satz 5 Nummer 3, 4 und 6 genannten Leistungen bei der Abrechnung zu kennzeichnen. Das Bereinigungsvolumen nach den Sätzen 7 bis 12 für Leistungen nach Satz 5 Nummer 5 wird im Zeitraum 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung rückgeführt, wobei vereinbarte Anpassungen des Punktwertes und des Behandlungsbedarfs seit der Bereinigung zu berücksichtigen sind; der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 30. November 2022 entsprechende Vorgaben. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben ab dem Jahr 2023 in jedem Quartal die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Satz 1 unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals zu bereinigen, wenn und soweit das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen der in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen der einzelnen Arztgruppen das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen dieser Leistungen im Vorjahresquartal um 3 Prozent übersteigt. Die arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Der Bewertungsausschuss beschließt das Nähere zur Bereinigung nach Satz 15 bis spätestens zum 31. März 2023. Der Bewertungsausschuss evaluiert, ob und wieweit durch die Vergütung der Leistungen nach Satz 5 Nummer 6 außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung im Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2024 gegenüber dem zum Vergleich herangezogenen Zeitraum eine Verbesserung des Zugangs zur fachärztlichen Versorgung eingetreten ist. Das Verfahren der Evaluierung bestimmt der Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 über die Ergebnisse der Evaluierung zu berichten. Die Evaluierung umfasst auch die Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 und Absatz 2c Satz 3 und 4. Abweichend von Satz 20 hat der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit halbjährlich, erstmals bis zum 30. September 2023, über die Ergebnisse der Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 Nummer 1 und Absatz 2c Satz 3 Nummer 1 zu berichten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 8 genannten Leistungen für vier Quartale zu bereinigen. Hierzu wird die Leistungsmenge der Leistungen nach Satz 5 Nummer 8 aus dem Vorjahresquartal unter Berücksichtigung der Auszahlungsquote dieser Leistungen im Vorjahresquartal ermittelt. Die Auszahlungsquote ist von der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Die Bereinigung darf nicht zu Lasten anderer Arztgruppen gehen. In den Vereinbarungen zur Bereinigung ist auch über notwendige Korrekturverfahren zu entscheiden. Das Nähere regelt der Bewertungsausschuss.

(3a) Für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung sind die Leistungen abweichend von Absatz 3 Satz 3 und 4 von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten, die in der Kassenärztlichen Vereinigung gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Weichen die nach Absatz 2 Satz 5 vereinbarten Preise von den Preisen nach Satz 1 ab, so ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Die Zahl der Versicherten nach Absatz 3 Satz 2 ist entsprechend der Zahl der auf den zugrunde gelegten Zeitraum entfallenden Versichertentage zu ermitteln. Weicht die bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu Grunde gelegte Zahl der Versicherten von der tatsächlichen Zahl der Versicherten im Vereinbarungszeitraum ab, ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 5 sind auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu zahlende Gesamtvergütung anzurechnen.

(3b) Die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen sind ab dem 1. April 2023 von den Krankenkassen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vollständig zu vergüten. Abweichend von § 85 Absatz 1 und abweichend von Absatz 3 Satz 1 wird die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung hinsichtlich der Vergütung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen nicht mit befreiender Wirkung gezahlt. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien vereinbaren Zuschläge zur Förderung der Kinder- und Jugendmedizin, soweit die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten abgerechneten Leistungen die festgesetzte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausschöpfen. Für die erstmalige Festsetzung der auf die Leistungen nach § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung ist das Honorarvolumen zugrunde zu legen, das für die Leistungen im zweiten Quartal 2022 gemäß dem Verteilungsmaßstab ausgezahlt worden ist. Sofern dieses Honorarvolumen Zuschläge enthält, haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 diese Zuschläge in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vereinbaren. Für die Zuschläge nach den Sätzen 3 und 5 sowie nach § 87a Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt Satz 2 nicht. Der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Festsetzung der auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die erstmalig rückwirkend zum 1. April 2023 für das laufende Kalenderjahr und danach jährlich für das folgende Kalenderjahr zu erfolgen hat. Zudem beschließt der Bewertungsausschuss bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Ermittlung des auf die jeweilige Krankenkasse entfallenden Anteils an Ausgleichszahlungen, der sich nach ihrem jeweiligen leistungsmengenbezogenen Anteil an dieser Ausgleichszahlung bemisst. Eine Ausgleichszahlung ist dann zu leisten, wenn die auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausreicht, um die vollständige Vergütung nach Satz 1 zu gewährleisten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien haben sich auf ein Verfahren zu verständigen, nach dem die Kassenärztliche Vereinigung die Entwicklung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen und von deren Vergütungen gegenüber den Krankenkassen nachweist. Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 3 Satz 5 Nummer 8, dieses Absatzes sowie der Regelungen in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz insbesondere auf die Versorgung der Kinder und Jugendlichen, die Honorare sowie die Ausgaben der Krankenkassen und berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2025 über die Ergebnisse.

(4) Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs jeweils aufsetzend auf dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr nach Absatz 3 Satz 2 vereinbarten und bereinigten Behandlungsbedarf sind insbesondere Veränderungen

1.
der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
2.
der Morbiditätsstruktur der Versicherten aller Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
3.
von Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen,
4.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und
5.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung;
dabei sind die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß Absatz 5 zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Aufsatzwertes für den Behandlungsbedarf nach Satz 1 für eine Krankenkasse ist ihr jeweiliger Anteil an dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr vereinbarten, bereinigten Behandlungsbedarf entsprechend ihres aktuellen Anteils an der Menge der für vier Quartale abgerechneten Leistungen jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung anzupassen. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung ist auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 einerseits sowie auf der Grundlage demografischer Kriterien (Alter und Geschlecht) andererseits durch eine gewichtete Zusammenfassung der vom Bewertungsausschuss als Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilten Raten zu vereinbaren. Falls erforderlich, können weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung nach Satz 3 ist ab dem Jahr, in dem die nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilte Veränderungsrate auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2023 bis 2025 ermittelt wird, allein auf der Grundlage dieser Veränderungsrate zu vereinbaren.

(4a) Über eine mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 einmalige basiswirksame Erhöhung des nach Absatz 4 Satz 1 für das Jahr 2016 angepassten Aufsatzwertes ist in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 im Jahr 2016 zu verhandeln, wenn die jeweils für das Jahr 2014 und jeweils einschließlich der Bereinigungen zu berechnende durchschnittliche an die Kassenärztliche Vereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung die durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten unterschreitet. Die Berechnungen nach Satz 1 werden durch das Institut nach § 87 Absatz 3b Satz 1 durchgeführt. Es teilt den Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 und dem Bundesministerium für Gesundheit das Ergebnis bis spätestens zum 15. September 2016 mit. Eine einmalige basiswirksame Erhöhung des Aufsatzwertes ist nur dann zu vereinbaren, wenn in den Verhandlungen nach Satz 1 festgestellt wird, dass der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Ob und in welchem Umfang der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war, ist von der Kassenärztlichen Vereinigung auch unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme des stationären Sektors nachzuweisen. Der Aufsatzwert ist in dem Umfang zu erhöhen, wie der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Die durch die vereinbarte Erhöhung des Aufsatzwertes einschließlich der Bereinigungen sich ergebende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung im Jahr 2014 darf die für das Jahr 2014 berechnete durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet einschließlich der Bereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten nicht übersteigen. Die Erhöhung erfolgt um einen im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für alle Krankenkassen einheitlichen Faktor. Die vereinbarte Erhöhung kann auch schrittweise über mehrere Jahre verteilt werden. Die zusätzlichen Mittel sind zur Verbesserung der Versorgungsstruktur einzusetzen. Umverteilungen zu Lasten anderer Kassenärztlicher Vereinigungen sind auszuschließen.

(5) Der Bewertungsausschuss beschließt Empfehlungen

1.
zur Vereinbarung des Umfangs des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach Absatz 3 Satz 4,
2.
zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 sowie
3.
zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.
Bei der Empfehlung teilt der Bewertungsausschuss den in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartnern die Ergebnisse der Berechnungen des Instituts des Bewertungsausschusses zu den Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 mit. Das Institut des Bewertungsausschusses errechnet für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung zwei einheitliche Veränderungsraten, wobei eine Rate insbesondere auf den Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 und die andere Rate auf demografischen Kriterien (Alter und Geschlecht) basiert. Die Veränderungsraten werden auf der Grundlage des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 2. September 2009 Teil B Nummer 2.3 bestimmt mit der Maßgabe, die Datengrundlagen zu aktualisieren. Zur Ermittlung der diagnosenbezogenen Rate ist das geltende Modell des Klassifikationsverfahrens anzuwenden. Der Bewertungsausschuss kann das Modell in bestimmten Zeitabständen auf seine weitere Eignung für die Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung überprüfen und fortentwickeln. Der Bewertungsausschuss hat zudem Vorgaben für ein Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den durch dieses Gesetz vorgesehenen Fällen sowie zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 und der Anteile der einzelnen Krankenkassen nach Absatz 4 Satz 2 zu beschließen; er kann darüber hinaus insbesondere Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 bis 5 und Satz 3 und 4 sowie ein Verfahren zur Bereinigung der Relativgewichte des Klassifikationsverfahrens im Falle von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 5 und 6 beschließen. Die Empfehlungen nach Satz 1 sowie die Vorgaben nach Satz 7 sind jährlich bis spätestens zum 31. August zu beschließen; die Mitteilungen nach Satz 2 erfolgen jährlich bis spätestens zum 15. September. Der Bewertungsausschuss beschließt geeignete pauschalierende Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den Fällen des § 73b Absatz 7 Satz 7 und 8. In den Vorgaben zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 sind auch Vorgaben zu beschließen, die die Aufsatzwerte einmalig und basiswirksam jeweils in dem Umfang erhöhen, der dem jeweiligen Betrag der Honorarerhöhung durch die Aufhebung des Investitionskostenabschlags nach § 120 Absatz 3 Satz 2 in der bis einschließlich 31. Dezember 2015 geltenden Fassung entspricht. Ab dem Jahr, in dem die Veränderungsraten auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2020 bis 2022 durch das Institut des Bewertungsausschusses nach Satz 3 errechnet werden, sind Kodiereffekte, die insbesondere durch die Einführung und Aktualisierung der verbindlichen Regelungen nach § 295 Absatz 4 Satz 2 zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel nach § 295 Absatz 1 Satz 6 entstehen, in den Berechnungen zu bereinigen. Hierzu hat der Bewertungsausschuss ein entsprechendes Verfahren zu beschließen. Der Bewertungsausschuss hat bis zum 1. September 2019 Vorgaben zu beschließen, bei welchen Arztgruppen, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, eine Vergütung nach Absatz 3 Satz 5 Nummer 5 vorzusehen ist. Soweit erforderlich, beschließt der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a für die von ihm beschlossenen Vergütungen für Leistungen die Empfehlungen zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.

(5a) Der Bewertungsausschuss erstellt zum Zwecke der Erhöhung der Transparenz über die der Empfehlung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 zugrunde liegenden Datengrundlagen einen Bericht über die Veränderungen der Behandlungsdiagnosen und den Einfluss der jeweiligen Behandlungsdiagnose auf die Veränderungsrate für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung. Der Bericht ist dem Bundesministerium für Gesundheit zusammen mit der Empfehlung und den der Empfehlung zugrunde liegenden weiteren Beratungsunterlagen vorzulegen. § 87 Absatz 6 Satz 10 gilt entsprechend.

(6) Der Bewertungsausschuss beschließt erstmals bis zum 31. März 2012 Vorgaben zu Art, Umfang, Zeitpunkt und Verfahren der für die Vereinbarungen und Berechnungen nach den Absätzen 2 bis 4 erforderlichen Datenübermittlungen von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen an das Institut des Bewertungsausschusses, welches den Vertragspartnern nach Absatz 2 Satz 1 die jeweils erforderlichen Datengrundlagen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres zur Verfügung stellt; § 87 Absatz 3f Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung; dabei sollen die von fachärztlich tätigen Ärzten erbrachten hausärztlichen Leistungen nicht den hausärztlichen Teil der Gesamtvergütungen und die von hausärztlich tätigen Ärzten erbrachten fachärztlichen Leistungen nicht den fachärztlichen Teil der Gesamtvergütungen mindern. Die Kassenärztliche Vereinigung wendet bei der Verteilung den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Die Vergütung der Leistungen im Notfall und im Notdienst erfolgt aus einem vor der Trennung für die Versorgungsbereiche gebildeten eigenen Honorarvolumen mit der Maßgabe, dass für diese Leistungen im Verteilungsmaßstab keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars angewandt werden dürfen; Gleiches gilt unter Beachtung der nach § 87a Absatz 3b Satz 7 beschlossenen Vorgaben für die Vergütung der Leistungen des Versorgungsbereichs der Kinder- und Jugendmedizin, die gegenüber Patienten erbracht werden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bisherige Bestimmungen, insbesondere zur Zuweisung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen, gelten bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab vorläufig fort.

(2) Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der Verteilungsmaßstab hat der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen. Für Praxisnetze, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen anerkannt sind, müssen gesonderte Vergütungsregelungen vorgesehen werden; für solche Praxisnetze können auch eigene Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen nach § 87a Absatz 3 gebildet werden. Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Im Verteilungsmaßstab dürfen keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars für anästhesiologische Leistungen angewandt werden, die im Zusammenhang mit vertragszahnärztlichen Behandlungen von Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder schwerer Dyskinesie notwendig sind. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie gegen deren Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(2a) Mindert sich die Fallzahl in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang infolge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses, soll die Kassenärztliche Vereinigung im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Leistungserbringers vorsehen. Regelungen nach Satz 1 können auch bei einer Minderung von Fallzahlen von Leistungen vorgesehen werden, die nach § 87a Absatz 3 Satz 5 Nummer 1, 3, 4, 5 und 6 und Satz 6 vergütet werden. In der Vergangenheit gebildete und noch nicht aufgelöste Rückstellungen im Rahmen der Honorarverteilung sollen ebenfalls verwendet werden. Eine weitere Voraussetzung für die Zahlung von Kompensationszahlungen ist, dass der vertragsärztliche Leistungserbringer die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden einhält. Bei einer Unterschreitung der in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden können Kompensationszahlungen nur vorgenommen werden, wenn der vertragsärztliche Leistungserbringer durch eine Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder ein anderes Großschadensereignis verursachte rechtfertigende Gründe für die Unterschreitung nachweist.

(3) Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen Beschluss nach § 100 Absatz 1 oder 3 getroffen, dürfen für Ärzte der betroffenen Arztgruppe im Verteilungsmaßstab Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung oder -minderung nicht bei der Behandlung von Patienten des betreffenden Planungsbereiches angewendet werden. Darüber hinausgehend hat der Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen vorzusehen, nach der die Kassenärztliche Vereinigung im Einzelfall verpflichtet ist, zu prüfen, ob und in welchem Umfang diese Maßnahme ausreichend ist, die Sicherstellung der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Die Kassenärztliche Vereinigung veröffentlicht einmal jährlich in geeigneter Form Informationen über die Grundsätze und Versorgungsziele des Honorarverteilungsmaßstabs.

(4) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat Vorgaben zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 sowie Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze nach Absatz 2 Satz 3 als Rahmenvorgabe für Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere zu Versorgungszielen, im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu bestimmen. Darüber hinaus hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des Absatzes 2 Satz 1 bis 4 und zur Durchführung geeigneter und neutraler Verfahren zur Honorarbereinigung zu bestimmen; dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen. Die Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben bis spätestens zum 23. Oktober 2015 Richtlinien nach Satz 1 zu beschließen.

(5) Die Regelungen der Absätze 1 bis 4 gelten nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(1) Abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 gelten für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(2) Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren auf der Grundlage des Orientierungswertes gemäß § 87 Absatz 2e jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres einen Punktwert, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden ist. Die Vertragspartner nach Satz 1 können dabei einen Zuschlag auf den oder einen Abschlag von dem Orientierungswert gemäß § 87 Absatz 2e vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Darüber hinaus können auf der Grundlage von durch den Bewertungsausschuss festzulegenden Kriterien zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten, insbesondere in Planungsbereichen, für die Feststellungen nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen wurden, Zuschläge auf den Orientierungswert nach § 87 Absatz 2e für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern vereinbart werden. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Aus dem vereinbarten Punktwert nach diesem Absatz und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen gemäß § 87 Absatz 1 ist eine regionale Gebührenordnung mit Euro-Preisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen. Besonders förderungswürdige Leistungen nach Satz 3 können auch vertragsärztliche Leistungen sein, die telemedizinisch erbracht werden.

(3) Ebenfalls jährlich bis zum 31. Oktober vereinbaren die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und bewerten diesen mit dem nach Absatz 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in Euro; der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt als notwendige medizinische Versorgung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1. Die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen sind mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten. Darüber hinausgehende Leistungen, die sich aus einem bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs ergeben, sind von den Krankenkassen zeitnah, spätestens im folgenden Abrechnungszeitraum unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 ebenfalls mit den in der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 enthaltenen Preisen zu vergüten. Von den Krankenkassen sind folgende Leistungen und Zuschläge außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten:

1.
Leistungen im Rahmen der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
2.
Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 sowie Absatz 2c Satz 3 und 4,
3.
Leistungen im Behandlungsfall, die aufgrund der Vermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 und 4 erbracht werden, sofern es sich nicht um Fälle nach § 75 Absatz 1a Satz 8 handelt,
4.
Leistungen im Behandlungsfall bei Weiterbehandlung eines Patienten durch einen an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach Vermittlung durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2,
5.
bis zum 31. Dezember 2022 Leistungen im Behandlungsfall, die von Ärzten, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, gegenüber Patienten erbracht werden, die in der jeweiligen Arztpraxis erstmals untersucht und behandelt werden oder die mindestens zwei Jahre nicht in der jeweiligen Arztpraxis untersucht und behandelt wurden,
6.
Leistungen im Behandlungsfall, die im Rahmen von bis zu fünf offenen Sprechstunden je Kalenderwoche ohne vorherige Terminvereinbarung gemäß § 19a Absatz 1 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte erbracht werden; bei einem reduzierten Versorgungsauftrag ist die Vergütung außerhalb der Gesamtvergütung auf die jeweils anteilige Zeit offener Sprechstunden je Kalenderwoche gemäß § 19a Absatz 1 Satz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte begrenzt,
7.
die regelmäßige Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes und
8.
ab dem 1. April 2023 kinder- und jugendpsychiatrische Grundversorgung, Gespräche, Beratungen, Erörterungen, Abklärungen, Anleitung von Bezugs- oder Kontaktpersonen, Betreuung sowie kontinuierliche Mitbetreuung in häuslicher Umgebung oder in beschützenden Einrichtungen oder Heimen.
Darüber hinaus können Leistungen außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder wenn dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen sind, begrenzt auf ein Jahr zu bereinigen. Zudem haben sie unter Berücksichtigung der vom Bewertungsausschuss zu beschließenden Vorgaben nach Satz 10 vierteljährlich ein für die Kassenärztliche Vereinigung spezifisch durchzuführendes Korrekturverfahren zu vereinbaren, mit dem bei der Bereinigung nach Satz 7 nicht berücksichtigte Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen berücksichtigt werden. Das Korrekturverfahren erfolgt für vier Quartale beginnend mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021; der Zeitraum wird verlängert, wenn die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht bis zum 30. Juni 2021 gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes aufgehoben wird, und endet ein Jahr nach deren Aufhebung zum Ende des dann laufenden Quartals. Der Bewertungsausschuss beschließt nach Maßgabe der Sätze 11 und 12 Vorgaben zum Korrekturverfahren einschließlich der jeweiligen Korrekturbeträge der Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen, um die nach Satz 1 vereinbarte Gesamtvergütung basiswirksam zusätzlich zur Bereinigung nach Satz 7 zu bereinigen. Der Korrekturbetrag für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen wird quartalsweise für jede Kassenärztliche Vereinigung ermittelt auf der Grundlage des aus den Abrechnungsdaten des Jahres 2018, unter Berücksichtigung der Abrechnungsdaten der Jahre 2016 und 2017, abgeleiteten zu erwartenden Verhältnisses aus dem Punktzahlvolumen für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen zum Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen bei rechnerischer Anwendung dieses Verhältnisses auf das Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im zu bereinigenden Quartal nach Satz 9; von dem ermittelten Korrekturbetrag in Abzug zu bringen ist die bereits nach Satz 7 erfolgte Bereinigung für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen. Für die Ermittlung des Korrekturbetrags für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen gilt Satz 11 entsprechend mit der Maßgabe, dass das zu erwartende Verhältnis aus einer empirisch zu bestimmenden Quote ermittelt wird, die sich am höchsten Anteil des Punktzahlvolumens für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen an dem Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung in einem Quartal im Bereinigungszeitraum nach Satz 7 bemisst. Ab dem 1. Januar 2023 sind die in Satz 5 Nummer 3, 4 und 6 genannten Leistungen bei der Abrechnung zu kennzeichnen. Das Bereinigungsvolumen nach den Sätzen 7 bis 12 für Leistungen nach Satz 5 Nummer 5 wird im Zeitraum 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung rückgeführt, wobei vereinbarte Anpassungen des Punktwertes und des Behandlungsbedarfs seit der Bereinigung zu berücksichtigen sind; der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 30. November 2022 entsprechende Vorgaben. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben ab dem Jahr 2023 in jedem Quartal die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Satz 1 unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals zu bereinigen, wenn und soweit das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen der in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen der einzelnen Arztgruppen das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen dieser Leistungen im Vorjahresquartal um 3 Prozent übersteigt. Die arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Der Bewertungsausschuss beschließt das Nähere zur Bereinigung nach Satz 15 bis spätestens zum 31. März 2023. Der Bewertungsausschuss evaluiert, ob und wieweit durch die Vergütung der Leistungen nach Satz 5 Nummer 6 außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung im Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2024 gegenüber dem zum Vergleich herangezogenen Zeitraum eine Verbesserung des Zugangs zur fachärztlichen Versorgung eingetreten ist. Das Verfahren der Evaluierung bestimmt der Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 über die Ergebnisse der Evaluierung zu berichten. Die Evaluierung umfasst auch die Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 und Absatz 2c Satz 3 und 4. Abweichend von Satz 20 hat der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit halbjährlich, erstmals bis zum 30. September 2023, über die Ergebnisse der Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 Nummer 1 und Absatz 2c Satz 3 Nummer 1 zu berichten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 8 genannten Leistungen für vier Quartale zu bereinigen. Hierzu wird die Leistungsmenge der Leistungen nach Satz 5 Nummer 8 aus dem Vorjahresquartal unter Berücksichtigung der Auszahlungsquote dieser Leistungen im Vorjahresquartal ermittelt. Die Auszahlungsquote ist von der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Die Bereinigung darf nicht zu Lasten anderer Arztgruppen gehen. In den Vereinbarungen zur Bereinigung ist auch über notwendige Korrekturverfahren zu entscheiden. Das Nähere regelt der Bewertungsausschuss.

(3a) Für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung sind die Leistungen abweichend von Absatz 3 Satz 3 und 4 von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten, die in der Kassenärztlichen Vereinigung gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Weichen die nach Absatz 2 Satz 5 vereinbarten Preise von den Preisen nach Satz 1 ab, so ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Die Zahl der Versicherten nach Absatz 3 Satz 2 ist entsprechend der Zahl der auf den zugrunde gelegten Zeitraum entfallenden Versichertentage zu ermitteln. Weicht die bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu Grunde gelegte Zahl der Versicherten von der tatsächlichen Zahl der Versicherten im Vereinbarungszeitraum ab, ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 5 sind auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu zahlende Gesamtvergütung anzurechnen.

(3b) Die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen sind ab dem 1. April 2023 von den Krankenkassen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vollständig zu vergüten. Abweichend von § 85 Absatz 1 und abweichend von Absatz 3 Satz 1 wird die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung hinsichtlich der Vergütung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen nicht mit befreiender Wirkung gezahlt. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien vereinbaren Zuschläge zur Förderung der Kinder- und Jugendmedizin, soweit die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten abgerechneten Leistungen die festgesetzte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausschöpfen. Für die erstmalige Festsetzung der auf die Leistungen nach § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung ist das Honorarvolumen zugrunde zu legen, das für die Leistungen im zweiten Quartal 2022 gemäß dem Verteilungsmaßstab ausgezahlt worden ist. Sofern dieses Honorarvolumen Zuschläge enthält, haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 diese Zuschläge in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vereinbaren. Für die Zuschläge nach den Sätzen 3 und 5 sowie nach § 87a Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt Satz 2 nicht. Der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Festsetzung der auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die erstmalig rückwirkend zum 1. April 2023 für das laufende Kalenderjahr und danach jährlich für das folgende Kalenderjahr zu erfolgen hat. Zudem beschließt der Bewertungsausschuss bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Ermittlung des auf die jeweilige Krankenkasse entfallenden Anteils an Ausgleichszahlungen, der sich nach ihrem jeweiligen leistungsmengenbezogenen Anteil an dieser Ausgleichszahlung bemisst. Eine Ausgleichszahlung ist dann zu leisten, wenn die auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausreicht, um die vollständige Vergütung nach Satz 1 zu gewährleisten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien haben sich auf ein Verfahren zu verständigen, nach dem die Kassenärztliche Vereinigung die Entwicklung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen und von deren Vergütungen gegenüber den Krankenkassen nachweist. Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 3 Satz 5 Nummer 8, dieses Absatzes sowie der Regelungen in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz insbesondere auf die Versorgung der Kinder und Jugendlichen, die Honorare sowie die Ausgaben der Krankenkassen und berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2025 über die Ergebnisse.

(4) Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs jeweils aufsetzend auf dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr nach Absatz 3 Satz 2 vereinbarten und bereinigten Behandlungsbedarf sind insbesondere Veränderungen

1.
der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
2.
der Morbiditätsstruktur der Versicherten aller Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
3.
von Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen,
4.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und
5.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung;
dabei sind die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß Absatz 5 zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Aufsatzwertes für den Behandlungsbedarf nach Satz 1 für eine Krankenkasse ist ihr jeweiliger Anteil an dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr vereinbarten, bereinigten Behandlungsbedarf entsprechend ihres aktuellen Anteils an der Menge der für vier Quartale abgerechneten Leistungen jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung anzupassen. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung ist auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 einerseits sowie auf der Grundlage demografischer Kriterien (Alter und Geschlecht) andererseits durch eine gewichtete Zusammenfassung der vom Bewertungsausschuss als Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilten Raten zu vereinbaren. Falls erforderlich, können weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung nach Satz 3 ist ab dem Jahr, in dem die nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilte Veränderungsrate auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2023 bis 2025 ermittelt wird, allein auf der Grundlage dieser Veränderungsrate zu vereinbaren.

(4a) Über eine mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 einmalige basiswirksame Erhöhung des nach Absatz 4 Satz 1 für das Jahr 2016 angepassten Aufsatzwertes ist in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 im Jahr 2016 zu verhandeln, wenn die jeweils für das Jahr 2014 und jeweils einschließlich der Bereinigungen zu berechnende durchschnittliche an die Kassenärztliche Vereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung die durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten unterschreitet. Die Berechnungen nach Satz 1 werden durch das Institut nach § 87 Absatz 3b Satz 1 durchgeführt. Es teilt den Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 und dem Bundesministerium für Gesundheit das Ergebnis bis spätestens zum 15. September 2016 mit. Eine einmalige basiswirksame Erhöhung des Aufsatzwertes ist nur dann zu vereinbaren, wenn in den Verhandlungen nach Satz 1 festgestellt wird, dass der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Ob und in welchem Umfang der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war, ist von der Kassenärztlichen Vereinigung auch unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme des stationären Sektors nachzuweisen. Der Aufsatzwert ist in dem Umfang zu erhöhen, wie der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Die durch die vereinbarte Erhöhung des Aufsatzwertes einschließlich der Bereinigungen sich ergebende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung im Jahr 2014 darf die für das Jahr 2014 berechnete durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet einschließlich der Bereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten nicht übersteigen. Die Erhöhung erfolgt um einen im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für alle Krankenkassen einheitlichen Faktor. Die vereinbarte Erhöhung kann auch schrittweise über mehrere Jahre verteilt werden. Die zusätzlichen Mittel sind zur Verbesserung der Versorgungsstruktur einzusetzen. Umverteilungen zu Lasten anderer Kassenärztlicher Vereinigungen sind auszuschließen.

(5) Der Bewertungsausschuss beschließt Empfehlungen

1.
zur Vereinbarung des Umfangs des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach Absatz 3 Satz 4,
2.
zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 sowie
3.
zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.
Bei der Empfehlung teilt der Bewertungsausschuss den in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartnern die Ergebnisse der Berechnungen des Instituts des Bewertungsausschusses zu den Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 mit. Das Institut des Bewertungsausschusses errechnet für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung zwei einheitliche Veränderungsraten, wobei eine Rate insbesondere auf den Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 und die andere Rate auf demografischen Kriterien (Alter und Geschlecht) basiert. Die Veränderungsraten werden auf der Grundlage des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 2. September 2009 Teil B Nummer 2.3 bestimmt mit der Maßgabe, die Datengrundlagen zu aktualisieren. Zur Ermittlung der diagnosenbezogenen Rate ist das geltende Modell des Klassifikationsverfahrens anzuwenden. Der Bewertungsausschuss kann das Modell in bestimmten Zeitabständen auf seine weitere Eignung für die Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung überprüfen und fortentwickeln. Der Bewertungsausschuss hat zudem Vorgaben für ein Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den durch dieses Gesetz vorgesehenen Fällen sowie zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 und der Anteile der einzelnen Krankenkassen nach Absatz 4 Satz 2 zu beschließen; er kann darüber hinaus insbesondere Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 bis 5 und Satz 3 und 4 sowie ein Verfahren zur Bereinigung der Relativgewichte des Klassifikationsverfahrens im Falle von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 5 und 6 beschließen. Die Empfehlungen nach Satz 1 sowie die Vorgaben nach Satz 7 sind jährlich bis spätestens zum 31. August zu beschließen; die Mitteilungen nach Satz 2 erfolgen jährlich bis spätestens zum 15. September. Der Bewertungsausschuss beschließt geeignete pauschalierende Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den Fällen des § 73b Absatz 7 Satz 7 und 8. In den Vorgaben zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 sind auch Vorgaben zu beschließen, die die Aufsatzwerte einmalig und basiswirksam jeweils in dem Umfang erhöhen, der dem jeweiligen Betrag der Honorarerhöhung durch die Aufhebung des Investitionskostenabschlags nach § 120 Absatz 3 Satz 2 in der bis einschließlich 31. Dezember 2015 geltenden Fassung entspricht. Ab dem Jahr, in dem die Veränderungsraten auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2020 bis 2022 durch das Institut des Bewertungsausschusses nach Satz 3 errechnet werden, sind Kodiereffekte, die insbesondere durch die Einführung und Aktualisierung der verbindlichen Regelungen nach § 295 Absatz 4 Satz 2 zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel nach § 295 Absatz 1 Satz 6 entstehen, in den Berechnungen zu bereinigen. Hierzu hat der Bewertungsausschuss ein entsprechendes Verfahren zu beschließen. Der Bewertungsausschuss hat bis zum 1. September 2019 Vorgaben zu beschließen, bei welchen Arztgruppen, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, eine Vergütung nach Absatz 3 Satz 5 Nummer 5 vorzusehen ist. Soweit erforderlich, beschließt der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a für die von ihm beschlossenen Vergütungen für Leistungen die Empfehlungen zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.

(5a) Der Bewertungsausschuss erstellt zum Zwecke der Erhöhung der Transparenz über die der Empfehlung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 zugrunde liegenden Datengrundlagen einen Bericht über die Veränderungen der Behandlungsdiagnosen und den Einfluss der jeweiligen Behandlungsdiagnose auf die Veränderungsrate für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung. Der Bericht ist dem Bundesministerium für Gesundheit zusammen mit der Empfehlung und den der Empfehlung zugrunde liegenden weiteren Beratungsunterlagen vorzulegen. § 87 Absatz 6 Satz 10 gilt entsprechend.

(6) Der Bewertungsausschuss beschließt erstmals bis zum 31. März 2012 Vorgaben zu Art, Umfang, Zeitpunkt und Verfahren der für die Vereinbarungen und Berechnungen nach den Absätzen 2 bis 4 erforderlichen Datenübermittlungen von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen an das Institut des Bewertungsausschusses, welches den Vertragspartnern nach Absatz 2 Satz 1 die jeweils erforderlichen Datengrundlagen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres zur Verfügung stellt; § 87 Absatz 3f Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung; dabei sollen die von fachärztlich tätigen Ärzten erbrachten hausärztlichen Leistungen nicht den hausärztlichen Teil der Gesamtvergütungen und die von hausärztlich tätigen Ärzten erbrachten fachärztlichen Leistungen nicht den fachärztlichen Teil der Gesamtvergütungen mindern. Die Kassenärztliche Vereinigung wendet bei der Verteilung den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Die Vergütung der Leistungen im Notfall und im Notdienst erfolgt aus einem vor der Trennung für die Versorgungsbereiche gebildeten eigenen Honorarvolumen mit der Maßgabe, dass für diese Leistungen im Verteilungsmaßstab keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars angewandt werden dürfen; Gleiches gilt unter Beachtung der nach § 87a Absatz 3b Satz 7 beschlossenen Vorgaben für die Vergütung der Leistungen des Versorgungsbereichs der Kinder- und Jugendmedizin, die gegenüber Patienten erbracht werden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bisherige Bestimmungen, insbesondere zur Zuweisung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen, gelten bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab vorläufig fort.

(2) Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der Verteilungsmaßstab hat der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen. Für Praxisnetze, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen anerkannt sind, müssen gesonderte Vergütungsregelungen vorgesehen werden; für solche Praxisnetze können auch eigene Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen nach § 87a Absatz 3 gebildet werden. Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Im Verteilungsmaßstab dürfen keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars für anästhesiologische Leistungen angewandt werden, die im Zusammenhang mit vertragszahnärztlichen Behandlungen von Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder schwerer Dyskinesie notwendig sind. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie gegen deren Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(2a) Mindert sich die Fallzahl in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang infolge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses, soll die Kassenärztliche Vereinigung im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Leistungserbringers vorsehen. Regelungen nach Satz 1 können auch bei einer Minderung von Fallzahlen von Leistungen vorgesehen werden, die nach § 87a Absatz 3 Satz 5 Nummer 1, 3, 4, 5 und 6 und Satz 6 vergütet werden. In der Vergangenheit gebildete und noch nicht aufgelöste Rückstellungen im Rahmen der Honorarverteilung sollen ebenfalls verwendet werden. Eine weitere Voraussetzung für die Zahlung von Kompensationszahlungen ist, dass der vertragsärztliche Leistungserbringer die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden einhält. Bei einer Unterschreitung der in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden können Kompensationszahlungen nur vorgenommen werden, wenn der vertragsärztliche Leistungserbringer durch eine Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder ein anderes Großschadensereignis verursachte rechtfertigende Gründe für die Unterschreitung nachweist.

(3) Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen Beschluss nach § 100 Absatz 1 oder 3 getroffen, dürfen für Ärzte der betroffenen Arztgruppe im Verteilungsmaßstab Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung oder -minderung nicht bei der Behandlung von Patienten des betreffenden Planungsbereiches angewendet werden. Darüber hinausgehend hat der Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen vorzusehen, nach der die Kassenärztliche Vereinigung im Einzelfall verpflichtet ist, zu prüfen, ob und in welchem Umfang diese Maßnahme ausreichend ist, die Sicherstellung der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Die Kassenärztliche Vereinigung veröffentlicht einmal jährlich in geeigneter Form Informationen über die Grundsätze und Versorgungsziele des Honorarverteilungsmaßstabs.

(4) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat Vorgaben zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 sowie Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze nach Absatz 2 Satz 3 als Rahmenvorgabe für Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere zu Versorgungszielen, im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu bestimmen. Darüber hinaus hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des Absatzes 2 Satz 1 bis 4 und zur Durchführung geeigneter und neutraler Verfahren zur Honorarbereinigung zu bestimmen; dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen. Die Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben bis spätestens zum 23. Oktober 2015 Richtlinien nach Satz 1 zu beschließen.

(5) Die Regelungen der Absätze 1 bis 4 gelten nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Honorars des Klägers für das Quartal II/2005.

2

Der Kläger ist Arzt für Allgemeinmedizin. Er ist seit 1985 in eigener Praxis im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), der Rechtsnachfolgerin der bis zum 31.12.2004 bestehenden KÄV Nord-Württemberg, vertragsärztlich tätig und nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil. Er begehrt die Neuberechnung seines Honorars für das Quartal II/2005 unter Berufung darauf, dass die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid ergangen sei, unwirksam seien.

3

In dem Honorarbescheid vom 12.10.2005 für das Quartal II/2005 honorierte die Beklagte die Leistungen des Klägers, die sich im Rahmen des sog Punktgrenzzahlvolumens hielten (894.630 Punkte im Primärkassen- und 202.433,4 Punkte im Ersatzkassen-Bereich), mit Punktwerten von 4,1841 Cent (im PK-Bereich) bzw von 3,9835 Cent (im EK-Bereich). Sie vergütete die von ihm über das Punktzahlgrenzvolumen hinaus erbrachten Leistungen (ca 29.000 Punkte im EK-Bereich) mit einem Punktwert von nur 0,4003 Cent. Mit seinem Widerspruch beanstandete er, dass der Honorarverteilungsvertrag (HVV), den die Beklagte und die Krankenkassen (KKn) zum 1.4.2005 vereinbart hatten, entgegen § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(hier anzuwenden in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190) keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte mit festen Punktwerten vorsehe. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück.

4

Das vom Kläger angerufene SG hat die Beklagte verurteilt, über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 27.2.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten - und auch die vom Kläger wegen der Fallzahlzuwachsbegrenzung eingelegte, aber im Revisionsverfahren nicht weitergeführte Anschlussberufung - zurückgewiesen (Urteil vom 29.10.2008). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, die für das Quartal II/2005 erfolgte Honorarverteilung sei rechtswidrig. Die ihr zugrunde liegenden Regelungen des HVV seien weder mit § 85 Abs 4 SGB V noch mit dem Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(DÄ 2004, A 3129) vereinbar. Nach § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V seien Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen, insbesondere arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten seien (Regelleistungsvolumina), und für die Honorierung der Leistungsmengen, die diese Grenzwerte überschritten, seien abgestaffelte Punktwerte vorzusehen. Der Gesetzgeber habe diese Vorgaben, die bis 2003 nur als Soll- bzw Kann-Vorschriften ausgestaltet gewesen seien, seit 2004 zu zwingenden Regelungen ausgeformt. Damit sei der HVV unvereinbar, der für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart der Beklagten den bis zum 31.3.2005 in Nord-Württemberg geltenden Honorarverteilungsmaßstab (HVM) ersetzt habe. Während in diesem HVM feste Punktwerte vorgesehen gewesen seien, sei der ihn ab dem 1.4.2005 ersetzende HVV für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart davon abgerückt. Dieser habe zwar die bisherigen praxisindividuellen Punktzahlobergrenzen beibehalten, sei aber zu einem floatenden Punktwert übergegangen. Die Regelungen des HVV seien auch nicht durch den Beschluss des BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vom 29.10.2004 gerechtfertigt. Dieser Beschluss enthalte in Teil III Nr 3 Vorgaben für die Bildung von RLV und gebe in Nr 2.2 die Möglichkeit, von der Bildung von RLV abzusehen, dies aber nur für den Fall, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt würden, deren Auswirkungen mit den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Diesen Vorgaben entsprächen die Regelungen des HVV über Individualbudgets mit flexiblen Punktwerten nicht. Zudem sei der HVV mit § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V unvereinbar; denn für die über die Mengengrenzen hinausgehenden Leistungen seien keine abgestaffelten, sondern floatende Punktwerte vorgesehen, die sich für jede Fachgruppe aus dem Verhältnis des Vergütungsvolumens von 3 % des ihr zugeordneten Honorarvolumens zu der überschreitenden Punktmenge ergäben. Insoweit liege zudem ein Widerspruch zu der Regelung des BewA in Teil III Nr 3.2.1 vor, nach der eine Abstaffelung erst ab Überschreiten von 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe einsetze. Nach alledem seien die Mindestvoraussetzungen des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V nicht erfüllt, weil der HVV weder arztgruppenspezifische Grenzwerte noch feste Punktwerte noch für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorsehe. Zugleich liege auch keine "Fortführung" bereits vorhandener Steuerungsinstrumente im Sinne des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 in Teil III Nr 2.2 vor, denn die Regelungen des HVV unterschieden sich erheblich von denen des vorherigen HVM. Der Gesichtspunkt, dass der neue HVV die auch dem Gesetz zugrunde liegenden Zielsetzungen verfolge, reiche nicht aus. Die Regelungen des HVV ließen sich schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen, denn auch solche müssten sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens halten.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, dass die Klage schon deshalb von Anfang an als unzulässig oder jedenfalls als unbegründet angesehen werden müsse, weil das Klageziel, die korrekte Umsetzung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V, für das Quartal II/2005 nicht mehr erreicht werden könne. Diese Bestimmungen seien zum einen auf die Gewährung von Kalkulationssicherheit für die Ärzte gerichtet, indem ihnen durch stabile Punktwerte ermöglicht werde, ihr zu erwartendes vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen, und zum anderen darauf, den Honorierungsumfang ausreichend flexibel zu halten zur Einhaltung des begrenzten Gesamtvergütungsvolumens. Rückwirkend seien diese Ziele nicht mehr erreichbar. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage komme auch nicht in Betracht, da keine Wiederholungsgefahr bestehe, weil die in Streit stehende Problematik seit 2009 keine Relevanz mehr habe.

Die Klage könne auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die von SG und LSG beanstandeten Bestimmungen des HVV rechtmäßig seien. Diese stellten im Sinne des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 (Teil III Nr 2.2) die Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente dar. Diese Übergangsvorschrift decke nach ihrem Sinngehalt alle Honorarverteilungsregelungen, die auf gleiche Auswirkungen wie die RLV gerichtet seien. Sie dürfe nicht eng ausgelegt werden; bei deren Auslegung seien vielmehr die damals zahlreichen Umwälzungen zu berücksichtigen wie das Inkrafttreten des neuen EBM-Ä zum 1.4.2005 - mit völliger Ungewissheit, welche Leistungs- und Punktmengen nun zur Abrechnung kämen - und die Planung eines neuen Vergütungssystems - die allerdings letztlich erst zum 1.1.2009 realisiert worden sei - sowie speziell in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Schaffung je einer gemeinsamen KÄV zum 1.1.2005. Vor diesem Hintergrund seien aus der Sicht des BewA und des Gesetzgebers auch floatende Punktwerte tolerabel gewesen, sofern deren Auswirkungen denen der in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V ausdrücklich genannten Instrumente vergleichbar seien. Dies sei bei dem hier anzuwendenden HVV der Fall gewesen, den die KÄV und die KKn zum 1.4.2005 für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart vereinbart hätten; dieser HVV sei entsprechend den Zielsetzungen des § 85 Abs 4 SGB V auf Kalkulationssicherheit, Verhinderung unangemessener Leistungsausweitung und Honorargerechtigkeit gerichtet gewesen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29.10.2008 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.2.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Der Kläger verteidigt das Urteil des LSG gegenüber den Angriffen der Beklagten. Der Einwand, die Zielsetzungen des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V könnten nach Ablauf des Quartals II/2005 ohnehin nicht mehr erreicht werden, stehe dem Anspruch auf einen korrekten Honorarbescheid auf fehlerfreier normativer Grundlage nicht entgegen. Für diesen Anspruch reiche die Aussicht aus, aufgrund einer Neuregelung möglicherweise nachträglich höheres Honorar zugesprochen zu erhalten. Jede andere Ansicht sei unvereinbar mit Art 19 Abs 4 GG. Inhaltlich sei der damalige HVV mit den Anforderungen des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V unvereinbar. Dessen Vorgaben - arztgruppenspezifische Grenzwerte, feste Punktwerte und für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte - seien verbindlich. Die Abweichung hiervon lasse sich nicht damit rechtfertigen, die Beklagte habe die Auswirkungen des neuen EBM-Ä 2005 nicht präzise genug einschätzen können. Die Abweichung sei auch nicht durch den Beschluss des BewA vom 29.10.2004 gedeckt. Dieser habe schon nicht wirksam zur Freistellung von den zwingenden Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V ermächtigen können, auch nicht für eine Übergangszeit. Aber auch wenn man dies anders sähe, sei der HVV von der Übergangsvorschrift nicht gedeckt. Denn eine Fortführung schon bisher vorhandener Steuerungsinstrumente liege nicht vor. Das Konzept des vorangegangenen HVM der KÄV Nord-Württemberg sei durch den HVV gerade nicht fortgeführt worden. Die Argumentation der Beklagten, die Vorgabe fester Punktwerte hätte sich überhaupt nicht realisieren lassen, sei im Übrigen unzutreffend, wie die Verteilungsregelungen anderer KÄVen gezeigt hätten, die feste Punktwerte vorgesehen hätten. Schließlich ergebe sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn dieser legitimiere nicht zu einer Gestaltung der Honorarverteilung, die sich von vornherein erkennbar nicht innerhalb der Ermächtigungsgrundlage halte.

9

Der zu 1. beigeladene Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt sich - ohne einen ei-genen Antrag zu stellen - den Ausführungen der Revisionsführerin an. Insbesondere habe der BewA die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 schaffen dürfen, und Individualbudgets, wie der HVV sie vorgesehen habe, stellten durchaus vergleichbare Steuerungsinstrumente dar.

10

Die zu 2. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung macht - ebenfalls ohne eigenen Antrag - geltend, dass der HVV zwar von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V abweiche, dies aber durch die Übergangsregelung des BewA vom 29.10.2004 gedeckt sei. Diese lasse eine Vielzahl von Honorarverteilungsmodellen zu. Für einen arztgruppenspezifischen Grenzwert reiche es aus, wenn sich im Sinne des Beschlusses des BewA in Teil III Nr 3 aus arztgruppeneinheitlichen Fallpunktzahlen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte errechnen ließen. Dies sei dahin weiterzuführen, dass es auch zulässig sei, zur Mengenbegrenzung und Kalkulationssicherheit von vornherein den Praxen individuelle Volumina vorzugeben, wie dies in dem HVV geschehen sei. Auch die Honorierung der über diese Mengengrenzen hinausgehenden Leistungen sei nicht zu beanstanden, denn der HVV sehe für jede Leistung noch eine, wenn auch geringe, Vergütung vor. Dies genüge für eine abgestaffelten Vergütung gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V. Das Ergebnis - die Vereinbarkeit mit § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V bzw jedenfalls mit der Übergangsregelung des BewA vom 29.10.2004 - sei schließlich auch im Hinblick darauf angemessen, dass die KÄVen 2004/2005 erhebliche Schwierigkeiten hätten bewältigen müssen wie insbesondere das Inkrafttreten des neuen EBM-Ä zum 1.4.2005 und speziell in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zudem die Zusammenführung von vier KÄVen zu einer KÄV.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das SG und das LSG haben zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal II/2005 zu entscheiden hat, weil die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid erging, unwirksam waren.

12

Einem Klageerfolg steht entgegen der Ansicht der revisionsführenden Beklagten nicht entgegen, dass das Klageziel, die korrekte Umsetzung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V(anzuwenden in der Fassung des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 - Satz 7 und 8 sind seitdem nicht verändert worden), für das abgelaufene Quartal II/2005 nicht mehr erreicht werden könne. Zwar kann eine neu zu konzipierende Honorarverteilungsregelung keine Steuerungswirkungen mehr für die Leistungserbringung in diesem Quartal erzielen. Indessen ist dies nicht entscheidend. Vom Streitgegenstand her kommt es maßgebend darauf an, ob der Honorarbescheid für das Quartal II/2005 rechtmäßig ist, was voraussetzt, dass die ihm zugrunde liegenden Honorarverteilungsregelungen wirksam waren. Diese Frage kann im vorliegenden Verfahren entschieden werden. Erweist sich der HVV als rechtswidrig, so muss die Honorarverteilung neu geregelt werden, auch wenn die neue Honorarverteilung die mit solchen Regelungen an sich verbundenen Steuerungsziele nicht mehr realisieren kann.

13

SG und LSG haben die Beklagte zu Recht zu erneuter Entscheidung über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal II/2005 verpflichtet; denn dem Honorarbescheid fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid erging, verstoßen gegen höherrangiges Recht. Der HVV, den die Beklagte und die KKn mit Wirkung ab dem 1.4.2005 für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart vereinbart hatten, entsprach nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(unten 1.). Er erfüllte auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 (DÄ 2004, A 3129) (unten 2.). Diese Regelung ist - entgegen der Ansicht des Klägers - von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz iVm Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V gedeckt(unten 2.a). Den Vorgaben des BewA entsprachen die vom Kläger beanstandeten Bestimmungen des HVV allerdings nicht (unten 2.b).

14

1. Die Regelungen des HVV waren nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V vereinbar. Nach dieser Bestimmung sind in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)." Kernpunkt dieser Bestimmung sind zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, - und gemäß aaO Satz 8 kommt hinzu, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen sind.

15

Von den beiden Vorgaben - arztgruppenspezifische Grenzwerte und feste Punktwerte sowie für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte - kommt besonderes Gewicht den festen Punktwerten zu. Dies ergibt sich aus dem Ziel der Regelung, den Ärzten Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen zu geben (vgl die Begründungen zum Gesetzentwurf vom 16.6.2003, BT-Drucks 15/1170 S 79, und vom 8.9.2003, BT-Drucks 15/1525 S 101). Für das hiermit bezeichnete Ziel, stabile Punktwerte zu gewährleisten und den Ärzten dadurch zu ermöglichen, ihr zu erwartendes vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen (vgl BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 12), stellt das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) eine zentrale und strikte Vorgabe dar. Bei dem Begriff "feste Punktwerte" ist kein Spielraum denkbar. Nicht im selben Maße strikt ist die Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte": Dies muss nicht als arztgruppen"einheitliche" Festlegung ausgelegt werden in dem Sinne, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr kann dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung genügen, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den Fallpunktzahlen vorgibt, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsieht und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führt (so im Übrigen die Regelung in Teil III Nr 3 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004). Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V hat der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften(Satz 6: "… soll sicherstellen …" und Satz 7: "Insbesondere kann …" sowie Satz 8: "… kann …") zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hat ("… hat … vorzusehen" und "… sind … festzulegen …" sowie "… ist vorzusehen …"). Diese Änderung wird in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170 S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften.

16

Von den beiden Elementen des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V - arztgruppenspezifische Grenzwerte und feste Punktwerte - wich der HVV ab, den die Beklagte und die KKn mit Wirkung ab dem 1.4.2005 für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart vereinbart hatten. Nach den Regelungen dieses HVV errechnete sich, wie im Urteil des LSG gemäß seiner Zuständigkeit für die Feststellung des Inhalts von Landesrecht ausgeführt ist (vgl § 162 SGG und dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 27 mwN), der Punktwert für den einzelnen Arzt aus dem Honorarvolumen für die Arztgruppe dividiert durch die Summe der den Ärzten der Gruppe zuerkannten Punktzahlen. Somit hing dessen Höhe, wie das LSG weiter ausführt, davon ab, wie sich das Verhältnis zwischen dem Honorarvolumen für die Arztgruppe zu der Summe der den Ärzten der Gruppe zuerkannten Punktzahlen verhielt: Je nach dem, ob diese von den Ärzten abgerechnete Punktmenge größer oder kleiner war, errechnete sich ein geringerer oder höherer Punktwert. Somit war ein sog floatender Punktwert vorgegeben. Dies stand in Widerspruch zu der Vorgabe fester Punktwerte in der Regelung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V.

17

Das LSG hat zudem festgestellt, dass im HVV auch arztgruppenspezifische Festlegungen fehlen. Das Merkmal arztgruppenspezifischer Grenzwerte (§ 85 Abs 4 Satz 7 SGB V) erfordert, dass in die Regelung jedenfalls auch ein Element arztgruppeneinheitlicher Festlegung einfließt. Hierfür reicht nicht aus, dass jeder Arztgruppe ein gemeinschaftliches Honorarkontingent (sog Honorartopf) zugeordnet ist. Vielmehr müsste die Regelung zB jedenfalls auf arztgruppeneinheitlichen Fallpunktzahlen aufbauen (vgl oben RdNr 15). Die Regelung des HVV ist indessen nach den Feststellungen des LSG so gestaltet, dass die zu vergütenden Punktzahlvolumina nach den individuellen Punktzahlvolumina vergangener Zeiträume bemessen werden (im Sinne sog Individualbudgets, - nach den Feststellungen des LSG im Wege der Anknüpfung an die Punktzahlen des Jahres 2002), und deren Honorierung erfolgt flexibel nach Maßgabe des der Arztgruppe zugeordneten Honorarvolumens (dh im Sinne floatender Punktwerte).

18

Ob der HVV dieselben Ziele wie die Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V verfolgt, ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann nicht den Mangel ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V erforderlichen Regelungen - feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte - fehlt.

19

2. Die Bestimmungen des HVV können auch nicht aufgrund der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 Geltung beanspruchen. Zwar ist diese Regelung wirksam; der BewA hat sie entgegen der Ansicht des Klägers aufgrund der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz iVm Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V normieren dürfen. Aber die in ihr festgelegte Voraussetzung, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt werden müssen, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, ist nicht erfüllt.

20

a) Der Ansicht des Klägers, die Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 sei nicht von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz iVm Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V gedeckt, trifft nicht zu. Diese Ansicht verkennt, dass dem BewA bei der ihm übertragenen Aufgabe der Konkretisierung des Inhalts der gemäß § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V zu treffenden Regelungen Gestaltungsfreiheit eingeräumt ist(hierzu siehe bereits oben RdNr 15; vgl weiterhin BSG, Urteil vom 3.2.2009 - B 6 KA 31/08 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen. Sinn dieser Ermächtigung war und ist es, dass der BewA den Weg zur Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V vorzeichnet. Bei der Auslegung der Ermächtigung ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre, eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Nicht hinnehmbar wäre es indessen, zu gestatten, dass sich eine Honorarverteilungsregelung gegenüber der bisherigen - sei es auch nur vorübergehend - weiter von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V entfernt.

22

Diesen Anforderungen wurde die Übergangsvorschrift in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht. Nach dem Wortlaut der Ermächtigungsvorschrift war es gestattet, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, fortgeführt werden. Ob bzw inwieweit im Rahmen einer "Fortführung" bisheriger Honorarverteilungsregelungen auch der Austausch einzelner Bestimmungen zulässig ist, bedarf hier keiner näheren Erörterung. Jedenfalls dürften etwaige Änderungen mit Blick auf die dargestellte Zielsetzung der Annäherung an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V nicht von diesen Vorgaben wegführen. Dies wäre nicht mehr von der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 gedeckt.

23

b) Der so auszulegenden Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 entsprachen die vom Kläger beanstandeten Bestimmungen des HVV nicht. Eine Fortführung bereits vorhandener Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, war nicht gegeben.

24

Die bis zum 31.3.2005 geltenden Honorarverteilungsbestimmungen im Bereich der früheren KÄV Nord-Württemberg enthielten, wie im Urteil des LSG gemäß seiner Zuständigkeit für die Feststellung des Inhalts von Landesrecht ausgeführt ist (vgl oben RdNr 16), keine Regelung über einen floatenden Punktwert. Andererseits sahen sie auch nicht in jeder Hinsicht für die Honorarbemessung feststehende Grundlagen vor, vielmehr enthielten sie durch das Abstellen auf eine Nettofallpunktzahl und deren Anpassung entsprechend den Veränderungen des Gesamtvergütungsanteils der Arztgruppe auch variable Elemente. Dennoch waren sie dem System, das in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V angelegt ist, näher als die Bestimmungen des HVV, in dem die Beklagte und die KKn für die Leistungen bis zu den individuellen Punktzahlgrenzen floatende Punktwerte vereinbart hatten(vgl oben RdNr 16). Insofern führten die Vorschriften des HVV von der Zielrichtung der Realisierung von RLV weg und waren deshalb nicht von der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA gedeckt.

25

Die Bestimmungen des HVV waren zusätzlich auch deshalb von dieser Übergangsregelung nicht gedeckt, weil sie nicht, wie in ihr vorausgesetzt, bereits vorhandene Steuerungsinstrumente "fortführten". Denn der HVV war insgesamt anders gestaltet, wie sich aus der Darstellung von HVM und HVV im Urteil des LSG ergibt.

26

Das Ergebnis des Fehlens einer Fortführung im Sinne der Übergangsregelung des Teils III. Nr 2.2 des Beschlusses vom 29.10.2004 kann nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil in Baden-Württemberg die bis 2004 bestehenden vier KÄVen zu einer KÄV zusammengeführt werden mussten. Der Erörterung, ob etwa im Zuge einer damit einhergehenden Gesamtvereinheitlichung von vier HVM zu einem neuen HVV das Vorliegen einer Übergangsregelung im Sinne des Teils III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA nach großzügigeren Maßstäben beurteilt werden könnte bzw müsste, bedarf es hier nicht. Denn die Beklagte nahm keine solche Vereinheitlichung vor. Sie und die KKn vereinbarten vielmehr zum 1.4.2005 vier unterschiedliche Honorarverteilungsregelungen, nämlich einen HVV "für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart der KÄV Baden-Württemberg" und einen weiteren anders gestalteten "für den Bereich der KÄV Baden-Württemberg, Bezirksdirektion Karlsruhe" usw.

27

Ferner kann nichts daraus hergeleitet werden, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) die Weiterführung bayerischer Regelungen über Praxis- und Zusatzbudgets nicht beanstandete (vgl BayVBl 2007, 651). Der BayVerfGH hat den HVV der KÄV Bayerns allein am Maßstab des Landesverfassungsrechts überprüft. Er hat nur dessen Vereinbarkeit mit dem Rechtsstaatsprinzip anerkannt, indessen seine Kompatibilität mit dem Beschluss des BewA vom 29.10.2004 nicht geprüft.

28

c) Schließlich lassen sich die Regelungen des HVV auch nicht damit rechtfertigen, dass gemäß Satz 2 der Anlage 1 (zu Teil III des Beschlusses des BewA) im HVV weitere Differenzierungen der Arztgruppen vereinbart werden konnten. Zwar trifft es zu - wie die Beigeladene zu 2. geltend macht -, dass dies unter Umständen (zB bei sehr kleinen Arztgruppen) zu praxisindividuellen Punktwerten führen und somit faktisch den Individualbudgets ähnlich oder vergleichbar sein konnte. Diese Wirkung kann aber nicht ein mit höherrangigen Vorgaben unvereinbares Normenkonzept - wie hier den HVV mit Individualbudgets - legitimieren: Ein rechtswidriges Normenkonzept ist nicht deshalb rechtmäßig, weil rechtskonforme Regelungen möglicherweise in besonders gelagerten Fällen zu letztlich gleich wirkenden Ergebnissen führen könnten.

29

d) Im Übrigen lassen sich die Regelungen des HVV auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen. Denn auch eine solche müsste sich jedenfalls insoweit innerhalb des gesetzlichen Rahmens halten, als sie nicht schon von ihrer Struktur her in Widerspruch zu höherrangigen Vorgaben stehen darf (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; siehe zB auch BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; vgl zuletzt BSG, Urteile vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/08 R - RdNr 31 und - B 6 KA 1/09 R - RdNr 23, beide zur Veröffentlichung in BSGE bzw SozR bestimmt). Ein solcher Widerspruch liegt aber vor. Das Fehlen fester Punktwerte ist ein zentrales Element der hier maßgeblichen normativen Vorgaben, wie oben ausgeführt ist (vgl oben RdNr 14 f). In der Abweichung hiervon liegt ein struktureller Mangel, der einen Rückgriff auf den Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung ausschließt.

30

3. Sollte es in einigen KÄV-Bezirken aufgrund der Umwälzungen (Inkrafttreten des neuen EBM-Ä zum 1.4.2005 - mit völliger Ungewissheit, welche Leistungs- und Punktmengen nun zur Abrechnung kämen - und speziell in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die zum 1.1.2005 erforderliche Schaffung je einer gemeinsamen KÄV) tatsächlich erhebliche praktische Schwierigkeiten gegeben haben, zum 1.4.2005 rechtmäßige Honorarverteilungsregelungen zu schaffen, so hätte es den KÄVen und dem BewA freigestanden, auf die Schaffung einer großzügigeren Gesetzesregelung hinzuwirken, der erforderlichenfalls hätte Rückwirkung für vergangene Quartale hätte beigemessen werden können. Die gewählte Alternative, ohne eine solche Regelung allein unter Berufung auf die Übergangsregelung des BewA vom Gesetzeskonzept abweichende Honorarverteilungsregelungen zu schaffen, war mit dem höherrangigen Recht nicht vereinbar.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Beklagte die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten Beigeladener ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal II/2005, insbesondere die Rechtmäßigkeit des der Berechnung zugrunde gelegten Honorarverteilungsvertrages (HVV).

2

Die Klägerin ist eine im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Gemeinschaftspraxis, der im streitbefangenen Zeitraum zwei im hausärztlichen Versorgungsbereich tätige Allgemeinmediziner angehörten. Mit Bescheid vom 31.10.2005 setzte die Beklagte das der Klägerin für das Quartal II/2005 zustehende Honorar auf 69 938,75 Euro fest. Dabei vergütete sie die von ihr erbrachten Leistungen nach Maßgabe eines durch den HVV vorgegebenen individuellen Punktzahlvolumens. Die Punktzahlanforderung betrug 1.702.205,0 Punkte und überstieg damit das maximal abrechenbare Punktzahlvolumen (1.227.782,6 Punkte) um 474.422,4 Punkte. Die Fachgruppenquote betrug 78,6800 %, die praxisindividuelle Quote 56,7511 %.

3

Widerspruch und Klage, mit denen die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht hat, HVV und Honorarbescheid seien rechtswidrig, da der HVV entgegen der Gesetzeslage weiterhin die Bildung von Individualbudgets vorgebe, sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 6.4.2006, Urteil des SG vom 25.7.2007). Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter Aufhebung des Honorarbescheides für das Quartal II/2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 über das vertragsärztliche Honorar der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (Urteil des LSG vom 8.9.2010).

4

Zur Begründung hat es ausgeführt, der HVV entspreche nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V und erfülle auch nicht die Voraussetzungen der im Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von Regelleistungsvolumina (RLV) durch die KÄV gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (BRLV - DÄ 2004, A 3129 ff) in dessen Teil III. Nr 2.2 normierten Übergangsregelung. Der ab dem 1.4.2005 geltende HVV genüge diesen Vorgaben insofern nicht, als er wie der zuvor maßgebliche HVV für das Gros der von der Klägerin erbrachten Leistungen ein Individualbudget in Form eines Punktzahlgrenzwerts auf der Basis der Abrechnungswerte der Quartale III/1997 bis II/1998 vorsehe. Nach dem Mechanismus des HVV floate der Punktwert im Ergebnis. Diese Regelungen seien nicht mit dem nach § 85 Abs 4 SGB V vorgegebenen System der RLV vereinbar und stellten auch keine zulässige Ausnahme dar. Sie seien ein Aliud, denn ihnen lägen keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte zugrunde, bis zu denen die Leistungen des Vertragsarztes mit einem festen Punktwert zu vergüten seien. Die umstrittenen Bestimmungen entsprächen auch nicht der Übergangsregelung. Zwar liege eine Fortführung vorheriger Regelungen bzw Steuerungsinstrumente vor, da das Steuerungsinstrument "Individualbudgetierung" ohne grundlegende Änderung aus dem bis zum 31.3.2005 geltenden HVV übernommen worden sei, jedoch habe dieser HVV entgegen der Übergangsvorschrift keine Steuerungsinstrumente enthalten, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V vergleichbar wären.

5

Zwar seien die Ziele der Steuerungsinstrumente "RLV" und "Individualbudgetierung" weitgehend identisch, nämlich dem Arzt eine gewisse Kalkulationssicherheit zu verschaffen, jedoch komme es entscheidend auf die Vergleichbarkeit der Auswirkungen an. Das Steuerungsinstrument "Individualbudget" sei in seinen "Auswirkungen" mit den normativen Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V und damit jenen des RLV nicht vergleichbar. Soweit der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen RLV zugrunde lägen, stehe vor Leistungserbringung fest, wie die jeweilige ärztliche Leistung vergütet werde; demgegenüber bewirke des Steuerungsinstrument Individualbudget lediglich, dass der Vertragsarzt die Höhe des zu erwartenden Honorars sicherer abschätzen könne. Die Fachgruppen-Quote nach dem HVV entspreche dem sich aus der Topfbildung für jede Arztgruppe ergebenden Punktwert und erweise sich daher nur als ein - vom Leistungsverhalten der Arztgruppe abhängiger - Berechnungsfaktor. Da der Vertragsarzt unter der Geltung von RLV angesichts fester Punktwerte grundsätzlich Kenntnis von der Höhe der Vergütung für jede einzelne ärztliche Leistung habe, könne er dort sein Leistungsverhalten, soweit es dem Grunde nach steuerbar sei, situationsadäquat anpassen. Die Auswirkungen seien auch insoweit unterschiedlich, als durch die Individualbudgetierung der Umsatz gesteuert werde, während das RLV-System entscheidend bei den Fallzahlen ansetze. Schließlich lasse sich die Regelung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen, da sie schon von ihrer Struktur her in Widerspruch zu höherrangigen Vorgaben stehe.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Mit der Einführung der RLV habe allein die Kalkulationssicherheit für den einzelnen Arzt im Vordergrund stehen sollen. Damit orientiere sich die Feststellung der Vergleichbarkeit der Auswirkungen von RLV und Individualbudget daran, ob das Ziel "Kalkulationssicherheit" erreicht sei. Da das LSG dies bejaht habe, sei die Vergleichbarkeit der Auswirkungen beider Steuerungsinstrumente gegeben. Der Vertragsarzt könne unter Geltung beider Steuerungsinstrumente sein Leistungsgeschehen im jeweils aktuellen Abrechnungsquartal ausschließlich über das Punktzahlvolumen anpassen. Ausschließlich der abgerechnete bzw anerkannte Gesamtleistungsbedarf in Punkten führe bei einem Mehr an Leistungsmenge zu einem floatenden individuellen Punktwert (praxisindividuelle Quote). Ebenso wenig könne aber eine Steigerung der Fallzahl im aktuellen Abrechnungsquartal Auswirkungen auf das RLV haben; auch hier sei ausschließlich das Punktzahlvolumen maßgebender Parameter für die tatsächliche Vergütung im RLV.

7

Gedeckelte Gesamtvergütung und feste Vergütungspunktwerte schlössen sich allerdings aus. Mithin könne die Vergleichbarkeit der Auswirkungen der Steuerungsinstrumente auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Steuerung des Leistungsverhaltens erfolge abweichend. Letzteres gelte umso mehr, als die Entwicklung gezeigt habe, dass nicht die gesamte Abrechnung von RLV dirigiert werde, sondern diese vielmehr nur einen Bestandteil des Honorars darstellten. Im Ergebnis sei eine (relative) Kalkulierbarkeit beim Individualbudget und RLV gleichermaßen gegeben.

8

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Fortführung der Individualbudgets den Vorgaben der Übergangsregelung entspreche, sei auf den Empfängerhorizont des Vertragsarztes abzustellen. Erklärte Ziele des Gesetzgebers seien die Etablierung einer Leistungsbeschränkung bei gleichzeitiger Garantie von Kalkulationssicherheit gewesen. Diese gesetzlichen Ziele würden durch die in § 7 HVV normierte Individualbudgetierung für den Adressaten, den Vertragsarzt, mindestens ebenso erreicht, wie sie bei Einführung von RLV im Quartal II/2005 hätten erreicht werden können. Nach Einschätzung der Beklagten hätten diese Ziele sogar ausschließlich bei Fortführung der Individualbudgetierung erreicht werden können, denn die Vertragspartner des HVV seien sich darüber einig gewesen, dass die Transcodierungsliste zur Simulation von Abrechnungsergebnissen nach dem neu zum 1.4.2005 eingeführten Einheitlichen Bewertungsmaßstab keine gesicherte Datenlage ermöglicht habe. Daher seien deutliche Honorarverwerfungen zu erwarten gewesen. Bei beiden Steuerungsinstrumenten könne der Bescheidadressat die Leistungsgrenze erkennen.

9

Die Mengenbegrenzung durch die Individualbudgetierung in Nordrhein habe bundesweit eine der rigidesten Begrenzungsmechanismen dargestellt. Mit den RLV habe der Normgeber nicht eine bloße Beschränkung der Leistung, sondern gleichzeitig eine Ausrichtung des Leistungsverhaltens auf den Kern der arztgruppentypischen Leistungen erreichen wollen. Der Kern der ärztlichen Leistungen zur Versorgung der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten habe durch die gesetzliche Regelung über RLV so weit als möglich geschützt werden sollen. Gerade dieser Gedanke sei auch der Individualbudgetierung immanent.

10

Auch bei RLV werde aus Sicht des Normadressaten der feste Punktwert nur rechnerisch realisiert. Sowohl Individualbudgetierung als auch RLV könnten nur einen festen Punktwert vortäuschen, solange die Gesamtvergütung begrenzt sei und das Leistungsgeschehen durch das Morbiditätsrisiko bestimmt werde. Die streitbefangene HVV-Regelung erfülle auch das Erfordernis, dass sie von der Zielrichtung der RLV nicht wegführe. Es stelle sich die Frage, welches Steuerungsinstrument vergleichbar sei, wenn nicht diese Regelung. Schließlich habe eine Neubescheidung und Neuverteilung des Honorars unter Anwendung von RLV weitreichende Konsequenzen.

11

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8.9.2010 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.7.2007 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Das LSG habe zu Recht festgestellt, dass RLV und Individualbudget hinsichtlich der "Auswirkungen" nicht vergleichbar seien. Im Rahmen eines Individualbudgets habe der Vertragsarzt nur Kenntnis von einer Punktsumme, nicht jedoch von dem Vergütungsbetrag in Euro. Es fehle auch ein arztgruppenspezifischer Grenzwert, denn die Individualbudgets bauten auf ganz unterschiedlichen individuellen Entwicklungen in den Referenzquartalen auf. Der entscheidende Unterschied zwischen Individualbudget und RLV sei, dass die Vergütung im Rahmen des RLV in einem Betrag ausgewiesen werde und vor dem Quartal feststehe, während sich im Rahmen des Individualbudgets die Vergütung erst im Nachhinein und abhängig von der Fachgruppenquote ergebe. Der Punktwert im Rahmen eines Individualbudgets sei floatend; es sei zu keinem Zeitpunkt der kalkulatorische Punktwert von 5,11 Cent gezahlt worden, sondern eine floatende Vergütung zwischen 65 % und 100 %.

14

Die Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

16

Das LSG hat die Beklagte zu Recht zur erneuten Entscheidung über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal II/2005 verpflichtet; denn dem Honorarbescheid fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid erging, verstoßen gegen höherrangiges Recht. Der HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten, entsprach nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(unten 1.). Er erfüllte auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 (DÄ 2004, A 3129) (unten 2.).

17

1. Die Regelungen des HVV waren nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V vereinbar, wie das LSG zutreffend festgestellt hat.

18

a. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V sind in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung sind zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V kommt hinzu, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen sind(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40).

19

Das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) stellt eine zentrale und strikte Vorgabe dar (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40). Nicht im selben Maße strikt ist die Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte": Dies muss nicht als arztgruppen"einheitliche" Festlegung ausgelegt werden in dem Sinne, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr kann dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung genügen, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den Fallpunktzahlen vorgibt, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsieht und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führt (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15). Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V hat der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften(Satz 6: "… soll sicherstellen …" und Satz 7: "Insbesondere kann …" sowie Satz 8: "… kann …") mit Wirkung ab 1.1.2004 zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hat ("… hat … vorzusehen" und "… sind … festzulegen …" sowie "… ist vorzusehen …"). Diese Änderung wird in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170 S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften (BSG aaO RdNr 15 aE).

20

b. Von den beiden Elementen des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V - arztgruppenspezifische Grenzwerte (im Sinne eines RLV) und feste Punktwerte - wich der HVV ab, den die Beklagte und die Verbände der Krankenkassen mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten.

21

Der HVV sah - nach den Ausführungen des LSG gemäß seiner Zuständigkeit für die Feststellung des Inhalts von Landesrecht (vgl § 162 SGG und dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 27 mwN) - ebenso wie der zuvor maßgebende HVV in § 7 Ziff 1 HVV ein Individualbudget in Form eines Punktzahlengrenzwertes für das Gros der vom einzelnen Vertragsarzt erbrachten Leistungen auf der Basis der Abrechnungswerte der Quartale III/1997 bis II/1998 vor. Davon ausgenommen waren Notfall-, Präventions-, Impf-, Methadon- und psychotherapeutische Leistungen, die hausärztliche Grundvergütung, die übrigen Vorwegzahlungen nach § 6 Ziff 3 HVV (zB Fremdkassenausgleich, Dialyse-Kostenerstattungen) sowie bestimmte Labor-Kostenanteile(§ 7 Ziff 1 Abs 3 HVV). Nach dem Mechanismus des HVV wurde der Punktzahlengrenzwert aus den um die vorgenannten Leistungen bereinigten individuellen Honorarumsätzen der Quartale III/1997 bis II/1998 bezogen auf Primär- und Ersatzkassen ermittelt, wovon gemäß § 7 Ziff 1 Abs 4 HVV für die Finanzierung von Neuniederlassungen 3 % abgezogen wurden. Der sich so ergebende Umsatz wurde mit dem Faktor 10 multipliziert. Darüber hinausgehende Leistungen unterlagen einer Kürzung auf das maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen. Die nach Kürzung gemäß § 7 HVV verbleibenden punktzahlbewerteten Leistungen wurden mit einem rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent gemessen an der zur Verfügung stehenden Höhe der Gesamtvergütung bewertet mit der Folge, dass sich quartalsweise eine Fachgruppenquote ergab, die auf das maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen anzuwenden war(§ 7 Ziff 2 Abs 1 HVV).

22

Nach den Feststellungen des LSG floatete damit im Ergebnis der Punktwert bzw der vergütete Leistungsbedarf. Dies stand in Widerspruch zu der Vorgabe fester Punktwerte in der Regelung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V. Das LSG hat zudem festgestellt, dass den Regelungen des HVV auch keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte im Sinne des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V bzw von RLV im Sinne der Vorgaben des BewA zugrunde liegen. Ob der HVV dieselben Ziele wie die Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V verfolgt, ist nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann nicht den Mangel ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V erforderlichen Regelungen - feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte - fehlt(s schon BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 18).

23

2. Die Bestimmungen des HVV können auch nicht aufgrund der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 BRLV Geltung beanspruchen. Zwar ist diese Übergangsregelung dem Grunde nach von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 4 bis 8 SGB V gedeckt und somit wirksam(siehe hierzu BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 20 ff), doch werden die dort festgelegten Voraussetzungen - Fortführung von Steuerungsinstrumenten, die mit der gesetzlichen Regelung in ihren Auswirkungen vergleichbar sind - nicht erfüllt.

24

a. Anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54)entschiedenen Fall fehlt es allerdings nicht bereits an einer Fortführung bisheriger Steuerungsinstrumente in dem Sinne, dass etwaige Änderungen nicht von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V wegführen dürfen(BSG aaO RdNr 22, 25). Denn nach den Feststellungen des LSG haben die Vertragsparteien den bis zum 31.3.2005 geltenden HVV im Grundsatz nicht verändert, sondern lediglich modifiziert bzw nicht systemrelevant ergänzt. Soweit der Senat im Urteil vom 17.3.2010 (aaO RdNr 22) offengelassen hat, ob der Austausch einzelner Bestimmungen zulässig ist, ergänzt er diese Ausführungen dahingehend, dass einzelne Änderungen des HVV der Annahme einer "Fortführung" nicht entgegenstehen, sofern die wesentlichen Grundzüge des Steuerungsinstruments unverändert bleiben.

25

b. Nach dem Inhalt der maßgeblichen Regelungen des HVV ist - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - nicht erkennbar, dass der fortgeführte HVV den Anforderungen der Übergangsregelung entsprach. Nach Teil III. Nr 2.2 BRLV konnten in einer KÄV zum 31.3.2005 bereits vorhandene Steuerungsinstrumente im Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene für eine Übergangszeit fortgeführt werden, wenn sie "in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind". Die Auswirkungen der fortgeführten Steuerungsinstrumente waren jedoch nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar.

26

aa. Das in der Übergangsregelung normierte Tatbestandsmerkmal der "vergleichbaren Auswirkungen" bedarf der Auslegung bzw Konkretisierung.

27

(1) Bei dieser Auslegung ist zunächst der Umfang der Regelungskompetenz des BewA in den Blick zu nehmen, da er die Grenzen einer ermächtigungskonformen Auslegung bestimmt. Nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V bestimmt der BewA "den Inhalt" der nach § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V zu treffenden Regelungen. Bei der Konkretisierung des Inhalts dieser Regelungen ist dem BewA Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl hierzu BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 20 unter Hinweis auf BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26).

28

Hierzu hat der Senat mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21)ausgeführt: "Welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen. Sinn dieser Ermächtigung war und ist es, dass der BewA den Weg zur Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V vorzeichnet. Bei der Auslegung der Ermächtigung ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre, eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Nicht hinnehmbar wäre es indessen, zu gestatten, dass sich eine Honorarverteilungsregelung gegenüber der bisherigen - sei es auch nur vorübergehend - weiter von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V entfernt." Der Senat hat in der genannten Entscheidung weiter dargelegt, dass die Übergangsvorschrift in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 diesen Anforderungen bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht wurde und es nach dem Wortlaut der Ermächtigungsvorschrift gestattet war, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, fortgeführt werden(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22).

29

Diese Ausführungen des Senats sind aber nicht in dem Sinne zu verstehen, dass der BewA die KÄVen zu einer - Wortlaut und Intention des Gesetzes entgegenstehenden - beliebigen Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente ermächtigen durfte, auch wenn diese nicht den Mindestanforderungen an eine Vergleichbarkeit der Steuerungsinstrumente entsprechen. Damit ist eine Auslegung der Übergangsvorschrift ausgeschlossen, die faktisch zu einer vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben - überdies für einen weit über eine Übergangsphase hinausgehenden Zeitraum - führen würde.

30

Bereits der Wortlaut der in § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V getroffenen Regelung zielt auf eine Inhaltsbestimmung im Sinne einer "Konkretisierung" und nicht einer (auch nicht vorübergehenden) "Suspendierung" der gesetzlichen Vorgaben ab. Dies gilt umso mehr, als dem Wortlaut der in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V in ihren Grundzügen vorgegebenen Regelungen, deren Inhalt der BewA zu bestimmen hat, nur bei eher weiter Auslegung entnommen werden kann, dass auch die Normierung von Übergangsregelungen vorgesehen ist. Unabhängig davon ist ein dahingehender Wille des Gesetzgebers, dass die nähere Ausgestaltung des Inhalts der Regelungen durch den Bewertungsausschuss auch eine großzügige Übergangslösung bis hin zu einer - zeitlich nicht klar befristeten - vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben umfassen sollte, nicht erkennbar. Auch der dem BewA zustehende Gestaltungsspielraum (vgl hierzu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26 ua) berechtigt diesen nicht dazu, gesetzliche Regelungen faktisch weitgehend leerlaufen zu lassen, da ein Gestaltungsspielraum untergesetzlicher Normgeber nur innerhalb der ihnen erteilten Normsetzungsermächtigung besteht. Nichts anderes gilt schließlich für die Aussage des Senats, dass dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(vgl BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 52). Ziel der zulässigen Übergangsregelung ist nämlich die "Annäherung" an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22). Dies setzt entweder voraus, dass die zu prüfende Honorarverteilungsregelung dem gesetzlichen Ziel deutlich näher steht als die Vorgängerregelung, oder, dass die Regelung bereits - ohne dass es einer Änderung bedurfte - eine ausreichende Nähe zu den gesetzlichen Vorgaben besitzt.

31

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen vergleichbare Zielsetzungen "vergleichbaren Auswirkungen" nicht gleich. Zum einen stellt die Übergangsregelung nach ihrem klaren Wortlaut nicht auf vergleichbare Ziele, sondern auf vergleichbare Auswirkungen ab. Zum anderen steht einer maßgeblichen Berücksichtigung vergleichbarer Zielsetzungen entgegen, dass die Ziele der hier in Rede stehenden gesetzlichen Regelung derart allgemein gefasst sind, dass sie den Zielen einer Vielzahl anderer Regelungen entsprechen. Durch die Vorgabe von RLV soll erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird; durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl Begründung zum Gesetzentwurf-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h Doppelbuchst cc = § 85 SGB V; dies entspricht im Wesentlichen der ursprünglichen Begründung bei Einfügung der Norm durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz , vgl Ausschussbericht zum GKV-SolG, BT-Drucks 14/157 S 34 zu Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc).

32

Das Ziel, den Vertragsärzten Kalkulationssicherheit zu geben, charakterisiert (und rechtfertigt) jedoch unter der Geltung einer Budgetierung der Gesamtvergütungen jegliche Form von Honorarbegrenzungsregelungen (vgl zu Individualbudgets: BSGE 83, 52, 56 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 29; zu Praxisbudgets: BSGE 86, 16, 17 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 116 sowie BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 26; zu Teilbudgets: BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R - RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zu Fallzahlzuwachs-Begrenzungsregelungen: BSGE 89, 173, 182 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 378; zu progressiven Honorareinbehalten: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 14; zu Richtgrößen- und Umsatzregelungen: BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 28 ff; zur Vorgabe gleich hoher Budgets für alle (Zahn-)Ärzte: BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24). Würde man daher (allein) auf eine vergleichbare Zielsetzung abstellen, hätte die Übergangsregelung des BRLV eine (nahezu) uneingeschränkte Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente in den Honorarverteilungsregelungen ermöglicht.

33

Schon mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 18)hatte der Senat ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die vorhandene Regelung dieselben Ziele wie § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V verfolge; allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung könne nicht den Mangel ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V erforderlichen Regelungen - feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte - fehle. Diese Ausführungen betreffen zwar die Frage, ob der HVV die gesetzlichen Vorgaben eingehalten hat, lassen sich jedoch auch auf die Prüfung übertragen, ob die Vorgaben der Übergangsregelung eingehalten worden sind. Denn wenn eine ggf gleichwertige Zielsetzung nicht das Fehlen wesentlicher Bestandteile der Regelung ersetzen kann, ist sie auch nicht geeignet, die Vergleichbarkeit verschiedener Regelungen zu belegen.

34

(3) Die somit allein als Prüfungs- bzw Vergleichsmaßstab heranzuziehenden konkreten "Auswirkungen" der honorarbegrenzenden Regelungen des HVV der Beklagten waren mit den "Auswirkungen" der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V nicht vergleichbar. Wie bereits oben (unter 1.a.) dargelegt, sind deren Kernpunkte die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte sowie fester Punktwerte, nebst abgestaffelter Punktwerte für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen. Wesentliche "Auswirkung" der gesetzlichen Regelung ist mithin, dass ein definiertes RLV gebildet wird, innerhalb dessen die erbrachten Leistungen mit einem festen Punktwert vergütet werden.

35

(a) An einer hinreichenden Vergleichbarkeit der "Auswirkungen" fehlt es in Bezug auf den vorliegend maßgeblichen HVV schon deswegen, weil dort der Grenzwert bzw das Vergütungsvolumen nicht anhand arztgruppenspezifischer (Durchschnitts-)Werte bestimmt wird, sondern ihm - im Sinne eines klassischen Individualbudgets - arztindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen zugrunde liegen. § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V setzt jedoch ein RLV voraus, das auf arztgruppendurchschnittlichen Werten beruhen muss; diesem strukturell vergleichbare Auswirkungen haben nur Grenzwerte, die ebenfalls auf Durchschnittswerten beruhen. Dies ist eine Mindestvoraussetzung der Vergleichbarkeit; ihr Fehlen führt zur Rechtswidrigkeit der HVV-Regelung.

36

Der Gesetzgeber ist mit der Vorgabe arztgruppenspezifischer Grenzwerte erkennbar von der in den KÄVen weit verbreiteten und von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligten Praxis abgewichen, Honorarbegrenzungsregelungen in Form von Individualbudgets zu normieren. Dass es sich bei der arztgruppenbezogenen Bestimmung des Grenzwerts bzw des Vergütungsvolumens um eine grundlegende Richtungsentscheidung des Gesetzgebers handelt, zeigt sich zudem daran, dass auch für die vom 1.1.2009 bis 31.12.2011 geltenden RLV die Werte nach Arztgruppen festzulegen waren (§ 87b Abs 3 Satz 1 SGB V). Arztgruppenspezifische Werte liegen weiterhin den Richtgrößen im Arzneimittelbereich (vgl § 84 Abs 6 Satz 1 SGB V) und letztlich auch der Degressionsregelung im vertragszahnärztlichen Bereich (vgl § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V) zugrunde.

37

Hinzu kommt, dass es für die vom Gesetzgeber mit der Einführung von RLV - neben dem Aspekt der Kalkulationssicherheit - verfolgten Ziele der Berücksichtigung von Kostendegression und Mengenbegrenzung sehr wohl von Bedeutung ist, anhand welcher Kriterien der maßgebliche Grenzwert bzw das "privilegierte" Vergütungsvolumen bestimmt wird. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten - und damit im Ergebnis schon durch die Bestimmung des hierfür maßgeblichen Grenzwerts - soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl Begründung zum Gesetzentwurf-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h Doppelbuchst cc = § 85 SGB V). Im Hinblick auf diese Ziele ist es sehr wohl von Bedeutung, ob zur Bestimmung des "privilegierten" Vergütungsvolumens arztgruppenspezifische Durchschnittswerte herangezogen werden oder ob diesem das - ggf "übermäßige" - individuelle Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes in der Vergangenheit zugrunde gelegt wird. Es liegt auf der Hand, dass sich das Ziel einer Mengenbegrenzung sachgerechter anhand von arztgruppenspezifischen Durchschnittswerten als durch eine Fortschreibung vorhandener Besitzstände erreichen lässt. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass Durchschnittswerte den Versorgungsbedarf der Versicherten zuverlässiger widerspiegeln als arztindividuelle Werte.

38

Der erkennende Senat hat bereits in seinen Urteilen zum Hessischen HVV eine auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelte Honorarverteilung (die in Hessen bis I/2005 galt) als eine Regelungsstruktur bezeichnet, deren Auswirkungen nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 21 ff). Auch in seinen Urteilen vom 18.8.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 39 ua)hat er ausgeführt, dass ohne normative Grundlage die ggf mit der Einführung von RLV für die Vertragsärzte verbundenen Vorteile nicht so begrenzt werden dürften, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichten Vergütungen - zur Anwendung kommen; konkret hat der Senat beanstandet, dass ungeachtet der in Hessen formal bestehenden RLV mit festen Punktwerten als Folge der korrigierenden Ausgleichsregelung die abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar waren (aaO RdNr 42).

39

(b) Da bereits die arztindividuelle Bezogenheit des Vergütungsvolumens im HVV einer Vergleichbarkeit der Auswirkungen entgegensteht, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob eine Vergleichbarkeit der Auswirkungen zumindest hinsichtlich der Vorgabe fester Punktwerte gegeben ist. Das ist jedenfalls entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von vornherein ausgeschlossen.

40

Die HVV-Regelung setzt nicht beim Preis, sondern bei der Menge der mit festen Preisen vergüteten Leistungen an, indem sie zwar für einen bestimmten Teil der erbrachten Leistungen einen festen Punktwert von 5,11 Cent garantiert, das derart vergütete Punktzahlvolumen allerdings mit der Quote der Fachgruppe in Prozent multipliziert und damit - im Regelfall - faktisch reduziert. Die in § 7 Ziff 2 HVV geregelte Fachgruppen-Quote entspricht dem prozentualen Anteil der Leistungen, die tatsächlich aus den zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen mit einem Punktwert von 5,11 Cent vergütet werden können. Zwar ließe sich einwenden, dass diese Fachgruppen-Quote (spiegelbildlich) dazu führt, dass es an der Vorgabe eines festen Punktwerts fehlt, weil der angegebene rechnerische Punktwert von 5,11 Cent durch seine Bindung an das Gesamtvergütungsvolumen und die Bildung einer Fachgruppen-Quote relativiert wird und sich die Quotierung faktisch so auswirkt, als würde der Punktwert floaten (vgl dazu bereits BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 411). Wirtschaftlich macht es für den Vertragsarzt keinen Unterschied, ob er seine Leistungen vollständig vergütet erhält, aber der Preis von der Menge der insgesamt abgerechneten Leistungen abhängig ist, oder ob ihm feste Preise zugesichert werden, dies aber nur für eine erst im Nachhinein feststehende Menge gilt. Allerdings macht die Beklagte zu Recht geltend, dass die Festlegung "absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen ist. Denn bei gedeckelter Gesamtvergütung wird die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dass dies zu Lasten der "freien Leistungen" geht. So hat auch der Senat eingeräumt, dass ein gewisses Floaten der Punktwerte nicht zu vermeiden ist, das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung vielmehr eine Quotierung voraussetze (BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16).

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 gelten für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(2) Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren auf der Grundlage des Orientierungswertes gemäß § 87 Absatz 2e jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres einen Punktwert, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden ist. Die Vertragspartner nach Satz 1 können dabei einen Zuschlag auf den oder einen Abschlag von dem Orientierungswert gemäß § 87 Absatz 2e vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Darüber hinaus können auf der Grundlage von durch den Bewertungsausschuss festzulegenden Kriterien zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten, insbesondere in Planungsbereichen, für die Feststellungen nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen wurden, Zuschläge auf den Orientierungswert nach § 87 Absatz 2e für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern vereinbart werden. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Aus dem vereinbarten Punktwert nach diesem Absatz und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen gemäß § 87 Absatz 1 ist eine regionale Gebührenordnung mit Euro-Preisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen. Besonders förderungswürdige Leistungen nach Satz 3 können auch vertragsärztliche Leistungen sein, die telemedizinisch erbracht werden.

(3) Ebenfalls jährlich bis zum 31. Oktober vereinbaren die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und bewerten diesen mit dem nach Absatz 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in Euro; der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt als notwendige medizinische Versorgung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1. Die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen sind mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten. Darüber hinausgehende Leistungen, die sich aus einem bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs ergeben, sind von den Krankenkassen zeitnah, spätestens im folgenden Abrechnungszeitraum unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 ebenfalls mit den in der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 enthaltenen Preisen zu vergüten. Von den Krankenkassen sind folgende Leistungen und Zuschläge außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten:

1.
Leistungen im Rahmen der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
2.
Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 sowie Absatz 2c Satz 3 und 4,
3.
Leistungen im Behandlungsfall, die aufgrund der Vermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 und 4 erbracht werden, sofern es sich nicht um Fälle nach § 75 Absatz 1a Satz 8 handelt,
4.
Leistungen im Behandlungsfall bei Weiterbehandlung eines Patienten durch einen an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach Vermittlung durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2,
5.
bis zum 31. Dezember 2022 Leistungen im Behandlungsfall, die von Ärzten, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, gegenüber Patienten erbracht werden, die in der jeweiligen Arztpraxis erstmals untersucht und behandelt werden oder die mindestens zwei Jahre nicht in der jeweiligen Arztpraxis untersucht und behandelt wurden,
6.
Leistungen im Behandlungsfall, die im Rahmen von bis zu fünf offenen Sprechstunden je Kalenderwoche ohne vorherige Terminvereinbarung gemäß § 19a Absatz 1 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte erbracht werden; bei einem reduzierten Versorgungsauftrag ist die Vergütung außerhalb der Gesamtvergütung auf die jeweils anteilige Zeit offener Sprechstunden je Kalenderwoche gemäß § 19a Absatz 1 Satz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte begrenzt,
7.
die regelmäßige Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes und
8.
ab dem 1. April 2023 kinder- und jugendpsychiatrische Grundversorgung, Gespräche, Beratungen, Erörterungen, Abklärungen, Anleitung von Bezugs- oder Kontaktpersonen, Betreuung sowie kontinuierliche Mitbetreuung in häuslicher Umgebung oder in beschützenden Einrichtungen oder Heimen.
Darüber hinaus können Leistungen außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder wenn dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen sind, begrenzt auf ein Jahr zu bereinigen. Zudem haben sie unter Berücksichtigung der vom Bewertungsausschuss zu beschließenden Vorgaben nach Satz 10 vierteljährlich ein für die Kassenärztliche Vereinigung spezifisch durchzuführendes Korrekturverfahren zu vereinbaren, mit dem bei der Bereinigung nach Satz 7 nicht berücksichtigte Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen berücksichtigt werden. Das Korrekturverfahren erfolgt für vier Quartale beginnend mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021; der Zeitraum wird verlängert, wenn die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht bis zum 30. Juni 2021 gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes aufgehoben wird, und endet ein Jahr nach deren Aufhebung zum Ende des dann laufenden Quartals. Der Bewertungsausschuss beschließt nach Maßgabe der Sätze 11 und 12 Vorgaben zum Korrekturverfahren einschließlich der jeweiligen Korrekturbeträge der Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen, um die nach Satz 1 vereinbarte Gesamtvergütung basiswirksam zusätzlich zur Bereinigung nach Satz 7 zu bereinigen. Der Korrekturbetrag für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen wird quartalsweise für jede Kassenärztliche Vereinigung ermittelt auf der Grundlage des aus den Abrechnungsdaten des Jahres 2018, unter Berücksichtigung der Abrechnungsdaten der Jahre 2016 und 2017, abgeleiteten zu erwartenden Verhältnisses aus dem Punktzahlvolumen für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen zum Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen bei rechnerischer Anwendung dieses Verhältnisses auf das Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im zu bereinigenden Quartal nach Satz 9; von dem ermittelten Korrekturbetrag in Abzug zu bringen ist die bereits nach Satz 7 erfolgte Bereinigung für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen. Für die Ermittlung des Korrekturbetrags für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen gilt Satz 11 entsprechend mit der Maßgabe, dass das zu erwartende Verhältnis aus einer empirisch zu bestimmenden Quote ermittelt wird, die sich am höchsten Anteil des Punktzahlvolumens für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen an dem Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung in einem Quartal im Bereinigungszeitraum nach Satz 7 bemisst. Ab dem 1. Januar 2023 sind die in Satz 5 Nummer 3, 4 und 6 genannten Leistungen bei der Abrechnung zu kennzeichnen. Das Bereinigungsvolumen nach den Sätzen 7 bis 12 für Leistungen nach Satz 5 Nummer 5 wird im Zeitraum 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung rückgeführt, wobei vereinbarte Anpassungen des Punktwertes und des Behandlungsbedarfs seit der Bereinigung zu berücksichtigen sind; der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 30. November 2022 entsprechende Vorgaben. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben ab dem Jahr 2023 in jedem Quartal die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Satz 1 unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals zu bereinigen, wenn und soweit das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen der in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen der einzelnen Arztgruppen das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen dieser Leistungen im Vorjahresquartal um 3 Prozent übersteigt. Die arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Der Bewertungsausschuss beschließt das Nähere zur Bereinigung nach Satz 15 bis spätestens zum 31. März 2023. Der Bewertungsausschuss evaluiert, ob und wieweit durch die Vergütung der Leistungen nach Satz 5 Nummer 6 außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung im Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2024 gegenüber dem zum Vergleich herangezogenen Zeitraum eine Verbesserung des Zugangs zur fachärztlichen Versorgung eingetreten ist. Das Verfahren der Evaluierung bestimmt der Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 über die Ergebnisse der Evaluierung zu berichten. Die Evaluierung umfasst auch die Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 und Absatz 2c Satz 3 und 4. Abweichend von Satz 20 hat der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit halbjährlich, erstmals bis zum 30. September 2023, über die Ergebnisse der Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 Nummer 1 und Absatz 2c Satz 3 Nummer 1 zu berichten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 8 genannten Leistungen für vier Quartale zu bereinigen. Hierzu wird die Leistungsmenge der Leistungen nach Satz 5 Nummer 8 aus dem Vorjahresquartal unter Berücksichtigung der Auszahlungsquote dieser Leistungen im Vorjahresquartal ermittelt. Die Auszahlungsquote ist von der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Die Bereinigung darf nicht zu Lasten anderer Arztgruppen gehen. In den Vereinbarungen zur Bereinigung ist auch über notwendige Korrekturverfahren zu entscheiden. Das Nähere regelt der Bewertungsausschuss.

(3a) Für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung sind die Leistungen abweichend von Absatz 3 Satz 3 und 4 von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten, die in der Kassenärztlichen Vereinigung gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Weichen die nach Absatz 2 Satz 5 vereinbarten Preise von den Preisen nach Satz 1 ab, so ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Die Zahl der Versicherten nach Absatz 3 Satz 2 ist entsprechend der Zahl der auf den zugrunde gelegten Zeitraum entfallenden Versichertentage zu ermitteln. Weicht die bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu Grunde gelegte Zahl der Versicherten von der tatsächlichen Zahl der Versicherten im Vereinbarungszeitraum ab, ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 5 sind auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu zahlende Gesamtvergütung anzurechnen.

(3b) Die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen sind ab dem 1. April 2023 von den Krankenkassen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vollständig zu vergüten. Abweichend von § 85 Absatz 1 und abweichend von Absatz 3 Satz 1 wird die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung hinsichtlich der Vergütung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen nicht mit befreiender Wirkung gezahlt. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien vereinbaren Zuschläge zur Förderung der Kinder- und Jugendmedizin, soweit die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten abgerechneten Leistungen die festgesetzte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausschöpfen. Für die erstmalige Festsetzung der auf die Leistungen nach § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung ist das Honorarvolumen zugrunde zu legen, das für die Leistungen im zweiten Quartal 2022 gemäß dem Verteilungsmaßstab ausgezahlt worden ist. Sofern dieses Honorarvolumen Zuschläge enthält, haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 diese Zuschläge in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vereinbaren. Für die Zuschläge nach den Sätzen 3 und 5 sowie nach § 87a Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt Satz 2 nicht. Der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Festsetzung der auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die erstmalig rückwirkend zum 1. April 2023 für das laufende Kalenderjahr und danach jährlich für das folgende Kalenderjahr zu erfolgen hat. Zudem beschließt der Bewertungsausschuss bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Ermittlung des auf die jeweilige Krankenkasse entfallenden Anteils an Ausgleichszahlungen, der sich nach ihrem jeweiligen leistungsmengenbezogenen Anteil an dieser Ausgleichszahlung bemisst. Eine Ausgleichszahlung ist dann zu leisten, wenn die auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausreicht, um die vollständige Vergütung nach Satz 1 zu gewährleisten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien haben sich auf ein Verfahren zu verständigen, nach dem die Kassenärztliche Vereinigung die Entwicklung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen und von deren Vergütungen gegenüber den Krankenkassen nachweist. Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 3 Satz 5 Nummer 8, dieses Absatzes sowie der Regelungen in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz insbesondere auf die Versorgung der Kinder und Jugendlichen, die Honorare sowie die Ausgaben der Krankenkassen und berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2025 über die Ergebnisse.

(4) Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs jeweils aufsetzend auf dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr nach Absatz 3 Satz 2 vereinbarten und bereinigten Behandlungsbedarf sind insbesondere Veränderungen

1.
der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
2.
der Morbiditätsstruktur der Versicherten aller Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
3.
von Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen,
4.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und
5.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung;
dabei sind die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß Absatz 5 zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Aufsatzwertes für den Behandlungsbedarf nach Satz 1 für eine Krankenkasse ist ihr jeweiliger Anteil an dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr vereinbarten, bereinigten Behandlungsbedarf entsprechend ihres aktuellen Anteils an der Menge der für vier Quartale abgerechneten Leistungen jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung anzupassen. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung ist auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 einerseits sowie auf der Grundlage demografischer Kriterien (Alter und Geschlecht) andererseits durch eine gewichtete Zusammenfassung der vom Bewertungsausschuss als Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilten Raten zu vereinbaren. Falls erforderlich, können weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung nach Satz 3 ist ab dem Jahr, in dem die nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilte Veränderungsrate auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2023 bis 2025 ermittelt wird, allein auf der Grundlage dieser Veränderungsrate zu vereinbaren.

(4a) Über eine mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 einmalige basiswirksame Erhöhung des nach Absatz 4 Satz 1 für das Jahr 2016 angepassten Aufsatzwertes ist in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 im Jahr 2016 zu verhandeln, wenn die jeweils für das Jahr 2014 und jeweils einschließlich der Bereinigungen zu berechnende durchschnittliche an die Kassenärztliche Vereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung die durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten unterschreitet. Die Berechnungen nach Satz 1 werden durch das Institut nach § 87 Absatz 3b Satz 1 durchgeführt. Es teilt den Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 und dem Bundesministerium für Gesundheit das Ergebnis bis spätestens zum 15. September 2016 mit. Eine einmalige basiswirksame Erhöhung des Aufsatzwertes ist nur dann zu vereinbaren, wenn in den Verhandlungen nach Satz 1 festgestellt wird, dass der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Ob und in welchem Umfang der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war, ist von der Kassenärztlichen Vereinigung auch unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme des stationären Sektors nachzuweisen. Der Aufsatzwert ist in dem Umfang zu erhöhen, wie der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Die durch die vereinbarte Erhöhung des Aufsatzwertes einschließlich der Bereinigungen sich ergebende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung im Jahr 2014 darf die für das Jahr 2014 berechnete durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet einschließlich der Bereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten nicht übersteigen. Die Erhöhung erfolgt um einen im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für alle Krankenkassen einheitlichen Faktor. Die vereinbarte Erhöhung kann auch schrittweise über mehrere Jahre verteilt werden. Die zusätzlichen Mittel sind zur Verbesserung der Versorgungsstruktur einzusetzen. Umverteilungen zu Lasten anderer Kassenärztlicher Vereinigungen sind auszuschließen.

(5) Der Bewertungsausschuss beschließt Empfehlungen

1.
zur Vereinbarung des Umfangs des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach Absatz 3 Satz 4,
2.
zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 sowie
3.
zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.
Bei der Empfehlung teilt der Bewertungsausschuss den in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartnern die Ergebnisse der Berechnungen des Instituts des Bewertungsausschusses zu den Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 mit. Das Institut des Bewertungsausschusses errechnet für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung zwei einheitliche Veränderungsraten, wobei eine Rate insbesondere auf den Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 und die andere Rate auf demografischen Kriterien (Alter und Geschlecht) basiert. Die Veränderungsraten werden auf der Grundlage des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 2. September 2009 Teil B Nummer 2.3 bestimmt mit der Maßgabe, die Datengrundlagen zu aktualisieren. Zur Ermittlung der diagnosenbezogenen Rate ist das geltende Modell des Klassifikationsverfahrens anzuwenden. Der Bewertungsausschuss kann das Modell in bestimmten Zeitabständen auf seine weitere Eignung für die Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung überprüfen und fortentwickeln. Der Bewertungsausschuss hat zudem Vorgaben für ein Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den durch dieses Gesetz vorgesehenen Fällen sowie zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 und der Anteile der einzelnen Krankenkassen nach Absatz 4 Satz 2 zu beschließen; er kann darüber hinaus insbesondere Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 bis 5 und Satz 3 und 4 sowie ein Verfahren zur Bereinigung der Relativgewichte des Klassifikationsverfahrens im Falle von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 5 und 6 beschließen. Die Empfehlungen nach Satz 1 sowie die Vorgaben nach Satz 7 sind jährlich bis spätestens zum 31. August zu beschließen; die Mitteilungen nach Satz 2 erfolgen jährlich bis spätestens zum 15. September. Der Bewertungsausschuss beschließt geeignete pauschalierende Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den Fällen des § 73b Absatz 7 Satz 7 und 8. In den Vorgaben zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 sind auch Vorgaben zu beschließen, die die Aufsatzwerte einmalig und basiswirksam jeweils in dem Umfang erhöhen, der dem jeweiligen Betrag der Honorarerhöhung durch die Aufhebung des Investitionskostenabschlags nach § 120 Absatz 3 Satz 2 in der bis einschließlich 31. Dezember 2015 geltenden Fassung entspricht. Ab dem Jahr, in dem die Veränderungsraten auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2020 bis 2022 durch das Institut des Bewertungsausschusses nach Satz 3 errechnet werden, sind Kodiereffekte, die insbesondere durch die Einführung und Aktualisierung der verbindlichen Regelungen nach § 295 Absatz 4 Satz 2 zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel nach § 295 Absatz 1 Satz 6 entstehen, in den Berechnungen zu bereinigen. Hierzu hat der Bewertungsausschuss ein entsprechendes Verfahren zu beschließen. Der Bewertungsausschuss hat bis zum 1. September 2019 Vorgaben zu beschließen, bei welchen Arztgruppen, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, eine Vergütung nach Absatz 3 Satz 5 Nummer 5 vorzusehen ist. Soweit erforderlich, beschließt der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a für die von ihm beschlossenen Vergütungen für Leistungen die Empfehlungen zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.

(5a) Der Bewertungsausschuss erstellt zum Zwecke der Erhöhung der Transparenz über die der Empfehlung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 zugrunde liegenden Datengrundlagen einen Bericht über die Veränderungen der Behandlungsdiagnosen und den Einfluss der jeweiligen Behandlungsdiagnose auf die Veränderungsrate für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung. Der Bericht ist dem Bundesministerium für Gesundheit zusammen mit der Empfehlung und den der Empfehlung zugrunde liegenden weiteren Beratungsunterlagen vorzulegen. § 87 Absatz 6 Satz 10 gilt entsprechend.

(6) Der Bewertungsausschuss beschließt erstmals bis zum 31. März 2012 Vorgaben zu Art, Umfang, Zeitpunkt und Verfahren der für die Vereinbarungen und Berechnungen nach den Absätzen 2 bis 4 erforderlichen Datenübermittlungen von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen an das Institut des Bewertungsausschusses, welches den Vertragspartnern nach Absatz 2 Satz 1 die jeweils erforderlichen Datengrundlagen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres zur Verfügung stellt; § 87 Absatz 3f Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung; dabei sollen die von fachärztlich tätigen Ärzten erbrachten hausärztlichen Leistungen nicht den hausärztlichen Teil der Gesamtvergütungen und die von hausärztlich tätigen Ärzten erbrachten fachärztlichen Leistungen nicht den fachärztlichen Teil der Gesamtvergütungen mindern. Die Kassenärztliche Vereinigung wendet bei der Verteilung den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Die Vergütung der Leistungen im Notfall und im Notdienst erfolgt aus einem vor der Trennung für die Versorgungsbereiche gebildeten eigenen Honorarvolumen mit der Maßgabe, dass für diese Leistungen im Verteilungsmaßstab keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars angewandt werden dürfen; Gleiches gilt unter Beachtung der nach § 87a Absatz 3b Satz 7 beschlossenen Vorgaben für die Vergütung der Leistungen des Versorgungsbereichs der Kinder- und Jugendmedizin, die gegenüber Patienten erbracht werden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bisherige Bestimmungen, insbesondere zur Zuweisung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen, gelten bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab vorläufig fort.

(2) Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der Verteilungsmaßstab hat der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen. Für Praxisnetze, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen anerkannt sind, müssen gesonderte Vergütungsregelungen vorgesehen werden; für solche Praxisnetze können auch eigene Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen nach § 87a Absatz 3 gebildet werden. Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Im Verteilungsmaßstab dürfen keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars für anästhesiologische Leistungen angewandt werden, die im Zusammenhang mit vertragszahnärztlichen Behandlungen von Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder schwerer Dyskinesie notwendig sind. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie gegen deren Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(2a) Mindert sich die Fallzahl in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang infolge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses, soll die Kassenärztliche Vereinigung im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Leistungserbringers vorsehen. Regelungen nach Satz 1 können auch bei einer Minderung von Fallzahlen von Leistungen vorgesehen werden, die nach § 87a Absatz 3 Satz 5 Nummer 1, 3, 4, 5 und 6 und Satz 6 vergütet werden. In der Vergangenheit gebildete und noch nicht aufgelöste Rückstellungen im Rahmen der Honorarverteilung sollen ebenfalls verwendet werden. Eine weitere Voraussetzung für die Zahlung von Kompensationszahlungen ist, dass der vertragsärztliche Leistungserbringer die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden einhält. Bei einer Unterschreitung der in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden können Kompensationszahlungen nur vorgenommen werden, wenn der vertragsärztliche Leistungserbringer durch eine Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder ein anderes Großschadensereignis verursachte rechtfertigende Gründe für die Unterschreitung nachweist.

(3) Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen Beschluss nach § 100 Absatz 1 oder 3 getroffen, dürfen für Ärzte der betroffenen Arztgruppe im Verteilungsmaßstab Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung oder -minderung nicht bei der Behandlung von Patienten des betreffenden Planungsbereiches angewendet werden. Darüber hinausgehend hat der Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen vorzusehen, nach der die Kassenärztliche Vereinigung im Einzelfall verpflichtet ist, zu prüfen, ob und in welchem Umfang diese Maßnahme ausreichend ist, die Sicherstellung der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Die Kassenärztliche Vereinigung veröffentlicht einmal jährlich in geeigneter Form Informationen über die Grundsätze und Versorgungsziele des Honorarverteilungsmaßstabs.

(4) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat Vorgaben zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 sowie Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze nach Absatz 2 Satz 3 als Rahmenvorgabe für Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere zu Versorgungszielen, im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu bestimmen. Darüber hinaus hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des Absatzes 2 Satz 1 bis 4 und zur Durchführung geeigneter und neutraler Verfahren zur Honorarbereinigung zu bestimmen; dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen. Die Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben bis spätestens zum 23. Oktober 2015 Richtlinien nach Satz 1 zu beschließen.

(5) Die Regelungen der Absätze 1 bis 4 gelten nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(1) Abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 gelten für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(2) Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren auf der Grundlage des Orientierungswertes gemäß § 87 Absatz 2e jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres einen Punktwert, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden ist. Die Vertragspartner nach Satz 1 können dabei einen Zuschlag auf den oder einen Abschlag von dem Orientierungswert gemäß § 87 Absatz 2e vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Darüber hinaus können auf der Grundlage von durch den Bewertungsausschuss festzulegenden Kriterien zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten, insbesondere in Planungsbereichen, für die Feststellungen nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen wurden, Zuschläge auf den Orientierungswert nach § 87 Absatz 2e für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern vereinbart werden. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Aus dem vereinbarten Punktwert nach diesem Absatz und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen gemäß § 87 Absatz 1 ist eine regionale Gebührenordnung mit Euro-Preisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen. Besonders förderungswürdige Leistungen nach Satz 3 können auch vertragsärztliche Leistungen sein, die telemedizinisch erbracht werden.

(3) Ebenfalls jährlich bis zum 31. Oktober vereinbaren die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabes den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und bewerten diesen mit dem nach Absatz 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in Euro; der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt als notwendige medizinische Versorgung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1. Die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen sind mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten. Darüber hinausgehende Leistungen, die sich aus einem bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs ergeben, sind von den Krankenkassen zeitnah, spätestens im folgenden Abrechnungszeitraum unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 ebenfalls mit den in der Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 enthaltenen Preisen zu vergüten. Von den Krankenkassen sind folgende Leistungen und Zuschläge außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 zu vergüten:

1.
Leistungen im Rahmen der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
2.
Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 sowie Absatz 2c Satz 3 und 4,
3.
Leistungen im Behandlungsfall, die aufgrund der Vermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 und 4 erbracht werden, sofern es sich nicht um Fälle nach § 75 Absatz 1a Satz 8 handelt,
4.
Leistungen im Behandlungsfall bei Weiterbehandlung eines Patienten durch einen an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach Vermittlung durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2,
5.
bis zum 31. Dezember 2022 Leistungen im Behandlungsfall, die von Ärzten, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, gegenüber Patienten erbracht werden, die in der jeweiligen Arztpraxis erstmals untersucht und behandelt werden oder die mindestens zwei Jahre nicht in der jeweiligen Arztpraxis untersucht und behandelt wurden,
6.
Leistungen im Behandlungsfall, die im Rahmen von bis zu fünf offenen Sprechstunden je Kalenderwoche ohne vorherige Terminvereinbarung gemäß § 19a Absatz 1 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte erbracht werden; bei einem reduzierten Versorgungsauftrag ist die Vergütung außerhalb der Gesamtvergütung auf die jeweils anteilige Zeit offener Sprechstunden je Kalenderwoche gemäß § 19a Absatz 1 Satz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte begrenzt,
7.
die regelmäßige Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes und
8.
ab dem 1. April 2023 kinder- und jugendpsychiatrische Grundversorgung, Gespräche, Beratungen, Erörterungen, Abklärungen, Anleitung von Bezugs- oder Kontaktpersonen, Betreuung sowie kontinuierliche Mitbetreuung in häuslicher Umgebung oder in beschützenden Einrichtungen oder Heimen.
Darüber hinaus können Leistungen außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder wenn dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen sind, begrenzt auf ein Jahr zu bereinigen. Zudem haben sie unter Berücksichtigung der vom Bewertungsausschuss zu beschließenden Vorgaben nach Satz 10 vierteljährlich ein für die Kassenärztliche Vereinigung spezifisch durchzuführendes Korrekturverfahren zu vereinbaren, mit dem bei der Bereinigung nach Satz 7 nicht berücksichtigte Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen berücksichtigt werden. Das Korrekturverfahren erfolgt für vier Quartale beginnend mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021; der Zeitraum wird verlängert, wenn die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht bis zum 30. Juni 2021 gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes aufgehoben wird, und endet ein Jahr nach deren Aufhebung zum Ende des dann laufenden Quartals. Der Bewertungsausschuss beschließt nach Maßgabe der Sätze 11 und 12 Vorgaben zum Korrekturverfahren einschließlich der jeweiligen Korrekturbeträge der Leistungsmengen bei den in Satz 5 Nummer 5 und 6 genannten Leistungen, um die nach Satz 1 vereinbarte Gesamtvergütung basiswirksam zusätzlich zur Bereinigung nach Satz 7 zu bereinigen. Der Korrekturbetrag für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen wird quartalsweise für jede Kassenärztliche Vereinigung ermittelt auf der Grundlage des aus den Abrechnungsdaten des Jahres 2018, unter Berücksichtigung der Abrechnungsdaten der Jahre 2016 und 2017, abgeleiteten zu erwartenden Verhältnisses aus dem Punktzahlvolumen für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen zum Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen bei rechnerischer Anwendung dieses Verhältnisses auf das Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im zu bereinigenden Quartal nach Satz 9; von dem ermittelten Korrekturbetrag in Abzug zu bringen ist die bereits nach Satz 7 erfolgte Bereinigung für die in Satz 5 Nummer 5 genannten Leistungen. Für die Ermittlung des Korrekturbetrags für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen gilt Satz 11 entsprechend mit der Maßgabe, dass das zu erwartende Verhältnis aus einer empirisch zu bestimmenden Quote ermittelt wird, die sich am höchsten Anteil des Punktzahlvolumens für die in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen an dem Punktzahlvolumen aller Leistungen innerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung und der in Satz 5 Nummer 3 bis 6 genannten Leistungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung in einem Quartal im Bereinigungszeitraum nach Satz 7 bemisst. Ab dem 1. Januar 2023 sind die in Satz 5 Nummer 3, 4 und 6 genannten Leistungen bei der Abrechnung zu kennzeichnen. Das Bereinigungsvolumen nach den Sätzen 7 bis 12 für Leistungen nach Satz 5 Nummer 5 wird im Zeitraum 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung rückgeführt, wobei vereinbarte Anpassungen des Punktwertes und des Behandlungsbedarfs seit der Bereinigung zu berücksichtigen sind; der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 30. November 2022 entsprechende Vorgaben. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben ab dem Jahr 2023 in jedem Quartal die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Satz 1 unter Berücksichtigung der arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten des jeweiligen Vorjahresquartals zu bereinigen, wenn und soweit das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen der in Satz 5 Nummer 6 genannten Leistungen der einzelnen Arztgruppen das arztgruppenspezifische Punktzahlvolumen dieser Leistungen im Vorjahresquartal um 3 Prozent übersteigt. Die arztgruppenspezifischen Auszahlungsquoten sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Der Bewertungsausschuss beschließt das Nähere zur Bereinigung nach Satz 15 bis spätestens zum 31. März 2023. Der Bewertungsausschuss evaluiert, ob und wieweit durch die Vergütung der Leistungen nach Satz 5 Nummer 6 außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütung im Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2024 gegenüber dem zum Vergleich herangezogenen Zeitraum eine Verbesserung des Zugangs zur fachärztlichen Versorgung eingetreten ist. Das Verfahren der Evaluierung bestimmt der Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 über die Ergebnisse der Evaluierung zu berichten. Die Evaluierung umfasst auch die Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 und Absatz 2c Satz 3 und 4. Abweichend von Satz 20 hat der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit halbjährlich, erstmals bis zum 30. September 2023, über die Ergebnisse der Evaluierung der Zuschläge nach § 87 Absatz 2b Satz 3 Nummer 1 und Absatz 2c Satz 3 Nummer 1 zu berichten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartner haben die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 um die in Satz 5 Nummer 8 genannten Leistungen für vier Quartale zu bereinigen. Hierzu wird die Leistungsmenge der Leistungen nach Satz 5 Nummer 8 aus dem Vorjahresquartal unter Berücksichtigung der Auszahlungsquote dieser Leistungen im Vorjahresquartal ermittelt. Die Auszahlungsquote ist von der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Krankenkassen nachzuweisen. Die Bereinigung darf nicht zu Lasten anderer Arztgruppen gehen. In den Vereinbarungen zur Bereinigung ist auch über notwendige Korrekturverfahren zu entscheiden. Das Nähere regelt der Bewertungsausschuss.

(3a) Für den Fall der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung sind die Leistungen abweichend von Absatz 3 Satz 3 und 4 von den Krankenkassen mit den Preisen zu vergüten, die in der Kassenärztlichen Vereinigung gelten, deren Mitglied der Leistungserbringer ist. Weichen die nach Absatz 2 Satz 5 vereinbarten Preise von den Preisen nach Satz 1 ab, so ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Die Zahl der Versicherten nach Absatz 3 Satz 2 ist entsprechend der Zahl der auf den zugrunde gelegten Zeitraum entfallenden Versichertentage zu ermitteln. Weicht die bei der Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu Grunde gelegte Zahl der Versicherten von der tatsächlichen Zahl der Versicherten im Vereinbarungszeitraum ab, ist die Abweichung zeitnah, spätestens bei der jeweils folgenden Vereinbarung der Veränderung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 5 sind auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu zahlende Gesamtvergütung anzurechnen.

(3b) Die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen sind ab dem 1. April 2023 von den Krankenkassen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung nach Absatz 2 Satz 5 vollständig zu vergüten. Abweichend von § 85 Absatz 1 und abweichend von Absatz 3 Satz 1 wird die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung hinsichtlich der Vergütung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen nicht mit befreiender Wirkung gezahlt. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien vereinbaren Zuschläge zur Förderung der Kinder- und Jugendmedizin, soweit die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten abgerechneten Leistungen die festgesetzte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausschöpfen. Für die erstmalige Festsetzung der auf die Leistungen nach § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung ist das Honorarvolumen zugrunde zu legen, das für die Leistungen im zweiten Quartal 2022 gemäß dem Verteilungsmaßstab ausgezahlt worden ist. Sofern dieses Honorarvolumen Zuschläge enthält, haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 diese Zuschläge in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vereinbaren. Für die Zuschläge nach den Sätzen 3 und 5 sowie nach § 87a Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt Satz 2 nicht. Der Bewertungsausschuss beschließt bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Festsetzung der auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die erstmalig rückwirkend zum 1. April 2023 für das laufende Kalenderjahr und danach jährlich für das folgende Kalenderjahr zu erfolgen hat. Zudem beschließt der Bewertungsausschuss bis zum 31. Mai 2023 Vorgaben für ein Verfahren zur Ermittlung des auf die jeweilige Krankenkasse entfallenden Anteils an Ausgleichszahlungen, der sich nach ihrem jeweiligen leistungsmengenbezogenen Anteil an dieser Ausgleichszahlung bemisst. Eine Ausgleichszahlung ist dann zu leisten, wenn die auf die in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen entfallende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht ausreicht, um die vollständige Vergütung nach Satz 1 zu gewährleisten. Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragsparteien haben sich auf ein Verfahren zu verständigen, nach dem die Kassenärztliche Vereinigung die Entwicklung der in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz genannten Leistungen und von deren Vergütungen gegenüber den Krankenkassen nachweist. Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 3 Satz 5 Nummer 8, dieses Absatzes sowie der Regelungen in § 87b Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz insbesondere auf die Versorgung der Kinder und Jugendlichen, die Honorare sowie die Ausgaben der Krankenkassen und berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2025 über die Ergebnisse.

(4) Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs jeweils aufsetzend auf dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr nach Absatz 3 Satz 2 vereinbarten und bereinigten Behandlungsbedarf sind insbesondere Veränderungen

1.
der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
2.
der Morbiditätsstruktur der Versicherten aller Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung,
3.
von Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen,
4.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und
5.
des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung;
dabei sind die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß Absatz 5 zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Aufsatzwertes für den Behandlungsbedarf nach Satz 1 für eine Krankenkasse ist ihr jeweiliger Anteil an dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr vereinbarten, bereinigten Behandlungsbedarf entsprechend ihres aktuellen Anteils an der Menge der für vier Quartale abgerechneten Leistungen jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung anzupassen. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung ist auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 einerseits sowie auf der Grundlage demografischer Kriterien (Alter und Geschlecht) andererseits durch eine gewichtete Zusammenfassung der vom Bewertungsausschuss als Empfehlungen nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilten Raten zu vereinbaren. Falls erforderlich, können weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden. Die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung nach Satz 3 ist ab dem Jahr, in dem die nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 mitgeteilte Veränderungsrate auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2023 bis 2025 ermittelt wird, allein auf der Grundlage dieser Veränderungsrate zu vereinbaren.

(4a) Über eine mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 einmalige basiswirksame Erhöhung des nach Absatz 4 Satz 1 für das Jahr 2016 angepassten Aufsatzwertes ist in den Vereinbarungen nach Absatz 3 Satz 1 im Jahr 2016 zu verhandeln, wenn die jeweils für das Jahr 2014 und jeweils einschließlich der Bereinigungen zu berechnende durchschnittliche an die Kassenärztliche Vereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung die durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten unterschreitet. Die Berechnungen nach Satz 1 werden durch das Institut nach § 87 Absatz 3b Satz 1 durchgeführt. Es teilt den Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 und dem Bundesministerium für Gesundheit das Ergebnis bis spätestens zum 15. September 2016 mit. Eine einmalige basiswirksame Erhöhung des Aufsatzwertes ist nur dann zu vereinbaren, wenn in den Verhandlungen nach Satz 1 festgestellt wird, dass der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Ob und in welchem Umfang der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war, ist von der Kassenärztlichen Vereinigung auch unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme des stationären Sektors nachzuweisen. Der Aufsatzwert ist in dem Umfang zu erhöhen, wie der Aufsatzwert im Jahr 2014 unbegründet zu niedrig war. Die durch die vereinbarte Erhöhung des Aufsatzwertes einschließlich der Bereinigungen sich ergebende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten mit Wohnort im Bezirk der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung im Jahr 2014 darf die für das Jahr 2014 berechnete durchschnittliche an alle Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet einschließlich der Bereinigung entrichtete morbiditätsbedingte Gesamtvergütung je Versicherten nicht übersteigen. Die Erhöhung erfolgt um einen im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung für alle Krankenkassen einheitlichen Faktor. Die vereinbarte Erhöhung kann auch schrittweise über mehrere Jahre verteilt werden. Die zusätzlichen Mittel sind zur Verbesserung der Versorgungsstruktur einzusetzen. Umverteilungen zu Lasten anderer Kassenärztlicher Vereinigungen sind auszuschließen.

(5) Der Bewertungsausschuss beschließt Empfehlungen

1.
zur Vereinbarung des Umfangs des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach Absatz 3 Satz 4,
2.
zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 sowie
3.
zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.
Bei der Empfehlung teilt der Bewertungsausschuss den in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertragspartnern die Ergebnisse der Berechnungen des Instituts des Bewertungsausschusses zu den Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 mit. Das Institut des Bewertungsausschusses errechnet für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung zwei einheitliche Veränderungsraten, wobei eine Rate insbesondere auf den Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Absatz 1 Satz 2 und die andere Rate auf demografischen Kriterien (Alter und Geschlecht) basiert. Die Veränderungsraten werden auf der Grundlage des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 2. September 2009 Teil B Nummer 2.3 bestimmt mit der Maßgabe, die Datengrundlagen zu aktualisieren. Zur Ermittlung der diagnosenbezogenen Rate ist das geltende Modell des Klassifikationsverfahrens anzuwenden. Der Bewertungsausschuss kann das Modell in bestimmten Zeitabständen auf seine weitere Eignung für die Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung überprüfen und fortentwickeln. Der Bewertungsausschuss hat zudem Vorgaben für ein Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den durch dieses Gesetz vorgesehenen Fällen sowie zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 und der Anteile der einzelnen Krankenkassen nach Absatz 4 Satz 2 zu beschließen; er kann darüber hinaus insbesondere Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 bis 5 und Satz 3 und 4 sowie ein Verfahren zur Bereinigung der Relativgewichte des Klassifikationsverfahrens im Falle von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 5 und 6 beschließen. Die Empfehlungen nach Satz 1 sowie die Vorgaben nach Satz 7 sind jährlich bis spätestens zum 31. August zu beschließen; die Mitteilungen nach Satz 2 erfolgen jährlich bis spätestens zum 15. September. Der Bewertungsausschuss beschließt geeignete pauschalierende Verfahren zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs in den Fällen des § 73b Absatz 7 Satz 7 und 8. In den Vorgaben zur Ermittlung der Aufsatzwerte nach Absatz 4 Satz 1 sind auch Vorgaben zu beschließen, die die Aufsatzwerte einmalig und basiswirksam jeweils in dem Umfang erhöhen, der dem jeweiligen Betrag der Honorarerhöhung durch die Aufhebung des Investitionskostenabschlags nach § 120 Absatz 3 Satz 2 in der bis einschließlich 31. Dezember 2015 geltenden Fassung entspricht. Ab dem Jahr, in dem die Veränderungsraten auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen der Jahre 2020 bis 2022 durch das Institut des Bewertungsausschusses nach Satz 3 errechnet werden, sind Kodiereffekte, die insbesondere durch die Einführung und Aktualisierung der verbindlichen Regelungen nach § 295 Absatz 4 Satz 2 zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel nach § 295 Absatz 1 Satz 6 entstehen, in den Berechnungen zu bereinigen. Hierzu hat der Bewertungsausschuss ein entsprechendes Verfahren zu beschließen. Der Bewertungsausschuss hat bis zum 1. September 2019 Vorgaben zu beschließen, bei welchen Arztgruppen, die an der grundversorgenden oder unmittelbaren medizinischen Versorgung teilnehmen, eine Vergütung nach Absatz 3 Satz 5 Nummer 5 vorzusehen ist. Soweit erforderlich, beschließt der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a für die von ihm beschlossenen Vergütungen für Leistungen die Empfehlungen zur Bestimmung von Vergütungen nach Absatz 3 Satz 6.

(5a) Der Bewertungsausschuss erstellt zum Zwecke der Erhöhung der Transparenz über die der Empfehlung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 zugrunde liegenden Datengrundlagen einen Bericht über die Veränderungen der Behandlungsdiagnosen und den Einfluss der jeweiligen Behandlungsdiagnose auf die Veränderungsrate für jeden Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung. Der Bericht ist dem Bundesministerium für Gesundheit zusammen mit der Empfehlung und den der Empfehlung zugrunde liegenden weiteren Beratungsunterlagen vorzulegen. § 87 Absatz 6 Satz 10 gilt entsprechend.

(6) Der Bewertungsausschuss beschließt erstmals bis zum 31. März 2012 Vorgaben zu Art, Umfang, Zeitpunkt und Verfahren der für die Vereinbarungen und Berechnungen nach den Absätzen 2 bis 4 erforderlichen Datenübermittlungen von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen an das Institut des Bewertungsausschusses, welches den Vertragspartnern nach Absatz 2 Satz 1 die jeweils erforderlichen Datengrundlagen bis zum 30. Juni eines jeden Jahres zur Verfügung stellt; § 87 Absatz 3f Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung; dabei sollen die von fachärztlich tätigen Ärzten erbrachten hausärztlichen Leistungen nicht den hausärztlichen Teil der Gesamtvergütungen und die von hausärztlich tätigen Ärzten erbrachten fachärztlichen Leistungen nicht den fachärztlichen Teil der Gesamtvergütungen mindern. Die Kassenärztliche Vereinigung wendet bei der Verteilung den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Die Vergütung der Leistungen im Notfall und im Notdienst erfolgt aus einem vor der Trennung für die Versorgungsbereiche gebildeten eigenen Honorarvolumen mit der Maßgabe, dass für diese Leistungen im Verteilungsmaßstab keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars angewandt werden dürfen; Gleiches gilt unter Beachtung der nach § 87a Absatz 3b Satz 7 beschlossenen Vorgaben für die Vergütung der Leistungen des Versorgungsbereichs der Kinder- und Jugendmedizin, die gegenüber Patienten erbracht werden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bisherige Bestimmungen, insbesondere zur Zuweisung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen, gelten bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab vorläufig fort.

(2) Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der Verteilungsmaßstab hat der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen. Für Praxisnetze, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen anerkannt sind, müssen gesonderte Vergütungsregelungen vorgesehen werden; für solche Praxisnetze können auch eigene Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen nach § 87a Absatz 3 gebildet werden. Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Im Verteilungsmaßstab dürfen keine Maßnahmen zur Begrenzung oder Minderung des Honorars für anästhesiologische Leistungen angewandt werden, die im Zusammenhang mit vertragszahnärztlichen Behandlungen von Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung oder schwerer Dyskinesie notwendig sind. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie gegen deren Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(2a) Mindert sich die Fallzahl in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang infolge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses, soll die Kassenärztliche Vereinigung im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Leistungserbringers vorsehen. Regelungen nach Satz 1 können auch bei einer Minderung von Fallzahlen von Leistungen vorgesehen werden, die nach § 87a Absatz 3 Satz 5 Nummer 1, 3, 4, 5 und 6 und Satz 6 vergütet werden. In der Vergangenheit gebildete und noch nicht aufgelöste Rückstellungen im Rahmen der Honorarverteilung sollen ebenfalls verwendet werden. Eine weitere Voraussetzung für die Zahlung von Kompensationszahlungen ist, dass der vertragsärztliche Leistungserbringer die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden einhält. Bei einer Unterschreitung der in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden können Kompensationszahlungen nur vorgenommen werden, wenn der vertragsärztliche Leistungserbringer durch eine Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder ein anderes Großschadensereignis verursachte rechtfertigende Gründe für die Unterschreitung nachweist.

(3) Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen Beschluss nach § 100 Absatz 1 oder 3 getroffen, dürfen für Ärzte der betroffenen Arztgruppe im Verteilungsmaßstab Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung oder -minderung nicht bei der Behandlung von Patienten des betreffenden Planungsbereiches angewendet werden. Darüber hinausgehend hat der Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen vorzusehen, nach der die Kassenärztliche Vereinigung im Einzelfall verpflichtet ist, zu prüfen, ob und in welchem Umfang diese Maßnahme ausreichend ist, die Sicherstellung der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Die Kassenärztliche Vereinigung veröffentlicht einmal jährlich in geeigneter Form Informationen über die Grundsätze und Versorgungsziele des Honorarverteilungsmaßstabs.

(4) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat Vorgaben zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 sowie Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze nach Absatz 2 Satz 3 als Rahmenvorgabe für Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere zu Versorgungszielen, im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu bestimmen. Darüber hinaus hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des Absatzes 2 Satz 1 bis 4 und zur Durchführung geeigneter und neutraler Verfahren zur Honorarbereinigung zu bestimmen; dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen. Die Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben bis spätestens zum 23. Oktober 2015 Richtlinien nach Satz 1 zu beschließen.

(5) Die Regelungen der Absätze 1 bis 4 gelten nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Honorars des Klägers für das Quartal II/2005.

2

Der Kläger ist Arzt für Allgemeinmedizin. Er ist seit 1985 in eigener Praxis im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), der Rechtsnachfolgerin der bis zum 31.12.2004 bestehenden KÄV Nord-Württemberg, vertragsärztlich tätig und nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil. Er begehrt die Neuberechnung seines Honorars für das Quartal II/2005 unter Berufung darauf, dass die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid ergangen sei, unwirksam seien.

3

In dem Honorarbescheid vom 12.10.2005 für das Quartal II/2005 honorierte die Beklagte die Leistungen des Klägers, die sich im Rahmen des sog Punktgrenzzahlvolumens hielten (894.630 Punkte im Primärkassen- und 202.433,4 Punkte im Ersatzkassen-Bereich), mit Punktwerten von 4,1841 Cent (im PK-Bereich) bzw von 3,9835 Cent (im EK-Bereich). Sie vergütete die von ihm über das Punktzahlgrenzvolumen hinaus erbrachten Leistungen (ca 29.000 Punkte im EK-Bereich) mit einem Punktwert von nur 0,4003 Cent. Mit seinem Widerspruch beanstandete er, dass der Honorarverteilungsvertrag (HVV), den die Beklagte und die Krankenkassen (KKn) zum 1.4.2005 vereinbart hatten, entgegen § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(hier anzuwenden in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190) keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte mit festen Punktwerten vorsehe. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück.

4

Das vom Kläger angerufene SG hat die Beklagte verurteilt, über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 27.2.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten - und auch die vom Kläger wegen der Fallzahlzuwachsbegrenzung eingelegte, aber im Revisionsverfahren nicht weitergeführte Anschlussberufung - zurückgewiesen (Urteil vom 29.10.2008). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, die für das Quartal II/2005 erfolgte Honorarverteilung sei rechtswidrig. Die ihr zugrunde liegenden Regelungen des HVV seien weder mit § 85 Abs 4 SGB V noch mit dem Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(DÄ 2004, A 3129) vereinbar. Nach § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V seien Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen, insbesondere arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten seien (Regelleistungsvolumina), und für die Honorierung der Leistungsmengen, die diese Grenzwerte überschritten, seien abgestaffelte Punktwerte vorzusehen. Der Gesetzgeber habe diese Vorgaben, die bis 2003 nur als Soll- bzw Kann-Vorschriften ausgestaltet gewesen seien, seit 2004 zu zwingenden Regelungen ausgeformt. Damit sei der HVV unvereinbar, der für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart der Beklagten den bis zum 31.3.2005 in Nord-Württemberg geltenden Honorarverteilungsmaßstab (HVM) ersetzt habe. Während in diesem HVM feste Punktwerte vorgesehen gewesen seien, sei der ihn ab dem 1.4.2005 ersetzende HVV für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart davon abgerückt. Dieser habe zwar die bisherigen praxisindividuellen Punktzahlobergrenzen beibehalten, sei aber zu einem floatenden Punktwert übergegangen. Die Regelungen des HVV seien auch nicht durch den Beschluss des BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vom 29.10.2004 gerechtfertigt. Dieser Beschluss enthalte in Teil III Nr 3 Vorgaben für die Bildung von RLV und gebe in Nr 2.2 die Möglichkeit, von der Bildung von RLV abzusehen, dies aber nur für den Fall, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt würden, deren Auswirkungen mit den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Diesen Vorgaben entsprächen die Regelungen des HVV über Individualbudgets mit flexiblen Punktwerten nicht. Zudem sei der HVV mit § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V unvereinbar; denn für die über die Mengengrenzen hinausgehenden Leistungen seien keine abgestaffelten, sondern floatende Punktwerte vorgesehen, die sich für jede Fachgruppe aus dem Verhältnis des Vergütungsvolumens von 3 % des ihr zugeordneten Honorarvolumens zu der überschreitenden Punktmenge ergäben. Insoweit liege zudem ein Widerspruch zu der Regelung des BewA in Teil III Nr 3.2.1 vor, nach der eine Abstaffelung erst ab Überschreiten von 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe einsetze. Nach alledem seien die Mindestvoraussetzungen des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V nicht erfüllt, weil der HVV weder arztgruppenspezifische Grenzwerte noch feste Punktwerte noch für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorsehe. Zugleich liege auch keine "Fortführung" bereits vorhandener Steuerungsinstrumente im Sinne des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 in Teil III Nr 2.2 vor, denn die Regelungen des HVV unterschieden sich erheblich von denen des vorherigen HVM. Der Gesichtspunkt, dass der neue HVV die auch dem Gesetz zugrunde liegenden Zielsetzungen verfolge, reiche nicht aus. Die Regelungen des HVV ließen sich schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen, denn auch solche müssten sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens halten.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, dass die Klage schon deshalb von Anfang an als unzulässig oder jedenfalls als unbegründet angesehen werden müsse, weil das Klageziel, die korrekte Umsetzung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V, für das Quartal II/2005 nicht mehr erreicht werden könne. Diese Bestimmungen seien zum einen auf die Gewährung von Kalkulationssicherheit für die Ärzte gerichtet, indem ihnen durch stabile Punktwerte ermöglicht werde, ihr zu erwartendes vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen, und zum anderen darauf, den Honorierungsumfang ausreichend flexibel zu halten zur Einhaltung des begrenzten Gesamtvergütungsvolumens. Rückwirkend seien diese Ziele nicht mehr erreichbar. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage komme auch nicht in Betracht, da keine Wiederholungsgefahr bestehe, weil die in Streit stehende Problematik seit 2009 keine Relevanz mehr habe.

Die Klage könne auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die von SG und LSG beanstandeten Bestimmungen des HVV rechtmäßig seien. Diese stellten im Sinne des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 (Teil III Nr 2.2) die Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente dar. Diese Übergangsvorschrift decke nach ihrem Sinngehalt alle Honorarverteilungsregelungen, die auf gleiche Auswirkungen wie die RLV gerichtet seien. Sie dürfe nicht eng ausgelegt werden; bei deren Auslegung seien vielmehr die damals zahlreichen Umwälzungen zu berücksichtigen wie das Inkrafttreten des neuen EBM-Ä zum 1.4.2005 - mit völliger Ungewissheit, welche Leistungs- und Punktmengen nun zur Abrechnung kämen - und die Planung eines neuen Vergütungssystems - die allerdings letztlich erst zum 1.1.2009 realisiert worden sei - sowie speziell in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Schaffung je einer gemeinsamen KÄV zum 1.1.2005. Vor diesem Hintergrund seien aus der Sicht des BewA und des Gesetzgebers auch floatende Punktwerte tolerabel gewesen, sofern deren Auswirkungen denen der in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V ausdrücklich genannten Instrumente vergleichbar seien. Dies sei bei dem hier anzuwendenden HVV der Fall gewesen, den die KÄV und die KKn zum 1.4.2005 für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart vereinbart hätten; dieser HVV sei entsprechend den Zielsetzungen des § 85 Abs 4 SGB V auf Kalkulationssicherheit, Verhinderung unangemessener Leistungsausweitung und Honorargerechtigkeit gerichtet gewesen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29.10.2008 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.2.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Der Kläger verteidigt das Urteil des LSG gegenüber den Angriffen der Beklagten. Der Einwand, die Zielsetzungen des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V könnten nach Ablauf des Quartals II/2005 ohnehin nicht mehr erreicht werden, stehe dem Anspruch auf einen korrekten Honorarbescheid auf fehlerfreier normativer Grundlage nicht entgegen. Für diesen Anspruch reiche die Aussicht aus, aufgrund einer Neuregelung möglicherweise nachträglich höheres Honorar zugesprochen zu erhalten. Jede andere Ansicht sei unvereinbar mit Art 19 Abs 4 GG. Inhaltlich sei der damalige HVV mit den Anforderungen des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V unvereinbar. Dessen Vorgaben - arztgruppenspezifische Grenzwerte, feste Punktwerte und für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte - seien verbindlich. Die Abweichung hiervon lasse sich nicht damit rechtfertigen, die Beklagte habe die Auswirkungen des neuen EBM-Ä 2005 nicht präzise genug einschätzen können. Die Abweichung sei auch nicht durch den Beschluss des BewA vom 29.10.2004 gedeckt. Dieser habe schon nicht wirksam zur Freistellung von den zwingenden Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V ermächtigen können, auch nicht für eine Übergangszeit. Aber auch wenn man dies anders sähe, sei der HVV von der Übergangsvorschrift nicht gedeckt. Denn eine Fortführung schon bisher vorhandener Steuerungsinstrumente liege nicht vor. Das Konzept des vorangegangenen HVM der KÄV Nord-Württemberg sei durch den HVV gerade nicht fortgeführt worden. Die Argumentation der Beklagten, die Vorgabe fester Punktwerte hätte sich überhaupt nicht realisieren lassen, sei im Übrigen unzutreffend, wie die Verteilungsregelungen anderer KÄVen gezeigt hätten, die feste Punktwerte vorgesehen hätten. Schließlich ergebe sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn dieser legitimiere nicht zu einer Gestaltung der Honorarverteilung, die sich von vornherein erkennbar nicht innerhalb der Ermächtigungsgrundlage halte.

9

Der zu 1. beigeladene Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt sich - ohne einen ei-genen Antrag zu stellen - den Ausführungen der Revisionsführerin an. Insbesondere habe der BewA die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 schaffen dürfen, und Individualbudgets, wie der HVV sie vorgesehen habe, stellten durchaus vergleichbare Steuerungsinstrumente dar.

10

Die zu 2. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung macht - ebenfalls ohne eigenen Antrag - geltend, dass der HVV zwar von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V abweiche, dies aber durch die Übergangsregelung des BewA vom 29.10.2004 gedeckt sei. Diese lasse eine Vielzahl von Honorarverteilungsmodellen zu. Für einen arztgruppenspezifischen Grenzwert reiche es aus, wenn sich im Sinne des Beschlusses des BewA in Teil III Nr 3 aus arztgruppeneinheitlichen Fallpunktzahlen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte errechnen ließen. Dies sei dahin weiterzuführen, dass es auch zulässig sei, zur Mengenbegrenzung und Kalkulationssicherheit von vornherein den Praxen individuelle Volumina vorzugeben, wie dies in dem HVV geschehen sei. Auch die Honorierung der über diese Mengengrenzen hinausgehenden Leistungen sei nicht zu beanstanden, denn der HVV sehe für jede Leistung noch eine, wenn auch geringe, Vergütung vor. Dies genüge für eine abgestaffelten Vergütung gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V. Das Ergebnis - die Vereinbarkeit mit § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V bzw jedenfalls mit der Übergangsregelung des BewA vom 29.10.2004 - sei schließlich auch im Hinblick darauf angemessen, dass die KÄVen 2004/2005 erhebliche Schwierigkeiten hätten bewältigen müssen wie insbesondere das Inkrafttreten des neuen EBM-Ä zum 1.4.2005 und speziell in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zudem die Zusammenführung von vier KÄVen zu einer KÄV.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das SG und das LSG haben zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal II/2005 zu entscheiden hat, weil die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid erging, unwirksam waren.

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Einem Klageerfolg steht entgegen der Ansicht der revisionsführenden Beklagten nicht entgegen, dass das Klageziel, die korrekte Umsetzung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V(anzuwenden in der Fassung des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 - Satz 7 und 8 sind seitdem nicht verändert worden), für das abgelaufene Quartal II/2005 nicht mehr erreicht werden könne. Zwar kann eine neu zu konzipierende Honorarverteilungsregelung keine Steuerungswirkungen mehr für die Leistungserbringung in diesem Quartal erzielen. Indessen ist dies nicht entscheidend. Vom Streitgegenstand her kommt es maßgebend darauf an, ob der Honorarbescheid für das Quartal II/2005 rechtmäßig ist, was voraussetzt, dass die ihm zugrunde liegenden Honorarverteilungsregelungen wirksam waren. Diese Frage kann im vorliegenden Verfahren entschieden werden. Erweist sich der HVV als rechtswidrig, so muss die Honorarverteilung neu geregelt werden, auch wenn die neue Honorarverteilung die mit solchen Regelungen an sich verbundenen Steuerungsziele nicht mehr realisieren kann.

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SG und LSG haben die Beklagte zu Recht zu erneuter Entscheidung über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal II/2005 verpflichtet; denn dem Honorarbescheid fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid erging, verstoßen gegen höherrangiges Recht. Der HVV, den die Beklagte und die KKn mit Wirkung ab dem 1.4.2005 für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart vereinbart hatten, entsprach nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(unten 1.). Er erfüllte auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 (DÄ 2004, A 3129) (unten 2.). Diese Regelung ist - entgegen der Ansicht des Klägers - von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz iVm Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V gedeckt(unten 2.a). Den Vorgaben des BewA entsprachen die vom Kläger beanstandeten Bestimmungen des HVV allerdings nicht (unten 2.b).

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1. Die Regelungen des HVV waren nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V vereinbar. Nach dieser Bestimmung sind in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)." Kernpunkt dieser Bestimmung sind zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, - und gemäß aaO Satz 8 kommt hinzu, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen sind.

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Von den beiden Vorgaben - arztgruppenspezifische Grenzwerte und feste Punktwerte sowie für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte - kommt besonderes Gewicht den festen Punktwerten zu. Dies ergibt sich aus dem Ziel der Regelung, den Ärzten Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen zu geben (vgl die Begründungen zum Gesetzentwurf vom 16.6.2003, BT-Drucks 15/1170 S 79, und vom 8.9.2003, BT-Drucks 15/1525 S 101). Für das hiermit bezeichnete Ziel, stabile Punktwerte zu gewährleisten und den Ärzten dadurch zu ermöglichen, ihr zu erwartendes vertragsärztliches Honorar sicherer abzuschätzen (vgl BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 12), stellt das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) eine zentrale und strikte Vorgabe dar. Bei dem Begriff "feste Punktwerte" ist kein Spielraum denkbar. Nicht im selben Maße strikt ist die Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte": Dies muss nicht als arztgruppen"einheitliche" Festlegung ausgelegt werden in dem Sinne, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr kann dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung genügen, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den Fallpunktzahlen vorgibt, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsieht und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führt (so im Übrigen die Regelung in Teil III Nr 3 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004). Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V hat der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften(Satz 6: "… soll sicherstellen …" und Satz 7: "Insbesondere kann …" sowie Satz 8: "… kann …") zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hat ("… hat … vorzusehen" und "… sind … festzulegen …" sowie "… ist vorzusehen …"). Diese Änderung wird in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170 S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften.

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Von den beiden Elementen des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V - arztgruppenspezifische Grenzwerte und feste Punktwerte - wich der HVV ab, den die Beklagte und die KKn mit Wirkung ab dem 1.4.2005 für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart vereinbart hatten. Nach den Regelungen dieses HVV errechnete sich, wie im Urteil des LSG gemäß seiner Zuständigkeit für die Feststellung des Inhalts von Landesrecht ausgeführt ist (vgl § 162 SGG und dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 27 mwN), der Punktwert für den einzelnen Arzt aus dem Honorarvolumen für die Arztgruppe dividiert durch die Summe der den Ärzten der Gruppe zuerkannten Punktzahlen. Somit hing dessen Höhe, wie das LSG weiter ausführt, davon ab, wie sich das Verhältnis zwischen dem Honorarvolumen für die Arztgruppe zu der Summe der den Ärzten der Gruppe zuerkannten Punktzahlen verhielt: Je nach dem, ob diese von den Ärzten abgerechnete Punktmenge größer oder kleiner war, errechnete sich ein geringerer oder höherer Punktwert. Somit war ein sog floatender Punktwert vorgegeben. Dies stand in Widerspruch zu der Vorgabe fester Punktwerte in der Regelung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V.

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Das LSG hat zudem festgestellt, dass im HVV auch arztgruppenspezifische Festlegungen fehlen. Das Merkmal arztgruppenspezifischer Grenzwerte (§ 85 Abs 4 Satz 7 SGB V) erfordert, dass in die Regelung jedenfalls auch ein Element arztgruppeneinheitlicher Festlegung einfließt. Hierfür reicht nicht aus, dass jeder Arztgruppe ein gemeinschaftliches Honorarkontingent (sog Honorartopf) zugeordnet ist. Vielmehr müsste die Regelung zB jedenfalls auf arztgruppeneinheitlichen Fallpunktzahlen aufbauen (vgl oben RdNr 15). Die Regelung des HVV ist indessen nach den Feststellungen des LSG so gestaltet, dass die zu vergütenden Punktzahlvolumina nach den individuellen Punktzahlvolumina vergangener Zeiträume bemessen werden (im Sinne sog Individualbudgets, - nach den Feststellungen des LSG im Wege der Anknüpfung an die Punktzahlen des Jahres 2002), und deren Honorierung erfolgt flexibel nach Maßgabe des der Arztgruppe zugeordneten Honorarvolumens (dh im Sinne floatender Punktwerte).

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Ob der HVV dieselben Ziele wie die Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V verfolgt, ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann nicht den Mangel ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V erforderlichen Regelungen - feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte - fehlt.

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2. Die Bestimmungen des HVV können auch nicht aufgrund der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 Geltung beanspruchen. Zwar ist diese Regelung wirksam; der BewA hat sie entgegen der Ansicht des Klägers aufgrund der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz iVm Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V normieren dürfen. Aber die in ihr festgelegte Voraussetzung, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt werden müssen, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, ist nicht erfüllt.

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a) Der Ansicht des Klägers, die Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 sei nicht von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz iVm Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V gedeckt, trifft nicht zu. Diese Ansicht verkennt, dass dem BewA bei der ihm übertragenen Aufgabe der Konkretisierung des Inhalts der gemäß § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V zu treffenden Regelungen Gestaltungsfreiheit eingeräumt ist(hierzu siehe bereits oben RdNr 15; vgl weiterhin BSG, Urteil vom 3.2.2009 - B 6 KA 31/08 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

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Welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen. Sinn dieser Ermächtigung war und ist es, dass der BewA den Weg zur Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V vorzeichnet. Bei der Auslegung der Ermächtigung ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre, eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Nicht hinnehmbar wäre es indessen, zu gestatten, dass sich eine Honorarverteilungsregelung gegenüber der bisherigen - sei es auch nur vorübergehend - weiter von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V entfernt.

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Diesen Anforderungen wurde die Übergangsvorschrift in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht. Nach dem Wortlaut der Ermächtigungsvorschrift war es gestattet, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, fortgeführt werden. Ob bzw inwieweit im Rahmen einer "Fortführung" bisheriger Honorarverteilungsregelungen auch der Austausch einzelner Bestimmungen zulässig ist, bedarf hier keiner näheren Erörterung. Jedenfalls dürften etwaige Änderungen mit Blick auf die dargestellte Zielsetzung der Annäherung an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V nicht von diesen Vorgaben wegführen. Dies wäre nicht mehr von der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 gedeckt.

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b) Der so auszulegenden Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 entsprachen die vom Kläger beanstandeten Bestimmungen des HVV nicht. Eine Fortführung bereits vorhandener Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, war nicht gegeben.

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Die bis zum 31.3.2005 geltenden Honorarverteilungsbestimmungen im Bereich der früheren KÄV Nord-Württemberg enthielten, wie im Urteil des LSG gemäß seiner Zuständigkeit für die Feststellung des Inhalts von Landesrecht ausgeführt ist (vgl oben RdNr 16), keine Regelung über einen floatenden Punktwert. Andererseits sahen sie auch nicht in jeder Hinsicht für die Honorarbemessung feststehende Grundlagen vor, vielmehr enthielten sie durch das Abstellen auf eine Nettofallpunktzahl und deren Anpassung entsprechend den Veränderungen des Gesamtvergütungsanteils der Arztgruppe auch variable Elemente. Dennoch waren sie dem System, das in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V angelegt ist, näher als die Bestimmungen des HVV, in dem die Beklagte und die KKn für die Leistungen bis zu den individuellen Punktzahlgrenzen floatende Punktwerte vereinbart hatten(vgl oben RdNr 16). Insofern führten die Vorschriften des HVV von der Zielrichtung der Realisierung von RLV weg und waren deshalb nicht von der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA gedeckt.

25

Die Bestimmungen des HVV waren zusätzlich auch deshalb von dieser Übergangsregelung nicht gedeckt, weil sie nicht, wie in ihr vorausgesetzt, bereits vorhandene Steuerungsinstrumente "fortführten". Denn der HVV war insgesamt anders gestaltet, wie sich aus der Darstellung von HVM und HVV im Urteil des LSG ergibt.

26

Das Ergebnis des Fehlens einer Fortführung im Sinne der Übergangsregelung des Teils III. Nr 2.2 des Beschlusses vom 29.10.2004 kann nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil in Baden-Württemberg die bis 2004 bestehenden vier KÄVen zu einer KÄV zusammengeführt werden mussten. Der Erörterung, ob etwa im Zuge einer damit einhergehenden Gesamtvereinheitlichung von vier HVM zu einem neuen HVV das Vorliegen einer Übergangsregelung im Sinne des Teils III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA nach großzügigeren Maßstäben beurteilt werden könnte bzw müsste, bedarf es hier nicht. Denn die Beklagte nahm keine solche Vereinheitlichung vor. Sie und die KKn vereinbarten vielmehr zum 1.4.2005 vier unterschiedliche Honorarverteilungsregelungen, nämlich einen HVV "für den Bereich der Bezirksdirektion Stuttgart der KÄV Baden-Württemberg" und einen weiteren anders gestalteten "für den Bereich der KÄV Baden-Württemberg, Bezirksdirektion Karlsruhe" usw.

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Ferner kann nichts daraus hergeleitet werden, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) die Weiterführung bayerischer Regelungen über Praxis- und Zusatzbudgets nicht beanstandete (vgl BayVBl 2007, 651). Der BayVerfGH hat den HVV der KÄV Bayerns allein am Maßstab des Landesverfassungsrechts überprüft. Er hat nur dessen Vereinbarkeit mit dem Rechtsstaatsprinzip anerkannt, indessen seine Kompatibilität mit dem Beschluss des BewA vom 29.10.2004 nicht geprüft.

28

c) Schließlich lassen sich die Regelungen des HVV auch nicht damit rechtfertigen, dass gemäß Satz 2 der Anlage 1 (zu Teil III des Beschlusses des BewA) im HVV weitere Differenzierungen der Arztgruppen vereinbart werden konnten. Zwar trifft es zu - wie die Beigeladene zu 2. geltend macht -, dass dies unter Umständen (zB bei sehr kleinen Arztgruppen) zu praxisindividuellen Punktwerten führen und somit faktisch den Individualbudgets ähnlich oder vergleichbar sein konnte. Diese Wirkung kann aber nicht ein mit höherrangigen Vorgaben unvereinbares Normenkonzept - wie hier den HVV mit Individualbudgets - legitimieren: Ein rechtswidriges Normenkonzept ist nicht deshalb rechtmäßig, weil rechtskonforme Regelungen möglicherweise in besonders gelagerten Fällen zu letztlich gleich wirkenden Ergebnissen führen könnten.

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d) Im Übrigen lassen sich die Regelungen des HVV auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen. Denn auch eine solche müsste sich jedenfalls insoweit innerhalb des gesetzlichen Rahmens halten, als sie nicht schon von ihrer Struktur her in Widerspruch zu höherrangigen Vorgaben stehen darf (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; siehe zB auch BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; vgl zuletzt BSG, Urteile vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/08 R - RdNr 31 und - B 6 KA 1/09 R - RdNr 23, beide zur Veröffentlichung in BSGE bzw SozR bestimmt). Ein solcher Widerspruch liegt aber vor. Das Fehlen fester Punktwerte ist ein zentrales Element der hier maßgeblichen normativen Vorgaben, wie oben ausgeführt ist (vgl oben RdNr 14 f). In der Abweichung hiervon liegt ein struktureller Mangel, der einen Rückgriff auf den Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung ausschließt.

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3. Sollte es in einigen KÄV-Bezirken aufgrund der Umwälzungen (Inkrafttreten des neuen EBM-Ä zum 1.4.2005 - mit völliger Ungewissheit, welche Leistungs- und Punktmengen nun zur Abrechnung kämen - und speziell in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die zum 1.1.2005 erforderliche Schaffung je einer gemeinsamen KÄV) tatsächlich erhebliche praktische Schwierigkeiten gegeben haben, zum 1.4.2005 rechtmäßige Honorarverteilungsregelungen zu schaffen, so hätte es den KÄVen und dem BewA freigestanden, auf die Schaffung einer großzügigeren Gesetzesregelung hinzuwirken, der erforderlichenfalls hätte Rückwirkung für vergangene Quartale hätte beigemessen werden können. Die gewählte Alternative, ohne eine solche Regelung allein unter Berufung auf die Übergangsregelung des BewA vom Gesetzeskonzept abweichende Honorarverteilungsregelungen zu schaffen, war mit dem höherrangigen Recht nicht vereinbar.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Beklagte die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten Beigeladener ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal II/2005, insbesondere die Rechtmäßigkeit des der Berechnung zugrunde gelegten Honorarverteilungsvertrages (HVV).

2

Die Klägerin ist eine im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Gemeinschaftspraxis, der im streitbefangenen Zeitraum zwei im hausärztlichen Versorgungsbereich tätige Allgemeinmediziner angehörten. Mit Bescheid vom 31.10.2005 setzte die Beklagte das der Klägerin für das Quartal II/2005 zustehende Honorar auf 69 938,75 Euro fest. Dabei vergütete sie die von ihr erbrachten Leistungen nach Maßgabe eines durch den HVV vorgegebenen individuellen Punktzahlvolumens. Die Punktzahlanforderung betrug 1.702.205,0 Punkte und überstieg damit das maximal abrechenbare Punktzahlvolumen (1.227.782,6 Punkte) um 474.422,4 Punkte. Die Fachgruppenquote betrug 78,6800 %, die praxisindividuelle Quote 56,7511 %.

3

Widerspruch und Klage, mit denen die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht hat, HVV und Honorarbescheid seien rechtswidrig, da der HVV entgegen der Gesetzeslage weiterhin die Bildung von Individualbudgets vorgebe, sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 6.4.2006, Urteil des SG vom 25.7.2007). Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter Aufhebung des Honorarbescheides für das Quartal II/2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 über das vertragsärztliche Honorar der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (Urteil des LSG vom 8.9.2010).

4

Zur Begründung hat es ausgeführt, der HVV entspreche nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V und erfülle auch nicht die Voraussetzungen der im Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von Regelleistungsvolumina (RLV) durch die KÄV gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (BRLV - DÄ 2004, A 3129 ff) in dessen Teil III. Nr 2.2 normierten Übergangsregelung. Der ab dem 1.4.2005 geltende HVV genüge diesen Vorgaben insofern nicht, als er wie der zuvor maßgebliche HVV für das Gros der von der Klägerin erbrachten Leistungen ein Individualbudget in Form eines Punktzahlgrenzwerts auf der Basis der Abrechnungswerte der Quartale III/1997 bis II/1998 vorsehe. Nach dem Mechanismus des HVV floate der Punktwert im Ergebnis. Diese Regelungen seien nicht mit dem nach § 85 Abs 4 SGB V vorgegebenen System der RLV vereinbar und stellten auch keine zulässige Ausnahme dar. Sie seien ein Aliud, denn ihnen lägen keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte zugrunde, bis zu denen die Leistungen des Vertragsarztes mit einem festen Punktwert zu vergüten seien. Die umstrittenen Bestimmungen entsprächen auch nicht der Übergangsregelung. Zwar liege eine Fortführung vorheriger Regelungen bzw Steuerungsinstrumente vor, da das Steuerungsinstrument "Individualbudgetierung" ohne grundlegende Änderung aus dem bis zum 31.3.2005 geltenden HVV übernommen worden sei, jedoch habe dieser HVV entgegen der Übergangsvorschrift keine Steuerungsinstrumente enthalten, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V vergleichbar wären.

5

Zwar seien die Ziele der Steuerungsinstrumente "RLV" und "Individualbudgetierung" weitgehend identisch, nämlich dem Arzt eine gewisse Kalkulationssicherheit zu verschaffen, jedoch komme es entscheidend auf die Vergleichbarkeit der Auswirkungen an. Das Steuerungsinstrument "Individualbudget" sei in seinen "Auswirkungen" mit den normativen Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V und damit jenen des RLV nicht vergleichbar. Soweit der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen RLV zugrunde lägen, stehe vor Leistungserbringung fest, wie die jeweilige ärztliche Leistung vergütet werde; demgegenüber bewirke des Steuerungsinstrument Individualbudget lediglich, dass der Vertragsarzt die Höhe des zu erwartenden Honorars sicherer abschätzen könne. Die Fachgruppen-Quote nach dem HVV entspreche dem sich aus der Topfbildung für jede Arztgruppe ergebenden Punktwert und erweise sich daher nur als ein - vom Leistungsverhalten der Arztgruppe abhängiger - Berechnungsfaktor. Da der Vertragsarzt unter der Geltung von RLV angesichts fester Punktwerte grundsätzlich Kenntnis von der Höhe der Vergütung für jede einzelne ärztliche Leistung habe, könne er dort sein Leistungsverhalten, soweit es dem Grunde nach steuerbar sei, situationsadäquat anpassen. Die Auswirkungen seien auch insoweit unterschiedlich, als durch die Individualbudgetierung der Umsatz gesteuert werde, während das RLV-System entscheidend bei den Fallzahlen ansetze. Schließlich lasse sich die Regelung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtfertigen, da sie schon von ihrer Struktur her in Widerspruch zu höherrangigen Vorgaben stehe.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Mit der Einführung der RLV habe allein die Kalkulationssicherheit für den einzelnen Arzt im Vordergrund stehen sollen. Damit orientiere sich die Feststellung der Vergleichbarkeit der Auswirkungen von RLV und Individualbudget daran, ob das Ziel "Kalkulationssicherheit" erreicht sei. Da das LSG dies bejaht habe, sei die Vergleichbarkeit der Auswirkungen beider Steuerungsinstrumente gegeben. Der Vertragsarzt könne unter Geltung beider Steuerungsinstrumente sein Leistungsgeschehen im jeweils aktuellen Abrechnungsquartal ausschließlich über das Punktzahlvolumen anpassen. Ausschließlich der abgerechnete bzw anerkannte Gesamtleistungsbedarf in Punkten führe bei einem Mehr an Leistungsmenge zu einem floatenden individuellen Punktwert (praxisindividuelle Quote). Ebenso wenig könne aber eine Steigerung der Fallzahl im aktuellen Abrechnungsquartal Auswirkungen auf das RLV haben; auch hier sei ausschließlich das Punktzahlvolumen maßgebender Parameter für die tatsächliche Vergütung im RLV.

7

Gedeckelte Gesamtvergütung und feste Vergütungspunktwerte schlössen sich allerdings aus. Mithin könne die Vergleichbarkeit der Auswirkungen der Steuerungsinstrumente auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Steuerung des Leistungsverhaltens erfolge abweichend. Letzteres gelte umso mehr, als die Entwicklung gezeigt habe, dass nicht die gesamte Abrechnung von RLV dirigiert werde, sondern diese vielmehr nur einen Bestandteil des Honorars darstellten. Im Ergebnis sei eine (relative) Kalkulierbarkeit beim Individualbudget und RLV gleichermaßen gegeben.

8

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Fortführung der Individualbudgets den Vorgaben der Übergangsregelung entspreche, sei auf den Empfängerhorizont des Vertragsarztes abzustellen. Erklärte Ziele des Gesetzgebers seien die Etablierung einer Leistungsbeschränkung bei gleichzeitiger Garantie von Kalkulationssicherheit gewesen. Diese gesetzlichen Ziele würden durch die in § 7 HVV normierte Individualbudgetierung für den Adressaten, den Vertragsarzt, mindestens ebenso erreicht, wie sie bei Einführung von RLV im Quartal II/2005 hätten erreicht werden können. Nach Einschätzung der Beklagten hätten diese Ziele sogar ausschließlich bei Fortführung der Individualbudgetierung erreicht werden können, denn die Vertragspartner des HVV seien sich darüber einig gewesen, dass die Transcodierungsliste zur Simulation von Abrechnungsergebnissen nach dem neu zum 1.4.2005 eingeführten Einheitlichen Bewertungsmaßstab keine gesicherte Datenlage ermöglicht habe. Daher seien deutliche Honorarverwerfungen zu erwarten gewesen. Bei beiden Steuerungsinstrumenten könne der Bescheidadressat die Leistungsgrenze erkennen.

9

Die Mengenbegrenzung durch die Individualbudgetierung in Nordrhein habe bundesweit eine der rigidesten Begrenzungsmechanismen dargestellt. Mit den RLV habe der Normgeber nicht eine bloße Beschränkung der Leistung, sondern gleichzeitig eine Ausrichtung des Leistungsverhaltens auf den Kern der arztgruppentypischen Leistungen erreichen wollen. Der Kern der ärztlichen Leistungen zur Versorgung der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten habe durch die gesetzliche Regelung über RLV so weit als möglich geschützt werden sollen. Gerade dieser Gedanke sei auch der Individualbudgetierung immanent.

10

Auch bei RLV werde aus Sicht des Normadressaten der feste Punktwert nur rechnerisch realisiert. Sowohl Individualbudgetierung als auch RLV könnten nur einen festen Punktwert vortäuschen, solange die Gesamtvergütung begrenzt sei und das Leistungsgeschehen durch das Morbiditätsrisiko bestimmt werde. Die streitbefangene HVV-Regelung erfülle auch das Erfordernis, dass sie von der Zielrichtung der RLV nicht wegführe. Es stelle sich die Frage, welches Steuerungsinstrument vergleichbar sei, wenn nicht diese Regelung. Schließlich habe eine Neubescheidung und Neuverteilung des Honorars unter Anwendung von RLV weitreichende Konsequenzen.

11

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8.9.2010 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.7.2007 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Das LSG habe zu Recht festgestellt, dass RLV und Individualbudget hinsichtlich der "Auswirkungen" nicht vergleichbar seien. Im Rahmen eines Individualbudgets habe der Vertragsarzt nur Kenntnis von einer Punktsumme, nicht jedoch von dem Vergütungsbetrag in Euro. Es fehle auch ein arztgruppenspezifischer Grenzwert, denn die Individualbudgets bauten auf ganz unterschiedlichen individuellen Entwicklungen in den Referenzquartalen auf. Der entscheidende Unterschied zwischen Individualbudget und RLV sei, dass die Vergütung im Rahmen des RLV in einem Betrag ausgewiesen werde und vor dem Quartal feststehe, während sich im Rahmen des Individualbudgets die Vergütung erst im Nachhinein und abhängig von der Fachgruppenquote ergebe. Der Punktwert im Rahmen eines Individualbudgets sei floatend; es sei zu keinem Zeitpunkt der kalkulatorische Punktwert von 5,11 Cent gezahlt worden, sondern eine floatende Vergütung zwischen 65 % und 100 %.

14

Die Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

16

Das LSG hat die Beklagte zu Recht zur erneuten Entscheidung über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal II/2005 verpflichtet; denn dem Honorarbescheid fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid erging, verstoßen gegen höherrangiges Recht. Der HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten, entsprach nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(unten 1.). Er erfüllte auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 (DÄ 2004, A 3129) (unten 2.).

17

1. Die Regelungen des HVV waren nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V vereinbar, wie das LSG zutreffend festgestellt hat.

18

a. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V sind in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung sind zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V kommt hinzu, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen sind(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40).

19

Das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) stellt eine zentrale und strikte Vorgabe dar (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40). Nicht im selben Maße strikt ist die Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte": Dies muss nicht als arztgruppen"einheitliche" Festlegung ausgelegt werden in dem Sinne, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr kann dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung genügen, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den Fallpunktzahlen vorgibt, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsieht und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führt (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15). Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V hat der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften(Satz 6: "… soll sicherstellen …" und Satz 7: "Insbesondere kann …" sowie Satz 8: "… kann …") mit Wirkung ab 1.1.2004 zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hat ("… hat … vorzusehen" und "… sind … festzulegen …" sowie "… ist vorzusehen …"). Diese Änderung wird in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170 S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften (BSG aaO RdNr 15 aE).

20

b. Von den beiden Elementen des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V - arztgruppenspezifische Grenzwerte (im Sinne eines RLV) und feste Punktwerte - wich der HVV ab, den die Beklagte und die Verbände der Krankenkassen mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten.

21

Der HVV sah - nach den Ausführungen des LSG gemäß seiner Zuständigkeit für die Feststellung des Inhalts von Landesrecht (vgl § 162 SGG und dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 27 mwN) - ebenso wie der zuvor maßgebende HVV in § 7 Ziff 1 HVV ein Individualbudget in Form eines Punktzahlengrenzwertes für das Gros der vom einzelnen Vertragsarzt erbrachten Leistungen auf der Basis der Abrechnungswerte der Quartale III/1997 bis II/1998 vor. Davon ausgenommen waren Notfall-, Präventions-, Impf-, Methadon- und psychotherapeutische Leistungen, die hausärztliche Grundvergütung, die übrigen Vorwegzahlungen nach § 6 Ziff 3 HVV (zB Fremdkassenausgleich, Dialyse-Kostenerstattungen) sowie bestimmte Labor-Kostenanteile(§ 7 Ziff 1 Abs 3 HVV). Nach dem Mechanismus des HVV wurde der Punktzahlengrenzwert aus den um die vorgenannten Leistungen bereinigten individuellen Honorarumsätzen der Quartale III/1997 bis II/1998 bezogen auf Primär- und Ersatzkassen ermittelt, wovon gemäß § 7 Ziff 1 Abs 4 HVV für die Finanzierung von Neuniederlassungen 3 % abgezogen wurden. Der sich so ergebende Umsatz wurde mit dem Faktor 10 multipliziert. Darüber hinausgehende Leistungen unterlagen einer Kürzung auf das maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen. Die nach Kürzung gemäß § 7 HVV verbleibenden punktzahlbewerteten Leistungen wurden mit einem rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent gemessen an der zur Verfügung stehenden Höhe der Gesamtvergütung bewertet mit der Folge, dass sich quartalsweise eine Fachgruppenquote ergab, die auf das maximal abrechenbare individuelle Punktzahlvolumen anzuwenden war(§ 7 Ziff 2 Abs 1 HVV).

22

Nach den Feststellungen des LSG floatete damit im Ergebnis der Punktwert bzw der vergütete Leistungsbedarf. Dies stand in Widerspruch zu der Vorgabe fester Punktwerte in der Regelung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V. Das LSG hat zudem festgestellt, dass den Regelungen des HVV auch keine arztgruppenspezifischen Grenzwerte im Sinne des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V bzw von RLV im Sinne der Vorgaben des BewA zugrunde liegen. Ob der HVV dieselben Ziele wie die Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V verfolgt, ist nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann nicht den Mangel ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V erforderlichen Regelungen - feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte - fehlt(s schon BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 18).

23

2. Die Bestimmungen des HVV können auch nicht aufgrund der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 BRLV Geltung beanspruchen. Zwar ist diese Übergangsregelung dem Grunde nach von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 4 bis 8 SGB V gedeckt und somit wirksam(siehe hierzu BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 20 ff), doch werden die dort festgelegten Voraussetzungen - Fortführung von Steuerungsinstrumenten, die mit der gesetzlichen Regelung in ihren Auswirkungen vergleichbar sind - nicht erfüllt.

24

a. Anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54)entschiedenen Fall fehlt es allerdings nicht bereits an einer Fortführung bisheriger Steuerungsinstrumente in dem Sinne, dass etwaige Änderungen nicht von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V wegführen dürfen(BSG aaO RdNr 22, 25). Denn nach den Feststellungen des LSG haben die Vertragsparteien den bis zum 31.3.2005 geltenden HVV im Grundsatz nicht verändert, sondern lediglich modifiziert bzw nicht systemrelevant ergänzt. Soweit der Senat im Urteil vom 17.3.2010 (aaO RdNr 22) offengelassen hat, ob der Austausch einzelner Bestimmungen zulässig ist, ergänzt er diese Ausführungen dahingehend, dass einzelne Änderungen des HVV der Annahme einer "Fortführung" nicht entgegenstehen, sofern die wesentlichen Grundzüge des Steuerungsinstruments unverändert bleiben.

25

b. Nach dem Inhalt der maßgeblichen Regelungen des HVV ist - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - nicht erkennbar, dass der fortgeführte HVV den Anforderungen der Übergangsregelung entsprach. Nach Teil III. Nr 2.2 BRLV konnten in einer KÄV zum 31.3.2005 bereits vorhandene Steuerungsinstrumente im Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene für eine Übergangszeit fortgeführt werden, wenn sie "in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind". Die Auswirkungen der fortgeführten Steuerungsinstrumente waren jedoch nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar.

26

aa. Das in der Übergangsregelung normierte Tatbestandsmerkmal der "vergleichbaren Auswirkungen" bedarf der Auslegung bzw Konkretisierung.

27

(1) Bei dieser Auslegung ist zunächst der Umfang der Regelungskompetenz des BewA in den Blick zu nehmen, da er die Grenzen einer ermächtigungskonformen Auslegung bestimmt. Nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V bestimmt der BewA "den Inhalt" der nach § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V zu treffenden Regelungen. Bei der Konkretisierung des Inhalts dieser Regelungen ist dem BewA Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl hierzu BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 20 unter Hinweis auf BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26).

28

Hierzu hat der Senat mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21)ausgeführt: "Welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen. Sinn dieser Ermächtigung war und ist es, dass der BewA den Weg zur Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V vorzeichnet. Bei der Auslegung der Ermächtigung ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre, eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Nicht hinnehmbar wäre es indessen, zu gestatten, dass sich eine Honorarverteilungsregelung gegenüber der bisherigen - sei es auch nur vorübergehend - weiter von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V entfernt." Der Senat hat in der genannten Entscheidung weiter dargelegt, dass die Übergangsvorschrift in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 diesen Anforderungen bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht wurde und es nach dem Wortlaut der Ermächtigungsvorschrift gestattet war, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind, fortgeführt werden(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22).

29

Diese Ausführungen des Senats sind aber nicht in dem Sinne zu verstehen, dass der BewA die KÄVen zu einer - Wortlaut und Intention des Gesetzes entgegenstehenden - beliebigen Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente ermächtigen durfte, auch wenn diese nicht den Mindestanforderungen an eine Vergleichbarkeit der Steuerungsinstrumente entsprechen. Damit ist eine Auslegung der Übergangsvorschrift ausgeschlossen, die faktisch zu einer vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben - überdies für einen weit über eine Übergangsphase hinausgehenden Zeitraum - führen würde.

30

Bereits der Wortlaut der in § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V getroffenen Regelung zielt auf eine Inhaltsbestimmung im Sinne einer "Konkretisierung" und nicht einer (auch nicht vorübergehenden) "Suspendierung" der gesetzlichen Vorgaben ab. Dies gilt umso mehr, als dem Wortlaut der in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V in ihren Grundzügen vorgegebenen Regelungen, deren Inhalt der BewA zu bestimmen hat, nur bei eher weiter Auslegung entnommen werden kann, dass auch die Normierung von Übergangsregelungen vorgesehen ist. Unabhängig davon ist ein dahingehender Wille des Gesetzgebers, dass die nähere Ausgestaltung des Inhalts der Regelungen durch den Bewertungsausschuss auch eine großzügige Übergangslösung bis hin zu einer - zeitlich nicht klar befristeten - vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben umfassen sollte, nicht erkennbar. Auch der dem BewA zustehende Gestaltungsspielraum (vgl hierzu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26 ua) berechtigt diesen nicht dazu, gesetzliche Regelungen faktisch weitgehend leerlaufen zu lassen, da ein Gestaltungsspielraum untergesetzlicher Normgeber nur innerhalb der ihnen erteilten Normsetzungsermächtigung besteht. Nichts anderes gilt schließlich für die Aussage des Senats, dass dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(vgl BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 52). Ziel der zulässigen Übergangsregelung ist nämlich die "Annäherung" an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22). Dies setzt entweder voraus, dass die zu prüfende Honorarverteilungsregelung dem gesetzlichen Ziel deutlich näher steht als die Vorgängerregelung, oder, dass die Regelung bereits - ohne dass es einer Änderung bedurfte - eine ausreichende Nähe zu den gesetzlichen Vorgaben besitzt.

31

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen vergleichbare Zielsetzungen "vergleichbaren Auswirkungen" nicht gleich. Zum einen stellt die Übergangsregelung nach ihrem klaren Wortlaut nicht auf vergleichbare Ziele, sondern auf vergleichbare Auswirkungen ab. Zum anderen steht einer maßgeblichen Berücksichtigung vergleichbarer Zielsetzungen entgegen, dass die Ziele der hier in Rede stehenden gesetzlichen Regelung derart allgemein gefasst sind, dass sie den Zielen einer Vielzahl anderer Regelungen entsprechen. Durch die Vorgabe von RLV soll erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird; durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl Begründung zum Gesetzentwurf-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h Doppelbuchst cc = § 85 SGB V; dies entspricht im Wesentlichen der ursprünglichen Begründung bei Einfügung der Norm durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz , vgl Ausschussbericht zum GKV-SolG, BT-Drucks 14/157 S 34 zu Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc).

32

Das Ziel, den Vertragsärzten Kalkulationssicherheit zu geben, charakterisiert (und rechtfertigt) jedoch unter der Geltung einer Budgetierung der Gesamtvergütungen jegliche Form von Honorarbegrenzungsregelungen (vgl zu Individualbudgets: BSGE 83, 52, 56 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 29; zu Praxisbudgets: BSGE 86, 16, 17 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 116 sowie BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 26; zu Teilbudgets: BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R - RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zu Fallzahlzuwachs-Begrenzungsregelungen: BSGE 89, 173, 182 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 378; zu progressiven Honorareinbehalten: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 14; zu Richtgrößen- und Umsatzregelungen: BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 28 ff; zur Vorgabe gleich hoher Budgets für alle (Zahn-)Ärzte: BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24). Würde man daher (allein) auf eine vergleichbare Zielsetzung abstellen, hätte die Übergangsregelung des BRLV eine (nahezu) uneingeschränkte Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente in den Honorarverteilungsregelungen ermöglicht.

33

Schon mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 18)hatte der Senat ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die vorhandene Regelung dieselben Ziele wie § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V verfolge; allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung könne nicht den Mangel ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V erforderlichen Regelungen - feste Punktwerte und arztgruppenspezifische Grenzwerte - fehle. Diese Ausführungen betreffen zwar die Frage, ob der HVV die gesetzlichen Vorgaben eingehalten hat, lassen sich jedoch auch auf die Prüfung übertragen, ob die Vorgaben der Übergangsregelung eingehalten worden sind. Denn wenn eine ggf gleichwertige Zielsetzung nicht das Fehlen wesentlicher Bestandteile der Regelung ersetzen kann, ist sie auch nicht geeignet, die Vergleichbarkeit verschiedener Regelungen zu belegen.

34

(3) Die somit allein als Prüfungs- bzw Vergleichsmaßstab heranzuziehenden konkreten "Auswirkungen" der honorarbegrenzenden Regelungen des HVV der Beklagten waren mit den "Auswirkungen" der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V nicht vergleichbar. Wie bereits oben (unter 1.a.) dargelegt, sind deren Kernpunkte die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte sowie fester Punktwerte, nebst abgestaffelter Punktwerte für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen. Wesentliche "Auswirkung" der gesetzlichen Regelung ist mithin, dass ein definiertes RLV gebildet wird, innerhalb dessen die erbrachten Leistungen mit einem festen Punktwert vergütet werden.

35

(a) An einer hinreichenden Vergleichbarkeit der "Auswirkungen" fehlt es in Bezug auf den vorliegend maßgeblichen HVV schon deswegen, weil dort der Grenzwert bzw das Vergütungsvolumen nicht anhand arztgruppenspezifischer (Durchschnitts-)Werte bestimmt wird, sondern ihm - im Sinne eines klassischen Individualbudgets - arztindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen zugrunde liegen. § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V setzt jedoch ein RLV voraus, das auf arztgruppendurchschnittlichen Werten beruhen muss; diesem strukturell vergleichbare Auswirkungen haben nur Grenzwerte, die ebenfalls auf Durchschnittswerten beruhen. Dies ist eine Mindestvoraussetzung der Vergleichbarkeit; ihr Fehlen führt zur Rechtswidrigkeit der HVV-Regelung.

36

Der Gesetzgeber ist mit der Vorgabe arztgruppenspezifischer Grenzwerte erkennbar von der in den KÄVen weit verbreiteten und von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligten Praxis abgewichen, Honorarbegrenzungsregelungen in Form von Individualbudgets zu normieren. Dass es sich bei der arztgruppenbezogenen Bestimmung des Grenzwerts bzw des Vergütungsvolumens um eine grundlegende Richtungsentscheidung des Gesetzgebers handelt, zeigt sich zudem daran, dass auch für die vom 1.1.2009 bis 31.12.2011 geltenden RLV die Werte nach Arztgruppen festzulegen waren (§ 87b Abs 3 Satz 1 SGB V). Arztgruppenspezifische Werte liegen weiterhin den Richtgrößen im Arzneimittelbereich (vgl § 84 Abs 6 Satz 1 SGB V) und letztlich auch der Degressionsregelung im vertragszahnärztlichen Bereich (vgl § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V) zugrunde.

37

Hinzu kommt, dass es für die vom Gesetzgeber mit der Einführung von RLV - neben dem Aspekt der Kalkulationssicherheit - verfolgten Ziele der Berücksichtigung von Kostendegression und Mengenbegrenzung sehr wohl von Bedeutung ist, anhand welcher Kriterien der maßgebliche Grenzwert bzw das "privilegierte" Vergütungsvolumen bestimmt wird. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten - und damit im Ergebnis schon durch die Bestimmung des hierfür maßgeblichen Grenzwerts - soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl Begründung zum Gesetzentwurf-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h Doppelbuchst cc = § 85 SGB V). Im Hinblick auf diese Ziele ist es sehr wohl von Bedeutung, ob zur Bestimmung des "privilegierten" Vergütungsvolumens arztgruppenspezifische Durchschnittswerte herangezogen werden oder ob diesem das - ggf "übermäßige" - individuelle Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes in der Vergangenheit zugrunde gelegt wird. Es liegt auf der Hand, dass sich das Ziel einer Mengenbegrenzung sachgerechter anhand von arztgruppenspezifischen Durchschnittswerten als durch eine Fortschreibung vorhandener Besitzstände erreichen lässt. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass Durchschnittswerte den Versorgungsbedarf der Versicherten zuverlässiger widerspiegeln als arztindividuelle Werte.

38

Der erkennende Senat hat bereits in seinen Urteilen zum Hessischen HVV eine auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelte Honorarverteilung (die in Hessen bis I/2005 galt) als eine Regelungsstruktur bezeichnet, deren Auswirkungen nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 21 ff). Auch in seinen Urteilen vom 18.8.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 39 ua)hat er ausgeführt, dass ohne normative Grundlage die ggf mit der Einführung von RLV für die Vertragsärzte verbundenen Vorteile nicht so begrenzt werden dürften, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichten Vergütungen - zur Anwendung kommen; konkret hat der Senat beanstandet, dass ungeachtet der in Hessen formal bestehenden RLV mit festen Punktwerten als Folge der korrigierenden Ausgleichsregelung die abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar waren (aaO RdNr 42).

39

(b) Da bereits die arztindividuelle Bezogenheit des Vergütungsvolumens im HVV einer Vergleichbarkeit der Auswirkungen entgegensteht, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob eine Vergleichbarkeit der Auswirkungen zumindest hinsichtlich der Vorgabe fester Punktwerte gegeben ist. Das ist jedenfalls entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von vornherein ausgeschlossen.

40

Die HVV-Regelung setzt nicht beim Preis, sondern bei der Menge der mit festen Preisen vergüteten Leistungen an, indem sie zwar für einen bestimmten Teil der erbrachten Leistungen einen festen Punktwert von 5,11 Cent garantiert, das derart vergütete Punktzahlvolumen allerdings mit der Quote der Fachgruppe in Prozent multipliziert und damit - im Regelfall - faktisch reduziert. Die in § 7 Ziff 2 HVV geregelte Fachgruppen-Quote entspricht dem prozentualen Anteil der Leistungen, die tatsächlich aus den zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen mit einem Punktwert von 5,11 Cent vergütet werden können. Zwar ließe sich einwenden, dass diese Fachgruppen-Quote (spiegelbildlich) dazu führt, dass es an der Vorgabe eines festen Punktwerts fehlt, weil der angegebene rechnerische Punktwert von 5,11 Cent durch seine Bindung an das Gesamtvergütungsvolumen und die Bildung einer Fachgruppen-Quote relativiert wird und sich die Quotierung faktisch so auswirkt, als würde der Punktwert floaten (vgl dazu bereits BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 411). Wirtschaftlich macht es für den Vertragsarzt keinen Unterschied, ob er seine Leistungen vollständig vergütet erhält, aber der Preis von der Menge der insgesamt abgerechneten Leistungen abhängig ist, oder ob ihm feste Preise zugesichert werden, dies aber nur für eine erst im Nachhinein feststehende Menge gilt. Allerdings macht die Beklagte zu Recht geltend, dass die Festlegung "absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen ist. Denn bei gedeckelter Gesamtvergütung wird die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dass dies zu Lasten der "freien Leistungen" geht. So hat auch der Senat eingeräumt, dass ein gewisses Floaten der Punktwerte nicht zu vermeiden ist, das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung vielmehr eine Quotierung voraussetze (BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16).

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 28.11.2006 (idF des Bescheides vom 6.8.2007) setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar des Klägers für das Quartal IV/2005 fest. Dabei wandte sie ihren Honorarverteilungsvertrag (HVV) an, welcher zeitgleich mit dem neu gefassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zum 1.4.2005 in Kraft getreten war. Dieser HVV enthielt ua in Ziffer 7.5 eine "Regelung zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus". Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruchs der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 (beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen). Zeigte der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder -erhöhung von jeweils mehr als 5 %, so erfolgte eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % (Ziffer 7.5.1 HVV). Zudem sah Ziffer 6.3 HVV eine Vergütung der Leistungen innerhalb von Regelleistungsvolumina (RLV) vor: Dies betraf auch die vom Kläger erbrachten Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Unter Anwendung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV gelangte die Beklagte zu einem Korrekturbetrag von 25,6758 Euro je Fall; hieraus resultierte für das Quartal IV/2005 - bei 321 Fällen - eine Honorarkürzung in Höhe von 8241,92 Euro.

3

Während der Widerspruch des Klägers erfolglos blieb, hat das SG auf seine Klage die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides zur Neubescheidung nach Maßgabe seiner - des SG - Rechtsauffassung verpflichtet (Urteil des SG vom 24.9.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 24.6.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Honorarbescheid sei zunächst insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die nicht dem RLV unterliegenden Leistungen, wie etwa das Aufsuchen eines Kranken durch den Anästhesiologen (Nr 05230 EBM-Ä), entgegen den Vorgaben in Teil III 4.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 (nachfolgend als BRLV bezeichnet) innerhalb des RLV vergütet habe. Den vom BewA gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 7 SGB V zu beschließenden bundeseinheitlichen Vorgaben komme im Falle divergenter Regelungen der Vorrang zu. Die Vertragspartner des HVV seien hieran in der Weise gebunden, dass sie rechtswirksam keine abweichenden Regelungen treffen könnten. Zu den in Teil III 4.1 BRLV aufgeführten Leistungen, die nicht den RLV unterlägen, gehörten auch die streitgegenständlichen. Die Herausnahme bestimmter Leistungen aus den RLV durch den BRLV sei mit höherrangigem Recht vereinbar. RLV seien nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit für mengenbegrenzende Regelungen, wie sich aus der einleitenden Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V ergebe. Der BewA habe auch den Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Honorarverteilung Rechnung zu tragen. Daher sei er nicht verpflichtet gewesen, alle Leistungen dem RLV zu unterwerfen.

4

Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2005 sei auch insoweit rechtswidrig, als eine auf Ziffer 7.5 HVV gestützte Honorarkürzung erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen zwingende Vorgaben des BRLV und sei nicht durch die Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs 4 SGB V iVm Art 12 GG gedeckt. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 85 Abs 4 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sei die Gestaltungsfreiheit der KÄVen und ihrer Vertragspartner bei der Honorarverteilung nunmehr insoweit eingeschränkt, als RLV nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und eine Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten für alle HVV verbindlich vorgegeben worden seien. Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung sei nicht mit dem in § 85 Abs 4 SGB V idF des GMG sowie im BRLV als Teil des HVV verbindlich vorgegebenen System der RLV vereinbar und stelle auch keine zulässige Ergänzung dieses Systems dar. Zum einen bewirke die Regelung für die von Kürzungen betroffenen Praxen praktisch eine Vergütung nach einem praxisindividuellen Individualbudget; Individualbudgets seien jedoch mit dem System der RLV nicht vereinbar. Zum anderen sei eine Honorarverteilungsregelung, durch die der Honoraranspruch bei Praxen mit hohem Fallwert vermindert werde, wegen des alleinigen Anknüpfens an den Fallwert durch § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt. Auch § 85 Abs 4 Satz 6 SGB V biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass von besonders ertragreichen Praxen ein bestimmter Übermaßbetrag abgezogen und anderen Praxen zugewiesen werde; vielmehr solle durch die gesetzliche Vorgabe bereits das Entstehen solcher Übermaßbeträge durch übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes verhindert werden.

5

Die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Honorarkürzung entspreche auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Berufsausübungsregelung. So könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein erheblich über dem Durchschnitt liegender Fallwert ein Indiz dafür sei, dass der betreffende Arzt seine Leistungen über das medizinisch Erforderliche hinaus ausgedehnt habe. Das ausschließliche Anknüpfen an die Höhe der durchschnittlichen Vergütung pro Behandlungsfall führe auch zu einer Stützung von Praxen mit hoher Fallzahl, sofern die Punktzahl je Behandlungsfall unter dem Durchschnitt der Fachgruppe gelegen habe, und umgekehrt zu weiteren Honorarbegrenzungen bei Praxen mit geringer Fallzahl, bei denen der Fallwert wegen Spezialisierung über dem Durchschnittswert gelegen habe, ungeachtet der möglicherweise schlechteren Ertragssituation. Zudem griffen derartige Regelungen in den freien Wettbewerb zwischen den Ärzten ein. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den "Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2009" (DÄ 2009, A 308 f; nachfolgend als "Beschluss vom 15.1.2009" bezeichnet) berufen, wonach die KÄVen und die Krankenkassenverbände im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase" eine schrittweise Anpassung der RLV beschließen könnten, denn der Beschluss sei weder im Hinblick auf seinen Geltungszeitraum noch inhaltlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Die Regelung könne schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung Geltung beanspruchen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Die Einbeziehung der Leistung nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei vielmehr die Vorgabe in Teil III 4.1 BRLV, bestimmte Leistungen nicht dem RLV zu unterwerfen. Der BewA sei zwar gesetzlich ermächtigt, mengensteuernde Maßnahmen, insbesondere RLV, einzuführen, nicht jedoch dazu, zwischen Leistungen zu differenzieren, die dem RLV unterfielen bzw nicht unterfielen. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V seien für sämtliche vertragsärztlichen Leistungen arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen; einzige Ausnahme stellten Leistungen dar, die keiner Mengenausweitung zugänglich seien. Diese Sichtweise lege auch die Regel-Ausnahme-Systematik des SGB V nahe, da das Gesetz selbst Ausnahmen vorsehe, wenn es Leistungen nicht den Maßgaben der budgetierten Gesamtvergütung unterwerfe. Die streitgegenständliche Nr 05230 EBM-Ä sei als typische Begleitleistung zu anderen ärztlichen Leistungen zumindest mittelbar der Mengenausweitung zugänglich. § 85 Abs 4a SGB V enthalte keine Ermächtigung des BewA zur Förderung bestimmter Leistungen im Wege der Konstituierung von Ausnahmen zu Mengenbegrenzungsregelungen.

7

Sie - die Beklagte - sei auch nicht zur ausnahmslosen Umsetzung der im BRLV enthaltenen Vorgaben verpflichtet gewesen, weil der Beschluss in seinem Teil III 2.2 den KÄVen die Möglichkeit eröffne, andere Steuerungsinstrumente anzuwenden, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Dies sei, wie noch ausgeführt werde, bei ihr der Fall gewesen. Im Übrigen stellten die Regelungen im BRLV lediglich Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen Vorgaben dar, da der Beschluss den Vertragspartnern des HVV Handlungsspielräume eröffne. Schließlich sei die Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in das RLV zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt. Der ihr - der Beklagten - eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum werde obsolet, wenn sie trotz zahlreicher Abweichungsklauseln und Neuregelungen derart konkret gebunden wäre, dass sie bestimmte Leistungen vom RLV auszunehmen hätte.

8

Auch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV sei rechtmäßig; insbesondere verstoße sie nicht gegen zwingende Vorgaben des BewA. Dies werde durch den Beschluss des BewA vom 15.1.2009 bestätigt, der den Partnern der Gesamtverträge die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines sogenannten Konvergenzverfahrens eine schrittweise Anpassung des RLV zu beschließen und prozentuale Grenzwerte für die Höhe der Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresquartal festzustellen, sofern durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik Honorarverluste begründet worden seien. Dass der Beschluss für die Konvergenzphase einen Zeitraum vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 vorsehe, stehe einer Anwendung auch für den Zeitraum ab dem Quartal II/2005 nicht entgegen, da Sinn und Zweck einer solchen Konvergenzphase die schrittweise Anpassung der vertragsärztlichen Vergütung an die RLV sei. Inhaltlich gehe es, wie der Beschluss ausdrücklich klarstelle, um die "Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik". Diese Umstellung sei bei ihr - der Beklagten - früher als bei anderen KÄVen bereits im Quartal II/2005 erfolgt. Die Notwendigkeit einer Anpassungs- bzw Übergangsregelung habe daher in ihrem Bereich bereits im Jahr 2005 bestanden und nicht erst - wie bei der Mehrzahl der KÄVen - im Jahr 2009. Es sei rechtmäßig und einzig praktikabel, die Konvergenzphase an dem Zeitpunkt der Einführung der RLV zu orientieren, da eine schrittweise Anpassung nur in diesem Zusammenhang Sinn mache. Es liege für sie - die Beklagte - nahe, dass die aus der neuen Systematik resultierenden Verwerfungen vom BewA zunächst nicht in vollem Umfang bedacht und daher im BRLV nicht geregelt worden seien. Dies stelle eine planwidrige Regelungslücke in den Beschlüssen des BewA dar und spreche für einen von den Vertragspartnern des HVV rechtskonform genutzten Gestaltungsspielraum zur Einführung von Ausgleichsregelungen.

9

Bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV handele es sich nicht um eine Honorarbegrenzungsregelung zum Zwecke der Mengensteuerung, sondern um eine Maßnahme, die die Auswirkungen des zum Quartal II/2005 eingeführten EBM-Ä für bereits bestehende Praxen habe abfedern und den Arztpraxen eine Umstellung auf die neuen Honorarstrukturen habe ermöglichen sollen. Ausgleich und Kürzung dürften nicht losgelöst voneinander betrachtet werden; vielmehr sei eine mit der Ausgleichsregelung verfolgte Vermeidung von Honorarverwerfungen sowohl im Falle eines Ausgleichs als auch im Falle einer Kürzung denkbar. Ein Widerspruch zum Beschluss des BewA könne somit bereits aufgrund unterschiedlicher Regelungsziele nicht vorliegen. Die Ausgleichsregelung sei im Übrigen auch mit den Vorgaben des BRLV vereinbar, denn dieser sehe in Teil III 2.2 für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2005 die Fortführung bereits vorhandener, in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbarer Steuerungsinstrumente vor. Arztgruppenspezifische Grenzwerte auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen genügten diesen Anforderungen, so dass keinesfalls vergleichbare Bestimmungen über eine (abgestaffelte) Regelleistungsvergütung hätten eingeführt werden müssen. Entscheidend sei, dass es sich bei den vor dem 1.4.2005 geltenden Steuerungsinstrumenten um solche gehandelt habe, die in ihren Auswirkungen vergleichbar gewesen seien. Es genüge eine Orientierung am gesetzgeberischen Ziel der Punktwertstabilisierung und Kalkulationssicherheit; einzig diese Zielsetzung sei entscheidend.

10

Des Weiteren sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV - auch soweit Honorarkürzungen vorgesehen seien - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung rechtmäßig. Der Honorarverteilung ab dem Quartal II/2005 hätten aufgrund des Inkrafttretens des EBM-Ä 2005 neue Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen gewesen seien. Dies gelte umso mehr, als zeitgleich die Vorgaben des BRLV betreffend die RLV in Kraft getreten seien. Sie - die Beklagte - sei auch ihrer Verpflichtung zur Beobachtung und ggf Nachbesserung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft dadurch nachgekommen, dass der HVV ab dem 1.4.2007 im Falle von Fallwertveränderungen nur noch eine Honorarstützung vorsehe. Die Ausgleichsregelung sei schließlich bereits dem Grunde nach nicht mit der "Segeberger Wippe" vergleichbar, weil ihr eine gänzlich andere Systematik zugrunde liege; insbesondere stelle sie durch den Rückgriff auf praxisindividuelle Werte in der Vergangenheit keine Subvention dar.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 24. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine zwingende Weisung des Gesetzgebers an den BewA, sämtliche Leistungen den RLV zu unterwerfen, enthalte § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht. Zudem dürfe der BewA nach seiner Aufgabenstellung auch andere als mengensteuernde Gesichtspunkte berücksichtigen. Der Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 betreffe nicht nur einen anderen zeitlichen Geltungsbereich, sondern auch inhaltlich eine vollständig andere rechtliche Situation. Die Ausgleichsregelung wirke honorarbegrenzend und stehe damit in Widerspruch zu § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V. Die Umverteilung des Honorars von Praxen mit höherem Fallwert an solche mit geringerem Fallwert führe zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung, unabhängig davon, ob an den individuellen Fallwert oder an den Fallwertdurchschnitt der Fachgruppe angeknüpft werde.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

15

Das SG und das LSG haben in der Sache zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Honoraranspruch des Klägers zu entscheiden hat. Der Honorarbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV in der hier maßgeblichen, ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung - soweit sie im Streit stehen - unwirksam sind. Dies gilt zum einen für die Regelungen im HVV, die eine Einbeziehung auch solcher Leistungen in das RLV vorsehen, die nach Teil III 4.1 BRLV hiervon ausgenommen sind (1.). Zum anderen betrifft dies die Regelung in Ziffer 7.5 HVV, soweit diese bei der Überschreitung von Fallwertsteigerungsgrenzen Honorarkürzungen vorsieht (2.).

16

1. Die Bestimmungen im HVV, die die Zuordnung zu einem RLV auch für die Leistungen vorsahen, die nach Teil III 4.1 BRLV dem RLV nicht unterliegen, waren mit den im BRLV normierten vorrangigen Vorgaben des BewA nicht vereinbar.

17

a) In den Regelungen des HVV, den die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 vereinbart hatten, wurden die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä den RLV zugeordnet (vgl § 6 HVV betreffend Honorargruppe B 2.1 iVm Anlage zu Ziffer 6.2 HVV).

18

aa) Diese Regelung verstieß gegen die Vorgaben des BewA, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (BRLV - DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. Unter Teil III Nr 4.1 des Beschlusses waren tabellarisch die aus dem Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen aufgeführt, die dem RLV nicht unterlagen. Darin waren unter anderem - unter 5.2 - die Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä aufgeführt ("Aufsuchen eines Kranken durch Anästhesiologen").

19

bb) Diese Regelungen des BewA gehen denjenigen des HVV vor, wie der Senat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53) entschieden hat. Dies folgt daraus, dass in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V vorgesehen ist, dass "der Bewertungsausschuss … den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen" bestimmt. Zudem ist in § 85 Abs 4 Satz 10 SGB V normiert, dass "die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen … Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2" sind. Durch diese beiden Bestimmungen ist klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten Vorgaben zu richten hat und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV sind. Aus beidem folgt jeweils, dass die Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA sind, sodass der HVV zurücktreten muss, soweit ein Widerspruch zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorliegt, es sei denn, dieser hätte Spielräume für die Vertragspartner des HVV gelassen.

20

cc) Wie der Senat ebenfalls mit Urteil vom 3.2.2010 (aaO unter RdNr 22 f) entschieden hat, ließen die Regelungen des BewA keine Spielräume für abweichende Regelungen zu, sondern waren von den Partnern des HVV strikt zu beachten. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Dialyseleistungen, deren Einbeziehung in das RLV in jenem Verfahren strittig war, sondern gleichermaßen für die streitbefangenen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä. Die Regelungen unter Teil III 4. BRLV bestimmten ausdrücklich, dass die dort aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nicht dem RLV unterlagen, und sahen Abweichungen (Rückausnahmen) von den dort geregelten Ausnahmen nicht vor (4.: "Von der Anrechnung auf das Regelleistungsvolumen ausgenommen sind…"; 4.1: "…., die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen").

21

Ausdrückliche Abweichungen von den Vorgaben des BewA waren nur insoweit gestattet, als die Übergangsregelung in Teil III Nr 2.2 BRLV vom 29.10.2004 zuließ, dass bisherige Steuerungsinstrumente fortgeführt wurden, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar waren. Die in dem HVV enthaltene, vom BRLV abweichende Einbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä stellte indessen keine gemäß Nr 2.2 aaO zulässige Abweichung dar.

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23), das ebenfalls den hier maßgeblichen HVV der Beklagten in der ab dem 1.4.2005 geltenden Fassung betraf, bereits im Einzelnen dargelegt hat, fehlte es bereits vom Inhalt der Honorarverteilungsregelungen her an der Fortführung solcher "Steuerungsinstrumente, die in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind": Die Honorarverteilung war bis Anfang 2005 auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelt, wie in dem vom BSG(aaO) in Bezug genommenen Urteil des Hessischen LSG vom 23.4.2008 (L 4 KA 69/07) zum HVV der Beklagten ausgeführt worden ist. Diese Regelungsstrukturen stellen keine Steuerungsinstrumente dar, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind. Überdies fehlte es auch an einer "Fortführung" von entsprechenden Steuerungsinstrumenten. Denn insgesamt wurden zum Quartal II/2005 im Vergleich zu den vorher geltenden Honorarverteilungsregelungen sehr viele Änderungen vorgenommen, wie sich aus der Zusammenstellung der Beklagten in ihrem Rundschreiben "Die Honorarverteilung ab dem 2. Quartal 2005" ergibt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, aaO unter Hinweis auf "info.doc" Nr 2, 2005, S 37-45).

23

dd) Waren die Bestimmungen des HVV der Beklagten also mit den Vorgaben, die der BewA in Ausübung seiner Kompetenz gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V normiert hatte, nicht vereinbar, so folgt daraus entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie, dass die im Verhältnis zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen Bestimmungen des HVV rechtswidrig und damit unwirksam waren(vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24; zur Normenhierarchie vgl auch die Rspr zum höheren Rang der vom BewA beschlossenen Regelungen des EBM-Ä gegenüber Honorarverteilungsregelungen: zB BSGE 86, 16, 25 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 124; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12).

24

Wenn sich die Beklagte demgegenüber auf die ihr (zusammen mit den Krankenkassenverbänden) als Normgeber zustehende Gestaltungsfreiheit beruft, lässt sie unberücksichtigt, dass diese Gestaltungsfreiheit nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben besteht. Gestaltungsspielräume der KÄVen bestehen nur - von der Struktur her der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 72 Abs 1 GG ähnlich -, soweit und solange höherrangige Normgeber - insbesondere der Gesetzgeber, aber auch der BewA innerhalb der ihm übertragenen Kompetenzen - die Materie nicht selbst geregelt haben.

25

b) Gegenüber dem Vorrang der BewA-Regelungen und der Unwirksamkeit der HVV-Bestimmungen greift nicht der Einwand der Beklagten durch, der Beschluss des BewA über die Freistellung von Leistungen - namentlich solcher nach Nr 05230 EBM-Ä - von den RLV sei unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstoße.

26

aa) Die Ansicht, diese Freistellung verstoße gegen die "Leitlinie" des § 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V und stelle deshalb keine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V dar, trifft nicht zu.

27

Der BewA hat im Rahmen der ihm gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe, den Inhalt der nach Abs 4 Satz 7 zu treffenden Regelungen zu bestimmen und dabei RLV vorzusehen, ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit(BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; zuletzt BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies gilt sowohl für die Bestimmung derjenigen Arztgruppen, die nicht dem RLV unterliegen (zB der Nephrologen, dazu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26),als auch für abweichende Regelungen bezüglich einzelner Leistungen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des BewA, bestimmte Leistungen oder Leistungsgruppen aus den RLV herauszunehmen, hat es daher nicht bedurft.

28

Die Entscheidung, (ua) die streitgegenständlichen Leistungen nicht in die RLV einzubeziehen, hält sich auch im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeiten. Wie der Senat bereits entschieden hat (s BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26), lässt sich der Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V nicht entnehmen, dass RLV flächendeckend ohne jede Ausnahme geschaffen werden müssten. Vielmehr reichen Vorschriften aus, die für weite Bereiche RLV vorsehen. Dem hat der BewA Rechnung getragen, indem er in seinem Beschluss vom 29.10.2004 in Anlage 1 (zum Teil III Nr 3.1 Satz 1) die meisten Arztgruppen aufgeführt und somit vorgegeben hat, dass die HVV für diese Arztgruppen RLV vorsehen müssen.

29

bb) Die Gestaltungsfreiheit des BewA ist allerdings durch das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG begrenzt. Er darf nicht willkürlich einige Arztgruppen bzw Leistungen einbeziehen und andere unberücksichtigt lassen. Vielmehr sind Ungleichbehandlungen nur insoweit zulässig, als sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f mit BVerfG-Angaben; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 ).

30

Nach diesem Maßstab ist die - für den vorliegenden Rechtsstreit relevante - Nichteinbeziehung der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä unbedenklich; denn in diesem Leistungsbereich bestehen Besonderheiten, die den BewA berechtigen - aber nicht verpflichten -, diese Leistungen von der Einbeziehung in RLV freizustellen. Als derartige Besonderheit hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)gewertet, dass in einem Bereich eine Leistungs- und Mengenausweitung zwar nicht ausgeschlossen, diese Gefahr aber geringer ist als in anderen ärztlichen Bereichen.

31

Dies gilt auch für die hier in Rede stehenden Leistungen. Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, sind auch diese nur mittelbar einer Mengenausweitung zugänglich. Zu einer mittelbaren Mengenausweitung kann es allein über eine Ausweitung der ihnen zugrundeliegenden Leistungen kommen. Gegenstand der Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä ist das "Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes" durch einen Anästhesiologen zur Durchführung von Narkosen bzw Anästhesien; diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Bei der anästhesistischen Begleitung ambulanter Operationen besteht naturgemäß eine starke Abhängigkeit der Anästhesiologen von den zuweisenden Operateuren (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 19). Nur Letztere sind in der Lage, die Zahl der durchgeführten Operationen zu erhöhen.

32

Eine zulässige Erwägung stellt auch eine beabsichtigte Förderung bestimmter Leistungen durch die Nichteinbeziehung in die RLV dar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 28)dem BewA das Recht zugestanden, zu prüfen und ggf zu berücksichtigen, ob bestimmte Leistungen in höherem Maße förderungswürdig sind, weil die durch sie zu gewährleistende (flächendeckende) Versorgung noch nicht optimal ausgebaut ist. Dies wird (ex post) durch § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V sowie durch § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V idF des GKV-Werttbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) bestätigt, welche die Möglichkeit eröffnen, zum einen (weitere) vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen(§ 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V), zum anderen, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, dh nicht in die RLV einzubeziehen (§ 87b Abs 2 Satz 7 SGB V).

33

Eine derartige Förderung wird erkennbar auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä bezweckt. Diese erfolgen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen des Kapitels 31 EBM-Ä, also mit ambulanten und belegärztlichen Operationen. Ambulante und belegärztliche Operationen wiederum unterliegen nach Teil III 4.1 BRLV ihrerseits nicht den RLV. Dies entspricht dem auch sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers, ambulante Operationen und belegärztliche Leistungen zu fördern (vgl §§ 116, 116a und 116b SGB V sowie § 121 Abs 1 Satz 1 SGB V; s auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes BT-Drucks 11/2237, S 203 zu § 130 des Entwurfs<§ 121 SGB V>).

34

Ausgeschlossen war die Herausnahme der streitbefangenen Leistungen aus den RLV auch nicht etwa deshalb, weil eine derartige Befugnis dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen die Geltung von Budgetierungen eingeschränkt hat (s § 85 Abs 2 Satz 4 und 5, Abs 2a, Abs 3a Satz 4, 6 und 7 SGB V). Hierin liegt aber keine abschließende Regelung, die es dem BewA verbieten würde, seinerseits Ausnahmen von der Geltung der RLV vorzugeben. Diese Bestimmungen stehen selbstständig neben den Sonderregelungen für RLV in § 85 Abs 4 Satz 7 iVm Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V(so bereits BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 30).

35

cc) Nach alledem waren die Vorgaben des BewA in seinem Beschluss vom 29.10.2004 über die Nichteinbeziehung von Leistungen nach Nr 05230 EBM-Ä in die RLV nicht zu beanstanden und daher wirksam.

36

c) Die diesen Vorgaben widersprechenden Regelungen des HVV lassen sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen rechtfertigen. Denn das kommt nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig nicht in Betracht, wenn eine Regelung schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmt (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 106 f; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 35; zuletzt BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; sowie BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ).

37

Dies ist hier der Fall, wie der Senat bereits in seiner - die Einbeziehung von Dialyseleistungen in die RLV durch den HVV der Beklagten betreffenden - Entscheidung vom 3.2.2010 ( BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31) festgestellt hat. Denn der Einbeziehung der streitbefangenen Leistungen in die RLV standen - wie dargelegt - verbindliche Vorgaben des BewA entgegen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der ihr im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eingeräumte erweiterte Gestaltungsspielraum nicht pauschal von der Beachtung der rechtlichen Vorgaben entbindet (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 24). Dieser besondere Gestaltungsspielraum wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch obsolet, dass er nicht zum Erlass von Regelungen ermächtigt, die von vornherein den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zuwiderlaufen.

38

2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Regelung in Ziffer 7.5 HVV unwirksam ist, soweit sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt.

39

Die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV entsprach insoweit weder den gesetzlichen Vorgaben nach § 85 Abs 4 SGB V noch den zu deren Umsetzung erlassenen Regelungen im BRLV. Der Gesetzgeber des GMG hat sich für das System der Vergütung nach RLV entschieden, weil er dieses für sachgerecht gehalten hat. Die damit ggf verbundenen Vorteile für die Vertragsärzte dürfen nicht ohne normative Grundlage im Bundesrecht durch die Partner der HVV so begrenzt werden, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichte Vergütung - zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für die mit der grundlegenden Umgestaltung des EBM-Ä ggf verbundenen Honorarzuwächse. Eine zur Abweichung von diesen Vorgaben ermächtigende normative Grundlage liegt nicht vor.

40

a) Kernpunkt der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 14 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dabei kommt den festen Punktwerten besonderes Gewicht zu (BSG aaO RdNr 15). Diesen Vorgaben entsprachen die - maßgeblich durch Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV geprägten - Honorarverteilungsregelungen in dem ab 1.4.2005 geltenden HVV nicht.

41

Zwar sah der HVV unter Ziffer 6.3 HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie unter Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honoraranforderungen mit einem festen Punktwert vor. Diese in Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erlassenen Bestimmungen des HVV wurden jedoch durch die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV korrigiert bzw konterkariert. Danach erfolgte nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 HVV ein Vergleich der für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranforderung der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004, in dessen Folge Fallwertsteigerungen von mehr als 5 % gekappt und Fallwertverluste von mehr als 5 % ausgeglichen wurden. Somit bestimmte sich die Höhe des der Arztpraxis zustehenden Honorars im Ergebnis nicht nach arztgruppenspezifischen Grenzwerten und festen Punktwerten, sondern primär nach dem im Referenzquartal maßgeblichen praxisindividuellen Fallwert.

42

Je größer das durch die Ausgleichsregelung vorgegebene Ausmaß der Honorarkürzung im Falle einer Fallwertsteigerung war, desto mehr entfernte sich der Honoraranspruch der einzelnen Arztpraxis von dem nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ermittelten Anspruch. Die Ausgleichsregelung führte im Ergebnis dazu, dass die von einer Arztpraxis abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar war. Denn auch eine Praxis, deren Leistungsumfang sich innerhalb des vorgegebenen RLV hielt, erhielt diese Leistungen nur dann mit dem vorgesehenen festen Punktwert vergütet, wenn es - im Vergleich zum Referenzquartal - nicht zu einer Fallwertveränderung um mehr als 5 % gekommen war. Eine Erhöhung des Fallwerts wirkte sich hingegen auf den Honoraranspruch der Praxis nicht aus, soweit der im Referenzquartal erzielte Fallwert um mehr als 5 % überschritten war. Dann wurde das - im ersten Schritt nach RLV und festem Punktwert berechnete - Honorar in einem zweiten Schritt um den übersteigenden Betrag gekürzt, mit der Folge, dass sich der "feste" Punktwert faktisch entsprechend dem Ausmaß der durch die Ausgleichsregelung bedingten Honorarkürzung verringerte.

43

b) Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV nicht auf den Beschluss des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 berufen kann. Die dort - in Teil A - den Partnern der Gesamtverträge eingeräumte Möglichkeit einer schrittweisen Anpassung der RLV im Rahmen eines sogenannten "Konvergenzverfahrens" betrifft zum einen inhaltlich allein die sich aus der gesetzlichen Umgestaltung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts (§§ 87a ff SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 sowie den hierzu ergangenen Beschlüssen des BewA ergebenden Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sich die Ermächtigung zu einer schrittweisen Anpassung auf die RLV bezieht, nicht hingegen auf die Normierung von Ausgleichsregelungen außerhalb der Vergütung nach RLV. Zum anderen ergibt sich aus Teil A Ziffer 1 des Beschlusses eindeutig, dass die Regelung allein für die Zeit ab Inkrafttreten dieser gesetzlichen Änderungen (sowie begrenzt auf die Zeit bis Ende 2010) Geltung beansprucht. Rückwirkung kommt dem Beschluss nicht zu (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 25).

44

c) Eine Befugnis, anstelle von RLV andere Steuerungsinstrumente vorzusehen, haben die Partner der HVV grundsätzlich nicht. Wie bereits dargelegt (siehe unter 1. a bb), sind die im BRLV gemachten Vorgaben des BewA zur Bildung von RLV für die Beklagte verbindlich.

45

Die Beklagte kann sich - wie ebenfalls bereits dargelegt (siehe unter 1. a cc) - auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach Teil III 2.2 BRLV berufen, da deren Voraussetzungen nicht gegeben sind. Im Übrigen steht der Annahme, die Beklagte habe mit der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV lediglich bisherige, vergleichbare Steuerungsinstrumente fortgeführt, schon entgegen, dass der vorangegangene HVM keine derartige Ausgleichsregelung enthielt, sondern diese vielmehr in Reaktion auf die zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen ausdrücklich neu geschaffen wurde.

46

d) Auch die Erwägung, die Kosten für die Stützung derjenigen Praxen, die infolge der RLV unzumutbare Honorareinbußen hinnehmen müssen, seien von den Praxen aufzubringen, die von den RLV besonders profitieren, rechtfertigt die Regelung in Ziffer 7.5 HVV nicht. Zwar hält der Senat die Partner der HVV grundsätzlich für berechtigt, im HVV zumindest für eine Übergangszeit Vorkehrungen zu treffen, dass die Umstellung der Vergütung auf das System der RLV nicht zu existenzbedrohenden Honorarminderungen für bestehende Praxen trotz unveränderten Leistungsangebots führt. Außer Frage steht, dass eine KÄV aufgrund des ihr nach § 75 Abs 1 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt ist, zwar nicht anstelle, jedoch ergänzend zu den RLV mit den Krankenkassenverbänden im HVV Maßnahmen zu vereinbaren, die eine Stützung gefährdeter Praxen beinhalten(vgl schon BSGE 81, 86, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 98). Ob die Grenze unzumutbarer Honorarminderungen schon bei 5 % zu ziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die begünstigende Wirkung der Ziffer 7.5 HVV nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist. Ebenso ist die KÄV weiterhin nicht nur berechtigt, sondern - wie zuletzt im Urteil vom 3.2.2010 (B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 13 ff) ausdrücklich zum hier in Rede stehenden HVV der Beklagten entschieden - sogar verpflichtet, auch im Rahmen von RLV unterdurchschnittlich abrechnende Praxen wie auch sogenannter "Anfänger- oder Aufbaupraxen" zu stützen.

47

Allerdings ist die KÄV gehalten, sich die für einen Ausgleich benötigten Geldmittel in rechtlich zulässiger Form zu beschaffen. Insofern greift das Argument der Beklagten zu kurz, dass die Ausgleichsregelung bei Fallwertminderungen nach Ziffer 7.5 HVV zwingend die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Finanzierung erforderlichen Regelung zur Honorarkappung bei Fallwertsteigerungen bedinge. Eine Art "Schicksalsgemeinschaft" der von den RLV besonders begünstigten und besonders belasteten Praxen besteht nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass deutliche Honorarzuwächse einzelner Arztgruppen oder Praxen infolge der RLV vom Normgeber ausdrücklich gewollt sind, zB weil bestimmte Vergütungsanreize gesetzt werden sollten oder das bisherige Honorarniveau als unzureichend angesehen wurde. Schon deshalb ist eine pauschale Inpflichtnahme aller "Gewinnerpraxen" zur Finanzierung der von den Partnern des HVV für erforderlich gehaltenen Verlustbegrenzung ausgeschlossen.

48

Erst recht gilt dies, wenn - wie die niedrigen Eingreifschwellen von minus 5 % für Stützungsmaßnahmen und von plus 5 % für Honorarkürzungen nahe legen - die Regelung eher den Charakter einer Bestandsschutzmaßnahme zugunsten etablierter Praxen denn einer Stützungsmaßnahme zugunsten gefährdeter Praxen hatte. Die Auffüllbeträge und Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5. HVV glichen offenbar nicht nur extreme, ausreißerähnliche Verluste aus und begrenzten extreme Gewinne als Folge der neuen RLV bzw des neuen EBM-Ä, sondern schrieben faktisch gewachsene Vergütungsstrukturen fort.

49

Die für die Stützung erforderlichen Auffüllbeträge müssen vielmehr gegebenenfalls aus der Gesamtvergütung - also zu Lasten aller Vertragsärzte - aufgebracht werden. Die Beklagte hätte daher erforderlich werdende Ausgleichszahlungen durch entsprechende Vorab-Einbehalte bei den Gesamtvergütungen bzw durch anteilige Honorarabzüge bei allen an der Honorarverteilung teilnehmenden Vertragsärzten bzw Praxen finanzieren müssen. Hierzu wäre sie - ebenso wie zu Sicherstellungseinbehalten oder zur Bildung von Rückstellungen im Falle von Rechtsstreitigkeiten (s hierzu BSG Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 84/03 R = USK 2004-146 S 1067) - auch berechtigt gewesen.

50

e) Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung, denn eine den rechtlichen Vorgaben von vornherein zuwiderlaufende Regelung kann - wie bereits dargelegt (siehe 1. c) - auch nicht für eine Übergangszeit toleriert werden. Dies gilt umso mehr, als die strittige Regelung nicht die einzige Möglichkeit für die Beklagte darstellte, um die für die Ausgleichszahlungen erforderlichen Mittel zu generieren.

51

Im Übrigen war die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV keineswegs als vorübergehende Regelung gedacht, sondern von vornherein als Dauerregelung konzipiert. Dafür spricht auch, dass die Regelung hinsichtlich ihres belastenden Teils erst ab dem Quartal II/2007 außer Kraft trat, und dies auch nur deswegen, weil durch die fortlaufende Absenkung der Eingriffsschwelle auf jeweils 95 % pro Quartal ein zu finanzierender Ausgleichsbedarf weitgehend entfallen ist. Die Beklagte hat sich erst im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen darauf berufen, dass es sich bei der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV um eine zu erprobende Regelung handele.

52

Die Beklagte kann sich - wie dargestellt - auch nicht darauf berufen, zu einer Modifizierung -vergleichbar den vom BewA getroffenen Übergangsregelungen (etwa im Rahmen einer sogenannten "Konvergenzphase") - berechtigt gewesen zu sein. Denn der Gestaltungsspielraum des vorrangigen Normgebers ist ein anderer als der eines nachrangigen - zur Umsetzung verpflichteten - Normgebers. Während etwa dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 54 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), gilt dies nicht im gleichen Maße auch für die KÄVen, da andernfalls nicht sichergestellt wäre, dass bundeseinheitlich geltende Vorgaben umgesetzt würden.

53

f) Da die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, soweit sie Honorarkürzungen bei Fallwerterhöhungen bestimmt, bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam ist, kann offenbleiben, ob dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats zur sogenannten "Segeberger Wippe" (BSGE 75, 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7) der Fall wäre.

54

3. Nach der erforderlichen Anpassung des HVV wird die Beklagte neu über die Honoraransprüche des Klägers zu entscheiden haben.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.