Sozialgericht Schwerin Urteil, 19. Dez. 2016 - S 8 KR 1/15

bei uns veröffentlicht am19.12.2016

Tenor

Der Bescheid vom 14. August 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2014 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Kläger über den 31. August 2014 hinaus bis zum Abschluss seines Studiums in 2016 pflichtversichert nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V gewesen ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um das Ende der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS).

2

Der am 28. Juli 1984 geborene Kläger besuchte bis Juni 2001 die Realschule, brach eine im August 2001 begonnene Ausbildung zum Hotelkaufmann im Dezember 2001 zunächst ab und absolvierte dann nach einer kurzen Zwischenbeschäftigung im Februar/März 2002 erfolgreich eine Ausbildung zum Hotelfachmann (August 2002 bis Juni 2005). In der Folge stand der Kläger in diversen Beschäftigungsverhältnissen, unterbrochen von Zivildienst von August 2005 bis April 2006, und qualifizierte sich im April 2012 zum „Geprüfter Hotelmeister“ (Zeugnis vom 18. Juli 2012). Im September 2012 nahm er das Studium im Studiengang „Wirtschaftsrecht“ an der Hochschule B-Stadt auf, das er 2016 erfolgreich beendete.

3

Ab dem 1. September 2012 war der Kläger versicherungspflichtig in der KVdS und Mitglied der Beklagten IKKclassic.

4

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 14. August 2014 und Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2014 das Ende der Versicherungspflicht zum Ablauf des Sommersemesters 2014 fest. Zur Begründung führte sie an, die Versicherung gelte nur bis zu einer Altersgrenze von 30 Jahren. Eine Verlängerung sei nicht möglich. Das Studium sei im Vergleich mit den Beschäftigungszeiten zu spät aufgenommen worden.

5

Zur Begründung seiner Klage vom 5. Januar 2015 trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Überschreitung der Altersgrenze sei gerechtfertigt. Der Abschluss „Geprüfter Hotelmeister“ sei der Allgemeinen Hochschulreife gleichgestellt. Damit werde ihm der Zugang zu Universitäten und Hochschulen gemäß § 18 Landeshochschulgesetz Mecklenburg-Vorpommern uneingeschränkt ermöglicht. Für die Erlangung des Meisterbriefes seien bestimmte Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen gewesen, insbesondere eine mehrjährige Berufspraxis.

6

Der Kläger beantragt,

7

den Bescheid vom 14. August 2014 sowie den Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2014 aufzuheben und festzustellen, dass er über den 31. August 2014 hinaus bis zum Ende seines Studiums im Jahr 2016 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V gewesen ist.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie bezieht sich insbesondere auf die Begründung des Widerspruchsbescheides. Die KVdS sei durch die Vollendung des 30. Lebensjahres und die Dauer von 14 Fachsemestern zeitlich begrenzt. Die Krankenversicherung ende mit der Vollendung des 30. Lebensjahres am Tag vor dem Geburtstag, unabhängig vom Beginn des Studiums und der Zahl bis der bisher zurückgelegten Fachsemester. Eine Verlängerung der KVdS über das vollendete 30. Lebensjahr komme nur dann in Betracht, wenn überhaupt Hinderungsgründe vorgelegen hätten, diese für die Überschreitung einer der Grenzen kausal gewesen seien und die Verlängerung der Versicherung dadurch gerechtfertigt sei. Nach der Rechtsprechung des BSG kämen nur Gründe in Betracht, die auch bei objektiver Betrachtungsweise die Aufnahme des Studiums verhindert haben. Ebenso stellten für das Studium die Zeiten vorheriger Berufsausbildung und/oder Tätigkeit, welche durchaus zur Verbesserung der Berufsaussichten dienten und für sinnvoll und angebracht erachtet würden, keinen Hinderungsgrund dar. Demnach stehe die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht zwingend einem Studium entgegen. Die Ausbildung auf dem Zweiten Bildungsweg, dass die Zugangsvoraussetzungen für ein Studium erst nach zwischenzeitlicher Berufsausbildung oder Berufstätigkeit erworben werden, seien keine Hinderungsgründe. Auch bei dem Erwerb der Zugangsvoraussetzungen zu einem Studium über den Zweiten Bildungsweg seien jedoch Zeiten der längeren als für den Zugang und Beginn des Zweiten Bildungsweges keine Behinderungszeiten. Die Verpflichtung zum Wehr- oder Zivildienst habe der Gesetzgeber grundsätzlich als Änderungszeit angerechnet, allerdings nur dann, wenn die anzurechnenden Änderungszeiten dem der Nichthinderungszeiten überwögen. Beim Kläger überwögen bei den anzurechnenden Hinderungszeiten die Zeiten der Nichthinderungszeiten. Eine Anrechnung der Zivildienstzeiten sei demnach nicht möglich gewesen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist begründet.

13

Der Bescheid vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2014 ist rechtswidrig. Der Kläger ist über den 31. August 2014 hinaus bis zum Abschluss seines Studiums versicherungspflichtig in der KVdS.

14

Die Versicherungspflicht des Klägers beurteilt sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V.

15

Versicherungspflichtig sind hiernach Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des 14. Semesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen.

16

Entgegen der Rechtauffassung der Beklagten erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum Ende seines Studiums im Jahr 2016. In analoger Anwendung des § 190 Abs. 9 SGB V endet die Versicherungspflicht einen Monat nach dem Ende des Abschluss-Semesters (vgl. allg. zum Beendigungszeitpunkt: BSG v. 15.10.2014 – B 12 KR 17/12 R -, juris Rn. 14; Felix in jurisPK-SGB V § 5 Rn. 65).

17

Der Kläger ist unstreitig im streitbefangenen Zeitraum als Student an einer staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben gewesen. Für ihn bestand auch kein Anspruch auf Sachleistungen auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts. Das Studium beendete der Kläger vor dem 14. Fachsemester.

18

Der Kläger hatte zwar mit Ablauf des 27. Juli 2014 sein 30. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze für die KVdS erreicht, doch ist die Altersgrenze für die KVdS nicht als absolute Grenze konzipiert. Es ist ein Ausnahmefall gegeben, da persönliche Gründe die Überschreitung rechtfertigen.

19

Zur Wahrung des Ausnahmecharakters von § 5 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 SGB V kommen zwar nur Gründe von solcher Art und solchem Gewicht in Betracht, die nicht nur aus der Sicht des Einzelnen, sondern auch bei objektiver Betrachtungsweise die Aufnahme des Studiums verhindern oder als unzumutbar erscheinen lassen; das Studium aufzuschieben, weil dieses lediglich als zweckmäßig oder sinnvoll erscheint, reicht demgegenüber nicht (so BSG v. 15.10.2014 – b 12KR 1/13 R -, juris Rn. 15). Der Gesetzgeber hat in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V insoweit beispielhaft die Konstellation des Erwerbs der Zugangsvoraussetzungen zum Studium in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs genannt.

20

Daraus folgt nach Auffassung der Kammer aber nicht, dass – wie im Fall des Klägers - der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen auf dem sog. Dritten Bildungsweg von vornherein als Grund für die Überschreitung der Altersgrenze ausscheidet. Nach dem Wortlaut können allgemein „die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe“ die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen. Zwar sind Ausnahmetatbestände nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eng auszulegen. Die Benennung eines konkreten Ausnahmetatbestandes ist hier aber offensichtlich nicht abschließend gemeint („insbesondere“). Den Gesetzesmaterialien ist auch nicht zu entnehmen, dass mit dem Hinweis auf den Abschluss auf dem Zweiten Bildungsweg eine negative Abgrenzung zu weiteren Ausbildungsgängen erfolgen sollte.

21

Der Wortlaut des Pflichtversicherungstatbestandes des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V ist im Wesentlichen seit 01. Januar 1989 unverändert geblieben. Der Gesetzgeber hat im Zuge der Schaffung des GRG (Gesundheits-Reformgesetz) die Versicherungspflicht der Studenten (Absatz 1 Nr. 9), um Missbräuche zu vermeiden, auf eine Höchstdauer der Fachstudienzeit und auf ein Höchstalter begrenzt. Damit solle auch der Tendenz, das Hochschulstudium zu verlängern, entgegengewirkt werden. Die Ausnahmeregelung im 2. Halbsatz sei eng auszulegen. Persönliche oder familiäre Gründe seien z. B. Erkrankung, Behinderung, Schwangerschaft, Nichtzulassung zur gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren, Eingehen einer insgesamt mindestens achtjährigen Dienstverpflichtung als Soldat oder Polizeivollzugsbeamter im Bundesgrenzschutz auf Zeit bei einem Dienstbeginn vor Vollendung des 22. Lebensjahres, Betreuung von behinderten oder aus anderen Gründen auf Hilfe angewiesenen Kindern (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, BT-Drs. 11/2237 S. 159 zu § 5 SGB V).

22

Der fehlende Hinweis auch auf den Zugang zur Hochschule auf dem sog. Dritten Bildungsweg dürfte sich dadurch erklären, dass entsprechende Regelungen hierzu erst viel später bundesweit vereinheitlicht worden sind. Im November 2008 beschloss die Hochschulrektorenkonferenz die „Neuordnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte“ mit dem Ziel, den Dritten Bildungsweg zu liberalisieren und zu vereinheitlichen, um einem drohenden Mangel an hoch qualifizierten Kräften auf dem Arbeitsmarkt weiter vorzubeugen. Im März 2009 einigten sich die Kultusminister der Länder darauf, dass Absolventen betrieblicher Aufstiegsfortbildungen deutschlandweit den allgemeinen Hochschulzugang erhalten. Die Beschlüsse der KMK, mit denen der Versuch einer einheitlichen Regelung durch die Hochschulgesetze der Länder einhergeht, werden in Form von länderrechtlichen Regelungen umgesetzt. Mangels Vorgabe durch die Kultusministerkonferenz hatten die Länder zuvor während des langen Zeitraums zwischen 1960 und 2008 für die Gruppe der „Beruflich Qualifizierten“ eigene Regelungen erlassen (ausführlich dazu: Freitag, Zweiter und Dritter Bildungsweg in die Hochschule, 2012, Arbeitspapier Nr. 253, Hans Böckler Stiftung, S. 47 ff).

23

Eine Unterscheidung der Hochschulzugangsberechtigungen nach Zweitem oder Drittem Bildungsweg für die Frage der Versicherungspflicht erscheint auch von der Sache her nicht geboten. Berufliche qualifizierte Studienanfänger sind nicht weniger schutzwürdig als Absolventen des Zweiten Bildungsweges. Solange die für den Hochschulzugang erforderliche Berufsausbildung, Aufstiegsfortbildung bzw. Berufspraxis absolviert wird, sind diese Personen an der Aufnahme des Studiums genauso gehindert, wie Besucher einer Ausbildungsstätte im Zweiten Bildungsweg. Soweit der Gesetzgeber mit dem „Höchstalter“ eine Missbrauchsabwehr verfolgt und der Tendenz entgegen wirken will, das Hochschulstudium zu verlängern (vgl. auch BSG v. 15.10.2014 – b 12 Kr 1/13 R -, juris Rn. 20), ist dieser Regelungszweck nicht nachteilig betroffen, solange ein Tatbestand gegeben ist, in dem sich die an anderer Stelle durch den gesetzlich eröffneten Hochschulzugang für besonders Qualifizierte vorgesehene Förderung des Studierens verwirklicht.

24

Soweit das BSG bereits entschieden hat, dass ein Überschreiten der Altersgrenze nur durch solche Hinderungsgründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbs. 2 SGB V gerechtfertigt sein könne, die bereits vor Erreichen dieser Grenze vorlagen (BSG v. 15.10.2014 – B 12 KR 17/12 R -, juris Rn. 15 ff), ist diese Bedingung erfüllt. Der Kläger hat seine Hochschulzugangsberechtigung mit der Qualifikation als „Geprüfter Hotelmeister“ vor Vollendung des 30. Lebensjahres erlangt und sein Studium vor diesem Zeitpunkt aufgenommen (vgl. zur in der Regel erforderlichen Aufnahme des Studiums vor Vollendung des 30. Lebensjahres: BSG v. 30.09.1992 – 12 RK 3/91 – juris).

25

Es fehlt im vorliegenden Fall auch nicht an der erforderlichen Kausalität zwischen der Hinderungszeit und der Überschreitung der Altersgrenze.

26

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die anzuerkennenden Hinderungsgründe auch ursächlich für den späten Studienbeginn gewesen sein müssen. Für den Fall der Hochschulzugangsberechtigung über den Zweiten Bildungsweg hat das BSG in seiner Entscheidung vom 30.09.1992 (12 RK 3/91 – juris) angenommen, dass die Überschreitung der Altersgrenze von 30 Jahren auch bei Absolventen des Zweiten Bildungswegs in der Regel nicht gerechtfertigt ist, wenn der Zweite Bildungsweg so spät beschritten worden ist, dass das anschließende Studium erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres aufgenommen werden konnte. Hierzu führte das BSG u.a. aus:

27

„Auch bei Absolventen des Zweiten Bildungswegs gilt nach dem Gesetz keine Ausnahme von dem Erfordernis, daß die Überschreitung der Altersgrenze gerechtfertigt sein, hierfür also der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer entsprechenden Ausbildungsstätte ursächlich gewesen sein muß. Bei dieser Prüfung können die besonderen Verhältnisse der Studenten berücksichtigt werden, die das Studium erst nach dem Zweiten Bildungsweg aufgenommen haben. Ihnen ist, als sie noch minderjährig waren, anders als denjenigen, die sogleich nach dem Schulbesuch im Alter von etwa 19 Jahren die Hochschulreife erlangt haben, der unmittelbare Weg über den Schulbesuch zum Abitur und zum Studium aus unterschiedlichen Gründen verschlossen geblieben. Stattdessen haben sie nach dem Besuch der Haupt- oder Realschule in der Regel zunächst eine Berufsausbildung durchlaufen, sind volljährig geworden und haben eine gewisse Berufserfahrung gesammelt. Wenn sie sich dann nach einer Übergangsphase der Neuorientierung im Laufe einiger Jahre für den Zweiten Bildungsweg und ein anschließendes Studium entschieden haben, so mag das Hinausschieben der Altersgrenze in der KVdS in einer verallgemeinernden Betrachtungsweise als gerechtfertigt angesehen werden, sofern das Studium noch vor Vollendung des 30. Lebensjahres aufgenommen worden ist. Dann stünde etwa denjenigen, die den Zweiten Bildungsweg im Alter von 23 Jahren begonnen haben, eine entsprechende Ausbildungsstätte drei Jahre lang besucht und im Alter von 26 Jahren das Studium aufgenommen haben, bei einer um die drei Jahre auf die Vollendung des 33. Lebensjahres hinausgeschobenen Altersgrenze für eine Mitgliedschaft in der KVdS noch ein Zeitraum von sieben Jahren (14 Semestern) zur Verfügung. Bei einem späteren Beginn des Zweiten Bildungswegs und des Studiums (vor Vollendung des 30. Lebensjahres) würde sich der Zeitraum unter sonst gleichen Voraussetzungen verringern, weil auch dann die auf 33 verlängerte Altersgrenze unverändert gelten würde. Wenn jedoch wie beim Kläger des vorliegenden Verfahrens der Zweite Bildungsweg (im Alter von 27 Jahren) so spät beschritten worden ist, daß das anschließende Studium erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres aufgenommen werden konnte, ist die Überschreitung der Altersgrenze regelmäßig nicht mehr durch den Erwerb der Zugangsvoraussetzungen im Zweiten Bildungsweg, sondern durch eine langjährige Berufsausübung vor dessen Beginn verursacht und damit allein wegen des Zweiten Bildungswegs nicht mehr iS des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V gerechtfertigt.

28

Der Kläger hatte sein Studium allerdings nicht erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres aufgenommen. Soweit das BSG in einer weiteren Entscheidung vom 23.06.1994 (12 RK 71/93 -, juris) daran festgehalten hat, dass Studenten mit Studienbeginn nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres in der KVdS nur dann versicherungspflichtig sind, wenn bei ihnen in der Zeit zwischen etwa der Vollendung des zwanzigsten Lebensjahres und dem Beginn des Zweiten Bildungsweges sowie zwischen dem Abitur im Zweiten Bildungsweg und dem Studienbeginn im wesentlichen „durchgehend Hinderungsgründe“ vorgelegen haben, gilt dieser strenge Maßstab deshalb hier nicht. Ausdrücklich hat das BSG darauf hingewiesen, dass die Kausalitätsprüfung bei Absolventen des Zweiten Bildungsweges, die vor Vollendung des dreißigsten Lebensjahres ihr Studium beginnen, „großzügiger“ gehandhabt wird. Es könne nämlich bei einem Studienbeginn vor dreißig Jahren in einer verallgemeinernden Betrachtungsweise davon ausgegangen werden, dass der Zweite Bildungsweg und die gegebenenfalls für ihn erforderlichen Vorbeschäftigungszeiten für die Überschreitung der Altersgrenze ursächlich waren (BSG a.a.O. Rn. 15).

29

Im Rahmen einer großzügigeren Handhabung der Kausalitätsprüfung kommt die Kammer somit zu dem Ergebnis, dass beim Kläger nicht etwa lediglich ein allein auf seiner Lebensplanung beruhender später Entschluss, doch noch die Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben, sondern schlicht der (zeitliche) Umfang der notwendigen Voraussetzungen für die Erlangung der Hochschulzulassungsberechtigung auf dem Dritten Bildungsweg selbst, insbesondere eine mindestens vierjährige Berufstätigkeit nach einer Berufsausbildung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Hotelmeister/Geprüfte Hotelmeisterin v. 05.08.2003, BGBl. I S. 1568), der wesentliche Grund für die Überschreitung der Altersgrenze bzw. den späten Studienbeginn gewesen ist. Von den rund 8 Jahren, die zwischen der Vollendung des 20. Lebensjahres (Juli 2004; zu diesem Stichtag: BSG v. 23.06.1994 – 12 RK 71/93 -, juris)) und dem Studienbeginn (September 2012) liegen, ist – weitere notwendige Überbrückungszeiten zwischen den einzelnen Abschnitten dahingestellt - die weit überwiegende Zeit (6 Jahre und 4 Monate) mit Zeiten belegt, in denen dem Kläger die Aufnahme des Studiums schlicht nicht möglich gewesen ist (1 weiteres Jahr Berufsausbildung bis Juli 2005, 4 Jahre Berufstätigkeit als Voraussetzung für die weitere Qualifikation als „geprüfter Hotelmeister“ und Erlangung der Zugangsvoraussetzung; Zivildienst von 9 Monaten; 7 Monate Meisterlehrgang (Lebenslauf, Anlage 1 zur Klageschrift), und die bei objektiver Betrachtungsweise eine zügige Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung belegen.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 5 Versicherungspflicht


(1) Versicherungspflichtig sind1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,2.Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht be

Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen


Gesundheits-Reformgesetz - GRG

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 190 Ende der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger


(1) Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet mit dem Tod des Mitglieds. (2) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter endet mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet. (3) (wegg

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Bundessozialgericht Urteil, 15. Okt. 2014 - B 12 KR 17/12 R

bei uns veröffentlicht am 15.10.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 2011 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

(1) Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet mit dem Tod des Mitglieds.

(2) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter endet mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet.

(3) (weggefallen)

(4) Die Mitgliedschaft unständig Beschäftigter endet, wenn das Mitglied die berufsmäßige Ausübung der unständigen Beschäftigung nicht nur vorübergehend aufgibt, spätestens mit Ablauf von drei Wochen nach dem Ende der letzten unständigen Beschäftigung.

(5) Die Mitgliedschaft der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten endet mit dem Tage, an dem die Versicherungspflicht auf Grund der Feststellung der Künstlersozialkasse endet; § 192 Abs. 1 Nr. 2 und 3 bleibt unberührt.

(6) Die Mitgliedschaft von Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden, endet mit dem Ende der Maßnahme.

(7) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben endet mit dem Ende der Maßnahme, bei Weiterzahlung des Übergangsgeldes mit Ablauf des Tages, bis zu dem Übergangsgeld gezahlt wird.

(8) Die Mitgliedschaft von versicherungspflichtigen behinderten Menschen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen endet mit Aufgabe der Tätigkeit.

(9) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten endet mit Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben, wenn sie

1.
bis zum Ablauf oder mit Wirkung zum Ablauf dieses Semesters exmatrikuliert worden sind oder
2.
bis zum Ablauf dieses Semesters das 30. Lebensjahr vollendet haben.
Bei Anerkennung von Hinderungsgründen, die eine Überschreitung der Altersgrenze nach Satz 1 Nummer 2 rechtfertigen, endet die Mitgliedschaft mit Ablauf des Verlängerungszeitraums zum Semesterende. Abweichend von Satz 1 Nummer 1 endet im Fall der Exmatrikulation die Mitgliedschaft mit Ablauf des Tages, an dem der Student seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs aufgegeben hat oder an dem er dauerhaft an seinen Wohnsitz oder Ort des gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuchs zurückkehrt. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht, wenn sich der Student nach Ablauf des Semesters, in dem oder mit Wirkung zu dessen Ablauf er exmatrikuliert wurde, innerhalb eines Monats an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule einschreibt. § 186 Absatz 7 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(10) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Praktikanten endet mit dem Tag der Aufgabe der berufspraktischen Tätigkeit oder vor Aufgabe des Praktikums mit Vollendung des 30. Lebensjahres. Die Mitgliedschaft von zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigten endet mit dem Tag der Aufgabe der Beschäftigung.

(11) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Rentner endet

1.
mit Ablauf des Monats, in dem der Anspruch auf Rente wegfällt oder die Entscheidung über den Wegfall oder den Entzug der Rente unanfechtbar geworden ist, frühestens mit Ablauf des Monats, für den letztmalig Rente zu zahlen ist,
2.
bei Gewährung einer Rente für zurückliegende Zeiträume mit Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung unanfechtbar wird.

(11a) Die Mitgliedschaft der in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen, die das Beitrittsrecht ausgeübt haben, sowie ihrer Familienangehörigen, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand, die aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und die bis zum 31. März 2002 nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, endet mit dem Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11.

(12) Die Mitgliedschaft der Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches und Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Dritten Buch endet mit Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung bezogen wird.

(13) Die Mitgliedschaft der in § 5 Abs. 1 Nr. 13 genannten Personen endet mit Ablauf des Vortages, an dem

1.
ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall begründet wird oder
2.
der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt in einen anderen Staat verlegt wird.
Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für Mitglieder, die Empfänger von Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches sind.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über das Ende der Krankenversicherungspflicht des Klägers als Student.

2

Der 1963 geborene Kläger befindet sich seit März 1996 in fachärztlich-psychotherapeutischer Behandlung. Im Mai 2006 wurden bei ihm ein Asperger-Syndrom und eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert. Bereits im März 1983 hatte er ein Hochschulstudium aufgenommen, welches er auf ärztlichen Rat hin im Alter von 33 Jahren zum Wintersemester 1996/1997 abbrach, um ein Studium der Rechtswissenschaften zu beginnen. Nachdem die beklagte Krankenkasse den Kläger aufgrund seiner Erkrankung seit 1983 durchgehend als pflichtversicherten Studenten geführt hatte, stellte sie mit Bescheid vom 9.6.2009 das Ende der Versicherungspflicht zum 30.9.2009 fest.

3

Das SG hat die nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 31.8.2009) erhobene Klage abgewiesen: Ein Fortbestand der Versicherungspflicht als Student über die gesetzliche Höchstgrenze von 14 Fachsemestern bzw der Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus setze für den nicht zeitgerechten Studienabschluss ursächliche Hinderungsgründe voraus. Träten Hinderungsgründe erst zu einem Zeitpunkt nach Erreichen dieser Höchstgrenze auf, sei die notwendige Ursächlichkeit denknotwendig ausgeschlossen. Deshalb könne der Kläger trotz seiner Erkrankungen bzw Behinderungen allenfalls bis zur Vollendung seines 41. Lebensjahres als Student versicherungspflichtig sein. Als Hinderungszeit komme wegen des Kausalitätserfordernisses nämlich maximal ein Zwölf-Jahres-Zeitraum - entsprechend der typischen Zeit zwischen Abitur und Vollendung des 30. Lebensjahres - in Betracht. Dieses Ergebnis verstoße weder gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes zugunsten behinderter Menschen noch gegen die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), da es der Gesetzgeber behinderten Studenten ermöglicht habe, die in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V genannten Grenzen deutlich zu überschreiten und die vom Kläger angestrebte, über einen bloßen Nachteilsausgleich hinausgehende Kompensation nach der UN-BRK nicht geboten sei(Urteil vom 26.1.2010).

4

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und ergänzend zur Begründung des SG ua ausgeführt, dass § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V auch ohne ausdrückliche Nennung eine Grenze für die Verlängerung der Höchstdauer der Versicherungspflicht als Student immanent sei(Urteil vom 29.9.2011). Die vom SG angewandten Grundsätze fußten auf der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 8).

5

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V, § 45 Abs 2 S 1 SGB X, Art 25 UN-BRK sowie mehrerer Artikel des GG. Nach dem Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V, der Rechtsprechung des BSG und verschiedener Instanzgerichte der Sozialgerichtsbarkeit sowie der herrschenden Meinung im Schrifttum sei die Versicherungspflicht als Student entgegen der Ansicht der Beklagten und der Vorinstanzen nicht generell auf das 41. Lebensjahr begrenzt. Der abweichenden Ansicht von Peters (Kasseler Komm, § 5 SGB V, Stand Einzelkommentierung Juli 2010, RdNr 101, Stand Einzelkommentierung aktuell Mai 2014, RdNr 105) könne nicht gefolgt werden. Nach der abschließenden und lückenlosen gesetzlichen Regelung richte sich die Dauer der Versicherungspflicht als Student vielmehr ausschließlich nach den Umständen des Einzelfalls. § 45 Abs 2 S 1 SGB X sei hier unzutreffend unbeachtet geblieben, weil er sein Studium nur im Vertrauen darauf weitergeführt habe, von Studiengebühren befreit und als Student krankenversicherungspflichtig zu sein. Art 25 UN-BRK könne deshalb verletzt sein, weil eine Gesundheitsversorgung außerhalb der streitigen Versicherungspflicht für ihn nicht im Sinne der Konvention "erschwinglich" sei; wegen ausstehender Beiträge zur - ihm stattdessen seit 1.10.2009 aufgebürdeten - freiwilligen Krankenversicherung werde bei ihm bereits zwangsvollstreckt. Art 3 Abs 3 S 2 GG sei verletzt, weil die Beendigung der Versicherungspflicht als Student ihn gegenüber Nichtbehinderten und Behinderten ungerechtfertigt benachteilige, deren Versicherungspflicht nicht in Zweifel gezogen werde. Darüber hinaus lägen Verstöße gegen das Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG) und den Grundsatz "nulla poena sine culpa" (Art 1 Abs 1 iVm Art 2 Abs 1 GG) wegen ihm (dem Kläger) persönlich zugerechneter Folgen von ärztlichen Behandlungsfehlern vor. Zudem werde seine "Teilhabe gemäß Art 12 Abs 1 GG" verletzt, weil in seinem Fall ein Studium für den Eintritt in den Arbeitsmarkt alternativlos sein dürfte. Die Beendigung der Versicherungspflicht missachte auch Art 1 Abs 1 GG wegen eines Verstoßes gegen die Menschenwürde durch die nicht ermöglichte Teilhabe am Arbeitsleben. Schließlich sei der diskriminierungsfreie Zugang auch eines über Vierzigjährigen zu den Hochschulen durch Art 13 Abs 2 Buchst c des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WiSoKuPakt) grundsätzlich gewährleistet.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 2011 und des Sozialgerichts Mannheim vom 26. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2009 aufzuheben und festzustellen, dass er über den 30. September 2009 hinaus als Student versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten ist.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Das LSG hat zu Recht das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil bestätigt, weil der streitige Bescheid der Beklagten vom 9.6.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.8.2009) nicht rechtswidrig ist, soweit darin das Ende der Versicherungspflicht des Klägers als Student zum 30.9.2009 festgestellt wird; über diesen Streitgegenstand hat der Senat allein zu befinden. Versicherungspflicht als Student bestand jedenfalls nicht über diesen Zeitpunkt hinaus, weshalb sowohl Anfechtungs- als auch Feststellungsantrag des Klägers unbegründet sind. Ein Überschreiten der Altersgrenze der Versicherungspflicht als Student (= Vollendung des 30. Lebensjahres) kann nur durch solche Hinderungsgründe im Sinne von § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V gerechtfertigt sein, die bereits vor Erreichen dieser Grenze vorlagen(hierzu 1.). Das Ende der Versicherungspflicht durfte die Beklagte ohne Verstoß gegen § 45 Abs 2 S 1 SGB X im angefochtenen Bescheid feststellen(hierzu 2.). Ein Anspruch des Klägers auf Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als Student besteht weder nach Art 25 UN-BRK noch nach Art 13 WiSoKuPakt (hierzu 3.). Die Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V durch den Senat verstößt weder gegen spezielle Diskriminierungsverbote zugunsten von Menschen mit Behinderungen in internationalen Verträgen oder im Grundgesetz(hierzu 4.) noch gegen andere Vorschriften des Grundgesetzes (hierzu 5.).

11

1. Die Versicherungspflicht des Klägers als Student bestand nicht über den 30.9.2009 hinaus.

12

Nach § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V(idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.1991, BGBl I 2325) sind - unter im vorliegenden Fall nicht relevanten weiteren Voraussetzungen - in der GKV versicherungspflichtig Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, "bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres"; Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nach Halbs 2 der Bestimmung "nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen".

13

Der Senat braucht vorliegend nicht zu entscheiden, ob an seiner früher geäußerten Auffassung festzuhalten ist, trotz des eine "Überschreitung" verlangenden Wortlauts des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V, könne Versicherungspflicht als Student unter Umständen auch bei Aufnahme eines Studiums erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres vorliegen (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 8 S 30 ff; kritisch zB Klose in Jahn, SGB V, Stand Einzelkommentierung 30.6.2011, § 5 RdNr 135). Jedenfalls war die Versicherungspflicht des Klägers als Student hier mit Ablauf des 30.9.2009 beendet; das hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zutreffend festgestellt. Das Bestehen der Versicherungspflicht des Klägers als Student bis zum 30.9.2009 und die diese Versicherungspflicht ggf feststellenden früheren Verwaltungsakte der Beklagten sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

14

Mit Blick auf die in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V genannte Altersgrenze (= Vollendung des 30. Lebensjahres) konnte Versicherungspflicht des Klägers als Student und eine Mitgliedschaft bei der Beklagten nach Ablauf eines Monats nach Ende des Sommersemesters 1993 (vgl § 190 Abs 9 SGB V, für die Zeit ab 19.5.1995 idF des 3. SGB V-ÄndG vom 10.5.1995, BGBl I 678) wegen Vollendung des 30. Lebensjahres im Juli 1993 nur noch unter den Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V fortbestehen. Diese Voraussetzungen lagen nach dem 30.9.2009 nicht mehr vor, denn ein Überschreiten der Altersgrenze des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V kann nur durch solche Hinderungsgründe im Sinne von § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V gerechtfertigt sein, dievor Erreichen dieser Grenze vorgelegen haben. Daraus folgt eine "absolute" Altersgrenze, über die hinaus auch bei fortlaufend vorliegenden Hinderungsgründen die Versicherungspflicht als Student nicht mehr fortbestehen kann. Dies ergibt eine Auslegung der Norm nach dem Wortlaut (hierzu a) und nach dem sich aus der Gesetzeshistorie und der Begründung des Gesetzentwurfs erschließenden Regelungszweck (hierzu b), ohne dass es einer vom Kläger - unter Berufung auf ein vermeintliches "Grundsatzurteil" des SG Hildesheim vom 14.11.1990 (S 2 Kr 62/90 - Breithaupt 1991, 290 f) - als rechtswidrig gerügten (lückenfüllenden) Analogie bedarf. Ebenso wenig bedarf es eines Rückgriffs auf die vom Kläger als ermächtigungslos kritisierten Ausführungen im "Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten, Praktikanten ohne Arbeitsentgelt, der zur Berufsausbildung Beschäftigten ohne Arbeitsentgelt und der Auszubildenden des Zweiten Bildungswegs" (Überarbeitete Fassung vom 21.3.2006, Die Beiträge 2006, 669 ff, 746 ff), die als Verwaltungsbinnenrecht ohnehin keine Bindungswirkung für die Gerichte entfalten. Abweichend von der Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten wird diese Höchstgrenze allerdings nicht erst durch die Vollendung des 41. Lebensjahres, sondern bereits durch die Vollendung des 37. Lebensjahres markiert (hierzu c).

15

a) § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V erlaubt kein unbefristetes Hinausschieben des Endes der Versicherungspflicht als Student, soweit und solange (überhaupt) nur Hinderungsgründe vor und/oder während des Studiums vorgelegen haben bzw weiter vorliegen. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, wonach die dort genannten Sachverhalte "die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen" müssen. Dem hat der Senat schon in der Vergangenheit entnommen, dass erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres vorliegende Hinderungsgründe die Überschreitung der Altersgrenze nicht mehr gerechtfertigt haben können (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 8 S 30 ff; dem folgend zB Klose in Jahn, SGB V, Stand Einzelkommentierung 30.6.2011, § 5 RdNr 147 aE; Felix in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 5 RdNr 68; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Werkstand 02/2013, K § 5 RdNr 389; vgl auch Peters in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung Mai 2014, § 5 SGB V RdNr 105). Hieran ist entgegen der Ansicht des Klägers festzuhalten.

16

Hätte der Gesetzgeber im Sinne des Klägers die Versicherungspflicht auch nach Überschreiten des 30. Lebensjahres allein in Abhängigkeit vom Vorliegen von Hinderungsgründen als solchem (bzw in der Diktion des Klägers auch Verzögerungsgründen) quasi "unbefristet" bis zum jeweiligen Studienabschluss fortbestehen lassen wollen, so hätte eine an den Studienabschluss anknüpfende Gesetzesformulierung nahegelegen, wonach beispielsweise Versicherungspflicht auch nach Vollendung des 30. Lebensjahres solange besteht, wie ein Studium aufgrund bestimmter Hinderungsgründe nicht abgeschlossen werden kann. Eine Regelung diesen Inhalts enthält das Gesetz jedoch nicht.

17

Nicht zu folgen ist auch dem Argument des Klägers, die Verwendung der Zeitform Präsens für das Verb "rechtfertigen" in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V zwinge zu der Annahme, auchnach Vollendung des 30. Lebensjahres eingetretene Hinderungs- bzw "Verzögerungsgründe" führten zu einer weiteren Verlängerung der Versicherungspflicht. Insoweit verkennt er, dass auch bereits abgeschlossene Sachverhalte eine gegenwärtige Überschreitung der Alters- oder Fachsemestergrenze (befristet) noch rechtfertigen können.

18

Ebenso wenig kann der Ansicht des Klägers beigetreten werden, das Gesetz regele abschließend, dass sich Grenzen der Versicherungspflicht als Student ausschließlich aus den Umständen des Einzelfalls ergäben. Im Gegenteil folgt bereits aus der vorstehend dargestellten Wortlautauslegung, dass § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V eine Höchstgrenze immanent ist, indem er auf das Vorhandensein von Hinderungsgründen abstellt, die zu einer die Versicherungspflicht verlängernden Verzögerung im Studienablauf führten. Dass eine solche Höchstgrenze dort nicht explizit ausgesprochen wird, ist ohne Belang. Denn als Hinderungsgründe kommen ohnehin nur Sachverhalte aus der Zeit zwischen dem regelmäßigen Erwerb einer (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung durch den Betroffenen im Alter von etwa 17 bis 19 Jahren einerseits und der Vollendung des 30. Lebensjahres andererseits in Betracht. Diese Hinderungsgründe können nur vor der Aufnahme des Studiums sowie im Studienablauf in der Zeit bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres eingetretene Verzögerungen sein; nur solche Hinderungsgründe können überhaupt das Überschreiten dieser Grenze rechtfertigen. Für Verzögerungen im erst dann folgenden weiteren Studienverlauf, die bewirken, dass der Studienabschluss nicht innerhalb der nach dem Studienstand zum Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahres typischerweise noch notwendigen Semesterzahl erreicht werden kann, sind die in der Zeit vor Vollendung des 30. Lebensjahres bestehenden Hinderungsgründe nicht mehr ursächlich.

19

b) Die Existenz einer absoluten Obergrenze der Versicherungspflicht als Student, wie sie sich bereits nach dem Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V ergibt, entspricht auch dem sich aus der Gesetzeshistorie und der Begründung des Gesetzentwurfs erschließenden Regelungszweck der Norm. Der Senat hat schon in seinem Leiturteil vom 30.9.1992 (BSGE 71, 150 = SozR 3-2500 § 5 Nr 4; zur Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V im allgemeinen vgl auch die weiteren Urteile vom 30.9.1992 - BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 5 bis 8) unter Hinweis auf die Entwicklung der Versicherung von Studenten in der GKV und die Begründung zum Entwurf des GRG (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , BR-Drucks 200/88 = BT-Drucks 11/2237, jeweils S 159 zu § 5) dargelegt, dass es der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des GRG im Jahre 1988 für erforderlich gehalten hat, die beitragsgünstige Versicherung von Studenten zu begrenzen. Dabei hat der Gedanke der Missbrauchsabwehr zwar den Anstoß für die Begrenzung der kostengünstigen Versicherungspflicht als Student gegeben. Diese Begrenzung ist aber nicht auf die Abwehr einer missbräuchlichen Begründung der Versicherung beschränkt, sondern durch die Einführung allgemeiner Schranken in Bezug auf die Höchstdauer der Fachstudienzeit und das Alter des Studenten vorgenommen worden. Zugleich ist die gesetzliche Neuregelung im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zu sehen, mit denen die GKV wieder mehr auf ihren Kern als Beschäftigtenversicherung zurückgeführt worden ist (vgl im Einzelnen BSGE 71, 150, 152 f = SozR 3-2500 § 5 Nr 4 S 13 f).

20

Die Neugestaltung des Versicherungspflichttatbestandes für Studenten im Zuge der Schaffung des GRG diente folglich gerade dazu, die zuvor unabhängig vom Alter bestehende Versicherungspflicht eingeschriebener Studenten der staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO(eingeführt durch das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten vom 24.6.1975, BGBl I 1536) hinsichtlich der Studiendauer und des Alters zu begrenzen. Die beitragsgünstige Versicherung als Student sollte damit ab 1.1.1989 nicht mehr allen Studenten offenstehen. Statt dessen wurde diese Versicherungspflicht nur noch für einen Zeitraum beibehalten, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (vgl bereits BSGE 71, 150 f = SozR 3-2500 § 5 Nr 4 S 11 f). Zwar hat der Gesetzgeber in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V Ausnahmen von dieser Beschränkung vorgesehen, jedoch soll diese Ausnahmeregelung nach der ausdrücklichen Formulierung in der Gesetzesbegründung "eng" ausgelegt werden(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , aaO). Dem widerspräche eine - nach Ansicht des Klägers und des von ihm in Bezug genommenen Urteils des SG Hildesheim vom 14.11.1990 (S 2 Kr 62/90 - Breithaupt 1991, 290 f) vermeintlich bestehende - "unbefristete" Verlängerungsmöglichkeit der Versicherungspflicht aufgrund der Ausnahmeregelung ebenso, wie dem an gleicher Stelle dokumentierten Willen, mit der Neuregelung der Versicherungspflicht als Student auch der Tendenz entgegenzuwirken, das Hochschulstudium zu verlängern. Zugleich wäre eine solche Interpretation des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V unvereinbar mit der aufgezeigten Absicht des Gesetzgebers, die GKV auch durch die zeitliche Beschränkung dieses Versicherungspflichttatbestandes wieder mehr auf ihren Kern der Beschäftigtenversicherung zurückzuführen.

21

c) Abweichend von der Ansicht der Vorinstanzen und der Beklagten wird die absolute Altersgrenze für die Versicherungspflicht als Student allerdings nicht erst durch die Vollendung des 41., sondern bereits durch die Vollendung des 37. Lebensjahres markiert. Denn die Altersgrenze des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V ist nicht einfach pauschal um die Dauer von Zeiten hinauszuschieben, in denen während des Zeitraums zwischen dem Alter des regelmäßigen Erwerbs einer (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung mit etwa 17 bis 19 Jahren und der Vollendung des 30. Lebensjahres Hinderungsgründe vorgelegen haben, im Extremfall also um 11 bis 13 Jahre, folglich bis zur Vollendung des 41. oder gar 43. Lebensjahres. Ein solches, die Kausalität des Hinderungsgrundes für die Überschreitung der Altersgrenze ungeprüft unterstellendes Verständnis hat der Senat in seiner Rechtsprechung bereits früher abgelehnt (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 6 S 23). Berücksichtigung finden können vielmehr nur solche Zeiten vor Vollendung des 30. Lebensjahres, in denen Gründe vorlagen, welche (entweder einzeln oder kumulativ) Studenten objektiv daran hinderten, eine Hochschulzugangsberechtigung zum üblichen Zeitpunkt zu erwerben, unmittelbar nach dem Erwerb der Zugangsberechtigung ein Studium aufzunehmen und/oder dieses planvoll und geordnet - also ohne aus den in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V genannten Gründen unvermeidbare Verzögerungen - abzuschließen. Dabei ist für jeden dieser Gründe gesondert zu prüfen, ob und für welche Zeitdauer sie tatsächlich ursächlich für das Überschreiten der Altershöchstgrenze waren (zu Berufsausbildung und mehrjähriger Berufstätigkeit nach einmaliger Nichtzulassung zu einem Studium vgl BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 6).

22

Vor diesem Hintergrund kann eine Versicherungspflicht als Student über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus wegen der Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V auf die Rechtfertigung des Überschreitens des 30. Lebensjahres und des daraus abzuleitenden Ausschlusses der Berücksichtigung von Hinderungs- bzw Verzögerungsgründen nach dessen Vollendung höchstens für diejenige Zeitdauer fortbestehen, die das Gesetz allgemein auch vor Erreichen dieser Altersgrenze als für den Fortbestand des kostengünstigen Krankenversicherungsschutzes unschädlich akzeptiert. Dies ist aber nicht generell ein Studium über elf oder zwölf Jahre bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, vielmehr markiert die Vollendung des 30. Lebensjahres nur eine zeitliche Obergrenze: In der Ausgangsnorm des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V heißt es nämlich"längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres". Vorausgesetzt wird in der Norm dabei (ebenfalls ungeschrieben) zum einen, dass die Versicherungspflicht als Student maximal überhaupt nur bis zu einem (vorherigen) Studienabschluss bestehen kann. Für dessen Erreichen wird selbst in der Zeit vor Vollendung des 30. Lebensjahres lediglich ein Zeitraum von 14 Fachsemestern, also regelmäßig von sieben Jahren, als ausreichend erachtet und Versicherungspflicht ist grundsätzlich nur für eben diese Dauer vorgesehen.

23

Diese gesetzliche Ausgestaltung des "Regelfalls" muss auch Richtschnur für die Bestimmung des höchstmöglichen zeitlichen Umfangs der Versicherungspflicht für Zeiten nach dem vollendeten 30. Lebensjahr sein: Zuvor aufgetretene und anerkannte Gründe, die ursächlich dafür waren, dass ein Studium bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht abgeschlossen werden konnte, können dagegen nicht mehr ursächlich dafür sein, dass ein Studium nicht innerhalb von sieben weiteren Jahren nach Vollendung des 30. Lebensjahres beendet werden kann. Solche Verzögerungen nach dem 30. Lebensjahr können nur auf Gründen beruhen, die nach dem 30. Lebensjahr (ggf weiter) vorliegen bzw neu hinzutreten. Für die "Überschreitung" der Altershöchstgrenze als solche können diese Gründe daher nicht mehr ursächlich gewesen sein. Allein auf die Ursächlichkeit der Überschreitung der Altersgrenze als solche stellt der Verlängerungstatbestand des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V nach Wortlaut und Regelungszweck aber ab.

24

Die Versicherungspflicht als Student und die darauf beruhende Mitgliedschaft in der GKV endet daher selbst in Extremfällen wie dem vorliegenden, in dem das LSG bei dem Kläger für die gesamte Zeit vom Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung spätestens mit 19 Jahren bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres Hinderungsgründe angenommen hat, spätestens mit Ablauf eines Monats nach Ende des Semesters (vgl § 190 Abs 9 SGB V), in dem der Betroffene das 37. Lebensjahr vollendet. Ob eine solche Beschränkung auch bei atypischen Studiengängen gilt, die ihrer Art nach nicht planmäßig innerhalb von 14 Fachsemestern abgeschlossen werden können, kann vorliegend dahinstehen. Im Falle des Klägers endete die Versicherungspflicht als Student nach den dargestellten Erwägungen - das Ende des Sommersemesters am 30.9.2000 unterstellt - spätestens am 31.10.2000, also weit vor dem streitigen von der Beklagten festgestellten Beendigungszeitpunkt des 30.9.2009.

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2. Der vom Kläger gegen die Beendigung seines Krankenversicherungsschutzes als Student am 30.9.2009 ins Feld geführte Verstoß gegen § 45 Abs 2 S 1 SGB X liegt nicht vor. Dies gilt schon deshalb, weil durch den - wie oben dargestellt - vorliegend allein angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 9.6.2009 gar kein den Kläger zuvor begünstigender Verwaltungsakt ausdrücklich oder inzident zurückgenommen wurde. Insbesondere kann diesem Bescheid nicht entnommen werden, dass die Beklagte überhaupt schon irgendwann einmal zuvor durch einen Verwaltungsakt die Versicherungspflicht des Klägers über den 30.9.2009 hinaus festgestellt hätte. Dass ein solcher Verwaltungsakt anderweitig ergangen war, hat das LSG nicht festgestellt, ohne dass der Kläger diesbezüglich in seinem Revisionsvorbringen Verfahrensrügen erhoben hat. Für einen derartigen Sachverhalt bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte.

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3. Ein Anspruch des Klägers auf eine kostengünstige Pflichtversicherung in der GKV als Student über den 30.9.2009 hinaus kann unbeschadet dessen nicht aus überstaatlichem Recht hergeleitet werden, weder aus Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK noch aus Art 13 Abs 2 Buchst c WiSoKuPakt.

27

Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK (vom 13.12.2006, Ratifizierungsgesetz vom 21.12.2008, BGBl II 1419, in Kraft seit 26.3.2009 lt Bekanntmachung vom 5.6.2009, BGBl II 812) gilt in der deutschen Rechtsordnung im Range eines einfachen Bundesgesetzes (vgl zu Art 25 S 3 Buchst b UN-BRK BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 18 ff mwN). Sie verpflichtet die Vertragsstaaten, Menschen mit Behinderung eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung zu stellen, wie anderen Menschen. Der Wortlaut der verbindlichen (vgl Art 50 Abs 1 UN-BRK) englischen Fassung "provide" (bzw "fournissent" in der französischen Fassung) verlangt lediglich ein "zur Verfügung stellen" bzw "anbieten". Die Norm gibt damit ihrem Regelungsinhalt nach keinen unmittelbaren Anspruch auf eine Gesundheitsversorgung; sie bedarf insoweit vielmehr erst einer Ausführungsgesetzgebung und ist in dieser Hinsicht non-self-executing (vgl zu Art 25 S 3 Buchst b UN-BRK bereits BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 23 ff mwN).

28

Ebenso gibt auch Art 13 Abs 2 Buchst c WiSoKuPakt (vom 19.12.1966, Ratifizierungsgesetz vom 23.11.1973, BGBl II 1569, in Kraft seit 3.1.1976 lt Bekanntmachung vom 9.3.1976, BGBl II 428) dem einzelnen Betroffenen keinen unmittelbaren Anspruch auf Hochschulunterricht; Fragen der Gesundheitsversorgung sind schon überhaupt nicht Gegenstand dieser Norm. Vielmehr erkennen die Vertragsstaaten darin an, dass im Hinblick auf die volle Verwirklichung des Rechts auf Bildung der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss. Dadurch eröffnet Art 13 WiSoKuPakt keine unmittelbaren individuellen Ansprüche, sondern verpflichtet die Vertragsstaaten nur, Schritte zur Verwirklichung des Art 13 WiSoKuPakt vorzunehmen ("obligation to take steps", vgl United Nations, Economic and Social Council, Committee on Economic, Social and Cultural Rights, Implementation of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, General Comment No 13, vom 8.12.1999, E/C.12/1999/10, Ziff 43). Mithin bedarf es auch zur Umsetzung dieser Norm einer Ausführungsgesetzgebung; auch sie ist non-self-executing.

29

4. Neben einer aus vermeintlich höherrangigem überstaatlichem Recht nicht herleitbaren Anspruchsberechtigung werden auch spezielle Diskriminierungsverbote zugunsten von Menschen mit Behinderung durch die aufgezeigte Auslegung des Ausnahmetatbestandes in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V nicht verletzt. Dies gilt sowohl in Hinblick auf Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK und Art 5 Abs 2 UN-BRK, als auch auf Art 3 Abs 3 S 2 GG.

30

Ob Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK, auf den sich der Kläger beruft, ein unmittelbar anwendbares spezielles Diskriminierungsverbot enthält (so BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 16 f), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Weder ein solches spezielles Diskriminierungsverbot noch das allgemeinere Diskriminierungsverbot des Art 5 Abs 2 UN-BRK oder Art 3 Abs 3 S 2 GG verhelfen dem Begehren des Klägers zum Erfolg. Ein solches Diskriminierungsverbot wäre - wie dasjenige des Art 5 Abs 2 UN-BRK - allerdings unmittelbar anwendbar (zu letzterem vgl BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 54; BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 29; Denkschrift der Bundesregierung zur UN-BRK, BT-Drucks 16/10808, S 45, 48; Masuch in Festschrift für Renate Jaeger, 2011, 245, 246, 250). Nach Art 5 Abs 2 UN-BRK verbieten die Vertragsstaaten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen. Davon umfasst sind alle Formen der Diskriminierung, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen. Im Sinne des Übereinkommens bedeutet "angemessene Vorkehrungen", dass notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen vorgenommen werden, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können (Art 2 UN-BRK). Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob aus Art 5 Abs 2 iVm Art 2 UN-BRK auch ein unmittelbar anwendbarer Anspruch auf angemessene Vorkehrungen folgt, oder ob nach Art 5 Abs 3 UN-BRK lediglich eine nicht im Verhältnis zu betroffenen Bürgern unmittelbar anwendbare Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierung besteht, alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten. Auch der weitergehenden Verpflichtung wäre vorliegend durch die Regelung in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V jedenfalls Genüge getan.

31

Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen entspricht das unmittelbar anwendbare Diskriminierungsverbot des Art 5 Abs 2 UN-BRK - wie auch ein mögliches spezielles Diskriminierungsverbot nach Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK - für den Zugang zur Pflichtversicherung in der GKV im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des Art 3 Abs 3 S 2 GG (vgl für das Leistungsrecht der GKV BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 140f Nr 1). Danach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Das Benachteiligungsverbot des Art 3 Abs 3 S 2 GG erschöpft sich jedoch nicht in der Anordnung, Menschen mit und ohne Behinderung rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Fördermaßnahme kompensiert wird (vgl BVerfGE 99, 341, 357; 96, 288, 303; BVerfGK 7, 269, 273; BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 31). Obwohl sie nur im Rang eines Bundesgesetzes steht, kann die UN-BRK dennoch als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte - speziell auch für das Verständnis des Art 3 Abs 3 S 2 GG (so im Ergebnis BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 54) - herangezogen werden (vgl BVerfGE 128, 282, 306 = NJW 2011, 2113, RdNr 52; BVerfGE 111, 307, 317; BSG, aaO).

32

Die gesetzliche Beschränkung der Versicherungspflicht als Student nach § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V auf das 14. Fachsemester, längstens auf die Vollendung des 30. Lebensjahres verstößt weder gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungs- noch gegen das konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Beschränkung knüpft nicht an eine Behinderung im verfassungsrechtlichen (vgl BVerfGE 96, 288, 301) und konventionsrechtlichen Sinne (vgl die Definition in Art 2 UN-BRK) an, sondern für Menschen mit und ohne Behinderung einheitlich an die Zahl der Fachsemester bzw das vollendete 30. Lebensjahr. Soweit sich hieraus eine indirekte Ungleichbehandlung (vgl hierzu zB Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 145 mwN) von Menschen mit Behinderung ergeben kann, weil diese aufgrund ihrer Behinderung möglicherweise wesentlich häufiger als andere Menschen daran gehindert sind, ein Studium bis zum regelmäßigen Ende der Versicherungspflicht als Student abzuschließen, wird dieser Nachteil hier gerade durch die Ausnahmevorschrift in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V kompensiert. Diese Vorschrift soll es nämlich gezielt auch Menschen mit Behinderung (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum GRG, BR-Drucks 200/88 = BT-Drucks 11/2237, jeweils S 159 zu § 5)ermöglichen, für die ua durch die Behinderung gerechtfertigte Zeit über die Grenzen des Halbs 1 hinaus weiterhin in die Versicherungspflicht einbezogen zu sein. Damit wird zugleich dem Förderungsgebot des Art 3 Abs 3 S 2 GG und der nach Art 5 Abs 2 iVm Art 2 bzw Art 5 Abs 3 UN-BRK bestehenden Verpflichtung zu "angemessenen Vorkehrungen" zur Gewährleistung des Genusses von Menschenrechten und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderung entsprochen.

33

Darüber hinaus können - entgegen der Ansicht des Klägers - auch Menschen mit Behinderung keine Versicherungspflicht als Student ohne jede Zeitgrenze verlangen. Vielmehr ist die aus dem Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V abzuleitende absolute Grenze durch die bereits oben unter 1. b) dargelegten weiteren Ziele des Gesetzgebers (= Verkürzung von Studienzeiten, Rückführung der GKV auf ihren Kern) gerechtfertigt. Zugleich steht - wie dargestellt - auch das konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot bezüglich der Verpflichtung zu "angemessenen Vorkehrungen" unter dem Vorbehalt einer unverhältnismäßigen oder unbilligen Belastung des Systems. Als eine solche unangemessene Belastung kann es aber entsprechend der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers angesehen werden, wenn Versicherte der GKV unbefristet und dadurch weit über den normalerweise dem Studium gewidmeten Lebensabschnitt hinaus den vollen Leistungsumfang der GKV zu einem sehr günstigen Beitrag in Anspruch nehmen könnten. Zugleich ist die Begrenzung des weiteren Verbleibs in der Versicherungspflicht als Student auf höchstens 14 Semester nach Vollendung des 30. Lebensjahres auch unter Typisierungsgesichtspunkten hinzunehmen. Der Gesetzgeber durfte berechtigterweise erwarten, dass der Großteil der Studierenden, bei denen vor Vollendung des 30. Lebensjahres Hinderungsgründe auftraten, innerhalb dieser Frist ihr Studium würde abschließen können. Eine über den üblicherweise dem Studium gewidmeten Lebensabschnitt hinausgehende, umfassende Versicherungspflicht für alle Studierenden war - gerade auch wegen der hiermit verbundenen Missbrauchsgefahr - seit Schaffung des GRG ausdrücklich nicht mehr gewollt.

34

5. Auch die weiteren vom Kläger gerügten vermeintlichen Verstöße gegen das GG liegen nicht vor.

35

a) Eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG "als Verstoß gegen das Willkürverbot" durch eine Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V im Sinne des Vorhandenseins einer absoluten Altersgrenze ist nicht ersichtlich. Willkürlich ist ein Richterspruch nach der Rechtsprechung des BVerfG nämlich nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. (Vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl BVerfGE 87, 273, 278 f; 89, 1, 13; 96, 189, 203; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13, 1 BvR 3572/13 - NZS 2014, 661, 662). Dass die vom Kläger kritisierte Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V bereits dem Wortlaut der Norm entspricht und durch andere anerkannte Methoden der Gesetzesauslegung bestätigt wird, ist oben unter 1. ausführlich dargelegt worden.

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b) Soweit der Kläger sich in seinem Grundrecht auf freie Berufswahl (Art 12 Abs 1 S 1 GG) verletzt fühlt, ist darauf hinzuweisen, dass der Senat bereits früher entschieden hat, dass eine solche Verletzung durch § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V nicht in Betracht kommt(BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 5 S 19): Die krankenversicherungsrechtliche Regelung über die Begrenzung der Versicherungspflicht als Student hat keinen die Berufswahl unmittelbar regelnden Charakter. Im Recht der GKV, insbesondere in der ursprünglich vorbehaltlos eingeführten Versichersicherungspflicht für Studenten, konkretisiert sich nicht das Recht auf freie Berufswahl mit der Folge, dass der Gesetzgeber diese einmal eingeführte beitragsgünstige Regelung uneingeschränkt hätte aufrechterhalten müssen (vgl ähnlich zur Leistungseinschränkung bei Unterhalts- und Übergangsgeld BVerfGE 76, 220, 247 = SozR 4100 § 242b Nr 3).

37

c) Auch eine vermeintliche Verletzung der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 GG) des Klägers wegen der Verweigerung von Teilhabe am Arbeitsleben kann nicht bejaht werden. Zwar verbinden sich nach der Rechtsprechung des BSG die soziale Grundrechtsgewährleistung aus Art 1 und Art 2 GG und die Berufsfreiheit dahin, dass Art 12 Abs 1 GG die inhaltlich maßgebenden Direktiven für die Auslegung der eingeräumten Leistungsrechte zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben zu entnehmen sind (BSGE 66, 275, 281 f = SozR 3-4100 § 56 Nr 1). Insoweit finden diese Rechte eine Konkretisierung in § 33 SGB IX, auf den sich auch der Kläger in diesem Zusammenhang bezieht. Gegenstand dieser Teilhaberechte ist aber nicht die Versicherungspflicht als Student in der GKV als solche; vielmehr sind die Kosten des Krankenversicherungsschutzes während eines im Sinne des Teilhaberechts erforderlichen Studiums eine Frage des Förderungsumfangs in diesem Rechtsgebiet.

38

d) Schließlich liegt gleichfalls die vom Kläger gerügte Verletzung von Art 1 Abs 1 und Art 2 Abs 1 GG durch eine gegen den Grundsatz "nulla poena sine culpa" vermeintlich stattfindende Zurechnung von Folgen von Behandlungsfehlern nicht vor. Der Kläger verkennt, dass das Ende der Versicherungspflicht in der GKV als Student kein Verschulden voraussetzt und erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres vorliegende Hinderungsgründe gänzlich unabhängig von der Frage eines - in welcher Hinsicht auch immer zu konkretisierenden - "Verschuldens" des Studenten generell nicht mehr zu einem Aufschub des Endes der Versicherungspflicht führen.

39

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über das Ende der Krankenversicherungspflicht des Klägers als Student.

2

Der 1963 geborene Kläger befindet sich seit März 1996 in fachärztlich-psychotherapeutischer Behandlung. Im Mai 2006 wurden bei ihm ein Asperger-Syndrom und eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert. Bereits im März 1983 hatte er ein Hochschulstudium aufgenommen, welches er auf ärztlichen Rat hin im Alter von 33 Jahren zum Wintersemester 1996/1997 abbrach, um ein Studium der Rechtswissenschaften zu beginnen. Nachdem die beklagte Krankenkasse den Kläger aufgrund seiner Erkrankung seit 1983 durchgehend als pflichtversicherten Studenten geführt hatte, stellte sie mit Bescheid vom 9.6.2009 das Ende der Versicherungspflicht zum 30.9.2009 fest.

3

Das SG hat die nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 31.8.2009) erhobene Klage abgewiesen: Ein Fortbestand der Versicherungspflicht als Student über die gesetzliche Höchstgrenze von 14 Fachsemestern bzw der Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus setze für den nicht zeitgerechten Studienabschluss ursächliche Hinderungsgründe voraus. Träten Hinderungsgründe erst zu einem Zeitpunkt nach Erreichen dieser Höchstgrenze auf, sei die notwendige Ursächlichkeit denknotwendig ausgeschlossen. Deshalb könne der Kläger trotz seiner Erkrankungen bzw Behinderungen allenfalls bis zur Vollendung seines 41. Lebensjahres als Student versicherungspflichtig sein. Als Hinderungszeit komme wegen des Kausalitätserfordernisses nämlich maximal ein Zwölf-Jahres-Zeitraum - entsprechend der typischen Zeit zwischen Abitur und Vollendung des 30. Lebensjahres - in Betracht. Dieses Ergebnis verstoße weder gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes zugunsten behinderter Menschen noch gegen die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), da es der Gesetzgeber behinderten Studenten ermöglicht habe, die in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V genannten Grenzen deutlich zu überschreiten und die vom Kläger angestrebte, über einen bloßen Nachteilsausgleich hinausgehende Kompensation nach der UN-BRK nicht geboten sei(Urteil vom 26.1.2010).

4

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und ergänzend zur Begründung des SG ua ausgeführt, dass § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V auch ohne ausdrückliche Nennung eine Grenze für die Verlängerung der Höchstdauer der Versicherungspflicht als Student immanent sei(Urteil vom 29.9.2011). Die vom SG angewandten Grundsätze fußten auf der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 8).

5

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V, § 45 Abs 2 S 1 SGB X, Art 25 UN-BRK sowie mehrerer Artikel des GG. Nach dem Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V, der Rechtsprechung des BSG und verschiedener Instanzgerichte der Sozialgerichtsbarkeit sowie der herrschenden Meinung im Schrifttum sei die Versicherungspflicht als Student entgegen der Ansicht der Beklagten und der Vorinstanzen nicht generell auf das 41. Lebensjahr begrenzt. Der abweichenden Ansicht von Peters (Kasseler Komm, § 5 SGB V, Stand Einzelkommentierung Juli 2010, RdNr 101, Stand Einzelkommentierung aktuell Mai 2014, RdNr 105) könne nicht gefolgt werden. Nach der abschließenden und lückenlosen gesetzlichen Regelung richte sich die Dauer der Versicherungspflicht als Student vielmehr ausschließlich nach den Umständen des Einzelfalls. § 45 Abs 2 S 1 SGB X sei hier unzutreffend unbeachtet geblieben, weil er sein Studium nur im Vertrauen darauf weitergeführt habe, von Studiengebühren befreit und als Student krankenversicherungspflichtig zu sein. Art 25 UN-BRK könne deshalb verletzt sein, weil eine Gesundheitsversorgung außerhalb der streitigen Versicherungspflicht für ihn nicht im Sinne der Konvention "erschwinglich" sei; wegen ausstehender Beiträge zur - ihm stattdessen seit 1.10.2009 aufgebürdeten - freiwilligen Krankenversicherung werde bei ihm bereits zwangsvollstreckt. Art 3 Abs 3 S 2 GG sei verletzt, weil die Beendigung der Versicherungspflicht als Student ihn gegenüber Nichtbehinderten und Behinderten ungerechtfertigt benachteilige, deren Versicherungspflicht nicht in Zweifel gezogen werde. Darüber hinaus lägen Verstöße gegen das Willkürverbot (Art 3 Abs 1 GG) und den Grundsatz "nulla poena sine culpa" (Art 1 Abs 1 iVm Art 2 Abs 1 GG) wegen ihm (dem Kläger) persönlich zugerechneter Folgen von ärztlichen Behandlungsfehlern vor. Zudem werde seine "Teilhabe gemäß Art 12 Abs 1 GG" verletzt, weil in seinem Fall ein Studium für den Eintritt in den Arbeitsmarkt alternativlos sein dürfte. Die Beendigung der Versicherungspflicht missachte auch Art 1 Abs 1 GG wegen eines Verstoßes gegen die Menschenwürde durch die nicht ermöglichte Teilhabe am Arbeitsleben. Schließlich sei der diskriminierungsfreie Zugang auch eines über Vierzigjährigen zu den Hochschulen durch Art 13 Abs 2 Buchst c des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WiSoKuPakt) grundsätzlich gewährleistet.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 2011 und des Sozialgerichts Mannheim vom 26. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2009 aufzuheben und festzustellen, dass er über den 30. September 2009 hinaus als Student versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten ist.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Das LSG hat zu Recht das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil bestätigt, weil der streitige Bescheid der Beklagten vom 9.6.2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.8.2009) nicht rechtswidrig ist, soweit darin das Ende der Versicherungspflicht des Klägers als Student zum 30.9.2009 festgestellt wird; über diesen Streitgegenstand hat der Senat allein zu befinden. Versicherungspflicht als Student bestand jedenfalls nicht über diesen Zeitpunkt hinaus, weshalb sowohl Anfechtungs- als auch Feststellungsantrag des Klägers unbegründet sind. Ein Überschreiten der Altersgrenze der Versicherungspflicht als Student (= Vollendung des 30. Lebensjahres) kann nur durch solche Hinderungsgründe im Sinne von § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V gerechtfertigt sein, die bereits vor Erreichen dieser Grenze vorlagen(hierzu 1.). Das Ende der Versicherungspflicht durfte die Beklagte ohne Verstoß gegen § 45 Abs 2 S 1 SGB X im angefochtenen Bescheid feststellen(hierzu 2.). Ein Anspruch des Klägers auf Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als Student besteht weder nach Art 25 UN-BRK noch nach Art 13 WiSoKuPakt (hierzu 3.). Die Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V durch den Senat verstößt weder gegen spezielle Diskriminierungsverbote zugunsten von Menschen mit Behinderungen in internationalen Verträgen oder im Grundgesetz(hierzu 4.) noch gegen andere Vorschriften des Grundgesetzes (hierzu 5.).

11

1. Die Versicherungspflicht des Klägers als Student bestand nicht über den 30.9.2009 hinaus.

12

Nach § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V(idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.1991, BGBl I 2325) sind - unter im vorliegenden Fall nicht relevanten weiteren Voraussetzungen - in der GKV versicherungspflichtig Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, "bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres"; Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nach Halbs 2 der Bestimmung "nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen".

13

Der Senat braucht vorliegend nicht zu entscheiden, ob an seiner früher geäußerten Auffassung festzuhalten ist, trotz des eine "Überschreitung" verlangenden Wortlauts des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V, könne Versicherungspflicht als Student unter Umständen auch bei Aufnahme eines Studiums erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres vorliegen (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 8 S 30 ff; kritisch zB Klose in Jahn, SGB V, Stand Einzelkommentierung 30.6.2011, § 5 RdNr 135). Jedenfalls war die Versicherungspflicht des Klägers als Student hier mit Ablauf des 30.9.2009 beendet; das hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zutreffend festgestellt. Das Bestehen der Versicherungspflicht des Klägers als Student bis zum 30.9.2009 und die diese Versicherungspflicht ggf feststellenden früheren Verwaltungsakte der Beklagten sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

14

Mit Blick auf die in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V genannte Altersgrenze (= Vollendung des 30. Lebensjahres) konnte Versicherungspflicht des Klägers als Student und eine Mitgliedschaft bei der Beklagten nach Ablauf eines Monats nach Ende des Sommersemesters 1993 (vgl § 190 Abs 9 SGB V, für die Zeit ab 19.5.1995 idF des 3. SGB V-ÄndG vom 10.5.1995, BGBl I 678) wegen Vollendung des 30. Lebensjahres im Juli 1993 nur noch unter den Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V fortbestehen. Diese Voraussetzungen lagen nach dem 30.9.2009 nicht mehr vor, denn ein Überschreiten der Altersgrenze des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V kann nur durch solche Hinderungsgründe im Sinne von § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V gerechtfertigt sein, dievor Erreichen dieser Grenze vorgelegen haben. Daraus folgt eine "absolute" Altersgrenze, über die hinaus auch bei fortlaufend vorliegenden Hinderungsgründen die Versicherungspflicht als Student nicht mehr fortbestehen kann. Dies ergibt eine Auslegung der Norm nach dem Wortlaut (hierzu a) und nach dem sich aus der Gesetzeshistorie und der Begründung des Gesetzentwurfs erschließenden Regelungszweck (hierzu b), ohne dass es einer vom Kläger - unter Berufung auf ein vermeintliches "Grundsatzurteil" des SG Hildesheim vom 14.11.1990 (S 2 Kr 62/90 - Breithaupt 1991, 290 f) - als rechtswidrig gerügten (lückenfüllenden) Analogie bedarf. Ebenso wenig bedarf es eines Rückgriffs auf die vom Kläger als ermächtigungslos kritisierten Ausführungen im "Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten, Praktikanten ohne Arbeitsentgelt, der zur Berufsausbildung Beschäftigten ohne Arbeitsentgelt und der Auszubildenden des Zweiten Bildungswegs" (Überarbeitete Fassung vom 21.3.2006, Die Beiträge 2006, 669 ff, 746 ff), die als Verwaltungsbinnenrecht ohnehin keine Bindungswirkung für die Gerichte entfalten. Abweichend von der Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten wird diese Höchstgrenze allerdings nicht erst durch die Vollendung des 41. Lebensjahres, sondern bereits durch die Vollendung des 37. Lebensjahres markiert (hierzu c).

15

a) § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V erlaubt kein unbefristetes Hinausschieben des Endes der Versicherungspflicht als Student, soweit und solange (überhaupt) nur Hinderungsgründe vor und/oder während des Studiums vorgelegen haben bzw weiter vorliegen. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, wonach die dort genannten Sachverhalte "die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen" müssen. Dem hat der Senat schon in der Vergangenheit entnommen, dass erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres vorliegende Hinderungsgründe die Überschreitung der Altersgrenze nicht mehr gerechtfertigt haben können (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 8 S 30 ff; dem folgend zB Klose in Jahn, SGB V, Stand Einzelkommentierung 30.6.2011, § 5 RdNr 147 aE; Felix in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 5 RdNr 68; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Werkstand 02/2013, K § 5 RdNr 389; vgl auch Peters in Kasseler Komm, Stand Einzelkommentierung Mai 2014, § 5 SGB V RdNr 105). Hieran ist entgegen der Ansicht des Klägers festzuhalten.

16

Hätte der Gesetzgeber im Sinne des Klägers die Versicherungspflicht auch nach Überschreiten des 30. Lebensjahres allein in Abhängigkeit vom Vorliegen von Hinderungsgründen als solchem (bzw in der Diktion des Klägers auch Verzögerungsgründen) quasi "unbefristet" bis zum jeweiligen Studienabschluss fortbestehen lassen wollen, so hätte eine an den Studienabschluss anknüpfende Gesetzesformulierung nahegelegen, wonach beispielsweise Versicherungspflicht auch nach Vollendung des 30. Lebensjahres solange besteht, wie ein Studium aufgrund bestimmter Hinderungsgründe nicht abgeschlossen werden kann. Eine Regelung diesen Inhalts enthält das Gesetz jedoch nicht.

17

Nicht zu folgen ist auch dem Argument des Klägers, die Verwendung der Zeitform Präsens für das Verb "rechtfertigen" in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V zwinge zu der Annahme, auchnach Vollendung des 30. Lebensjahres eingetretene Hinderungs- bzw "Verzögerungsgründe" führten zu einer weiteren Verlängerung der Versicherungspflicht. Insoweit verkennt er, dass auch bereits abgeschlossene Sachverhalte eine gegenwärtige Überschreitung der Alters- oder Fachsemestergrenze (befristet) noch rechtfertigen können.

18

Ebenso wenig kann der Ansicht des Klägers beigetreten werden, das Gesetz regele abschließend, dass sich Grenzen der Versicherungspflicht als Student ausschließlich aus den Umständen des Einzelfalls ergäben. Im Gegenteil folgt bereits aus der vorstehend dargestellten Wortlautauslegung, dass § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V eine Höchstgrenze immanent ist, indem er auf das Vorhandensein von Hinderungsgründen abstellt, die zu einer die Versicherungspflicht verlängernden Verzögerung im Studienablauf führten. Dass eine solche Höchstgrenze dort nicht explizit ausgesprochen wird, ist ohne Belang. Denn als Hinderungsgründe kommen ohnehin nur Sachverhalte aus der Zeit zwischen dem regelmäßigen Erwerb einer (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung durch den Betroffenen im Alter von etwa 17 bis 19 Jahren einerseits und der Vollendung des 30. Lebensjahres andererseits in Betracht. Diese Hinderungsgründe können nur vor der Aufnahme des Studiums sowie im Studienablauf in der Zeit bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres eingetretene Verzögerungen sein; nur solche Hinderungsgründe können überhaupt das Überschreiten dieser Grenze rechtfertigen. Für Verzögerungen im erst dann folgenden weiteren Studienverlauf, die bewirken, dass der Studienabschluss nicht innerhalb der nach dem Studienstand zum Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahres typischerweise noch notwendigen Semesterzahl erreicht werden kann, sind die in der Zeit vor Vollendung des 30. Lebensjahres bestehenden Hinderungsgründe nicht mehr ursächlich.

19

b) Die Existenz einer absoluten Obergrenze der Versicherungspflicht als Student, wie sie sich bereits nach dem Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V ergibt, entspricht auch dem sich aus der Gesetzeshistorie und der Begründung des Gesetzentwurfs erschließenden Regelungszweck der Norm. Der Senat hat schon in seinem Leiturteil vom 30.9.1992 (BSGE 71, 150 = SozR 3-2500 § 5 Nr 4; zur Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V im allgemeinen vgl auch die weiteren Urteile vom 30.9.1992 - BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 5 bis 8) unter Hinweis auf die Entwicklung der Versicherung von Studenten in der GKV und die Begründung zum Entwurf des GRG (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , BR-Drucks 200/88 = BT-Drucks 11/2237, jeweils S 159 zu § 5) dargelegt, dass es der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des GRG im Jahre 1988 für erforderlich gehalten hat, die beitragsgünstige Versicherung von Studenten zu begrenzen. Dabei hat der Gedanke der Missbrauchsabwehr zwar den Anstoß für die Begrenzung der kostengünstigen Versicherungspflicht als Student gegeben. Diese Begrenzung ist aber nicht auf die Abwehr einer missbräuchlichen Begründung der Versicherung beschränkt, sondern durch die Einführung allgemeiner Schranken in Bezug auf die Höchstdauer der Fachstudienzeit und das Alter des Studenten vorgenommen worden. Zugleich ist die gesetzliche Neuregelung im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zu sehen, mit denen die GKV wieder mehr auf ihren Kern als Beschäftigtenversicherung zurückgeführt worden ist (vgl im Einzelnen BSGE 71, 150, 152 f = SozR 3-2500 § 5 Nr 4 S 13 f).

20

Die Neugestaltung des Versicherungspflichttatbestandes für Studenten im Zuge der Schaffung des GRG diente folglich gerade dazu, die zuvor unabhängig vom Alter bestehende Versicherungspflicht eingeschriebener Studenten der staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen nach § 165 Abs 1 Nr 5 RVO(eingeführt durch das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten vom 24.6.1975, BGBl I 1536) hinsichtlich der Studiendauer und des Alters zu begrenzen. Die beitragsgünstige Versicherung als Student sollte damit ab 1.1.1989 nicht mehr allen Studenten offenstehen. Statt dessen wurde diese Versicherungspflicht nur noch für einen Zeitraum beibehalten, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (vgl bereits BSGE 71, 150 f = SozR 3-2500 § 5 Nr 4 S 11 f). Zwar hat der Gesetzgeber in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V Ausnahmen von dieser Beschränkung vorgesehen, jedoch soll diese Ausnahmeregelung nach der ausdrücklichen Formulierung in der Gesetzesbegründung "eng" ausgelegt werden(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , aaO). Dem widerspräche eine - nach Ansicht des Klägers und des von ihm in Bezug genommenen Urteils des SG Hildesheim vom 14.11.1990 (S 2 Kr 62/90 - Breithaupt 1991, 290 f) vermeintlich bestehende - "unbefristete" Verlängerungsmöglichkeit der Versicherungspflicht aufgrund der Ausnahmeregelung ebenso, wie dem an gleicher Stelle dokumentierten Willen, mit der Neuregelung der Versicherungspflicht als Student auch der Tendenz entgegenzuwirken, das Hochschulstudium zu verlängern. Zugleich wäre eine solche Interpretation des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V unvereinbar mit der aufgezeigten Absicht des Gesetzgebers, die GKV auch durch die zeitliche Beschränkung dieses Versicherungspflichttatbestandes wieder mehr auf ihren Kern der Beschäftigtenversicherung zurückzuführen.

21

c) Abweichend von der Ansicht der Vorinstanzen und der Beklagten wird die absolute Altersgrenze für die Versicherungspflicht als Student allerdings nicht erst durch die Vollendung des 41., sondern bereits durch die Vollendung des 37. Lebensjahres markiert. Denn die Altersgrenze des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V ist nicht einfach pauschal um die Dauer von Zeiten hinauszuschieben, in denen während des Zeitraums zwischen dem Alter des regelmäßigen Erwerbs einer (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung mit etwa 17 bis 19 Jahren und der Vollendung des 30. Lebensjahres Hinderungsgründe vorgelegen haben, im Extremfall also um 11 bis 13 Jahre, folglich bis zur Vollendung des 41. oder gar 43. Lebensjahres. Ein solches, die Kausalität des Hinderungsgrundes für die Überschreitung der Altersgrenze ungeprüft unterstellendes Verständnis hat der Senat in seiner Rechtsprechung bereits früher abgelehnt (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 6 S 23). Berücksichtigung finden können vielmehr nur solche Zeiten vor Vollendung des 30. Lebensjahres, in denen Gründe vorlagen, welche (entweder einzeln oder kumulativ) Studenten objektiv daran hinderten, eine Hochschulzugangsberechtigung zum üblichen Zeitpunkt zu erwerben, unmittelbar nach dem Erwerb der Zugangsberechtigung ein Studium aufzunehmen und/oder dieses planvoll und geordnet - also ohne aus den in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V genannten Gründen unvermeidbare Verzögerungen - abzuschließen. Dabei ist für jeden dieser Gründe gesondert zu prüfen, ob und für welche Zeitdauer sie tatsächlich ursächlich für das Überschreiten der Altershöchstgrenze waren (zu Berufsausbildung und mehrjähriger Berufstätigkeit nach einmaliger Nichtzulassung zu einem Studium vgl BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 6).

22

Vor diesem Hintergrund kann eine Versicherungspflicht als Student über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus wegen der Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V auf die Rechtfertigung des Überschreitens des 30. Lebensjahres und des daraus abzuleitenden Ausschlusses der Berücksichtigung von Hinderungs- bzw Verzögerungsgründen nach dessen Vollendung höchstens für diejenige Zeitdauer fortbestehen, die das Gesetz allgemein auch vor Erreichen dieser Altersgrenze als für den Fortbestand des kostengünstigen Krankenversicherungsschutzes unschädlich akzeptiert. Dies ist aber nicht generell ein Studium über elf oder zwölf Jahre bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, vielmehr markiert die Vollendung des 30. Lebensjahres nur eine zeitliche Obergrenze: In der Ausgangsnorm des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V heißt es nämlich"längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres". Vorausgesetzt wird in der Norm dabei (ebenfalls ungeschrieben) zum einen, dass die Versicherungspflicht als Student maximal überhaupt nur bis zu einem (vorherigen) Studienabschluss bestehen kann. Für dessen Erreichen wird selbst in der Zeit vor Vollendung des 30. Lebensjahres lediglich ein Zeitraum von 14 Fachsemestern, also regelmäßig von sieben Jahren, als ausreichend erachtet und Versicherungspflicht ist grundsätzlich nur für eben diese Dauer vorgesehen.

23

Diese gesetzliche Ausgestaltung des "Regelfalls" muss auch Richtschnur für die Bestimmung des höchstmöglichen zeitlichen Umfangs der Versicherungspflicht für Zeiten nach dem vollendeten 30. Lebensjahr sein: Zuvor aufgetretene und anerkannte Gründe, die ursächlich dafür waren, dass ein Studium bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht abgeschlossen werden konnte, können dagegen nicht mehr ursächlich dafür sein, dass ein Studium nicht innerhalb von sieben weiteren Jahren nach Vollendung des 30. Lebensjahres beendet werden kann. Solche Verzögerungen nach dem 30. Lebensjahr können nur auf Gründen beruhen, die nach dem 30. Lebensjahr (ggf weiter) vorliegen bzw neu hinzutreten. Für die "Überschreitung" der Altershöchstgrenze als solche können diese Gründe daher nicht mehr ursächlich gewesen sein. Allein auf die Ursächlichkeit der Überschreitung der Altersgrenze als solche stellt der Verlängerungstatbestand des § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V nach Wortlaut und Regelungszweck aber ab.

24

Die Versicherungspflicht als Student und die darauf beruhende Mitgliedschaft in der GKV endet daher selbst in Extremfällen wie dem vorliegenden, in dem das LSG bei dem Kläger für die gesamte Zeit vom Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung spätestens mit 19 Jahren bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres Hinderungsgründe angenommen hat, spätestens mit Ablauf eines Monats nach Ende des Semesters (vgl § 190 Abs 9 SGB V), in dem der Betroffene das 37. Lebensjahr vollendet. Ob eine solche Beschränkung auch bei atypischen Studiengängen gilt, die ihrer Art nach nicht planmäßig innerhalb von 14 Fachsemestern abgeschlossen werden können, kann vorliegend dahinstehen. Im Falle des Klägers endete die Versicherungspflicht als Student nach den dargestellten Erwägungen - das Ende des Sommersemesters am 30.9.2000 unterstellt - spätestens am 31.10.2000, also weit vor dem streitigen von der Beklagten festgestellten Beendigungszeitpunkt des 30.9.2009.

25

2. Der vom Kläger gegen die Beendigung seines Krankenversicherungsschutzes als Student am 30.9.2009 ins Feld geführte Verstoß gegen § 45 Abs 2 S 1 SGB X liegt nicht vor. Dies gilt schon deshalb, weil durch den - wie oben dargestellt - vorliegend allein angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 9.6.2009 gar kein den Kläger zuvor begünstigender Verwaltungsakt ausdrücklich oder inzident zurückgenommen wurde. Insbesondere kann diesem Bescheid nicht entnommen werden, dass die Beklagte überhaupt schon irgendwann einmal zuvor durch einen Verwaltungsakt die Versicherungspflicht des Klägers über den 30.9.2009 hinaus festgestellt hätte. Dass ein solcher Verwaltungsakt anderweitig ergangen war, hat das LSG nicht festgestellt, ohne dass der Kläger diesbezüglich in seinem Revisionsvorbringen Verfahrensrügen erhoben hat. Für einen derartigen Sachverhalt bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte.

26

3. Ein Anspruch des Klägers auf eine kostengünstige Pflichtversicherung in der GKV als Student über den 30.9.2009 hinaus kann unbeschadet dessen nicht aus überstaatlichem Recht hergeleitet werden, weder aus Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK noch aus Art 13 Abs 2 Buchst c WiSoKuPakt.

27

Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK (vom 13.12.2006, Ratifizierungsgesetz vom 21.12.2008, BGBl II 1419, in Kraft seit 26.3.2009 lt Bekanntmachung vom 5.6.2009, BGBl II 812) gilt in der deutschen Rechtsordnung im Range eines einfachen Bundesgesetzes (vgl zu Art 25 S 3 Buchst b UN-BRK BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 18 ff mwN). Sie verpflichtet die Vertragsstaaten, Menschen mit Behinderung eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung zu stellen, wie anderen Menschen. Der Wortlaut der verbindlichen (vgl Art 50 Abs 1 UN-BRK) englischen Fassung "provide" (bzw "fournissent" in der französischen Fassung) verlangt lediglich ein "zur Verfügung stellen" bzw "anbieten". Die Norm gibt damit ihrem Regelungsinhalt nach keinen unmittelbaren Anspruch auf eine Gesundheitsversorgung; sie bedarf insoweit vielmehr erst einer Ausführungsgesetzgebung und ist in dieser Hinsicht non-self-executing (vgl zu Art 25 S 3 Buchst b UN-BRK bereits BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 23 ff mwN).

28

Ebenso gibt auch Art 13 Abs 2 Buchst c WiSoKuPakt (vom 19.12.1966, Ratifizierungsgesetz vom 23.11.1973, BGBl II 1569, in Kraft seit 3.1.1976 lt Bekanntmachung vom 9.3.1976, BGBl II 428) dem einzelnen Betroffenen keinen unmittelbaren Anspruch auf Hochschulunterricht; Fragen der Gesundheitsversorgung sind schon überhaupt nicht Gegenstand dieser Norm. Vielmehr erkennen die Vertragsstaaten darin an, dass im Hinblick auf die volle Verwirklichung des Rechts auf Bildung der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss. Dadurch eröffnet Art 13 WiSoKuPakt keine unmittelbaren individuellen Ansprüche, sondern verpflichtet die Vertragsstaaten nur, Schritte zur Verwirklichung des Art 13 WiSoKuPakt vorzunehmen ("obligation to take steps", vgl United Nations, Economic and Social Council, Committee on Economic, Social and Cultural Rights, Implementation of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, General Comment No 13, vom 8.12.1999, E/C.12/1999/10, Ziff 43). Mithin bedarf es auch zur Umsetzung dieser Norm einer Ausführungsgesetzgebung; auch sie ist non-self-executing.

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4. Neben einer aus vermeintlich höherrangigem überstaatlichem Recht nicht herleitbaren Anspruchsberechtigung werden auch spezielle Diskriminierungsverbote zugunsten von Menschen mit Behinderung durch die aufgezeigte Auslegung des Ausnahmetatbestandes in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V nicht verletzt. Dies gilt sowohl in Hinblick auf Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK und Art 5 Abs 2 UN-BRK, als auch auf Art 3 Abs 3 S 2 GG.

30

Ob Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK, auf den sich der Kläger beruft, ein unmittelbar anwendbares spezielles Diskriminierungsverbot enthält (so BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 16 f), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Weder ein solches spezielles Diskriminierungsverbot noch das allgemeinere Diskriminierungsverbot des Art 5 Abs 2 UN-BRK oder Art 3 Abs 3 S 2 GG verhelfen dem Begehren des Klägers zum Erfolg. Ein solches Diskriminierungsverbot wäre - wie dasjenige des Art 5 Abs 2 UN-BRK - allerdings unmittelbar anwendbar (zu letzterem vgl BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 54; BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 29; Denkschrift der Bundesregierung zur UN-BRK, BT-Drucks 16/10808, S 45, 48; Masuch in Festschrift für Renate Jaeger, 2011, 245, 246, 250). Nach Art 5 Abs 2 UN-BRK verbieten die Vertragsstaaten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen. Davon umfasst sind alle Formen der Diskriminierung, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen. Im Sinne des Übereinkommens bedeutet "angemessene Vorkehrungen", dass notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen vorgenommen werden, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können (Art 2 UN-BRK). Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob aus Art 5 Abs 2 iVm Art 2 UN-BRK auch ein unmittelbar anwendbarer Anspruch auf angemessene Vorkehrungen folgt, oder ob nach Art 5 Abs 3 UN-BRK lediglich eine nicht im Verhältnis zu betroffenen Bürgern unmittelbar anwendbare Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierung besteht, alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten. Auch der weitergehenden Verpflichtung wäre vorliegend durch die Regelung in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V jedenfalls Genüge getan.

31

Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen entspricht das unmittelbar anwendbare Diskriminierungsverbot des Art 5 Abs 2 UN-BRK - wie auch ein mögliches spezielles Diskriminierungsverbot nach Art 25 S 3 Buchst a UN-BRK - für den Zugang zur Pflichtversicherung in der GKV im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des Art 3 Abs 3 S 2 GG (vgl für das Leistungsrecht der GKV BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 140f Nr 1). Danach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Das Benachteiligungsverbot des Art 3 Abs 3 S 2 GG erschöpft sich jedoch nicht in der Anordnung, Menschen mit und ohne Behinderung rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Fördermaßnahme kompensiert wird (vgl BVerfGE 99, 341, 357; 96, 288, 303; BVerfGK 7, 269, 273; BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 31). Obwohl sie nur im Rang eines Bundesgesetzes steht, kann die UN-BRK dennoch als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte - speziell auch für das Verständnis des Art 3 Abs 3 S 2 GG (so im Ergebnis BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 54) - herangezogen werden (vgl BVerfGE 128, 282, 306 = NJW 2011, 2113, RdNr 52; BVerfGE 111, 307, 317; BSG, aaO).

32

Die gesetzliche Beschränkung der Versicherungspflicht als Student nach § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 1 SGB V auf das 14. Fachsemester, längstens auf die Vollendung des 30. Lebensjahres verstößt weder gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungs- noch gegen das konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Beschränkung knüpft nicht an eine Behinderung im verfassungsrechtlichen (vgl BVerfGE 96, 288, 301) und konventionsrechtlichen Sinne (vgl die Definition in Art 2 UN-BRK) an, sondern für Menschen mit und ohne Behinderung einheitlich an die Zahl der Fachsemester bzw das vollendete 30. Lebensjahr. Soweit sich hieraus eine indirekte Ungleichbehandlung (vgl hierzu zB Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 145 mwN) von Menschen mit Behinderung ergeben kann, weil diese aufgrund ihrer Behinderung möglicherweise wesentlich häufiger als andere Menschen daran gehindert sind, ein Studium bis zum regelmäßigen Ende der Versicherungspflicht als Student abzuschließen, wird dieser Nachteil hier gerade durch die Ausnahmevorschrift in § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB V kompensiert. Diese Vorschrift soll es nämlich gezielt auch Menschen mit Behinderung (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum GRG, BR-Drucks 200/88 = BT-Drucks 11/2237, jeweils S 159 zu § 5)ermöglichen, für die ua durch die Behinderung gerechtfertigte Zeit über die Grenzen des Halbs 1 hinaus weiterhin in die Versicherungspflicht einbezogen zu sein. Damit wird zugleich dem Förderungsgebot des Art 3 Abs 3 S 2 GG und der nach Art 5 Abs 2 iVm Art 2 bzw Art 5 Abs 3 UN-BRK bestehenden Verpflichtung zu "angemessenen Vorkehrungen" zur Gewährleistung des Genusses von Menschenrechten und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderung entsprochen.

33

Darüber hinaus können - entgegen der Ansicht des Klägers - auch Menschen mit Behinderung keine Versicherungspflicht als Student ohne jede Zeitgrenze verlangen. Vielmehr ist die aus dem Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V abzuleitende absolute Grenze durch die bereits oben unter 1. b) dargelegten weiteren Ziele des Gesetzgebers (= Verkürzung von Studienzeiten, Rückführung der GKV auf ihren Kern) gerechtfertigt. Zugleich steht - wie dargestellt - auch das konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot bezüglich der Verpflichtung zu "angemessenen Vorkehrungen" unter dem Vorbehalt einer unverhältnismäßigen oder unbilligen Belastung des Systems. Als eine solche unangemessene Belastung kann es aber entsprechend der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers angesehen werden, wenn Versicherte der GKV unbefristet und dadurch weit über den normalerweise dem Studium gewidmeten Lebensabschnitt hinaus den vollen Leistungsumfang der GKV zu einem sehr günstigen Beitrag in Anspruch nehmen könnten. Zugleich ist die Begrenzung des weiteren Verbleibs in der Versicherungspflicht als Student auf höchstens 14 Semester nach Vollendung des 30. Lebensjahres auch unter Typisierungsgesichtspunkten hinzunehmen. Der Gesetzgeber durfte berechtigterweise erwarten, dass der Großteil der Studierenden, bei denen vor Vollendung des 30. Lebensjahres Hinderungsgründe auftraten, innerhalb dieser Frist ihr Studium würde abschließen können. Eine über den üblicherweise dem Studium gewidmeten Lebensabschnitt hinausgehende, umfassende Versicherungspflicht für alle Studierenden war - gerade auch wegen der hiermit verbundenen Missbrauchsgefahr - seit Schaffung des GRG ausdrücklich nicht mehr gewollt.

34

5. Auch die weiteren vom Kläger gerügten vermeintlichen Verstöße gegen das GG liegen nicht vor.

35

a) Eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG "als Verstoß gegen das Willkürverbot" durch eine Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V im Sinne des Vorhandenseins einer absoluten Altersgrenze ist nicht ersichtlich. Willkürlich ist ein Richterspruch nach der Rechtsprechung des BVerfG nämlich nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. (Vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl BVerfGE 87, 273, 278 f; 89, 1, 13; 96, 189, 203; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13, 1 BvR 3572/13 - NZS 2014, 661, 662). Dass die vom Kläger kritisierte Auslegung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V bereits dem Wortlaut der Norm entspricht und durch andere anerkannte Methoden der Gesetzesauslegung bestätigt wird, ist oben unter 1. ausführlich dargelegt worden.

36

b) Soweit der Kläger sich in seinem Grundrecht auf freie Berufswahl (Art 12 Abs 1 S 1 GG) verletzt fühlt, ist darauf hinzuweisen, dass der Senat bereits früher entschieden hat, dass eine solche Verletzung durch § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V nicht in Betracht kommt(BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 5 S 19): Die krankenversicherungsrechtliche Regelung über die Begrenzung der Versicherungspflicht als Student hat keinen die Berufswahl unmittelbar regelnden Charakter. Im Recht der GKV, insbesondere in der ursprünglich vorbehaltlos eingeführten Versichersicherungspflicht für Studenten, konkretisiert sich nicht das Recht auf freie Berufswahl mit der Folge, dass der Gesetzgeber diese einmal eingeführte beitragsgünstige Regelung uneingeschränkt hätte aufrechterhalten müssen (vgl ähnlich zur Leistungseinschränkung bei Unterhalts- und Übergangsgeld BVerfGE 76, 220, 247 = SozR 4100 § 242b Nr 3).

37

c) Auch eine vermeintliche Verletzung der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 GG) des Klägers wegen der Verweigerung von Teilhabe am Arbeitsleben kann nicht bejaht werden. Zwar verbinden sich nach der Rechtsprechung des BSG die soziale Grundrechtsgewährleistung aus Art 1 und Art 2 GG und die Berufsfreiheit dahin, dass Art 12 Abs 1 GG die inhaltlich maßgebenden Direktiven für die Auslegung der eingeräumten Leistungsrechte zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben zu entnehmen sind (BSGE 66, 275, 281 f = SozR 3-4100 § 56 Nr 1). Insoweit finden diese Rechte eine Konkretisierung in § 33 SGB IX, auf den sich auch der Kläger in diesem Zusammenhang bezieht. Gegenstand dieser Teilhaberechte ist aber nicht die Versicherungspflicht als Student in der GKV als solche; vielmehr sind die Kosten des Krankenversicherungsschutzes während eines im Sinne des Teilhaberechts erforderlichen Studiums eine Frage des Förderungsumfangs in diesem Rechtsgebiet.

38

d) Schließlich liegt gleichfalls die vom Kläger gerügte Verletzung von Art 1 Abs 1 und Art 2 Abs 1 GG durch eine gegen den Grundsatz "nulla poena sine culpa" vermeintlich stattfindende Zurechnung von Folgen von Behandlungsfehlern nicht vor. Der Kläger verkennt, dass das Ende der Versicherungspflicht in der GKV als Student kein Verschulden voraussetzt und erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres vorliegende Hinderungsgründe gänzlich unabhängig von der Frage eines - in welcher Hinsicht auch immer zu konkretisierenden - "Verschuldens" des Studenten generell nicht mehr zu einem Aufschub des Endes der Versicherungspflicht führen.

39

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.