Gericht

Sozialgericht Nürnberg

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 10.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2016 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine minimalinvasive adipositaschirurgische Maßnahme als Sachleistung zu gewähren.

II. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für eine bariatrische Operation.

Der 1979 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich gegen Krankheit versichert. Am 29.07.2015 ging bei der Beklagten der Antrag des Klägers auf Kostenübernahme einer bariatrischen Operation ein. Beigefügt waren ärztliche Unterlagen, u.a. der Bericht über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2013, ein Gutachten des Stadtkrankenhauses G-Stadt und eine Bescheinigung über eine durchgeführte Ernährungsberatung (5 Termine).

Die Beklagte beteiligte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Dieser führte aus, dass beim Kläger eine Adipositas (BMI von 40 und mehr) vorliegen würde. Eine Gewichtsreduktion sei bei dem Patienten sinnvoll und erstrebenswert. Für einen bariatrischen Eingriff werde eine nachweisliche Erschöpfung der konservativen Therapie gefordert. Im konkreten Fall sei die konservative Behandlung, d.h. fortlaufende diätetische, bewegungstherapeutische und verhaltenstherapeutische Maßnahmen, nicht maximal ausgeschöpft. Die konservative Behandlung sollte mindestens 6 Monate im multimodalen Konzept nachgewiesen werden. In den vorliegenden Unterlagen werde ein Essverhalten mit zu viel und falsch in der Zusammenstellung angegeben. Ernährungsprotokolle zur Beurteilung des Essverhaltens und eine Änderung nach erfolgter Ernährungstherapie lägen nicht vor. Körperliche Aktivität/Bewegung werde nicht umgesetzt. Bewegungsprotokolle lägen nicht vor. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen seien aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.

Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.08.2016 den Antrag des Klägers ab.

Hiergegen legte der Kläger mit am 08.09.2015 eingegangenen Schreiben Widerspruch ein. Er machte Ausführungen zu seinen körperlichen Aktivitäten und übersandte einen beispielhaften Ernährungsplan.

Beigefügt war außerdem ein Widerspruchsschreiben des Stadtkrankenhauses G-Stadt vom 01.09.2015. In diesem wird ausgeführt, beim Kläger handle es sich um eine ausgeprägte Adipositas mit einem Ausgangs-BMI von 51,1 kg/m². Langjährig seien hier bereits konservative Maßnahmen, einschließlich einer stationären Therapie im Jahr 2012 erfolgt. Eine nahezu 6-monatige Ernährungstherapie habe zu einer Gewichtsreduktion von 2kg geführt, was im Ergebnis völlig unzureichend sei. Es sei eine erneute psychiatrische Beurteilung erfolgt, die den bariatrischen Eingriff ebenfalls befürworte. Die Notwendigkeit einer neuerlichen psychiatrisch-verhaltensmodulierenden Therapiemaßnahme sei hierbei nicht gesehen worden.

Insgesamt müssten bei dem Ausgangs-BMI und dieser Vorgeschichte die Erfolgsaussichten weiterer konservativer Maßnahmen aus ausgeschöpft angesehen werden.

Die Beklagte beteiligte noch einmal den MDK. Das Ergebnis der Beurteilung änderte sich nicht (Stellungnahme vom 05.11.2015).

In der Folge zeigte der Bevollmächtigte des Klägers die Vertretung an. Dieser führte aus, dass oberhalb eines BMI von 50 die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg sei. Es existiere keine einzige Studie, welche den Erfolg nicht-chirurgischer Adipositastherapien in dieser Patientengruppe belege. Der Erfolg chirurgischer Interventionen sei für diese Patientengruppe evidenzbasiert nachgewiesen.

Es bestehe eine primäre Operationsindikation i.S.d. S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas“: „Lassen Art und/oder Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale Gegebenheiten bei Erwachsenen annehmen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben werden könne oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist, kann in Ausnahmefällen auch primär eine chirurgische Therapie durchgeführt werden.“

Weiterhin bestehe die Primäre Operationsindikation auch i.S.d. aktuellen S3-Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“, in der ein BMI >50 kg/m² als Indikation für eine chirurgische Therapie ohne präoperative konservative Therapie genannt werde.

Mit Bescheid vom 26.01.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Das Bundessozialgericht führe aus, dass die bariatrische Operation nur als letztes Mittel und nur bei Patienten in Betracht komme, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen würden.

Dazu gehörten ein Body-Mass-Index von mindestens 40, Erschöpfung konservativer Behandlungsmethoden, ein tolerables OP-Risiko, ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung sowie die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung.

Der Verzicht auf eine konservative Therapie sei lediglich in dem Ausnahmefall denkbar, in dem der Patient immobil sei oder andere Umstände vorliegen würden, die eine erfolgreiche Therapie praktisch nicht ermöglichen würden, z.B. ein extrem hoher Insulinbedarf.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28.02.2016 erhob der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Nürnberg.

Der Kläger beantragt - unter Verweis auf die aktuelle patientenfreundliche Rechtsprechung 1. und 2. Instanzen - den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2016 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine minimalinvasive adipositaschirurgische Maßnahme als Sachleistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

Das Gericht holte zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers ein.

Danach erhob es Beweis durch ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten durch Dr. D., A-Stadt.

Dieser führte im Gutachten vom 14.08.2016 aus, dass beim Kläger zurzeit ein Körpergewicht von 176kg bei einer Körpergröße von 175cm vorliege.

Das beim Kläger vorliegende deutliche Übergewicht habe zu mehreren erheblichen Begleiterkrankungen geführt: beidseitige Gonarthrose, Varikosis mit Lip-Lymphödem, Achillodynie auf der linken Seite, Schlafapnoe-Syndrom, arterielle Hypertonie, Hyperurikämie (ohne manifestes Gichtleiden), milder toxischer Leberparenchymschaden.

Der Gutachter halte in Anbetracht des Gewichtsverlaufs und der Adipositas-Anamnese die konservativen Maßnahmen noch nicht für ausgeschöpft. Während die Bewegungskomponente und die verhaltenstherapeutischen Empfehlungen erfüllt seien, sei die Ernährungsberatung zwar in Ansätzen früher bereits von dem Kläger mitgestaltet worden, aber dennoch seines Erachtens nach nicht ausreichend ausgenutzt worden.

Auf das ausführliche Gutachten (Gerichtsakte Bl. 86-114) wird verwiesen.

Der Kläger erklärte sich in der Folge bereit, die vom Gutachter für notwendig erachtete 6-monatige Ernährungsberatung durchzuführen. Mit Schriftsatz vom 21.03.2017 wurde vorgetragen, dass eine solche seitens der Beklagten bis zu diesem Tag nicht bewilligt worden sei.

Es wurde Antrag auf gutachterliche Anhörung von Dr. E. gem. § 109 SGG gestellt.

Auch seitens Dr. E. wird im Gutachten vom 24.07.2017 ausgeführt, dass es beim Kläger bereits zu massiven Begleiterkrankungen der Adipositas gekommen sei.

Eine konservative Therapie der Adipositas biete grundsätzlich nur sehr eingeschränkte langfristige Erfolgschancen und habe in diesem speziellen Fall keine Aussicht auf Erfolg mehr. Dies zeige auch der individuelle Krankheits- und Therapieverlauf. Der Kläger habe bereits eine konservative Therapie erfolglos durchgeführt. Gemäß der Leitlinie, die eine 6-monatige Therapie fordere, sei diese mit 5 Terminen in 4 Monaten nicht ganz vollständig gewesen, jedoch in der multimodalen Form und der dokumentierten Qualität korrekt. Angesichts des mit lediglich 2kg Gewichtsreduktion ausbleibenden Erfolgs sei diese Therapie in jedem Fall ausreichend gewesen, um zu belegen, dass sich hierdurch keine ausgeprägte und nachhaltige Gewichtsreduktion mehr erreichen lasse. Selbst wenn in den fehlenden 2 Monaten noch einmal das Doppelte an Gewichtsreduktion erreicht worden wäre, wäre auch dies nach der Leitlinie kein ausreichender Erfolg gewesen. Die in diesem Fall durchgeführte Therapie unterstreiche eine bereits zu Beginn der Therapie nicht mehr zu erwartende Wirkung der konservativen Therapie.

Auch die in der Literatur vorliegenden Ergebnisse würden das in diesem Fall vorliegende Kriterium der Primärindikation mit BMI größer 50kg/m² unterstreichen.

Auf das ausführliche Gutachten (Bl. 147-169 d. Gerichtsakte) wird verwiesen.

Seitens der Beklagten wurde weiterhin die Durchführung eines multimodalen Konzepts für mindestens 6 Monate für notwendig erachtet.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat Erfolg.

Der Anspruch des Klägers auf Gewährung der beantragten Maßnahme ergibt sich als Sachleistungsanspruch aus §§ 27, 29, 12 SGB V.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch eine Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 5 SGB V). Im Hinblick auf den Antrag des Klägers vom 29.07.2015 liegen die Voraussetzungen für einen solchen Sachleistungsanspruch vor.

Bei dem Stadtkrankenhaus G-Stadt handelt es sich um ein zugelassenes Krankenhaus, und die begehrte Maßnahme muss stationär durchgeführt werden. Beim Kläger liegt auch eine Krankheit vor. Krankheit ist dabei ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder zugleich bzw. allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht. Die beim Kläger vorliegende Adipositas permagna mit einem BMI von über 40 stellt eine Krankheit in diesem Sinne dar (vgl. zu den Voraussetzungen BSG, Urteil vom 19.02.2003 - B 1 KR 1/02 R = BSGE 90, 289).

Grundsätzlich können auch die Kosten für Maßnahmen einer Gewichtsreduktion in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung fallen. Da das Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist allerdings zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung aller Behandlungsalternativen (wie z. B. diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie und Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich ist. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der bariatrischen Operation um eine mittelbare Krankenbehandlung handelt, da an einem funktionell intakten Organ die Behandlung einer anderweitigen krankhaften Funktionsstörung erfolgt. Nach den hier vorliegenden Unterlagen geht die Kammer davon aus, dass Ursache für das Übergewicht des Klägers letztlich sein krankhaftes Essverhalten ist. Der chirurgische Eingriff an seinem funktionell intakten Magen soll die Nahrungsaufnahme begrenzen. Dies bedarf einer speziellen Rechtfertigung, denn eine mittelbare Krankenbehandlung ist nur dann ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 SGB V, wenn sie nach Art und Schwere der Erkrankung, Dringlichkeit der Intervention sowie nach Abwägung der Risiken und des zu erwartenden Nutzens der Therapie sowie etwaiger Folgekosten für die Krankenversicherung gerechtfertigt ist (vgl. BSG a.a.O., ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.10.2011 - L 5 KR 12/11, abgedruckt in juris). Die Maßnahme muss ultima ratio sein.

Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Viszeral-Chirurgie - Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie ist eine Operation am Magen zur Behandlung einer Adipositas grundsätzlich nur indiziert, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllt werden. Diese Leitlinien stellen eine für die Beurteilung des Gerichts sachgerechte Entscheidungshilfe dar. Voraussetzungen sind nach diesen Leitlinien insbesondere: Ein BMI über 40 bzw. ein BMI über 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen, die Erschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten, ein tolerables Operationsrisiko, keine manifeste psychiatrische Erkrankung sowie die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachsorge. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten sind dann erschöpft, wenn durch eine multimodale konservative Therapie innerhalb von mindestens 6 Monaten das Therapieziel nicht erreicht und gehalten wurde. Die Möglichkeiten zur Ernährungstherapie sind dann ausgeschöpft, wenn mittels einer energiereduzierten Mischkost und weiteren ernährungsmedizinischen Maßnahmen das Therapieziel nicht erreicht wurde. Zusätzlich ist nachzuweisen, dass ausreichend Bewegung vorhanden war und keine manifeste psychische Erkrankung vorliegt. Lassen Art und Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale Gegebenheiten annehmen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben werden kann oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist, kann in Ausnahmefällen auch eine chirurgische Therapie als primäre Operationsindikation durchgeführt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt die vorliegend begehrte bariatrische Operation ultima ratio zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Adipositas dar. Konservative Behandlungsmöglichkeiten, die eine relevante und vor allen Dingen dauerhafte Gewichtsreduzierung ermöglichen, sind nach Auffassung des Gerichts unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Behandlungsunterlagen nicht mehr gegeben. Beim Kläger besteht seit langer Zeit ein erhebliches Übergewicht. Er hat glaubhaft eine Vielzahl ernsthafter Abnehmversuche unternommen, die zu keiner erheblichen Reduzierung des Gewichts geführt haben. Insbesondere hat die über vier Monate durchgeführte multimodale Therapie nur zu einer Gewichtsreduktion von 2kg geführt. Der Kläger hat einen BMI von über 50 erreicht. Es liegen mittlerweile zahlreiche Begleiterkrankungen vor.

Hinsichtlich der Ultimaratio-Situation folgt die Kammer der gutachterlichen Beurteilung von Dr. E. und macht sich dessen nachvollziehbare Feststellungen zu eigen. Dieser führt aus, der Kläger habe bereits eine konservative Therapie erfolglos durchgeführt. Gemäß der Leitlinie, die eine 6-monatige Therapie fordere, sei diese mit 5 Terminen in 4 Monaten nicht ganz vollständig gewesen, jedoch in der multimodalen Form und der dokumentierten Qualität korrekt. Angesichts des mit lediglich 2kg Gewichtsreduktion ausbleibenden Erfolgs sei diese Therapie in jedem Fall ausreichend gewesen, um zu belegen, dass sich hierdurch keine ausgeprägte und nachhaltige Gewichtsreduktion mehr erreichen lasse. Selbst wenn in den fehlenden 2 Monaten noch einmal das Doppelte an Gewichtsreduktion erreicht worden wäre, wäre auch dies nach der Leitlinie kein ausreichender Erfolg gewesen.

Diese Schlussfolgerungen sind für die Kammer nachvollziehbar. Eine Veränderung des Gewichts von 2kg liegt schon bei einem Normalgewichtigen im Rahmen des üblichen Schwankungsbereichs, bei einem Ausgangsgewicht von nahezu 200kg noch viel mehr. Es ist daher davon auszugehen, dass die viermonatige Durchführung des multimodalen Therapiekonzepts überhaupt keinen Therapieerfolg gebracht hatte. Die Forderung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. D. nach einem erneuten Therapieversuch wäre nach Ansicht der Kammer tatsächlich eine bloße Förmelei und würde im schlimmsten Fall dazu führen, dass in dieser Zeit eine weitere Gewichtszunahme und/oder eine Verschlechterung der Begleiterkrankungen erfolgen würde.

Der Kläger hat glaubhaft nachgewiesen, dass er jedenfalls 4 Monate an einer ambulanten Ernährungstherapie teilgenommen hat. Auch eine Bereitschaft zur Mitarbeit und eine hohe Motivation wurden von ihm glaubhaft gemacht. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass beim Kläger keine psychiatrische Erkrankung vorliegt, die einer Operation entgegensteht.

Die Kammer ist der Überzeugung, dass es dem Kläger nicht gelingen kann, unter einer Fortführung der multimodalen Therapie weiter wesentlich an Gewicht zu verlieren. Aus Sicht der Kammer liegt kein intolerables Operationsrisiko vor. Außerdem ist eine medizinische Nachbetreuung gewährleistet.

Der Klage war daher stattzugeben und die Beklagte zur Gewährung der bariatrischen Operation als Sachleistung im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung zu verurteilen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

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Sozialgericht Nürnberg Urteil, 18. Jan. 2018 - S 7 KR 111/16 zitiert 6 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 29 Kieferorthopädische Behandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeint

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Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Okt. 2011 - L 5 KR 12/11

bei uns veröffentlicht am 13.10.2011

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.12.2010 und der Bescheid der Beklagten vom 17.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheide

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht.

(2) Versicherte leisten zu der kieferorthopädischen Behandlung nach Absatz 1 einen Anteil in Höhe von 20 vom Hundert der Kosten an den Vertragszahnarzt. Satz 1 gilt nicht für im Zusammenhang mit kieferorthopädischer Behandlung erbrachte konservierend-chirurgische und Röntgenleistungen. Befinden sich mindestens zwei versicherte Kinder, die bei Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit ihren Erziehungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben, in kieferorthopädischer Behandlung, beträgt der Anteil nach Satz 1 für das zweite und jedes weitere Kind 10 vom Hundert.

(3) Der Vertragszahnarzt rechnet die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des Versichertenanteils nach Absatz 2 Satz 1 und 3 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, zahlt die Kasse den von den Versicherten geleisteten Anteil nach Absatz 2 Satz 1 und 3 an die Versicherten zurück.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei sind auch einzuhaltende Standards zur kieferorthopädischen Befunderhebung und Diagnostik vorzugeben.

(5) Wählen Versicherte im Fall von kieferorthopädischen Behandlungen Leistungen, die den im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildeten kieferorthopädischen Leistungen vergleichbar sind und sich lediglich in der Durchführungsart oder durch die eingesetzten Behandlungsmittel unterscheiden (Mehrleistungen), haben die Versicherten die Mehrkosten, die durch diese Mehrleistungen entstehen, selbst zu tragen. In diesem Fall ist von dem behandelnden Zahnarzt gegenüber der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung die vergleichbare im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildete kieferorthopädische Leistung als Sachleistung abzurechnen. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.

(6) Der Bewertungsausschuss für die zahnärztlichen Leistungen beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2022 einen Katalog von Leistungen, die als Mehrleistungen vereinbart und abgerechnet werden können. Er kann solche nicht im Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen benennen, die nicht als Mehrleistungen anzusehen sind (Zusatzleistungen). Sofern es zur Abgrenzung zwischen Mehrleistungen und den im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen erforderlich ist, konkretisiert der Bewertungsausschuss die im einheitlichen Bewertungsmaßstab abgebildete kieferorthopädische Leistung.

(7) Werden im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung neben kieferorthopädischen Leistungen, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildet sind, Mehrleistungen oder Zusatzleistungen erbracht, ist der Versicherte vor Beginn der Behandlung vom behandelnden Zahnarzt über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen mündlich aufzuklären und ist eine schriftliche oder elektronische Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen, in der die von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteile und die vom Versicherten zu tragenden Kostenanteile aufgeschlüsselt nach Leistungen gegenübergestellt werden. Hiermit ist eine schriftliche oder elektronische Erklärung des Versicherten zu verknüpfen, dass er über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen einschließlich einer zuzahlungsfreien Behandlung auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen aufgeklärt worden ist. Die Bundesmantelvertragspartner vereinbaren für die schriftliche Vereinbarung nach Satz 1 und für die Erklärung des Versicherten nach Satz 2 verbindliche Formularvordrucke und bestimmen den Zeitpunkt, ab dem diese verbindlich zu verwenden sind.

(8) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen überprüfen anlassbezogen die Einhaltung der Informations- und Aufklärungspflichten aus Absatz 7 Satz 1. Der behandelnde Zahnarzt ist verpflichtet, der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung auf Verlangen die Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und die Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 vorzulegen. Soweit es zur Nachvollziehbarkeit der vereinbarten Mehr- und Zusatzkosten erforderlich ist, kann die zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung auch behandlungs- und rechnungsbegründende Unterlagen von dem behandelnden Zahnarzt anfordern. Der behandelnde Zahnarzt ist in diesem Fall zur Übermittlung der behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen verpflichtet, wenn der Versicherte ihm gegenüber in die Übermittlung schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen dürfen die in der Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und der Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 enthaltenen Daten sowie die Daten, die in den ihnen übermittelten behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen enthalten sind, nur verarbeiten, soweit dies für die Prüfung nach Satz 1 erforderlich ist.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.12.2010 und der Bescheid der Beklagten vom 17.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2008 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten der Krankenhausbehandlung vom 25.10.2010 bis 29.10.2010 im St. V -Krankenhaus H zur Durchführung der Magenbypassoperation in Höhe von 7.256,72 € zu erstatten.

2. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der Kosten einer Magenbypassoperation in Höhe von 7.256,72 €.

2

Die 1960 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin wog im Mai 2007 bei einer Körpergröße von 165 cm 173 kg, der Body-Mass-Index (BMI) betrug 63,5 kg/qm. Neben der seinerzeit schon seit mehr als 20 Jahren bestehenden Adipositas leidet die Klägerin an einem Zustand nach Lungenkrebserkrankung 1997 sowie arthrotischen Beschwerden des gesamten Bewegungsapparats, einem Asthma bronchiale sowie Depressionen. Zur Gewichtsabnahme durchgeführte ambulante Therapieversuche sowie Kurmaßnahmen in den Jahren 1983, 1987 und 2003, Weight-Watchers-Diäten 1992 und 1998 sowie von März 2001 bis Juli 2003, psychologische Behandlungen 2003 bis 2004 und zuletzt die Teilnahme an einem Intensivkurs zur Ernährungsumstellung mit Betreuung (Wake up/Trennkost) blieben ohne dauerhaften Erfolg. Gestützt auf Atteste ihres Hausarztes Dr. W vom 11.05.2007, des Internisten W vom 29.01.2007, des Nervenarztes Dr. W vom 13.03.2007 und eines ärztlichen Antragsschreibens von Prof. Dr. W , Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses S und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie der Adipositas, vom 03.05.2007 beantragte die Klägerin im Mai 2007 bei der Beklagten die Gewährung einer Krankenhausbehandlung zur laparoskopischen Magenbypassoperation. Mit dieser Operationsmethode wird das effektive Magenvolumen verkleinert und der zur vollständigen Verdauung zur Verfügung stehende Weg durch den Dünndarm verkürzt. Auf diese Weise soll die aufgenommene Nahrungsmenge verringert werden und die Fettverdauung im Dünndarm reduziert werden. Gestützt auf ein Gutachten des Dr. S vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 29.06.2007, der im Hinblick insbesondere auf die generellen Operationsrisiken und einen bisher fehlenden Wirksamkeitsnachweis bariatrischer Operationen die Maßnahme nicht befürwortete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.07.2007 den Antrag ab.

3

Im Widerspruchsverfahren verwies die Klägerin auf ihre zahlreichen erfolglos gebliebenen konservativen Abnehmversuche bei nach Verlust eines Lungenflügels und auf Grund des hohen Gewichts eingeschränkter körperlicher Bewegungsfähigkeit. Die Beklagte zog eine ergänzende Stellungnahme von Dr. S vom 17.08.2007 bei sowie Auskünfte des Dr. W vom 28.09.2007, von Prof. Dr. W vom 08.10.2007 und des Internisten W vom 07.01.2008. Dr. W bejahte eine dringende OP-Indikation, Prof. Dr. W betonte, dass alternative Behandlungsmethoden nicht mehr Erfolg versprechend seien und trotz der Begleiterkrankungen der Klägerin, insbesondere der Oberlappenresektion der linken Lunge 1997, keine absolute Kontraindikation für die operative Maßnahme bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zwar sei die Grundvoraussetzung für eine Operation angesichts eines BMI von 63,5 gegeben, auch die Möglichkeit der lebenslangen Nachsorge werde von Prof. Dr. W bestätigt. Dieser bezeichne auch das OP-Risiko als tolerabel, allerdings sehe der MDK dies wohl anders, ohne dass aus dem Gutachten ganz klar werde, ob der MDK die Adipositas als solche oder die Begleiterkrankungen berücksichtige. Gegenindikationen seien allerdings die Depressionen, derentwegen sich die Klägerin in ärztlicher Behandlung befinde, auch seien die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, weil die Klägerin bisher nicht an einem leitliniengerechten sechs- bis zwölfmonatigen strukturierten Therapieprogramm teilgenommen habe. Auch die Motivation der Klägerin sei nicht ausreichend belegt. Hiervon könne erst ausgegangen werden, wenn die konservative Therapie durchgehalten worden sei.

4

Am 22.07.2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben. Das SG hat von Dr. W einen Befundbericht vom 24.09.2008 eingeholt, wonach bei der Klägerin sei Mitte 2002 die Entwicklung eines zunehmenden psychophysischen Erschöpfungszustands mit depressiver Verstimmung eingetreten sei. Die Klägerin hat Atteste des Dr. W vom 14.11.2008 und 09.12.2008 vorgelegt; in letztgenannter Bescheinigung hat dieser ausgeführt, seines Wissens habe die Klägerin bisher nicht an einem ärztlich geleiteten Adipositas-Programm teilgenommen. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein internistisches Gutachten von Dr. K vom 25.05.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, bei der Klägerin sei aktuell im Mai 2009 im Rahmen einer stationären Untersuchung mittels Linksherzkatheter eine koronare Herzerkrankung ausgeschlossen worden, es habe sich jedoch die Diagnose einer Kardiomyopathie mit linksventrikulärer Funktionsstörung ergeben. Das extreme Übergewicht erhöhe das Risiko einer rezidivierenden kardialen Dekompensation. Eine entsprechende operative Intervention sei zur Reduzierung des kardialen Risikos dringend indiziert. Weiter abklärungsbedürftig sei der Verdacht auf ein Rezidiv der Neoplasie, eine laborchemisch ausgeprägte entzündliche Konstellation sei mit der Diagnose einer Pneumonie vereinbar. Erstmals sei nunmehr die Diagnose eines Typ II Diabetes mellitus zu stellen. Die Klägerin leide ferner infolge des Übergewichts an seit längerem zunehmenden Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie beider Kniegelenke. Der einzig sinnvolle Therapieansatz sei für die Klägerin eine Gewichtsreduktion um etwa 80 kg, welche nur durch eine entsprechende operative Intervention mit Reduzierung der Magengröße zu erreichen sei. Die Beklagte hat eingewandt, den Gutachten des Dr. K könne sie die Prognose von mit Sicherheit eintretenden schweren Schäden bei Abwarten einer Therapiedauer von 6 bis 12 Monaten für eine leitlinienkonforme konventionelle Therapie nicht entnehmen. Die Klägerin hat nachfolgend den Arztbrief von Dr. V , Chefarzt des Bereiches Allgemein- und Viszeralchirurgie der chirurgischen Abteilung des St. V -Krankenhaus H vom 01.09.2010 vorgelegt. Danach lag bei einer ärztlichen Untersuchung der Klägerin am 31.08.2010 bei einer Körpergröße von 166 cm ein aktuelles Gewicht von 177 kg vor, entsprechend einem BMI von 56 (richtig: 64,2) kg/qm vor. Es bestehe eine klare Indikation zur operativen Behandlung des krankhaften Übergewichtes, Daten aus der Weltliteratur, die Erfolge konservativer Behandlungen bei einem solchen BMI zeigten, seien nicht bekannt. Zuvor müssten eine intensive kardiologische Untersuchung, eine Lungenfunktionsprüfung sowie ein Komplettlabor durchgeführt werden. Über die Notwendigkeit der begleitenden Nachsorge durch die operierende Klinik sei die Klägerin informiert. Die Klägerin hat im Rahmen einer stationären Behandlung im St. V -Krankenhaus H vom 25.10.2010 bis 29.10.2010 den Eingriff durchführen lassen und hierfür gemäß DRG-Abrechnung der Klinik vom 02.11.2010 7.256,72 € selbst bezahlt. Laut Attest des Dr. W vom 08.12.2010 hat sie bisher 25 kg an Gewicht verloren. In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts hat sie erklärt, seit der Operation habe sie ihr Hungergefühl im Griff, insgesamt habe sich ihre Situation verbessert, so dass sie schon wieder spazieren gehen könne. Ab Januar 2011 beabsichtige sie die Aufnahme von Reha-Sport.

5

Durch Urteil vom 15.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die engen Voraussetzungen für eine Einstandspflicht der Beklagten hinsichtlich der Kosten für eine mittelbare Behandlung des krankhaften Übergewichts der Klägerin durch einen operativen Eingriff am gesunden Magen lägen nicht vor. Nach der evidenzbasierten Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas", Version 2007, solle eine chirurgische Therapie der Adipositas nur erfolgen, wenn zuvor eine wenigstens sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung nach definierten Qualitätskriterien stattgefunden habe. Diesen Anforderungen würden die zahlreichen von der Klägerin bis zur Operation durchgeführten Maßnahmen jedoch nicht gerecht. Hieran ändere auch das Ergebnis des auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachtens des Dr. K nichts.

6

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 08.01.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.01.2011 Berufung eingelegt. Sie verweist darauf, dass anderen Betroffenen auch ohne Durchführung eines entsprechenden langfristigen Therapieprogramms die Operationskosten erstattet worden seien.

7

Die Klägerin beantragt,

8

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.12.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 17.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten der im Oktober 2010 durchgeführten Magenbypassoperation in Höhe von 7.256,72 € zu erstatten.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen,

11

hilfsweise,

12

die Revision zuzulassen.

13

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

14

Auf Veranlassung des Senats unter Hinweis auf die überarbeiteten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie - Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CA-ADIP) "Chirurgie der Adipositas" (Stand April 2010, zitiert nach www.uni-duesseldorf.de/AWMF/II/088-001.htm) hat die Beklagte ein MDK-Gutachten von Dr. L /Arzt S vom 03.06.2011 vorgelegt, die betonen, bereits nach dem aktuellen Begutachtungsleitfaden des MDK sei bei Vorliegen eines BMI größer/= 60 kg/qm von einer ausnahmsweisen Indikation der chirurgischen Maßnahme auszugehen, weil nach der aktuell verfügbaren Literatur eine relevante Gewichtsbeeinflussung auch unter multimodaler Therapie nicht zu erwarten sei. In dieser Konstellation sei nur sicherzustellen, dass keine Kontraindikation oder keine vorrangig zu behandelnden Grunderkrankungen vorliegen und dass eine ernährungsmedizinische Betreuung als Vorbereitung auf die postoperative Phase stattgefunden habe. Im Nachhinein entspreche die von Dr. V im Oktober 2010 durchgeführte Magenbypassoperation sowohl den aktualisierten Leitlinien als auch der bereits vor der Operation eingeführten neuen Begutachtungsrichtlinie des MDK. Befunde, die vor der Operation als Kontraindikationen zu werten gewesen bzw. einer entsprechenden näheren Abklärung bedurft hätten, seien damals falsch eingeschätzt worden. Das St. V -Krankenhaus gehöre allerdings nicht zu den 12 bislang zertifizierten Kompetenz- und Referenzzentren für Adipositas und metabolische Chirurgie, wobei aus MDK-Sicht nur in diesen eine entsprechende Operation erfolgen sollte.

15

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, der revidierten Beurteilung des MDK könne sie nicht folgen, sie sei ausschließlich auf Grund generalisierender Erwägungen erfolgt und könne keine Betrachtung im Einzelfall ersetzen, wie das LSG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 20.06.2011 (L 5 KLAR 297/09) ausgeführt habe. Zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin selbst von früheren erheblichen Gewichtsabnahmen von 20 bis 50 kg auf Grund unstrukturierter Eigenbemühungen berichtet habe. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Indikationsstellung entsprechend der aktuellen Leitlinie durch einen in der Adipositas-Therapie qualifizierten Arzt erfolgt sei, da weder Dr. W (Attest vom 20.01.2008), Dr. W (Atteste vom 11.05.2007 und 14.11.2008) noch Dr. K (Gutachten vom 25.05.2009) ersichtlich über eine solche Qualifizierung verfügten. Die Klägerin stimmt der Beurteilung des MDK im Gutachten vom 03.06.2011 ausdrücklich zu.

16

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

Entscheidungsgründe

17

Die nach §§ 143 4, 151 SGG zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Magenbypassoperation.

18

Die Klage ist zulässig. Die Umstellung des Klageantrags von der ursprünglich geforderten Sachleistung auf Kostenerstattung ist nach Durchführung der Magenbypassoperation sachgerecht und nach § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG nicht als Klageänderung zu werten.

19

Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach sind, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Voraussetzung ist bei der Klägerin erfüllt. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Starkes Übergewicht (im Allgemeinen ab einem BMI größer/= 30) stellt eine Krankheit dar. Dabei kann dahinstehen, ob bereits der Adipositas als solcher Krankheitswert zukommt. Jedenfalls besteht bei einem solchen Übergewicht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen, dass eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich macht (BSG 19.02.2003 - B 1 KR 1/02 R, SozR 4 - 2500 § 137 c Nr. 1).

20

Eine mittelbare Krankenbehandlung durch chirurgische Operation eines funktionell intakten Organs zur Behandlung einer anderweitigen krankhaften Funktionsstörung bedarf jedoch einer speziellen Rechtfertigung. Die bei der Klägerin durchgeführte Magenbypassoperation stellt eine solche mittelbare Krankenbehandlung dar. Denn Ursache für das Übergewicht der Klägerin ist deren krankhaftes Essverhalten. Der chirurgische Eingriff am funktionell intakten Magen soll lediglich mittelbar dieses krankhafte Essverhalten beeinflussen. Eine solche mittelbare Krankenbehandlung ist nur dann ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (§ 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V), wenn sie nach Art und Schwere der Erkrankung, Dringlichkeit der Intervention sowie nach Abwägung der Risiken und des zu erwartenden Nutzens der Therapie sowie etwaiger Folgekosten für die Krankenversicherung gerechtfertigt ist (BSG, a.a.O.).

21

Nach diesen Maßstäben kommt eine chirurgische Behandlung der extremen Adipositas zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur in Betracht, wenn nach dem zum maßgeblichen Zeitpunkt der Durchführung der Operation aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für einen chirurgischen Eingriff in ein gesundes Körperorgan gegeben waren. Die chirurgische Adipositastherapie kommt grundsätzlich nur als ultima ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen (BMI ≥ 40 oder ≥ 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen; Erschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation; keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung; BSG, a.a.O.; BSG 16.012.2008 - B 1 KR 2/08 R Rn. 23, SozR 4 - 2500 § 13 Nr. 20). Nach der einschlägigen überarbeiteten Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie - Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CA-ADIP) "Chirurgie der Adipositas" (Stand April 2010, Seite 13), die den zum Zeitpunkt der Durchführung der Operation im Oktober 2010 aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse wiedergibt, ist eine Operation am Magen nur indiziert, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind. Das ist der Fall, wenn durch eine multimodale konservative Therapie innerhalb von mindestens sechs Monaten das Therapieziel nicht erreicht und gehalten wurde. Die Möglichkeiten zur Ernährungstherapie sind erst dann erschöpft, wenn mittels einer energiereduzierten Mischkost und einer weiteren ernährungsmedizinischen Maßnahme (z.B. Formula-Diät, weitere Form einer energiereduzierten Mischkost) das Therapieziel nicht erreicht wurde. Zusätzlich ist, soweit keine Barrieren bestehen, mindestens zwei Stunden wöchentlich eine Ausdauer- und/oder Kraftausdauersportart sowie eine ambulante oder stationäre Psychotherapie (Verhaltenstherapie oder Tiefenpsychologie) durchzuführen. Diese Voraussetzungen waren zwar bei der Klägerin zum Zeitpunkt der Operation nicht in vollem Umfang erfüllt, wie das SG im Einzelnen ausgeführt hat. Gleichwohl war jedoch im vorliegenden Ausnahmefall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Sachverhalts eine Magenbypassoperation als ultima ratio gerechtfertigt.

22

Die überarbeiteten Leitlinien (a.a.O., Seite 13) sehen nunmehr ausdrücklich eine ausnahmsweise primäre Operationsindikation vor. Lassen Art und/oder Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale Gegebenheiten bei Erwachsenen annehmen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben werden kann oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist, kann in Ausnahmefällen auch primär eine chirurgische Therapie durchgeführt werden. Bei der Klägerin, die zum Operationszeitpunkt nach dem Bericht des Dr. V vom 01.09.2010 bei einer Körpergröße von 166 cm 177 kg wog, was einem BMI von 64,2 kg/qm entspricht, war eine konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg. Nicht nur Dr. V hat betont, dass ihm bei einem solchen BMI - wobei er fälschlich von einem Wert von nur 56 kg/qm ausgegangen ist - Erfolge konservativer Behandlungen aus der Weltliteratur nicht bekannt sind. Auch die Ärzte im MDK Dr. L /S haben im Gutachten vom 03.06.2011 hervorgehoben, dass nach der aktuell verfügbaren Literatur eine relevante Gewichtsbeeinflussung auch unter multimodaler Therapie bei Vorliegen eines BMI größer/= 60 kg/qm nicht zu erwarten sei, so dass der aktuelle Begutachtungsleitfaden des MDK bei einem solchen Ausmaß der Adipositas ausnahmsweise eine primäre Indikation für eine chirurgische Adipositastherapie vorsieht. Der Magenbypass stellt dann auch nach dem Ergebnis der zuletzt gehörten MDK-Gutachter ein anerkanntes Verfahren dar. Eine Ernährungsberatung war bei der Klägerin erfolgt, "psychiatrische Bedenken" haben die Gutachter des MDK ebenfalls verneint und die zunächst als Kontraindikationen gesehenen Befunde haben sich im Nachhinein als falsch eingeschätzt herausgestellt. Die Operation ist in einem zugelassenen Krankenhaus im Bereich Allgemein- und Viszeralchirurgie erfolgt. Dass dieses nach dem MDK-Gutachten von Dr. L /Arzt S nicht zu den 12 bislang zertifizierten Kompetenz- und Referenz-Zentren für Adipositas- und metabolische Chirurgie gehört, schließt die Einstandspflicht der Beklagten nicht aus; zudem hat die Beklagte in Kenntnis der beabsichtigten Operation in ihrem im Klageverfahren eingereichten Schriftsatz vom 20.09.2010 diesbezügliche Bedenken an den von der Klägerin ausgewählten Leistungserbringern nicht geäußert.

23

Die von der Beklagten geäußerten Bedenken an der zuletzt vom MDK abgegebenen Beurteilung vermag der Senat nicht zu teilen. Der MDK bejaht im Gutachten vom 03.06.2011 die primäre Operationsindikation nicht ausschließlich auf Grund generalisierter Erwägungen, sondern berücksichtigt das konkret bei der Klägerin gegebene Ausmaß der Adipositas sowie die bei ihr vorliegenden Begleiterkrankungen bei seiner Einschätzung. Bei der Klägerin bestand zum Operationszeitpunkt insbesondere ein Zustand nach Verlust eines Lungenflügels, ein psychophysischer Erschöpfungszustand (Bericht des Dr. W vom 24.09.2008) sowie die von Dr. K im Gutachten vom 24.05.2009 festgestellte Kardiomyopathie mit linksventrikulärer Funktionsstörung, durch das extreme Übergewicht ein erhöhtes Risiko einer rezidivierenden kardialen Dekompensation, ein Diabetes mellitus Typ II sowie Lendenwirbelsäulen- und Kniegelenksbeschwerden. Der Hinweis auf das Urteil des LSG Stuttgart vom 20.06.2001 (L 5 KR 297/09) führt nicht weiter. Nach den Feststellungen des LSG Stuttgart war im von diesem Gericht entschiedenen Fall eine Versicherte mit einem BMI von 43,1 betroffen, mithin mit einem wesentlich geringer ausgeprägten Ausmaß der Adipositas als im Fall der Klägerin. Die vom LSG Stuttgart im Urteil vom 20.06.2011 (a.a.O.) erfolgte Verneinung einer primären OP-Indikation lässt sich mithin auf die Konstellation der Klägerin gerade nicht übertragen. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben vorliegend an der Indikationsstellung nicht nur die behandelnden (Haus-)Ärzte der Klägerin mitgewirkt, sondern bereits im ärztlichen Antragsschreiben vom 03.05.2007 mit Prof. Dr. W , dem Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie der Adipositas, ein in der Adipositastherapie besonders qualifizierter Arzt.

24

Liegen die Voraussetzungen der Umwandlung des Sachleistungs- in einen Kostenerstattungsanspruch vor, erstreckt sich dieser grundsätzlich auf die Erstattung der dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten (Noftz, in: Hauck/Noftz SGB V, K § 13 Rn. 57).

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

26

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.