Sozialgericht Nürnberg Endurteil, 27. Jan. 2016 - S 11 KR 349/13

bei uns veröffentlicht am27.01.2016

Gericht

Sozialgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 4.677,83 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die wegen Aufrechnung vorenthaltene Vergütung des Klägers in Höhe von 4.677,83 Euro streitig.

Am 29.03.2012 erschien die bei der Beklagten versicherte F. A. beim Kläger und legte ein Rezept der Universitätsklinik D-Stadt vom 28.03.2012 vor. Daraufhin gab der Kläger das rezeptierte Medikament an die F. A. ab. Nach Rechnungsstellung durch den Kläger bezahlte die Beklagte dem Kläger die Vergütung in Höhe von 4.677,83 Euro. Da das von der Universitätsklinik D-Stadt ausgestellte Rezept vom verordnenden Arzt nicht unterzeichnet worden war, beanstandete die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.03.2013 die Abrechnung der Vergütung gemäß § 9 des Arzneimittelversorgungsvertrages Bayern (AV-Bay) und rechnete den Betrag in Höhe von 4.677,83 Euro im Juni 2013 mit weiteren unstreitigen Zahlungsansprüchen des Klägers gegen die Beklagte auf. Mit Schriftsatz vom 19.03.2013 erhob der Kläger gegen die Retaxation Einspruch und begründete ihn im Wesentlichen damit, dass der verordnende Arzt das Rezept zwar versehentlich nicht unterzeichnet habe, die Verordnung des Medikaments und die Ausstellung des Rezepts jedoch durch einen hierzu befugten Arzt, nämlich Herrn Oberarzt Prof. Dr. M., Medizinische Klinik des Universitätsklinikums D-Stadt, erfolgt sei, was dieser ihm am 15.03.2013 auch schriftlich bestätigt habe. Mit Schriftsatz vom 09.04.2013 wies die Beklagte den Einspruch des Klägers zurück. Da zwischenzeitlich der streitgegenständliche Betrag gegen weitere unstreitige Forderungen des Klägers aufgerechnet worden war, forderte der Kläger die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.06.2013 unter Fristsetzung zum 12.07.2013 zur Bezahlung des streitgegenständlichen Betrags auf. Eine Zahlung erfolgte jedoch nicht.

Am 19.08.2013 hat der Kläger zum Sozialgericht Nürnberg (SG) Leistungsklage erhoben (Schriftsatz vom 13.08.2013) und zur Begründung mit Schriftsätzen vom 13.08.2013 und 22.10.2013, in der nichtöffentlichen Sitzung vom 27.05.2014 sowie mit Schriftsätzen vom 03.06.2014, 26.06.2014, 05.08.2014, 07.10.2014 und 11.11.2014 insbesondere vorgetragen, dass sein Anspruch gemäß § 129 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. dem AV-Bay begründet sei. Zwar sei es zutreffend, dass die Unterschrift des verordnenden Arztes grundsätzlich Voraussetzung für einen Zahlungsanspruch sei. Die Beanstandung durch die Beklagte sei insoweit zu Recht erfolgt. Der ursprünglich vorhandene Fehler sei jedoch im Rahmen des gemäß § 9 AV-Bay vorgesehenen Verfahrens beseitigt worden, da nachgewiesen worden sei, dass die Verordnung des Medikaments sowie die Ausstellung des entsprechenden Rezepts tatsächlich durch einen hierzu berechtigten Arzt erfolgt sei. Die Verordnung des Medikaments sowie die Ausstellung des Rezepts sei durch Frau Dr. C. M. erfolgt. Die bereits vorgelegte Bestätigung über die Korrektheit der Verordnung vom 28.03.2012 sei durch M. ausgestellt worden. C. M. habe nochmals schriftlich bestätigt, dass die Verordnung der Medikamente Tasigna 200 mg 4x 28 Hartkapseln und Zofran 4 mg 10 Ftb gemäß dem Rezept vom 28.03.2012 durch sie persönlich erfolgt sei ebenso wie die Ausstellung des entsprechenden Rezepts vom 28.03.2012 (siehe die beigefügte Bestätigung der C. M.). Dies habe sie ergänzend auch dadurch bestätigt, dass sie einen Nachdruck des Rezepts vom 28.03.2012 nochmals persönlich unterzeichnet habe (siehe beglaubigte Kopie in der Anlage). Daher stehe die Identität des ausstellenden Arztes sowie die Tatsache, dass das Rezept durch einen hierzu berechtigten Arzt ausgestellt worden sei, außer Frage. Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung gehe damit ins Leere. Maßgeblich sei insbesondere, dass der AV-Bay selbst in § 9 ein Verfahren zur Behandlung von Beanstandungen fehlerhafter Verordnungen vorsehe, das auch die Möglichkeit beinhalte, aufgetretene Fehler im Abrechnungsverfahren zu beseitigen. Unter Zugrundelegung der Auffassung der Beklagten wäre das vorgesehene Einspruchsverfahren gemäß § 9 AV-Bay überflüssig. Die von der Beklagten bezeichneten Ziffern eröffneten dem Apotheker die Möglichkeit, selbst die Korrekturen vorzunehmen, während dies bei der fehlenden Unterschrift des verordnenden Arztes nicht möglich sei, so dass im letzteren Fall das Einspruchsverfahren zum Tragen komme.

Zwar sei das im Arzneimittelversorgungsvertrag geregelte Einspruchsverfahren dem öffentlich-rechtlichen Widerspruchsverfahren nachempfunden. Hieraus ergebe sich jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten (Schriftsatz vom 24.06.2014) genau die umgekehrte Konsequenz, nämlich die, dass eine Heilungsmöglichkeit bestehe. Dies sei deshalb der Fall, da die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich sei. Damit seien bei der Entscheidung des Gerichts auch etwaige nachträgliche Korrekturen zu berücksichtigen. Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 09.09.2014 nunmehr die Auffassung vertrete, dass das im Arzneimittelversorgungsvertrag geregelte Einspruchsverfahren mit einem Verwaltungsverfahren nach dem SGB X nicht vergleichbar sei, setze sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Vorbringen.

Die Entscheidung des SG Hannover vom 01.11.2011 (S 19 KR 362/10) beschäftige sich exakt mit der gleichen Frage, die im vorliegenden Fall streitig sei. Dies sei die Frage, ob die fehlende Arztunterschrift auf dem Verordnungsblatt durch einen nachträglichen Nachweis im Rahmen des Einspruchsverfahrens, dass die Verordnung tatsächlich durch einen Arzt erfolgt sei, beseitigt werden könne. Der einzige Unterschied sei der, dass ein anderer Arzneimittelversorgungsvertrag zugrunde liege. Dies sei jedoch de facto kein wirklicher Unterschied in den Sachverhalten, da die Regelungen in den beiden Verträgen im Ergebnis inhaltsgleich seien.

Zu der von der Beklagten zitierten Entscheidung des LSG Niedersachsen Bremen vom 20.03.2013 (L 4 KR 77/12) sei festzuhalten, dass diese ebenfalls unzutreffend sei. Dies insbesondere deshalb, da sich die Entscheidung zu Unrecht auf rein formale Argumente stütze, obwohl in der Entscheidung - insoweit richtig - mehrfach ausgeführt werde, dass für die Frage, ob ein Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse bestehe, maßgeblich sei, ob eine ärztliche Verordnung für die Abgabe des Medikaments vorliege. Das LSG stelle insoweit unzutreffend maßgeblich darauf ab, ob das Formblatt fehlerfrei ausgefüllt sei und es sich bei den Abrechnungen zwischen Apothekern und Krankenkassen jeweils um Massenverfahren handele, die eine Überprüfung im Einzelfall nicht zuließen. Dieses Argument sei allerdings vollständig unzutreffend, da trotz der Vielzahl von Abrechnungen, die insgesamt zwischen Apothekern und Krankenkassen stattfänden, Überprüfungen von Einzelfällen durchgeführt würden.

Abschließend sei noch festzuhalten, dass die Argumentation der Beklagten mit formalen Fehlern der Abrechnung jedenfalls treuwidrig sei. Dies sei der Fall, da Überprüfungen auf formale Fehler des Verordnungsblattes praktisch ausschließlich bei hochpreisigen Medikamenten erfolgten. Die Frage, welche Risiken ein Medikament in sich birge, sei jedoch vom Preis eines Medikaments völlig unabhängig, auch geringpreisige Medikamente könnten ein hohes Gefährdungspotenzial haben. Dies zeige jedoch deutlich, dass es bei den Überprüfungen der Abrechnungen durch die Beklagte in keiner Weise um die Medikamenten- bzw. Patientensicherheit gehe, sondern ausschließlich darum, die berechtigten Vergütungen der Apotheker zu kürzen. Letztendlich führe jedoch dies zu einer Gefährdung der Arzneimittelsicherheit, da hierdurch die notwendige finanzielle Absicherung der Apotheker gefährdet werde. Zu beachten sei hierbei nicht zuletzt, dass die Gewinnspanne des Klägers für das vorliegend streitige Medikament unter 5% liege, so dass er aufgrund der eigenen Zahlungspflicht gegenüber dem Lieferanten des Medikaments einen ganz erheblichen Schaden erleiden würde, während sich die Beklagte durch die Retaxation ihrer Verpflichtung gegenüber dem Versicherten zur Versorgung mit Medikamenten in Form von Sachleistungen entziehe.

Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 13.08.2013):

1. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 4.677,83 Euro zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Hingegen beantragt die Beklagte (Schriftsatz vom 23.09.2013):

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Klageerwiderung trägt die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.09.2013, in der nichtöffentlichen Sitzung vom 27.05.2014 sowie mit Schriftsätzen vom 24.06.2014, 09.09.2014, 31.10.2014 und 01.12.2015 insbesondere Folgendes vor:

Der Kläger sei Mitglied im Bayerischen Apothekerverband e. V. (BAV). Gemäß § 2 Abs. 2 AV-Bay habe der Vertrag Rechtswirkungen für öffentliche Apotheken, deren Inhaber dem BAV angehörten. Ein Vertrag zwischen Krankenkasse und Apotheke komme für vertragsgegenständliche Produkte durch die Annahme einer ordnungsgemäßen gültigen vertragsärztlichen Verordnung durch die Apotheke zustande (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AV-Bay). Sei eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, bestehe kein vertraglicher Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse (§ 3 Abs. 2 AV-Bay). Ordnungsgemäß sei eine vertragsärztliche Verordnung, wenn sie auf einem zwischen den Partnern des Bundesmanteltarifvertrags Ärzte nach § 87 SGB V vereinbarten (Muster 16 a) bzw. einem amtlichen (Muster 16) Verordnungsblatt ausgestellt sei und die Unterschrift des Vertragsarztes enthalte. Durch die hier fehlende Unterschrift handele es sich bei der vorliegenden Verordnung um keine ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung. Somit bestehe auch kein vertraglicher Zahlungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten.

Da sich das Urteil des SG Hannover, auf das sich der Kläger berufe, auf den Ersatzkassenvertrag beziehe und die vertraglichen Vereinbarungen im Ersatzkassenvertrag von den hier maßgeblichen erheblich abwichen, sei eine Übertragbarkeit ausgeschlossen. Das Urteil des SG Hannover vom 01.11.2011 (S 19 KR 362/10) sei durch das LSG Niedersachsen Bremen mit Urteil vom 20.03.2013 (L 4 KR 77/12) aufgehoben worden. Das LSG habe bestätigt, dass der Apotheker bei fehlender Unterschrift keinen Vergütungsanspruch habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Apothekers zum BSG sei mit Beschluss vom 26.02.2014 (B 1 KR 45/13 B) verworfen worden. Somit sei das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen rechtskräftig.

Bei den Buchstaben a bis e des Absatzes 2 des § 3 AV-Bay sei eine nachträgliche Korrekturmöglichkeit gegeben, während beim Buchstaben f „Unterschrift des Vertragsarztes“ eine nachträgliche Korrekturmöglichkeit nicht vorgesehen sei. Daher sei ein entsprechender Vertrag nicht zustande gekommen. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die Einspruchsmöglichkeit im AV-Bay nicht dazu diene, Abgabefehler der Apotheke nachträglich zu heilen oder zu korrigieren. Das Einspruchsverfahren sei ein dem Widerspruchsverfahren nachempfundenes Verfahren, das lediglich dazu diene, nach einer Absetzung der Krankenkasse und vor einer Klageerhebung durch den Apotheker der Kasse nochmals die Möglichkeit zu geben, ihre Entscheidung zu überprüfen. Abgabefehler könnten jedoch nach der erfolgten Arzneimittelabgabe nicht mehr korrigiert werden. Die gesetzlichen, untergesetzlichen und vertraglichen Arzneimittelabgaberegelungen dienten gerade dazu, die Sicherheit der Patienten vor der Aushändigung der Arzneimittel an diese sicher zu stellen. Eine fehlende Unterschrift auf dem Rezept sei eines der schwersten Fehler, die eine Verordnung aufweisen könne und die zur Unwirksamkeit der Verordnung führe. Die Legitimation für die Verordnung fehle. Mit der Unterschrift werde vom Arzt bestätigt, dass er das Arzneimittel tatsächlich habe verordnen wollen und dafür auch haftungsrechtlich einstehe. Wenn nun der Apotheker eine Verordnung ohne Unterschrift einlöse, sei das gleichzusetzen mit einer Abgabe ohne Verordnung. Ein Nachholen der Unterschrift nach der Abgabe oder eine Bestätigung durch den Arzt könne die Schutzfunktion der Unterschrift nicht mehr erfüllen und sei daher in keinem Falle zulässig. Ergänzend werde mitgeteilt, dass es sich beim Arzneimittelversorgungsvertrag um eine vertragliche Regelung handele und das Verfahren somit nicht mit den Grundsätzen eines Verwaltungsverfahrens nach dem SGB X vergleichbar sei. Es werde auf den rechtskräftigen Gerichtsbescheid des SG München vom 28.10.2013 (S 29 KR 1270/12) verwiesen.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte und der Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG auch im Übrigen zulässig (§§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG, 54 Abs. 5 SGG, 57 Abs. 1). Eines Vorverfahrens gemäß § 78 ff SGG bedurfte es nicht, so dass auch keine Klagefrist einzuhalten war (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 54 Rn. 41).

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung aus der Verordnung vom 28.03.2012 in Höhe von 4.677,83 Euro. Die Aufrechnung in Höhe dieses Betrags mit späteren Vergütungsansprüchen des Klägers gegen die Beklagte erfolgte zu Recht. Denn ein Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 4.677,83 Euro ist aufgrund fehlender Unterschrift des verordnenden Arztes auf der ärztlichen Verordnung vom 28.03.2012 nicht entstanden.

Der Vergütungsanspruch bestimmt sich nach § 129 SGB V i. V. m. dem nach § 129 Abs. 2 SGB V abgeschlossenen Rahmenvertrag. Nach § 129 SGB V geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge (§ 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V>) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Diese Vorschrift begründet in Verbindung mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkassen, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird (st Rspr, BSG, Urteil vom 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R, Juris Rn. 9; vom 06.03.2012, B 1 KR 14/11 R; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 5, Rn. 15).

Die Beklagte hat zu Recht analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die vermeintliche und bereits beglichene Vergütungsforderung des Klägers in Höhe von 4.677,83 Euro mit weiteren unstreitigen Zahlungsansprüchen des Klägers gegen die Beklagte aufgerechnet. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren zum Zeitpunkt der Aufrechnung erfüllt, weil die Beklagte dem Kläger ohne Rechtsgrund 4.677,83 Euro gezahlt hatte. Die Beklagte durfte mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen (vgl. allgemein z. B. BSG, Urteil vom 06.03.2012, B 1 KR 14/11 R; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17 b Nr. 2, Rn. 10 f m. w. N.; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr. 3 Rn. 15). Der vermeintliche Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch des Klägers erfüllbar.

Die Beklagte hatte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm ohne Rechtsgrund 4.677,83 Euro gezahlt hatte. Denn ein Vergütungsanspruch des Klägers war wegen fehlender Unterschrift des Arztes auf der ärztlichen Verordnung vom 28.03.2012 nicht entstanden.

Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Apothekern sind öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 6, Rn. 11 ff m. w. N.). Bei derartigen öffentlich-rechtlichen geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17 b Nr. 2, Rn. 9, 11 f m. w. N.).

Der Kläger ist Mitglied im Bayerischen Apothekerverband e. V. (BAV). Gemäß § 2 Abs. 2 Arzneimittelversorgungsvertrag Bayern (AV-Bay) in der Fassung vom27.02.2012 hat der Vertrag Rechtswirkung für öffentliche Apotheken, deren Inhaber dem BAV angehören. Die Beklagte ist u. a. Vertragspartnerin des AV-Bay. Somit sind die Beteiligten an den AV-Bay vertraglich gebunden.

Ein Vertrag zwischen Krankenkasse und Apotheke kommt für vertragsgegenständliche Produkte durch die Annahme einer ordnungsgemäßen gültigen vertragsärztlichen Verordnung durch die Apotheke zustande (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AV-Bay a. a. O.). Ist eine dieser Voraussetzungen (die Voraussetzungen werden im Vertrag nachstehend aufgeführt) nicht erfüllt, besteht kein vertraglicher Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse (§ 3 Abs. 1 Satz 3 AV-Bay a. a. O.).

Ordnungsgemäß ist eine vertragsärztliche Verordnung u. a. dann, wenn sie die Unterschrift des verordnenden Vertragsarztes enthält (§ 3 Abs. 2 Buchst. f AV-Bay, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall hat auf dem Verordnungsblatt jedoch - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - die Unterschrift des verordnenden Vertragsarztes (C. M.) gefehlt. Durch die fehlende Unterschrift handelt es sich bei der vorliegenden Verordnung um keine ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung. Somit ist zwischen den Beteiligten ein Vertrag nicht zustande gekommen und auch ein vertraglicher Zahlungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten nicht entstanden.

Zur Überzeugung des Gerichts steht auch fest, dass eine sogenannte „Heilung“ der fehlenden Unterschrift im Einspruchsverfahren im AV-Bay (a. a. O.) nicht vorgesehen und rechtlich nicht möglich ist. Dies ergibt sich aus der grammatikalischen, systematischen und teleologischen Interpretation der §§ 3 Abs. 2 Buchst. f, 9 AV-Bay (a. a. O.). Während nach § 3 Abs. 2 Buchst. a bis e des AV-Bay (a. a. O.) bestimmte fehlende Angaben vom Apotheker ergänzt werden müssen (siehe § 3 Abs. 2 Buchst. d: Fehlende Angabe der Betriebsstättennummer bzw. Nebenbetriebsstättennummer im Versichertenfeld muss vom Apotheker mit der BSNR bzw. NBSNR aus der Codierzeile ergänzt werden; fehlende Angabe der LANR im Versichertenfeld muss vom Apotheker aufgrund einer Rücksprache mit dem Vertragsarzt ergänzt werden; ein fehlendes oder ein offensichtlich falsches Ausstellungsdatum der Verordnung darf vom Apotheker aufgrund einer Rücksprache mit dem Vertragsarzt ergänzt bzw. korrigiert werden, § 3 Abs. 2 Buchst. e AV-Bay, a. a. O.) enthält die Regelung des § 3 Abs. 2 Buchst. f. „Unterschrift des Vertragsarztes“ gerade keinen Hinweis auf eine Verpflichtung bzw. Möglichkeit des Apothekers, die fehlende Unterschrift des Vertragsarztes nach Rücksprache mit dem Vertragsarzt zu ergänzen bzw. nachzuholen. Daraus ist ersichtlich, dass die Unterschrift des Vertragsarztes wesentlicher Bestandteil einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung ist und zum Zeitpunkt der Abgabe des Arzneimittels vorliegen muss, was eine Nachholung einer fehlenden Unterschrift des verordnenden Vertragsarztes ausschließt.

Zu Unrecht vertritt der Kläger in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass gerade die fehlende Verpflichtung bzw. Möglichkeit des Apothekers, eine fehlende Unterschrift des verordnenden Vertragsarztes zu ergänzen bzw. nachzuholen, durch das Einspruchsverfahren gemäß § 9 Abs. 4 bis 6 AV-Bay (a. a. O.) geheilt werden könne, weil andernfalls das Einspruchsverfahren sinnlos wäre. § 9 Abs. 4 bis 6 AV-Bay (a. a. O.) regelt den Verfahrensablauf einschließlich einzuhaltender Fristen, wenn der Apotheker gegen eine Beanstandung der Krankenkasse Einspruch erhebt. Die dargelegte Argumentation des Klägers vermag das Gericht schon deshalb nicht zu überzeugen, weil das Einspruchsverfahren gemäß § 9 Abs. 4 bis 6 AV-Bay (a. a. O.) lediglich eine Abhilfe- bzw. Korrekturmöglichkeit für die Krankenkasse eröffnet, nicht jedoch eine Korrekturmöglichkeit für den Apotheker durch nachträgliche Ergänzung des Sachverhalts, hier durch Ergänzung fehlender Angaben aufgrund Nachholung der Unterschrift des verordnenden Arztes. Für die Rechtsauffassung des Klägers ergeben sich weder aus dem Wortlaut der §§ 3 Abs. 2 Buchst. a bis f, 9 Abs. 4 bis 6 AV-Bay (a. a. O.) noch aus der Systematik der genannten Vorschriften Anhaltspunkte.

Nur diese Auslegung wird dem Sinn und Zweck der maßgeblichen Vorschriften des AV-Bay (a. a. O.), insbesondere § 3 Abs. 2 Buchst. f gerecht. Denn die Unterschrift des verordnenden Arztes auf einem Rezept ist kein bloßer formaler Vorgang, sondern dient der Patientensicherheit und soll Leben und körperliche Unversehrtheit der Patienten schützen (so zu Recht auch SG München, Gerichtsbescheid vom 28.10.2013, S 29 KR 1270/12). Nicht zuletzt deswegen sieht auch die Arzneimittelverschreibungsverordnung die eigenhändige Unterschrift bzw. die qualifizierte elektronische Signatur der verschreibenden Person vor (SG München, a. a. O., Rn. 3). Eine ärztliche Verordnung ohne Unterschrift des verordnenden Arztes gibt nicht zu erkennen, dass der ausstellende Arzt der Verordnung die entscheidende Gültigkeit verliehen hat. Dass Rezeptentwürfe ohne ärztliche Unterschrift zu Abgaben von Arzneimitteln an die Patienten führen, ist ausnahmslos zu verhindern. Die Patientensicherheit im Sinne des Schutzes des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Patienten (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG) ist ein hohes Gut, das es vorrangig zu schützen gilt und die finanziellen Interessen des Apothekers überwiegt. Denn nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Abgabe des Arzneimittels eine gültige Unterschrift des verordnenden Arztes vorliegt, ist eine Garantie dafür gegeben, dass die Patienten Medikamente erhalten, die im Rahmen der ärztlich vorgesehen Therapie verschrieben worden sind und unter ärztlicher Verantwortung stehen. Wenn die Ausgabe von Medikamenten an den Patienten bereits ohne ausreichende unterschriftliche Legitimation durch den Arzt erfolgt ist und dieser das Medikament verwendet, kann dies zu unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken für Leben und Gesundheit der Patienten führen. Zu Recht vertritt die Beklagte in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass die Abgabe eines Medikaments aufgrund einer Verordnung ohne Unterschrift des verordnenden Arztes dem Fall gleichzusetzen ist, dass ein Medikament ohne ärztliche Verordnung abgegeben wird.

Nachträgliche Bestätigungen der behandelnden Ärzte, das Arzneimittel tatsächlich verschrieben zu haben, können die fehlende Unterschrift nicht heilen, weil die Berechtigung zur Abgabe eines Arzneimittels nicht im Nachhinein, sondern zum Schutz der Patienten und - letztlich auch zum Schutz der Apotheker - ausschließlich vor Abgabe des Arzneimittels eindeutig geklärt sein muss. Die Bestätigung der behandelnden Ärztin C. M., dass sie die ärztliche Verordnung ausgestellt hat, ist daher ohne rechtliche Relevanz. Der Pa-tientenschutz ist nur dann gewährleistet, wenn eine nachträgliche Einzelfallprüfung im Nachhinein nicht möglich ist. Ob das Einspruchsverfahren ein dem Widerspruchsverfahren nachempfundenes Verfahren ist oder es sich insoweit lediglich um vertragliche Regelungen handelt, kann daher dahinstehen.

Aus den dargelegten Gründen vermag das Gericht der Auffassung des SG Hannover im Urteil vom 01.11.2011 (S 19 KR 362/10) nicht zu folgen, dass die in anderen Konstellationen regelmäßig zu besorgenden Beweisschwierigkeiten im Fall fehlender Arztunterschrift nicht bestünden und deshalb eine Heilung im Einspruchsverfahren möglich sei. Der dargestellte Schutzzweck der zitierten maßgeblichen Vorschriften des AV-Bay (a. a. O.) lässt es gerade nicht zu, die Problematik darauf zu reduzieren, ob Beweisschwierigkeiten vorliegen und tatsächlich eine Verordnung durch einen Vertragsarzt ausgestellt worden ist.

Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht aus der Argumentation des Klägers, es bestehe eine Heilungsmöglichkeit, weil die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich sei. Denn streitgegenständlich ist hier die Frage, ob ein Vertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommen ist, d. h. maßgeblich ist der Zeitpunkt der Abgabe des streitgegenständlichen Medikaments durch den Kläger.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist die Argumentation der Beklagten auch nicht treuwidrig, weil es sich hier lediglich „um formale Fehler der Abrechnung“ handele. Vielmehr stellt die fehlende Unterschrift des verordnenden Arztes aus den dargelegten Gründen einen schweren inhaltlichen Fehler dar, der dem Fall fehlender ärztlicher Verordnung gleichzustellen ist.

Eines Hinweises darauf, dass eine andere Betrachtungsweise zu einer erheblichen und mit den Erfordernissen einer Massenverwaltung nicht zu vereinbarenden Erschwerung der Abrechnungsverfahren führen würde (so LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.03.2013, L 4 KR 77/12), bedarf es aufgrund des eindeutigen Ergebnisses grammatikalischer, systematischer und teleologischer Interpretation der zitierten maßgeblichen Vorschriften des AV-Bay (a. a. O.), deren vorrangiger Schutzzweck die Patientensicherheit ist, nicht.

Die in den zitierten vertraglichen Vorschriften enthaltenen Berufsausübungsregelungen gemäß Art. 12 Abs. 1 GG sind im Hinblick auf die höher zu bewertenden Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zulässig und schränken Art. 12 Abs. 1 GG nicht rechtswidrig ein. Ein Verstoß gegen andere Grundrechte ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Dem Kläger steht auch kein Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, weil andernfalls die dargestellte überragend wichtige Steuerungsfunktion des Leistungserbringungsrechts zu Nichte gemacht würde (siehe BSG, Urteil vom 17.03.2005, B 3 KR 2/05 R Juris Rn. 32).

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Kläger durch die von der Beklagten vorgenommenen Retaxationen und die dadurch bedingten Aufrechnungen nicht in seinen Rechten verletzt wurde, so dass die Klage mit der Kostenfolge aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abzuweisen war. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

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Sozialgericht Nürnberg Endurteil, 27. Jan. 2016 - S 11 KR 349/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Sozialgericht Nürnberg Endurteil, 27. Jan. 2016 - S 11 KR 349/13 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B

bei uns veröffentlicht am 26.02.2014

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. März 2013 wird als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Urteil, 03. Juli 2012 - B 1 KR 16/11 R

bei uns veröffentlicht am 03.07.2012

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. August 2011 geändert. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerich

Bundessozialgericht Urteil, 06. März 2012 - B 1 KR 14/11 R

bei uns veröffentlicht am 06.03.2012

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. Juli 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverw

Referenzen

(1) Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 verpflichtet zur

1.
Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt
a)
ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder
b)
die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat,
2.
Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, wenn deren für den Versicherten maßgeblicher Abgabepreis unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 1b, 2, 3a und 3b um den folgenden Prozentwert oder Betrag niedriger ist als der Abgabepreis des Bezugsarzneimittels:
a)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis bis einschließlich 100 Euro: mindestens 15 Prozent niedriger,
b)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 100 Euro bis einschließlich 300 Euro: mindestens 15 Euro niedriger,
c)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 300 Euro: mindestens 5 Prozent niedriger;
in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Regelungen vereinbart werden, die zusätzliche Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen,
3.
Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen und
4.
Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung.
Bei der Abgabe eines Arzneimittels nach Satz 1 Nummer 1 haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; als identisch gelten dabei Packungsgrößen mit dem gleichen Packungsgrößenkennzeichen nach der in § 31 Absatz 4 genannten Rechtsverordnung. Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist; die Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 3 rabattierten Arzneimittels ist der Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 6 rabattierten Arzneimittels gleichgestellt. Eine Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ist auch bei Fertigarzneimitteln vorzunehmen, die für in Apotheken hergestellte parenterale Zubereitungen verwendet werden, wenn für das wirkstoffgleiche Arzneimittel eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8c mit Wirkung für die Krankenkasse besteht und sofern in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist. Besteht keine entsprechende Vereinbarung nach § 130a Abs. 8, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages vorzunehmen. Abweichend von den Sätzen 3 und 5 können Versicherte gegen Kostenerstattung ein anderes Arzneimittel erhalten, wenn die Voraussetzungen nach Satz 2 erfüllt sind. § 13 Absatz 2 Satz 2 und 12 findet keine Anwendung. Bei der Abgabe von importierten Arzneimitteln und ihren Bezugsarzneimitteln gelten die Sätze 3 und 5 entsprechend; dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nummer 2. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und antineoplatische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2021 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet diesen Bericht an den Deutschen Bundestag weiter mit einer eigenen Bewertung zur Beschlussfassung, ob eine Regelung nach Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung des Berichts weiterhin notwendig ist. Die Regelungen für preisgünstige Arzneimittel nach Satz 1 Nummer 1 und den Sätzen 2 bis 7 gelten entsprechend für im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel, für die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 eine Austauschbarkeit in Bezug auf ein biologisches Referenzarzneimittel festgestellt hat.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 unverzüglich Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 die Arzneimittel, bei denen die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b ausgeschlossen ist; dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 für die ärztliche Verordnung Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Die Hinweise sind erstmals bis zum 16. August 2020 zu bestimmen. Spätestens bis zum 16. August 2023 gibt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ebenfalls Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch Apotheken. Dabei soll der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben. Zur Umsetzung des Regelungsauftrags erhält der Gemeinsame Bundesausschuss auf Verlangen Einsicht in die Zulassungsunterlagen bei der zuständigen Bundesoberbehörde. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker regeln in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere.

(2a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines nach Maßgabe des Rahmenvertrags nach Absatz 2 abzugebenden Arzneimittels dieses gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Eine Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken nur von einer vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung beliefert, liegt abweichend von Satz 2 eine Nichtverfügbarkeit vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Frist durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei dieser vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

1.
die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung maßgeblichen Messzahl,
2.
die Packungsanzahl,
3.
die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
4.
die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

(3) Der Rahmenvertrag nach Absatz 2 hat Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie

1.
einem Mitgliedsverband der Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, daß von der Spitzenorganisation abgeschlossene Verträge dieser Art Rechtswirkung für die dem Verband angehörenden Apotheken haben, oder
2.
dem Rahmenvertrag beitreten.
Apotheken dürfen verordnete Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen nur abgeben und können unmittelbar mit den Krankenkassen nur abrechnen, wenn der Rahmenvertrag für sie Rechtswirkung hat. Bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen sind Apotheken, für die der Rahmenvertrag Rechtswirkungen hat, zur Einhaltung der in der nach § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise verpflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren.

(4) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist zu regeln, welche Maßnahmen die Vertragspartner auf Landesebene ergreifen können, wenn Apotheken gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 verstoßen. In dem Rahmenvertrag ist zu regeln, in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt; kommt eine Regelung nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Bei gröblichen und wiederholten Verstößen ist vorzusehen, daß Apotheken von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen werden können. Ferner ist vorzusehen, dass Apotheken bei einem gröblichen oder einem wiederholten Verstoß gegen Absatz 3 Satz 3 Vertragsstrafen von bis zu 50 000 Euro für jeden Verstoß erhalten, wobei die Gesamtvertragsstrafe für gleichgeartete und in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang begangene Verstöße 250 000 Euro nicht überschreiten darf. Wird eine Vertragsstrafe nach Satz 4 ausgesprochen, kann vorgesehen werden, dass die Berechtigung zur weiteren Versorgung bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt wird. Die Vertragspartner bestimmen im Rahmenvertrag die für die Ahndung von Verstößen gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 oder gegen Absatz 3 Satz 3 zuständige Stelle oder die zuständigen Stellen und regeln das Nähere zur Einleitung und Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Verwendung der vereinnahmten Vertragsstrafen. Kommt eine Regelung nach Satz 4 oder Satz 6 nicht bis zum 30. Juni 2021 zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8.

(4a) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 sind bis zum 31. März 2020 die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verschreibungen von Leistungen nach § 31 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86.

(4b) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Abgabe und Abrechnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen und zur Mitwirkungspflicht der Apotheken nach § 131a Absatz 1 Satz 3.

(4c) Eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln ist von den Vertragspartnern nach Absatz 2 sicherzustellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt. Ist bei einer Abgabe nach Satz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 die Mehrkosten. Das Nähere zur unmittelbaren Abgabe nach den Sätzen 2 und 3 und zur Abrechnung ist im Rahmenvertrag nach Absatz 2 festzulegen.

(4d) Unabhängig von den nach Absatz 4 Satz 2 erster Halbsatz in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 getroffenen Regelungen ist eine Retaxation ausgeschlossen, wenn

1.
die Dosierangabe auf der Verordnung fehlt,
2.
das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
3.
die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn, es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
4.
die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5.
die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.
Sofern entgegen Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Satz 3 eine Ersetzung des verordneten Arzneimittels nicht erfolgt oder die nach Absatz 2a Satz 2 vorgesehenen Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise nicht vorgenommen wurden, ist eine Retaxation des abgegebenen Arzneimittels ausgeschlossen; in diesen Fällen besteht kein Anspruch der abgebenden Apotheke auf die Vergütung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung.

(4e) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 einen Bericht zu den Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 4d und zur Einhaltung der Vorgaben nach Absatz 2a vorzulegen.

(5) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Absatz 3 gilt entsprechend. In dem Vertrag nach Satz 1 kann abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 vereinbart werden, dass die Apotheke die Ersetzung wirkstoffgleicher Arzneimittel so vorzunehmen hat, dass der Krankenkasse Kosten nur in Höhe eines zu vereinbarenden durchschnittlichen Betrags je Arzneimittel entstehen. Verträge nach Satz 3 in der bis zum 12. Mai 2017 geltenden Fassung werden mit Ablauf des 31. August 2017 unwirksam.

(5a) Bei Abgabe eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels gilt bei Abrechnung nach § 300 ein für die Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis in Höhe des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich der Zuschläge nach den §§ 2 und 3 der Arzneimittelpreisverordnung in der am 31. Dezember 2003 gültigen Fassung.

(5b) Apotheken können an vertraglich vereinbarten Versorgungsformen beteiligt werden; die Angebote sind öffentlich auszuschreiben. In Verträgen nach Satz 1 sollen auch Maßnahmen zur qualitätsgesicherten Beratung des Versicherten durch die Apotheke vereinbart werden. In der besonderen Versorgung kann in Verträgen nach Satz 1 das Nähere über Qualität und Struktur der Arzneimittelversorgung für die an der besonderen Versorgung teilnehmenden Versicherten auch abweichend von Vorschriften dieses Buches vereinbart werden.

(5c) Für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln gelten die Preise, die zwischen der mit der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Grund von Vorschriften nach dem Arzneimittelgesetz vereinbart sind. Für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie haben die Vertragspartner nach Satz 1 die Höhe der Preise nach Satz 1 neu zu vereinbaren. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 oder 2 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung nach Satz 2 ist bis zum 31. August 2017 zu treffen. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Gelten für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen keine Vereinbarungen über die zu berechnenden Einkaufspreise nach Satz 1, berechnet die Apotheke ihre tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise, höchstens jedoch die Apothekeneinkaufspreise, die bei Abgabe an Verbraucher auf Grund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz, nach Absatz 3 Satz 3 oder auf Grund von Satz 1 gelten, jeweils abzüglich der Abschläge nach § 130a Absatz 1. Kostenvorteile durch die Verwendung von Teilmengen von Fertigarzneimitteln sind zu berücksichtigen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse können von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise und vom pharmazeutischen Unternehmer über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen. Sofern eine Apotheke bei der parenteralen Zubereitung aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie einen Betrieb, der nach § 21 Absatz 2 Nummer 1b Buchstabe a erste Alternative des Arzneimittelgesetzes tätig wird, beauftragt, können der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse von der Apotheke auch einen Nachweis über den tatsächlichen Einkaufspreis dieses Betriebs verlangen. Der Anspruch nach Satz 8 umfasst jeweils auch die auf das Fertigarzneimittel und den Gesamtumsatz bezogenen Rabatte. Klagen über den Auskunftsanspruch haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Die Krankenkasse kann ihren Landesverband mit der Prüfung beauftragen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 gelten in den Fällen, in denen ein Wirkstoff zu dem nach den Sätzen 1 bis 5 vereinbarten oder festgesetzten Preis nicht verfügbar ist, die Sätze 6 bis 12 entsprechend.

(5d) Für Leistungen nach § 31 Absatz 6 vereinbaren die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Apothekenzuschläge für die Abgabe als Stoff und für Zubereitungen aus Stoffen gemäß der auf Grund des § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung. Die Vereinbarung nach Satz 1 ist bis zum 29. Februar 2020 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Absatz 5c Satz 8 und 10 bis 12 gilt entsprechend. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankassen können auch von Arzneimittelgroßhändlern und Arzneimittelimporteuren Nachweise über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Leistungen nach § 31 Absatz 6 verlangen.

(5e) Versicherte haben Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheken, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen insbesondere Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie, insbesondere bei

1.
der Anwendung bestimmter Wirkstoffe, die nur in besonderen Therapiesituationen verordnet werden,
2.
der Behandlung chronischer schwerwiegender Erkrankungen,
3.
der Behandlung von Patienten mit Mehrfacherkrankungen und Mehrfachmedikation und
4.
der Behandlung bestimmter Patientengruppen, die besondere Aufmerksamkeit und fachliche Unterstützung bei der Arzneimitteltherapie benötigen.
Diese pharmazeutischen Dienstleistungen können auch Maßnahmen der Apotheken zur Vermeidung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sein und sollen insbesondere die pharmazeutische Betreuung von Patientinnen und Patienten in Gebieten mit geringer Apothekendichte berücksichtigen. Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker vereinbart mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung die pharmazeutischen Dienstleistungen nach den Sätzen 1 bis 3 sowie das Nähere zu den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, zur Vergütung der erbrachten Dienstleistungen und zu deren Abrechnung. Die Vereinbarung nach Satz 4 ist bis zum 30. Juni 2021 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort.

(5f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bis zum 31. Dezember 2023 die Auswirkungen der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 und 3 auf die Marktanteile von Apotheken und des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

(5g) Apotheken können bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Wege des Botendienstes je Lieferort und Tag einen zusätzlichen Zuschlag in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erheben.

(6) Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker ist verpflichtet, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Satz 4 und Absatz 1a, die zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz im Rahmen der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und die zur Festsetzung von Festbeträgen nach § 35 Abs. 1 und 2 oder zur Erfüllung der Aufgaben nach § 35a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 erforderlichen Daten dem Gemeinsamen Bundesausschuss sowie dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln und auf Verlangen notwendige Auskünfte zu erteilen. Das Nähere regelt der Rahmenvertrag nach Absatz 2.

(7) Kommt der Rahmenvertrag nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit bestimmten Frist zustande, wird der Vertragsinhalt durch die Schiedsstelle nach Absatz 8 festgesetzt.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker bilden eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Apotheker in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, gilt § 89 Absatz 6 Satz 3 entsprechend.

(9) Die Schiedsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Entscheidungen werden mit der Mehrheit der Mitglieder getroffen. Ergibt sich keine Mehrheit, gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Klagen gegen Festsetzungen der Schiedsstelle haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium für Gesundheit. Es kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren, sein Teilnahmerecht an den Sitzungen sowie über die Verteilung der Kosten regeln.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, im ärztlichen Bereich einschließlich der Sachkosten. In den Bundesmantelverträgen sind auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, zu vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter ist § 73 Abs. 5 zu beachten. Die Arzneiverordnungsblätter sind so zu gestalten, daß bis zu drei Verordnungen je Verordnungsblatt möglich sind. Dabei ist für jede Verordnung ein Feld für die Auftragung des Kennzeichens nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 sowie ein weiteres Feld vorzusehen, in dem der Arzt seine Entscheidung nach § 73 Abs. 5 durch Ankreuzen kenntlich machen kann. Die für eine Verordnung nach § 37 Absatz 8 zu verwendenden Vordrucke und Nachweise sind so zu gestalten, dass sie von den übrigen Verordnungen nach § 37 zu unterscheiden sind. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prüfen, inwieweit bislang papiergebundene Verfahren zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung durch elektronische Kommunikationsverfahren ersetzt werden können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln in dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bis zum 31. Dezember 2019 das Nähere zu einem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für bewilligungspflichtige zahnärztliche Leistungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer durch Regelungen im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte dazu verpflichten, die für die Beantragung von bewilligungspflichtigen Leistungen notwendigen Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse im Wege elektronischer Datenübertragung zu übermitteln. Zur Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren sind die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer befugt, die hierfür erforderlichen versichertenbezogene Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse zu übermitteln. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung ist befugt, die für die Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen versicherungsbezogenen übermittelten Angaben zu verarbeiten. Für die Übermittlung digitaler Vordrucke und Nachweise sind die Dienste der Telematikinfrastruktur zu nutzen, sobald diese zur Verfügung stehen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist vorzusehen, dass Leistungen im aktuellen Behandlungskontext zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 sowie Leistungen zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zusätzlich vergütet werden.

(1a) In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass die Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit die gewählte Versorgung der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 entspricht, gegenüber den Versicherten nach Absatz 2 abzurechnen sind. Darüber hinaus sind im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen zu treffen: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet. Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen. Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen. Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der Krankenkasse bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs. 5 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Der Vertragszahnarzt hat bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2017/745 in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Der Bundesmantelvertrag regelt auch das Nähere zur Ausgestaltung des Heil- und Kostenplans, insbesondere muss aus dem Heil- und Kostenplan erkennbar sein, ob die zahntechnischen Leistungen von Zahnärzten erbracht werden oder nicht.

(1b) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag erstmals bis spätestens zum 30. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativ-medizinische Versorgung. Im Bundesmantelvertrag sind insbesondere zu vereinbaren:

1.
Inhalte und Ziele der qualifizierten und koordinierten palliativ-medizinischen Versorgung und deren Abgrenzung zu anderen Leistungen,
2.
Anforderungen an die Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer,
3.
Anforderungen an die Koordination und interprofessionelle Strukturierung der Versorgungsabläufe sowie die aktive Kooperation mit den weiteren an der Palliativversorgung beteiligten Leistungserbringern, Einrichtungen und betreuenden Angehörigen,
4.
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.
Der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer sowie den in § 92 Absatz 7b genannten Organisationen ist vor Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Auf der Grundlage der Vereinbarung hat der Bewertungsausschuss den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach Absatz 2 Satz 2 zu überprüfen und innerhalb von sechs Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt anzupassen. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre beginnend zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung der abgerechneten palliativ-medizinischen Leistungen auch in Kombination mit anderen vertragsärztlichen Leistungen, über die Zahl und Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer, über die Versorgungsqualität sowie über die Auswirkungen auf die Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts und zu den dafür erforderlichen Auswertungen bestimmen.

(1c) Die Krankenkassen können in den in § 275 Absatz 1, 2 und 3 geregelten Fällen insbesondere

1.
bei kieferorthopädischen Maßnahmen,
2.
bei der Behandlung von Parodontopathien,
3.
bei der Versorgung von Zahnersatz und Zahnkronen, einschließlich der Prüfung der Gewährleistung nach § 136a Absatz 4 Satz 3,
4.
für implantologische Maßnahmen bei Ausnahmeindikationen gemäß § 28 Absatz 2 Satz 9
abweichend von § 275 Absatz 1, 2 und 3 statt einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eine gutachterliche Stellungnahme im Wege des nach Satz 2 im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahrens einholen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag das Nähere zu einem Gutachterverfahren für Zahnärzte insbesondere zur Bestellung der Gutachter, zur Einleitung des Gutachterverfahrens und zur Begutachtung sowie die Maßnahmen und Behandlungen die Gegenstand des Gutachtenverfahrens sein können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich die Partner der Gesamtverträge können vereinbaren, dass die Krankenkassen einheitlich für die im Bundesmantelvertrag näher bestimmten Maßnahmen und Behandlungen ausschließlich das nach Satz 2 vorgesehene Gutachterverfahren anwenden oder ausschließlich die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Der behandelnde Vertragszahnarzt ist verpflichtet, dem von der Krankenkasse benannten vertragszahnärztlichen Gutachter die für die gutachterliche Stellungnahme erforderlichen Daten zu übermitteln. Der vertragszahnärztliche Gutachter darf die vom Vertragszahnarzt übermittelten Daten nur zur Erstellung der in Satz 1 genannten gutachterlichen Stellungnahme verarbeiten. Im Übrigen gelten § 275 Absatz 5, § 276 Absatz 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 und § 277 Absatz 1 Satz 1 bis 3 für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterwesen entsprechend.

(2) Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen, wobei in die Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen auch die Regelung nach § 33 Absatz 9 erstmalig bis spätestens zum 31. Oktober 2012 einzubeziehen ist; bei der Bewertung der Leistungen ist insbesondere der Aspekt der wirtschaftlichen Nutzung der bei der Erbringung von Leistungen eingesetzten medizinisch-technischen Geräte zu berücksichtigen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind die Bewertung der Leistungen nach Satz 1 und die Überprüfung der wirtschaftlichen Aspekte nach Satz 2, insbesondere bei medizinisch-technischen Geräten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betroffenen Arztgruppen auf in bestimmten Zeitabständen zu aktualisierender betriebswirtschaftlicher Basis durchzuführen. Grundlage der Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bilden grundsätzlich die vom Statistischen Bundesamt nach dem Gesetz über die Kostenstrukturstatistik bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Praxen von psychologischen Psychotherapeuten erhobenen Daten der Kostenstruktur; ergänzend können sachgerechte Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern verwendet werden. Der Bewertungsausschuss hat die nächste Überprüfung gemäß Satz 3 und die anschließende Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen spätestens bis zum 29. Februar 2020 mit der Maßgabe durchzuführen, insbesondere die Angemessenheit der Bewertung von Leistungen zu aktualisieren, die einen hohen technischen Leistungsanteil aufweisen. Hierzu legt der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 31. August 2019 ein Konzept vor, wie er die verschiedenen Leistungsbereiche im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten anpassen wird. Dabei soll die Bewertung der Leistungen mit einem hohen technischen Leistungsanteil, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden, insgesamt so festgelegt werden, dass die Punkte, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für diese Leistungen vergeben werden, ab einem bestimmten Schwellenwert mit zunehmender Menge sinken. Die Bewertung der Sachkosten kann abweichend von Satz 1 in Eurobeträgen bestimmt werden.

(2a) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung zu enthalten, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit quartalsbezogen über Auswertungsergebnisse der Regelung nach Satz 3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts nach Satz 4 sowie zur Auswertung der anonymisierten Dokumentationen zum Zwecke der Versorgungsforschung und zur Förderung der Qualität bestimmen; es kann auch den Bewertungsausschuss mit der Vorlage des Berichts beauftragen. Im Übrigen gilt die Veröffentlichungspflicht gemäß § 135b Absatz 1 Satz 2. Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang delegationsfähige Leistungen durch Personen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 qualifiziert erbracht und angemessen vergütet werden können; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen bis zum 23. Januar 2016 zu beschließen. Nach Inkrafttreten der Bestimmungen nach § 27b Absatz 2 Satz 2 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen durch den Bewertungsausschuss gemäß Absatz 5a eine Regelung zu treffen, nach der Leistungen und Kosten im Rahmen der Einholung der Zweitmeinungen nach § 27b abgerechnet werden können. Sofern drei Monate nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 27b Absatz 2 keine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen getroffen wurde, können Versicherte die Leistungen nach § 27b bei den dafür berechtigten Leistungserbringern im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 in Anspruch nehmen. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald die Regelung nach Satz 9 in Kraft getreten ist. Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei den Regelungen nach Satz 18 sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung einschließlich der Versorgung mit gruppentherapeutischen Leistungen und Leistungen der psychotherapeutischen Akutbehandlung zu berücksichtigen. Die Regelungen nach Satz 18 erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 365 Absatz 1 Satz 1. Bis zum 30. Juni 2016 ist mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine Regelung zu treffen, nach der ärztliche Leistungen nach § 31a vergütet werden. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung über die Vergütung von ärztlichen Leistungen zur Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zu enthalten; die Vergütung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 ist in dem Zeitraum vom 20. Oktober 2020 bis zum 20. Oktober 2021 auf das Zweifache der sich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab ergebenden Vergütung zu erhöhen; die Vergütungsregelung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 ist bis zum 1. Januar 2024 zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Regelungen hat der Bewertungsausschuss nach Absatz 5a die Entwicklung der Leistungen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit zu berichten; Absatz 3a gilt entsprechend. Der Bewertungsausschuss überprüft, in welchem Umfang Diagnostika zur schnellen und zur qualitätsgesicherten Antibiotikatherapie eingesetzt werden können, und beschließt auf dieser Grundlage erstmals bis spätestens zum 1. Dezember 2017 entsprechende Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b vom Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a anzupassen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vorzusehen, dass ärztliche Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Der Bewertungsausschuss hat im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Leistungen, die durch Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent der jeweiligen Leistungen im Quartal des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Zudem hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Anzahl der Behandlungsfälle im Quartal, in denen ausschließlich Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent aller Behandlungsfälle des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Von der Begrenzung auf 30 Prozent nach den Sätzen 30 und 31 kann der Bewertungsausschuss in besonderen Ausnahmesituationen, wie etwa nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, für einen befristeten Zeitraum abweichen. Der Bewertungsausschuss legt bis zum 30. September 2021 fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Sätze 30 und 31 die psychotherapeutische Akutbehandlung im Rahmen der Videosprechstunde erbracht werden kann.

(2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen. Mit den Pauschalen nach Satz 1 sollen die gesamten im Abrechnungszeitraum regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Versichertenpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
5.
ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2.
Zudem können Qualitätszuschläge vorgesehen werden, mit denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss beschließt spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit Wirkung zum 1. März 2022 eine Anpassung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung über die Organ- und Gewebespende sowie über die Möglichkeit, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register nach § 2a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung abgeben, ändern und widerrufen zu können. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre.

(2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 sollen die regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Grundpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt.
Die in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Zuschläge gelten bei der Behandlung aufgrund einer erfolgten Vermittlung nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet werden. Für die Versorgung im Rahmen von kooperativen Versorgungsformen sind spezifische Fallpauschalen festzulegen, die dem fallbezogenen Zusammenwirken von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesen Versorgungsformen Rechnung tragen. Die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen haben eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Bis zum 29. Februar 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ein Zuschlag in Höhe von 15 Prozent auf diejenigen psychotherapeutischen Leistungen vorzusehen, die im Rahmen des ersten Therapieblocks einer neuen Kurzzeittherapie erbracht werden. Der Zuschlag ist auf die ersten zehn Stunden dieser Leistungen zu begrenzen und für Psychotherapeuten vorzusehen, die für die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden für gesetzlich Versicherte tatsächlich zur Verfügung stehen.

(2d) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie bei Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Zudem können Regelungen vorgesehen werden, die darauf abzielen, dass die Abrechnung der Versichertenpauschalen nach Absatz 2b Satz 1 sowie der Grundpauschalen nach Absatz 2c Satz 1 für einen Versicherten nur durch einen Arzt im Abrechnungszeitraum erfolgt, oder es können Regelungen zur Kürzung der Pauschalen für den Fall eines Arztwechsels des Versicherten innerhalb des Abrechnungszeitraums vorgesehen werden.

(2e) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist jährlich bis zum 31. August ein bundeseinheitlicher Punktwert als Orientierungswert in Euro zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzulegen.

(2f) (weggefallen)

(2g) Bei der Anpassung des Orientierungswertes nach Absatz 2e sind insbesondere

1.
die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind,
2.
Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind, sowie
3.
die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen, soweit diese nicht durch eine Abstaffelungsregelung nach Absatz 2 Satz 3 berücksichtigt worden ist,
4.
(weggefallen)
zu berücksichtigen.

(2h) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen können zu Leistungskomplexen zusammengefasst werden. Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen ist wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen.

(2i) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind, in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2j) Für Leistungen, die im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden, ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen eine zusätzliche, in der Bewertung über Absatz 2i Satz 1 hinausgehende Leistung vorzusehen. Voraussetzung für die Abrechnung dieser zusätzlichen Leistung ist die Einhaltung der in der Vereinbarung nach § 119b Absatz 2 festgelegten Anforderungen. Die Leistung nach Absatz 2i Satz 1 ist in diesen Fällen nicht berechnungsfähig. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2k) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen sind Videosprechstundenleistungen vorzusehen für die Untersuchung und Behandlung von den in Absatz 2i genannten Versicherten und von Versicherten, an denen zahnärztliche Leistungen im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden. Die Videosprechstundenleistungen nach Satz 1 können auch Fallkonferenzen mit dem Pflegepersonal zum Gegenstand haben. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anpassung erfolgt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 366 Absatz 1 Satz 1.

(2l) Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragszahnärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistungen abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss legt dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren jeweils einen Bericht über die als telemedizinische Leistungen abrechenbaren Konsilien vor.

(2m) Der Bewertungsausschuss hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten daraufhin zu überprüfen, wie der Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne von § 2 Nummer 5 Buchstabe b und d des Implantateregistergesetzes in der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund ihrer Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 Absatz 1 sowie den §§ 18, 20, 24, 25 und 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht, angemessen abgebildet werden kann. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung hat der Bewertungsausschuss eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen bis zum 30. September 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu beschließen.

(3) Der Bewertungsausschuß besteht aus drei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Die Beratungen des Bewertungsausschusses einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften sind vertraulich. Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen der Trägerorganisationen und des Instituts des Bewertungsausschusses.

(3a) Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt der Analysen bestimmen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3b) Der Bewertungsausschuss wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von einem Institut unterstützt, das gemäß der vom Bewertungsausschuss nach Absatz 3e zu vereinbarenden Geschäftsordnung die Beschlüsse nach den §§ 87, 87a und 116b Absatz 6 sowie die Analysen nach Absatz 3a vorbereitet. Träger des Instituts sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Erfüllt das Institut seine Aufgaben nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den geltenden Vorgaben oder wird es aufgelöst, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine oder mehrere der in Satz 2 genannten Organisationen oder einen Dritten mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3c) Die Finanzierung des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b erfolgt durch die Erhebung eines Zuschlags auf jeden ambulant-kurativen Behandlungsfall in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung nach § 85 oder der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach § 87a zu finanzieren. Das Nähere bestimmt der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3e Satz 1 Nr. 3.

(3d) Über die Ausstattung des Instituts nach Absatz 3b mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmittel und über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f durch das Institut entscheidet der Bewertungsausschuss. Die innere Organisation des Instituts ist jeweils so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gerecht wird. Absatz 6 gilt entsprechend. Über die Ausstattung des beauftragten Dritten nach Absatz 3b Satz 3 mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmitteln sowie über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.

(3e) Der Bewertungsausschuss beschließt

1.
bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Bewertungsausschusses und des Instituts gemäß Absatz 3b trifft, insbesondere zur Geschäftsführung und zur Art und Weise der Vorbereitung der in Absatz 3b Satz 1 genannten Beschlüsse, Analysen und Berichte, sowie
3.
eine Finanzierungsregelung, in der er Näheres zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt.
Die Verfahrensordnung, die Geschäftsordnung und die Finanzierungsregelung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung sind im Internet zu veröffentlichen. Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf. Eine Auskunft können pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten, Hersteller von Diagnostikleistungen und deren jeweilige Verbände, einschlägige Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f verlangen. Das Nähere regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung.

(3f) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen erfassen jeweils nach Maßgabe der vom Bewertungsausschuss zu bestimmenden inhaltlichen und verfahrensmäßigen Vorgaben die für die Aufgaben des Bewertungsausschusses nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, einschließlich der Daten nach § 73b Absatz 7 Satz 5 und § 140a Absatz 6, arzt- und versichertenbezogen in einheitlicher pseudonymisierter Form. Die Daten nach Satz 1 werden jeweils unentgeltlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und von den Krankenkassen an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt, die diese Daten jeweils zusammenführen und sie unentgeltlich dem Institut oder dem beauftragten Dritten gemäß Absatz 3b übermitteln. Soweit erforderlich hat der Bewertungsausschuss darüber hinaus Erhebungen und Auswertungen nicht personenbezogener Daten durchzuführen oder in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten einzuholen. Für die Verarbeitung der Daten nach den Sätzen 2 und 3 kann der Bewertungsausschuss eine Datenstelle errichten oder eine externe Datenstelle beauftragen; für die Finanzierung der Datenstelle gelten die Absätze 3c und 3e entsprechend. Das Verfahren der Pseudonymisierung nach Satz 1 ist vom Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu bestimmen.

(3g) Die Regelungen der Absätze 3a bis 3f gelten nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss.

(4) Kommt im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden gilt § 89 Absatz 6 entsprechend. Von den weiteren unparteiischen Mitgliedern wird ein Mitglied von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie ein Mitglied vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannt.

(5) Der erweiterte Bewertungsausschuß setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Die Festsetzung hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 1 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte nach Absatz 3b dem zuständigen erweiterten Bewertungsausschuss unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend; auch für die Unterlagen der unparteiischen Mitglieder gilt Vertraulichkeit.

(5a) Bei Beschlüssen zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zur Vergütung der Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Absatz 3 um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu ergänzen. Kommt durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung des ergänzten Bewertungsausschusses nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, wird der ergänzte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Die Benennung der beiden unparteiischen Mitglieder durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft soll bis spätestens zum 30. Juni 2019 erfolgen; § 89a Absatz 6 gilt entsprechend. Im ergänzten erweiterten Bewertungsausschuss sind nur jeweils zwei Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie die beiden unparteiischen Mitglieder stimmberechtigt. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss setzt den Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder innerhalb von drei Monaten fest. Wird eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, setzen die beiden unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5b) Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für weitere Richtlinienbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich machen. In diesem Zusammenhang notwendige Vereinbarungen nach § 135 Absatz 2 sind zeitgleich zu treffen. Für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die vor dem 23. Juli 2015 in Kraft getreten sind, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach Satz 1 mit dem 23. Juli 2015 beginnt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist zeitgleich mit dem Beschluss nach § 35a Absatz 3 Satz 1 anzupassen, sofern die Fachinformation des Arzneimittels zu seiner Anwendung eine zwingend erforderliche Leistung vorsieht, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich macht. Das Nähere zu ihrer Zusammenarbeit regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung. Für Beschlüsse nach § 35a Absatz 3 Satz 1, die vor dem 13. Mai 2017 getroffen worden sind, gilt Satz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Bewertungsausschuss spätestens bis 13. November 2017 den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen hat.

(5c) Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 3 dauerhaft in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so sind entweder der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen oder der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme anzupassen, soweit ärztliche Leistungen für die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind. Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 4 vorläufig in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so vereinbaren die Partner der Bundesmantelverträge innerhalb von drei Monaten nach der vorläufigen Aufnahme eine Vergütung für ärztliche Leistungen, die während der Erprobungszeit nach Festlegung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 zur Versorgung mit und zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind; die Vereinbarung berücksichtigt die Nachweispflichten für positive Versorgungseffekte, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 festgelegt worden sind. Solange keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, hat der Leistungserbringer Anspruch auf die nach Satz 2 vereinbarte Vergütung. Soweit und solange keine Vereinbarung nach Satz 2 getroffen ist oder sofern eine Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e ohne Erprobung erfolgt und keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, können Versicherte die ärztlichen Leistungen, die für die Versorgung mit oder zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind, im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 bei Leistungserbringern in Anspruch nehmen; Absatz 2a Satz 12 gilt entsprechend. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald eine Entscheidung über die Anpassung nach Satz 1 getroffen ist.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen; ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zusammen mit den den Beschlüssen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse innerhalb von zwei Monaten beanstanden; es kann im Rahmen der Prüfung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen dazu anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen festsetzen; es kann dazu Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte oder die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Organisation gemäß Absatz 3b dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 bereits vor Fristablauf das Institut nach Satz 5 beauftragen, Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen, sofern die Bewertungsausschüsse die Beratungen sowie die Beschlussfassungen nicht oder nicht in einem angemessenen Umfang vorbereiten oder durchführen. Die mit den Maßnahmen nach Satz 4 verbundenen Kosten sind von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen; das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit. Abweichend von Satz 4 kann das Bundesministerium für Gesundheit für den Fall, dass Beschlüsse der Bewertungsausschüsse nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande kommen, den erweiterten Bewertungsausschuss nach Absatz 4 mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist die Vereinbarung fest; Satz 1 bis 7 gilt entsprechend. Die Beschlüsse und die entscheidungserheblichen Gründe sind im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen; falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Deutschen Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.

(7) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 6 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) bis (9) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. März 2013 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2693,29 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der klagende Apotheker gab an einen Versicherten der beklagten Krankenkasse (KK) aufgrund einer nicht unterschriebenen Arzneimittelverordnung vom 18.12.2008 eine Infusionslösung ab. Die vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. W. und Dr. H. mit Sitz im selben Haus wie der Kläger bestätigte später, dass sie dem Versicherten am selben Tag die Infusionslösung, die laut Absprache mit dem Kläger termingerecht beim Arztbesuch des Versicherten hergestellt worden sei, verabreicht habe. Außerdem legte der Kläger 2010 eine zweite von Dr. H. unterschriebene, auf den 18.12.2008 datierte Verordnung vor. Die Beklagte rechnete mit unstreitigen Forderungen des Klägers in Höhe der mit 2693,29 Euro vergüteten Verordnung vom 18.12.2008 auf. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung dieser Summe verurteilt. Das LSG hat das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Beklagten habe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe der insoweit wirksamen Aufrechnung zugestanden. Der Kläger habe aus der Abgabe der Infusionslösung keinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte, weil die ärztliche Unterschrift auf der Verordnung Wirksamkeitsvoraussetzung für den kraft Gesetzes entstehenden Vergütungsanspruch sei. § 4 Abs 1 Buchst n des im Bundesgebiet geltenden Arzneilieferungsvertrages (ALV) - der für eine ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung die vertragsärztliche Unterschrift fordert - und § 4 Abs 2 S 2 ALV - der die Heilung fehlender Angaben in bestimmten Fällen vorsieht - seien eng auszulegen. Eine Heilung des Mangels der fehlenden vertragsärztlichen Unterschrift sei danach ausgeschlossen (Urteil vom 20.3.2013).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung.

4

1. Der Kläger legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

5

a) Der Kläger wirft zwar als Fragen auf,

        

"ob § 4 Abs. 1 ALV nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Apotheker führt",

        

und     

        

"ob Apotheker durch die Regelung in § 4 Abs. 1 n ALV schon durch die Vertragsverhandlungen und die unterschiedliche Stärke der Vertragsparteien nicht unangemessen benachteiligt werden, auch und gerade vor dem Hintergrund, dass die Krankenkassen Retaxierungen als Einnahmequellen missbrauchen".

6

Der Senat lässt offen, ob der Kläger unter Verwendung des Begriffs der unangemessenen Benachteiligung klare Rechtsfragen formuliert hat. Jedenfalls zeigt die Beschwerdebegründung den erforderlichen Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und § 160a Nr 21 S 38; BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7; zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei Rechtsfragen der Krankenhausvergütung vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 5). Deshalb hätte sich der Kläger in der Beschwerdebegründung näher damit auseinandersetzen müssen, wieso in Würdigung der ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung noch Klärungsbedarf verblieben ist. Die Beschwerdebegründung genügt diesen Anforderungen nicht.

7

Der Kläger setzt sich im Hinblick auf § 4 Abs 1 Buchst n ALV schon nicht mit dem - auch vom LSG zitierten - Urteil des BSG vom 17.12.2009 (BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5) auseinander, das eine nicht vom Arzt autorisierte Erhöhung der Abgabemenge betraf. Im Übrigen legt er nicht die Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Rechtswidrigkeit der übrigen in § 4 Abs 1 ALV genannten Voraussetzungen dar.

8

b) Zudem wirft der Kläger die Frage auf,

        

"ob die Vielzahl an Retaxierungen und die daraus resultierenden Obliegenheitspflichten nicht ein Verstoß gegen Artikel 12 GG ist".

9

Der Kläger stellt bereits keine klar formulierte Rechtsfrage. Denn (allenfalls) aus der Verletzung von gesetzlichen oder (normen-)vertraglichen Pflichten können zwar Retaxierungen (Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche im Wege der Aufrechnung) als Rechtsfolgen resultieren, nicht hingegen können diese Rechtsfolgen selbst Ursachen tatbestandlicher Voraussetzungen ("Obliegenheitspflichten") sein. Aber selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer noch hinreichend klar formulierten Rechtsfrage ausginge, fehlte es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit.

10

Wer sich - wie hier der Kläger - auf die Verfassungswidrigkeit untergesetzlicher Regelungen beruft, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG Beschluss vom 16.2.2009 - B 1 KR 87/08 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - Juris RdNr 6 mwN). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfach-gesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden (vgl nur BSG Beschluss vom 29.9.2011 - B 1 KR 46/11 B - RdNr 11). An alledem fehlt es. Mit dem Regelungsgehalt des Art 12 Abs 1 GG setzt sich der Kläger nicht auseinander. Selbst wenn der Kläger die im ALV aufgestellten, von den Apothekern bei der Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte zu beachtenden Verhaltenspflichten in ihrer Gesamtschau oder einzelne Verhaltenspflichten gemeint haben sollte, deren Nichtbeachtung zu Retaxierungen führt (vgl nur BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6; s ferner BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7; BSG Urteil vom 2.7.2013 - B 1 KR 49/12 R ), zeigt der Kläger nicht auf, woraus sich eine Verletzung des Art 12 GG hier ergeben soll. Er macht insbesondere nicht deutlich, warum den Apothekern nicht die Prüfung abverlangt werden kann, dass die Verordnung (vertragsärztlich) unterschrieben ist. Soweit er sich auf eine Verletzung des Art 12 Abs 2 GG beruft, der den Arbeitszwang zum Gegenstand hat, zeigt er schon nicht den Schutzbereich dieser Vorschrift auf.

11

c) Schließlich formuliert der Kläger - sinngemäß - die Rechtsfrage,

        

ob § 4 Abs 1 Buchst n ALV gegen Art 14 Abs 2 GG verstößt.

12

Auch insoweit wird der Kläger den vorgenannten Darlegungserfordernissen bei Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit einer Norm nicht gerecht. Schon im Ansatz ist ein Zusammenhang zwischen der am Maßstab des Art 12 Abs 1 GG zu prüfenden normenvertraglichen Verhaltenspflicht der Apotheker nach § 4 Abs 1 Buchst n ALV und der Gemeinwohlbindung des Eigentums nicht nachvollziehbar dargelegt und wird auch durch die weitere Begründung nicht erhellt.

13

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3, § 47 GKG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 verpflichtet zur

1.
Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt
a)
ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder
b)
die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat,
2.
Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, wenn deren für den Versicherten maßgeblicher Abgabepreis unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 1b, 2, 3a und 3b um den folgenden Prozentwert oder Betrag niedriger ist als der Abgabepreis des Bezugsarzneimittels:
a)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis bis einschließlich 100 Euro: mindestens 15 Prozent niedriger,
b)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 100 Euro bis einschließlich 300 Euro: mindestens 15 Euro niedriger,
c)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 300 Euro: mindestens 5 Prozent niedriger;
in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Regelungen vereinbart werden, die zusätzliche Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen,
3.
Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen und
4.
Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung.
Bei der Abgabe eines Arzneimittels nach Satz 1 Nummer 1 haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; als identisch gelten dabei Packungsgrößen mit dem gleichen Packungsgrößenkennzeichen nach der in § 31 Absatz 4 genannten Rechtsverordnung. Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist; die Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 3 rabattierten Arzneimittels ist der Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 6 rabattierten Arzneimittels gleichgestellt. Eine Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ist auch bei Fertigarzneimitteln vorzunehmen, die für in Apotheken hergestellte parenterale Zubereitungen verwendet werden, wenn für das wirkstoffgleiche Arzneimittel eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8c mit Wirkung für die Krankenkasse besteht und sofern in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist. Besteht keine entsprechende Vereinbarung nach § 130a Abs. 8, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages vorzunehmen. Abweichend von den Sätzen 3 und 5 können Versicherte gegen Kostenerstattung ein anderes Arzneimittel erhalten, wenn die Voraussetzungen nach Satz 2 erfüllt sind. § 13 Absatz 2 Satz 2 und 12 findet keine Anwendung. Bei der Abgabe von importierten Arzneimitteln und ihren Bezugsarzneimitteln gelten die Sätze 3 und 5 entsprechend; dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nummer 2. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und antineoplatische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2021 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet diesen Bericht an den Deutschen Bundestag weiter mit einer eigenen Bewertung zur Beschlussfassung, ob eine Regelung nach Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung des Berichts weiterhin notwendig ist. Die Regelungen für preisgünstige Arzneimittel nach Satz 1 Nummer 1 und den Sätzen 2 bis 7 gelten entsprechend für im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel, für die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 eine Austauschbarkeit in Bezug auf ein biologisches Referenzarzneimittel festgestellt hat.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 unverzüglich Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 die Arzneimittel, bei denen die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b ausgeschlossen ist; dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 für die ärztliche Verordnung Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Die Hinweise sind erstmals bis zum 16. August 2020 zu bestimmen. Spätestens bis zum 16. August 2023 gibt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ebenfalls Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch Apotheken. Dabei soll der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben. Zur Umsetzung des Regelungsauftrags erhält der Gemeinsame Bundesausschuss auf Verlangen Einsicht in die Zulassungsunterlagen bei der zuständigen Bundesoberbehörde. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker regeln in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere.

(2a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines nach Maßgabe des Rahmenvertrags nach Absatz 2 abzugebenden Arzneimittels dieses gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Eine Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken nur von einer vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung beliefert, liegt abweichend von Satz 2 eine Nichtverfügbarkeit vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Frist durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei dieser vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

1.
die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung maßgeblichen Messzahl,
2.
die Packungsanzahl,
3.
die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
4.
die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

(3) Der Rahmenvertrag nach Absatz 2 hat Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie

1.
einem Mitgliedsverband der Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, daß von der Spitzenorganisation abgeschlossene Verträge dieser Art Rechtswirkung für die dem Verband angehörenden Apotheken haben, oder
2.
dem Rahmenvertrag beitreten.
Apotheken dürfen verordnete Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen nur abgeben und können unmittelbar mit den Krankenkassen nur abrechnen, wenn der Rahmenvertrag für sie Rechtswirkung hat. Bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen sind Apotheken, für die der Rahmenvertrag Rechtswirkungen hat, zur Einhaltung der in der nach § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise verpflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren.

(4) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist zu regeln, welche Maßnahmen die Vertragspartner auf Landesebene ergreifen können, wenn Apotheken gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 verstoßen. In dem Rahmenvertrag ist zu regeln, in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt; kommt eine Regelung nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Bei gröblichen und wiederholten Verstößen ist vorzusehen, daß Apotheken von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen werden können. Ferner ist vorzusehen, dass Apotheken bei einem gröblichen oder einem wiederholten Verstoß gegen Absatz 3 Satz 3 Vertragsstrafen von bis zu 50 000 Euro für jeden Verstoß erhalten, wobei die Gesamtvertragsstrafe für gleichgeartete und in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang begangene Verstöße 250 000 Euro nicht überschreiten darf. Wird eine Vertragsstrafe nach Satz 4 ausgesprochen, kann vorgesehen werden, dass die Berechtigung zur weiteren Versorgung bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt wird. Die Vertragspartner bestimmen im Rahmenvertrag die für die Ahndung von Verstößen gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 oder gegen Absatz 3 Satz 3 zuständige Stelle oder die zuständigen Stellen und regeln das Nähere zur Einleitung und Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Verwendung der vereinnahmten Vertragsstrafen. Kommt eine Regelung nach Satz 4 oder Satz 6 nicht bis zum 30. Juni 2021 zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8.

(4a) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 sind bis zum 31. März 2020 die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verschreibungen von Leistungen nach § 31 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86.

(4b) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Abgabe und Abrechnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen und zur Mitwirkungspflicht der Apotheken nach § 131a Absatz 1 Satz 3.

(4c) Eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln ist von den Vertragspartnern nach Absatz 2 sicherzustellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt. Ist bei einer Abgabe nach Satz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 die Mehrkosten. Das Nähere zur unmittelbaren Abgabe nach den Sätzen 2 und 3 und zur Abrechnung ist im Rahmenvertrag nach Absatz 2 festzulegen.

(4d) Unabhängig von den nach Absatz 4 Satz 2 erster Halbsatz in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 getroffenen Regelungen ist eine Retaxation ausgeschlossen, wenn

1.
die Dosierangabe auf der Verordnung fehlt,
2.
das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
3.
die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn, es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
4.
die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5.
die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.
Sofern entgegen Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Satz 3 eine Ersetzung des verordneten Arzneimittels nicht erfolgt oder die nach Absatz 2a Satz 2 vorgesehenen Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise nicht vorgenommen wurden, ist eine Retaxation des abgegebenen Arzneimittels ausgeschlossen; in diesen Fällen besteht kein Anspruch der abgebenden Apotheke auf die Vergütung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung.

(4e) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 einen Bericht zu den Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 4d und zur Einhaltung der Vorgaben nach Absatz 2a vorzulegen.

(5) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Absatz 3 gilt entsprechend. In dem Vertrag nach Satz 1 kann abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 vereinbart werden, dass die Apotheke die Ersetzung wirkstoffgleicher Arzneimittel so vorzunehmen hat, dass der Krankenkasse Kosten nur in Höhe eines zu vereinbarenden durchschnittlichen Betrags je Arzneimittel entstehen. Verträge nach Satz 3 in der bis zum 12. Mai 2017 geltenden Fassung werden mit Ablauf des 31. August 2017 unwirksam.

(5a) Bei Abgabe eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels gilt bei Abrechnung nach § 300 ein für die Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis in Höhe des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich der Zuschläge nach den §§ 2 und 3 der Arzneimittelpreisverordnung in der am 31. Dezember 2003 gültigen Fassung.

(5b) Apotheken können an vertraglich vereinbarten Versorgungsformen beteiligt werden; die Angebote sind öffentlich auszuschreiben. In Verträgen nach Satz 1 sollen auch Maßnahmen zur qualitätsgesicherten Beratung des Versicherten durch die Apotheke vereinbart werden. In der besonderen Versorgung kann in Verträgen nach Satz 1 das Nähere über Qualität und Struktur der Arzneimittelversorgung für die an der besonderen Versorgung teilnehmenden Versicherten auch abweichend von Vorschriften dieses Buches vereinbart werden.

(5c) Für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln gelten die Preise, die zwischen der mit der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Grund von Vorschriften nach dem Arzneimittelgesetz vereinbart sind. Für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie haben die Vertragspartner nach Satz 1 die Höhe der Preise nach Satz 1 neu zu vereinbaren. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 oder 2 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung nach Satz 2 ist bis zum 31. August 2017 zu treffen. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Gelten für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen keine Vereinbarungen über die zu berechnenden Einkaufspreise nach Satz 1, berechnet die Apotheke ihre tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise, höchstens jedoch die Apothekeneinkaufspreise, die bei Abgabe an Verbraucher auf Grund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz, nach Absatz 3 Satz 3 oder auf Grund von Satz 1 gelten, jeweils abzüglich der Abschläge nach § 130a Absatz 1. Kostenvorteile durch die Verwendung von Teilmengen von Fertigarzneimitteln sind zu berücksichtigen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse können von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise und vom pharmazeutischen Unternehmer über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen. Sofern eine Apotheke bei der parenteralen Zubereitung aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie einen Betrieb, der nach § 21 Absatz 2 Nummer 1b Buchstabe a erste Alternative des Arzneimittelgesetzes tätig wird, beauftragt, können der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse von der Apotheke auch einen Nachweis über den tatsächlichen Einkaufspreis dieses Betriebs verlangen. Der Anspruch nach Satz 8 umfasst jeweils auch die auf das Fertigarzneimittel und den Gesamtumsatz bezogenen Rabatte. Klagen über den Auskunftsanspruch haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Die Krankenkasse kann ihren Landesverband mit der Prüfung beauftragen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 gelten in den Fällen, in denen ein Wirkstoff zu dem nach den Sätzen 1 bis 5 vereinbarten oder festgesetzten Preis nicht verfügbar ist, die Sätze 6 bis 12 entsprechend.

(5d) Für Leistungen nach § 31 Absatz 6 vereinbaren die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Apothekenzuschläge für die Abgabe als Stoff und für Zubereitungen aus Stoffen gemäß der auf Grund des § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung. Die Vereinbarung nach Satz 1 ist bis zum 29. Februar 2020 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Absatz 5c Satz 8 und 10 bis 12 gilt entsprechend. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankassen können auch von Arzneimittelgroßhändlern und Arzneimittelimporteuren Nachweise über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Leistungen nach § 31 Absatz 6 verlangen.

(5e) Versicherte haben Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheken, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen insbesondere Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie, insbesondere bei

1.
der Anwendung bestimmter Wirkstoffe, die nur in besonderen Therapiesituationen verordnet werden,
2.
der Behandlung chronischer schwerwiegender Erkrankungen,
3.
der Behandlung von Patienten mit Mehrfacherkrankungen und Mehrfachmedikation und
4.
der Behandlung bestimmter Patientengruppen, die besondere Aufmerksamkeit und fachliche Unterstützung bei der Arzneimitteltherapie benötigen.
Diese pharmazeutischen Dienstleistungen können auch Maßnahmen der Apotheken zur Vermeidung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sein und sollen insbesondere die pharmazeutische Betreuung von Patientinnen und Patienten in Gebieten mit geringer Apothekendichte berücksichtigen. Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker vereinbart mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung die pharmazeutischen Dienstleistungen nach den Sätzen 1 bis 3 sowie das Nähere zu den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, zur Vergütung der erbrachten Dienstleistungen und zu deren Abrechnung. Die Vereinbarung nach Satz 4 ist bis zum 30. Juni 2021 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort.

(5f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bis zum 31. Dezember 2023 die Auswirkungen der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 und 3 auf die Marktanteile von Apotheken und des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

(5g) Apotheken können bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Wege des Botendienstes je Lieferort und Tag einen zusätzlichen Zuschlag in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erheben.

(6) Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker ist verpflichtet, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Satz 4 und Absatz 1a, die zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz im Rahmen der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und die zur Festsetzung von Festbeträgen nach § 35 Abs. 1 und 2 oder zur Erfüllung der Aufgaben nach § 35a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 erforderlichen Daten dem Gemeinsamen Bundesausschuss sowie dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln und auf Verlangen notwendige Auskünfte zu erteilen. Das Nähere regelt der Rahmenvertrag nach Absatz 2.

(7) Kommt der Rahmenvertrag nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit bestimmten Frist zustande, wird der Vertragsinhalt durch die Schiedsstelle nach Absatz 8 festgesetzt.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker bilden eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Apotheker in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, gilt § 89 Absatz 6 Satz 3 entsprechend.

(9) Die Schiedsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Entscheidungen werden mit der Mehrheit der Mitglieder getroffen. Ergibt sich keine Mehrheit, gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Klagen gegen Festsetzungen der Schiedsstelle haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium für Gesundheit. Es kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren, sein Teilnahmerecht an den Sitzungen sowie über die Verteilung der Kosten regeln.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 verpflichtet zur

1.
Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt
a)
ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder
b)
die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat,
2.
Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, wenn deren für den Versicherten maßgeblicher Abgabepreis unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 1b, 2, 3a und 3b um den folgenden Prozentwert oder Betrag niedriger ist als der Abgabepreis des Bezugsarzneimittels:
a)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis bis einschließlich 100 Euro: mindestens 15 Prozent niedriger,
b)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 100 Euro bis einschließlich 300 Euro: mindestens 15 Euro niedriger,
c)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 300 Euro: mindestens 5 Prozent niedriger;
in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Regelungen vereinbart werden, die zusätzliche Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen,
3.
Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen und
4.
Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung.
Bei der Abgabe eines Arzneimittels nach Satz 1 Nummer 1 haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; als identisch gelten dabei Packungsgrößen mit dem gleichen Packungsgrößenkennzeichen nach der in § 31 Absatz 4 genannten Rechtsverordnung. Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist; die Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 3 rabattierten Arzneimittels ist der Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 6 rabattierten Arzneimittels gleichgestellt. Eine Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ist auch bei Fertigarzneimitteln vorzunehmen, die für in Apotheken hergestellte parenterale Zubereitungen verwendet werden, wenn für das wirkstoffgleiche Arzneimittel eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8c mit Wirkung für die Krankenkasse besteht und sofern in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist. Besteht keine entsprechende Vereinbarung nach § 130a Abs. 8, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages vorzunehmen. Abweichend von den Sätzen 3 und 5 können Versicherte gegen Kostenerstattung ein anderes Arzneimittel erhalten, wenn die Voraussetzungen nach Satz 2 erfüllt sind. § 13 Absatz 2 Satz 2 und 12 findet keine Anwendung. Bei der Abgabe von importierten Arzneimitteln und ihren Bezugsarzneimitteln gelten die Sätze 3 und 5 entsprechend; dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nummer 2. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und antineoplatische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2021 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet diesen Bericht an den Deutschen Bundestag weiter mit einer eigenen Bewertung zur Beschlussfassung, ob eine Regelung nach Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung des Berichts weiterhin notwendig ist. Die Regelungen für preisgünstige Arzneimittel nach Satz 1 Nummer 1 und den Sätzen 2 bis 7 gelten entsprechend für im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel, für die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 eine Austauschbarkeit in Bezug auf ein biologisches Referenzarzneimittel festgestellt hat.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 unverzüglich Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 die Arzneimittel, bei denen die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b ausgeschlossen ist; dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 für die ärztliche Verordnung Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Die Hinweise sind erstmals bis zum 16. August 2020 zu bestimmen. Spätestens bis zum 16. August 2023 gibt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ebenfalls Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch Apotheken. Dabei soll der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben. Zur Umsetzung des Regelungsauftrags erhält der Gemeinsame Bundesausschuss auf Verlangen Einsicht in die Zulassungsunterlagen bei der zuständigen Bundesoberbehörde. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker regeln in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere.

(2a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines nach Maßgabe des Rahmenvertrags nach Absatz 2 abzugebenden Arzneimittels dieses gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Eine Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken nur von einer vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung beliefert, liegt abweichend von Satz 2 eine Nichtverfügbarkeit vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Frist durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei dieser vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

1.
die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung maßgeblichen Messzahl,
2.
die Packungsanzahl,
3.
die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
4.
die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

(3) Der Rahmenvertrag nach Absatz 2 hat Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie

1.
einem Mitgliedsverband der Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, daß von der Spitzenorganisation abgeschlossene Verträge dieser Art Rechtswirkung für die dem Verband angehörenden Apotheken haben, oder
2.
dem Rahmenvertrag beitreten.
Apotheken dürfen verordnete Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen nur abgeben und können unmittelbar mit den Krankenkassen nur abrechnen, wenn der Rahmenvertrag für sie Rechtswirkung hat. Bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen sind Apotheken, für die der Rahmenvertrag Rechtswirkungen hat, zur Einhaltung der in der nach § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise verpflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren.

(4) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist zu regeln, welche Maßnahmen die Vertragspartner auf Landesebene ergreifen können, wenn Apotheken gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 verstoßen. In dem Rahmenvertrag ist zu regeln, in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt; kommt eine Regelung nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Bei gröblichen und wiederholten Verstößen ist vorzusehen, daß Apotheken von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen werden können. Ferner ist vorzusehen, dass Apotheken bei einem gröblichen oder einem wiederholten Verstoß gegen Absatz 3 Satz 3 Vertragsstrafen von bis zu 50 000 Euro für jeden Verstoß erhalten, wobei die Gesamtvertragsstrafe für gleichgeartete und in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang begangene Verstöße 250 000 Euro nicht überschreiten darf. Wird eine Vertragsstrafe nach Satz 4 ausgesprochen, kann vorgesehen werden, dass die Berechtigung zur weiteren Versorgung bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt wird. Die Vertragspartner bestimmen im Rahmenvertrag die für die Ahndung von Verstößen gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 oder gegen Absatz 3 Satz 3 zuständige Stelle oder die zuständigen Stellen und regeln das Nähere zur Einleitung und Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Verwendung der vereinnahmten Vertragsstrafen. Kommt eine Regelung nach Satz 4 oder Satz 6 nicht bis zum 30. Juni 2021 zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8.

(4a) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 sind bis zum 31. März 2020 die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verschreibungen von Leistungen nach § 31 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86.

(4b) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Abgabe und Abrechnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen und zur Mitwirkungspflicht der Apotheken nach § 131a Absatz 1 Satz 3.

(4c) Eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln ist von den Vertragspartnern nach Absatz 2 sicherzustellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt. Ist bei einer Abgabe nach Satz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 die Mehrkosten. Das Nähere zur unmittelbaren Abgabe nach den Sätzen 2 und 3 und zur Abrechnung ist im Rahmenvertrag nach Absatz 2 festzulegen.

(4d) Unabhängig von den nach Absatz 4 Satz 2 erster Halbsatz in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 getroffenen Regelungen ist eine Retaxation ausgeschlossen, wenn

1.
die Dosierangabe auf der Verordnung fehlt,
2.
das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
3.
die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn, es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
4.
die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5.
die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.
Sofern entgegen Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Satz 3 eine Ersetzung des verordneten Arzneimittels nicht erfolgt oder die nach Absatz 2a Satz 2 vorgesehenen Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise nicht vorgenommen wurden, ist eine Retaxation des abgegebenen Arzneimittels ausgeschlossen; in diesen Fällen besteht kein Anspruch der abgebenden Apotheke auf die Vergütung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung.

(4e) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 einen Bericht zu den Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 4d und zur Einhaltung der Vorgaben nach Absatz 2a vorzulegen.

(5) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Absatz 3 gilt entsprechend. In dem Vertrag nach Satz 1 kann abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 vereinbart werden, dass die Apotheke die Ersetzung wirkstoffgleicher Arzneimittel so vorzunehmen hat, dass der Krankenkasse Kosten nur in Höhe eines zu vereinbarenden durchschnittlichen Betrags je Arzneimittel entstehen. Verträge nach Satz 3 in der bis zum 12. Mai 2017 geltenden Fassung werden mit Ablauf des 31. August 2017 unwirksam.

(5a) Bei Abgabe eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels gilt bei Abrechnung nach § 300 ein für die Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis in Höhe des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich der Zuschläge nach den §§ 2 und 3 der Arzneimittelpreisverordnung in der am 31. Dezember 2003 gültigen Fassung.

(5b) Apotheken können an vertraglich vereinbarten Versorgungsformen beteiligt werden; die Angebote sind öffentlich auszuschreiben. In Verträgen nach Satz 1 sollen auch Maßnahmen zur qualitätsgesicherten Beratung des Versicherten durch die Apotheke vereinbart werden. In der besonderen Versorgung kann in Verträgen nach Satz 1 das Nähere über Qualität und Struktur der Arzneimittelversorgung für die an der besonderen Versorgung teilnehmenden Versicherten auch abweichend von Vorschriften dieses Buches vereinbart werden.

(5c) Für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln gelten die Preise, die zwischen der mit der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Grund von Vorschriften nach dem Arzneimittelgesetz vereinbart sind. Für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie haben die Vertragspartner nach Satz 1 die Höhe der Preise nach Satz 1 neu zu vereinbaren. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 oder 2 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung nach Satz 2 ist bis zum 31. August 2017 zu treffen. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Gelten für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen keine Vereinbarungen über die zu berechnenden Einkaufspreise nach Satz 1, berechnet die Apotheke ihre tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise, höchstens jedoch die Apothekeneinkaufspreise, die bei Abgabe an Verbraucher auf Grund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz, nach Absatz 3 Satz 3 oder auf Grund von Satz 1 gelten, jeweils abzüglich der Abschläge nach § 130a Absatz 1. Kostenvorteile durch die Verwendung von Teilmengen von Fertigarzneimitteln sind zu berücksichtigen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse können von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise und vom pharmazeutischen Unternehmer über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen. Sofern eine Apotheke bei der parenteralen Zubereitung aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie einen Betrieb, der nach § 21 Absatz 2 Nummer 1b Buchstabe a erste Alternative des Arzneimittelgesetzes tätig wird, beauftragt, können der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse von der Apotheke auch einen Nachweis über den tatsächlichen Einkaufspreis dieses Betriebs verlangen. Der Anspruch nach Satz 8 umfasst jeweils auch die auf das Fertigarzneimittel und den Gesamtumsatz bezogenen Rabatte. Klagen über den Auskunftsanspruch haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Die Krankenkasse kann ihren Landesverband mit der Prüfung beauftragen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 gelten in den Fällen, in denen ein Wirkstoff zu dem nach den Sätzen 1 bis 5 vereinbarten oder festgesetzten Preis nicht verfügbar ist, die Sätze 6 bis 12 entsprechend.

(5d) Für Leistungen nach § 31 Absatz 6 vereinbaren die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Apothekenzuschläge für die Abgabe als Stoff und für Zubereitungen aus Stoffen gemäß der auf Grund des § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung. Die Vereinbarung nach Satz 1 ist bis zum 29. Februar 2020 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Absatz 5c Satz 8 und 10 bis 12 gilt entsprechend. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankassen können auch von Arzneimittelgroßhändlern und Arzneimittelimporteuren Nachweise über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Leistungen nach § 31 Absatz 6 verlangen.

(5e) Versicherte haben Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheken, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen insbesondere Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie, insbesondere bei

1.
der Anwendung bestimmter Wirkstoffe, die nur in besonderen Therapiesituationen verordnet werden,
2.
der Behandlung chronischer schwerwiegender Erkrankungen,
3.
der Behandlung von Patienten mit Mehrfacherkrankungen und Mehrfachmedikation und
4.
der Behandlung bestimmter Patientengruppen, die besondere Aufmerksamkeit und fachliche Unterstützung bei der Arzneimitteltherapie benötigen.
Diese pharmazeutischen Dienstleistungen können auch Maßnahmen der Apotheken zur Vermeidung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sein und sollen insbesondere die pharmazeutische Betreuung von Patientinnen und Patienten in Gebieten mit geringer Apothekendichte berücksichtigen. Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker vereinbart mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung die pharmazeutischen Dienstleistungen nach den Sätzen 1 bis 3 sowie das Nähere zu den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, zur Vergütung der erbrachten Dienstleistungen und zu deren Abrechnung. Die Vereinbarung nach Satz 4 ist bis zum 30. Juni 2021 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort.

(5f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bis zum 31. Dezember 2023 die Auswirkungen der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 und 3 auf die Marktanteile von Apotheken und des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

(5g) Apotheken können bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Wege des Botendienstes je Lieferort und Tag einen zusätzlichen Zuschlag in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erheben.

(6) Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker ist verpflichtet, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Satz 4 und Absatz 1a, die zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz im Rahmen der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und die zur Festsetzung von Festbeträgen nach § 35 Abs. 1 und 2 oder zur Erfüllung der Aufgaben nach § 35a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 erforderlichen Daten dem Gemeinsamen Bundesausschuss sowie dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln und auf Verlangen notwendige Auskünfte zu erteilen. Das Nähere regelt der Rahmenvertrag nach Absatz 2.

(7) Kommt der Rahmenvertrag nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit bestimmten Frist zustande, wird der Vertragsinhalt durch die Schiedsstelle nach Absatz 8 festgesetzt.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker bilden eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Apotheker in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, gilt § 89 Absatz 6 Satz 3 entsprechend.

(9) Die Schiedsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Entscheidungen werden mit der Mehrheit der Mitglieder getroffen. Ergibt sich keine Mehrheit, gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Klagen gegen Festsetzungen der Schiedsstelle haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium für Gesundheit. Es kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren, sein Teilnahmerecht an den Sitzungen sowie über die Verteilung der Kosten regeln.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. August 2011 geändert. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 27. September 2009 wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 1429,17 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Retaxierung wegen verfristeter Abrechnung von Arzneimittelvergütungen.

2

Der klagende Inhaber einer öffentlichen Apotheke ist Mitglied im Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. Der Kläger gab am 2.5.2007 Arzneimittel an Versicherte der beklagten Krankenkasse (KK) nach Vorlage von 36 zwischen dem 12.4. und 2.5.2007 ausgestellten vertragsärztlichen Rezepten ab. Er stellte im August 2007 hierfür der Beklagten 1429,17 Euro über das von ihm einbezogene Rechenzentrum in Rechnung. Die Beklagte beglich die Rechnung umgehend, die Teil einer sich insgesamt auf 1750 Rezepte mit einem Volumen von knapp 100 000 Euro erstreckenden Gesamtabrechnung des Klägers war. Sie beanstandete am 2.4.2008 gegenüber dem Kläger ua die Abrechnung der 36 Rezepte wegen Versäumung der Abrechnungsfrist des § 8 Abs 1 Arznei-Liefervertrag in der seit 1.7.2006 geltenden Fassung (ALV). Der ALV besteht zwischen dem Landesapothekerverband Niedersachsen und mehreren Landesverbänden der KKn, darunter in dieser Funktion auch die Beklagte. § 8 Abs 1 ALV bestimmt: "Die Rechnungslegung sowie die Weiterleitung derOriginal-Verordnungsblätter erfolgt jeweils für einen abgeschlossenen Kalendermonat … bis spätestens zwei Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte. … Andernfalls entfällt der Anspruch auf Bezahlung." Der Kläger machte mit seinem Einspruch (18.4.2008) geltend, die Verfristung der Abrechnung führe nicht zum Verlust seines Zahlungsanspruchs, da dies verfassungswidrig, nämlich unverhältnismäßig sei. Nicht er, sondern sein Personal bzw das für ihn arbeitende Rechenzentrum habe die Ursache der Verfristung zu vertreten. Die Beklagte wies den Einspruch zurück (22.5.2008) und rechnete 1429,17 Euro mit Forderungen des Klägers aus der nächsten Abrechnung auf.

3

Während die Klage bei dem SG erfolglos geblieben ist (Gerichtsbescheid vom 27.9.2009), hat das LSG die Beklagte - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - verurteilt, dem Kläger 1429,17 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Denn die vertraglich ohne Ausnahmetatbestände geregelte Ausschlussfrist sei unverhältnismäßig im Sinne des Grundrechts der Berufsfreiheit (Urteil vom 31.8.2011).

4

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung der § 69 Abs 1, § 129 Abs 5 SGB V, der §§ 53 ff SGB X und der Art 12 Abs 1, Art 9 Abs 3, Art 3 Abs 1 und Art 20 GG. § 8 Abs 1 ALV sehe wirksam und verhältnismäßig eine Ausschlussfrist - wie in vielen anderen Rechtsbereichen auch - für das Massengeschäft der Arzneimittelabrechnung im Interesse schneller Klarheit und Erhalt der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. August 2011 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 27. September 2009 insgesamt zurückzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet. Das angefochtene LSG-Urteil ist zu ändern und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG insgesamt zurückzuweisen. Die Vorinstanz hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an den klagenden Apotheker 1429,17 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Der zulässig mit der echten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)geltend gemachte restliche Vergütungsanspruch des Klägers für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der Beklagten (dazu 1.) ist durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch erloschen (dazu 2.).

9

1. Dem Kläger stand für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der Beklagten aufgrund der nächsten auf den 22.5.2008 folgenden Abrechnung ein Anspruch auf Vergütung ua in Höhe von 1429,17 Euro zu. Ansprüche der Apotheker für die von ihnen an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel ergeben sich aus § 129 SGB V(idF durch Art 1 Nr 95 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - vom 26.3.2007, BGBl I 378 mit Wirkung vom 1.4.2007) in Verbindung mit den hierfür geltenden vertraglichen Regelungen des Leistungserbringungsrechts. Nach § 129 SGB V geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge(§ 129 Abs 2 und Abs 5 S 1 SGB V, vgl auch § 2 Abs 2 S 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der GKV ab. Diese Vorschrift begründet im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die KKn, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird(stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; ausführlich BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15).

10

Der Vergütungsanspruch des Klägers erfüllte die dargelegten Voraussetzungen. Dies ergibt sich aus den dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des LSG zu entnehmenden unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen aufgrund des zulässig vom LSG zugrunde gelegten übereinstimmenden Beteiligtenvortrags (vgl dazu BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; § 163 SGG).

11

2. Der entstandene Vergütungsanspruch des Klägers erlosch dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Vergütungsforderung des Klägers in Höhe von 1429,17 Euro aufrechnete. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren entgegen der Auffassung der Vorinstanz erfüllt. Die Beklagte konnte mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen (vgl allgemein zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 10 f mwN; zur Aufrechnung BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Der Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch des Klägers erfüllbar.

12

Die Beklagte hatte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm ohne Rechtsgrund 1429,17 Euro aufgrund der Abrechnung von August 2007 zahlte. Der vermeintliche Vergütungsanspruch des Klägers war nämlich aufgrund der Verfristung seiner Abrechnung gemäß § 8 Abs 1 ALV in dieser Höhe erloschen. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Apothekern sind öffentlich-rechtlicher Natur (vgl BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 11 ff mwN). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9, 11 f mwN).

13

§ 8 Abs 1 ALV begründet wirksam eine Ausschlussfrist für verfristete Abrechnungen. Das ergibt sich klar und unmissverständlich schon aus dem bewusst gewählten Wortlaut der Regelung. § 8 Abs 1 ALV unterscheidet sich darin von anderen, insbesondere früher abgeschlossenen Verträgen auf Landesebene, die gerade nicht ausdrücklich Ausschlussfristen vorsehen(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 3 RdNr 14 ff). Der ALV beruht auf § 129 Abs 5 S 1 SGB V. Danach können die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Diese Verträge ergänzen den Rahmenvertrag (§ 129 Abs 2 SGB V; Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, hier anzuwenden idF vom 23.3.2007) und das Gesetz. Der Rahmenvertrag lässt Raum dafür, in ergänzenden Verträgen auf Landesebene Ausschlussfristen im Zusammenhang mit der Abrechnung von Apothekervergütungen und der Geltendmachung von Rechnungs- und Taxberichtigungen zu begründen (vgl zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 33 f). Denn er hat lediglich - soweit hier von Interesse - das "Zustandekommen des Zahlungsanspruchs" des Apothekers gegen die KK zum Gegenstand (§ 1 Nr 8 Rahmenvertrag), nicht aber dessen Wegfall oder Erlöschen.

14

Die Regelung des § 8 Abs 1 ALV steht bei gebotener Auslegung auch mit höherrangigem Recht in Einklang. Die auszulegende Regelung ist - obwohl Landesrecht - revisibel. Nach § 162 SGG kann die Revision allerdings nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Ungeachtet der Frage nach dem Geltungsbereich des hier betroffenen ALV bestehen nach den Feststellungen des LSG jedenfalls auch in anderen Ländern Verträge mit entsprechenden Regelungen, die im Anschluss an Rechtsprechung des BSG (SozR 4-2500 § 129 Nr 3)bewusst einheitlich getroffen worden sind, um zu einer vom Ausgangspunkt der genannten Rechtsprechung abweichenden Vertragsgrundlage und auf dieser Basis zu einer einheitlichen Rechtsanwendung zu gelangen. In solchen Fällen ist die Auslegung auch eines derartigen Landesvertrages revisibel (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 26 mwN).

15

Ausschlussregelungen, die sich auf Vergütungen für eine Berufstätigkeit beziehen, sind als Berufsausübungsregelungen an Art 12 Abs 1 GG zu messen (vgl generell zu Preisregelungen für Apotheker BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, RdNr 229 ff; s auch BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19; vgl zur rechtsähnlichen Fragestellung der Verfassungsmäßigkeit tarifvertraglicher Ausschlussfristen BAG Urteil vom 22.9.1999 - 10 AZR 839/98 - AP Nr 226 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau = NZA 2000, 551, juris RdNr 58 mwN). Dies gilt auch, wenn zu berücksichtigen ist, dass die Vertragsparteien der Normenverträge - wie hier - besonders fachkundig und geeignet sind, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. § 129 SGB V schafft im Zusammenspiel mit der Regelung zur Datenübermittlung des § 300 SGB V eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, um die Arzneimittelabrechnung vertraglich unter Einbeziehung von Ausschlussregelungen zu regeln(zutreffend die Vorinstanz; vgl auch M. Krasney, Westerhelle, Anm, SGb 2007, 178 ff; aA Wesser, jurisPR-MedizinR 1/2012 Anm 3). Denn § 129 SGB V ermächtigt die Vertragspartner umfassend, "das Nähere" zu regeln. Ein Gegenschluss aus § 129 Abs 4 SGB V - keine weitergehenden Sanktionen - ist insoweit nicht zulässig: Ausschlussfristen sind keine Sanktionen für schuldhafte Rechtsverstöße, sondern ein Mittel der Rechtsordnung, mit Fristablauf Rechtssicherheit zu schaffen.

16

Die Berufsausübungsregelung ist - wie verfassungsrechtlich geboten - durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV ist ein solcher Gemeinwohlbelang (vgl BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, RdNr 233; BVerfGE 68, 193, 218), den ein reibungsloser Ablauf der Arzneimittelabrechnung sichert. Für die Apothekerabrechnung steht speziell das Interesse an einer schnellen Klärung der Ansprüche im Vordergrund. Dies ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass die Apotheken - abgesehen von den Zuzahlungen - vorleisten, die KKn Abschlagszahlungen leisten (vgl § 9 Abs 8 ALV)und die Rechnungen innerhalb von zehn Tagen nach Eingang der Verordnungsdatensätze bei den vorgesehenen Annahmestellen zu begleichen haben (vgl § 9 Abs 1 S 1 ALV). Auch aufgrund der betroffenen großen Datenmengen besteht ein erhebliches Interesse daran, durch überschaubare Abrechnungsfristen für einen kontinuierlichen Datenzufluss zu sorgen. Andernfalls droht schon aufgrund der Datenmenge (vgl anschaulich hierzu zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - RdNr 2, 9 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) eine nicht mehr zu bewältigende Überforderung bei der Datenverarbeitung, die nur durch eine ganz erhebliche Ausweitung der Verarbeitungskapazität kostspielig aufgefangen werden könnte. Nur ergänzend und hintergründig tritt das Interesse an brauchbaren Prognosen für die Kalkulation der Ausgabenstruktur und des Finanzbedarfs der KKn hinzu.

17

Spiegelbild der zu bewältigenden Datenströme ist die Ausgestaltung der Datenverarbeitung (§ 300 SGB V; Vereinbarung gemäß § 300 SGB V vom 4.11.1994 - "Vereinbarung"). Auch hier wird das allseitige Interesse an einer schnellen Klärung der Verhältnisse deutlich (§ 6 Abs 1 Vereinbarung: Apothekenabrechnung spätestens ein Monat nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte). Regelmäßig bedient sich der Apotheker - wie auch hier der Kläger - einer Abrechnungsstelle, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Die Abrechnungsstellen bieten typischerweise wahlweise Online- oder Offline-Informationsdienste an zu Vorabprüfungen, zur Abrufbarkeit des konkreten Abrechnungsstands einschließlich der Rezeptdaten und -images sowie zur Marktentwicklung im relevanten Teilsegment auf gesicherten Wegen. Zur Absicherung offerieren sie eine Versicherung der Rezepte ab Eingang in der Apotheke bis zum Abschluss des gesamten Abrechnungsverfahrens. Die problemlose, seit Jahren eingespielte Abrechnungspraxis, die Möglichkeit zu zeitnaher Fehlererkennung und -korrektur und das allseitige Interesse an schneller Abrechnung lassen die in § 8 Abs 1 ALV eingeräumte Frist von zwei Monaten nach Abschluss des Kalendermonats der Arzneimittelabgabe als sehr lang erscheinen, sodass sie kaum praktische Relevanz erlangt.

18

Die Ausschlussfrist des § 8 Abs 1 ALV ist geeignet und erforderlich, für eine umgehende Abrechnung im Interesse eines kontinuierlichen Datenflusses zu sorgen. Dies kann zur Ausgabenbegrenzung der KKn beitragen. Verschuldensabhängige Sanktionen kommen als mildere Maßnahmen nicht in Betracht. Sie sind nicht gleich geeignet, da hierfür ein aufwändiger Verschuldensnachweis zu führen wäre.

19

Allerdings sind Ausschlussfristen nach Art des § 8 Abs 1 ALV nur zumutbar, wenn sie erst nach einer hinreichend langen Zeit greifen und ausgewogen sind, insbesondere wenn sie nur dann eingreifen, wenn der Betroffene hinreichende Vorsorge zu ihrer Beachtung treffen kann. Andernfalls wäre eine Berufung auf die Ausschlussfrist rechtsmissbräuchlich (vgl zum Rechtsmissbrauch als Grenze von Ausschlussfristen zB BSG Urteil vom 30.11.1982 - 2 RU 39/81 - HVGBG RdSchr VB 21/83; BSG SozR 2200 § 627 Nr 6; BSGE 14, 246 = SozR Nr 2 zu § 58 BVG; BSGE 10, 88; zur Grenze von tarifvertraglichen Ausschlussfristen durch Treu und Glauben vgl BAG Urteil vom 22.9.1999 - 10 AZR 839/98 - AP Nr 226 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau = NZA 2000, 551). Während der Fristenlauf im Vertrag bestimmt sein muss, bedarf es keines ausdrücklichen Vorbehalts für Fälle des Rechtsmissbrauchs: Diese Einschränkung versteht sich auch ohne ausdrückliche Regelung von selbst, soweit nicht punktuelle Teilregelungen Unklarheit schaffen (vgl zu einer unverhältnismäßigen Ausschlussfrist zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19).

20

Den dargelegten Anforderungen genügt § 8 Abs 1 ALV. Die Regelung sieht nicht etwa bloß eine Frist von acht oder zehn Tagen (vgl zu einer solchen Konstellation zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19 RdNr 20)oder von einem Monat vor (so zB der Fall in BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 3, allerdings ohne überhaupt eine klare Ausschlussregelung zu treffen), sondern von zwei Monaten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es schon im Eigeninteresse des Apothekers liegt, möglichst bald nach Abschluss des jeweiligen Kalendermonats seine Abrechnung einzureichen, um umgehend in den Genuss der Vergütung zu kommen. Aufgrund der kurzen, vertraglich vorgesehenen Reaktionszeit der KK (vgl oben, § 9 Abs 1 S 1 ALV)kann er unmittelbar erkennen, dass ggf eine Abrechnung nicht erfolgt ist.

21

Soweit und solange der Betroffene ausnahmsweise aus Gründen, für deren Beachtung er keine hinreichende Vorsorge treffen kann, an der Einhaltung der Frist gehindert ist, ist die Berufung auf die Ausschlusswirkung auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung rechtsmissbräuchlich. In solchen Fällen muss die KK trotz Fristablaufs die unverzüglich nach Beseitigung des Hemmnisses eingereichte ordnungsgemäße Abrechnung der Arzneimittelabgabe noch vergüten.

22

Der Kläger stützt sich nicht auf Gründe, für deren Beachtung er keine hinreichende Vorsorge treffen konnte, sondern insbesondere auf Fehler des von ihm beauftragten Rechenzentrums. Insoweit gehört es indes gerade zu den grundlegenden Pflichten eines beauftragten Rechenzentrums, für die Einhaltung der Abrechnungsfristen Sorge zu tragen. Es hat im Verhältnis zum Apotheker das Risiko der Pünktlichkeit der Abrechnung zu tragen und kann sich notfalls hiergegen durch Abschluss einer Versicherung absichern. Gerade solche Fälle verdeutlichen, dass es nicht angeht, das legitime Interesse an einer umgehenden Klärung der Verhältnisse zu Lasten letztlich der Beitragszahler von demjenigen wegzuverlagern, der aufgrund seiner professionellen Stellung und seiner Einbindung in den arbeitsteiligen Prozess der Abrechnung dazu berufen ist, dieses Risiko selbst zu tragen.

23

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 52 Abs 3 GKG.

                          

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. Juli 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 165 152,83 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Bezahlung von als Apothekenrabatt einbehaltener Arzneimittelvergütung.

2

Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Er bezweckt nach § 1 Abs 2 seiner Satzung die Wahrnehmung und Förderung gemeinsamer Interessen von Apothekern in Hamburg, die sich in ihm zusammengeschlossen haben. Ihm angehörende Apotheker und andere Apotheker in Norddeutschland gaben im Monat August 2003 Arzneimittel an Versicherte der beklagten Krankenkasse (KK) ab. Sie forderten hierfür Vergütung, berechnet in einer Sammelrechnung (9.9.2003) des Norddeutschen Apotheken-Rechenzentrums eV (NARZ), gerichtet an die "Deutsches Dienstleistungszentrum für das Gesundheitswesen GmbH" (DDG), welche die Beklagte im Apothekenabrechnungsverkehr vertritt. Die Sammelrechnung wies eine Brutto-Rechnungssumme von 2 452 578,54 Euro aus, abzuziehende Zuzahlungen von 160 128,20 Euro, einen Apothekenrabatt von 197 642,41 Euro, weitere Abzugsposten von insgesamt 111 092,73 Euro, die geleistete Vorauszahlung von 1 682 720,65 Euro und daraus folgend eine Restforderung von 303 532,95 Euro. Die DDG setzte von der Restforderung einen nicht näher spezifizierten Berichtigungsbetrag von 3212,34 Euro ab und einen wegen Abrechnungsproblemen zu Beginn des Jahres 2003 nacherhobenen Apothekenrabattbetrag von 52 262,45 Euro. Die Beklagte überwies deshalb zur Tilgung der Restforderung lediglich 248 058,16 Euro, die am 24.9.2003 dem Konto des NARZ gutgeschrieben wurden. Die DDG hielt die Einbehaltung später teilweise für rechtsgrundlos. Sie zahlte deshalb am 25.1.2005 von dem nacherhobenen Apothekenrabatt 48 478,73 Euro an die betroffenen Apotheker aus. Daraufhin trat die Mehrheit der Apotheker, deren Forderungen in der Sammelrechnung vom 9.9.2003 enthalten waren, ihre Ansprüche auf restliche Vergütung in Höhe des einbehaltenen Apothekenrabatts für ihre im August 2003 erbrachten und abgerechneten Leistungen an den Kläger ab, geleitet von der Rechtsauffassung, der Rabatt sei nicht angefallen. Die Beklagte habe die Sammelrechnung nicht fristgerecht iS von § 130 Abs 3 S 1 SGB V beglichen, sondern die Forderungen rechtsgrundlos länger als zehn Tage um einen Betrag von 48 478,73 Euro gekürzt.

3

Das SG hat der auf Zahlung von insgesamt 169 370,14 Euro gerichteten Klage nur hinsichtlich eines Betrages von 4217,31 Euro stattgegeben, entsprechend 2,49 vH der eingeklagten Summe. Der Anteil der nicht binnen zehn Tagen nach Eingang der Sammelrechnung geleisteten Vergütung habe sich nämlich auf 2,49 vH belaufen (Urteil vom 9.6.2009). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: § 130 Abs 3 S 1 SGB V ordne bei einer geringfügigen ungerechtfertigten Kürzung des Rechnungsbetrags keinen vollständigen Verlust des Rabattanspruchs an. Zudem habe die Beklagte die nach § 2 Abs 1 Buchst a des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden "Vertrag(es) über die elektronische Rezeptabrechnung gemäß § 10 des Arznei-Liefervertrages vom 1. Dezember 1982" vereinbarte Abschlagszahlung (80 % der Monatsrechnung des letzten abgerechneten Monats bis zum Vierten des laufenden Monats) fristgemäß geleistet. Die Apotheker hätten sich deshalb hier an der Kostendämpfung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in dem Umfang, in dem die Beklagte die Sammelrechnung bezahlt habe, zu beteiligen (Urteil vom 12.7.2011).

4

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung des § 130 Abs 3 S 1 SGB V. Die Skontoregelung verlange von der KK die vollständige Begleichung der Rechnung binnen zehn Tagen nach deren Eingang, um einen Anspruch auf Apothekenrabatt zu begründen. Der Rahmenvertrag nach § 129 SGB V sehe keine abweichende Regelung vor.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. Juli 2011 sowie das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 2009 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Beklagte zu verurteilen, weitere 165 152,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15. Juni 2005 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung des § 130 Abs 3 S 1 SGB V beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Senat kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht in der Sache selbst abschließend über den Erfolg der Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil entscheiden, soweit dieses die zulässig erhobene echte Leistungsklage abgewiesen hat.

9

Streitgegenstand sind an den Kläger abgetretene Restvergütungsansprüche von Apothekern für im August 2003 an Versicherte der beklagten KK gelieferte und unter dem 9.9.2003 in Rechnung gestellte Arzneimittel. Die auf einen Gesamtzahlbetrag gerichtete Klage ist hinreichend bestimmt, denn der Kläger hat jeden Teilvergütungsanspruch jedes Zedenten in Höhe des von ihm geltend gemachten Rabattanteils einzeln aufgeführt und beziffert.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sind die streitigen Vergütungsansprüche der Apotheker zunächst uneingeschränkt entstanden (dazu 1.). Vergütungsansprüche der Apotheker für an GKV-Versicherte abgegebene Arzneimittel gehen in Höhe des jeweiligen Apothekenrabatts nur insoweit nachträglich unter, als die KK die Forderungen der einzelnen Apotheker binnen zehn Tagen nach Rechnungseingang vollständig erfüllt (dazu 2.). Der Senat kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aber nicht entscheiden, ob und inwieweit danach die streitigen Vergütungsansprüche bestehen (dazu 3.).

11

1. Der Kläger ist aufgrund wirksamer Abtretung Rechtsinhaber der streitbefangenen Restvergütungsansprüche der Apotheker. Ansprüche auf Vergütung erwuchsen den Apothekern zunächst in voller Höhe für die von ihnen an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel (dazu a). Die Ansprüche verminderten sich um die unangegriffen festgestellten Abzugsposten wie Zuzahlungen der Versicherten und Teilzahlungen der Beklagten bis auf einen Restbetrag, der die streitbefangene Forderung umfasst, weil die Beklagte die Forderungen in Höhe der einbehaltenen Apothekenrabatte nicht erfüllte (dazu b).

12

a) Die streitbefangenen Ansprüche der Apotheker für die von ihnen an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel ergeben sich aus § 129 SGB V(idF durch Art 1 Nr 4 Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.2.2002, BGBl I 684) in Verbindung mit den hierfür geltenden vertraglichen Regelungen des Leistungserbringungsrechts (dazu aa). Die Vergütungsansprüche - einschließlich des vom Kläger geltend gemachten, noch offenen Restbetrags von insgesamt 165 152,42 Euro - erfüllten die dort geregelten Voraussetzungen (dazu bb).

13

aa) Nach § 129 SGB V geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge(§ 129 Abs 2 und Abs 5 S 1 SGB V, vgl auch § 2 Abs 2 S 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der GKV ab. Diese Vorschrift begründet im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für ihre öffentlich-rechtliche Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die KKn, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird(ausführlich dazu BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; zur Aufgabe der Rspr zum privatrechtlichen Vergütungsanspruch der durch öffentlich-rechtliche Verträge in das System eingebundenen Leistungserbringer vgl BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15).

14

Die im hier betroffenen Zeitraum August 2003 für das Bestehen eines Vergütungsanspruchs in Verbindung mit § 129 SGB V maßgeblichen ergänzenden Vereinbarungen sind der auf Bundesebene zwischen den Spitzenverbänden der KKn einschließlich der Ersatzkassen und dem Deutschen Apothekerverband eV auf der Grundlage des § 129 Abs 2 SGB V geschlossene "Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V" idF der Schiedsstellenentscheidung vom 6.8.2001 (RahmenV) sowie die den Rahmenvertrag ergänzenden Verträge nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V. Nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V können die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Das ist insbesondere geschehen mit dem ua zwischen dem BKK-Landesverband Nord (handelnd für die Beklagte) und dem Kläger (handelnd für die in ihm zusammengeschlossenen Apotheker Hamburgs) am 24.10.1997 geschlossenen "Arznei-Liefervertrag" (ALV), sowie mit dem "Vertrag über die elektronische Rezeptabrechnung gemäß § 10 des Arznei-Liefervertrages vom 1. Dezember 1982" (Rezeptabrechnungsvertrag/RezeptAbrV), der gemäß § 7 ALV weiterhin Gültigkeit besitzt. Die Verträge konkretisieren, wann Apotheker ordnungsgemäß Vergütung für die Abgabe welcher Arzneimittel an Versicherte aufgrund vertragsärztlicher Verordnung erhalten.

15

bb) Die streitigen Vergütungsansprüche der Apotheker erfüllten die Voraussetzungen der dargelegten gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen. Insbesondere gaben die Apotheker im Monat August 2003 aufgrund ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung hierfür vorgesehene Arzneimittel an Versicherte der Beklagten ab und berechneten ihre Vergütung ordnungsgemäß. Dies ergibt sich aus den dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des LSG zu entnehmenden unangegriffenen und deswegen den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG).

16

b) Die danach zunächst gegebenen Ansprüche minderten sich um die unangegriffen festgestellten Abzugsposten wie die Zuzahlungen der Versicherten. Hiernach betrug die Gesamtforderung im Sinne der Brutto-Rechnungssumme im Ausgangspunkt 2 452 578,54 Euro. Dieser Betrag bildet zugleich die Grundlage für die Berechnung des Apothekenrabatts (vgl dazu unter 2.), der sich nach dem Apothekenabgabepreis bestimmt. Der auf die Gesamtforderung entfallende Apothekenrabatt beträgt 197 642,41 Euro, von dem der Kläger insgesamt 169 370,14 Euro geltend macht und von dem nach dem Inhalt des von der Beklagten nicht angegriffenen SG-Urteils noch 165 152,42 Euro im Streit stehen.

17

Der erkennende Senat kann im Revisionsverfahren vom genannten Betrag und von den unstreitigen Abzugsposten (Zuzahlungen, geleistete Vorauszahlungen, weitere Abzugsposten) ausgehen. Der vom LSG zugrunde gelegte übereinstimmende Beteiligtenvortrag genügt insoweit als ausreichende Tatsachengrundlage für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen und Gegenrechte. Auch wenn amtliche Sachaufklärung nicht von Beteiligtenvorbringen (Tatsachenbehauptungen, Beweisanregungen, Beweisanträgen) abhängig ist, begründet der Amtsermittlungsgrundsatz keine Pflicht von Behörden und Gerichten, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. In diesem Sinne findet die amtliche Sachaufklärungspflicht ihre Grenze an der Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten (vgl BSGE 78, 207, 213 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 24; BSG Urteil vom 7.5.1998 - B 11 AL 81/97 R - juris RdNr 20; vgl auch Hauck in Zeihe, SGG, Stand November 2010, Vor § 103 Anm 1. A. II.; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2011, § 103 RdNr 19; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 103 RdNr 8; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand August 2011, § 103 Anm 2 c). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - beide Beteiligten, für die jeweils spezialisierte Abrechnungsunternehmen handeln, eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen. Schließlich hat die Beklagte auch nicht innerhalb der nach § 9 Abs 2 ALV vorgesehenen Ausschlussfrist von 18 Monaten (weitere) Rechnungs- und innerhalb von 12 Monaten (weitere) Taxbeanstandungen vorgebracht.

18

2. Vergütungsansprüche der Apotheker für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte einer KK vermindern sich in Höhe des jeweiligen Apothekenrabatts rückwirkend ohne weiteren Rechtsakt aufgrund Bedingungseintritts, wenn die KK die Voraussetzungen für das Entstehen des Rabatts erfüllt (dazu a). Bedingung für das Entstehen des Rabatts ist die vollständige Begleichung der Rechnung innerhalb der Zehntagesfrist des § 130 Abs 3 S 1 SGB V(dazu b).

19

a) Das Gesetz umschreibt lediglich den äußeren Vorgang der Rabattierung, ohne ihn ausdrücklich rechtstechnisch zu qualifizieren. Nach dem Wortlaut der Normen "erhalten" die KKn von den Apotheken auf den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis einen "Abschlag" (§ 130 Abs 1 S 1 SGB V, hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 7 Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23.12.2002, BGBl I 4637). Von den Voraussetzungen für "die Gewährung des Abschlags" spricht § 130 Abs 3 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988, BGBl I 2477). Der den KKn zu gewährende, seinem Umfang nach in § 130 Abs 1 S 2(idF durch Art 1 Nr 7 BSSichG vom 23.12.2002, BGBl I 4637) und § 130 Abs 2 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 9 Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 27.7.2001, BGBl I 1948) festgelegte Abschlag auf den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis wird als Apothekenrabatt bezeichnet (zu dessen Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfGE 114, 196, 242 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 123 ff, dort zur Fassung durch das BSSichG; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 1 RdNr 24 ff; zur Vorgängervorschrift § 376 RVO: BGHZ 54, 115, 119 ff = USK 7068).

20

Die Rabattierung ist in das System der Arzneimittelvergütung für die Apotheken durch die KKn integriert. Sie soll einfach und sicher das gesetzliche Ziel umsetzen, bei - im Interesse der Apotheken - kurzfristiger, zeitgerechter Erfüllung den Vergütungsanspruch um einen bestimmten Betrag im Interesse der KKn zu mindern. Der Apothekenrabatt dient heute (zur historischen Entwicklung vgl BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 1 RdNr 25 f mwN)allein dazu, bei sich weiterhin dynamisch entwickelnden Arzneimittelkosten (vgl nur BT-Drucks 17/3116 S 1) einen Einspareffekt bei pünktlicher Bezahlung zu bewirken und dem gesetzgeberischen Ziel der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) Rechnung zu tragen. Der Apothekenrabatt als - geringfügige - Kürzung des gesetzlichen Vergütungsanspruchs des Apothekers gegen die KK erhält durch die Bindung an die Zehntagesfrist nach Rechnungseingang (§ 130 Abs 3 S 1 SGB V) den Charakter eines Skontos für die alsbaldige Zahlung (ähnlich BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 1 RdNr 26 und 28).

21

Dem aufgezeigten Regelungssystem und -zweck entspricht es, den KKn zur fristgerechten Erfüllung des gesetzlichen Vergütungsanspruchs der Apotheker für an Versicherte abgegebene Arzneimittel zu ermöglichen, unter Hinweis auf den "Abzug" unmittelbar den um den Rabatt geminderten Preis zu zahlen, und keine weiteren Rechtsakte der Beteiligten - Apotheken und KKn - zu verlangen. In diesem Sinne handelt es sich bei dem Zwangsrabatt um eine bereits das gesetzlich geregelte Grundgeschäft betreffende gesetzlich angeordnete auflösende Bedingung (vgl zur rechtsgeschäftlich geregelten auflösenden Bedingung § 158 Abs 2 BGB). Der zunächst entstandene ungekürzte Vergütungsanspruch des Apothekers aus der Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte steht in Höhe des Apothekenrabatts unter der auflösenden Bedingung, dass der Vergütungsanspruch (abzüglich des Rabatts) innerhalb der gesetzlichen Frist von zehn Tagen nach Rechnungseingang beglichen wird.

22

Der Konstruktion einer aufschiebend bedingten selbstständigen Verfügung kraft Gesetzes, die ihren Rechtsgrund in eben dieser gesetzlichen Anordnung findet und nachträglich den entstandenen Vergütungsanspruch dinglich entfallen lässt, bedarf es nicht. Auf den im Zivilrecht bestehenden Streit, ob es sich bei vorab vereinbarter Skontoabrede, soweit kein Schuldänderungsvertrag vorliegt, um einen aufschiebend bedingten Teilerlass der Forderung nach § 397 BGB für den Fall fristgerechter Zahlung handelt(vgl BGH Urteil vom 11.2.1998 - VIII ZR 287/97 - NJW 1998, 1302; Nehls, WM 1995, 1657 mwN) oder um eine Preisermäßigungsbedingung als Bestandteil des Grundgeschäftes (so Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. Aufl 1994, S 384; Rieble in Staudinger, BGB, §§ 397 - 432, Neubearbeitung 2005, § 397 RdNr 51),kommt es nicht an.

23

b) § 130 Abs 3 S 1 und 2 SGB V regelt, unter welchen Voraussetzungen die Bedingung eintritt. Danach setzt die Gewährung des Abschlags voraus, dass die Rechnung des Apothekers innerhalb von zehn Tagen nach Eingang bei der KK beglichen wird. Das Nähere regelt der Rahmenvertrag nach § 129 SGB V.

24

Bedingung für den Wegfall des ungekürzten Vergütungsanspruchs ist zunächst, dass der Apotheker - ggf nach Maßgabe des RahmenV - eine ordnungsgemäße Rechnung über seine berechtigten Forderungen erstellt und der KK zugehen lässt. Sodann muss die KK die mit der Rechnung geltend gemachten Forderungen innerhalb der Zehntagesfrist ab Rechnungseingang - ggf nach näherer Maßgabe des RahmenV - erfüllen. Die Erfüllung kann nur durch die vollständige Zahlung oder ihr gleichgestellte Erfüllungssurrogate abzüglich des zutreffend berechneten Rabatts erfolgen. Eine bloße Teilzahlung genügt dagegen nicht, um den Eintritt der Bedingung zu bewirken (anders bei abweichender Vertragsgestaltung OLG Hamm Urteil vom 7.2.1995 - 21 U 73/94 - NJW-RR 1995, 856).

25

Die gesetzliche Regelung des Apothekenrabatts unterliegt keiner vertraglichen Disposition. Hingegen haben die Parteien des RahmenV und die des ergänzenden Vertrags auf Landesebene die Befugnis, die Apothekenrabattregelung zu konkretisieren. In diesem Sinne regelt etwa § 2 Abs 4 S 2 RezeptAbrV, in welchem Umfang welcher Vertragsseite das Risiko einer durch die Bank verspätet ausgeführten Überweisung zuzurechnen ist, wann also eine tatsächlich verspätet dem Konto des NARZ gutgeschriebene Überweisung nicht als verspätet gilt.

26

3. Der Senat kann auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die an den Kläger abgetretenen, von der Beklagten nicht innerhalb der Zehntagesfrist erfüllten Vergütungsansprüche der Apotheker bestehen, namentlich ob sie über den vom SG ausgeurteilten - von der Beklagten nicht angegriffenen - Betrag hinausgehen. Er kann unter Beachtung der dargelegten Anforderungen mangels hinreichender Feststellungen insbesondere nicht entscheiden, inwieweit sich die streitigen Vergütungsansprüche der Apotheker jeweils um den Apothekenrabatt minderten (dazu a). Das LSG-Urteil ist im Ergebnis nicht deshalb aufrechtzuerhalten, weil andere Einwendungen der Beklagten durchgreifen (dazu b). Das LSG wird die danach erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben (dazu c).

27

a) Der Senat kann nach dem Inhalt der Feststellungen des LSG zwar davon ausgehen (§ 163 SGG),dass Apotheker im August 2003 an Versicherte der Beklagten abgegebene Arzneimittel unter dem 9.9.2003 ordnungsgemäß in Rechnung stellten. Er kann aber schon nicht darüber entscheiden, wann für jeden der geltend gemachten Ansprüche die Frist des § 130 Abs 3 S 1 SGB V zu laufen begann, weil Feststellungen zum Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung fehlen.

28

An der Notwendigkeit, jeden Einzelanspruch zu überprüfen, ändert sich nichts dadurch, dass die Apotheker in formularmäßig gestalteten Verträgen die noch streitigen Vergütungsansprüche an den Kläger abtraten. Durch die Zusammenfassung der einzelnen Restvergütungsansprüche zu einem Betrag, der Klageforderung, verloren die einzelnen Forderungen der Apotheker nämlich nicht ihr jeweils eigenes rechtliches Schicksal. Es entstand keine Gesamtforderung im Rechtssinne, denn es wurde die bisherige Gläubigerstellung der einzelnen Apotheker übertragen.

29

Der Senat kann zudem auch unabhängig von der genauen Beachtung der Zahlungsfrist nicht entscheiden, inwieweit bei jedem der Ansprüche Rabatte angefallen sind. Es fehlt an weiteren hinreichenden Feststellungen des LSG dazu, dass die Bedingung der fristgerechten vollständigen Begleichung der Rechnung, unter der jeder einzelne Vergütungsanspruch steht, hinsichtlich sämtlicher in der Sammelrechnung enthaltener Vergütungsansprüche eintrat. Der Umfang der Rabatte ist vielmehr offen. Das gilt auch dann, wenn man nach den dargelegten Grundsätzen (vgl oben, II.1.b) ohne weitere Untermauerung durch eine Prüfung von Amts wegen davon ausgeht, dass die Beklagte die Rechnung vom 9.9.2003 zumindest um einen Betrag von 48 478,73 Euro unberechtigt kürzte. Sie bewirkte bei unberechtigter Kürzung zumindest teilweise keinen Eintritt der Bedingung, die den Apothekenrabatt auslöst, denn sie erfüllte insoweit die in Rechnung gestellten Ansprüche nicht vollständig innerhalb der Zehntagesfrist. Es ist indes unklar, ob und inwieweit die auflösende Bedingung, unter der jeder zunächst entstandene Vergütungsanspruch der Apotheker in Höhe des Rabatts steht, hinsichtlich der Forderungen aus der Sammelrechnung vom 9.9.2003 eintrat.

30

Unerheblich ist demgegenüber, dass die Beklagte schon vorab 1 682 720,65 Euro als Abschlag an die Apotheker bezahlte. § 2 Abs 4 S 1 RezeptAbrV sieht zwar vor, dass bei Nichteinhaltung der in § 2 Abs 1 Buchst a) und b) RezeptAbrV genannten Zahlungsfristen der Abschlag hinsichtlich des nicht fristgerecht geleisteten Teilbetrages entfällt. Weder folgt daraus im Umkehrschluss - wie die Beklagte meint -, dass der auf die - wie hier - fristgerecht geleistete Abschlagszahlung einbehaltene Apothekenrabatt der KK in jedem Fall erhalten bleibt noch folgt daraus - wie der Kläger meint -, dass bei nicht fristgerecht geleisteter Abschlagszahlung die Zehntagesfrist des § 130 Abs 3 S 1 SGB V in keinem Fall mehr erfüllt werden kann. § 130 Abs 3 S 1 SGB V kann - wie oben dargelegt(vgl II.2.b) - weder durch den RahmenV nach § 129 Abs 2 SGB V noch durch einen ergänzenden Vertrag auf Landesebene nach § 129 Abs 5 SGB V geändert werden. Der Apothekenrabatt fällt an, wenn die (endgültige) Rechnung von der KK binnen zehn Tagen nach Rechnungseingang abzüglich des Rabatts vollständig beglichen worden ist, ansonsten nicht. Ist einem Apotheker durch eine rechtswidrig nicht erfüllte Abschlagszahlung ein Schaden entstanden, bleibt es ihm unbenommen, einen Schadenersatzanspruch gegen die KK geltend zu machen. Der Schaden kann jedoch nicht im Wegfall des Apothekenrabatts bestehen.

31

b) Anspruchsvernichtende oder dauerhaft anspruchshemmende Umstände, die dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere unterliegen fristgerecht geltend gemachte Vergütungsansprüche - wie hier - keiner von Amts wegen zu beachtenden Ausschlussfrist. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob § 6 Abs 1 ALV eine Ausschlussfrist enthält, weil die Frist jedenfalls Beachtung fand. § 6 Abs 1 ALV bestimmt, dass alle in einem Kalendermonat belieferten Verordnungen spätestens bis zum 15. des Folgemonats den KKn in Rechnung zu stellen sind. Das für die Apotheker handelnde NARZ schickte die August-Sammelrechnung am 9.9.2003 der für die Beklagte handelnden DDG. Die Beklagte machte keinen Zugang nach dem 15.9.2003 geltend.

32

c) Das LSG wird danach (zusammenfassend) zunächst den Zeitpunkt des Rechnungseingangs bei der Beklagten festzustellen haben. Es wird sodann für jeden einzelnen abgetretenen Restvergütungsanspruch zu prüfen haben, ob die Beklagte dort jeweils einen unberechtigten Einbehalt aus der Gesamtsumme von 48 478,73 Euro vornahm. Die erforderliche Prüfung setzt in einem ersten Schritt voraus, zunächst diejenigen Einzelansprüche der Apotheker zu identifizieren, die von dem Gesamteinbehalt von 52 262,45 Euro erfasst wurden. In einem zweiten Schritt hat das LSG zu prüfen, welche dieser Ansprüche die Beklagte zeitgerecht vollständig beglich. Hierzu sind den Vergütungsansprüchen der einzelnen Apotheker die Zahlungen der Beklagten, die von ihr wirksam geltend gemachten Erfüllungssurrogate (der auch nicht nachträglich ausgezahlte Einbehalt von 3783,72 Euro) und die von den Apothekern akzeptierten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen (der nicht näher spezifizierte Berichtigungsbetrag von 3212,34 Euro) zuzuordnen. Hierbei muss das LSG für die Ansprüche, die Apotheker mit Sitz außerhalb Hamburgs dem Kläger zedierten, die weiteren einschlägigen Verträge auf Landesebene berücksichtigen, die für diese streitgegenständlichen Forderungen galten.

33

Alle Vergütungsansprüche, die die Beklagte hiernach in vollem Umfang abzüglich des Rabatts zeitgerecht durch Zahlung und Erfüllungssurrogate beglich, sind auszuscheiden, weil die Klage insoweit unbegründet ist. Nicht in die Klage einbezogen sind die von unberechtigten Kürzungen betroffenen Forderungen derjenigen Apotheker, die ihre Ansprüche nicht an den Kläger abgetreten haben. Es verbleiben danach die berechtigten Einzelansprüche derjenigen Apotheker, die ihre Forderungen an den Kläger abgetreten haben. Die Summe dieser Forderungen ergibt den Betrag, den die Beklagte dem Kläger noch zu zahlen hat. Soweit die Summe den bereits vom SG zuerkannten Betrag übersteigt, hat die auf weitere Zahlung gerichtete Berufung des Klägers Erfolg. Das LSG wird im Übrigen auch über die vom Kläger geltend gemachten Zinsansprüche zu befinden haben.

34

Das LSG kann die Beteiligten für die aufgezeigten notwendigen Ermittlungen heranziehen. Es kann ihnen hierbei aufgeben, dem LSG die einzelnen Forderungen zu bezeichnen, die die Voraussetzung der nicht vollständigen Begleichung innerhalb der Zehntagesfrist erfüllen, und dem LSG im Einzelnen darzulegen, in welchem Umfang Kürzungen berechtigt oder unberechtigt erfolgten. Denn der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Gericht nicht dazu, Sachverhalte zu ermitteln, über die die Beteiligten ein besonderes, ihrer eigenen Sphäre verhaftetes Wissen verfügen, das erst die Möglichkeit zu einer sachgerechten Ermittlung eröffnet. Sollte ein Beteiligter seinen Mitwirkungslasten nicht genügen, können sich die Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht verringern (vgl zum Ganzen BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 24 f mwN zu Rspr und Literatur).

35

Kann das LSG nach Ausschöpfung der gebotenen Beweiserhebung nicht feststellen, dass der Vergütungsanspruch eines Zedenten innerhalb der Zehntagesfrist beglichen wurde, trägt die Beklagte die objektive Beweislast für diese ihr vorteilhafte Tatsache in ihrer Sphäre nach allgemeinen Grundsätzen (vgl hierzu zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7; BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 24 mwN; Hauck in: Hennig, SGG, Stand Dezember 2011, § 103 RdNr 71 mwN). Die Beklagte kann dem Kläger hierbei nicht entgegenhalten, er verhalte sich treuwidrig, weil er jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung selbst die Zahlungsvorgänge für jede einzelne Forderung hätte konkret darstellen können. Insoweit hat der Kläger gerade die - wenngleich unzutreffende - Auffassung vertreten, dass die Sammelrechnung eine einzige Rechnung sei, die es fristgemäß zu begleichen gelte. Hingegen hat die Beklagte schon im Schriftsatz vom 24.10.2005 zu Recht darauf hingewiesen, dass hinsichtlich jedes einzelnen Vergütungsanspruchs zu prüfen sei, ob er innerhalb der Frist beglichen worden sei. Ihr war es auch zuzumuten, die die Zahlungsvorgänge betreffenden Daten zu sichern.

36

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. Juli 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 165 152,83 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Bezahlung von als Apothekenrabatt einbehaltener Arzneimittelvergütung.

2

Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Er bezweckt nach § 1 Abs 2 seiner Satzung die Wahrnehmung und Förderung gemeinsamer Interessen von Apothekern in Hamburg, die sich in ihm zusammengeschlossen haben. Ihm angehörende Apotheker und andere Apotheker in Norddeutschland gaben im Monat August 2003 Arzneimittel an Versicherte der beklagten Krankenkasse (KK) ab. Sie forderten hierfür Vergütung, berechnet in einer Sammelrechnung (9.9.2003) des Norddeutschen Apotheken-Rechenzentrums eV (NARZ), gerichtet an die "Deutsches Dienstleistungszentrum für das Gesundheitswesen GmbH" (DDG), welche die Beklagte im Apothekenabrechnungsverkehr vertritt. Die Sammelrechnung wies eine Brutto-Rechnungssumme von 2 452 578,54 Euro aus, abzuziehende Zuzahlungen von 160 128,20 Euro, einen Apothekenrabatt von 197 642,41 Euro, weitere Abzugsposten von insgesamt 111 092,73 Euro, die geleistete Vorauszahlung von 1 682 720,65 Euro und daraus folgend eine Restforderung von 303 532,95 Euro. Die DDG setzte von der Restforderung einen nicht näher spezifizierten Berichtigungsbetrag von 3212,34 Euro ab und einen wegen Abrechnungsproblemen zu Beginn des Jahres 2003 nacherhobenen Apothekenrabattbetrag von 52 262,45 Euro. Die Beklagte überwies deshalb zur Tilgung der Restforderung lediglich 248 058,16 Euro, die am 24.9.2003 dem Konto des NARZ gutgeschrieben wurden. Die DDG hielt die Einbehaltung später teilweise für rechtsgrundlos. Sie zahlte deshalb am 25.1.2005 von dem nacherhobenen Apothekenrabatt 48 478,73 Euro an die betroffenen Apotheker aus. Daraufhin trat die Mehrheit der Apotheker, deren Forderungen in der Sammelrechnung vom 9.9.2003 enthalten waren, ihre Ansprüche auf restliche Vergütung in Höhe des einbehaltenen Apothekenrabatts für ihre im August 2003 erbrachten und abgerechneten Leistungen an den Kläger ab, geleitet von der Rechtsauffassung, der Rabatt sei nicht angefallen. Die Beklagte habe die Sammelrechnung nicht fristgerecht iS von § 130 Abs 3 S 1 SGB V beglichen, sondern die Forderungen rechtsgrundlos länger als zehn Tage um einen Betrag von 48 478,73 Euro gekürzt.

3

Das SG hat der auf Zahlung von insgesamt 169 370,14 Euro gerichteten Klage nur hinsichtlich eines Betrages von 4217,31 Euro stattgegeben, entsprechend 2,49 vH der eingeklagten Summe. Der Anteil der nicht binnen zehn Tagen nach Eingang der Sammelrechnung geleisteten Vergütung habe sich nämlich auf 2,49 vH belaufen (Urteil vom 9.6.2009). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: § 130 Abs 3 S 1 SGB V ordne bei einer geringfügigen ungerechtfertigten Kürzung des Rechnungsbetrags keinen vollständigen Verlust des Rabattanspruchs an. Zudem habe die Beklagte die nach § 2 Abs 1 Buchst a des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden "Vertrag(es) über die elektronische Rezeptabrechnung gemäß § 10 des Arznei-Liefervertrages vom 1. Dezember 1982" vereinbarte Abschlagszahlung (80 % der Monatsrechnung des letzten abgerechneten Monats bis zum Vierten des laufenden Monats) fristgemäß geleistet. Die Apotheker hätten sich deshalb hier an der Kostendämpfung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in dem Umfang, in dem die Beklagte die Sammelrechnung bezahlt habe, zu beteiligen (Urteil vom 12.7.2011).

4

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung des § 130 Abs 3 S 1 SGB V. Die Skontoregelung verlange von der KK die vollständige Begleichung der Rechnung binnen zehn Tagen nach deren Eingang, um einen Anspruch auf Apothekenrabatt zu begründen. Der Rahmenvertrag nach § 129 SGB V sehe keine abweichende Regelung vor.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. Juli 2011 sowie das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 2009 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Beklagte zu verurteilen, weitere 165 152,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15. Juni 2005 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung des § 130 Abs 3 S 1 SGB V beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Senat kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht in der Sache selbst abschließend über den Erfolg der Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil entscheiden, soweit dieses die zulässig erhobene echte Leistungsklage abgewiesen hat.

9

Streitgegenstand sind an den Kläger abgetretene Restvergütungsansprüche von Apothekern für im August 2003 an Versicherte der beklagten KK gelieferte und unter dem 9.9.2003 in Rechnung gestellte Arzneimittel. Die auf einen Gesamtzahlbetrag gerichtete Klage ist hinreichend bestimmt, denn der Kläger hat jeden Teilvergütungsanspruch jedes Zedenten in Höhe des von ihm geltend gemachten Rabattanteils einzeln aufgeführt und beziffert.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sind die streitigen Vergütungsansprüche der Apotheker zunächst uneingeschränkt entstanden (dazu 1.). Vergütungsansprüche der Apotheker für an GKV-Versicherte abgegebene Arzneimittel gehen in Höhe des jeweiligen Apothekenrabatts nur insoweit nachträglich unter, als die KK die Forderungen der einzelnen Apotheker binnen zehn Tagen nach Rechnungseingang vollständig erfüllt (dazu 2.). Der Senat kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aber nicht entscheiden, ob und inwieweit danach die streitigen Vergütungsansprüche bestehen (dazu 3.).

11

1. Der Kläger ist aufgrund wirksamer Abtretung Rechtsinhaber der streitbefangenen Restvergütungsansprüche der Apotheker. Ansprüche auf Vergütung erwuchsen den Apothekern zunächst in voller Höhe für die von ihnen an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel (dazu a). Die Ansprüche verminderten sich um die unangegriffen festgestellten Abzugsposten wie Zuzahlungen der Versicherten und Teilzahlungen der Beklagten bis auf einen Restbetrag, der die streitbefangene Forderung umfasst, weil die Beklagte die Forderungen in Höhe der einbehaltenen Apothekenrabatte nicht erfüllte (dazu b).

12

a) Die streitbefangenen Ansprüche der Apotheker für die von ihnen an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel ergeben sich aus § 129 SGB V(idF durch Art 1 Nr 4 Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.2.2002, BGBl I 684) in Verbindung mit den hierfür geltenden vertraglichen Regelungen des Leistungserbringungsrechts (dazu aa). Die Vergütungsansprüche - einschließlich des vom Kläger geltend gemachten, noch offenen Restbetrags von insgesamt 165 152,42 Euro - erfüllten die dort geregelten Voraussetzungen (dazu bb).

13

aa) Nach § 129 SGB V geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge(§ 129 Abs 2 und Abs 5 S 1 SGB V, vgl auch § 2 Abs 2 S 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der GKV ab. Diese Vorschrift begründet im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für ihre öffentlich-rechtliche Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die KKn, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird(ausführlich dazu BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; zur Aufgabe der Rspr zum privatrechtlichen Vergütungsanspruch der durch öffentlich-rechtliche Verträge in das System eingebundenen Leistungserbringer vgl BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15).

14

Die im hier betroffenen Zeitraum August 2003 für das Bestehen eines Vergütungsanspruchs in Verbindung mit § 129 SGB V maßgeblichen ergänzenden Vereinbarungen sind der auf Bundesebene zwischen den Spitzenverbänden der KKn einschließlich der Ersatzkassen und dem Deutschen Apothekerverband eV auf der Grundlage des § 129 Abs 2 SGB V geschlossene "Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V" idF der Schiedsstellenentscheidung vom 6.8.2001 (RahmenV) sowie die den Rahmenvertrag ergänzenden Verträge nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V. Nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V können die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Das ist insbesondere geschehen mit dem ua zwischen dem BKK-Landesverband Nord (handelnd für die Beklagte) und dem Kläger (handelnd für die in ihm zusammengeschlossenen Apotheker Hamburgs) am 24.10.1997 geschlossenen "Arznei-Liefervertrag" (ALV), sowie mit dem "Vertrag über die elektronische Rezeptabrechnung gemäß § 10 des Arznei-Liefervertrages vom 1. Dezember 1982" (Rezeptabrechnungsvertrag/RezeptAbrV), der gemäß § 7 ALV weiterhin Gültigkeit besitzt. Die Verträge konkretisieren, wann Apotheker ordnungsgemäß Vergütung für die Abgabe welcher Arzneimittel an Versicherte aufgrund vertragsärztlicher Verordnung erhalten.

15

bb) Die streitigen Vergütungsansprüche der Apotheker erfüllten die Voraussetzungen der dargelegten gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen. Insbesondere gaben die Apotheker im Monat August 2003 aufgrund ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung hierfür vorgesehene Arzneimittel an Versicherte der Beklagten ab und berechneten ihre Vergütung ordnungsgemäß. Dies ergibt sich aus den dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des LSG zu entnehmenden unangegriffenen und deswegen den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG).

16

b) Die danach zunächst gegebenen Ansprüche minderten sich um die unangegriffen festgestellten Abzugsposten wie die Zuzahlungen der Versicherten. Hiernach betrug die Gesamtforderung im Sinne der Brutto-Rechnungssumme im Ausgangspunkt 2 452 578,54 Euro. Dieser Betrag bildet zugleich die Grundlage für die Berechnung des Apothekenrabatts (vgl dazu unter 2.), der sich nach dem Apothekenabgabepreis bestimmt. Der auf die Gesamtforderung entfallende Apothekenrabatt beträgt 197 642,41 Euro, von dem der Kläger insgesamt 169 370,14 Euro geltend macht und von dem nach dem Inhalt des von der Beklagten nicht angegriffenen SG-Urteils noch 165 152,42 Euro im Streit stehen.

17

Der erkennende Senat kann im Revisionsverfahren vom genannten Betrag und von den unstreitigen Abzugsposten (Zuzahlungen, geleistete Vorauszahlungen, weitere Abzugsposten) ausgehen. Der vom LSG zugrunde gelegte übereinstimmende Beteiligtenvortrag genügt insoweit als ausreichende Tatsachengrundlage für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen und Gegenrechte. Auch wenn amtliche Sachaufklärung nicht von Beteiligtenvorbringen (Tatsachenbehauptungen, Beweisanregungen, Beweisanträgen) abhängig ist, begründet der Amtsermittlungsgrundsatz keine Pflicht von Behörden und Gerichten, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. In diesem Sinne findet die amtliche Sachaufklärungspflicht ihre Grenze an der Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten (vgl BSGE 78, 207, 213 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 24; BSG Urteil vom 7.5.1998 - B 11 AL 81/97 R - juris RdNr 20; vgl auch Hauck in Zeihe, SGG, Stand November 2010, Vor § 103 Anm 1. A. II.; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2011, § 103 RdNr 19; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 103 RdNr 8; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand August 2011, § 103 Anm 2 c). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - beide Beteiligten, für die jeweils spezialisierte Abrechnungsunternehmen handeln, eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen. Schließlich hat die Beklagte auch nicht innerhalb der nach § 9 Abs 2 ALV vorgesehenen Ausschlussfrist von 18 Monaten (weitere) Rechnungs- und innerhalb von 12 Monaten (weitere) Taxbeanstandungen vorgebracht.

18

2. Vergütungsansprüche der Apotheker für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte einer KK vermindern sich in Höhe des jeweiligen Apothekenrabatts rückwirkend ohne weiteren Rechtsakt aufgrund Bedingungseintritts, wenn die KK die Voraussetzungen für das Entstehen des Rabatts erfüllt (dazu a). Bedingung für das Entstehen des Rabatts ist die vollständige Begleichung der Rechnung innerhalb der Zehntagesfrist des § 130 Abs 3 S 1 SGB V(dazu b).

19

a) Das Gesetz umschreibt lediglich den äußeren Vorgang der Rabattierung, ohne ihn ausdrücklich rechtstechnisch zu qualifizieren. Nach dem Wortlaut der Normen "erhalten" die KKn von den Apotheken auf den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis einen "Abschlag" (§ 130 Abs 1 S 1 SGB V, hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 7 Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23.12.2002, BGBl I 4637). Von den Voraussetzungen für "die Gewährung des Abschlags" spricht § 130 Abs 3 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988, BGBl I 2477). Der den KKn zu gewährende, seinem Umfang nach in § 130 Abs 1 S 2(idF durch Art 1 Nr 7 BSSichG vom 23.12.2002, BGBl I 4637) und § 130 Abs 2 SGB V(hier anzuwenden idF durch Art 1 Nr 9 Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 27.7.2001, BGBl I 1948) festgelegte Abschlag auf den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis wird als Apothekenrabatt bezeichnet (zu dessen Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfGE 114, 196, 242 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 123 ff, dort zur Fassung durch das BSSichG; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 1 RdNr 24 ff; zur Vorgängervorschrift § 376 RVO: BGHZ 54, 115, 119 ff = USK 7068).

20

Die Rabattierung ist in das System der Arzneimittelvergütung für die Apotheken durch die KKn integriert. Sie soll einfach und sicher das gesetzliche Ziel umsetzen, bei - im Interesse der Apotheken - kurzfristiger, zeitgerechter Erfüllung den Vergütungsanspruch um einen bestimmten Betrag im Interesse der KKn zu mindern. Der Apothekenrabatt dient heute (zur historischen Entwicklung vgl BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 1 RdNr 25 f mwN)allein dazu, bei sich weiterhin dynamisch entwickelnden Arzneimittelkosten (vgl nur BT-Drucks 17/3116 S 1) einen Einspareffekt bei pünktlicher Bezahlung zu bewirken und dem gesetzgeberischen Ziel der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) Rechnung zu tragen. Der Apothekenrabatt als - geringfügige - Kürzung des gesetzlichen Vergütungsanspruchs des Apothekers gegen die KK erhält durch die Bindung an die Zehntagesfrist nach Rechnungseingang (§ 130 Abs 3 S 1 SGB V) den Charakter eines Skontos für die alsbaldige Zahlung (ähnlich BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 1 RdNr 26 und 28).

21

Dem aufgezeigten Regelungssystem und -zweck entspricht es, den KKn zur fristgerechten Erfüllung des gesetzlichen Vergütungsanspruchs der Apotheker für an Versicherte abgegebene Arzneimittel zu ermöglichen, unter Hinweis auf den "Abzug" unmittelbar den um den Rabatt geminderten Preis zu zahlen, und keine weiteren Rechtsakte der Beteiligten - Apotheken und KKn - zu verlangen. In diesem Sinne handelt es sich bei dem Zwangsrabatt um eine bereits das gesetzlich geregelte Grundgeschäft betreffende gesetzlich angeordnete auflösende Bedingung (vgl zur rechtsgeschäftlich geregelten auflösenden Bedingung § 158 Abs 2 BGB). Der zunächst entstandene ungekürzte Vergütungsanspruch des Apothekers aus der Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte steht in Höhe des Apothekenrabatts unter der auflösenden Bedingung, dass der Vergütungsanspruch (abzüglich des Rabatts) innerhalb der gesetzlichen Frist von zehn Tagen nach Rechnungseingang beglichen wird.

22

Der Konstruktion einer aufschiebend bedingten selbstständigen Verfügung kraft Gesetzes, die ihren Rechtsgrund in eben dieser gesetzlichen Anordnung findet und nachträglich den entstandenen Vergütungsanspruch dinglich entfallen lässt, bedarf es nicht. Auf den im Zivilrecht bestehenden Streit, ob es sich bei vorab vereinbarter Skontoabrede, soweit kein Schuldänderungsvertrag vorliegt, um einen aufschiebend bedingten Teilerlass der Forderung nach § 397 BGB für den Fall fristgerechter Zahlung handelt(vgl BGH Urteil vom 11.2.1998 - VIII ZR 287/97 - NJW 1998, 1302; Nehls, WM 1995, 1657 mwN) oder um eine Preisermäßigungsbedingung als Bestandteil des Grundgeschäftes (so Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. Aufl 1994, S 384; Rieble in Staudinger, BGB, §§ 397 - 432, Neubearbeitung 2005, § 397 RdNr 51),kommt es nicht an.

23

b) § 130 Abs 3 S 1 und 2 SGB V regelt, unter welchen Voraussetzungen die Bedingung eintritt. Danach setzt die Gewährung des Abschlags voraus, dass die Rechnung des Apothekers innerhalb von zehn Tagen nach Eingang bei der KK beglichen wird. Das Nähere regelt der Rahmenvertrag nach § 129 SGB V.

24

Bedingung für den Wegfall des ungekürzten Vergütungsanspruchs ist zunächst, dass der Apotheker - ggf nach Maßgabe des RahmenV - eine ordnungsgemäße Rechnung über seine berechtigten Forderungen erstellt und der KK zugehen lässt. Sodann muss die KK die mit der Rechnung geltend gemachten Forderungen innerhalb der Zehntagesfrist ab Rechnungseingang - ggf nach näherer Maßgabe des RahmenV - erfüllen. Die Erfüllung kann nur durch die vollständige Zahlung oder ihr gleichgestellte Erfüllungssurrogate abzüglich des zutreffend berechneten Rabatts erfolgen. Eine bloße Teilzahlung genügt dagegen nicht, um den Eintritt der Bedingung zu bewirken (anders bei abweichender Vertragsgestaltung OLG Hamm Urteil vom 7.2.1995 - 21 U 73/94 - NJW-RR 1995, 856).

25

Die gesetzliche Regelung des Apothekenrabatts unterliegt keiner vertraglichen Disposition. Hingegen haben die Parteien des RahmenV und die des ergänzenden Vertrags auf Landesebene die Befugnis, die Apothekenrabattregelung zu konkretisieren. In diesem Sinne regelt etwa § 2 Abs 4 S 2 RezeptAbrV, in welchem Umfang welcher Vertragsseite das Risiko einer durch die Bank verspätet ausgeführten Überweisung zuzurechnen ist, wann also eine tatsächlich verspätet dem Konto des NARZ gutgeschriebene Überweisung nicht als verspätet gilt.

26

3. Der Senat kann auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die an den Kläger abgetretenen, von der Beklagten nicht innerhalb der Zehntagesfrist erfüllten Vergütungsansprüche der Apotheker bestehen, namentlich ob sie über den vom SG ausgeurteilten - von der Beklagten nicht angegriffenen - Betrag hinausgehen. Er kann unter Beachtung der dargelegten Anforderungen mangels hinreichender Feststellungen insbesondere nicht entscheiden, inwieweit sich die streitigen Vergütungsansprüche der Apotheker jeweils um den Apothekenrabatt minderten (dazu a). Das LSG-Urteil ist im Ergebnis nicht deshalb aufrechtzuerhalten, weil andere Einwendungen der Beklagten durchgreifen (dazu b). Das LSG wird die danach erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben (dazu c).

27

a) Der Senat kann nach dem Inhalt der Feststellungen des LSG zwar davon ausgehen (§ 163 SGG),dass Apotheker im August 2003 an Versicherte der Beklagten abgegebene Arzneimittel unter dem 9.9.2003 ordnungsgemäß in Rechnung stellten. Er kann aber schon nicht darüber entscheiden, wann für jeden der geltend gemachten Ansprüche die Frist des § 130 Abs 3 S 1 SGB V zu laufen begann, weil Feststellungen zum Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung fehlen.

28

An der Notwendigkeit, jeden Einzelanspruch zu überprüfen, ändert sich nichts dadurch, dass die Apotheker in formularmäßig gestalteten Verträgen die noch streitigen Vergütungsansprüche an den Kläger abtraten. Durch die Zusammenfassung der einzelnen Restvergütungsansprüche zu einem Betrag, der Klageforderung, verloren die einzelnen Forderungen der Apotheker nämlich nicht ihr jeweils eigenes rechtliches Schicksal. Es entstand keine Gesamtforderung im Rechtssinne, denn es wurde die bisherige Gläubigerstellung der einzelnen Apotheker übertragen.

29

Der Senat kann zudem auch unabhängig von der genauen Beachtung der Zahlungsfrist nicht entscheiden, inwieweit bei jedem der Ansprüche Rabatte angefallen sind. Es fehlt an weiteren hinreichenden Feststellungen des LSG dazu, dass die Bedingung der fristgerechten vollständigen Begleichung der Rechnung, unter der jeder einzelne Vergütungsanspruch steht, hinsichtlich sämtlicher in der Sammelrechnung enthaltener Vergütungsansprüche eintrat. Der Umfang der Rabatte ist vielmehr offen. Das gilt auch dann, wenn man nach den dargelegten Grundsätzen (vgl oben, II.1.b) ohne weitere Untermauerung durch eine Prüfung von Amts wegen davon ausgeht, dass die Beklagte die Rechnung vom 9.9.2003 zumindest um einen Betrag von 48 478,73 Euro unberechtigt kürzte. Sie bewirkte bei unberechtigter Kürzung zumindest teilweise keinen Eintritt der Bedingung, die den Apothekenrabatt auslöst, denn sie erfüllte insoweit die in Rechnung gestellten Ansprüche nicht vollständig innerhalb der Zehntagesfrist. Es ist indes unklar, ob und inwieweit die auflösende Bedingung, unter der jeder zunächst entstandene Vergütungsanspruch der Apotheker in Höhe des Rabatts steht, hinsichtlich der Forderungen aus der Sammelrechnung vom 9.9.2003 eintrat.

30

Unerheblich ist demgegenüber, dass die Beklagte schon vorab 1 682 720,65 Euro als Abschlag an die Apotheker bezahlte. § 2 Abs 4 S 1 RezeptAbrV sieht zwar vor, dass bei Nichteinhaltung der in § 2 Abs 1 Buchst a) und b) RezeptAbrV genannten Zahlungsfristen der Abschlag hinsichtlich des nicht fristgerecht geleisteten Teilbetrages entfällt. Weder folgt daraus im Umkehrschluss - wie die Beklagte meint -, dass der auf die - wie hier - fristgerecht geleistete Abschlagszahlung einbehaltene Apothekenrabatt der KK in jedem Fall erhalten bleibt noch folgt daraus - wie der Kläger meint -, dass bei nicht fristgerecht geleisteter Abschlagszahlung die Zehntagesfrist des § 130 Abs 3 S 1 SGB V in keinem Fall mehr erfüllt werden kann. § 130 Abs 3 S 1 SGB V kann - wie oben dargelegt(vgl II.2.b) - weder durch den RahmenV nach § 129 Abs 2 SGB V noch durch einen ergänzenden Vertrag auf Landesebene nach § 129 Abs 5 SGB V geändert werden. Der Apothekenrabatt fällt an, wenn die (endgültige) Rechnung von der KK binnen zehn Tagen nach Rechnungseingang abzüglich des Rabatts vollständig beglichen worden ist, ansonsten nicht. Ist einem Apotheker durch eine rechtswidrig nicht erfüllte Abschlagszahlung ein Schaden entstanden, bleibt es ihm unbenommen, einen Schadenersatzanspruch gegen die KK geltend zu machen. Der Schaden kann jedoch nicht im Wegfall des Apothekenrabatts bestehen.

31

b) Anspruchsvernichtende oder dauerhaft anspruchshemmende Umstände, die dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere unterliegen fristgerecht geltend gemachte Vergütungsansprüche - wie hier - keiner von Amts wegen zu beachtenden Ausschlussfrist. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob § 6 Abs 1 ALV eine Ausschlussfrist enthält, weil die Frist jedenfalls Beachtung fand. § 6 Abs 1 ALV bestimmt, dass alle in einem Kalendermonat belieferten Verordnungen spätestens bis zum 15. des Folgemonats den KKn in Rechnung zu stellen sind. Das für die Apotheker handelnde NARZ schickte die August-Sammelrechnung am 9.9.2003 der für die Beklagte handelnden DDG. Die Beklagte machte keinen Zugang nach dem 15.9.2003 geltend.

32

c) Das LSG wird danach (zusammenfassend) zunächst den Zeitpunkt des Rechnungseingangs bei der Beklagten festzustellen haben. Es wird sodann für jeden einzelnen abgetretenen Restvergütungsanspruch zu prüfen haben, ob die Beklagte dort jeweils einen unberechtigten Einbehalt aus der Gesamtsumme von 48 478,73 Euro vornahm. Die erforderliche Prüfung setzt in einem ersten Schritt voraus, zunächst diejenigen Einzelansprüche der Apotheker zu identifizieren, die von dem Gesamteinbehalt von 52 262,45 Euro erfasst wurden. In einem zweiten Schritt hat das LSG zu prüfen, welche dieser Ansprüche die Beklagte zeitgerecht vollständig beglich. Hierzu sind den Vergütungsansprüchen der einzelnen Apotheker die Zahlungen der Beklagten, die von ihr wirksam geltend gemachten Erfüllungssurrogate (der auch nicht nachträglich ausgezahlte Einbehalt von 3783,72 Euro) und die von den Apothekern akzeptierten sachlich-rechnerischen Richtigstellungen (der nicht näher spezifizierte Berichtigungsbetrag von 3212,34 Euro) zuzuordnen. Hierbei muss das LSG für die Ansprüche, die Apotheker mit Sitz außerhalb Hamburgs dem Kläger zedierten, die weiteren einschlägigen Verträge auf Landesebene berücksichtigen, die für diese streitgegenständlichen Forderungen galten.

33

Alle Vergütungsansprüche, die die Beklagte hiernach in vollem Umfang abzüglich des Rabatts zeitgerecht durch Zahlung und Erfüllungssurrogate beglich, sind auszuscheiden, weil die Klage insoweit unbegründet ist. Nicht in die Klage einbezogen sind die von unberechtigten Kürzungen betroffenen Forderungen derjenigen Apotheker, die ihre Ansprüche nicht an den Kläger abgetreten haben. Es verbleiben danach die berechtigten Einzelansprüche derjenigen Apotheker, die ihre Forderungen an den Kläger abgetreten haben. Die Summe dieser Forderungen ergibt den Betrag, den die Beklagte dem Kläger noch zu zahlen hat. Soweit die Summe den bereits vom SG zuerkannten Betrag übersteigt, hat die auf weitere Zahlung gerichtete Berufung des Klägers Erfolg. Das LSG wird im Übrigen auch über die vom Kläger geltend gemachten Zinsansprüche zu befinden haben.

34

Das LSG kann die Beteiligten für die aufgezeigten notwendigen Ermittlungen heranziehen. Es kann ihnen hierbei aufgeben, dem LSG die einzelnen Forderungen zu bezeichnen, die die Voraussetzung der nicht vollständigen Begleichung innerhalb der Zehntagesfrist erfüllen, und dem LSG im Einzelnen darzulegen, in welchem Umfang Kürzungen berechtigt oder unberechtigt erfolgten. Denn der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Gericht nicht dazu, Sachverhalte zu ermitteln, über die die Beteiligten ein besonderes, ihrer eigenen Sphäre verhaftetes Wissen verfügen, das erst die Möglichkeit zu einer sachgerechten Ermittlung eröffnet. Sollte ein Beteiligter seinen Mitwirkungslasten nicht genügen, können sich die Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht verringern (vgl zum Ganzen BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 24 f mwN zu Rspr und Literatur).

35

Kann das LSG nach Ausschöpfung der gebotenen Beweiserhebung nicht feststellen, dass der Vergütungsanspruch eines Zedenten innerhalb der Zehntagesfrist beglichen wurde, trägt die Beklagte die objektive Beweislast für diese ihr vorteilhafte Tatsache in ihrer Sphäre nach allgemeinen Grundsätzen (vgl hierzu zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7; BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 24 mwN; Hauck in: Hennig, SGG, Stand Dezember 2011, § 103 RdNr 71 mwN). Die Beklagte kann dem Kläger hierbei nicht entgegenhalten, er verhalte sich treuwidrig, weil er jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung selbst die Zahlungsvorgänge für jede einzelne Forderung hätte konkret darstellen können. Insoweit hat der Kläger gerade die - wenngleich unzutreffende - Auffassung vertreten, dass die Sammelrechnung eine einzige Rechnung sei, die es fristgemäß zu begleichen gelte. Hingegen hat die Beklagte schon im Schriftsatz vom 24.10.2005 zu Recht darauf hingewiesen, dass hinsichtlich jedes einzelnen Vergütungsanspruchs zu prüfen sei, ob er innerhalb der Frist beglichen worden sei. Ihr war es auch zuzumuten, die die Zahlungsvorgänge betreffenden Daten zu sichern.

36

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. August 2011 geändert. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 27. September 2009 wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 1429,17 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Retaxierung wegen verfristeter Abrechnung von Arzneimittelvergütungen.

2

Der klagende Inhaber einer öffentlichen Apotheke ist Mitglied im Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. Der Kläger gab am 2.5.2007 Arzneimittel an Versicherte der beklagten Krankenkasse (KK) nach Vorlage von 36 zwischen dem 12.4. und 2.5.2007 ausgestellten vertragsärztlichen Rezepten ab. Er stellte im August 2007 hierfür der Beklagten 1429,17 Euro über das von ihm einbezogene Rechenzentrum in Rechnung. Die Beklagte beglich die Rechnung umgehend, die Teil einer sich insgesamt auf 1750 Rezepte mit einem Volumen von knapp 100 000 Euro erstreckenden Gesamtabrechnung des Klägers war. Sie beanstandete am 2.4.2008 gegenüber dem Kläger ua die Abrechnung der 36 Rezepte wegen Versäumung der Abrechnungsfrist des § 8 Abs 1 Arznei-Liefervertrag in der seit 1.7.2006 geltenden Fassung (ALV). Der ALV besteht zwischen dem Landesapothekerverband Niedersachsen und mehreren Landesverbänden der KKn, darunter in dieser Funktion auch die Beklagte. § 8 Abs 1 ALV bestimmt: "Die Rechnungslegung sowie die Weiterleitung derOriginal-Verordnungsblätter erfolgt jeweils für einen abgeschlossenen Kalendermonat … bis spätestens zwei Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte. … Andernfalls entfällt der Anspruch auf Bezahlung." Der Kläger machte mit seinem Einspruch (18.4.2008) geltend, die Verfristung der Abrechnung führe nicht zum Verlust seines Zahlungsanspruchs, da dies verfassungswidrig, nämlich unverhältnismäßig sei. Nicht er, sondern sein Personal bzw das für ihn arbeitende Rechenzentrum habe die Ursache der Verfristung zu vertreten. Die Beklagte wies den Einspruch zurück (22.5.2008) und rechnete 1429,17 Euro mit Forderungen des Klägers aus der nächsten Abrechnung auf.

3

Während die Klage bei dem SG erfolglos geblieben ist (Gerichtsbescheid vom 27.9.2009), hat das LSG die Beklagte - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - verurteilt, dem Kläger 1429,17 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Denn die vertraglich ohne Ausnahmetatbestände geregelte Ausschlussfrist sei unverhältnismäßig im Sinne des Grundrechts der Berufsfreiheit (Urteil vom 31.8.2011).

4

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung der § 69 Abs 1, § 129 Abs 5 SGB V, der §§ 53 ff SGB X und der Art 12 Abs 1, Art 9 Abs 3, Art 3 Abs 1 und Art 20 GG. § 8 Abs 1 ALV sehe wirksam und verhältnismäßig eine Ausschlussfrist - wie in vielen anderen Rechtsbereichen auch - für das Massengeschäft der Arzneimittelabrechnung im Interesse schneller Klarheit und Erhalt der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. August 2011 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 27. September 2009 insgesamt zurückzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet. Das angefochtene LSG-Urteil ist zu ändern und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG insgesamt zurückzuweisen. Die Vorinstanz hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an den klagenden Apotheker 1429,17 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Der zulässig mit der echten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)geltend gemachte restliche Vergütungsanspruch des Klägers für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der Beklagten (dazu 1.) ist durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch erloschen (dazu 2.).

9

1. Dem Kläger stand für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der Beklagten aufgrund der nächsten auf den 22.5.2008 folgenden Abrechnung ein Anspruch auf Vergütung ua in Höhe von 1429,17 Euro zu. Ansprüche der Apotheker für die von ihnen an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel ergeben sich aus § 129 SGB V(idF durch Art 1 Nr 95 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - vom 26.3.2007, BGBl I 378 mit Wirkung vom 1.4.2007) in Verbindung mit den hierfür geltenden vertraglichen Regelungen des Leistungserbringungsrechts. Nach § 129 SGB V geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge(§ 129 Abs 2 und Abs 5 S 1 SGB V, vgl auch § 2 Abs 2 S 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der GKV ab. Diese Vorschrift begründet im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die KKn, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird(stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; ausführlich BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15).

10

Der Vergütungsanspruch des Klägers erfüllte die dargelegten Voraussetzungen. Dies ergibt sich aus den dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des LSG zu entnehmenden unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen aufgrund des zulässig vom LSG zugrunde gelegten übereinstimmenden Beteiligtenvortrags (vgl dazu BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; § 163 SGG).

11

2. Der entstandene Vergütungsanspruch des Klägers erlosch dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Vergütungsforderung des Klägers in Höhe von 1429,17 Euro aufrechnete. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren entgegen der Auffassung der Vorinstanz erfüllt. Die Beklagte konnte mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen (vgl allgemein zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 10 f mwN; zur Aufrechnung BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Der Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch des Klägers erfüllbar.

12

Die Beklagte hatte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm ohne Rechtsgrund 1429,17 Euro aufgrund der Abrechnung von August 2007 zahlte. Der vermeintliche Vergütungsanspruch des Klägers war nämlich aufgrund der Verfristung seiner Abrechnung gemäß § 8 Abs 1 ALV in dieser Höhe erloschen. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Apothekern sind öffentlich-rechtlicher Natur (vgl BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 11 ff mwN). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9, 11 f mwN).

13

§ 8 Abs 1 ALV begründet wirksam eine Ausschlussfrist für verfristete Abrechnungen. Das ergibt sich klar und unmissverständlich schon aus dem bewusst gewählten Wortlaut der Regelung. § 8 Abs 1 ALV unterscheidet sich darin von anderen, insbesondere früher abgeschlossenen Verträgen auf Landesebene, die gerade nicht ausdrücklich Ausschlussfristen vorsehen(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 3 RdNr 14 ff). Der ALV beruht auf § 129 Abs 5 S 1 SGB V. Danach können die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Diese Verträge ergänzen den Rahmenvertrag (§ 129 Abs 2 SGB V; Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, hier anzuwenden idF vom 23.3.2007) und das Gesetz. Der Rahmenvertrag lässt Raum dafür, in ergänzenden Verträgen auf Landesebene Ausschlussfristen im Zusammenhang mit der Abrechnung von Apothekervergütungen und der Geltendmachung von Rechnungs- und Taxberichtigungen zu begründen (vgl zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 33 f). Denn er hat lediglich - soweit hier von Interesse - das "Zustandekommen des Zahlungsanspruchs" des Apothekers gegen die KK zum Gegenstand (§ 1 Nr 8 Rahmenvertrag), nicht aber dessen Wegfall oder Erlöschen.

14

Die Regelung des § 8 Abs 1 ALV steht bei gebotener Auslegung auch mit höherrangigem Recht in Einklang. Die auszulegende Regelung ist - obwohl Landesrecht - revisibel. Nach § 162 SGG kann die Revision allerdings nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Ungeachtet der Frage nach dem Geltungsbereich des hier betroffenen ALV bestehen nach den Feststellungen des LSG jedenfalls auch in anderen Ländern Verträge mit entsprechenden Regelungen, die im Anschluss an Rechtsprechung des BSG (SozR 4-2500 § 129 Nr 3)bewusst einheitlich getroffen worden sind, um zu einer vom Ausgangspunkt der genannten Rechtsprechung abweichenden Vertragsgrundlage und auf dieser Basis zu einer einheitlichen Rechtsanwendung zu gelangen. In solchen Fällen ist die Auslegung auch eines derartigen Landesvertrages revisibel (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 26 mwN).

15

Ausschlussregelungen, die sich auf Vergütungen für eine Berufstätigkeit beziehen, sind als Berufsausübungsregelungen an Art 12 Abs 1 GG zu messen (vgl generell zu Preisregelungen für Apotheker BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, RdNr 229 ff; s auch BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19; vgl zur rechtsähnlichen Fragestellung der Verfassungsmäßigkeit tarifvertraglicher Ausschlussfristen BAG Urteil vom 22.9.1999 - 10 AZR 839/98 - AP Nr 226 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau = NZA 2000, 551, juris RdNr 58 mwN). Dies gilt auch, wenn zu berücksichtigen ist, dass die Vertragsparteien der Normenverträge - wie hier - besonders fachkundig und geeignet sind, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. § 129 SGB V schafft im Zusammenspiel mit der Regelung zur Datenübermittlung des § 300 SGB V eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, um die Arzneimittelabrechnung vertraglich unter Einbeziehung von Ausschlussregelungen zu regeln(zutreffend die Vorinstanz; vgl auch M. Krasney, Westerhelle, Anm, SGb 2007, 178 ff; aA Wesser, jurisPR-MedizinR 1/2012 Anm 3). Denn § 129 SGB V ermächtigt die Vertragspartner umfassend, "das Nähere" zu regeln. Ein Gegenschluss aus § 129 Abs 4 SGB V - keine weitergehenden Sanktionen - ist insoweit nicht zulässig: Ausschlussfristen sind keine Sanktionen für schuldhafte Rechtsverstöße, sondern ein Mittel der Rechtsordnung, mit Fristablauf Rechtssicherheit zu schaffen.

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Die Berufsausübungsregelung ist - wie verfassungsrechtlich geboten - durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV ist ein solcher Gemeinwohlbelang (vgl BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, RdNr 233; BVerfGE 68, 193, 218), den ein reibungsloser Ablauf der Arzneimittelabrechnung sichert. Für die Apothekerabrechnung steht speziell das Interesse an einer schnellen Klärung der Ansprüche im Vordergrund. Dies ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass die Apotheken - abgesehen von den Zuzahlungen - vorleisten, die KKn Abschlagszahlungen leisten (vgl § 9 Abs 8 ALV)und die Rechnungen innerhalb von zehn Tagen nach Eingang der Verordnungsdatensätze bei den vorgesehenen Annahmestellen zu begleichen haben (vgl § 9 Abs 1 S 1 ALV). Auch aufgrund der betroffenen großen Datenmengen besteht ein erhebliches Interesse daran, durch überschaubare Abrechnungsfristen für einen kontinuierlichen Datenzufluss zu sorgen. Andernfalls droht schon aufgrund der Datenmenge (vgl anschaulich hierzu zB BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - RdNr 2, 9 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) eine nicht mehr zu bewältigende Überforderung bei der Datenverarbeitung, die nur durch eine ganz erhebliche Ausweitung der Verarbeitungskapazität kostspielig aufgefangen werden könnte. Nur ergänzend und hintergründig tritt das Interesse an brauchbaren Prognosen für die Kalkulation der Ausgabenstruktur und des Finanzbedarfs der KKn hinzu.

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Spiegelbild der zu bewältigenden Datenströme ist die Ausgestaltung der Datenverarbeitung (§ 300 SGB V; Vereinbarung gemäß § 300 SGB V vom 4.11.1994 - "Vereinbarung"). Auch hier wird das allseitige Interesse an einer schnellen Klärung der Verhältnisse deutlich (§ 6 Abs 1 Vereinbarung: Apothekenabrechnung spätestens ein Monat nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte). Regelmäßig bedient sich der Apotheker - wie auch hier der Kläger - einer Abrechnungsstelle, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Die Abrechnungsstellen bieten typischerweise wahlweise Online- oder Offline-Informationsdienste an zu Vorabprüfungen, zur Abrufbarkeit des konkreten Abrechnungsstands einschließlich der Rezeptdaten und -images sowie zur Marktentwicklung im relevanten Teilsegment auf gesicherten Wegen. Zur Absicherung offerieren sie eine Versicherung der Rezepte ab Eingang in der Apotheke bis zum Abschluss des gesamten Abrechnungsverfahrens. Die problemlose, seit Jahren eingespielte Abrechnungspraxis, die Möglichkeit zu zeitnaher Fehlererkennung und -korrektur und das allseitige Interesse an schneller Abrechnung lassen die in § 8 Abs 1 ALV eingeräumte Frist von zwei Monaten nach Abschluss des Kalendermonats der Arzneimittelabgabe als sehr lang erscheinen, sodass sie kaum praktische Relevanz erlangt.

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Die Ausschlussfrist des § 8 Abs 1 ALV ist geeignet und erforderlich, für eine umgehende Abrechnung im Interesse eines kontinuierlichen Datenflusses zu sorgen. Dies kann zur Ausgabenbegrenzung der KKn beitragen. Verschuldensabhängige Sanktionen kommen als mildere Maßnahmen nicht in Betracht. Sie sind nicht gleich geeignet, da hierfür ein aufwändiger Verschuldensnachweis zu führen wäre.

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Allerdings sind Ausschlussfristen nach Art des § 8 Abs 1 ALV nur zumutbar, wenn sie erst nach einer hinreichend langen Zeit greifen und ausgewogen sind, insbesondere wenn sie nur dann eingreifen, wenn der Betroffene hinreichende Vorsorge zu ihrer Beachtung treffen kann. Andernfalls wäre eine Berufung auf die Ausschlussfrist rechtsmissbräuchlich (vgl zum Rechtsmissbrauch als Grenze von Ausschlussfristen zB BSG Urteil vom 30.11.1982 - 2 RU 39/81 - HVGBG RdSchr VB 21/83; BSG SozR 2200 § 627 Nr 6; BSGE 14, 246 = SozR Nr 2 zu § 58 BVG; BSGE 10, 88; zur Grenze von tarifvertraglichen Ausschlussfristen durch Treu und Glauben vgl BAG Urteil vom 22.9.1999 - 10 AZR 839/98 - AP Nr 226 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau = NZA 2000, 551). Während der Fristenlauf im Vertrag bestimmt sein muss, bedarf es keines ausdrücklichen Vorbehalts für Fälle des Rechtsmissbrauchs: Diese Einschränkung versteht sich auch ohne ausdrückliche Regelung von selbst, soweit nicht punktuelle Teilregelungen Unklarheit schaffen (vgl zu einer unverhältnismäßigen Ausschlussfrist zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19).

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Den dargelegten Anforderungen genügt § 8 Abs 1 ALV. Die Regelung sieht nicht etwa bloß eine Frist von acht oder zehn Tagen (vgl zu einer solchen Konstellation zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19 RdNr 20)oder von einem Monat vor (so zB der Fall in BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 3, allerdings ohne überhaupt eine klare Ausschlussregelung zu treffen), sondern von zwei Monaten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es schon im Eigeninteresse des Apothekers liegt, möglichst bald nach Abschluss des jeweiligen Kalendermonats seine Abrechnung einzureichen, um umgehend in den Genuss der Vergütung zu kommen. Aufgrund der kurzen, vertraglich vorgesehenen Reaktionszeit der KK (vgl oben, § 9 Abs 1 S 1 ALV)kann er unmittelbar erkennen, dass ggf eine Abrechnung nicht erfolgt ist.

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Soweit und solange der Betroffene ausnahmsweise aus Gründen, für deren Beachtung er keine hinreichende Vorsorge treffen kann, an der Einhaltung der Frist gehindert ist, ist die Berufung auf die Ausschlusswirkung auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung rechtsmissbräuchlich. In solchen Fällen muss die KK trotz Fristablaufs die unverzüglich nach Beseitigung des Hemmnisses eingereichte ordnungsgemäße Abrechnung der Arzneimittelabgabe noch vergüten.

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Der Kläger stützt sich nicht auf Gründe, für deren Beachtung er keine hinreichende Vorsorge treffen konnte, sondern insbesondere auf Fehler des von ihm beauftragten Rechenzentrums. Insoweit gehört es indes gerade zu den grundlegenden Pflichten eines beauftragten Rechenzentrums, für die Einhaltung der Abrechnungsfristen Sorge zu tragen. Es hat im Verhältnis zum Apotheker das Risiko der Pünktlichkeit der Abrechnung zu tragen und kann sich notfalls hiergegen durch Abschluss einer Versicherung absichern. Gerade solche Fälle verdeutlichen, dass es nicht angeht, das legitime Interesse an einer umgehenden Klärung der Verhältnisse zu Lasten letztlich der Beitragszahler von demjenigen wegzuverlagern, der aufgrund seiner professionellen Stellung und seiner Einbindung in den arbeitsteiligen Prozess der Abrechnung dazu berufen ist, dieses Risiko selbst zu tragen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 52 Abs 3 GKG.

                          

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.