Sozialgericht Neubrandenburg Urteil, 09. Jan. 2013 - S 14 KR 96/10

bei uns veröffentlicht am09.01.2013

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 2.398,50 € für die Selbstbeschaffung eines E-Mobils Modell Scooter zu zahlen.

Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten auf Nachweis zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für ein Elektromobil Modell Scooter.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Dezember 2009 musste beim Kläger eine Oberschenkelamputation links durchgeführt werden. Nach Wundheilungsstörungen fand im Januar eine weitere Operation statt. Im Anschluss an den folgenden stationären Aufenthalt wurde der Kläger am 18.02.2010 in der Rehaklinik zur stationären Rehabilitation aufgenommen. Die Entlassung erfolgte am 10.03.2010. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Kläger laut Entlassungsbericht der Rehaklinik (Bl. 30ff. d. VA) mit Prothese an 2 Unterarmgehstützen circa 1 km gehen. An Beschwerden, welche den Kläger zu dieser Zeit plagten, beschreibt besagter Entlassungsbericht Schmerzen im Lendenwirbelsäulen(im weiteren LWS) -bereich nach Belastung. Eine regelmäßige fachorthopädische Kontrolle wurde empfohlen.

3

Der Kläger war zwischenzeitlich durch die Beklagte mit einem Rollstuhl und einer Prothese versorgt worden. Desweiteren fand im Rahmen eines gestellten Pflegeantragsverfahrens am 13.04.2010 eine Begutachtung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (im weiteren MDK) statt. Im Gutachten auf Seite 6 (Bl. 6 d. VA) wird beschrieben, dass der Kläger zum Begutachtungstag über Schmerzen in der LWS, im Stumpf und in der linken Schulter aufgrund der ständigen Belastung klagt. Das Verlassen des Hauses war nur mit Hilfe möglich, da eine kleine Treppe zu überwinden ist und dies dem Kläger auch unter zeitgleicher Nutzung der Unterarmgehstützen und der Prothese nicht ohne Hilfe gelang. Desweiteren ergibt sich aus dem Gutachten, dass der Kläger zum Begutachtungszeitpunkt mit Prothese und Unterarmgehstützen „einige Schritte“ gehen kann. Außerdem stellt das Gutachten eine hohe Motivation des Klägers zu einer selbstständigen Lebensführung fest.

4

Am 27.04.2010 beantragte die A GmbH unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung von Dipl. med. B (Bl. 13 d. VA) und eines Kostenvoranschlages über 2.490, 00 € die Genehmigung der Beklagten, den Kläger mit einem Elektromobil zu versorgen. Darüber hinaus wurde eine Rampe beantragt, damit der Kläger eine kleine Treppe mittels Rollstuhl überwinden kann, um alleine das Haus verlassen zu können.

5

Die Beklagte lehnte die Versorgung mit dem E-Mobil mit Bescheid vom 11.05.2010 ab. Die beantragte Rampe lehnte sie mit Bescheid vom 12.05.2010 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger aus ihrer Sicht ausreichend mit Hilfsmitteln versorgt ist.

6

Gegen diese Bescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 24.05.2010 (Eingang bei der Beklagten 28.05.2010) Widerspruch ein. (Bl. 17 d. VA) Zur Begründung führt er aus, dass er ohne die begehrten Hilfsmittel nicht in der Lage sei, ein selbstständiges Leben zu führen, da es ihm unmöglich sei das Haus zu verlassen bzw. sich mit dem Aktivrollstuhl alleine außerhalb des Hauses zu bewegen, da er nach einer mit den Krankenhausbehandlungen einhergehenden Gewichtsabnahme von über 30 kg nicht mehr die Konstitution habe, den Aktivrollstuhl zu bewegen. (Bl. 25 d. GA)

7

Auf den Widerspruch des Klägers bewilligte die Beklagte die beantragte Rampe und beauftragte den MDK mit Schreiben vom 03.08.2010 (Bl. 40 d. VA) mit der Prüfung, ob vorliegend der vorhandene Aktivrollstuhl ausreichend für den Basisausgleich der Behinderung im Nahbereich der Wohnung ist. Darüber hinaus sollte vorsorglich geklärt werden, ob der Kläger fähig ist ein E-Mobil zu führen und ob eine Unterstellmöglichkeit und ein Stromanschluss vorhanden sind.

8

Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt im Kreiskrankenhaus D.. Dort war er am 02.08.2010 wegen rezidivierender Arthritiden – entzündliche Gelenkerkrankungen – aufgenommen und behandelt worden. Der Entlassungsbericht (Bl. 41 d. VA) zeigt, dass der Kläger auch wieder an beiden Schultern behandelt werden musste.

9

Nachdem der MDK mit Gutachten vom 24.08.2010 (Eingang bei der Beklagten am 26.08.2010) die medizinische Notwendigkeit eines E-Mobils verneint hatte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2010 zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, dass zwar ein längeres Gehen mit der Prothese aufgrund der Stumpfschmerzen nicht möglich sei, aber die Mobilität im Nahbereich durch den Aktivrollstuhl sichergestellt sei und somit dem von der Beklagten zu leistenden Basisausgleich genüge getan sei.

10

Das E-Mobil beschaffte sich der Kläger am 15.09.2010 zum Preis von 2398.50 € selbst. (Bl. 16 d. GA) Zuvor hatte die Tochter des Klägers am 09.09.2010 mit der Beklagten telefoniert. (Bl. 49 d. VA)

11

Der Kläger hat am 08.11.2010 Klage erhoben.

12

Er behauptet, dass er aufgrund seiner körperlichen Konstitution nicht in der Lage sei, den Aktivrollstuhl lange genug zu bewegen, um sich damit im Nahbereich seiner Wohnung zu bewegen. Er ist daher der Ansicht, dass in seiner Situation die Voraussetzungen für die Versorgung mit einem E-Mobil notwendig sind. Dies belege schließlich auch die Verordnung seines ihn langjährig betreuenden Arztes. Darüber hinaus sei in seinem speziellen Fall zu berücksichtigen, dass die Straßen aus Kopfsteinpflaster bestehen und daher mit einem Aktivrollstuhl so und so nicht zu bewältigen seien.

13

Der Kläger beantragt,

14

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2398,50 € aus der Rechnung der Firma A GmbH für ein E-Mobil Modell Scooter zu bezahlen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Das Gericht hat am 09.01.2013 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. In der mündlichen Verhandlung hat es die für den Kläger erschienene Tochter zur Sache gehört. Für weitere Einzelheiten des Sachverhaltes und der Aussage der Tochter des Klägers wird auf die Sitzungsniederschrift und die beigezogene Leistungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

18

Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässige Klage ist begründet.

19

Der Bescheid vom 11.05.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2010 war aufzuheben und die Beklagte zur Leistung zu verurteilen.

20

Der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenerstattung für die Selbstbeschaffung des E-Mobils aus § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch 5.Buch (SGB V). Die Voraussetzungen eines solchen Anspruches sind vorliegend gegeben. Der entgegenstehende Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig. So bestand ein Sachleistungsanspruch des Klägers auf Versorgung mit einem E-Mobil, den die Beklagte unrechtmäßig ablehnte (dazu 1.); zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung war dem Kläger ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar (dazu 2.); das E-Mobil ist medizinisch notwendig und die Selbstbeschaffung hat Kosten verursacht. (dazu 3.)

21

1. Es bestand ein Sachleistungsanspruch des Klägers aus §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Nr. 3, 33 Abs. 1 SGB V. Es handelt sich bei dem E-Mobil um ein Hilfsmittel, welches dazu dient eine Behinderung auszugleichen.(dazu a)) Das Hilfsmittel ist im Einzelfall erforderlich (dazu b)) und auch die weiteren allgemeinen Voraussetzungen sind erfüllt (dazu c)).

22

a) Bei dem E-Mobil handelt es sich um ein Hilfsmittel, welches mittelbar eine bestehende Behinderung ausgleicht und hierbei dem Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes dient.

23

Dass beim Kläger aufgrund des Z.n. Beinamputation links eine Behinderung i.S.d. § 33 Abs. 1 SGB V vorliegt, bedarf keiner weiteren Erörterung.

24

Das E-Mobil ist ein Hilfsmittel i.S.d. mittelbaren Behinderungsausgleiches. Dieser durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes geprägte Begriff soll eine erste Einordnung liefern, wie umfassend die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Einzelfall sein sollen. Unterschieden wird zwischen unmittelbarem und mittelbarem Behinderungsausgleich, wobei bei ersterem nahezu sämtliche nach dem Stand der Technik denkbaren Hilfsmittel von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen erfasst sind, da ein aufgrund einer Behinderung bestehendes Defizit durch ein Hilfsmittel ersetzt wird. Beim mittelbaren Behinderungsausgleich geht es nicht um das Gleichziehen mit den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung besonders zu berücksichtigen, die eine möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, zum Zwecke der Ermöglichung eines selbstständigen Lebens zum Ziel hat, wobei eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation Aufgabe andere Sozialleistungssysteme ist. (vgl. zum Ganzen etwa B 3 KR 12/10 R; B 3 KR 4/11 R) Bei dem E-Mobil ist der mittelbare Behinderungsausgleich im ausgeführten Sinne betroffen. So soll, als betroffene Körperfunktion nicht das Gehen selbst ersetzt werden, sondern es soll eine Beeinträchtigung kompensiert werden, welche aus der Beinamputation folgt.

25

Vorliegend ist ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen. Dies ist zwingende Voraussetzung für die Gewährung eines Hilfsmittels im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleiches, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieses Kriterium dient der Abgrenzung zwischen den einzelnen Sozialleistungssystemen. (vgl. BSG aaO) Mit der Formulierung „Grundbedürfnis des täglichen Lebens“ soll sichergestellt werden, dass die gesetzliche Krankenversicherung nur für die Ermöglichung der elementaren Grundbedürfnisse im Sinne eines Basisausgleiches verantwortlich ist. Die Frage worin die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens liegen ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung weitgehend geklärt. (vgl. die Aufzählung bei Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V § 33 Rdnr. 79)

26

Ein Grundbedürfnis wird in der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes gesehen. Dieses ist hier betroffen, da das E-Mobil dem Kläger ermöglichen soll, sich selbstständig außerhalb der Wohnung zu bewegen. Näher konkretisiert, muss im Rahmen des Basisausgleiches durch die gesetzliche Krankenversicherung sichergestellt werden, dass es dem Versicherten ermöglicht wird, sich in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich zu bewegen. Vorliegend geht es um den Nahbereich, da sich der Kläger mit dem Aktivrollstuhl bzw. der Prothese innerhalb der Wohnung bewegen kann. Diesem Nahbereich sind im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleiches solche Wege zuzuordnen, die einen Bezug zur Wohnung haben. In sachlicher Hinsicht handelt es sich um gesundheitserhaltende Wege, Versorgungswege sowie elementare Freizeitwege. Hierbei beschreibt der Versorgungsweg die Fähigkeit, die Wohnung zu verlassen, um die für die Grundbedürfnisse der selbstständigen Existenz und des selbständigen Wohnens notwendigen Verrichtungen und Geschäfte wahrnehmen zu können. (zum Ganzen u.a. B 3 KR 12/10 R) Das E-Mobil ist für den Kläger für die Bewältigung solcher Versorgungswege erforderlich. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass es sich um ein objektives Kriterium insoweit handelt, als dass die persönliche Wohnsituation außer Acht zu bleiben hat, was bedeutet, dass nicht auf die konkreten Entfernungen abgestellt werden kann, die der Kläger von seiner Wohnung zu Einkaufsmöglichkeiten zurücklegen muss. (vgl. etwa B 3 KR 23/02 R) Auch der Hinweis des Klägers, dass er nicht in der Lage sei das Kopfsteinpflaster in seiner Wohnumgebung mit dem Aktivrollstuhl zu bewältigen, muss hier außer Betracht bleiben. Dennoch ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass es Fälle gibt, in welchen die beim Kläger vorgenommene Versorgung mit zwar grundsätzlich geeigneten Hilfsmitteln wie Aktivrollstuhl, Prothesen, Unterarmgehstützen und später noch einer Rampe nicht ausreicht, um den durch die gesetzliche Krankenversicherung zu leistenden Basisausgleich zu erreichen.

27

Das es solche Fälle gibt wird dadurch bestätigt, dass Elektromobile ins Hilfsmittelverzeichnis (einsehbar unter www.gkv-spitzenverband.de) aufgenommen worden sind. Dort heißt es in der Produktgruppe 18 unter Punkt 4.3.:

28

„Mit Blick auf das Grundbedürfnis der eigenständigen Fortbewegung kann ein Elektromobil einen vergleichbaren Behinderungsausgleich bieten wie ein Elektrorollstuhl. Das Bundessozialgericht geht davon aus, dass bei entsprechender Eignung im Hinblick auf die im Einzelfall bestehenden Behinderungen ein Elektromobil ebenso wie ein Elektrorollstuhl die Voraussetzungen der Erforderlichkeit eines Hilfsmittels im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V sowie der Wirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V erfüllt. Elektromobile können wie Elektrorollstühle der Erfüllung des Grundbedürfnisses auf Erledigung von Alltagsgeschäften dienen, zu denen insbesondere das Einkaufen von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs zählt.“

29

b) Beim Kläger liegt ein solcher Fall vor, weshalb die Versorgung mit dem E-Mobil auch im Einzelfall erforderlich ist. Der Kläger ist nicht in der Lage den Nahbereich mit der Prothese, den Unterarmgehstützen und dem Aktivrollstuhl ausreichend zu erschließen.

30

Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei der Frage, inwieweit der Kläger in der Lage ist mit dem Aktivrollstuhl den Nahbereich zu erschließen um eine Tatsache handelt, welche nur eingeschränkt dem Beweis zugänglich ist. Sicherlich kann medizinisch festgestellt werden, ob die Muskelkraft zur Bewegung des Aktivrollstuhls genügt. Weiterhin besteht die Möglichkeit aufzuklären, ob andere Erkrankungen vorliegen, die eine längere Bewegung des Aktivrollstuhls ausschließen. Daneben beinhaltet die Frage, ob das Zurücklegen von für Alltagsgeschäfte notwendigen Entfernungen dem Kläger möglich ist eine subjektive Komponente. Diese liegt in der Frage, ob die für die Versorgung erforderlichen Wege nur unter unzumutbaren Schmerzen bewältigt werden können. Diese Bewertung dürfte eine „innere Tatsache“ sein, welche dem Beweis unzugänglich ist. Allenfalls ist es möglich sie anhand von Indizien auf Plausibilität und damit auf ihre Glaubhaftigkeit zu überprüfen.

31

Vorliegend erscheinen die Aussagen der Tochter des Klägers glaubhaft, dass der Kläger schmerz- und kraftbedingt nicht in der Lage ist mit einem Aktivrollstuhl den Nahbereich seiner Wohnung ausreichend zu erschließen. Gestützt wird diese Aussage letztlich durch den gesamten Akteninhalt. So hat Herr Dipl. med. D. am 20.05.2010 (Bl. 16 d. VA) eine ärztliche Bescheinigung ausgestellt, dass aus seiner Sicht die Versorgung mit einem E-Mobil notwendig ist. Ganz entscheidend wird die Aussage der Tochter allerdings durch die Tatsache gestützt, dass sowohl im Entlassungsbericht der Rehaklinik U. vom 09.03.2010 (Bl. 30ff. d. VA), wie auch im Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses D. vom 10.08.2010 (Bl. 41f. d. VA) über orthopädisch bzw. rheumatologisch bedingte Schmerzen in der Wirbelsäule und den Schultern berichtet wird. Diese Schmerzen sind auch stärker geworden, wie der Bericht des Kreiskrankhauses D. zeigt. Schon durch die Rehaklinik U. wurde eine regelmäßige fachorthopädische Kontrolle und Behandlung empfohlen. Das Kreiskrankhaus D. empfahl dann dringend eine weitere Behandlung durch einen Rheumatologen. Diese Entlassungsberichte passen zu der Erklärung der Tochter des Klägers, dass dieser kraft- und schmerzbedingt nicht in der Lage ist, sich mit dem Aktivrollstuhl außerhalb der Wohnung zu bewegen.

32

Auch das MDK Gutachten vom 24.08.2010 ist nicht geeignet die glaubhafte Aussage der Tochter des Klägers zu erschüttern. Dem Gericht ist bereits nicht ersichtlich, in welchem Umfang eine Begutachtung durch einen Arzt stattgefunden hat. Das Gutachten ist unterschrieben durch einen Orthopädietechniker. Hinsichtlich der medizinischen Fragestellung heißt es im Gutachten lediglich:

33

„Die medizinische Begutachtung erfolgt durch Frau Dipl. C und wird für den beantragten Scooter als nicht gegeben definiert.“

34

Unterschrieben hat genannte Ärztin das Gutachten nicht. Wie die genannte Ärztin zu ihrer Beurteilung gekommen ist, lässt sich aus dem Gutachten nicht erschließen. Aus Sicht der Kammer hätte sich in vorliegendem Fall geradezu aufgedrängt, den Kläger durch einen Arzt persönlich zu befunden. Schließlich waren die oben in Bezug genommenen Entlassungsberichte und ärztlichen Bescheinigungen bekannt, was auch aus dem MDK Gutachten selbst hervorgeht. Schließlich heißt es auch in diesem unter dem Unterpunkt „Med. Befund/Schädigung/Beeinträchtigung von Aktivitäten“:

35

„Unterarm rechts war geschwollen. Kraft und Beweglichkeit der linken Schulter sind eingeschränkt. Eine altermanifeste seronegative Rheumatoide Arthritis wurde diagnostiziert.“

36

Im Rahmen des Unterpunktes „Beurteilung“ heißt es dann:

37

„Die Kraft und Beweglichkeit der oberen Extremität ist ausreichend zur selbstständigen Fortbewegung im Greifenrollstuhl, sowohl in der Wohnung und auch im hausumgebenden Gelände...“

38

Ohne sich medizinischen Sachverstand anzumaßen, erachtet die Kammer diese Feststellungen für widersprüchlich. Wie bereits erwähnt drängt sich in einem solchen Fall die persönliche ärztliche Befundung nahezu auf. Schließlich ist es nachvollziehbar und offensichtlich, dass rheumatologische Erkrankungen in der oberen Extremität dazu führen können, dass die bekanntermaßen anstrengende Fortbewegung mit einem Greifenrollstuhl, erheblich eingeschränkt ist. Dies gilt vor allen Dingen unter Berücksichtigung des Alters des Klägers. Ob trotz der genannten rheumatologischen Befunde eine Fortbewegung mit dem Greifenrollstuhl möglich gewesen wäre, hätte durch einen Arzt festgestellt werden müssen.

39

Zusammenfassend ist die Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhaltes zu der Überzeugung gelangt, dass den glaubhaften Erklärungen der Tochter in der mündlichen Verhandlung zu folgen ist. Die bereits angesprochenen Entlassungsberichte, die ärztliche Verordnung des behandelnden Arztes und die vom MDK selbst getroffenen Feststellungen im Gutachten vom 24.08.2010 (Bl. 45ff. d. VA) und im Pflegegutachten über die persönliche Befunderhebung durch die Pflegekraft Frau D vom 13.04.2010. (Bl. 1ff. d. VA) untermauern die Aussagen der Tochter und machen sie plausibel und glaubhaft. So führt die Tochter während der mündlichen Verhandlung aus, dass der Kläger ohne das E-Mobil nicht in der Lage gewesen sei, selbstständig das ca. 400 Meter von seiner Wohnung entfernte Bistro zu erreichen, um sich selbst ernähren zu können. Auch seien Einkäufe in der Zeit vor der Selbstbeschaffung des E-Mobils allesamt durch sie erledigt worden. Seit Anschaffung des E-Mobils erledige der Kläger kleinere Einkäufe selbst und gehe mittags im Bistro essen. Diese Aussagen fügen sich nahtlos in das aus dem Akteninhalt vermittelte Beschwerdebild des Klägers ein.

40

Die Kammer durfte ihre Überzeugung vorliegend wesentlich auf die Aussage der Tochter des Klägers stützen. Zwar handelt es sich bei der Parteivernehmung – um eine solche handelt es sich hier, da die Tochter als Vertreterin ihres Vaters gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGG handelte – um kein Beweismittel im engeren Sinne, da in § 118 Abs. 1 SGG nicht auf die §§ 445ff. ZPO verwiesen wird. Allerdings ist es einhellige Auffassung, dass glaubhafte Aussagen einer Partei Entscheidungsgrundlage sein können. (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, § 103 Rdnr. 12) Wie bereits dargestellt, sind die Aussagen der Tochter glaubhaft. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass das Gericht eine weitere Begutachtung bzw. Aufklärung des Sachverhaltes gemäß § 106 SGG nicht für zielführend erachtet. Schließlich geht es darum, ob der Kläger im Jahr 2010 fähig war den Nahbereich seiner Wohnung mit dem Aktivrollstuhl zu erschließen. Diese Frage lässt sich auch durch eine heutige Begutachtung nicht mehr beantworten. Auch meint die Kammer, dass einer heutigen Begutachtung die Tatsache entgegensteht, dass der Kläger sich nunmehr seit ca. 2 ½ Jahren mit dem E-Mobil bewegt. Ein auf die Benutzung des Aktivrollstuhls zurückzuführender Belastungsschmerz wäre daher heute nicht feststellbar. Überdies handelt es sich – wie bereits dargestellt – bei der Empfindung von Schmerzen um eine nur bedingt beweisbare Tatsache. Diese lässt sich in vorliegendem Fall ausreichend durch objektiv festgestellte medizinische Diagnosen stützen.

41

Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die Aussage der Tochter auch hierin einen glaubhaften Aspekt gewinnt. Schließlich besorgte der Kläger das E-Mobil erst 4 Monate nach der erstmaligen Ablehnung durch die Krankenkasse. Laut Aussage der Tochter hing dies gerade damit zusammen, dass sich der Kläger immer bemühte sich selbstständig mit dem Aktivrollstuhl zu bewegen, wodurch dann Schmerzen in den Schultern aufgetreten seien. Aus Sicht der Kammer erhärtet der stationäre Aufenthalt in E, wegen akuter rheumatologischer Beschwerden diese Aussage dahingehend, als dass nicht fernliegend ist, dass die akuten rheumatologischen Beschwerden im August 2010 zumindest zum Teil auf ständiges „Versuchen“ der Fortbewegung mit dem Aktivrollstuhl zurückzuführen sind.

42

c) Abschließend ist festzustellen, dass auch die weiteren Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei dem E-mobil handelt es sich weder um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, noch ist das Hilfsmittel von vornherein ausgeschlossen und der Kläger ist fähig das E-Mobil sicher zu führen. Dass es sich bei einem Elektromobil nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Ein Ausschluss gemäß § 34 Abs. 4 SGB V ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist wie bereits dargestellt das E-Mobil vom Hilfsmittelverzeichnis erfasst, weshalb auch nicht zu erörtern ist, ob es sich bei Elektromobilen überhaupt um ein Hilfsmittel i.S.d. § 33 SGB V handelt. Obwohl eine Erprobung mit dem E-Mobil nicht stattfand, bestehen beim Kläger keinerlei Anhaltspunkte, welche dafür sprechen könnten, dass dieser nicht in der Lage ist das E-Mobil sicher zu führen. Eine im Bereich der Hilfsmittel zwar nicht zwingend erforderliche ärztliche Verordnung lag ebenfalls vor.

43

Auch vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitgebotes des § 12 SGB V, welches bei der Versorgung im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleiches zu beachten ist, ergibt sich keine andere Bewertung, da nicht ersichtlich ist, welches gleich geeignete und kostengünstigere Hilfsmittel für den Kläger zur Verfügung stehen könnte. Diese Sichtweise wird dadurch bestätigt, dass das E-Mobil ausdrücklich zur Erfüllung des auch hier betroffenen Grundbedürfnisses in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen wurde. Eine solche Aufnahme hätte gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB V bei grundsätzlicher Unwirtschaftlichkeit nicht erfolgen dürfen.

44

2. Zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung war dem Kläger ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar. Insoweit war die unrechtmäßige Ablehnung durch die Beklagte kausal für die Selbstbeschaffung des E-Mobils. Diese Voraussetzung betrifft den ordentlichen Beschaffungsweg. So sollen Versicherte zunächst die Entscheidung der Krankenkasse abwarten, bevor sie zur Selbstbeschaffung schreiten. Hingegen ist das Abwarten des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens nicht erforderlich. (vgl. Wagner, in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 13 SGB V Rdnr. 32) Selbst wenn man verlangen möchte, dass Versicherte bei der Versorgung mit nicht so eiligen Hilfsmitteln auch im Rahmen des § 13 Abs. 3 2. Alt. SGB V eine zumutbare Zeit zuwarten müssen, wenn sie wissen das die Krankenkasse die Versorgungsmöglichkeit prüft, ergibt sich vorliegend keine andere Bewertung. Der Kläger hat das E-mobil erst 4 Monate nach der Ablehnung der Beklagten beschafft. Zu diesem Zeitpunkt war bereits die Frist des § 88 Abs. 2 SGG abgelaufen. Darüber hinaus ergibt sich aus einem Telefonvermerk aus September 2010 (Bl. 49f. d. VA), dass die Tochter mit der Beklagten telefonisch in Kontakt getreten ist, und auch mündlich nochmals erklärt bekam, dass die Beklagte nicht zur Leistungserbringung bereit war. Erst hiernach beschaffte der Kläger das E-Mobil am 15.09.2010 selbst. Die Kammer ist in diesem Zusammenhang zu der Überzeugung gelangt, dass aufgrund der oben festgestellten Notwendigkeit des E-Mobils zur Erfüllung eines Grundbedürfnisses, dem Kläger ein weiteres Zuwarten nicht länger zumutbar war.

45

3. Das E-Mobil ist medizinisch notwendig und die Selbstbeschaffung hat Kosten verursacht. Zur medizinischen Notwendigkeit kann auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden. Dieses Merkmal hat für die 2. Alt. des § 13 Abs. 3 SGB V keine eigenständige Bedeutung, da Voraussetzung der 2. Alt. ist, dass ein Sachleistungsanspruch bestand. Die medizinische Notwendigkeit einer Leistung ist aber regelmäßig Bestandteil der Prüfung, ob ein Sachleistungsanspruch bestand. Des weiteren sind dem Kläger Kosten durch die Selbstbeschaffung i.H.v. 2.398, 50 entstanden. (Bl. 16, 41 d. GA)

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

47

Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus §§ 143, 144 Abs. 1 SGG, da der Beschwerdewert i.H.v. 750,00 € erreicht ist.

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5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Anschaffungskosten für ein Rollstuhl-Bike.

2

Der 1968 geborene Kläger leidet seit einem Fahrradunfall mit contusio spinalis (traumatische Rückenmarksschädigung) an einer inkompletten Querschnittslähmung. Er ist mit einem manuell zu bewegenden Rollstuhl (Aktivrollstuhl), einem Rollator und Unterarmgehstützen versorgt. Im März 2005 beantragte er unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der Firma S. GmbH und einer vertragsärztlichen Verordnung die Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike. Die beklagte Krankenkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die vorhandene Hilfsmittelversorgung des Klägers sei ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (Bescheid vom 26.4.2005; Widerspruchsbescheid vom 20.9.2005). Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten für das zwischenzeitlich selbstbeschaffte Rollstuhl-Bike in Höhe von 2619,81 Euro (Rechnung vom 10.6.2005) zu erstatten (Urteil vom 22.1.2009). Der Kläger könne mit dem Aktivrollstuhl lediglich eine zwischen 500 und 1000 m liegende Wegstrecke zurücklegen, was nach allgemeiner Lebenserfahrung zur Erschließung des Nahbereichs der Wohnung im Rahmen des allgemeinen Grundbedürfnisses auf Mobilität nicht ausreiche. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.6.2010). Das Rollstuhl-Bike sei zur Gewährleistung des allgemeinen Grundbedürfnisses auf Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums im Sinne des in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fallenden Basisausgleichs nicht erforderlich. Der Nahbereich der Wohnung beschreibe den Radius, den sich ein behinderter Versicherter noch mittels eines Aktivrollstuhls erschließen können müsse. Dies könne unter Rückgriff auf den für die Wegefähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Grenzwert von 500 m konkretisiert werden. Der Kläger sei nach den gutachterlichen Feststellungen selbst bei schlechter Tagesform in der Lage, in einem zeitlichen Rahmen von 20 Minuten eine deutlich über 500 m liegende Strecke mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl zu bewältigen. Dies sei zur Verwirklichung des Grundbedürfnisses auf Mobilität ausreichend.

3

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V). Das Rollstuhl-Bike sei im vorliegenden Einzelfall zum Ausgleich seiner Behinderung erforderlich, weil er aufgrund einer Kombination aus dauerhafter Behinderung und belastungsbedingt akuter Verschlechterung der Bewegung im Bereich der oberen Extremitäten nicht in der Lage sei, mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl den Nahbereich der Wohnung ohne übermäßige Anstrengung und schmerzfrei zu erschließen und damit sein allgemeines Grundbedürfnis auf Mobilität zu verwirklichen. Die abweichende Beurteilung des Leistungsanspruchs durch das LSG beruhe auf einer unzulässigen Übertragung eines nur für die Wegefähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Maßstabs. Allerdings sei selbst bei Anlegung dieses unzutreffenden Maßstabs seine Versorgung mit dem Rollstuhl-Bike erforderlich, weil er nicht in der Lage sei, eine Wegstrecke von 500 m in normalem Rollstuhltempo innerhalb von 20 Minuten zu bewältigen.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 22. Januar 2009 zurückzuweisen.

5

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die bisher vom LSG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über das auf Kostenerstattung gerichtete Klagebegehren entscheiden zu können.

7

1. Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX. Danach ist die Krankenkasse als Träger der medizinischen Rehabilitation zur Erstattung der Kosten für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung ua dann verpflichtet, wenn sie diese zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 9 mwN). Die Frage, ob die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde, ist nach dem für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsrecht - für Leistungen der GKV somit nach den Bestimmungen des SGB V - zu beurteilen.

8

2. Maßgebende Vorschrift für die Leistungspflicht der GKV im Bereich der Hilfsmittelversorgung ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung, dh der Rechnungslegung am 10.6.2005 (zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einem Kostenerstattungsanspruch vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 10), geltenden Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190). Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung im Hinblick auf "die Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen. Hingegen ist weder die vertragsärztliche Verordnung (§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V) des begehrten Hilfsmittels noch seine Listung im Hilfsmittelverzeichnis (§ 139 SGB V) verbindlich für die Leistungspflicht der Krankenkasse (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 10 mwN).

9

Hiervon ausgehend ist das als Hilfsmittel zu qualifizierende Rollstuhl-Bike (vgl dazu unter 3.) zwar grundsätzlich nicht zur Sicherstellung der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele erforderlich(vgl dazu unter 4.), weil es dem Versicherten eine Mobilität ermöglicht, die über den durch Leistungen der GKV zu gewährleistenden Bereich der medizinischen Rehabilitation hinausgeht. Allerdings kann anhand der vom LSG festgestellten und den Senat bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) - insbesondere in medizinischer Hinsicht - nicht abschließend entschieden werden, ob im vorliegenden Einzelfall besondere qualitative Umstände vorliegen, die gleichwohl eine Leistungspflicht der Krankenkasse für das Rollstuhl-Bike begründen (vgl dazu unter 5. und 6.).

10

3. Einem Rollstuhl-Bike kann in Bezug auf erwachsene Versicherte nicht bereits - wie vom LSG angedeutet, aber mangels Entscheidungsrelevanz offen gelassen - die Eigenschaft als Hilfsmittel abgesprochen werden. Hilfsmittel iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V sind alle sächlichen Mittel, die den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine bestehende Behinderung ausgleichen, selbst dann, wenn ihre Anwendung durch den Versicherten selbst sicherzustellen ist(BSGE 88, 204 = SozR 3-2500 § 33 Nr 41; BSGE 87, 105, 108 f = BSG SozR 3-2500 § 139 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 39 S 220). Diese Voraussetzungen erfüllt das Rollstuhl-Bike, denn die Hilfsmitteleigenschaft wird allein nach objektiven Kriterien bestimmt. Personenbezogene Merkmale - wie zB das Alter des Versicherten - sind hierfür nicht maßgebend. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Senatsentscheidung vom 16.9.1999 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185), wonach "ein Rollstuhl-Bike für Personen im Erwachsenenalter kein Hilfsmittel der gesetzlichen KV" ist. Mit dieser Aussage wollte der Senat nicht die Hilfsmitteleigenschaft des Rollstuhl-Bikes für erwachsene Versicherte in Frage stellen, sondern nur dessen Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der Versorgungsziele des § 33 SGB V im Einzelfall beurteilen.

11

4. Grundsätzlich ist ein Rollstuhl-Bike als Hilfsmittel der GKV nicht zur Gewährleistung der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele - hier des Behinderungsausgleichs(§ 33 Abs 1 Satz 1 Variante 3 SGB V) - erforderlich. Der Behinderungsausgleich hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen:

12

a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 mwN - Badeprothese). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSG aaO; vgl auch BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8 RdNr 4 mwN - C-leg-Prothese). Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- und Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 - Badeprothese).

13

b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V, § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (zum mittelbaren Behinderungsausgleich zuletzt: BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 18 mwN). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher von der GKV nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr zuletzt: BSG Urteile vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 13 ff mwN). Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 aaO und Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - aaO, jeweils mwN).

14

c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelt es sich im vorliegenden Fall um den mittelbaren Behinderungsausgleich, weil durch das begehrte Hilfsmittel nicht das Gehen selbst ermöglicht wird, sondern lediglich die Folgen einer Funktionsbeeinträchtigung der Beine - hier in Form des eingeschränkten Geh- und Stehvermögens - ausgeglichen werden sollen.

15

d) Das hier betroffene Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums umfasst die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich (BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 20 ff mwN). Anknüpfungspunkt für die Reichweite des Nahbereichs der Wohnung ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklegt (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 15 - Elektrorollstuhl). Dies entspricht dem Umkreis, der mit einem vom behinderten Menschen selbst betriebenen Aktivrollstuhl erreicht werden kann (vgl zu diesem Maßstab BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 28 S 163 - Therapie-Tandem II; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25 S 141 - Therapie-Tandem I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7 S 26 - Rollstuhl-Boy). Die in früheren Entscheidungen angedeutete Möglichkeit, dass "zwischen dem durch einen Selbstfahrrollstuhl regelmäßig eröffneten Freiraum und den Entfernungen, die ein Gesunder auch bei eingeschränktem Gesundheitszustand vor allem im ländlichen Bereich zu Fuß zurücklegt, eine Lücke besteht, die ebenfalls noch den Grundbedürfnissen zuzurechnen ist" (so noch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7 S 27 - Rollstuhl-Boy), hat der Senat nicht weiter verfolgt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike II).

16

e) Für die Bestimmung des Nahbereichs gilt ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnortes unabhängiger Maßstab (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 21 RdNr 14 - Kraftknoten; BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, RdNr 17 - behinderungsgerechter PKW). Dem steht weder entgegen, dass nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V Hilfsmittel zu gewähren sind, wenn sie "im Einzelfall erforderlich sind", noch dass nach § 33 SGB I bei der Ausgestaltung von Rechten nach dem SGB "die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten" berücksichtigt werden müssen. Die Frage, ob ein Hilfsmittel der Sicherung menschlicher Grundbedürfnisse dient, betrifft dessen Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele. Diese Eignung und Erforderlichkeit zählt ebenso wie die Hilfsmitteleigenschaft und das Nichtvorliegen der in § 33 Abs 1 Satz 1, Halbs 2 SGB V formulierten Ausschlusstatbestände zu den objektiven, dh unabhängig vom konkreten Einzelfall zu beurteilenden Anspruchsvoraussetzungen. Hierfür ist allein die Zielsetzung des § 33 SGB V und somit die Abgrenzung der Leistungspflicht der GKV von der anderer Träger nach einem abstrakt-aufgabenbezogenen Maßstab ausschlaggebend. Die Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung "im Einzelfall" ist dagegen - ebenso wie deren Wirtschaftlichkeit - eine subjektbezogene Anspruchsvoraussetzung, die nach einem konkret-individuellen Maßstab beurteilt wird. Der in § 33 SGB I normierte Individualisierungsgrundsatz ist für den die Anspruchsvoraussetzungen des § 33 SGB V betreffenden Nahbereich bereits deshalb ohne Bedeutung, weil er ausschließlich für die Ausgestaltung sozialer Rechte gilt, seine Anwendung mithin auf die Rechtsfolgenseite einer im SGB geregelten Anspruchsgrundlage beschränkt ist(BSG SozR 4-7610 § 362 Nr 1 RdNr 11 f).

17

f) Der Nahbereich wurde in der bisherigen Senatsrechtsprechung nicht im Sinne einer Mindestwegstrecke bzw einer Entfernungsobergrenze festgelegt, sondern lediglich beispielhaft im Sinne der Fähigkeit konkretisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (stRspr, erstmals BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike II; zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 15 - Barcodelesegerät); wobei allerdings die Fähigkeit, eine Wegstrecke von 100 m (BSG Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R - RdNr 16 - Therapie-Tandem IV) bzw 200 m (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 12 RdNr 15 - Liegedreirad) zurückzulegen, nicht als ausreichend zur Erschließung des Nahbereichs angesehen worden ist. Dagegen umfasst der von der GKV zu gewährleistende Basisausgleich nicht die Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer, zu bewältigen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 186 - Rollstuhl-Bike II). An diesen Grundsätzen hält der Senat weiterhin fest. Eine weitere Konkretisierung des Nahbereichs im Sinne einer Mindestwegstrecke ist vor dem Hintergrund des sich wandelnden Mobilitätsverhaltens (vgl Kurzfassung des Ergebnisberichts "Mobilität in Deutschland 2008", abrufbar unter www.mobilitaet-in-deutschland.de - recherchiert am 16.5.2011) weder tatsächlich möglich noch zur sachgerechten Anwendung des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V notwendig.

18

Für die Bestimmung des durch Hilfsmittel der GKV zu erschließenden Nahbereichs ist allein der Zweck des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V maßgebend. Dieser liegt in der Sicherstellung der in Satz 1 formulierten Versorgungsziele. Dabei soll mit dem Versorgungsziel des Behinderungsausgleichs (§ 33 Abs 1 Satz 1 Variante 3 SGB V) grundsätzlich eine Gleichstellung des behinderten Menschen mit Nichtbehinderten erreicht werden, wobei allerdings im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleichs kein Gleichziehen mit den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten zu gewährleisten ist, sondern lediglich ein Aufschließen zu den Grundbedürfnissen eines nicht behinderten Menschen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike II), um die Zuständigkeit der GKV von der anderer Träger abzugrenzen. Von dieser Zielsetzung ausgehend sind dem der Zuständigkeitsabgrenzung der GKV von anderen Rehabilitationsträgern dienenden Nahbereich beim mittelbaren Behinderungsausgleich solche Wege zuzuordnen, die räumlich einen Bezug zur Wohnung und sachlich einen Bezug zu den Grundbedürfnissen der physischen und psychischen Gesundheit bzw der selbstständigen Lebensführung aufweisen. In räumlicher Hinsicht ist der Nahbereich auf den unmittelbaren Umkreis der Wohnung des Versicherten beschränkt (vgl zum Zusammenhang zwischen dem Grundbedürfnis auf Mobilität und dem Grundbedürfnis des selbstständigen Wohnens: BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 15). Diese ist Ausgangs- und Endpunkt der zum Nahbereich zählenden Wege, so dass die Mobilität für den Hin- und Rückweg durch Leistungen der GKV sicherzustellen ist. Hierfür sind allerdings nicht die konkreten Wohnverhältnisse des behinderten Menschen maßgebend, weil der Nahbereich ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens konkretisiert und somit die Eignung und Erforderlichkeit des Hilfsmittels als objektive Anspruchsvoraussetzung betrifft. Sachlich umfasst der Nahbereich gesundheitserhaltende Wege, Versorgungswege sowie elementare Freizeitwege. Zu den gesundheitserhaltenden Wegen zählen Entfernungen, die zur Aufrechterhaltung der physischen und psychischen Existenz zurückgelegt werden (zB Besuch von Ärzten und Therapeuten, Aufsuchen der Apotheke). Der Versorgungsweg umschreibt dagegen die Fähigkeit, die Wohnung zu verlassen, um die für die Grundbedürfnisse der selbstständigen Existenz und des selbstständigen Wohnens notwendigen Verrichtungen und Geschäfte (Einkauf, Post, Bank) wahrnehmen zu können. Die Mobilität für Freizeitwege ist in Abgrenzung zu der durch andere Leistungsträger sicherzustellenden Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft jedoch nur durch Leistungen der GKV abzudecken, wenn (und soweit) diese Wege von besonderer Bedeutung für die physische und psychische Gesundheit sind. In diesem Sinne zählen zu den Freizeitwegen Entfernungen, die bewältigt werden müssen, um die körperlichen Vitalfunktionen aufrechtzuerhalten (kurzer Spaziergang an der frischen Luft) und um sich einen für die seelische Gesundheit elementaren geistigen Freiraum zu erschließen (zB Gang zum Nachbarn zur Gewährleistung der Kommunikation oder zum Zeitungskiosk zur Wahrnehmung des Informationsbedürfnisses).

19

g) Dagegen sind die zur rentenversicherungsrechtlichen Wegefähigkeit und zum Nachteilsausgleich "G" entwickelten Maßstäbe aufgrund ihrer abweichenden Zweckbestimmung nicht geeignet, den für das Grundbedürfnis der Erschließung eines körperlichen Freiraums relevanten Nahbereich näher bzw in anderer Weise zu bestimmen.

20

aa) Die Wegefähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung, dh das gesundheitliche Vermögen, viermal am Tag eine Wegstrecke von 500 m in einem Zeitraum von 20 Minuten zurückzulegen (vgl BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 8 RdNr 15; BSG Urteil vom 28.8.2002 - B 5 RJ 12/02 R - RdNr 13), ist ein wesentliches Kriterium für die Erwerbsfähigkeit. Sie betrifft Voraussetzungen für die Gewährung der Versicherungsleistung Rente. Bereits aus diesem Grund ist der für die rentenversicherungsrechtliche Wegefähigkeit geltende Maßstab nicht zur Bestimmung der Leistungspflicht im Bereich der GKV-Rehabilitationsleistungen geeignet. Soweit entsprechend dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" (§ 9 Abs 1 Satz 2 SGB VI) zum Ausgleich einer eingeschränkten Wegefähigkeit Leistungen des Rentenversicherungsträgers zur (beruflichen) Rehabilitation erbracht werden, dienen diese Leistungen dem Zweck, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten bzw gesundheitlich bedingte Erwerbshindernisse zu beseitigen, und verfolgen daher einen erwerbsbezogenen Rehabilitationsansatz (§§ 9 Abs 1 SGB VI; § 6 Abs 1 Nr 4 iVm § 5 Nr 1, 2 SGB IX). Dagegen liegt den von der GKV zu erbringenden Leistungen der medizinischen Rehabilitation ein gesundheitsbezogener Rehabilitationsansatz zugrunde. Mit diesen Leistungen soll eine durch Krankheit bedingte Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abgewendet, beseitigt, gemildert, ausgeglichen, ihre Verschlimmerung verhütet oder ihre Folgen gemildert werden (§ 11 Abs 2 Satz 1 SGB V; § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 SGB IX). In diesem Sinne erschließen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dem Versicherten die Möglichkeiten - im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs allerdings nur in Bezug auf seine Grundbedürfnisse - eines nicht behinderten Menschen. Maßstab ist daher weder der erwerbsfähige noch der aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ggf an der Grenze zur aufgehobenen Erwerbsfähigkeit stehende Versicherte, sondern der nichtbehinderte Mensch, so dass die Bestimmung des Nahbereichs anhand der zur rentenversicherungsrechtlichen Wegefähigkeit entwickelten Kriterien den Leistungsumfang des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in einer mit der Zweckrichtung der Norm nicht zu vereinbarenden Weise verkürzen würde.

21

bb) Der für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs mit dem Merkzeichen "G" geltende (Mobilitäts-)Maßstab kann aufgrund seiner abweichenden Zweckbestimmung ebenfalls nicht zur Konkretisierung des Nahbereichs herangezogen werden. Das Merkzeichen "G" wird zuerkannt, wenn infolge einer Einschränkung des Gehvermögens Wegstrecken im Ortsverkehr, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren bewältigt werden können (§ 146 Abs 1 Satz 1 SGB IX), wobei die "Wegstrecken im Ortsverkehr" von der Rechtsprechung iS einer Länge von bis zu 2 km bei einer Gehdauer von 30 Minuten konkretisiert worden sind (so schon BSGE 62, 273, 274 ff = SozR 3870 § 60 Nr 2 S 3 ff). Mit dem Merkzeichen "G" sollen Mehraufwendungen ausgeglichen werden, die einem gehbehinderten Menschen dadurch entstehen, dass er öfter als ein nicht behinderter Mensch - nämlich auch für kürzere und üblicherweise zu Fuß zu bewältigende Wegstrecken - auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen ist (BT-Drucks 8/2453, S 11 zu § 59 SchwbG; BSGE 62, 273, 276 f = SozR 3870 § 60 Nr 2 S 4; Dreher, ZfS 1986, 65, 67). Maßstab für die Gewährung des Nachteilsausgleichs ist damit zwar - ebenso wie bei den von der GKV zu erbringenden Leistungen - der nichtbehinderte Mensch. Allerdings gehen die mit der Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" verbundenen Vergünstigungen (unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr - § 145 iVm § 147 Abs 1 SGB IX) über den engeren Umkreis der Wohnung des behinderten Menschen hinaus, weil zum einen die den Ausgleich begründenden Wegstrecken nicht zwingend von der eigenen Wohnung ausgehen bzw zu ihr hinführen (Dreher, ZfS 1986, 65, 67) und zum anderen mit dem Merkzeichen "G" nicht nur Mobilitätsdefizite im Nahbereich der Wohnung, sondern darüber hinaus auch solche in Bezug auf Arbeitswege und Freizeitwege jeglicher Art ausgeglichen werden. Mit dem Merkzeichen "G" werden Nachteile des behinderten Menschen im Hinblick auf die "nahezu unbegrenzten Möglichkeiten" und nicht nur die Grundbedürfnisse eines nicht behinderten Menschen ausgeglichen. Für die Zuerkennung dieses Merkzeichens ist ein über den gesundheitsbezogenen Ansatz des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V hinausgehender teilhabebezogener Rehabilitationsansatz maßgebend. Infolgedessen ist im Rahmen des Nachteilsausgleichs "G" die Wegstrecke und somit die Entfernung im Sinne einer Mindestwegstrecke für die Leistungspflicht ausschlaggebend (Dreher, ZfS 1986, 65, 68 f), während im Anwendungsbereich des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V die Wegeart, dh der mit der Zurücklegung des Weges verbundene Zweck im Sinne des Mobilitätsziels, leistungsrechtlich von Bedeutung ist.

22

5. Hiervon ausgehend eröffnet das Rollstuhl-Bike dem behinderten Menschen grundsätzlich eine dem Radfahren vergleichbare und somit über den nach den dargelegten Grundsätzen (vgl unter 4. e und f) bestimmten Nahbereich hinausgehende Mobilität. Denn mit dem Rollstuhl-Bike können nicht nur die im Nahbereich der Wohnung liegenden Ziele erreicht, sondern darüber hinaus auch Arbeitswege und Freizeitwege jeglicher Art bewältigt werden. Allerdings sind Hilfsmittel, die dem Versicherten eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität ermöglichen, im Einzelfall gleichwohl von der Krankenkasse zu gewähren, wenn besondere qualitative Momente dieses "Mehr" an Mobilität erfordern. Solche besonderen qualitativen Momente liegen zB vor, wenn der Nahbereich ohne das begehrte Hilfsmittel nicht in zumutbarer Weise erschlossen werden kann oder wenn eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität zur Wahrnehmung eines anderen Grundbedürfnisses notwendig ist. So ist etwa die Erschließung des Nahbereichs ohne das begehrte Hilfsmittel unzumutbar, wenn Wegstrecken im Nahbereich nur unter Schmerzen oder nur unter Inanspruchnahme fremder Hilfe bewältigt werden können (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 24 - Elektrorollstuhl)oder wenn die hierfür benötigte Zeitspanne erheblich über derjenigen liegt, die ein nicht behinderter Mensch für die Bewältigung entsprechender Strecken zu Fuß benötigt. Andere Grundbedürfnisse, die eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität erfordern, sind vom Senat in der Integration von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 10 RdNr 16 - Reha-Kinderwagen; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 S 258 f - Therapiedreirad; SozR 3-2500 § 33 Nr 27 S 158 f - Rollstuhl-Bike I) sowie in der Erreichbarkeit von Ärzten und Therapeuten bei Bestehen einer besonderen gesundheitlichen Situation (BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 RdNr 13 ff - schwenkbarer Autositz II)gesehen worden. Zur Beantwortung der Frage, ob besondere qualitative Umstände ausnahmsweise die Gewährung eines Rollstuhl-Bikes erfordern, sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls maßgebend.

23

6. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine über den Nahbereich hinausreichende Mobilität zur Verwirklichung eines anderen Grundbedürfnisses des 1968 geborenen Klägers notwendig ist. Allerdings reichen die vom LSG festgestellten Tatsachen nicht aus, um abschließend auch beurteilen zu können, ob der Kläger den Nahbereich ohne das begehrte Rollstuhl-Bike in zumutbarer Weise erschließen kann.

24

a) Zum einen fehlen ausreichende Feststellungen zum mobilitätsbezogenen körperlichen Leistungsvermögen des Klägers. Die insoweit vom LSG festgestellten medizinischen Tatsachen sind ausgehend von dem in Anlehnung an die rentenversicherungsrechtliche Wegefähigkeit gewählten Mobilitätsmaßstab und somit in einem für die Rechtsauffassung des Senats nicht genügenden Umfang ermittelt worden. Zudem sind diese Feststellungen teilweise widersprüchlich und daher für den Senat nicht bindend iS des § 163 SGG(zur fehlenden Bindungswirkung bei unklaren oder widersprüchlichen Feststellungen: BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 21 S 83; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 139 S 449). So hat das LSG im Tatbestand seines Urteils unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten ua festgestellt, der Kläger könne je nach Tagesform und Bodenbeschaffenheit eine Strecke von 500 bis 1000 m mit dem Aktivrollstuhl ohne Pause bewältigen, während es in demselben Absatz (Urteilsumdruck S 4, 3. Absatz) ausführt, der Kläger benötige für Strecken über 500 m eine Pause. Zur Notwendigkeit dieser Pausen heißt es sodann, der Sachverständige halte Pausen zwischen den zumutbar zurücklegbaren Wegen von fünf Minuten für erforderlich, während der Kläger selbst nur von maximal 40 Sekunden ausgehe (Urteilsumdruck S 12, 3. Absatz). Ungeachtet dieser Widersprüche wird unter Zugrundelegung des vom Senat für die Bestimmung des Nahbereichs gewählten Maßstabes festzustellen sein, welche Wegstrecken der Kläger mit den vorhandenen Hilfsmitteln am Stück zurücklegen kann, welche Strecke nach einer Pause erneut bewältigt werden kann sowie ob und in welchem Umfang sich die nach einer Pause fortgesetzte Wegstrecke verkürzt bzw sich die Pausen verlängern.

25

b) Zum anderen besteht Unklarheit darüber, unter welchen Umständen dem Kläger die Fortbewegung im Nahbereich möglich ist. Insoweit wird in medizinischer Hinsicht aufzuklären sein, ob bzw ab welcher Strecke die Fortbewegung zu gesundheitlichen Beschwerden iS von Schmerzen, Verkrampfungen uä führt und von welcher Intensität die Beschwerden sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu ermitteln, ob die vom Kläger bei der Fortbewegung mit dem Aktivrollstuhl beschriebenen Beschwerden bei der Nutzung eines Rollstuhl-Bikes in gleicher Weise zu erwarten sind oder ob mit dessen Verwendung ein für das klägerische Krankheitsbild günstigerer Bewegungsablauf verbunden ist.

26

Sollten die nachzuholenden Ermittlungen ergeben, dass der Kläger - unabhängig von seinem konkreten Wohnumfeld - gesundheitlich in der Lage ist, eine Wegstrecke von 500 m bis 1000 m am Stück zurückzulegen und nach jeweils einer kurzen Pause wiederum entsprechende Strecken zu bewältigen und ist ihm diese Fortbewegung schmerzfrei und ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich, kann von einer zumutbaren Erschließung des Nahbereichs ausgegangen werden. Sollten die weiteren Ermittlungen indes ergeben, dass der Kläger sich den Nahbereich in vorbezeichneter Weise mit der vorhandenen Hilfsmittelausstattung nicht zumutbar erschließen kann, müssen im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs 1 SGB V) Feststellungen zu einer ebenso geeigneten, aber möglicherweise kostengünstigeren Alternativversorgung (zB mit einem restkraftunterstützenden Greifreifenantrieb) getroffen werden.

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7. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 - L 5 KR 22/09 - geändert und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20. Januar 2009 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 700 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des klagenden überörtlichen Sozialhilfeträgers gegen die beklagte Krankenkasse auf Erstattung eines Teils der Kosten für einen Aktivrollstuhl nebst Zubehör als Zweitversorgung zwecks Besuchs einer Förderschule.

2

Der im Jahre 1998 geborene, vom LSG nach § 75 Abs 1 SGG beigeladene Versicherte A. P. ist aufgrund erheblicher Funktionseinschränkungen wegen einer spastischen Diplegie dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Beklagte versorgte ihn zuletzt im Jahre 2002 mit einer Sitzschale nach Maß nebst Zimmeruntergestell für den häuslichen Bereich und im Jahre 2005 mit einem Aktivrollstuhl (Modell Brix 1.123).

3

Am 6.5.2005 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten unter Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags die Zweitversorgung mit einem faltbaren Aktivrollstuhl zur Ermöglichung des Besuchs der Städtischen Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung in Olsberg, die er an jedem Schultag von seinem Wohnort Schmallenberg aus aufsucht. Dieser Rollstuhl sollte in der Schule deponiert werden, weil das mit dem Schülerspezialverkehr beauftragte Unternehmen den vorhandenen Rollstuhl mit dem eingesetzten Fahrzeug nicht transportieren konnte. Bis zur Bereitstellung der Zweitversorgung deponierten die Eltern des Beigeladenen den vorhandenen Rollstuhl in der Schule, sodass sich der Beigeladene zu Hause mit dem Zimmeruntergestell und der Sitzschale begnügen musste.

4

Die Beklagte leitete den Leistungsantrag am 9.5.2005 an den nach ihrer Auffassung leistungsrechtlich zuständigen Kläger weiter. Dieser gewährte dem Beigeladenen im Wege der Leihe das begehrte Hilfsmittel unter Hinweis auf seine nachrangige Leistungsverpflichtung als zweitangegangener Rehabilitationsträger gemäß § 14 SGB IX(Bescheid des Klägers vom 29.9.2005) und verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 21.11.2005 die Erstattung der dafür aufgewendeten Kosten in Höhe von 2119,42 Euro. Der von der Beklagten zur Verfügung gestellte Rollstuhl verblieb in der Schule, während der am 27.10.2005 gelieferte zweite Rollstuhl (Modell Junior 2) in der Wohnung des Beigeladenen verwendet wurde.

5

Der Beigeladene wird seit Schuljahresbeginn 2007/2008 im Rollstuhl sitzend zur Schule hin und zurück transportiert. Da seit diesem Zeitpunkt der zweite Rollstuhl entbehrlich ist, aber eine Rückforderung dieses Hilfsmittels aus Sicht des Klägers nicht mehr in Betracht kam, wurde der Erstattungsanspruch während des Berufungsverfahrens mit Rücksicht auf die zweijährige Nutzungsdauer auf 700 Euro beschränkt.

6

Die nach Ablehnung der Erstattung (Schreiben der Beklagten vom 1.12.2005) erhobene Zahlungsklage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 20.1.2009). Das LSG hat auf die Berufung des Klägers das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte zur Zahlung von 700 Euro verurteilt (Urteil vom 13.1.2011): Der Erstattungsanspruch sei nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX iVm § 33 Abs 1 SGB V begründet. Für die Sicherung der Schulfähigkeit des Beigeladenen durch Ermöglichung seiner Teilnahme am Schulunterricht im dazu erforderlichen Rollstuhl sei die Beklagte im Zuge der Hilfsmittelversorgung zum mittelbaren Behinderungsausgleich zuständig gewesen. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht und landesrechtliche Vorschriften von Nordrhein-Westfalen habe die Stadt Olsberg als Schulträger den Schülerspezialverkehr so organisiert, dass die Mitführung von Rollstühlen nicht vorgesehen und mangels ausreichender Ladekapazität auch tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Auch den Eltern des Beigeladenen sei der tägliche Transport des Rollstuhls (einfache Fahrt 35 km) nicht zumutbar gewesen. Der Rollstuhl zähle auch nicht zum Ausstattungsstandard der Förderschule, weil er den besonderen Bedürfnissen des Beigeladenen angepasst und deshalb nicht generell in der Schule verwendbar sei.

7

Mit der vom LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX iVm § 33 Abs 1 SGB V. Es fehle an der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Ausstattung des Beigeladenen mit dem zweiten Aktivrollstuhl, weil der vorhandene Rollstuhl wegen seiner leichten und unproblematischen Transportierbarkeit ohne Weiteres an jedem Schultag morgens in die Schule hätte mitgenommen und nach Schulschluss wieder nach Hause hätte zurückgebracht werden können. Dass der Schulträger hier - im Gegensatz zum Landschaftsverband Rheinland - die Schülerbeförderung in der fraglichen Zeit mit Fahrzeugen organisiert habe, die für die Mitnahme von Rollstühlen tatsächlich nicht geeignet gewesen seien, könne die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht begründen, zumal die landesrechtlichen Vorschriften von Nordrhein-Westfalen einen täglichen Transport des Beigeladenen mit seinem Rollstuhl auf Kosten des Schulträgers zugelassen hätten. Ab Schuljahresbeginn 2007/2008 sei mit dem Wechsel des für den Schülerspezialverkehr beauftragten Unternehmens die Praxis auch geändert worden; seit diesem Zeitpunkt sei der Transport so organisiert, dass die Mitnahme des Rollstuhls immer möglich sei.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.1.2011 - L 5 KR 22/09 - zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Münster vom 20.1.2009 zurückzuweisen.

9

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hat zu Unrecht entschieden, dass dem Kläger ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht; der Beigeladene hatte keinen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf Versorgung mit einem zweiten Aktivrollstuhl zur Ermöglichung des Besuches der Förderschule. Deshalb war das die Klage abweisende Urteil des SG wieder herzustellen.

11

1. Rechtsgrundlage für den vom Kläger als überörtlichem Sozialhilfeträger geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX: "Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach Absatz 1 Satz 2 bis 4 festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften." Diese Erstattungsregelung, die als "lex specialis" zu den allgemeinen Erstattungsansprüchen zwischen Sozialleistungsträgern nach den §§ 102 ff SGB X anzusehen ist und diese deshalb verdrängt(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 10 RdNr 11 mwN), ist hier anwendbar, weil die Beklagte den bei ihr eingereichten Leistungsantrag des Versicherten vom 6.5.2005 als erstangegangener Rehabilitationsträger, der für Leistungen der medizinischen Rehabilitation zuständig ist (§ 5 Nr 1 SGB IX), am 9.5.2005 und damit innerhalb der Prüfungs- und Weiterleitungsfrist des § 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX ("unverzügliche" Weiterleitung, wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Leistungsantrages seine materiellrechtliche Unzuständigkeit festgestellt hat) an den von ihr für zuständig erachteten Kläger als Rehabilitationsträger, der für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuständig ist(§ 5 Nr 4 SGB IX), weitergeleitet hat. Dort ist der Antrag am 11.5.2005 eingegangen, und der Kläger hat das begehrte Hilfsmittel als nunmehr im Außenverhältnis zu dem Beigeladenen zuständiger zweitangegangener Rehabilitationsträger nach Feststellung des Rehabilitationsbedarfs (§ 14 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB IX) auf Leihbasis (§ 33 Abs 1 und Abs 5 Satz 1 SGB V sowie § 31 Abs 1 und Abs 4 Satz 1 SGB IX) bewilligt, wobei er die Beklagte als nach § 33 Abs 1 SGB V materiellrechtlich eigentlich zuständigen Sozialleistungsträger ansah, weil es seiner Ansicht nach um medizinische Rehabilitation geht.

12

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX sind hier jedoch nicht erfüllt, weil der Versicherte die begehrte Leistung von der Beklagten nach den Vorschriften des SGB V als dem für den Bereich der GKV einschlägigen materiellen Recht(§ 7 Satz 2 SGB IX) nicht beanspruchen konnte (§ 33 Abs 1 SGB V). Die Beklagte war für die Zweitversorgung des Beigeladenen mit dem weiteren Aktivrollstuhl nicht leistungspflichtig, weil das Hilfsmittel unter den gegebenen Umständen dieses Falles nicht erforderlich (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V) und deshalb auch krankenversicherungsrechtlich nicht wirtschaftlich war (§ 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V). Die Ausstattung des Beigeladenen durch die Beklagte mit dem ersten Aktivrollstuhl war hier zum mittelbaren Behinderungsausgleich im Bereich der Mobilität ausreichend.

13

a) Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der im - für den Erstattungsanspruch maßgeblichen - Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Kläger geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a aa des Gesetzes zur Modernisierung der GKV (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Variante), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Variante) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Variante), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V (Rechtsverordnung zu Heil- und Hilfsmitteln von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis) ausgeschlossen sind. Die begehrte Zweitversorgung mit einem weiteren Rollstuhl diente hier ersichtlich nicht der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung und auch nicht der Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung, sondern allein dem Ausgleich der Folgen der seit Geburt vorhandenen Behinderungen des Beigeladenen (3. Variante). Der Rollstuhl ist als speziell für das Mobilitätsbedürfnis gehbehinderter Menschen entwickeltes und hergestelltes Hilfsmittel kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und auch nicht durch die Rechtsverordnung nach § 34 Abs 4 SGB V von der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossen. Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V jedoch schon mit der Bereitstellung des ersten Rollstuhls vollständig erfüllt.

14

Grundsätzlich bemisst sich die Leistungspflicht der GKV nach § 33 Abs 1 SGB V gemäß ständiger Rechtsprechung des BSG danach, ob ein Hilfsmittel zum unmittelbaren oder zum mittelbaren Behinderungsausgleich beansprucht wird. Im Vordergrund steht zumeist der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst, wie es zB bei Prothesen, Hörgeräten und Sehhilfen der Fall ist. Bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Daher kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (vgl BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II).

15

Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Fall hat die GKV nur für den Basisausgleich einzustehen; es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl zB § 5 Nr 2 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder § 5 Nr 4 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr, vgl zuletzt etwa BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff - Hörgerätefestbetrag; BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - BSGE 107, 44 = SozR 4-2500 § 33 Nr 31, RdNr 16 f - Treppensteighilfe; BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 32, RdNr 13 - Therapiedreirad II; jeweils mwN). Zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen gehören die körperlichen Grundfunktionen (zB Gehen, Stehen, Sitzen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) sowie die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, wozu auch die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung zählt (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 6 RdNr 12 - Notebook-PC für blinden Schüler).

16

Als solches allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens ist in Bezug auf die Mobilität nur die Erschließung des Nahbereichs um die Wohnung eines Versicherten anerkannt, nicht aber das darüber hinausreichende Interesse an sportlicher Fortbewegung oder an der Erweiterung des Aktionsraums (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 35 - Sportrollstuhl). Maßgebend für den von der GKV insoweit zu gewährleistenden Basisausgleich ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise noch zu Fuß erreicht (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29, 31 und 32 sowie BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1; stRspr). Dazu haben die Krankenkassen die Versicherten so auszustatten, dass sie sich nach Möglichkeit in der eigenen Wohnung bewegen und die Wohnung verlassen können, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike II). Dagegen können die Versicherten - von besonderen zusätzlichen qualitativen Momenten abgesehen - grundsätzlich nicht beanspruchen, den Radius der selbstständigen Fortbewegung in Kombination von Auto und Rollstuhl (erheblich) zu erweitern, auch wenn im Einzelfall die Stellen der Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich liegen, dafür also längere Strecken zurückzulegen sind, welche die Kräfte eines Rollstuhlfahrers möglicherweise übersteigen (BSGE 91, 60 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 16 - Rollstuhl-Ladeboy; ebenso BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 - schwenkbarer Autositz und BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, RdNr 14 - behinderungsgerechter PKW-Umbau; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike II). Ebenso wenig rechnet die sportliche Betätigung ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge zu den Grundbedürfnissen, für die die GKV ihre Versicherten mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich auszustatten hat (vgl etwa BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 2 - Therapie-Tandem bei übersteigertem Bewegungsdrang; zuletzt nochmals bekräftigt mit BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 32 - Therapiedreirad II sowie BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 35 - Sportrollstuhl).

17

Die Einstandspflicht der Krankenkassen für Mobilitätshilfen zum mittelbaren Behinderungsausgleich reicht bei Kindern und Jugendlichen allerdings weiter, wenn dies entweder zum Schulbesuch im Rahmen der Schulpflicht oder zur Integration in der kindlichen und jugendlichen Entwicklungsphase erforderlich ist; darauf hat auch das LSG zutreffend abgestellt. So können die Krankenkassen bei Kindern und Jugendlichen zwar grundsätzlich über die sonst geltenden Grenzen hinaus zur Gewährung von Hilfsmitteln verpflichtet sein, soweit es zur Herstellung oder Sicherung der Schulfähigkeit eines Schülers bzw dem Erwerb einer elementaren Schulausbildung oder zur Förderung ihrer Integration in den Kreis gleichaltriger Kinder und Jugendlicher erforderlich ist. Das hat das BSG bereits früh für den Schulweg (Urteil vom 2.8.1979, SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl) und den Schulsport (Urteil vom 22.7.1981, SozR 2200 § 182 Nr 73 - Sportbrille) entschieden und später auf alle sächlichen Mittel erstreckt, die einem behinderten Kind oder Jugendlichen die Teilnahme am gesetzlich vorgeschriebenen allgemeinbildenden Unterricht ermöglichen (Urteil vom 26.5.1983, SozR 2200 § 182b Nr 28 - Mikroportanlage; Urteil vom 6.2.1997, SozR 3-2500 § 33 Nr 22 - behinderungsgerecht ausgestatteter PC; Urteil vom 30.1.2001, SozR 3-2500 § 33 Nr 40 - kein Notebook für Jurastudium; Urteil vom 22.7.2004, SozR 4-2500 § 33 Nr 6 - Notebook-PC für blinden Schüler). Mit gleicher Zielrichtung hat der Senat dies später auf diejenigen Hilfsmittel erstreckt, die eine Teilnahme an den allgemein üblichen Freizeitbetätigungen Gleichaltriger ermöglichen sollen (Urteil vom 16.4.1998, SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike I; Urteil vom 23.7.2002, SozR 3-2500 § 33 Nr 46 - behindertengerechtes Dreirad). Als nicht ausreichend angesehen wurde aber auch bei Kindern oder Jugendlichen einerseits die sportliche Betätigung im Familienkreis (vgl zuletzt BSG Urteil vom 12.8.2009, SozR 4-2500 § 33 Nr 25 - Rollfiets) und zum anderen das Bedürfnis nach sportlicher Betätigung an sich (vgl etwa BSG Urteil vom 26.3.2003, SozR 4-2500 § 33 Nr 2 - Therapie-Tandem bei übersteigertem Bewegungsdrang).

18

b) Nach diesen Grundsätzen, die der erkennende Senat in seinem Urteil vom 18.5.2011 (B 3 KR 10/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 35 vorgesehen) nochmals zusammengefasst hat, hätte der Beigeladene die Zweitversorgung mit dem weiteren Rollstuhl nur dann auf Kosten der GKV verlangen können, wenn der bereits vorhandene Rollstuhl nicht oder nur unter einem unzumutbaren Aufwand an jedem Schultag von der Wohnung zu der Förderschule in Olsberg und zurück hätte transportiert werden können und deshalb das allgemeine Grundbedürfnis des Beigeladenen auf Sicherung seiner Schulfähigkeit und Ermöglichung der Teilnahme am Unterricht im Zuge der Schulpflicht hier nicht gewährleistet gewesen wäre. Nur unter solchen widrigen Umständen wäre die Zweitversorgung "im Einzelfall erforderlich" gewesen. Das war hier nicht der Fall.

19

aa) Allerdings ergibt sich der Ausschluss der Zweitversorgung auf Kosten der GKV nicht bereits aus der durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (§ 91 SGB V, ab 1.1.2004: Gemeinsamer Bundesausschuss) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erlassenen Richtlinie über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung(HilfsM-RL in der hier maßgeblichen Fassung vom 19.10.2004, BAnz Nr 2 vom 5.1.2005, S 89), die nach § 91 Abs 9 SGB V in der bis zum 30.6.2008 gültigen - und hier maßgeblichen - Fassung des GMG und ebenso nach § 91 Abs 6 SGB V in der ab 1.7.2008 gültigen Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) für die Versicherten, die Krankenkassen und die Leistungserbringer unmittelbar verbindlich ist. Die Zweitversorgung wäre im vorliegenden Fall durch die HilfsM-RL nicht generell ausgeschlossen, sodass ein zur Rechtswidrigkeit einer Regelung der HilfsM-RL führender Verstoß gegen höherrangiges Recht von vornherein ausscheidet, der vorliegen würde, wenn ein nach § 33 SGB V begründeter Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel durch eine solche Regelung der HilfsM-RL ausgeschlossen wäre. Deshalb bedurfte es an dieser Stelle keiner abschließenden Entscheidung zu der Frage, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen Leistungsbegrenzungen im Bereich der Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 33 SGB V) in der HilfsM-RL überhaupt angeordnet werden dürfen. Nach Abschnitt A III Nr 21 der HilfsM-RL vom 17.6.1992 (BAnz Nr 183 b vom 29.9.1992), die nach Maßgabe späterer Änderungen bis zum 6.2.2009 gültig war und hier einschlägig ist (ab 7.2.2009 gilt die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom 16.10.2008, BAnz Nr 61 vom 6.2.2009, S 462), konnte eine Mehrfachversorgung mit funktionsgleichen Hilfsmitteln an sich nur dann verordnet werden, wenn dies aus hygienischen Gründen notwendig oder aufgrund besonderer Beanspruchung durch den Versicherten zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Beides ist hier nicht der Fall.

20

Diese Bestimmung war jedoch nicht als abschließend zu verstehen, weil sie ersichtlich lückenhaft ist und der sich aus § 33 SGB V ergebenden Rechtslage nur unvollkommen entspricht, bei rein wörtlicher Auslegung also rechtswidrig und damit unwirksam wäre. Eine Mehrfachversorgung mit einem Hilfsmittel kann im Einzelfall zB auch wegen fehlender oder unzumutbarer Transportierbarkeit eines Hilfsmittels sowie aus sonstigen medizinischen oder technischen Gründen in Betracht kommen. Die Lückenhaftigkeit der Regelung hat auch der Gemeinsame Bundesausschuss erkannt und deshalb mit Wirkung ab 7.2.2009 unter Abschnitt A § 6 Abs 7 folgende Vorschrift in die HilfsM-RL nF vom 16.10.2008 aufgenommen: "Eine Mehrfachausstattung mit Hilfsmitteln kann nur dann verordnet werden, wenn dies aus medizinischen, hygienischen oder sicherheitstechnischen Gründen notwendig oder aufgrund der besonderen Beanspruchung durch den Versicherten zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Als Mehrfachausstattung sind funktionsgleiche Hilfsmittel anzusehen. Hinweise hierzu ergeben sich aus dem Hilfsmittelverzeichnis." Diese Vorschrift stellt lediglich eine Klarstellung der nach § 33 SGB V ohnehin bestehenden Rechtslage dar, ist also nicht als konstitutive Regelung zu verstehen. Demgemäß ist diese Vorschrift in entsprechender Weise auch auf die HilfsM-RL vom 17.6.1992 und deren lückenhafte Regelung in Abschnitt A III Nr 21 anzuwenden. Dies gilt im vorliegenden Zusammenhang umso mehr, als sich die grundsätzliche Möglichkeit der Zweitversorgung zur Sicherung der Schulfähigkeit eines Schülers auch aus dem Hilfsmittelverzeichnis (§ 139 SGB V) ergibt, das zur Konkretisierung der Verordnungsfähigkeit von Hilfsmitteln stets heranzuziehen ist, wie sich nunmehr auch aus Abschnitt A § 6 Abs 7 Satz 3 HilfsM-RL nF ausdrücklich ergibt. So findet sich im Hilfsmittelverzeichnis, auf das auch schon die HilfsM-RL vom 17.6.1992 mehrfach Bezug genommen hat (vgl Abschnitt A II Nr 8 und 8.2), in der Produktgruppe 18 unter Ziffer 3.1 eine Sonderregelung, wonach bei Kindern und Jugendlichen neben dem für den ständigen Gebrauch zu Hause zu gewährenden Kranken- oder Behindertenfahrzeug im Bedarfsfall ein weiteres für den außerhäuslichen Gebrauch zur Verfügung gestellt werden kann, um die Fortbewegung im Schulbereich sicherzustellen. Die Begriffe "Bedarfsfall" und "Erforderlichkeit im Einzelfall" sind inhaltsgleich.

21

bb) Die Möglichkeit der Zweitversorgung zu Lasten der GKV scheidet hier jedoch aus, weil ein "Bedarfsfall" nicht vorliegt. Der Ausschluss der Zweitversorgung auf Kosten der GKV ergibt sich aus der jederzeitigen Transportierbarkeit des Rollstuhls unter für den Beigeladenen zumutbaren Bedingungen. Zwar enthält das Berufungsurteil keine ausdrücklichen Feststellungen des LSG zu der Frage, ob der im Jahre 2005 bereitgestellte Aktivrollstuhl des Fabrikats "Brix 1.123" für die ständige Mitnahme zu Einsatzorten außerhalb der Wohnung konzipiert ist. Allerdings ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beigeladene seit dem Schuljahresbeginn 2007/2008 in diesem Rollstuhl sitzend zur Schule und zurück transportiert wird und der vom Kläger gewährte zweite Rollstuhl seit diesem Zeitpunkt praktisch nicht mehr benötigt wurde, dass die Erstausstattung jederzeit zum Transport geeignet war. Dass der Versicherte hierfür Hilfe benötigt (zB durch die Eltern, den Schulbusfahrer, den Schulbusbegleiter oder Mitarbeiter der Schule), ist unerheblich, weil er auch für das Umsetzen vom Rollstuhl in das Fahrzeug und vom Fahrzeug in den zweiten Rollstuhl die Hilfe Dritter benötigte, er durch die Zweitversorgung also nicht von fremder Hilfe unabhängig geworden wäre.

22

Nicht ausschlaggebend ist hingegen der Umstand, dass der Rollstuhl des Beigeladenen seinerzeit mit dem vom Schulträger organisierten Schülerspezialverkehr tatsächlich nicht transportiert worden ist und mangels ausreichender Ladekapazität der eingesetzten Fahrzeuge auch nicht hätte mitgenommen werden können. Wäre der Schülerspezialverkehr mit Fahrzeugen organisiert worden, die über eine ausreichende Ladekapazität verfügen, wie es im Bereich des Landschaftsverbands Rheinland seit jeher der Fall ist, hätte es der Zweitversorgung nicht bedurft. Der vom Schulträger zu verantwortende "Mangel" des Schülerspezialverkehrs führt nicht zu einem Anspruch des Beigeladenen gegen die GKV auf Zweitversorgung, sodass der geltend gemachte Erstattungsanspruch des Klägers als überörtlicher Sozialhilfeträger nicht begründet ist.

23

cc) Der tägliche Transport des Rollstuhls wäre auch unter für den Beigeladenen zumutbaren Bedingungen möglich gewesen. Ein Schulträger in Nordrhein-Westfalen hat grundsätzlich auch die aus der Mitnahme für den Schulbesuch erforderlicher Hilfsmittel resultierenden Mehrkosten zu tragen. Einer gesonderten Vorschrift über die Berechtigung gehunfähiger Schülerinnen und Schüler, auf Kosten des Schulträgers den erforderlichen Rollstuhl täglich vom Wohnort zur Schule und zurück transportieren zu lassen, bedurfte es nicht. Die dem entgegenstehende Auslegung des Landesrechts von Nordrhein-Westfalen durch das LSG ist für den erkennenden Senat nicht verbindlich (§ 162 SGG), weil sie auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. Der Senat ist daher an der eigenständigen Auslegung des einschlägigen Landesrechts nicht gehindert.

24

Nach § 92 Abs 1 Satz 1 iVm § 94 Abs 1 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG) vom 15.2.2005 (GV NRW 2005, 102), das am 1.8.2005 in Kraft getreten ist (§ 133 Abs 1 Satz 1 SchulG), gehören zu dem vom Schulträger zu tragenden Sachkosten auch die Schülerfahrkosten. Gemäß § 97 Abs 1 Satz 1 SchulG werden Schülerinnen und Schüler der allgemein bildenden Schulen(§§ 11, 14 bis 18 SchulG), der Förderschulen (§ 20 SchulG), der Schule für Kranke (§ 21 SchulG) und des Berufskollegs in Vollzeitform (§ 22 SchulG), die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben, die Kosten erstattet, die für ihre wirtschaftlichste Beförderung zur Schule und zurück notwendig entstehen. Die Anforderungen an die wirtschaftlichste Beförderung, die Entfernungen und die sonstigen Umstände, bei denen Fahrkosten notwendig entstehen, Voraussetzungen und Höchstbetrag für die Erstattung und für den zumutbaren Eigenanteil sowie Ausnahmen für schwerbehinderte Schülerinnen und Schüler und für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind in der nach § 97 Abs 4 SchulG zu erlassenden Rechtsverordnung zu regeln. Zur Ausführung dieser Verordnungsermächtigung hat das zuständige Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen die Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) vom 16.4.2005 (GV NRW 2005, 420) erlassen, die ebenfalls am 1.8.2005 in Kraft getreten ist (§ 21 Abs 1 Satz 1 SchfkVO). Danach sind Schülerfahrkosten die Kosten, die für die wirtschaftlichste, der Schülerin oder dem Schüler zumutbare Art der Beförderung zu den Schulen im Sinne von § 97 SchulG und zurück notwendig entstehen(§ 1 SchfkVO, inhaltlich wiederholt in § 5 Abs 1 und § 12 Abs 1 und 4 SchfkVO). Dabei entscheidet der Schulträger über die Art und den Umfang der Schülerbeförderung; eine Pflicht zur Beförderung obliegt ihm jedoch nicht (§ 3 SchfkVO). Der Schulträger der besuchten Schule übernimmt die Schülerfahrkosten auf Antrag unabhängig vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Schülerin oder des Schülers (Schulträgerprinzip), wobei er auch über das zweckmäßigste Verfahren zu entscheiden hat (§ 4 Abs 1 SchfkVO). Dabei kommen nach § 12 Abs 2 SchfkVO drei Varianten für die wirtschaftlichste Beförderung in Betracht: Öffentliche Verkehrsmittel, durch den Schulträger angemietete geeignete Kraftfahrzeuge eines zuverlässigen Beförderungsunternehmers bzw geeignete Kraftfahrzeuge des Schulträgers (Schülerspezialverkehr) oder von den Eltern oder der Schülerin oder dem Schüler gestellte bzw angemietete Fahrzeuge (Privatfahrzeuge). Ist die Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit Schülerspezialverkehren nicht möglich oder ist die Benutzung dieser Verkehrsmittel nicht zumutbar (§ 13 Abs 2 bis 4 SchfkVO), so hat der Schulträger die Kosten einer Beförderung mit Privatfahrzeugen (einschließlich Taxen und Mietwagen) nach § 16 SchfkVO zu tragen, sofern nur durch diese Art der Beförderung der regelmäßige Schulbesuch gewährleistet ist(§ 15 Abs 1 SchfkVO). Dabei entscheidet der Schulträger jeweils im Einzelfall über die wirtschaftlichste Form der Beförderung (§ 12 Abs 3 SchfkVO).

25

Soweit hiernach der Schulträger beim Schülerspezialverkehr die Mitnahme von Rollstühlen tatsächlich nicht vorgesehen oder eine zu geringe Ladekapazität bereitgestellt hat, sind der Schüler bzw seine Eltern berechtigt, die Fahrten in Privatfahrzeugen zu organisieren (§ 12 Abs 2 Nr 3 SchfkVO), bei denen der Rollstuhl mitgenommen werden kann. Hierzu gehören auch Fahrten mit für den Rollstuhltransport geeigneten Taxen und Mietfahrzeugen, wie sich aus § 15 Abs 1 SchfkVO ergibt. Nur die Möglichkeit der jederzeitigen Mitnahme des Rollstuhls erfüllt die Kriterien einer wirtschaftlichen Beförderung gehunfähiger Schüler "unter zumutbaren Bedingungen" (§ 1, § 12 Abs 4, § 15 Abs 1 SchfkVO). Deshalb ist auch der Einwand unbegründet, in der SchfkVO finde sich keine gesonderte Regelung über die Mitnahme von für den Schulbesuch erforderlichen medizinischen Hilfsmitteln. Eine solche Regelung hätte zudem nur deklaratorischen Charakter, zumal sich die Transportpflicht mittelbar auch schon aus dem Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen (Art 3 Abs 3 Satz 2 GG) ergibt.

26

c) Mit dieser Entscheidung setzt sich der erkennende Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteil des damaligen 11. Senats des BSG vom 2.8.1979 (11 RK 7/78 - SozR 2200 § 182b Nr 13), der in einem ähnlich gelagerten Fall den Anspruch eines Schülers auf Versorgung mit einem zweiten Rollstuhl für den Schulbesuch bejaht hatte. Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf diese Entscheidung, weil nach den Gegebenheiten des damaligen Falles die tägliche Transportierbarkeit des vorhandenen Rollstuhls unter für den Versicherten zumutbaren Bedingungen verneint worden war. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der 11. Senat, der seinerzeit noch für Streitigkeiten aus der landwirtschaftlichen Krankenversicherung zuständig war, heutzutage für diesen Bereich nicht mehr zuständig ist und der erkennende Senat die alleinige Zuständigkeit für die Streitigkeiten über die krankenversicherungsrechtliche Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln (§ 33 SGB V, § 31 SGB IX)besitzt.

27

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 GKG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Anschaffungskosten für ein Rollstuhl-Bike.

2

Der 1968 geborene Kläger leidet seit einem Fahrradunfall mit contusio spinalis (traumatische Rückenmarksschädigung) an einer inkompletten Querschnittslähmung. Er ist mit einem manuell zu bewegenden Rollstuhl (Aktivrollstuhl), einem Rollator und Unterarmgehstützen versorgt. Im März 2005 beantragte er unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der Firma S. GmbH und einer vertragsärztlichen Verordnung die Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike. Die beklagte Krankenkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die vorhandene Hilfsmittelversorgung des Klägers sei ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (Bescheid vom 26.4.2005; Widerspruchsbescheid vom 20.9.2005). Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten für das zwischenzeitlich selbstbeschaffte Rollstuhl-Bike in Höhe von 2619,81 Euro (Rechnung vom 10.6.2005) zu erstatten (Urteil vom 22.1.2009). Der Kläger könne mit dem Aktivrollstuhl lediglich eine zwischen 500 und 1000 m liegende Wegstrecke zurücklegen, was nach allgemeiner Lebenserfahrung zur Erschließung des Nahbereichs der Wohnung im Rahmen des allgemeinen Grundbedürfnisses auf Mobilität nicht ausreiche. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.6.2010). Das Rollstuhl-Bike sei zur Gewährleistung des allgemeinen Grundbedürfnisses auf Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums im Sinne des in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fallenden Basisausgleichs nicht erforderlich. Der Nahbereich der Wohnung beschreibe den Radius, den sich ein behinderter Versicherter noch mittels eines Aktivrollstuhls erschließen können müsse. Dies könne unter Rückgriff auf den für die Wegefähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Grenzwert von 500 m konkretisiert werden. Der Kläger sei nach den gutachterlichen Feststellungen selbst bei schlechter Tagesform in der Lage, in einem zeitlichen Rahmen von 20 Minuten eine deutlich über 500 m liegende Strecke mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl zu bewältigen. Dies sei zur Verwirklichung des Grundbedürfnisses auf Mobilität ausreichend.

3

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V). Das Rollstuhl-Bike sei im vorliegenden Einzelfall zum Ausgleich seiner Behinderung erforderlich, weil er aufgrund einer Kombination aus dauerhafter Behinderung und belastungsbedingt akuter Verschlechterung der Bewegung im Bereich der oberen Extremitäten nicht in der Lage sei, mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl den Nahbereich der Wohnung ohne übermäßige Anstrengung und schmerzfrei zu erschließen und damit sein allgemeines Grundbedürfnis auf Mobilität zu verwirklichen. Die abweichende Beurteilung des Leistungsanspruchs durch das LSG beruhe auf einer unzulässigen Übertragung eines nur für die Wegefähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Maßstabs. Allerdings sei selbst bei Anlegung dieses unzutreffenden Maßstabs seine Versorgung mit dem Rollstuhl-Bike erforderlich, weil er nicht in der Lage sei, eine Wegstrecke von 500 m in normalem Rollstuhltempo innerhalb von 20 Minuten zu bewältigen.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 22. Januar 2009 zurückzuweisen.

5

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die bisher vom LSG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über das auf Kostenerstattung gerichtete Klagebegehren entscheiden zu können.

7

1. Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX. Danach ist die Krankenkasse als Träger der medizinischen Rehabilitation zur Erstattung der Kosten für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung ua dann verpflichtet, wenn sie diese zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 9 mwN). Die Frage, ob die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde, ist nach dem für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsrecht - für Leistungen der GKV somit nach den Bestimmungen des SGB V - zu beurteilen.

8

2. Maßgebende Vorschrift für die Leistungspflicht der GKV im Bereich der Hilfsmittelversorgung ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung, dh der Rechnungslegung am 10.6.2005 (zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einem Kostenerstattungsanspruch vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 10), geltenden Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190). Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung im Hinblick auf "die Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen. Hingegen ist weder die vertragsärztliche Verordnung (§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V) des begehrten Hilfsmittels noch seine Listung im Hilfsmittelverzeichnis (§ 139 SGB V) verbindlich für die Leistungspflicht der Krankenkasse (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 10 mwN).

9

Hiervon ausgehend ist das als Hilfsmittel zu qualifizierende Rollstuhl-Bike (vgl dazu unter 3.) zwar grundsätzlich nicht zur Sicherstellung der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele erforderlich(vgl dazu unter 4.), weil es dem Versicherten eine Mobilität ermöglicht, die über den durch Leistungen der GKV zu gewährleistenden Bereich der medizinischen Rehabilitation hinausgeht. Allerdings kann anhand der vom LSG festgestellten und den Senat bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) - insbesondere in medizinischer Hinsicht - nicht abschließend entschieden werden, ob im vorliegenden Einzelfall besondere qualitative Umstände vorliegen, die gleichwohl eine Leistungspflicht der Krankenkasse für das Rollstuhl-Bike begründen (vgl dazu unter 5. und 6.).

10

3. Einem Rollstuhl-Bike kann in Bezug auf erwachsene Versicherte nicht bereits - wie vom LSG angedeutet, aber mangels Entscheidungsrelevanz offen gelassen - die Eigenschaft als Hilfsmittel abgesprochen werden. Hilfsmittel iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V sind alle sächlichen Mittel, die den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine bestehende Behinderung ausgleichen, selbst dann, wenn ihre Anwendung durch den Versicherten selbst sicherzustellen ist(BSGE 88, 204 = SozR 3-2500 § 33 Nr 41; BSGE 87, 105, 108 f = BSG SozR 3-2500 § 139 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 39 S 220). Diese Voraussetzungen erfüllt das Rollstuhl-Bike, denn die Hilfsmitteleigenschaft wird allein nach objektiven Kriterien bestimmt. Personenbezogene Merkmale - wie zB das Alter des Versicherten - sind hierfür nicht maßgebend. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Senatsentscheidung vom 16.9.1999 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185), wonach "ein Rollstuhl-Bike für Personen im Erwachsenenalter kein Hilfsmittel der gesetzlichen KV" ist. Mit dieser Aussage wollte der Senat nicht die Hilfsmitteleigenschaft des Rollstuhl-Bikes für erwachsene Versicherte in Frage stellen, sondern nur dessen Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der Versorgungsziele des § 33 SGB V im Einzelfall beurteilen.

11

4. Grundsätzlich ist ein Rollstuhl-Bike als Hilfsmittel der GKV nicht zur Gewährleistung der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele - hier des Behinderungsausgleichs(§ 33 Abs 1 Satz 1 Variante 3 SGB V) - erforderlich. Der Behinderungsausgleich hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen:

12

a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 mwN - Badeprothese). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSG aaO; vgl auch BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8 RdNr 4 mwN - C-leg-Prothese). Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- und Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 - Badeprothese).

13

b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V, § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (zum mittelbaren Behinderungsausgleich zuletzt: BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 18 mwN). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher von der GKV nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr zuletzt: BSG Urteile vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 13 ff mwN). Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 aaO und Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - aaO, jeweils mwN).

14

c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelt es sich im vorliegenden Fall um den mittelbaren Behinderungsausgleich, weil durch das begehrte Hilfsmittel nicht das Gehen selbst ermöglicht wird, sondern lediglich die Folgen einer Funktionsbeeinträchtigung der Beine - hier in Form des eingeschränkten Geh- und Stehvermögens - ausgeglichen werden sollen.

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d) Das hier betroffene Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums umfasst die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich (BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 20 ff mwN). Anknüpfungspunkt für die Reichweite des Nahbereichs der Wohnung ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklegt (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 15 - Elektrorollstuhl). Dies entspricht dem Umkreis, der mit einem vom behinderten Menschen selbst betriebenen Aktivrollstuhl erreicht werden kann (vgl zu diesem Maßstab BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 28 S 163 - Therapie-Tandem II; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25 S 141 - Therapie-Tandem I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7 S 26 - Rollstuhl-Boy). Die in früheren Entscheidungen angedeutete Möglichkeit, dass "zwischen dem durch einen Selbstfahrrollstuhl regelmäßig eröffneten Freiraum und den Entfernungen, die ein Gesunder auch bei eingeschränktem Gesundheitszustand vor allem im ländlichen Bereich zu Fuß zurücklegt, eine Lücke besteht, die ebenfalls noch den Grundbedürfnissen zuzurechnen ist" (so noch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7 S 27 - Rollstuhl-Boy), hat der Senat nicht weiter verfolgt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike II).

16

e) Für die Bestimmung des Nahbereichs gilt ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnortes unabhängiger Maßstab (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 21 RdNr 14 - Kraftknoten; BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, RdNr 17 - behinderungsgerechter PKW). Dem steht weder entgegen, dass nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V Hilfsmittel zu gewähren sind, wenn sie "im Einzelfall erforderlich sind", noch dass nach § 33 SGB I bei der Ausgestaltung von Rechten nach dem SGB "die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten" berücksichtigt werden müssen. Die Frage, ob ein Hilfsmittel der Sicherung menschlicher Grundbedürfnisse dient, betrifft dessen Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Versorgungsziele. Diese Eignung und Erforderlichkeit zählt ebenso wie die Hilfsmitteleigenschaft und das Nichtvorliegen der in § 33 Abs 1 Satz 1, Halbs 2 SGB V formulierten Ausschlusstatbestände zu den objektiven, dh unabhängig vom konkreten Einzelfall zu beurteilenden Anspruchsvoraussetzungen. Hierfür ist allein die Zielsetzung des § 33 SGB V und somit die Abgrenzung der Leistungspflicht der GKV von der anderer Träger nach einem abstrakt-aufgabenbezogenen Maßstab ausschlaggebend. Die Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung "im Einzelfall" ist dagegen - ebenso wie deren Wirtschaftlichkeit - eine subjektbezogene Anspruchsvoraussetzung, die nach einem konkret-individuellen Maßstab beurteilt wird. Der in § 33 SGB I normierte Individualisierungsgrundsatz ist für den die Anspruchsvoraussetzungen des § 33 SGB V betreffenden Nahbereich bereits deshalb ohne Bedeutung, weil er ausschließlich für die Ausgestaltung sozialer Rechte gilt, seine Anwendung mithin auf die Rechtsfolgenseite einer im SGB geregelten Anspruchsgrundlage beschränkt ist(BSG SozR 4-7610 § 362 Nr 1 RdNr 11 f).

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f) Der Nahbereich wurde in der bisherigen Senatsrechtsprechung nicht im Sinne einer Mindestwegstrecke bzw einer Entfernungsobergrenze festgelegt, sondern lediglich beispielhaft im Sinne der Fähigkeit konkretisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (stRspr, erstmals BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike II; zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 15 - Barcodelesegerät); wobei allerdings die Fähigkeit, eine Wegstrecke von 100 m (BSG Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R - RdNr 16 - Therapie-Tandem IV) bzw 200 m (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 12 RdNr 15 - Liegedreirad) zurückzulegen, nicht als ausreichend zur Erschließung des Nahbereichs angesehen worden ist. Dagegen umfasst der von der GKV zu gewährleistende Basisausgleich nicht die Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer, zu bewältigen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 186 - Rollstuhl-Bike II). An diesen Grundsätzen hält der Senat weiterhin fest. Eine weitere Konkretisierung des Nahbereichs im Sinne einer Mindestwegstrecke ist vor dem Hintergrund des sich wandelnden Mobilitätsverhaltens (vgl Kurzfassung des Ergebnisberichts "Mobilität in Deutschland 2008", abrufbar unter www.mobilitaet-in-deutschland.de - recherchiert am 16.5.2011) weder tatsächlich möglich noch zur sachgerechten Anwendung des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V notwendig.

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Für die Bestimmung des durch Hilfsmittel der GKV zu erschließenden Nahbereichs ist allein der Zweck des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V maßgebend. Dieser liegt in der Sicherstellung der in Satz 1 formulierten Versorgungsziele. Dabei soll mit dem Versorgungsziel des Behinderungsausgleichs (§ 33 Abs 1 Satz 1 Variante 3 SGB V) grundsätzlich eine Gleichstellung des behinderten Menschen mit Nichtbehinderten erreicht werden, wobei allerdings im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleichs kein Gleichziehen mit den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten zu gewährleisten ist, sondern lediglich ein Aufschließen zu den Grundbedürfnissen eines nicht behinderten Menschen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike II), um die Zuständigkeit der GKV von der anderer Träger abzugrenzen. Von dieser Zielsetzung ausgehend sind dem der Zuständigkeitsabgrenzung der GKV von anderen Rehabilitationsträgern dienenden Nahbereich beim mittelbaren Behinderungsausgleich solche Wege zuzuordnen, die räumlich einen Bezug zur Wohnung und sachlich einen Bezug zu den Grundbedürfnissen der physischen und psychischen Gesundheit bzw der selbstständigen Lebensführung aufweisen. In räumlicher Hinsicht ist der Nahbereich auf den unmittelbaren Umkreis der Wohnung des Versicherten beschränkt (vgl zum Zusammenhang zwischen dem Grundbedürfnis auf Mobilität und dem Grundbedürfnis des selbstständigen Wohnens: BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 15). Diese ist Ausgangs- und Endpunkt der zum Nahbereich zählenden Wege, so dass die Mobilität für den Hin- und Rückweg durch Leistungen der GKV sicherzustellen ist. Hierfür sind allerdings nicht die konkreten Wohnverhältnisse des behinderten Menschen maßgebend, weil der Nahbereich ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens konkretisiert und somit die Eignung und Erforderlichkeit des Hilfsmittels als objektive Anspruchsvoraussetzung betrifft. Sachlich umfasst der Nahbereich gesundheitserhaltende Wege, Versorgungswege sowie elementare Freizeitwege. Zu den gesundheitserhaltenden Wegen zählen Entfernungen, die zur Aufrechterhaltung der physischen und psychischen Existenz zurückgelegt werden (zB Besuch von Ärzten und Therapeuten, Aufsuchen der Apotheke). Der Versorgungsweg umschreibt dagegen die Fähigkeit, die Wohnung zu verlassen, um die für die Grundbedürfnisse der selbstständigen Existenz und des selbstständigen Wohnens notwendigen Verrichtungen und Geschäfte (Einkauf, Post, Bank) wahrnehmen zu können. Die Mobilität für Freizeitwege ist in Abgrenzung zu der durch andere Leistungsträger sicherzustellenden Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft jedoch nur durch Leistungen der GKV abzudecken, wenn (und soweit) diese Wege von besonderer Bedeutung für die physische und psychische Gesundheit sind. In diesem Sinne zählen zu den Freizeitwegen Entfernungen, die bewältigt werden müssen, um die körperlichen Vitalfunktionen aufrechtzuerhalten (kurzer Spaziergang an der frischen Luft) und um sich einen für die seelische Gesundheit elementaren geistigen Freiraum zu erschließen (zB Gang zum Nachbarn zur Gewährleistung der Kommunikation oder zum Zeitungskiosk zur Wahrnehmung des Informationsbedürfnisses).

19

g) Dagegen sind die zur rentenversicherungsrechtlichen Wegefähigkeit und zum Nachteilsausgleich "G" entwickelten Maßstäbe aufgrund ihrer abweichenden Zweckbestimmung nicht geeignet, den für das Grundbedürfnis der Erschließung eines körperlichen Freiraums relevanten Nahbereich näher bzw in anderer Weise zu bestimmen.

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aa) Die Wegefähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung, dh das gesundheitliche Vermögen, viermal am Tag eine Wegstrecke von 500 m in einem Zeitraum von 20 Minuten zurückzulegen (vgl BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 8 RdNr 15; BSG Urteil vom 28.8.2002 - B 5 RJ 12/02 R - RdNr 13), ist ein wesentliches Kriterium für die Erwerbsfähigkeit. Sie betrifft Voraussetzungen für die Gewährung der Versicherungsleistung Rente. Bereits aus diesem Grund ist der für die rentenversicherungsrechtliche Wegefähigkeit geltende Maßstab nicht zur Bestimmung der Leistungspflicht im Bereich der GKV-Rehabilitationsleistungen geeignet. Soweit entsprechend dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" (§ 9 Abs 1 Satz 2 SGB VI) zum Ausgleich einer eingeschränkten Wegefähigkeit Leistungen des Rentenversicherungsträgers zur (beruflichen) Rehabilitation erbracht werden, dienen diese Leistungen dem Zweck, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten bzw gesundheitlich bedingte Erwerbshindernisse zu beseitigen, und verfolgen daher einen erwerbsbezogenen Rehabilitationsansatz (§§ 9 Abs 1 SGB VI; § 6 Abs 1 Nr 4 iVm § 5 Nr 1, 2 SGB IX). Dagegen liegt den von der GKV zu erbringenden Leistungen der medizinischen Rehabilitation ein gesundheitsbezogener Rehabilitationsansatz zugrunde. Mit diesen Leistungen soll eine durch Krankheit bedingte Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abgewendet, beseitigt, gemildert, ausgeglichen, ihre Verschlimmerung verhütet oder ihre Folgen gemildert werden (§ 11 Abs 2 Satz 1 SGB V; § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 SGB IX). In diesem Sinne erschließen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dem Versicherten die Möglichkeiten - im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs allerdings nur in Bezug auf seine Grundbedürfnisse - eines nicht behinderten Menschen. Maßstab ist daher weder der erwerbsfähige noch der aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ggf an der Grenze zur aufgehobenen Erwerbsfähigkeit stehende Versicherte, sondern der nichtbehinderte Mensch, so dass die Bestimmung des Nahbereichs anhand der zur rentenversicherungsrechtlichen Wegefähigkeit entwickelten Kriterien den Leistungsumfang des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in einer mit der Zweckrichtung der Norm nicht zu vereinbarenden Weise verkürzen würde.

21

bb) Der für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs mit dem Merkzeichen "G" geltende (Mobilitäts-)Maßstab kann aufgrund seiner abweichenden Zweckbestimmung ebenfalls nicht zur Konkretisierung des Nahbereichs herangezogen werden. Das Merkzeichen "G" wird zuerkannt, wenn infolge einer Einschränkung des Gehvermögens Wegstrecken im Ortsverkehr, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren bewältigt werden können (§ 146 Abs 1 Satz 1 SGB IX), wobei die "Wegstrecken im Ortsverkehr" von der Rechtsprechung iS einer Länge von bis zu 2 km bei einer Gehdauer von 30 Minuten konkretisiert worden sind (so schon BSGE 62, 273, 274 ff = SozR 3870 § 60 Nr 2 S 3 ff). Mit dem Merkzeichen "G" sollen Mehraufwendungen ausgeglichen werden, die einem gehbehinderten Menschen dadurch entstehen, dass er öfter als ein nicht behinderter Mensch - nämlich auch für kürzere und üblicherweise zu Fuß zu bewältigende Wegstrecken - auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen ist (BT-Drucks 8/2453, S 11 zu § 59 SchwbG; BSGE 62, 273, 276 f = SozR 3870 § 60 Nr 2 S 4; Dreher, ZfS 1986, 65, 67). Maßstab für die Gewährung des Nachteilsausgleichs ist damit zwar - ebenso wie bei den von der GKV zu erbringenden Leistungen - der nichtbehinderte Mensch. Allerdings gehen die mit der Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" verbundenen Vergünstigungen (unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr - § 145 iVm § 147 Abs 1 SGB IX) über den engeren Umkreis der Wohnung des behinderten Menschen hinaus, weil zum einen die den Ausgleich begründenden Wegstrecken nicht zwingend von der eigenen Wohnung ausgehen bzw zu ihr hinführen (Dreher, ZfS 1986, 65, 67) und zum anderen mit dem Merkzeichen "G" nicht nur Mobilitätsdefizite im Nahbereich der Wohnung, sondern darüber hinaus auch solche in Bezug auf Arbeitswege und Freizeitwege jeglicher Art ausgeglichen werden. Mit dem Merkzeichen "G" werden Nachteile des behinderten Menschen im Hinblick auf die "nahezu unbegrenzten Möglichkeiten" und nicht nur die Grundbedürfnisse eines nicht behinderten Menschen ausgeglichen. Für die Zuerkennung dieses Merkzeichens ist ein über den gesundheitsbezogenen Ansatz des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V hinausgehender teilhabebezogener Rehabilitationsansatz maßgebend. Infolgedessen ist im Rahmen des Nachteilsausgleichs "G" die Wegstrecke und somit die Entfernung im Sinne einer Mindestwegstrecke für die Leistungspflicht ausschlaggebend (Dreher, ZfS 1986, 65, 68 f), während im Anwendungsbereich des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V die Wegeart, dh der mit der Zurücklegung des Weges verbundene Zweck im Sinne des Mobilitätsziels, leistungsrechtlich von Bedeutung ist.

22

5. Hiervon ausgehend eröffnet das Rollstuhl-Bike dem behinderten Menschen grundsätzlich eine dem Radfahren vergleichbare und somit über den nach den dargelegten Grundsätzen (vgl unter 4. e und f) bestimmten Nahbereich hinausgehende Mobilität. Denn mit dem Rollstuhl-Bike können nicht nur die im Nahbereich der Wohnung liegenden Ziele erreicht, sondern darüber hinaus auch Arbeitswege und Freizeitwege jeglicher Art bewältigt werden. Allerdings sind Hilfsmittel, die dem Versicherten eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität ermöglichen, im Einzelfall gleichwohl von der Krankenkasse zu gewähren, wenn besondere qualitative Momente dieses "Mehr" an Mobilität erfordern. Solche besonderen qualitativen Momente liegen zB vor, wenn der Nahbereich ohne das begehrte Hilfsmittel nicht in zumutbarer Weise erschlossen werden kann oder wenn eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität zur Wahrnehmung eines anderen Grundbedürfnisses notwendig ist. So ist etwa die Erschließung des Nahbereichs ohne das begehrte Hilfsmittel unzumutbar, wenn Wegstrecken im Nahbereich nur unter Schmerzen oder nur unter Inanspruchnahme fremder Hilfe bewältigt werden können (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 24 - Elektrorollstuhl)oder wenn die hierfür benötigte Zeitspanne erheblich über derjenigen liegt, die ein nicht behinderter Mensch für die Bewältigung entsprechender Strecken zu Fuß benötigt. Andere Grundbedürfnisse, die eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität erfordern, sind vom Senat in der Integration von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 10 RdNr 16 - Reha-Kinderwagen; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 S 258 f - Therapiedreirad; SozR 3-2500 § 33 Nr 27 S 158 f - Rollstuhl-Bike I) sowie in der Erreichbarkeit von Ärzten und Therapeuten bei Bestehen einer besonderen gesundheitlichen Situation (BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 RdNr 13 ff - schwenkbarer Autositz II)gesehen worden. Zur Beantwortung der Frage, ob besondere qualitative Umstände ausnahmsweise die Gewährung eines Rollstuhl-Bikes erfordern, sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls maßgebend.

23

6. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine über den Nahbereich hinausreichende Mobilität zur Verwirklichung eines anderen Grundbedürfnisses des 1968 geborenen Klägers notwendig ist. Allerdings reichen die vom LSG festgestellten Tatsachen nicht aus, um abschließend auch beurteilen zu können, ob der Kläger den Nahbereich ohne das begehrte Rollstuhl-Bike in zumutbarer Weise erschließen kann.

24

a) Zum einen fehlen ausreichende Feststellungen zum mobilitätsbezogenen körperlichen Leistungsvermögen des Klägers. Die insoweit vom LSG festgestellten medizinischen Tatsachen sind ausgehend von dem in Anlehnung an die rentenversicherungsrechtliche Wegefähigkeit gewählten Mobilitätsmaßstab und somit in einem für die Rechtsauffassung des Senats nicht genügenden Umfang ermittelt worden. Zudem sind diese Feststellungen teilweise widersprüchlich und daher für den Senat nicht bindend iS des § 163 SGG(zur fehlenden Bindungswirkung bei unklaren oder widersprüchlichen Feststellungen: BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 21 S 83; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 139 S 449). So hat das LSG im Tatbestand seines Urteils unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten ua festgestellt, der Kläger könne je nach Tagesform und Bodenbeschaffenheit eine Strecke von 500 bis 1000 m mit dem Aktivrollstuhl ohne Pause bewältigen, während es in demselben Absatz (Urteilsumdruck S 4, 3. Absatz) ausführt, der Kläger benötige für Strecken über 500 m eine Pause. Zur Notwendigkeit dieser Pausen heißt es sodann, der Sachverständige halte Pausen zwischen den zumutbar zurücklegbaren Wegen von fünf Minuten für erforderlich, während der Kläger selbst nur von maximal 40 Sekunden ausgehe (Urteilsumdruck S 12, 3. Absatz). Ungeachtet dieser Widersprüche wird unter Zugrundelegung des vom Senat für die Bestimmung des Nahbereichs gewählten Maßstabes festzustellen sein, welche Wegstrecken der Kläger mit den vorhandenen Hilfsmitteln am Stück zurücklegen kann, welche Strecke nach einer Pause erneut bewältigt werden kann sowie ob und in welchem Umfang sich die nach einer Pause fortgesetzte Wegstrecke verkürzt bzw sich die Pausen verlängern.

25

b) Zum anderen besteht Unklarheit darüber, unter welchen Umständen dem Kläger die Fortbewegung im Nahbereich möglich ist. Insoweit wird in medizinischer Hinsicht aufzuklären sein, ob bzw ab welcher Strecke die Fortbewegung zu gesundheitlichen Beschwerden iS von Schmerzen, Verkrampfungen uä führt und von welcher Intensität die Beschwerden sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu ermitteln, ob die vom Kläger bei der Fortbewegung mit dem Aktivrollstuhl beschriebenen Beschwerden bei der Nutzung eines Rollstuhl-Bikes in gleicher Weise zu erwarten sind oder ob mit dessen Verwendung ein für das klägerische Krankheitsbild günstigerer Bewegungsablauf verbunden ist.

26

Sollten die nachzuholenden Ermittlungen ergeben, dass der Kläger - unabhängig von seinem konkreten Wohnumfeld - gesundheitlich in der Lage ist, eine Wegstrecke von 500 m bis 1000 m am Stück zurückzulegen und nach jeweils einer kurzen Pause wiederum entsprechende Strecken zu bewältigen und ist ihm diese Fortbewegung schmerzfrei und ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich, kann von einer zumutbaren Erschließung des Nahbereichs ausgegangen werden. Sollten die weiteren Ermittlungen indes ergeben, dass der Kläger sich den Nahbereich in vorbezeichneter Weise mit der vorhandenen Hilfsmittelausstattung nicht zumutbar erschließen kann, müssen im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs 1 SGB V) Feststellungen zu einer ebenso geeigneten, aber möglicherweise kostengünstigeren Alternativversorgung (zB mit einem restkraftunterstützenden Greifreifenantrieb) getroffen werden.

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7. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Beteiligten können vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Rentenberater im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit Satz 2, des Rechtsdienstleistungsgesetzes,
4.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten nach den §§ 28h und 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
5.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
6.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
7.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
8.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
9.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 bis 8 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter. § 157 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Satz 3 gilt nicht für Beschäftigte eines Sozialleistungsträgers oder eines Spitzenverbandes der Sozialversicherung.

(4) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer den in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie kann unterstellt werden, dass sie bevollmächtigt sind. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Im Übrigen gelten die §§ 81, 83 bis 86 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen. Das Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(2) Soweit dies zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist, sind im Hilfsmittelverzeichnis indikations- oder einsatzbezogen besondere Qualitätsanforderungen für Hilfsmittel festzulegen. Besondere Qualitätsanforderungen nach Satz 1 können auch festgelegt werden, um eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder in geeigneten Fällen den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln bei anderen Versicherten zu ermöglichen. Im Hilfsmittelverzeichnis sind auch die Anforderungen an die zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringenden Leistungen zu regeln.

(3) Die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis erfolgt auf Antrag des Herstellers. Über die Aufnahme entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; er kann vom Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind. Hält der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bei der Prüfung des Antrags eine Klärung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für erforderlich, ob der Einsatz des Hilfsmittels untrennbarer Bestandteil einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode ist, holt er hierzu unter Vorlage der ihm vorliegenden Unterlagen sowie einer Begründung seiner Einschätzung eine Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses ein. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Auskunft innerhalb von sechs Monaten zu erteilen. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss zu dem Ergebnis, dass das Hilfsmittel untrennbarer Bestandteil einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode ist, beginnt unmittelbar das Verfahren zur Bewertung der Methode nach § 135 Absatz 1 Satz 1, wenn der Hersteller den Antrag auf Eintragung des Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis nicht innerhalb eines Monats zurücknimmt, nachdem ihm der Spitzenverband Bund der Krankenkassen das Ergebnis der Auskunft mitgeteilt hat.

(4) Das Hilfsmittel ist aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2 und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen ist. Auf Anfrage des Herstellers berät der Spitzenverband Bund der Krankenkassen den Hersteller im Rahmen eines Antragsverfahrens zur Aufnahme von neuartigen Produkten in das Hilfsmittelverzeichnis über Qualität und Umfang der vorzulegenden Antragsunterlagen. Die Beratung erstreckt sich insbesondere auf die grundlegenden Anforderungen an den Nachweis des medizinischen Nutzens des Hilfsmittels. Sofern Produkte untrennbarer Bestandteil einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode sind, bezieht sich die Beratung nicht auf das Verfahren nach § 135 Absatz 1 Satz 1. Erfordert der Nachweis des medizinischen Nutzens klinische Studien, kann die Beratung unter Beteiligung der für die Durchführung der Studie vorgesehenen Institution erfolgen. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen in der Verfahrensordnung nach Absatz 7 Satz 1. Für die Beratung kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Gebühren nach pauschalierten Gebührensätzen erheben. Hat der Hersteller Nachweise nach Satz 1 nur für bestimmte Indikationen erbracht, ist die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis auf diese Indikationen zu beschränken. Nimmt der Hersteller an Hilfsmitteln, die im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind, Änderungen vor, hat er diese dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht gilt auch, wenn ein Hilfsmittel nicht mehr hergestellt wird.

(5) Für Medizinprodukte im Sinne des § 3 Nummer 1 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung gilt der Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Sicherheit durch die CE-Kennzeichnung grundsätzlich als erbracht. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vergewissert sich von der formalen Rechtmäßigkeit der CE-Kennzeichnung anhand der Konformitätserklärung und, soweit zutreffend, der Zertifikate der an der Konformitätsbewertung beteiligten Benannten Stelle. Aus begründetem Anlass können zusätzliche Prüfungen vorgenommen und hierfür erforderliche Nachweise verlangt werden. Prüfungen nach Satz 3 können nach erfolgter Aufnahme des Produkts auch auf der Grundlage von Stichproben vorgenommen werden. Ergeben sich bei den Prüfungen nach Satz 2 bis 4 Hinweise darauf, dass Vorschriften des Medizinprodukterechts nicht beachtet sind, sind unbeschadet sonstiger Konsequenzen die danach zuständigen Behörden hierüber zu informieren.

(6) Legt der Hersteller unvollständige Antragsunterlagen vor, ist ihm eine angemessene Frist, die insgesamt sechs Monate nicht übersteigen darf, zur Nachreichung fehlender Unterlagen einzuräumen. Wenn nach Ablauf der Frist die für die Entscheidung über den Antrag erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorliegen, ist der Antrag abzulehnen. Ansonsten entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der vollständigen Unterlagen. Bis zum Eingang einer im Einzelfall nach Absatz 3 Satz 3 angeforderten Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Über die Entscheidung ist ein Bescheid zu erteilen. Die Aufnahme ist zu widerrufen, wenn die Anforderungen nach Absatz 4 Satz 1 nicht mehr erfüllt sind.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen beschließt bis zum 31. Dezember 2017 eine Verfahrensordnung, in der er nach Maßgabe der Absätze 3 bis 6, 8 und 9 das Nähere zum Verfahren zur Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis, zu deren Streichung und zur Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses sowie das Nähere zum Verfahren der Auskunftseinholung beim Gemeinsamen Bundesausschuss regelt. Er kann dabei vorsehen, dass von der Erfüllung bestimmter Anforderungen ausgegangen wird, sofern Prüfzertifikate geeigneter Institutionen vorgelegt werden oder die Einhaltung einschlägiger Normen oder Standards in geeigneter Weise nachgewiesen wird. In der Verfahrensordnung legt er insbesondere Fristen für die regelmäßige Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses fest. Den maßgeblichen Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer auf Bundesebene ist vor Beschlussfassung innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Die Verfahrensordnung bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Für Änderungen der Verfahrensordnung gelten die Sätze 4 und 5 entsprechend. Sofern dies in einer Rechtsverordnung nach Absatz 8 vorgesehen ist, erhebt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Gebühren zur Deckung seiner Verwaltungsausgaben nach Satz 1.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass für das Verfahren zur Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis Gebühren von den Herstellern zu erheben sind. Es legt die Höhe der Gebühren unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes und der Bedeutung der Angelegenheit für den Gebührenschuldner fest. In der Rechtsverordnung kann vorgesehen werden, dass die tatsächlich entstandenen Kosten auf der Grundlage pauschalierter Kostensätze zu berechnen sind.

(9) Das Hilfsmittelverzeichnis ist regelmäßig fortzuschreiben. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat bis zum 31. Dezember 2018 sämtliche Produktgruppen, die seit dem 30. Juni 2015 nicht mehr grundlegend aktualisiert wurden, einer systematischen Prüfung zu unterziehen und sie im erforderlichen Umfang fortzuschreiben. Er legt dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages über das Bundesministerium für Gesundheit einmal jährlich zum 1. März einen Bericht über die im Berichtszeitraum erfolgten sowie über die begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Fortschreibungen vor. Die Fortschreibung umfasst die Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2, die Aufnahme neuer Hilfsmittel sowie die Streichung von Hilfsmitteln.

(10) Zum Zweck der Fortschreibung nach Absatz 9 Satz 1, 2 und 4 kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen von dem Hersteller für seine im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführten Produkte innerhalb einer in der Verfahrensordnung festgelegten angemessenen Frist die zur Prüfung der Anforderungen nach Absatz 4 Satz 1 erforderlichen Unterlagen anfordern. Bringt der Hersteller die angeforderten Unterlagen nicht fristgemäß bei, verliert die Aufnahme des Produktes in das Hilfsmittelverzeichnis ihre Wirksamkeit und das Produkt ist unmittelbar aus dem Hilfsmittelverzeichnis zu streichen. Ergibt die Prüfung, dass die Anforderungen nach Absatz 4 Satz 1 nicht oder nicht mehr erfüllt sind, ist die Aufnahme zurückzunehmen oder zu widerrufen. Nach Eintritt der Bestandskraft des Rücknahme- oder Widerrufsbescheids ist das Produkt aus dem Hilfsmittelverzeichnis zu streichen. Für die Prüfung, ob ein Hilfsmittel noch hergestellt wird, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Streichung auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann.

(11) Vor einer Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2 ist den maßgeblichen Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer auf Bundesebene unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann auch Stellungnahmen von medizinischen Fachgesellschaften sowie Sachverständigen aus Wissenschaft und Technik einholen. Soweit vor einer Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2 mögliche Berührungspunkte des voraussichtlichen Fortschreibungsbedarfs mit digitalen oder technischen Assistenzsystemen festgestellt werden, ist zusätzlich mindestens eine Stellungnahme eines Sachverständigen oder unabhängigen Forschungsinstituts aus dem Bereich der Technik einzuholen; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.