Sozialgericht Köln Gerichtsbescheid, 07. Jan. 2016 - S 7 AS 2271/15


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
1
Tatbestand
2Der am 04.07.1984 geborene Kläger begehrt Leistungen nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
3Er stellte den Antrag am 23.01.2015.
4Auf die Aufforderung des Beklagten, Unterlagen zur Prüfung des Anspruches zu übersenden, reichte der Kläger jeweils per Mail „gepinkte“ Kontoauszüge ein, aus denen die Ausgaben tatsächlich hervorgingen. Die Mails datierten vom 02.02.2015 und vom 25.03.2015. In Bezug auf das Bestreiten des bisherigen Lebensunterhalts gab der Kläger an, von Spenden von Bekannten, dem Sammeln von Pfandflaschen und Betteln gelebt zu haben.
5Mit Schreiben vom 07. Mai 2015 (Bl. 58 Verwaltungsakte) forderte der Beklagte zur Mitwirkung für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf. Folgende Unterlagen würden benötigt: Eine ausführliche schriftliche Begründung des Leistungsantrags, insbesondere auch eine Erklärung, wie der Lebensunterhalt bisher sichergestellt worden sei. Die bisherigen Einlassungen, dass der Kläger Spenden/Unterstützungszahlungen von Personen erhalten habe, zu denen aktuell keinerlei Kontakt bestehe und deren Adressen er nicht kenne, entspreche in keiner Weise der Lebenswirklichkeit. Bei einem monatlichen Bedarf von ca. 1.045,- €, die Ermittlung des Betrages erfolgte aufgrund der unvollständig eingereichten Antragsunterlagen und Nachweise, erscheine auch die Sicherstellung des Lebensunterhaltes mit Einnahmen aus der Sammlung von Pfandflaschen und Betteln nicht realistisch. Die vom Kläger gemachten Aussagen und Unterlagen werte der Beklagte als reine Schutzbehauptungen. Um einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II überprüfen zu können, benötige der Träger dieser Leistung genaue und nachvollziehbare Angaben über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Hilfesuchenden. Dem Hilfesuchenden oblegen gemäß §§ 60 ff. SGB I Mitwirkungspflichten, über der er in der Vergangenheit umfassend unterrichtet und aufgeklärt worden sei. Auf die Rechtsfolgen der §§ 60 ff. SGB I wie etwa die Versagung wurde der Kläger hingewiesen.
6Mit Schreiben vom 20. Mai 2015 gab der Kläger an, sich nicht explizit an die Personen erinnern zu können, welche ihn finanziell unterstützt hätten und auch keinen Kontakt zu diesen Personen zu haben.
7Mit Bescheid vom 27.05.2015 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag des Klägers vom 23.01.2015 ab und versagte Leistungen, da der Kläger bestehende Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit nicht ausgeräumt habe und nicht bei der Prüfung seines Leistungsanspruches mitgewirkt habe, obwohl er auf die Folgen hingewiesen worden sei.
8Am 25.06.2015 legte der Kläger schriftlich Widerspruch ein. Dieser Widerspruch ging am 26.05.2015 ein. Auf die ausführliche Begründung wird Bezug genommen. Der Widerspruch wurde gleichzeitig an das Sozialgericht Köln übermittelt.
9Am 10.11.2015 hat das Gericht mit den Beteiligten den Sachverhalt erörtert. Der Kläger erklärte, er habe sämtliche Unterlagen, die sich in seinem Besitz befänden, an das Jobcenter gesandt.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er führte im Wesentlichen aus, es bestünden Zweifel an der Bedürftigkeit. Da weder im Widerspruchsverfahren noch im bereits anhängigen Gerichtsverfahren prüfbare Unterlagen beigebracht worden seien, um tatsächlich prüfen zu können, ob der Kläger hilfebedürftig im Sinne der Regelung des SGB II sei, sei eine Entscheidung nach Aktenlage zu treffen. Nach Aktenlage sei der Kläger weiterhin seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und hätte die Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit nicht beseitigt.
11Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm SGB II Leistungen zustünden. Auf sein umfangreiches schriftliches Vorbringen wird Bezug genommen.
12Der Kläger beantragt (sinngemäß),
13den Bescheid vom 27.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 aufzuheben und ihm ab 01.01.2015 Leistungen nach dem zweitem Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt seiner angefochtenen Verwaltungsentscheidungen.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19Die Voraussetzungen für eine Entscheidung im Wege des Gerichtsbescheides gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGG liegen vor, da die Sache nach Ansicht des Gerichts keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
20Der Bescheid des Beklagten vom 27.05.2015 und der Widerspruchsbescheid vom 10.11.2015, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden ist, sind rechtmäßig.
21Zu Recht hat der Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2015 versagt, da Zweifel an der Bedürftigkeit bestehen und der Kläger trotz mehrfacher Aufklärung nicht hinreichend mitgewirkt hat.
22Anhand der zunächst vorgelegten ausgedruckten Kontoübersicht mit abgeschnittenen Haben – zum Teil mit vollkommen geschwärzten Teilen, ohne Angabe eines Endsaldos im Antragsmonat, ist die Vermögenssituation und Einkommenssituation des Klägers nicht überprüfbar und damit seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen.
23Nach Abgabe an die Widerspruchsstelle und Prüfung der Akte wurde der Kläger mit Schreiben vom 04.08.2015 aufgefordert, lückenlose, ungeschwärzte Kontoauszüge vom 01.10.2014 bis 31.01.2015 zu übersenden. Er wurde erneut auf die Beweispflicht der Hilfebedürftigkeit hingewiesen. Daraufhin gingen wieder per Mail größtenteils “gepinkte“ Kontoauszüge ein, die zumindest den Einnahmeteil erkennen ließen. Aus den Kontoauszügen gingen jeweils monatlich Geldzugänge in bedarfsdeckender Höhe hervor. Mit Schreiben vom 25.08.2015 forderte der Beklagte den Kläger auf, Kontoauszüge für die Zeit ab 01.02.2015 bis dato zu übersenden und Erklärungen zu den Geldeingängen abzugeben. Es wurde zu Recht angefragt, ob Rückstände bei Krankenkasse oder Mietschulden bestünden und wie der Lebensunterhalt bestritten worden sei. Gleichzeitig wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass, sollte es sich bei Geldeingängen um Schenkungen/Darlehen handeln, dies durch schriftliche Erklärung der Geldgeber zu belegen sei. Auf diese Anforderung reagierte der Kläger mit Schreiben vom 30.08.2015. Die Hilfebedürftigkeit konnte damit nicht bewiesen werden. In dem Erörterungstermin vom 10.11.2015 wurde der Kläger eingehend auf die Sach- und Rechtslage hingewiesen. Der Erörterungstermin trug nicht zur Klärung des Leistungsanspruches des Klägers bei. Der Kläger trug vor, er hätte alle Unterlagen vorgelegt.
24Für den Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit gemäß § 9 SGB II trägt der Kläger, wie im Ablehnungsbescheid vom 27. Mai 2015 zutreffend ausgeführt, die Beweislast. Dies ist höchstrichterlich entschieden und ständige Rechtsprechung. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Der Kläger trägt die Beweislast für die Hilfebedürftigkeit, als für ihn günstige Tatsache (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R – SozR. 4 – 4200 § 9 Nr. 9; Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R –; LSG NRW, Urteil vom 24.09.2012 - L 19 AS 937/12 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 09.11.2011 - L 16 AS 453/11).
25Im Übrigen verweist das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 10.11.2015 (§ 136 Abs. 3 SGG) und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung ab.
26Die Klage war abzuweisen.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
28Rechtsmittelbelehrung:
29Dieser Gerichtsbescheid kann mit der Berufung angefochten werden.
30Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides beim
31Landessozialgericht
32Nordrhein-Westfalen,
33Zweigertstraße 54,
3445130 Essen,
35schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
36Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
37Sozialgericht Köln,
38An den Dominikanern 2,
3950668 Köln,
40schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
41Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
42Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.
43Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
44Die Vorsitzende der 7. Kammer
45Fellermann-Blachut
46Richterin am Sozialgericht a.w.A.f.Rin

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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.
(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.
(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.
(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.
(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.
(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.
(1) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung, - 4.
die Urteilsformel, - 5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands, - 6.
die Entscheidungsgründe, - 7.
die Rechtsmittelbelehrung.
(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.
(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.