Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 24. Feb. 2017 - S 1 U 803/16

bei uns veröffentlicht am24.02.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer Rotatorenmanschetten-Ruptur links als - weitere - Folge eines Arbeitsunfalls und um die Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der 1955 geborene, zuletzt bis zu seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im Dezember 2015 als Hausmeister bei einer Hausverwaltungs-Firma beschäftigt gewesene Kläger erlitt am 27.05.2009 einen Arbeitsunfall: Seinen Angaben gegenüber den Ärzten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) am 29.05.2009 zufolge wollte er an diesem Tag im Rahmen seiner Tätigkeit einen Müllcontainer an die Straße schieben. Dabei kam er zu Fall und stürzte bei angelegtem linken Oberarm und frei nach vorn gerichtetem Unterarm auf die linke Körperseite. Gegenüber der Beklagten (vgl. Erklärung vom 05.07.2009) und dem Chirurgen D. schilderte der Kläger den Unfallhergang wie folgt: Er habe einen Mülleimer zum Entleeren an die Straße stellen wollen. Da dieser zu voll gewesen sei, sei er in den Container gestiegen, um den Inhalt herunterzudrücken, damit er den Deckel habe schließen können. Dabei sei der Container umgekippt und er - der Kläger - direkt auf die linke Schulter bei seitlich ausgestrecktem Arm aus 1,10 m Höhe gefallen. Gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. F. gab der Kläger ergänzend an, er habe bei dem Sturz die Hand schützend unter den Kopf gelegt.
Der Kläger suchte am Unfallfolgetag den Orthopäden Dr. L. auf. Dieser erhob eine stark eingeschränkte Schultergelenkbeweglichkeit links und Druckschmerzen im AC-Gelenk ohne Hämatombildung. Die Röntgenuntersuchung des linken Schultergelenks ergab keinen Anhalt für Frakturen. Dr. L. diagnostizierte als Gesundheitsstörung einen Zustand nach Schulterkontusion (vgl. H-Arzt-Bericht vom 18.06.2009). Die von ihm am 28.05.2009 veranlasste kernspintomografische Untersuchung der linken Schulter ergab den Nachweis einer subtotalen Ruptur der linken Supraspinatus- und Subscapularissehne mit Einblutungen, einen Gelenkerguss mit Nachweis einer Bursitis subacromialis-subdeltoidea sowie eine mäßig ausgeprägte Arthrose im linken AC-Gelenk (vgl. Arztbrief des Radiologen Dr. S. vom 28.05.2009). Am 29.05.2009 stellte sich der Kläger in der BG-Klinik vor. Die dortigen Ärzte diagnostizierten als Gesundheitsstörungen eine Subscapularis- und Subraspinatussehnenruptur links und eine Hüftprellung mit Oberschenkelhämatom links (vgl. Zwischenbericht vom 04.06.2009). Eine von den Klinikärzten vorgeschlagene Arthroskopie der linken Schulter mit Refixation der Sehnenrisse ließ der Kläger in der Folgezeit nicht durchführen.
Nach weiterer Sachaufklärung (Vorerkrankungsverzeichnis der AOK P., Auskunft von Dr. L., Durchgangsarztbericht des Chirurgen D. vom 12.11.2012) und gestützt auf beratungsärztliche Stellungnahmen des Radiologen K. und des Chirurgen Dr. Sch. anerkannte die Beklagte als Folge eines Arbeitsunfalls:
„Folgenlos verheilte Stauchung der linken Schulter, folgenlos verheilte Hüftprellung links“.
Keine Folgen des Versicherungsfalls, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung, seien im Bereich der linken Schulter eine Zusammenhangstrennung der Supraspinatussehne und Teil-Zusammenhangstrennung der Subscapularissehne bei Arthrose im Acromio-Claviculargelenk, degenerative Veränderungen im Bereich der langen Bizepssehne und eine beginnende Hüftgelenksarthrose links. Wegen der Unfallfolgen habe der Kläger Anspruch auf Heilbehandlung bis zum 20.07.2009. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen der Unfallfolgen über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls hinaus nicht in messbarem Grade gemindert sei (Bescheid vom 27.01.2015).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, die Ruptur der Supraspinatussehne links und Teilruptur der Subscapularissehne links seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Arbeitsunfallereignis zurückzuführen. Wegen der Unfallfolgen bestehe auch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 20 v.H.. Zur Feststellung von Art und Ausmaß der Unfallfolgen ließ die Beklagte den Kläger durch den Chirurgen D. untersuchen und begutachten. Dieser erachtete einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfallereignis und einem Zustand bei subtotaler Ruptur der Supraspinatus- und der Subscapularissehne links als wahrscheinlich. Unfallunabhängig leide der Kläger an einer Arthrose des Acromio-Claviculargelenks links. Die unfallbedingte MdE bewertete der Gutachter ab Behandlungsende bis zum 26.05.2010 und am 27.10.2015 jeweils mit 20 v.H.. Diesem Ergebnis widersprach der Chirurg Dr. Sp. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme. Hierauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Der vom Kläger geschilderte Unfallhergang mit direktem Sturz auf die Schulter sei nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht geeignet gewesen, eine Rotatorenmanschetten-Ruptur im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu verursachen. Dies habe der Gutachter D. nicht beachtet; sein Gutachten überzeuge deshalb nicht (Widerspruchsbescheid vom 29.02.2016).
Deswegen hat der Kläger am 07.03.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Widerspruchsvorbringen.
Die Kammer hat zu Beweiszwecken die in der BG-Klinik und von Dr. S. erhobenen radiologischen Befunde beigezogen.
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Sodann hat im Auftrag des erkennenden Gerichts der Orthopäde Dr. F. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dr. F. hat als Unfallfolgen eine ausgeheilte Hüftgelenksprellung links mit Hämatombildung am linken Oberschenkel und eine ebenfalls folgenlos ausgeheilte Schulterprellung links mit Kontusion der vorderen Schultermuskulatur diagnostiziert. Dagegen seien die Risse der Rotatorenmanschette und der Bizepssehne links nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Arbeitsunfallereignis zurückzuführen. Dagegen spreche zunächst der Unfallhergang mit direktem Anpralltrauma auf die linke Schulter ohne Abstützreaktion selbst. Auch der am Unfallfolgetag erhobene MRT-Befund spreche eindeutig für eine vorbestehende Bedrängung der Sehnenstrukturen unter dem Acromion bzw. dem Coracoid im Sinne eines kombinierten Impingements. Insbesondere sei eine Retraktion der Sehnen innerhalb eines Tages nach dem Umfallereignis nach medizinischer Erfahrung höchst unwahrscheinlich. Die Ruptur der Supraspinatussehne müsse deshalb länger zurückliegen. Überdies habe bereits mehrere Jahre vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis eine Rekonstruktion der Rotatorenmanschette rechts stattgefunden. Dies mache eine zugrunde liegende höhergradige Degeneration wahrscheinlich. Das Unfallereignis sei auch nicht teilursächlich für die Rotatorenmanschetten-Ruptur gewesen, da nach Lage des MRT-Befundes die Ruptur zum Unfallzeitpunkt bereits älteren Datums gewesen sei. Sowohl die Heilbehandlung aufgrund der direkten Unfallfolgen als auch eine vorübergehende Verschlimmerung der Vorschädigung aufgrund des Unfallereignisses seien bis zum 20.07.2009 abgeschlossen gewesen. Eine messbare MdE wegen der Unfallfolgen bestehe nicht. Dem Gutachten des Arztes D. könne er sich nicht anschließen, weil allein das Fehlen von Beschwerden im Bereich der linken Schulter vor dem Unfallereignis nicht ausreichend sei für die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs.
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Mit Schriftsatz vom 24.10.2016 hat der Kläger beantragt, im Auftrag des Gerichts gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf eigenes Kostenrisiko ein medizinisches Sachverständigengutachten bei Dr. E., Karlsruhe, einzuholen. Mit Verfügung vom 25.10.2016 hat die Kammer dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten die Auflagen erteilt, bis zum 25.11.2016 neben der Einzahlung eines - näher bezeichneten - Kostenvorschusses eine von ihm unterzeichnete Kostenverpflichtungserklärung zurückzusenden und durch geeignete Unterlagen die Bereitschaft des als Sachverständigen benannten Arztes nachzuweisen, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und vorzulegen. Innerhalb der Frist hat der Kläger allein den Kostenvorschuss einbezahlt. Die Kostenverpflichtungserklärung hat er erst am 13.12.2016 und die Bereitschaftsanzeige von Dr. E. vom 22.02.2017 erst in der mündlichen Verhandlung am 24.02.2107 vorgelegt.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 27. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Februar 2016 abzuändern, eine „Rotatorenmanschetten-Ruptur links“ als weitere Unfallfolge festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27. Mai 2009 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren,
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hilfsweise, gemäß § 109 SGG ein medizinisches Sachverständigengutachten bei Dr. E., Karlsruhe, einzuholen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 und § 56 SGG) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder ist ein Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge festzustellen noch hat der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.05.2009 Anspruch auf Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
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1. Dass der Kläger am 27.05.2009 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Hausmeister (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung -) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide inzidenter anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht auch nicht umstritten.
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2. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII u.a. Anspruch auf Geldleistungen in Form von Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
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a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9, ferner BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rdnr. 11 ). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
23 
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
24 
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
25 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
26 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
27 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungszusammenhang, vor allem, wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfallrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies insbesondere bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18).
28 
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Maßstäben hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Riss der Supraspinatussehne und Teilriss der Subscapularissehne bei Arthrose im Acromio-Claviculargelenk als weitere Unfallfolgen anzuerkennen. Der Kläger hat wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.05.2009 auch keinen Anspruch auf Verletztenrente.
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a) Zwar leidet er im Anschluss an die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. F. (auch) an einer Rotatorenmanschetten- und Bizepssehnenruptur links mit Einschränkung der (aktiven) Beweglichkeit des linken Schultergelenks für die Vorwärtshebung auf 110° und für die Seitwärtshebung auf 90°, einem deutlichen Hochstand des Humeruskopfes und einer ausgeprägten Arthrose im Schultereckgelenk links. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens ist das erkennende Gericht indes nicht davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass diese Gesundheitsstörungen rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 27.05.2009 verursacht worden sind. Dagegen sprechen im Anschluss an die auch insoweit überzeugenden Darlegungen von Dr. F. bereits die eigenen Schilderungen des Klägers zum Unfallhergang. Auch wenn diese im Verlauf von Antrags-, Widerspruchs- und Klageverfahren nicht vollständig übereinstimmen (zunächst Angabe allein eines Sturzes auf die linke Schulter und Hüfte gegenüber Dr. L. am Unfallfolgetag; gegenüber den Ärzten der BG-Klinik am 29.05.2009: Fall und Sturz auf die linke Seite beim Schieben eines Müllcontainers an die Straße; im Fragebogen vom 05.07.2009 und gegenüber dem Chirurgen D. und dem Sachverständigen Dr. F.: Klettern in einen Müllbehälter, Umkippen des Müllcontainers und dadurch bedingter Sturz auf die linke Seite) steht danach zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Sturz einen direkten Anprall auf die linke Körperseite bzw. linke Schulter und die linke Hüfte des Klägers bewirkt hat. Ein irgendwie geartetes reflexhaftes Abfangen des Sturzes mit der linken Hand bzw. dem linken Arm erfolgte dabei nicht; vielmehr hielt der Kläger seinen Angaben gegenüber den Ärzten der BG-Klinik zufolge den linken Oberarm angelegt bei frei nach vorn gerichtetem Unterarm. Auch im Fragebogen vom 05.07.2009 bestätigte der Kläger einen direkten Sturz auf die Schulter und verneinte ein Abfangen des Sturzes mit der Hand. Soweit er zuletzt gegenüber Dr. F. angegeben hatte, er habe bei dem Sturz die Hand schützend unter den Kopf gelegt, stellt dies keine Abstützreaktion in Bezug auf das linke Schultergelenk dar.
30 
Nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. insoweit Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, a.a.O., S. 431 ff. m.w.N.) ist für einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss indes erforderlich, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert war und zusätzlich plötzlich eine passive Bewegung hinzugekommen sein muss, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken kann. Dies kann geschehen durch ein massives plötzliches Hoch- oder Rückwärtsreißen des Armes, z.B. beim Hängenbleiben mit dem Arm bei einer erheblichen Beschleunigung des Körpers oder Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm, beim Sturz, z.B. beim Fensterputzen, aus der Höhe nach vorn mit noch festhaltender Hand, bei dem das gesamte Körpergewicht in die Schulter fällt, beim Treppensturz mit Festhalten der Hand am Geländer, bei einer starken Zugbelastung bei gleichzeitiger gewaltsamer Rotation des Armes oder einer Verdrehung des Armes, wenn dieser in eine laufende Maschine gezogen wird.
31 
Ein solcher Unfallablauf hat jedoch nach den eigenen Angaben des Klägers nicht stattgefunden. Dagegen stellt die - wie hier - direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag keinen Hergang dar, der geeignet wäre, einen Riss der Supraspinatussehne zu bewirken, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Acromion) und Delta-Muskeln gut geschützt ist. Ein direkter Sturz auf die Schulter, mithin ein direktes Anpralltrauma, verursacht keinen isolierten, ausschließlich traumatischen Riss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette. Hierauf hat Dr. F. zu Recht hingewiesen. In Frage kommt dafür allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne einer wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 48 und vom 15.04.2002 - L 1 U 1844/00 -, Rdnr. 33ff sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2014 - L 16 U 662/13 -, Rdnr. 34 ).
32 
b) Gegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der streitgegenständlichen Gesundheitsstörung spricht nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Dr. F. und der damit - im Ergebnis - übereinstimmenden Stellungnahme des Beratungsarztes K. ferner der bereits am Unfallfolgetag kernspintomografisch gesicherte Befund am linken Schultergelenk. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt war die vollständig gerissene Supraspinatussehne retrahiert (= zurückgezogen) und in Höhe des oberen Glenoidrandes narbig verklebt aufgrund einer Bedrängung der Supraspinatussehne oder einer subacromialen Enge infolge einer Arthrose des Schultereckgelenks. In Bezug auf den Teilriss der Subscapularissehne fand sich ebenfalls eine Bedrängung durch das Coracoid bei zusätzlich degenerativ veränderter Bizepssehne. Diese Befundkonstellation belegt mit Dr. F. und dem Beratungsarzt K. bereits zum Unfallzeitpunkt vorbestehende deutliche degenerative Veränderungen und eine schon länger zurückliegende Ruptur der Supraspinatussehne. Denn eine Sehnenretraktion binnen eines Tages nach einem Unfallereignis ist nach medizinisch-wissenschaftlicher Erfahrung höchst unwahrscheinlich, wie Dr. F. zutreffend dargelegt hat (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 435).
33 
c) Weiter spricht der von dem Radiologen Dr. S. am Unfallfolgetag kernspintomografisch gesicherte und von den Ärzten der BG-Klinik am 29.05.2009, mithin zwei Tage nach dem angeschuldigten Ereignis, röntgenologisch bestätigte Oberarmkopfhochstand gegen die Annahme einer (erst) am 27.05.2009 erfolgten Ruptur der Rotatorenmanschette (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, S. 434). Denn ein Oberarmkopfhochstand tritt nie sofort nach der Ruptur auf, sondern erst etwa drei Monate nach einer solchen Verletzung ein (vgl. Beickert/Bühren in Trauma und Berufskrankheit 1998, 61, 63, 66).
34 
d) Auch das Fehlen äußerer Verletzungszeichen wie Schwellungen oder Bluterguss - solche haben sowohl die Ärzte der BG-Klinik im ZwischenbE.t vom 04.06.2009 als auch bereits der erstbehandelnde Arzt Dr. L. am Unfallfolgetag ausdrücklich verneint - spricht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignis und den Rissen der Supraspinatus- und Subscapularissehnen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09- , Rdnr. 37 ).
35 
e) Schließlich bestand bei dem Kläger nach dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Pforzheim bereits im Jahr 2005 eine Läsion der Rotatorenmanschette mit Impingement-Syndrom der rechten Schulter, die nach den Angaben des Klägers gegenüber Dr. F. seinerzeit operativ versorgt worden ist. Dies belegt eine anlagebedingte bzw. höhergradige degenerative Veränderung beider Schultergelenke schon vor dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignis.
36 
In der Gesamtschau überwiegen deshalb mit dem Sachverständigen Dr. F. die für einen Vorschaden im Bereich der linken Schulter als Ursache der vollständigen Ruptur der Supraspinatussehne und des Teilrisses der Subscapularissehne sprechenden Umstände deutlich.
37 
f) Das durch die Angaben im Vorerkrankungsverzeichnis seiner Krankenkasse gestützte Vorbringen des Klägers, vor dem Ereignis vom 27.05.2009 keine Schulterbeschwerden links bemerkt zu haben, führt demgegenüber zu keinem abweichenden Ergebnis. Denn die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration. Diese führt zu einer herabgesetzten mechanischen Belastbarkeit bereits ab Beginn des dritten Lebensjahrzehnts. Zwischen den 40. und dem 50. Lebensjahr nehmen dabei die „Partialrupturen“ zu und treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen im Sinne von Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431). Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im Mai 2009 befand sich der Kläger bereits im 55. Lebensjahr. Eine Degeneration kann bis zu dem Ereignis stumm bleiben; eine „leere Anamnese“ kann deshalb weder eine Schadensanlage noch einen Vorschaden ausschließen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 57 und Weber in MedSach 1993, 113). Allein der - wie hier - rein zeitliche Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen ist nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R -, Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 -, Rdnr. 23; Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 und Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 ). Selbst aus der Abwesenheit konkurrierender Ursachen für einen Körperschaden lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallereignis und einem Körperschaden nicht begründen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18 und Bay. LSG vom 22.04.2009 - L 18 U 301/06 -, Rdnr. 32 ). Überdies belegen die im MRT des Dr. S. vom 28.05.2009 objektivierte Retraktion der Supraspinatussehne und deren narbige Verklebung in Höhe des oberen Glenoidrandes, die deutliche AC-Arthrose, der Humeruskopfhochstand und die bereits fortgeschrittene Atrophie des Muskels nach den auch insoweit zutreffenden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 434 f) und - im Ergebnis - übereinstimmenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. F. und des Beratungsarztes K. einen Vorschaden für die nachgewiesene Rotatorenmanschetten-Ruptur.
38 
g) Selbst aber wenn das Gericht annehmen würde, die Rotatorenmanschette wäre erst beim Unfall vollständig rupturiert, so führt dies nicht dazu, dass anzunehmen wäre, dass das Geschehen vom 18.08.2015 hinreichend wahrscheinlich wesentliche Ursache - auch nicht Sinne einer richtungsweisenden Verschlimmerung - war. Denn insoweit müsste (auch) dann ein erheblicher Vorschaden angenommen und das Unfallgeschehen als rechtlich bedeutungslose Gelegenheitsursache (vgl. BSGE 96, 196, 200) angesehen werden. Genügt nämlich schon eine an sich völlig ungeeignete Unfallursache, um einen Gesundheitsschaden auszulösen oder zu verschlimmern, muss angenommen werden, dass der Vorschaden ganz erheblich war. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sturz auf die Schulter eine im Alltag vorkommende Belastung ist. D. h. selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio-sine-qua-non bejaht würde, ist ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretene Ruptur nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die unterstellten frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 51 ).
39 
Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Riss der Supraspinatussehne, einen Teilriss der Subscapularissehne bei Arthrose im Acromio-Claviculargelenk und degenerative Veränderungen im Bereich der langen Bizepssehne als weitere Unfallfolgen anzuerkennen.
40 
4. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf das Gutachten des Chirurgen D.. Denn dieser beachtet nicht, dass ein direktes Anpralltrauma nach herrschender medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung keinen geeigneten Unfallhergang darstellt, einen Riss der Rotatorenmanschette zu bewirken (vgl. auch Urteil des erkennenden Gerichts vom 24.02.2017 - S 1 U 1112/16 -). Nachdem überdies weder Dr. L. am Unfallfolgetag noch die Ärzte der BG-Klinik zwei Tage nach dem Unfallereignis ein Hämatom, eine Schwellung oder sonstige äußere Verletzungszeichen an der linken Schulter objektiviert haben, erachtet die Kammer ein nur leichtes Anpralltraum als erwiesen. Weiter hat der Gutachter D. die deutlichen Vorschädigungen im Bereich des linken Schultergelenks bereits im Unfallzeitpunkt nicht ausreichend gewürdigt. Allein der Umstand, dass der Kläger vor dem Unfallereignis keine Beschwerden im Bereich der linken Schulter hatte, ist - wie oben bereits ausgeführt - nicht geeignet, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zu begründen.
41 
Die Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. Sp. vom 22.10.2009 ist ebenfalls nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu begründen. Denn entgegen dem Vorbringen des Klägers hat Dr. Sp. sich zum ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der streitgegenständlichen Gesundheitsstörung gerade nicht geäußert, vielmehr allein angeregt, abzuklären, ob die im Vorerkrankungsverzeichnis für die Jahre 2005 und 2006 nachgewiesenen Behandlungen an der rechten oder linken Schulter erfolgt sind, außerdem MRT-Aufnahmen anzufordern und zur Befundung an den Beratungsarzt K. zu senden. Die Auffassung, die Ruptur der Supraspinatussehne und Teilruptur der Subscapularissehne links seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen, stammt dagegen nicht von Dr. Sp., sondern war Teil der Anfrage des zuständigen Sachbearbeiters der Beklagten an den Beratungsarzt. Die Rechtsauffassung des Sachbearbeiters ist indes nicht bindend.
42 
5. Der Unfallhergang ohne Zugbeanspruchung und ohne unnatürliche Längendehnung der Supraspinatus- und Subscapularissehne hat bei dem Kläger daher allein eine Stauchung der linken Schulter und eine Hüftprellung links bewirkt. Derartige Gesundheitsstörungen heilen indes nach allgemeiner klinischer Erfahrung im Anschluss an die auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. F. regelmäßig innerhalb eines Zeitraumes von vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Wenn deshalb die Beklagte einen Anspruch auf Heilbehandlung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.05.2009 (nur) bis zum 20.07.2009 anerkannt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
43 
6. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn seine Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen ist über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht - wie erforderlich (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII) - um wenigstens 20 v.H. gemindert, weil folgenlos abgeklungene Unfallfolgen keine messbare MdE bedingen. Dies hat - im Ergebnis - der Sachverständige Dr. F. bestätigt.
44 
7. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
45 
8. Seinem Hilfsantrag, gemäß § 109 SGG ein medizinisches Sachverständigengutachten bei Dr. E., Karlsruhe, einzuholen, war nicht stattzugeben. Denn der Kläger hat die ihm mit Verfügung des Gerichts vom 25.10.2016 erteilten Auflagen innerhalb der hierzu eingeräumten Frist bis zum 25.11.2016 nur teilweise erfüllt. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er allein den angeforderten Kostenvorschuss eingezahlt. Dagegen hat er die ebenfalls angeforderte Kostenverpflichtungserklärung erst deutlich nach Fristablauf, nämlich am 13.12.2016, zu den Akten gereicht. Eine Erklärung des Dr. E., dass dieser bereit und in der Lage ist, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und dem Gericht vorzulegen, hat der Kläger sogar erst in der mündlichen Verhandlung am 24.02.2017 zu den Akten gereicht. Die nicht vollständige Erfüllung der gerichtlichen Auflagen stellt eine grobe Nachlässigkeit des Klägers dar (§ 109 Abs. 2 SGG) und führt deshalb zur Ablehnung des Beweisantrages. Denn bereits in ihrer Verfügung vom 25.10.2016 hatte die Kammer den Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigten - durch Fettdruck überdies noch textlich hervorgehoben - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie das Gutachten nicht in Auftrag gebe, wenn der Kläger die Auflagen nicht, nur teilweise oder nicht fristgerecht erfüllt. Wollte das erkennende Gericht dem Hilfsantrag gleichwohl stattgeben, hätte sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.02.2017 nicht entscheiden, vielmehr den Rechtsstreit vertagen und zunächst ein Gutachten einholen müssen. Dadurch hätte sich die Erledigung des Rechtsstreits deutlich verzögert.
46 
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe

 
19 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 und § 56 SGG) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder ist ein Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge festzustellen noch hat der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.05.2009 Anspruch auf Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
20 
1. Dass der Kläger am 27.05.2009 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Hausmeister (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung -) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide inzidenter anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht auch nicht umstritten.
21 
2. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII u.a. Anspruch auf Geldleistungen in Form von Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
22 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9, ferner BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rdnr. 11 ). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
23 
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
24 
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
25 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
26 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
27 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungszusammenhang, vor allem, wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfallrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies insbesondere bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18).
28 
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Maßstäben hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Riss der Supraspinatussehne und Teilriss der Subscapularissehne bei Arthrose im Acromio-Claviculargelenk als weitere Unfallfolgen anzuerkennen. Der Kläger hat wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.05.2009 auch keinen Anspruch auf Verletztenrente.
29 
a) Zwar leidet er im Anschluss an die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. F. (auch) an einer Rotatorenmanschetten- und Bizepssehnenruptur links mit Einschränkung der (aktiven) Beweglichkeit des linken Schultergelenks für die Vorwärtshebung auf 110° und für die Seitwärtshebung auf 90°, einem deutlichen Hochstand des Humeruskopfes und einer ausgeprägten Arthrose im Schultereckgelenk links. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens ist das erkennende Gericht indes nicht davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass diese Gesundheitsstörungen rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 27.05.2009 verursacht worden sind. Dagegen sprechen im Anschluss an die auch insoweit überzeugenden Darlegungen von Dr. F. bereits die eigenen Schilderungen des Klägers zum Unfallhergang. Auch wenn diese im Verlauf von Antrags-, Widerspruchs- und Klageverfahren nicht vollständig übereinstimmen (zunächst Angabe allein eines Sturzes auf die linke Schulter und Hüfte gegenüber Dr. L. am Unfallfolgetag; gegenüber den Ärzten der BG-Klinik am 29.05.2009: Fall und Sturz auf die linke Seite beim Schieben eines Müllcontainers an die Straße; im Fragebogen vom 05.07.2009 und gegenüber dem Chirurgen D. und dem Sachverständigen Dr. F.: Klettern in einen Müllbehälter, Umkippen des Müllcontainers und dadurch bedingter Sturz auf die linke Seite) steht danach zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Sturz einen direkten Anprall auf die linke Körperseite bzw. linke Schulter und die linke Hüfte des Klägers bewirkt hat. Ein irgendwie geartetes reflexhaftes Abfangen des Sturzes mit der linken Hand bzw. dem linken Arm erfolgte dabei nicht; vielmehr hielt der Kläger seinen Angaben gegenüber den Ärzten der BG-Klinik zufolge den linken Oberarm angelegt bei frei nach vorn gerichtetem Unterarm. Auch im Fragebogen vom 05.07.2009 bestätigte der Kläger einen direkten Sturz auf die Schulter und verneinte ein Abfangen des Sturzes mit der Hand. Soweit er zuletzt gegenüber Dr. F. angegeben hatte, er habe bei dem Sturz die Hand schützend unter den Kopf gelegt, stellt dies keine Abstützreaktion in Bezug auf das linke Schultergelenk dar.
30 
Nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. insoweit Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, a.a.O., S. 431 ff. m.w.N.) ist für einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss indes erforderlich, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert war und zusätzlich plötzlich eine passive Bewegung hinzugekommen sein muss, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken kann. Dies kann geschehen durch ein massives plötzliches Hoch- oder Rückwärtsreißen des Armes, z.B. beim Hängenbleiben mit dem Arm bei einer erheblichen Beschleunigung des Körpers oder Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm, beim Sturz, z.B. beim Fensterputzen, aus der Höhe nach vorn mit noch festhaltender Hand, bei dem das gesamte Körpergewicht in die Schulter fällt, beim Treppensturz mit Festhalten der Hand am Geländer, bei einer starken Zugbelastung bei gleichzeitiger gewaltsamer Rotation des Armes oder einer Verdrehung des Armes, wenn dieser in eine laufende Maschine gezogen wird.
31 
Ein solcher Unfallablauf hat jedoch nach den eigenen Angaben des Klägers nicht stattgefunden. Dagegen stellt die - wie hier - direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag keinen Hergang dar, der geeignet wäre, einen Riss der Supraspinatussehne zu bewirken, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Acromion) und Delta-Muskeln gut geschützt ist. Ein direkter Sturz auf die Schulter, mithin ein direktes Anpralltrauma, verursacht keinen isolierten, ausschließlich traumatischen Riss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette. Hierauf hat Dr. F. zu Recht hingewiesen. In Frage kommt dafür allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne einer wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 48 und vom 15.04.2002 - L 1 U 1844/00 -, Rdnr. 33ff sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2014 - L 16 U 662/13 -, Rdnr. 34 ).
32 
b) Gegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der streitgegenständlichen Gesundheitsstörung spricht nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Dr. F. und der damit - im Ergebnis - übereinstimmenden Stellungnahme des Beratungsarztes K. ferner der bereits am Unfallfolgetag kernspintomografisch gesicherte Befund am linken Schultergelenk. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt war die vollständig gerissene Supraspinatussehne retrahiert (= zurückgezogen) und in Höhe des oberen Glenoidrandes narbig verklebt aufgrund einer Bedrängung der Supraspinatussehne oder einer subacromialen Enge infolge einer Arthrose des Schultereckgelenks. In Bezug auf den Teilriss der Subscapularissehne fand sich ebenfalls eine Bedrängung durch das Coracoid bei zusätzlich degenerativ veränderter Bizepssehne. Diese Befundkonstellation belegt mit Dr. F. und dem Beratungsarzt K. bereits zum Unfallzeitpunkt vorbestehende deutliche degenerative Veränderungen und eine schon länger zurückliegende Ruptur der Supraspinatussehne. Denn eine Sehnenretraktion binnen eines Tages nach einem Unfallereignis ist nach medizinisch-wissenschaftlicher Erfahrung höchst unwahrscheinlich, wie Dr. F. zutreffend dargelegt hat (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 435).
33 
c) Weiter spricht der von dem Radiologen Dr. S. am Unfallfolgetag kernspintomografisch gesicherte und von den Ärzten der BG-Klinik am 29.05.2009, mithin zwei Tage nach dem angeschuldigten Ereignis, röntgenologisch bestätigte Oberarmkopfhochstand gegen die Annahme einer (erst) am 27.05.2009 erfolgten Ruptur der Rotatorenmanschette (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, S. 434). Denn ein Oberarmkopfhochstand tritt nie sofort nach der Ruptur auf, sondern erst etwa drei Monate nach einer solchen Verletzung ein (vgl. Beickert/Bühren in Trauma und Berufskrankheit 1998, 61, 63, 66).
34 
d) Auch das Fehlen äußerer Verletzungszeichen wie Schwellungen oder Bluterguss - solche haben sowohl die Ärzte der BG-Klinik im ZwischenbE.t vom 04.06.2009 als auch bereits der erstbehandelnde Arzt Dr. L. am Unfallfolgetag ausdrücklich verneint - spricht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignis und den Rissen der Supraspinatus- und Subscapularissehnen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09- , Rdnr. 37 ).
35 
e) Schließlich bestand bei dem Kläger nach dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Pforzheim bereits im Jahr 2005 eine Läsion der Rotatorenmanschette mit Impingement-Syndrom der rechten Schulter, die nach den Angaben des Klägers gegenüber Dr. F. seinerzeit operativ versorgt worden ist. Dies belegt eine anlagebedingte bzw. höhergradige degenerative Veränderung beider Schultergelenke schon vor dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignis.
36 
In der Gesamtschau überwiegen deshalb mit dem Sachverständigen Dr. F. die für einen Vorschaden im Bereich der linken Schulter als Ursache der vollständigen Ruptur der Supraspinatussehne und des Teilrisses der Subscapularissehne sprechenden Umstände deutlich.
37 
f) Das durch die Angaben im Vorerkrankungsverzeichnis seiner Krankenkasse gestützte Vorbringen des Klägers, vor dem Ereignis vom 27.05.2009 keine Schulterbeschwerden links bemerkt zu haben, führt demgegenüber zu keinem abweichenden Ergebnis. Denn die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration. Diese führt zu einer herabgesetzten mechanischen Belastbarkeit bereits ab Beginn des dritten Lebensjahrzehnts. Zwischen den 40. und dem 50. Lebensjahr nehmen dabei die „Partialrupturen“ zu und treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen im Sinne von Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431). Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im Mai 2009 befand sich der Kläger bereits im 55. Lebensjahr. Eine Degeneration kann bis zu dem Ereignis stumm bleiben; eine „leere Anamnese“ kann deshalb weder eine Schadensanlage noch einen Vorschaden ausschließen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 57 und Weber in MedSach 1993, 113). Allein der - wie hier - rein zeitliche Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen ist nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R -, Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 -, Rdnr. 23; Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 und Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 ). Selbst aus der Abwesenheit konkurrierender Ursachen für einen Körperschaden lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallereignis und einem Körperschaden nicht begründen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18 und Bay. LSG vom 22.04.2009 - L 18 U 301/06 -, Rdnr. 32 ). Überdies belegen die im MRT des Dr. S. vom 28.05.2009 objektivierte Retraktion der Supraspinatussehne und deren narbige Verklebung in Höhe des oberen Glenoidrandes, die deutliche AC-Arthrose, der Humeruskopfhochstand und die bereits fortgeschrittene Atrophie des Muskels nach den auch insoweit zutreffenden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 434 f) und - im Ergebnis - übereinstimmenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. F. und des Beratungsarztes K. einen Vorschaden für die nachgewiesene Rotatorenmanschetten-Ruptur.
38 
g) Selbst aber wenn das Gericht annehmen würde, die Rotatorenmanschette wäre erst beim Unfall vollständig rupturiert, so führt dies nicht dazu, dass anzunehmen wäre, dass das Geschehen vom 18.08.2015 hinreichend wahrscheinlich wesentliche Ursache - auch nicht Sinne einer richtungsweisenden Verschlimmerung - war. Denn insoweit müsste (auch) dann ein erheblicher Vorschaden angenommen und das Unfallgeschehen als rechtlich bedeutungslose Gelegenheitsursache (vgl. BSGE 96, 196, 200) angesehen werden. Genügt nämlich schon eine an sich völlig ungeeignete Unfallursache, um einen Gesundheitsschaden auszulösen oder zu verschlimmern, muss angenommen werden, dass der Vorschaden ganz erheblich war. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sturz auf die Schulter eine im Alltag vorkommende Belastung ist. D. h. selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio-sine-qua-non bejaht würde, ist ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretene Ruptur nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die unterstellten frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 51 ).
39 
Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Riss der Supraspinatussehne, einen Teilriss der Subscapularissehne bei Arthrose im Acromio-Claviculargelenk und degenerative Veränderungen im Bereich der langen Bizepssehne als weitere Unfallfolgen anzuerkennen.
40 
4. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf das Gutachten des Chirurgen D.. Denn dieser beachtet nicht, dass ein direktes Anpralltrauma nach herrschender medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung keinen geeigneten Unfallhergang darstellt, einen Riss der Rotatorenmanschette zu bewirken (vgl. auch Urteil des erkennenden Gerichts vom 24.02.2017 - S 1 U 1112/16 -). Nachdem überdies weder Dr. L. am Unfallfolgetag noch die Ärzte der BG-Klinik zwei Tage nach dem Unfallereignis ein Hämatom, eine Schwellung oder sonstige äußere Verletzungszeichen an der linken Schulter objektiviert haben, erachtet die Kammer ein nur leichtes Anpralltraum als erwiesen. Weiter hat der Gutachter D. die deutlichen Vorschädigungen im Bereich des linken Schultergelenks bereits im Unfallzeitpunkt nicht ausreichend gewürdigt. Allein der Umstand, dass der Kläger vor dem Unfallereignis keine Beschwerden im Bereich der linken Schulter hatte, ist - wie oben bereits ausgeführt - nicht geeignet, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zu begründen.
41 
Die Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. Sp. vom 22.10.2009 ist ebenfalls nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu begründen. Denn entgegen dem Vorbringen des Klägers hat Dr. Sp. sich zum ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der streitgegenständlichen Gesundheitsstörung gerade nicht geäußert, vielmehr allein angeregt, abzuklären, ob die im Vorerkrankungsverzeichnis für die Jahre 2005 und 2006 nachgewiesenen Behandlungen an der rechten oder linken Schulter erfolgt sind, außerdem MRT-Aufnahmen anzufordern und zur Befundung an den Beratungsarzt K. zu senden. Die Auffassung, die Ruptur der Supraspinatussehne und Teilruptur der Subscapularissehne links seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen, stammt dagegen nicht von Dr. Sp., sondern war Teil der Anfrage des zuständigen Sachbearbeiters der Beklagten an den Beratungsarzt. Die Rechtsauffassung des Sachbearbeiters ist indes nicht bindend.
42 
5. Der Unfallhergang ohne Zugbeanspruchung und ohne unnatürliche Längendehnung der Supraspinatus- und Subscapularissehne hat bei dem Kläger daher allein eine Stauchung der linken Schulter und eine Hüftprellung links bewirkt. Derartige Gesundheitsstörungen heilen indes nach allgemeiner klinischer Erfahrung im Anschluss an die auch insoweit überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. F. regelmäßig innerhalb eines Zeitraumes von vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Wenn deshalb die Beklagte einen Anspruch auf Heilbehandlung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.05.2009 (nur) bis zum 20.07.2009 anerkannt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
43 
6. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn seine Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen ist über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht - wie erforderlich (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII) - um wenigstens 20 v.H. gemindert, weil folgenlos abgeklungene Unfallfolgen keine messbare MdE bedingen. Dies hat - im Ergebnis - der Sachverständige Dr. F. bestätigt.
44 
7. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
45 
8. Seinem Hilfsantrag, gemäß § 109 SGG ein medizinisches Sachverständigengutachten bei Dr. E., Karlsruhe, einzuholen, war nicht stattzugeben. Denn der Kläger hat die ihm mit Verfügung des Gerichts vom 25.10.2016 erteilten Auflagen innerhalb der hierzu eingeräumten Frist bis zum 25.11.2016 nur teilweise erfüllt. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er allein den angeforderten Kostenvorschuss eingezahlt. Dagegen hat er die ebenfalls angeforderte Kostenverpflichtungserklärung erst deutlich nach Fristablauf, nämlich am 13.12.2016, zu den Akten gereicht. Eine Erklärung des Dr. E., dass dieser bereit und in der Lage ist, das Gutachten innerhalb von drei Monaten nach Erteilung des Gutachtensauftrags zu erstellen und dem Gericht vorzulegen, hat der Kläger sogar erst in der mündlichen Verhandlung am 24.02.2017 zu den Akten gereicht. Die nicht vollständige Erfüllung der gerichtlichen Auflagen stellt eine grobe Nachlässigkeit des Klägers dar (§ 109 Abs. 2 SGG) und führt deshalb zur Ablehnung des Beweisantrages. Denn bereits in ihrer Verfügung vom 25.10.2016 hatte die Kammer den Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigten - durch Fettdruck überdies noch textlich hervorgehoben - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie das Gutachten nicht in Auftrag gebe, wenn der Kläger die Auflagen nicht, nur teilweise oder nicht fristgerecht erfüllt. Wollte das erkennende Gericht dem Hilfsantrag gleichwohl stattgeben, hätte sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.02.2017 nicht entscheiden, vielmehr den Rechtsstreit vertagen und zunächst ein Gutachten einholen müssen. Dadurch hätte sich die Erledigung des Rechtsstreits deutlich verzögert.
46 
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 24. Feb. 2017 - S 1 U 803/16

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Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 24. Feb. 2017 - S 1 U 803/16 zitiert 14 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 56


Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 56 Voraussetzungen und Höhe des Rentenanspruchs


(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versich

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 7 Begriff


(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. (2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 26 Grundsatz


(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen

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Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 24. Feb. 2017 - S 1 U 803/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Riss der Rotatorenmanschette links als - weitere - Folge eines Arbeitsunfalls festzustellen ist

Bundessozialgericht Urteil, 17. Dez. 2015 - B 2 U 8/14 R

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Bundessozialgericht Urteil, 23. Apr. 2015 - B 2 U 10/14 R

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bei uns veröffentlicht am 24.07.2012

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2011 - L 2 U 1936/09

bei uns veröffentlicht am 26.01.2011

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts R. vom 22. November 2007 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwer

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget nach § 29 des Neunten Buches erbracht; dies gilt im Rahmen des Anspruchs auf Heilbehandlung nur für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

(2) Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig

1.
den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern,
2.
den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern,
3.
Hilfen zur Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sowie zur Führung eines möglichst selbständigen Lebens unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens bereitzustellen,
4.
ergänzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe zu erbringen,
5.
Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu erbringen.

(3) Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor Rentenleistungen.

(4) Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie werden als Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keine Abweichungen vorsehen.

(5) Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei prüfen sie auch, welche Leistungen geeignet und zumutbar sind, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 2108 (BK 2108) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

2

Der im Jahre 1958 geborene Kläger absolvierte bis Mai 1977 eine Ausbildung zum Baufacharbeiter. Im Anschluss war er bis einschließlich 1997 als Eisenflechter und Zimmerer tätig. Diese Tätigkeiten gab er aufgrund einer Erkrankung seiner Wirbelsäule 1998 auf. Zu diesem Zeitpunkt bestand beim Kläger eine Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 und eine altersuntypische Chondrose Grad I im Segment L4/L5.

3

Mit Bescheid vom 5.4.2006 und Widerspruchsbescheid vom 26.7.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Die Wirbelsäulenerkrankung könne nicht als BK anerkannt werden, weil insbesondere die medizinischen Voraussetzungen für eine BK 2108 nicht vorlägen. Da in allen Wirbelsäulenabschnitten Verschleißerscheinungen bestünden, spreche das Schadensbild gegen eine berufliche Verursachung.

4

Das SG Chemnitz hat die Klagen mit Urteil vom 6.4.2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim Kläger bestehe zwar eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule bei L4/L5. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als BK lägen jedoch nach den Konsensempfehlungen (U. Bolm-Audorff et al, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheiten 2005/3, S 211, 214 ff) nicht vor. Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 29.1.2014 das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass bei dem Kläger eine BK 2108 vorliege. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, die bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule sei wesentlich durch die berufliche Einwirkung verursacht. Entsprechend den Konsensempfehlungen liege eine ausreichende Exposition für die Anerkennung einer BK 2108 vor. Der Ursachenzusammenhang zwischen dieser Belastung und der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers sei zu bejahen. Konkurrierende Ursachen seien nicht ersichtlich. Das bei Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bestehende Schadensbild entspreche der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen, bei deren Vorliegen die Verursachung hinreichend wahrscheinlich sei. Es liege zum einen eine besonders intensive Belastung im Sinne des zweiten Zusatzkriteriums dieser Konstellation vor, weil im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - auf die Hälfte des Richtwertes von 25 Meganewtonstunden (MNh) nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) für die Lebensdosis für Männer in weniger als 10 Jahren und damit auf 12,5 MNh abzustellen sei. Dieser Wert sei in dem 10-Jahreszeitraum vom 1.6.1977 bis 31.5.1987 mit rund 15 MNh erreicht worden. Zum anderen bestehe beim Kläger auch eine Höhenminderung und ein Prolaps an mehreren Bandscheiben im Sinne des ersten Zusatzkriteriums der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen, weil dieses Zusatzkriterium auch bei einem lediglich bisegmentalen Bandscheibenschaden erfüllt sei.

5

Die Beklagte rügt mit der vom Senat zugelassenen Revision die Verletzung des § 9 SGB VII iVm Nr 2108 der Anlage 1 zur BKV. Das Vorliegen einer BK 2108 könne nicht auf die Konstellation B2 der Konsensempfehlungen gestützt werden, weil der erforderliche wissenschaftliche Konsens nicht mehr vorliege. Divergierende Entscheidungen der LSGe zur Höhe des Richtwertes für die Lebensdosis als Indiz für eine besonders intensive Belastung im Sinne des zweiten Zusatzkriteriums zur Konstellation B2 der Konsensempfehlungen zeigten, dass hinsichtlich ihrer Anwendung nicht mehr von einem einheitlichen Meinungsstand ausgegangen werden könne. Die Konsensempfehlungen könnten deshalb nicht mehr als aktueller Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse betrachtet und die Anerkennung einer BK 2108 nicht mehr auf sie gestützt werden. Auch seien die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 nicht gegeben.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. April 2011 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Das LSG habe seiner Entscheidung den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zum Ursachenzusammenhang bei einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule zugrunde gelegt. Dieser sei weiterhin den Konsensempfehlungen zur BK 2108 zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide der Beklagten das Vorliegen einer BK 2108 festgestellt.

10

Die erhobenen Klagen sind als Anfechtungsklage gegen die ablehnenden Entscheidungen verbunden mit der auf Feststellung einer BK gerichteten Feststellungsklage zulässig. Der Übergang im Berufungsverfahren von der zunächst erhobenen Verpflichtungs- auf eine Feststellungsklage war nach § 99 Abs 3 SGG zulässig(vgl BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 42 = NZS 2012, 151).

11

Der Rechtsstreit richtet sich nach den Vorschriften des SGB VII (§ 212 SGB VII),weil der Versicherungsfall erst nach Inkrafttreten des SGB VII eingetreten ist. Rechtsgrundlage für die Anerkennung der streitigen BK ist § 9 Abs 1 SGB VII iVm Nr 2108 der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (BGBl I 2623), die lautet: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können". Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt (dazu unter A). Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität; dazu unter B). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt (dazu unter C). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 17). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 11/12 R - BSGE 114, 90 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2109 Nr 1, RdNr 12; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4, RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 9 mwN; zuletzt BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - NZS 2012, 151; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 14). Diese Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 sind hier erfüllt.

12

A.1. Der Kläger war im Anschluss an seine Ausbildung zum Baufacharbeiter von September 1975 bis Mai 1977 bis einschließlich 1997 und auch darüber hinaus als Eisenflechter und Zimmerer beschäftigt. Er war damit "Versicherter" iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII.

13

2. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unterlag der Kläger während seiner versicherten Tätigkeit im Zeitraum vom 1.9.1975 bis 30.6.1998 einer kumulativen Einwirkungsbelastung in Form von Hebe- und Tragevorgängen von 31 MNh (zur Bestimmung des Ausmaßes der beruflichen Einwirkungen bei der BK 2108 vgl auch BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 17 f, sowie zur Feststellung der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkung in Form von Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 20/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

14

3. Diese Belastungen erfolgten - wie der Tatbestand der Nr 2108 voraussetzt - auch langjährig, nämlich von September 1975 bis jedenfalls Ende 1997 und damit 22 Jahre. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern sind (so wörtlich das aktuelle Merkblatt 2108, BArbBl 2006, Heft 10, S 30, Abschnitt IV; vgl zum Merkmal "langjährig" bei der BK 2109 BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 11/12 R - BSGE 114, 90 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2109 Nr 1, RdNr 15; s zur BK 2108 bereits BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 10; BSG vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - USK 2004-101; vgl auch: Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK Nr 2108 - 2110 RdNr 7 mwN; "mindestens 10 Jahre" fordern Ricke in Kasseler Kommentar, Stand 5/2014, § 9 SGB VII RdNr 42; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand 12/2013, M 2108 Anm 2.2.2).

15

4. Nach den weiteren Feststellungen des LSG litt der Kläger im Juli 1998 an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Es lag eine Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sowie eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5 vor.

16

B. Im Ergebnis zu Recht hat das LSG den Ursachenzusammenhang zwischen gefährdenden Einwirkungen und der Bandscheibenerkrankung des Klägers bejaht. Für die Anerkennung einer BK ist neben der Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) ein Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und der Erkrankung erforderlich. Für die BK 2108 bedeutet dies, dass die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers durch langjähriges schweres Heben und Tragen bzw Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit verursacht worden sein muss. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung (s zum Arbeitsunfall die Entscheidungen des erkennenden Senats vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 34 ff sowie BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37; zu BKen s BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 13 sowie - B 2 U 26/04 R - UV-Recht Aktuell 2006, 497), die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolgs ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (zur Theorie der wesentlichen Bedingung: zuletzt eingehend BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37 f sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 28 ff).

17

1. Vorliegend hat das LSG unter Zugrundelegung des bindend festgestellten Einwirkungswerts iHv 31 MNh ausgehend vom MDD zutreffend angenommen, dass die versicherten Einwirkungen durch schweres Heben und Tragen ausreichten, um einen Bandscheibenschaden zu verursachen. Mit der Heranziehung des MDD zur Bestimmung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis folgt das LSG der Rechtsprechung des erkennenden Senats, der seit 2003 (BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 11 ff; BSG vom 19.8.2003 - B 2 U 1/02 R - USK 2003-219; BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 18 und zuletzt BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - UV-Recht Aktuell 2009, 295) dieses Modell als eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen angesehen hat. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis des MDD, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen (s zur Handhabung der hälftigen Orientierungswerte als Mindestbelastungswerte BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - UV-Recht Aktuell 2009, 295; BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 25; sowie BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R und B 2 U 20/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für Männer legt das MDD als Gesamtbelastungsdosis den Wert von 25 MNh fest, der hier mit 31 MNh erheblich überschritten war. Es kommt daher im hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, ob bereits ein geringerer, ggf hälftiger Wert dieses Orientierungswertes ausreichen würde, um von einem erhöhten Erkrankungsrisiko auszugehen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen nicht mehr verzichtet werden kann (vgl für Männer BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 25). Deshalb muss hier auch nicht entschieden werden, ob aufgrund der mittlerweile vorliegenden Ergebnisse der DWS-Richtwertestudie (DWS II; "Erweiterte Auswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie mit dem Ziel der Ableitung geeigneter Richtwerte", Kurztitel: "DWS-Richtwerteableitung", veröffentlicht unter http://www.dguv.de/ifa/Forschung/Projektverzeichnis/FF-FB_0155A.jsp) eine weitere Absenkung der Orientierungswerte angezeigt ist. Der Senat weist aber in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gemäß § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII generelle Voraussetzung für die Einführung eines BK-Tatbestandes die gruppenspezifische Risikoerhöhung gegenüber der Gesamtbevölkerung ist, deren Erreichen jedenfalls bei Werten iHv 3 MNh bedenklich erscheint(s nur Kranig, Was schadet den Bandscheiben?, DGUV Forum 2013, Nr 6, S 27, 31; vgl auch LSG Baden-Württemberg vom 25.9.2008 - L 10 U 5965/06 - Breith 2009, 307, RdNr 34 ff).

18

2. Das LSG hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen gefährdenden Einwirkungen im Sinne der BK 2108 und der Bandscheibenerkrankung des Klägers bejaht. Während die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK zum einen das Vorhandensein der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkungen und zum anderen die Kausalität zwischen diesen Einwirkungen und einer Erkrankung beinhalten, betreffen die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen ebenfalls zwei Aspekte der Anerkennungsvoraussetzungen, nämlich zum einen das Vorliegen der tatbestandlich vorausgesetzten Krankheit und zum anderen das Vorliegen eines Schadensbildes, welches mit der rechtlich-wesentlichen Verursachung dieser Krankheit durch die beruflichen Einwirkungen zumindest im Einklang steht (Bieresborn, Die Umsetzung der BK 2108 aus sozialrechtlicher Sicht, in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann , Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" , Frankfurt 2014, S 193, 194, 199). Aus dem Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen kann angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 26) nicht automatisch auf das Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen der BK 2108 geschlossen werden; vielmehr müssen medizinische Kriterien hinzukommen (BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 19; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2, RdNr 23; vgl BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 7/05 R - UV-Recht Aktuell 2006, 510 zur BK nach Nr 4302 der Anlage zur BKV; BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 34/03 R - USK 2004-107).

19

Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des maßgeblichen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands sowohl die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 zugrunde gelegt (dazu unter a) als auch das festgestellte Schadensbild diesen Erkenntnissen zugeordnet, mit dem Ergebnis, dass ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der sog Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorliegt (dazu unter b).

20

a) Nicht zu beanstanden ist, dass das LSG die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 (U. Bolm-Audorff et al, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit 2005/3, S 211, 216 ff, 228 ff) zugrunde gelegt hat. Diese bilden nach Überzeugung des Senats weiterhin den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ab. Die naturwissenschaftliche Kausalitätsprüfung ist zwar eine der Bindung fähige tatsächliche Feststellung der Instanzgerichte (vgl Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 9), jedoch sind nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die die einzelnen Tatbestandsmerkmale der jeweiligen BK unterfütternden allgemeinen (generellen) Tatsachen, die für alle einschlägigen BK-Fälle gleichermaßen von Bedeutung sind, anhand des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands auch revisionsrechtlich überprüfbar (grundlegend: BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 5/05 R - BSGE 96, 297 = SozR 4-5671 § 6 Nr 2, RdNr 19 sowie BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 23; s auch BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23; s zur älteren Senatsrechtsprechung, wonach diesbezügliche Feststellungen dem Anwendungsbereich des § 163 SGG zugerechnet wurden: BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr 16 S 83 = SozR 3-2700 § 9 Nr 4 = SozR 3-5670 Anl 1 Nr 2108 Nr 4, Juris RdNr 28; BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 15, jeweils mwN). Dies muss zunächst jedenfalls immer dann gelten, wenn diese zulässig gerügt werden (vgl hierzu BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine Bindung besteht allerdings nicht, wenn das LSG von einem offenkundig falschen medizinischen Erfahrungssatz ausgegangen ist (vgl BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 418). Inwieweit in der Rechtsprechung anderer Senate des BSG (zur Überprüfung sog "genereller Tatsachen" in der sonstigen Rechtsprechung des BSG vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 163 RdNr 7 sowie speziell im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung BSG vom 16.6.1999 - B 1 KR 4/98 R - BSGE 84, 90, 94 = SozR 3-1500 § 163 Nr 7, Juris RdNr 17 sowie BSG vom 12.8.2009 - B 3 KR 10/07 R - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 27 und zuletzt BSG vom 12.9.2012 - B 3 KR 10/12 R - BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 55; s zu "Rechtstatsachen" BSG vom 25.10.1994 - 3/1 RK 57/93 - SozR 3-1500 § 163 Nr 5, Juris RdNr 27, zu "allgemeinkundigen Tatsachen historischer Natur" BSG vom 7.2.1985 - 9a RV 5/83 - BSGE 58, 38, 42 = SozR 3100 § 5 Nr 7, Juris RdNr 17 sowie zu "gerichtskundigen Tatsachen" BSG vom 27.1.1977 - 7 RAr 16/75 - BSGE 43, 124, 127 = SozR 4100 § 41 Nr 28, Juris RdNr 30) eine solche Überprüfung genereller Tatsachen erfolgt, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls im Bereich des Rechts der BKen hat das BSG aufgrund der in den Normtexten der jeweiligen BKen in der Anlage zur BKV regelmäßig vertypisierten wissenschaftlichen Aussagen die Existenz der einschlägigen Erfahrungssätze selbst festzustellen. Das über das Vorliegen von BKen befindende Gericht muss sich folglich Klarheit darüber verschaffen, welches in der streitigen Frage der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist. Die heranzuziehenden Quellen, Fachbücher, Standardwerke, Merkblätter des zuständigen Ministeriums, Begründungen des Sachverständigenbeirats, Konsensempfehlungen etc hat das Gericht eigenständig kritisch zu würdigen und auf ihre Aktualität hin - ggf durch Sachverständige - zu überprüfen (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 24 RdNr 18; BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 68 f; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 20; vgl auch BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 20; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN).

21

Hierbei ist zunächst die Zugrundelegung der Konsensempfehlungen durch das LSG als Orientierungshilfe bei der Beurteilung, ob der Bandscheibenschaden des Klägers nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand durch die festgestellten beruflichen Einwirkungen verursacht wurde, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 sind nach wie vor eine hinreichende Grundlage für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands, wie der Senat zuletzt 2009 klargestellt hat (BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 418). Seitdem wurden zwar in Folge der Veröffentlichung der DWS II Fachaufsätze publiziert, die Zweifel an den Aussagen auch der Konsensempfehlungen äußern. Weder aus der DWS II noch den sonstigen Veröffentlichungen ist jedoch zu entnehmen, dass die Erkenntnisse der Konsensarbeitsgruppe aus dem Jahre 2005 gerade hinsichtlich der hier zugrunde gelegten Befundkonstellation inzwischen veraltet sein könnten. Sofern vertreten wird, dass inzwischen die Ergebnisse der DWS II die wesentlichen Grundannahmen aus den Konsenskriterien widerlegten, etwa weil die bisher angenommenen Einwirkungsgrößen zu hoch seien, die Lokalisation und Häufigkeit der Verteilung von Bandscheibenschäden zu 96% mit denen der Normalbevölkerung identisch sei, die Auswertungen der DWS II keine deutliche Abhängigkeit der Begleitspondylose von der MDD-Gesamtbelastungsdosis gezeigt habe oder Schäden an der HWS keine Aussagekraft zur Verursachung von LWS-Schäden hätten (M. Kentner und K. Frank, Kommentar zur DWS-Richtwertestudie und Implikationen hinsichtlich BK 2108 - Biomechanik vs. Pathophysiologie, zur Veröffentlichung in ASUMed 8/2015 vorgesehen; Linhardt/Grifka, Auswirkungen der Deutschen Wirbelsäulenstudie auf die Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule , MedSach 111 <2015>, 20, 21; Bergmann, Bolm-Audorff, Ditchen, Ellegast, Haerting, Kersten, Jäger, Skölziger, Kuß, Morfeld, Schäfer, Seidler, Luttmann, Lumbaler Bandscheibenvorfall mit Radikulärsyndrom und fortgeschrittene Osteochondrose, ZblArbeitsmed 2014, 233), handelt es sich erkennbar um wissenschaftliche Einzelmeinungen.

22

Die zitierten Publikationen setzen sich zum einen jeweils inhaltlich nicht mit der grundsätzlichen Kritik an der angewandten Methodik der Nachuntersuchung auseinander (s nur Grosser, Ergebnisse der Konsensarbeitsgruppe zur Begutachtung der BK 2108 - Status quo und Konsequenzen aus der DWS, in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann, Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" , Frankfurt 2014, S 84 ; Zagrodnik, Fragliche Belastungsdosis, DGUV Forum 2014, Nr 7/8, S 10 ff), zum anderen schöpfen sie ihre Kritik an den Aussagen der Konsensempfehlungen alleine aus den Ergebnissen der DWS II und wenden sich im Wesentlichen gegen die Bestimmung und Höhe der Einwirkungsgrößen, nicht aber gegen die Grundaussage der Konsensempfehlungen, dass Bandscheibenschäden aufgrund beruflich erworbener Druckbelastungs-Dosen entstehen können. Der Senat verkennt nicht, dass ein wissenschaftlicher Erkenntnisstand auch dadurch erschüttert werden kann, dass grundlegende und fundierte Zweifel seitens der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler diesem den Boden entziehen, ohne dass sich diese in ihrer Mehrheit auf einen neuen Konsens geeinigt hätten. Einzelne Gegenstimmen sind demgegenüber nicht geeignet, einen einmal gebildeten und sich in schriftlichen Beurteilungskriterien manifestierenden wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu erschüttern, solange nicht die daran beteiligten Autoren in ihrer Mehrheit diesen Konsens in wesentlichen Punkten aufkündigen oder eine (zumindest teilweise) personell anders zusammengesetzte große Mehrheit der mit dieser Materie befassten Fachwissenschaftler diesem Konsens entgegentritt.

23

b) Nicht zu beanstanden ist im Rahmen des soeben aufgezeigten Prüfumfangs die Aussage des LSG, dass bei dem Kläger die Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorliegt, für die diese eine Anerkennungsempfehlung aussprechen. So wie der erkennende Senat im Recht der BKen nicht gehindert ist, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu Verursachungszusammenhängen festzustellen, ist er ebenso wenig gehindert, die korrekte Zuordnung des Sachverhalts seitens des Berufungsgerichts unter diesen einschlägigen Erkenntnisstand zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, wenn dieser in Konsensempfehlungen verdichtet ist. Bei diesen handelt es sich freilich nicht um einen normativen Text oder ein antizipiertes Sachverständigengutachten, weil die Konsensempfehlungen weder vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber erlassen, noch von unabhängigen und der Neutralität verpflichteten Autoren verfasst wurden (P. Becker, ASUMed 2009, 592, 595). Daher sind sie für Verwaltung, Gerichte oder Gutachter auch nicht unmittelbar verbindlich (Siefert, ASR 2011, 45, 48) und es verbietet sich deren Auslegung unter strikter Anwendung der Regeln der juristischen Methodenlehre (vgl Bieresborn, Die Umsetzung der BK 2108 aus sozialrechtlicher Sicht aaO, S 199).Konsensempfehlungen dienen lediglich zur Erleichterung der Beurteilung im Einzelfall, um typische Befundkonstellationen im Hinblick auf die Kausalbeziehungen unter Zugrundelegung des aktuell wissenschaftlichen Erkenntnisstands einordnen zu können (Duell, Kranig, Palfner, BK-Begutachtungsempfehlungen - Wissen von Experten für Experten, DGUV Forum 2012, Nr 4 S 14, 16). Andererseits muss bei diesem Erkenntnisvorgang überprüfbar bleiben, ob das LSG nach allgemeinem Verständnis den von ihm festgestellten Sachverhalt (noch) vertretbar den in den Konsensempfehlungen aufgeführten Kategorien zugeordnet hat.

24

Für sämtliche Befundkonstellationen wird in den Konsensempfehlungen vorausgesetzt, dass die (gesicherte) bandscheibenbedingte Erkrankung nach ihrer Lokalisation die Segmente L5/S1 und/oder L4/L5 betrifft und eine Ausprägung als Chondrose Grad II oder höher und/oder als Vorfall hat. Sofern zusätzlich eine Begleitspondylose besteht (Befundkonstellation B1), gilt der Zusammenhang als wahrscheinlich. Liegt hingegen - wie hier nach den bindenden Feststellungen des LSG - keine Begleitspondylose vor, so wird der Zusammenhang nach den Konsensempfehlungen ua dann als wahrscheinlich betrachtet, wenn eine Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben besteht (Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 1. Alt). Alternativ müssen bei nur monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten "black discs" vorliegen (Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 2. Alt). Als weitere Alternativen genügt für die Konstellation B2 entweder das Bestehen einer besonders intensiven Belastung, wobei hierfür als "Anhaltspunkt" das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren (Befundkonstellation "B2", 2. Spiegelstrich - 2. Zusatzkriterium) gilt, oder eines besonderen Gefährdungspotenzials durch hohe Belastungsspitzen, wofür als "Anhaltspunkt" das Erreichen der Hälfte des "MDD-Tagesdosis-Richtwertes" durch hohe Belastungsspitzen (Frauen ab 4 1/2 kN, Männer ab 6 kN) (Befundkonstellation "B2", 3. Spiegelstrich - 3. Zusatzkriterium) verlangt wird.

25

Das LSG ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass beim Kläger die Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren - vorlag, bei der der Ursachenzusammenhang hinreichend wahrscheinlich ist. Es hat für den erkennenden Senat bindend festgestellt, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule in Form einer Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sowie eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5 ohne Begleitspondylose und keine konkurrierenden Ursachen vorlagen, sowie dass der Kläger im Zeitraum vom 1.6.1977 bis 31.5.1987 Belastungen von 15 MNh ausgesetzt war. Damit erreichte der Kläger also in weniger als 10 Jahren zwar nicht den Orientierungswert für Männer nach dem MDD iHv 25 MNh, überschritt jedoch mit 15 MNh die Hälfte dieses Wertes von 12,5 MNh.

26

Das LSG ist weiter davon ausgegangen, dass beim Kläger wegen dieses Überschreitens der hälftigen MDD-Dosis in Höhe von 12,5 MNh in weniger als 10 Jahren die für den Kausalzusammenhang der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - erforderliche besonders intensive Belastung vorlag. Den Konsensempfehlungen hat das LSG mithin den generellen wissenschaftlichen Erfahrungssatz entnommen, dass für die bei der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - erforderliche besonders intensive Belastung bei Männern das Erreichen der hälftigen MDD-Dosis iHv 25 MNh, nämlich des Wertes von 12,5 MNh in weniger als 10 Jahren genügt. Dieser Erfahrungssatz ist jedenfalls nicht offenkundig falsch. Der vom LSG aufgestellte allgemeine Erfahrungssatz kann vom Revisionsgericht zwar in den oben aufgezeigten Grenzen überprüft werden, denn die Feststellungen des LSG zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand im Recht der BKen unterliegen nicht von vornherein der in § 163 SGG angeordneten Bindung des Revisionsgerichts an tatrichterliche Feststellungen(vgl zB BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7).

27

Der Senat konnte aber im Rahmen seiner hierzu durchgeführten Überprüfung nicht zu der Erkenntnis gelangen, dass der vom LSG zugrunde gelegte Erfahrungssatz hinsichtlich der erforderlichen besonders intensiven Belastung des 2. Zusatzkriteriums der Konstellation B2 in der Wissenschaft allgemein angegriffen wird und deshalb offenkundig nicht dem aktuellen Erkenntnisstand entspricht. Der Wortlaut der Konsensempfehlungen selbst verlangt jedenfalls in der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - nur das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren, ohne dort konkret die "MDD-Lebensdosis" wie im 3. Zusatzkriterium zu erwähnen. Auch in der wissenschaftlichen Literatur wird (Seidler und Bolm-Audorff in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann, BK 2108, S 135, 138) teilweise auf die Hälfte des MDD-Richtwerts und damit für Männer auf eine Belastung von 12,5 MNh abgestellt. Allein dass auch eine andere Auffassung vertreten wird (für den Wert von 25 MNh wohl Grosser in: Grosser ua, BK 2108, S 83, 102) und die LSGe hier jeweils zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangen (vgl LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.2.2010 - L 14 U 78/06 - und vom 25.5.2011 - L 3 U 28/07; LSG Berlin-Brandenburg vom 6.5.2010 - L 3 U 19/06 - und vom 19.1.2012 - L 2 U 24/09 ZVW - sowie Bayerisches LSG vom 31.1.2013 - L 17 U 244/06), reicht nicht dafür aus, die Feststellungen des LSG zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand als offensichtlich fehlerhaft in Frage zu stellen.

28

Ein medizinischer Erfahrungssatz entspricht in der Regel dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, wenn er von allen oder den meisten in dem entsprechenden Fachgebiet Kundigen vertreten wird. Er kann aber auch dann den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, wenn er nicht von allen im jeweiligen Erkenntnissystem Handelnden geteilt wird und auch abweichende Auffassungen vertreten werden. Ein Erkenntnisstand kann sich fortlaufend verändern (vgl hierzu Hase, Sozialrecht und die Integration gesellschaftlichen Wissens, in Masuch ua , Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats, 2014, S 423, 429 ff). Deshalb kann allein aus dem Vorliegen unterschiedlicher Auffassungen bei den im entsprechenden Fachgebiet Kundigen nicht geschlossen werden, dass ein Erfahrungssatz falsch ist oder nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht. Für den Senat war danach nicht erkennbar, dass der vom LSG zugrunde gelegte wissenschaftliche Erfahrungssatz hinsichtlich der besonders intensiven Belastung bei dem 2. Zusatzkriterium der Konstellation B2 offenkundig falsch ist oder in der Wissenschaft allgemein angegriffen wird. Dies ist auch dem Vorbringen der Revision nicht zu entnehmen. Sie stützt sich lediglich darauf, dass die Konsensempfehlungen im Ganzen und hinsichtlich der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - im Besonderen aufgrund der dargestellten divergierenden Auffassungen keine hinlänglich zuverlässige Grundlage mehr für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands seien. Dies ist jedoch - wie oben ausgeführt - hinsichtlich der Konsensempfehlungen insgesamt unzutreffend. Der Senat sieht sich nach seinen eigenen Erkenntnissen jedenfalls auch nicht veranlasst, diesen vom LSG zugrunde gelegten wissenschaftlichen Erfahrungssatz zu korrigieren.

29

Insofern besteht zwar aufgrund des durchaus kontroversen Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse im konkreten Anwendungsfall der BK 2108 die auch von der Beklagten beschriebene Gefahr, dass Tatsachengerichte zur Feststellung unterschiedlicher Erfahrungssätze gelangen können, die dann jeweils revisionsrechtlich - in den aufgezeigten Grenzen - akzeptiert werden müssten. Dieses Ergebnis ist jedoch zum einen die logische Folge der den Gerichten nur eingeschränkt eröffneten Möglichkeiten, sich den tatsächlichen aktuellen medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu verschaffen. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit ist aber zum anderen zumindest partiell auch Folge des Normtatbestands der BK 2108, dessen Reform der Senat bereits mehrfach angemahnt hat (vgl insbesondere BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 28 ff). Der Senat hat bereits im Jahre 2007 (aaO) betont, dass eine gleichmäßige Rechtsanwendung nur gewährleistet ist, wenn sich die zur Definition einer BK verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe mit Hilfe des von den Gerichten feststellbaren wissenschaftlichen Erkenntnisstands hinreichend konkretisieren lassen. Eine rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechende Handhabung der BK-Tatbestände und insbesondere des Tatbestands der BK 2108 ist nicht mehr möglich, wenn sich eine tragfähige wissenschaftliche Grundlage für die Beurteilung der jeweils zu untersuchenden Ursachenzusammenhänge im Prozess nicht mehr ermitteln lässt, sei es, weil einschlägige Forschungsergebnisse überhaupt fehlen oder weil sie keine allgemein akzeptierten Erkenntnisse (mehr) liefern (so bereits BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 8 ff). Der Senat hat hierbei auch darauf hingewiesen, dass der Verordnungsgeber mittels ggf erst zu schaffender oder besser auszustattender Fachgremien den wissenschaftlichen Erkenntnisstand über Ursachenzusammenhänge zwischen beruflichen Einwirkungen und der Entstehung von Krankheiten umfassend ermitteln kann (allgemein zu den Problemen der Feststellung des Stands der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft im BK-Recht auch für den Verordnungsgeber vgl Spellbrink, SR 2014, 140, 144 ff). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass sich der Verordnungsgeber in den letzten Jahren dieser Aufgabe gestellt und etwa im Rahmen seiner gesetzlichen Ermächtigung (§ 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) abstrakt-generelle Voraussetzungen der BK 2108 zB in Form von Dosiswerten diskutiert hätte. Auf die Angabe solcher "Grenzwerte" oder anderer Präzisierungen hat der Verordnungsgeber bei der BK 2108 bislang gerade verzichtet, woraus sich ein Großteil der auch im vorliegenden Fall erheblichen Anwendungsprobleme der Norm erklärt. Ob der erkennende Senat diese Anwendungsprobleme bei der BK 2108 auch in Zukunft als rechtsstaatlich noch tolerierbar betrachten kann, wird hier ausdrücklich offengelassen.

30

Da mithin bereits revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das 2. Zusatzkriterium der Befundkonstellation "B2" vorliegt, kann hier dahinstehen, ob für die Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 1. Alt als "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" auch ein bisegmentaler Befund ausreichen würde (so Sächsisches LSG vom 21.6.2010 - L 2 U 170/08 LW - und LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 11.7.2013 - L 6 U 59/11; Seidler und Bolm-Audorff in Grosser ua BK 2108, S 134, 138; anders Hessisches LSG Urteil vom 18.8.2009 - L 3 U 202/04 - und vom 27.3.2012 - L 3 U 81/11; Bayerisches LSG Urteil vom 31.1.2013 - L 17 U 244/06 ; Grosser in: Grosser ua BK 2108, S 83, 101), was das LSG ebenfalls angenommen hat.

31

C. Schließlich ist auch die weitere Voraussetzung der Aufgabe der die Wirbelsäule belastenden Tätigkeit für die Anerkennung einer BK 2108 erfüllt. Nach den bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger nur bis Juni 1998 in seiner versicherten Tätigkeit Belastungen der Wirbelsäule ausgesetzt und gab sämtliche wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten im Juli 1998 auf.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts R. vom 22. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundessozialgericht.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob der Kläger auf Grund des Unfalls vom 29.06.2004 einen Rotatorenmanschettendefekt an der rechten Schulter erlitten und Anspruch auf eine Verletztenrente hat bzw. ob zumindest eine stützende Erwerbsminderung besteht.
Der am … geborene Kläger ist gelernter Schlossermeister und war als solcher bis 2001 selbständig tätig. Danach hat er als angestellter Monteur bei der Firma L. L.- und T. GmbH, L.-E. im europäischen Ausland Lackieranlagen installiert. Nach seinen Angaben hat er stark armbelastende Arbeiten, vielfach über Kopf ausgeführt (VA 03/0167918/5, Bl. 53). Der Kläger hat 2 Arbeitsunfälle erlitten, bei denen die Schultern betroffen waren. Am 26.08.2003 verdrehte er sich den linken Arm. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Verletztenrente wegen des Unfalls ab. Der Kläger habe eine folgenlos verheilte Zerrung der linken Schulter erlitten und keine Verletzung der Rotatorenmanschette links (Bescheid vom 13.07.2004, Widerspruchsbescheid vom 13.10.2004). Die dagegen vor dem Sozialgericht R. (SG) geführte Klage blieb erfolglos (Urteil vom 27.11.2006 - Az. S 4 U 3316/04), die Berufung dagegen ruhte wegen der Prüfung eines Stützrententatbestands aus dem streitgegenständlichen Unfall (Az. L 9 U 1220/07). Anlässlich jenes ersten Unfalls wurde der Kläger im Verwaltungsverfahren am 24.05.2004 durch Dr. C., Krankenhaus S. orthopädisch begutachtet (Bl. 50 ff), wobei Vergleichsbefunde der rechten Schulter erhoben wurden. Der behandelnde Arzt für Chirurgie Dr. T. berichtete dem SG von beidseitigen Schultereckgelenksarthrosen (Bl. 21 SG-Akte). Im SG-Verfahren (bezüglich des Unfalles am linken Arm) wurde der Kläger von Prof. Dr. L., Leiter der Sektion Schulter- und Ellenbogenchirurgie Universität H. (Gutachten vom 14.07.2005) und nach § 109 SGG von Dr. C. (Gutachten vom 12.01.2006) begutachtet, die übereinstimmend die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter für verschleißbedingt hielten.
Den - streitgegenständlichen - weiteren Unfall vom 29.06.2004 die rechte Schulter betreffend meldete die IKK Baden-Württemberg der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Eingang am 16.11.2004. Nach den vom Einsatzort, Autohaus F. in E., am 08.11.2004 bestätigten Angaben des Klägers ihr gegenüber sei der Kläger bei einer Montagetätigkeit in der Schweiz am 29.06.2004 beim Einsteigen ins Auto (Laderaum eines Transporters Mercedes Vito) mit dem Bohrmaschinenkoffer in der rechten Hand gegen den Autotürrahmen geschlagen, sodass der rechte Arm nach hinten weggerissen worden und ihm der Koffer aus der Hand gefallen sei. Er habe einen plötzlichen stechenden Schmerz in der rechten Schulter verspürt und Arm und Hand für ca. eine Stunde nicht mehr bewegen können. Anschließend war er nach Hause gefahren und hatte sich am nächsten Tag in Behandlung in der Chirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. T./B. begeben, von wo eine inklomplette Rotatorenmanschettenläsion rechte Schulter mitgeteilt wurde (Arztanfrage vom 05.11.2004, Bl. 7 VA). Arbeitsunfähigkeit bestand zunächst vom 30.06. bis 09.07.2004. Danach hat der Kläger seine Tätigkeit wieder aufgenommen. Nach anhaltenden Beschwerden erfolgte am 22.11.2004 eine arthroskopische und im März 2005 eine weitere operative Revision.
Das von der IKK vorgelegte Vorerkrankungsverzeichnis ist hinsichtlich der rechten Schulter leer und weist für die linke Schulter den og. Rotatorenmanschettendefekt aus. Die Fa. L. teilte mit, dass sie von einer Erkrankung im Schulterbereich und nicht von einem Arbeitsunfall ausgehe (Schreiben vom 17.12.2004, Bl. 22 VA). Die Beklagte zog die Unterlagen den Unfall am linken Arm betreffend bei. Aktenkundig ist das og. chirurgische Gutachten von Dr. C. mit röntgenologischem Zusatzgutachten, das dieser auf Grund einer Untersuchung am 24.05.2004 zur Zusammenhangsfrage zwischen dem ersten Unfall vom 26.08.2003 und dem Rotatorenmanschettendefekt links erstellt hat. Darin wird noch vor dem streitgegenständlichen Unfall auch die rechte Schultergelenksbeweglichkeit als eingeschränkt beschrieben und ein älterer wohl degenerativer Bizepssehnenabriss am rechten Ellenbogen festgestellt. Dr. T. berichtete auf Nachfrage am 21.01.2005 (Bl. 26 VA) von einer Verletzung der rechten Schulter durch eine schwere Zerrung bei Überkopfarbeiten Ende 2000/Anfang 2001, wegen der er den Kläger am 27.04.2001 behandelt hatte und die seither Probleme bereitet habe. Auf Grund der Untersuchung am 30.06.2004 mit Sonographie diagnostizierte er eine ältere degenerative Rotatorenteilruptur rechts, Zustand nach Teilruptur der distalen Bizepssehne und des Tricepsmuskels rechts. Zum Vorstellungszeitpunkt waren keine Zeichen einer äußeren Gewalteinwirkung mehr nachweisbar. Im beigefügten Operationsprotokoll vom 22.11.2004 wird die Diagnose Frozen Shoulder bei kleiner gelenkseitiger Rotatorenmanschettenruptur und intraartikulärer sowie subacromialer Synovitis gestellt.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Dr. H., R., das orthopädische Gutachten vom 23.02.2005. Er stellte u.a. eine schmerzhafte Schultersteife rechts und eine ausgeprägte Rotatorenmanschettendegenration mit Supraspinatussehnenruptur (Bl. 48 VA) fest. Das Unfallereignis, das er als schwungvolle Retroversionsbewegung des rechten Schultergelenks unter gleichzeitigem axialen Zug durch einen 10 kg schweren Hiltikoffer bewertete, sei nicht geeignet, die Ruptur einer intakten Rotatorenmanschette zu verursachen. Angesichts des offenbar erheblichen degenerativen Vorschadens an der rechten wie auch an der linken Schulter, was mit der Berufsanamnese vereinbar sei, komme dem geringfügigen Unfallmechanismus nur die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zu. Unfallschäden bestünden nicht mehr.
Mit Bescheid vom 12.04.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Der Widerspruch des Klägers, den er durch Verweis auf die im Parallelverfahren von Prof. Dr. L. erhobenen Befunde und Vorlage eines orthopädischen Gutachtens von Dr. A., Innsbruck zur Frage einer Invaliditätspension in Österreich vom 07.06.2005 begründete, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005).
Dagegen hat der Kläger am 08.11.2005 Klage zum Sozialgericht R. (SG - Az. S 4 U 3800/05) erhoben und geltend gemacht, dass er trotz seiner schweren körperlichen Arbeit nur geringfügige degenerative Veränderungen in beiden Schultergelenken gehabt habe. Der Unfall vom 29.06.2004 habe die Ruptur der Rotatorenmanschette hervorgerufen.
Das SG hat von Amts wegen keine Ermittlungen angestellt und auf das Kostenrisiko des Klägers gem. § 109 SGG das Gutachten von Dr. ST., Leiter der Chirurgischen Klinik des Bundeswehrkrankenhauses U., eingeholt - auf dessen Anregung und mit Einverständnis des Klägers nach Aktenlage. Dieser äußerte in seinem Gutachten vom 08.06.2006 Zweifel an der erst nachträglichen Unfallschilderung nach der ersten ärztlichen Behandlung. Es bestünden deshalb Zweifel, ob es sich um ein adäquates Unfallereignis gehandelt habe. Selbst wenn die nachträgliche Schilderung des Klägers als wahr unterstellt werde, könne nicht von einem adäquaten Unfallmechanismus für eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion ausgegangen werden. Die isolierte Ruptur der Supraspinatussehne ohne Beteiligung anderer Strukturen weise per se auf eine nicht traumatische Genese hin. Auf Grund der durch das Gutachten des Dr. C. belegten vorbestehenden deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit der rechten Schulter seien die Gesundheitsstörungen dort eindeutig auf degenerative Veränderungen zurückzuführen; dem Unfall komme nur der Charakter einer Gelegenheitsursache zu. Unfallfolgen seien nicht festzustellen.
Gestützt auf die Gutachten und die Auskunft der behandelnden Chirurgen Dr. T. und B. hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.11.2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Unfall vom 29.06.2004 allenfalls eine akute Bursitis im Bereich der rechten Schulter verursacht habe, die am 09.07.2004 folgenlos ausgeheilt gewesen sei und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht hinterlassen habe. Der unstreitig vorhandene ausgeprägte Rotatorenmanschettendefekt rechts sei auch unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur nicht auf den Unfall zurückzuführen. Bereits ein geeigneter Unfallhergang habe nach der Schilderung des Klägers nicht vorgelegen. Zweifel, ob überhaupt ein Unfall stattgefunden habe, seien berechtigt, nachdem der Kläger gegenüber Dr. T. keine dementsprechenden Angaben gemacht habe. Gegen einen Unfallzusammenhang spreche, dass der Kläger eine isolierte Ruptur der Supraspinatussehne ohne Beteiligung anderer Strukturen erlitten habe, was auf eine nicht traumatische Genese hinweise. Zu beachten sei, dass durch die Begutachtung durch Dr. C. ca. einen Monat vor dem streitgegenständlichen Unfall ein erheblicher Vorschaden belegt sei. Unter umfassender Abwägung aller für die Kausalitätsprüfung erheblichen Gesichtspunkte seien Dr. H. und Dr. ST. schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die beim Kläger im Bereich des rechten Schultergelenkes vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht unfallbedingt, sondern degenerativ seien. Der Kläger habe deshalb keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
10 
Gegen den seiner Prozeßbevollmächtigten am 10.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 20.12.2007 beim SG Berufung eingelegt und das Begehren auf Feststellung von Unfallfolgen und Entschädigung weiterverfolgt (Az. L 2 U 158/08). Der Unfall habe stattgefunden, auch wenn er - aus welchen Gründen auch immer - bei Dr. T. nicht dokumentiert worden sei. Bei dem Werkzeugkoffer an der Hand habe es sich um einen 22 kg schweren, großen Hiltikoffer gehandelt. Es komme nicht darauf an, ob der Unfallmechanismus eine völlig intakte, gesunde Schulter bzw. Rotatorenmanschette betreffe, da der Kläger in der gesetzlichen Unfallversicherung mit seinen bestehenden Vorschäden versichert sei. Der Kläger habe erst seit dem Unfall gravierende und anhaltende Beschwerden in der rechten Schulter. Das operative Ergebnis sei nicht zufriedenstellend. Im Jahre 2001 sei die rechte Schulter röntgenologisch unauffällig gewesen.
11 
Der Senat hat - ohne weitere Ermittlungen anzustellen - die Berufung mit Urteil vom 24.09.2008 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass auch zur Überzeugung des Senats der Unfall folgenlos ausgeheilt sei, die noch bestehenden Beschwerden degenerativ bedingt seien. Den Beweisantrag des Klägers, ein weiteres Gutachten zur Feststellung eines geeigneten Unfallhergangs unter Berücksichtigung des Gewichts des Koffers von 22 kg einzuholen, hat der Senat abgelehnt. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin hat das Bundessozialgericht im Hinblick darauf durch Beschluss vom 02.04.2009 das Senatsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Ohne Tatsachenfeststellungen über die Schwere des Hilti-Koffers und eine mögliche weitere medizinische Begutachtung könne über die umstrittene Anerkennung der Rotatorenmanschettenläsion rechts als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente nicht abschließend entschieden werden. Der Senat hat das Verfahren unter dem Az. L 2 U 1936/09 fortgesetzt.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts R. vom 22. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen als Folge des Unfalls vom 29. Juni 2004 eine Rotatorenmanschettenläsion anzuerkennen sowie dem Kläger eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu gewähren, unter Aufrechterhaltung der bislang gestellten Beweisanträge.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid weiterhin für zutreffend.
17 
Der Senat hat zunächst den Kläger um Angaben zum Typ des Hilti-Koffers gebeten. Unter Vorlage von 8 Fotos, die auch den Inhalt des Koffers mit Bohrmaschine, diversen verschiedenen Bohrern und 2 Dosen zeigten, hat der Kläger den - in seinem Eigentum befindlichen - Koffer-Typ mit TE 35 angegeben. Die Firma Hilti teilte hierzu auf schriftliche Anfrage des Senats und nach Vorlage der Fotos ein ermitteltes Gewicht von 13,17 kg mit (Schreiben vom 15.10.2009, Bl. 30 LSG). Der Kläger ist dem mit der Begründung entgegengetreten, dass nach telefonischer Rücksprache für die Fa. Hilti der Kofferinhalt zum Teil nicht identifizierbar gewesen sowie weiterer Inhalt zum Teil verdeckt gewesen sei. Im Übrigen seien zum Unfallzeitpunkt noch 6 weitere Bohrer im Koffer gewesen, die zwischenzeitlich wegen Beschädigung ersatzlos aussortiert worden seien. Bereits ohne diese habe der Koffer auf seiner Waage ein Gewicht von 18,854 kg gezeigt. Sowohl seine Ehefrau als auch sein Schwiegersohn könnten Angaben zum Inhalt des Koffers machen.
18 
Die Fa. L. Luft- und Trockentechnik bestätigte auf Nachfrage, dass Hilti-Werkzeugmaschinen zur persönlichen Werkzeugausrüstung des Klägers gehört haben, die nicht von ihnen gestellt worden seien.
19 
Peter F. teilte auf die Befragung durch den Senat schriftlich mit, dass sich der Kläger beim Verladen seines Werkzeuges Hilti-Maschine für die Rückreise nach Deutschland sein Handgelenk und Arm stark eingeklemmt habe. Er habe über starke Schmerzen geklagt. Den genauen Unfallhergang habe er nicht gesehen, da er neben dem Fahrzeug sein Werkzeug zusammengeräumt habe und der Kläger in seinem Fahrzeug gewesen sei (Schreiben vom 30.11.2009).
20 
Der Senat hat Dr. H. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem Gutachten nach Aktenlage vom 18.05.2010 hat dieser die Auffassung vertreten, dass das Gewicht des Koffers von Bedeutung für die Beurteilung des Unfallereignisses sei, er eine Quantifizierung jedoch nicht vornehmen könne und ihm im Übrigen die biomechanischen Grundlagen und Kriterien zur Beantwortung der Fragen fehlten. Sodann hat Prof. Dr. L., jetzt Zentrum für Schulter und Ellenbogenchirurgie ATOS Klinik H., am 06.09.2010 im Auftrag des Senats ein weiteres fachorthopädisches unfallchirurgisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage die rechte Schulter betreffend erstattet. Er stellte Narbenbildung, Muskelminderung, Druckschmerzen, hochgradige Bewegungseinschränkung und Kraftminderung der rechten Schulter nach operativ versorgter Läsion der Rotatorenmanschette sowie eine Muskelminderung und Verformung des Muskelbauches am Oberarm beugeseitig bei veralteter distaler Bizepssehnenläsion fest. In Bezug auf das Gewicht des Koffers könne keine der Sachverhaltsvarianten - 13,17 kg oder 22 kg - eindeutig als nicht geeigneter Mechanismus bezeichnet werden. Nach den überlassenen Informationen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bereits vor dem Ereignis am 29.06.2004 ein struktureller Schaden im Bereich der rechten Schulter bestanden habe, der zu diesem Zeitpunkt auch bereits zu Beschwerden und einer Funktionsbeeinträchtigung geführt habe (Arztbrief Dr. T. vom 27.04.2001, Gutachten Dr. C. einen Monat vor dem Ereignis). Dem Bizepssehnenabriss komme hingegen keine Bedeutung zu, da dieser in Ellenbogennähe stattgefunden habe. Unvorstellbar sei allerdings, dass der Kläger nach einer akuten Zerreißung der Rotatorenmanschette mit hochgradiger aktiver Bewegungseinschränkung seine Berufstätigkeit als Schlossermeister bereits nach 2 Wochen wieder aufnehmen konnte. Eine derart hochgradige Beeinträchtigung hätte dem Arbeitgeber und/oder Arbeitskollegen auffallen müssen. Selbst einfache Montagearbeiten seien bei einem derart weitgehenden Funktionsverlust des dominanten rechten Armes nicht vorstellbar. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Angaben zum Gewicht des Koffers könne mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sich der Untersuchte bei dem Ereignis vom 29.06.2004 eine Zerrung der rechten Schulter zugezogen hat und die in der Folge diagnostizierte Läsion der Rotatorenmanschette überwiegend auf alterungs- und verschleißbedingten Veränderungen zurückzuführen sei. Unfallfolgen seien nicht mehr feststellbar.
21 
Ergänzend hat Prof. Dr. L. zu den noch vom Kläger vorgelegten Aufnahmen in bildgebenden Verfahren und den Einlassungen der Prozessbevollmächtigten am 02.11.2010 Stellung genommen. Insbesondere die Arthroskopieaufnahmen vom 21.11.2004 haben seine Auffassung von einer schicksalhaften Erkrankung bestätigt. Von einer Vergrößerung eines strukturellen Vorschadens durch den Unfall könne nicht ausgegangen werden, da im Rahmen der Operation vom 21.11.2004 eine strukturell relevante Schädigung der Supraspinatussehne nicht festgestellt worden sei.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Az. 04/0231885/1 (Unfall vom 29.06.2004) und 03/0167918/5 (Unfall vom 26.08.2003) sowie die Akten des SG S 4 U 3316/04, die Akten des LSG Baden-Württemberg L 9 U 1220/07, die Akte des BSG B 2 U 281/08 B und die Prozessakten beider Rechtszüge (S 4 U 3800/05; L 2 U 158/08; L 2 U 1936/09) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
24 
Die statthafte (§§ 143,144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) sowie frist- und formgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2005 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge und daraus resultierender Entschädigung.
25 
Richtige Klageart für das auf Entschädigung gerichtete Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i. V. m. einer Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG).
26 
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Gemäß § 72 SGB VII beginnt eine Rente nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, das bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation (s. § 46 SGB VII) gezahlt wird. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127,128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass unter vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 55, 285, 286).
27 
Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung und die begehrten Leistungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger hat zwar an seinem Einsatzort beim Autohaus F. in der Schweiz einen versicherten Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig und von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid inzidenter anerkannt worden ist, auch wenn die Beklagte einen Gesundheitsschaden nicht ausdrücklich festgestellt hat. Auf Grund der vorliegenden ärztlichen Berichte - insbesondere nach dem Operationsprotokoll vom 22.11.2004 und dem Bericht von Dr. T. vom 21.01.2005 - steht fest, dass bei dem Kläger auch ein Rotatorenmanschettendefekt besteht. Der Senat sieht jedoch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall am 29.04.2006 und der später bei dem Kläger diagnostizierten Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
31 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
32 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
33 
Der geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass entsprechend den oben genannten Grundsätzen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass die bei dem Kläger vorliegende Rotatorenmanschettenruptur in der rechten Schulter mit ihren Auswirkungen rechtlich wesentlich auf den Unfall vom 29.06.2004 zurückzuführen ist. Es fehlt an der haftungsausfüllenden Kausalität. Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem Unfall eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert wurde, ist keine ausreichende Begründung für einen ursächlichen Zusammenhang (Hepp/Lambert, Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren - eine Zusammenarbeit von Richter und medizinischem Sachverständigen, Med.Sach 2009, 181).
34 
Zunächst teilt der Senat hinsichtlich eines geeigneten Unfallereignisses - als ein Anhaltspunkt für die Zusammenhangsbewertung - auch weiterhin die vom SG und von Dr. ST. geäußerten Zweifel an der jetzigen Hergangsschilderung des Klägers, die Rückschlüsse auf die biomechanischen Abläufe in der rechten Schulter im Zeitpunkt des Unfalles zulassen. Dr. T. als Erstbehandler hat ein Unfallereignis nicht dokumentiert und den Kläger wegen bereits vorbestehender Schulterbeschwerden behandelt. Unerklärlich ist weiterhin, warum eine Unfallmeldung an die Beklagte bei dem von ihm behaupteten gravierenden Befund nicht unmittelbar nach dem Unfall vom Kläger, sondern erst über vier Monate danach von der Krankenkasse veranlasst wurde, obwohl der Kläger bereits durch den vorausgegangenen Unfall über das Prozedere informiert war und bereits in dem diesbezüglichen Verwaltungsverfahren die Anerkennung weiterer Unfälle als Arbeitsunfall von der Klägervertreterin versucht worden war. Die Einlassung gegenüber dem BSG, der Kläger habe den Unfall lange Zeit falsch eingeschätzt, überzeugt vor dem Hintergrund des geltend gemachten Gesundheitsschadens nicht. Auch sein Arbeitgeber ging von einer Erkrankung und nicht von einem Unfall aus. Peter F. hat in seiner Auskunft gegenüber dem Senat nun angegeben, den Unfall nicht genau gesehen zu haben, da sich der Kläger im Auto befunden und sich dort eingeklemmt habe. Dies deckt sich nicht mit der Angabe des Klägers, er sei aus schnellem Gehen heraus mit dem Werkzeugkoffer gegen den Autotürholmen geprallt. Auch die Angaben des Klägers hinsichtlich des Gewichts des Werkzeug-Koffers sind fragwürdig, zumal sie erst nach Ausschöpfung der prozessualen Mittel zur medizinischen Sachaufklärung korrigiert wurden und damit einen anderen Unfallhergang beschrieben haben. Zunächst hat der Kläger gegenüber Dr. H. ein Gewicht von ca. 10 kg angegeben und erst im Berufungsverfahren ein mehr als doppelt so hohes Gewicht von 22 kg behauptet. Nach der Übermittlung seiner Angaben und Fotos dazu an die Fa. Hilti hat diese ein Gewicht von 13,17 kg ermittelt. Es ist wenig überzeugend, wenn nun Teile gefehlt haben bzw. überdeckt gewesen sein sollen, um ein höheres Gewicht zu konstruieren. Dem brauchte jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil auch unter Zugrundelegung der Schilderung des Klägers als wahr die medizinischen Ermittlungen weiterhin einen Kausalzusammenhang nicht belegt haben.
35 
Der Senat stützt seine Entscheidung auf das orthopädische Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. L., auf die Gutachten von Dr. H. und Dr. ST. und die Arztberichte von Dr. T., die übereinstimmend einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall am 29.06.2004 und der Rotatorenmanschettenruptur verneint haben. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass kein Arzt - auch nicht der Wahlgutachter oder der behandelnde Arzt Dr. T. - den vom Kläger behaupteten Kausalzusammenhang bestätigt. Den Senat überzeugt die Einschätzung von Prof. Dr. L. deshalb, da er unter Berücksichtigung der wesentlichen Kriterien, nämlich differenzierter Auswertung der verfügbaren Informationen über die Vorgeschichte, den vom Kläger geschilderten Ereignisablauf, den Primärbefund und den Heilungsverlauf für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargestellt hat, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers auf alterungs- und verschleißbedingten Veränderungen beruhen und dass dem Unfall vom 29.06.2004 auch nicht die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache hierfür zukommt. Die Unfallfolgen sind auch zur Überzeugung des Senats folgenlos ausgeheilt, so dass sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit dafür nicht feststellen lässt. Die festgestellten schweren Veränderungen in der rechten Schulter des Klägers, die noch starke Einschränkungen der Funktionstüchtigkeit des Armes hervorrufen, sind hingegen degenerativ bedingt und nicht mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen. Die Indizien, die gegen eine traumatische Läsion wesentlicher Teile der Rotatorenmanschette sprechen, überwiegen bei weitem, auch wenn ausgehend von der Hergangsschilderung des Klägers und den verschiedenen Gewichtsvarianten kein eindeutig ungeeigneter Mechanismus zur Einflussnahme auf die Rotatorenmanschette vorgelegen hat, weil ein massives plötzliches Rückwärtsreißen des Armes nach medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen als geeigneter Verletzungsmechanismus angesehen wird.
36 
Zunächst ist von einer Vorschädigung der betroffenen rechten Schulter auszugehen. Dokumentiert durch die klinischen Vorbefunde - Arztbericht von Dr. T. vom 27.04.2001 drei Jahre und das Gutachten von Dr. C. vom 24.05.2004 einen Monat vor dem Ereignis vom 29.06.2004 - ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bereits vor dem angeschuldigten Unfall im Bereich der rechten Schulter ein struktureller Schaden bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt auch bereits Beschwerden verursacht und zu einer Funktionsbeeinträchtigung geführt hat. Danach sind seit mehreren Jahren bestehende Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und eindeutige Bewegungseinschränkungen durch die Bewegungsmaße und klinische Untersuchung - eingeschränkter Nacken- und Schürzengriff - belegt. Als weiterer Hinweis auf eine Schadensanlage belegt der Befundbericht über eine Kernspintomographie von Dr. H. vom 26.10.2004 eine deutliche subacromiale Enge. Zudem hat eine verletzungstypische Veränderung, nämlich eine vollständige Ruptur, nicht vorgelegen, was durch den Operationsbericht vom 22.11.2004 bestätigt ist. Insbesondere die vom Kläger nachgereichten Aufnahmen der Arthroskopie vom 21.11.2004 haben den verschleißtypischen Befund weiter untermauert, der nach der gängigen Literaturauffassung nur als durch eine Einengung des Gleitraumes für die Obergrätensehne unter dem Schulterdach (sog. Impingement) verursacht angesehen werden kann, zumal eine strukturell relevante Schädigung der Supraspinatussehne nicht vorgelegen hat. Zum Heilungsverlauf bei einem strukturell vergleichbaren Schaden im Rahmen einer Gewalteinwirkung ohne vollständige Kontinuitätsunterbrechung der Sehne hat Prof. Dr. L. ausgeführt, dass dann innerhalb von bis zu 3 Monaten mit einer Heilung zu rechnen ist, da es nicht zu einem Auseinanderweichen der Sehnenfasern kommt. Von daher überzeugt es den Senat, dass die Aufnahmen für einen stadienhaften Verlauf einer schicksalhaften alterungs- und verschleißbedingten Erkrankung der Rotatorenmanschette sprechen, zumal sich die klinischen Vorbefunde ebenfalls mit einer Teilläsion der Supraspinatussehne in Einklang bringen lassen. Zu einem vollständigen Sehnendefekt kam es unfallunabhängig offenbar erst zwischen dem 21.11.2004 und der 2. Operation am 29.03.2005.
37 
Weiter gegen eine unfallbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette spricht der Umstand, dass der Kläger bereits nach 2 Wochen seine Berufstätigkeit als Schlossermeister wieder aufgenommen hat. Selbst wenn dies nach seiner Einlassung nur in eingeschränkter Form geschehen sein sollte, so ist Prof. Dr. L. darin zuzustimmen, dass nach einer akuten Zerreißung der Rotatorenmanschette mit hochgradiger aktiver Bewegungseinschränkung die Wiederaufnahme einer körperlichen Arbeit, die zudem vom Kläger als belastend geschildert wurde, innerhalb dieser Zeitspanne bei einem derart weitgehenden Funktionsverlust des dominanten rechten Armes nicht vorstellbar ist und nach der Lebenswahrscheinlichkeit dem Arbeitgeber hätte auffallen müssen. Ebenso spricht das Fehlen von äußeren Verletzungszeichen wie Schwellungen und Bluterguss gegen ein spontanes Ereignis. Von daher überzeugt es insgesamt, wenn der Gutachter als Verletzungsfolge eine folgenlos ausgeheilte Zerrung annimmt.
38 
Den mit Schriftsatz vom 26.01.2011 ausdrücklich aufrechterhaltenen Beweisanträgen war nicht (mehr) Folge zu leisten. Zwar kam es im Rahmen der Ermittlungen zum tatsächlichen Gewicht des Hilti-Koffers des Klägers zu unterschiedlichen Angaben. Nach Auskunft der Firma Hilti hätte der Koffer ein Gewicht von 13,17 kg, nach Auskunft des Klägers dagegen von 22 kg gehabt (aufgrund angeblich weiterer zusätzlicher Werkzeuge). Nach dem fachärztlichen Gutachten von Prof. Dr. L. war jedoch unabhängig vom Gewicht des Koffers der vom Kläger zuletzt geschilderte Unfallhergang grundsätzlich theoretisch geeignet, einen traumatischen Riss der Obergrätensehne herbeizuführen. Folglich kann dahingestellt bleiben, wie schwer der Hilti-Koffer des Klägers tatsächlich war. Daher musste den Beweisanträgen auf Vernehmung der Ehefrau und des Schwiegersohnes zum Gewicht des Koffers nicht mehr nachgegangen werden.
39 
Desweiteren wurde auch der damalige Kunde, auf dessen Gelände sich der Unfall ereignet hatte, Herr F., zum Unfallhergang im Wege einer schriftlichen Auskunft des Zeugen vom 30.11.2010 (auf Anschreiben des Senats vom 12.10.2010) vernommen. Weitere Beweisanträge lagen nicht vor.
40 
Bezüglich des im vorangegangenen Verfahren L 2 U 158/08 gestellten Antrags nach § 109 SGG auf Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens durch Prof. Wiedemann (Schriftsatz vom 13.6.2008) war bereits mit Schreiben vom 16.6.2008 von Seiten des Senats darauf hingewiesen worden, dass das Antragsrecht nach § 109 SGG im Hinblick auf das bereits im SG-Verfahren eingeholte Gutachten bei Dr. ST. (Unfallchirurg) verbraucht ist. Hieran hält der Senat auch nach wie vor fest. Dieser Antrag wurde im Übrigen auch im auf Grund der Zurückverweisung durch das BSG fortgeführten Verfahren nicht mehr wiederholt.
41 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG trägt die Entscheidung dem Rechnung, dass der Kläger sein Prozessziel mit der Zurückverweisung der Sache an den Senat erreicht hat.
43 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
23 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
24 
Die statthafte (§§ 143,144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) sowie frist- und formgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2005 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge und daraus resultierender Entschädigung.
25 
Richtige Klageart für das auf Entschädigung gerichtete Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i. V. m. einer Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG).
26 
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Gemäß § 72 SGB VII beginnt eine Rente nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, das bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation (s. § 46 SGB VII) gezahlt wird. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127,128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass unter vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 55, 285, 286).
27 
Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung und die begehrten Leistungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger hat zwar an seinem Einsatzort beim Autohaus F. in der Schweiz einen versicherten Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig und von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid inzidenter anerkannt worden ist, auch wenn die Beklagte einen Gesundheitsschaden nicht ausdrücklich festgestellt hat. Auf Grund der vorliegenden ärztlichen Berichte - insbesondere nach dem Operationsprotokoll vom 22.11.2004 und dem Bericht von Dr. T. vom 21.01.2005 - steht fest, dass bei dem Kläger auch ein Rotatorenmanschettendefekt besteht. Der Senat sieht jedoch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall am 29.04.2006 und der später bei dem Kläger diagnostizierten Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
31 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
32 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
33 
Der geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass entsprechend den oben genannten Grundsätzen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass die bei dem Kläger vorliegende Rotatorenmanschettenruptur in der rechten Schulter mit ihren Auswirkungen rechtlich wesentlich auf den Unfall vom 29.06.2004 zurückzuführen ist. Es fehlt an der haftungsausfüllenden Kausalität. Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem Unfall eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert wurde, ist keine ausreichende Begründung für einen ursächlichen Zusammenhang (Hepp/Lambert, Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren - eine Zusammenarbeit von Richter und medizinischem Sachverständigen, Med.Sach 2009, 181).
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Zunächst teilt der Senat hinsichtlich eines geeigneten Unfallereignisses - als ein Anhaltspunkt für die Zusammenhangsbewertung - auch weiterhin die vom SG und von Dr. ST. geäußerten Zweifel an der jetzigen Hergangsschilderung des Klägers, die Rückschlüsse auf die biomechanischen Abläufe in der rechten Schulter im Zeitpunkt des Unfalles zulassen. Dr. T. als Erstbehandler hat ein Unfallereignis nicht dokumentiert und den Kläger wegen bereits vorbestehender Schulterbeschwerden behandelt. Unerklärlich ist weiterhin, warum eine Unfallmeldung an die Beklagte bei dem von ihm behaupteten gravierenden Befund nicht unmittelbar nach dem Unfall vom Kläger, sondern erst über vier Monate danach von der Krankenkasse veranlasst wurde, obwohl der Kläger bereits durch den vorausgegangenen Unfall über das Prozedere informiert war und bereits in dem diesbezüglichen Verwaltungsverfahren die Anerkennung weiterer Unfälle als Arbeitsunfall von der Klägervertreterin versucht worden war. Die Einlassung gegenüber dem BSG, der Kläger habe den Unfall lange Zeit falsch eingeschätzt, überzeugt vor dem Hintergrund des geltend gemachten Gesundheitsschadens nicht. Auch sein Arbeitgeber ging von einer Erkrankung und nicht von einem Unfall aus. Peter F. hat in seiner Auskunft gegenüber dem Senat nun angegeben, den Unfall nicht genau gesehen zu haben, da sich der Kläger im Auto befunden und sich dort eingeklemmt habe. Dies deckt sich nicht mit der Angabe des Klägers, er sei aus schnellem Gehen heraus mit dem Werkzeugkoffer gegen den Autotürholmen geprallt. Auch die Angaben des Klägers hinsichtlich des Gewichts des Werkzeug-Koffers sind fragwürdig, zumal sie erst nach Ausschöpfung der prozessualen Mittel zur medizinischen Sachaufklärung korrigiert wurden und damit einen anderen Unfallhergang beschrieben haben. Zunächst hat der Kläger gegenüber Dr. H. ein Gewicht von ca. 10 kg angegeben und erst im Berufungsverfahren ein mehr als doppelt so hohes Gewicht von 22 kg behauptet. Nach der Übermittlung seiner Angaben und Fotos dazu an die Fa. Hilti hat diese ein Gewicht von 13,17 kg ermittelt. Es ist wenig überzeugend, wenn nun Teile gefehlt haben bzw. überdeckt gewesen sein sollen, um ein höheres Gewicht zu konstruieren. Dem brauchte jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil auch unter Zugrundelegung der Schilderung des Klägers als wahr die medizinischen Ermittlungen weiterhin einen Kausalzusammenhang nicht belegt haben.
35 
Der Senat stützt seine Entscheidung auf das orthopädische Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. L., auf die Gutachten von Dr. H. und Dr. ST. und die Arztberichte von Dr. T., die übereinstimmend einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall am 29.06.2004 und der Rotatorenmanschettenruptur verneint haben. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass kein Arzt - auch nicht der Wahlgutachter oder der behandelnde Arzt Dr. T. - den vom Kläger behaupteten Kausalzusammenhang bestätigt. Den Senat überzeugt die Einschätzung von Prof. Dr. L. deshalb, da er unter Berücksichtigung der wesentlichen Kriterien, nämlich differenzierter Auswertung der verfügbaren Informationen über die Vorgeschichte, den vom Kläger geschilderten Ereignisablauf, den Primärbefund und den Heilungsverlauf für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargestellt hat, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers auf alterungs- und verschleißbedingten Veränderungen beruhen und dass dem Unfall vom 29.06.2004 auch nicht die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache hierfür zukommt. Die Unfallfolgen sind auch zur Überzeugung des Senats folgenlos ausgeheilt, so dass sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit dafür nicht feststellen lässt. Die festgestellten schweren Veränderungen in der rechten Schulter des Klägers, die noch starke Einschränkungen der Funktionstüchtigkeit des Armes hervorrufen, sind hingegen degenerativ bedingt und nicht mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen. Die Indizien, die gegen eine traumatische Läsion wesentlicher Teile der Rotatorenmanschette sprechen, überwiegen bei weitem, auch wenn ausgehend von der Hergangsschilderung des Klägers und den verschiedenen Gewichtsvarianten kein eindeutig ungeeigneter Mechanismus zur Einflussnahme auf die Rotatorenmanschette vorgelegen hat, weil ein massives plötzliches Rückwärtsreißen des Armes nach medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen als geeigneter Verletzungsmechanismus angesehen wird.
36 
Zunächst ist von einer Vorschädigung der betroffenen rechten Schulter auszugehen. Dokumentiert durch die klinischen Vorbefunde - Arztbericht von Dr. T. vom 27.04.2001 drei Jahre und das Gutachten von Dr. C. vom 24.05.2004 einen Monat vor dem Ereignis vom 29.06.2004 - ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bereits vor dem angeschuldigten Unfall im Bereich der rechten Schulter ein struktureller Schaden bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt auch bereits Beschwerden verursacht und zu einer Funktionsbeeinträchtigung geführt hat. Danach sind seit mehreren Jahren bestehende Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und eindeutige Bewegungseinschränkungen durch die Bewegungsmaße und klinische Untersuchung - eingeschränkter Nacken- und Schürzengriff - belegt. Als weiterer Hinweis auf eine Schadensanlage belegt der Befundbericht über eine Kernspintomographie von Dr. H. vom 26.10.2004 eine deutliche subacromiale Enge. Zudem hat eine verletzungstypische Veränderung, nämlich eine vollständige Ruptur, nicht vorgelegen, was durch den Operationsbericht vom 22.11.2004 bestätigt ist. Insbesondere die vom Kläger nachgereichten Aufnahmen der Arthroskopie vom 21.11.2004 haben den verschleißtypischen Befund weiter untermauert, der nach der gängigen Literaturauffassung nur als durch eine Einengung des Gleitraumes für die Obergrätensehne unter dem Schulterdach (sog. Impingement) verursacht angesehen werden kann, zumal eine strukturell relevante Schädigung der Supraspinatussehne nicht vorgelegen hat. Zum Heilungsverlauf bei einem strukturell vergleichbaren Schaden im Rahmen einer Gewalteinwirkung ohne vollständige Kontinuitätsunterbrechung der Sehne hat Prof. Dr. L. ausgeführt, dass dann innerhalb von bis zu 3 Monaten mit einer Heilung zu rechnen ist, da es nicht zu einem Auseinanderweichen der Sehnenfasern kommt. Von daher überzeugt es den Senat, dass die Aufnahmen für einen stadienhaften Verlauf einer schicksalhaften alterungs- und verschleißbedingten Erkrankung der Rotatorenmanschette sprechen, zumal sich die klinischen Vorbefunde ebenfalls mit einer Teilläsion der Supraspinatussehne in Einklang bringen lassen. Zu einem vollständigen Sehnendefekt kam es unfallunabhängig offenbar erst zwischen dem 21.11.2004 und der 2. Operation am 29.03.2005.
37 
Weiter gegen eine unfallbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette spricht der Umstand, dass der Kläger bereits nach 2 Wochen seine Berufstätigkeit als Schlossermeister wieder aufgenommen hat. Selbst wenn dies nach seiner Einlassung nur in eingeschränkter Form geschehen sein sollte, so ist Prof. Dr. L. darin zuzustimmen, dass nach einer akuten Zerreißung der Rotatorenmanschette mit hochgradiger aktiver Bewegungseinschränkung die Wiederaufnahme einer körperlichen Arbeit, die zudem vom Kläger als belastend geschildert wurde, innerhalb dieser Zeitspanne bei einem derart weitgehenden Funktionsverlust des dominanten rechten Armes nicht vorstellbar ist und nach der Lebenswahrscheinlichkeit dem Arbeitgeber hätte auffallen müssen. Ebenso spricht das Fehlen von äußeren Verletzungszeichen wie Schwellungen und Bluterguss gegen ein spontanes Ereignis. Von daher überzeugt es insgesamt, wenn der Gutachter als Verletzungsfolge eine folgenlos ausgeheilte Zerrung annimmt.
38 
Den mit Schriftsatz vom 26.01.2011 ausdrücklich aufrechterhaltenen Beweisanträgen war nicht (mehr) Folge zu leisten. Zwar kam es im Rahmen der Ermittlungen zum tatsächlichen Gewicht des Hilti-Koffers des Klägers zu unterschiedlichen Angaben. Nach Auskunft der Firma Hilti hätte der Koffer ein Gewicht von 13,17 kg, nach Auskunft des Klägers dagegen von 22 kg gehabt (aufgrund angeblich weiterer zusätzlicher Werkzeuge). Nach dem fachärztlichen Gutachten von Prof. Dr. L. war jedoch unabhängig vom Gewicht des Koffers der vom Kläger zuletzt geschilderte Unfallhergang grundsätzlich theoretisch geeignet, einen traumatischen Riss der Obergrätensehne herbeizuführen. Folglich kann dahingestellt bleiben, wie schwer der Hilti-Koffer des Klägers tatsächlich war. Daher musste den Beweisanträgen auf Vernehmung der Ehefrau und des Schwiegersohnes zum Gewicht des Koffers nicht mehr nachgegangen werden.
39 
Desweiteren wurde auch der damalige Kunde, auf dessen Gelände sich der Unfall ereignet hatte, Herr F., zum Unfallhergang im Wege einer schriftlichen Auskunft des Zeugen vom 30.11.2010 (auf Anschreiben des Senats vom 12.10.2010) vernommen. Weitere Beweisanträge lagen nicht vor.
40 
Bezüglich des im vorangegangenen Verfahren L 2 U 158/08 gestellten Antrags nach § 109 SGG auf Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens durch Prof. Wiedemann (Schriftsatz vom 13.6.2008) war bereits mit Schreiben vom 16.6.2008 von Seiten des Senats darauf hingewiesen worden, dass das Antragsrecht nach § 109 SGG im Hinblick auf das bereits im SG-Verfahren eingeholte Gutachten bei Dr. ST. (Unfallchirurg) verbraucht ist. Hieran hält der Senat auch nach wie vor fest. Dieser Antrag wurde im Übrigen auch im auf Grund der Zurückverweisung durch das BSG fortgeführten Verfahren nicht mehr wiederholt.
41 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG trägt die Entscheidung dem Rechnung, dass der Kläger sein Prozessziel mit der Zurückverweisung der Sache an den Senat erreicht hat.
43 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls streitig.

2

Der Kläger war an der Universität B. als Student eingeschrieben. Am 15.12.2008 fiel er auf einem Bahnsteig des Hauptbahnhofs B., an dem die zur Universität führende Bahn abfährt, um. Er prallte mit dem Kopf auf den Boden und blieb liegen. Durch den Aufprall erlitt er ein Schädel-Hirntrauma mit Blutungen im Gehirn. Die Beklagte lehnte die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 29.4.2009) und wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 9.3.2010). Der Kläger habe keinen Arbeitsunfall erlitten. Zwar habe eine innere Ursache für den Sturz nicht festgestellt werden können, dies lasse aber nicht den Schluss zu, dass eine versicherte Tätigkeit oder andere betrieblich bedingte Umstände für das Unfallereignis ursächlich gewesen seien.

3

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verurteilt, das Ereignis vom 15.12.2008 als Arbeitsunfall anzuerkennen (Urteil vom 30.7.2012). Neben der versicherten Tätigkeit des Zurücklegens des Weges zur Universität sei keine weitere Ursache feststellbar, sondern allenfalls denkbar, sodass mangels Konkurrenzursache keine Zweifel an der Unfallkausalität bestünden. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2014). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe zwar einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Der Unfall sei jedoch nicht "infolge" einer versicherten Tätigkeit eingetreten. Die Einwirkung auf den Körper des Klägers sei zwar objektiv, dh im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn, nicht aber rechtlich wesentlich durch dessen zuvor verrichtete Tätigkeit (Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Universität) verursacht worden. Weshalb der Kläger umgefallen sei, sei nicht aufklärbar. Das BSG fordere im Kontext der Wegeunfallversicherung bei der Wesentlichkeitsprüfung, dass sich bei dem Geschehen eine dem Schutzzweck der Wegeversicherung entsprechende, spezifische Gefahr realisiere. Die Wesentlichkeit der Wirkursache sei eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen. Wie und warum der Kläger umgefallen sei, sei nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht mehr feststellbar. Damit könne auch die Verwirklichung einer spezifischen Verkehrsgefahr nicht festgestellt werden. Allein im Umfallen und Aufschlagen auf dem Boden habe sich kein spezifisches Wegerisiko verwirklicht.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Die Unfallkausalität sei immer gegeben, wenn neben der versicherten Tätigkeit keine weiteren konkurrierenden Ursachen festgestellt werden könnten. Die Prüfung, ob die versicherte Tätigkeit rechtlich wesentlich gewesen sei, habe nur zu erfolgen, wenn noch weitere Ursachen festgestellt würden. Dies folge aus dem Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung, weil bei vielen Unfällen der genaue Hergang nicht geklärt werden könne. Das Vorliegen einer inneren Ursache oder anderer konkurrierender Ursachen habe das LSG gerade nicht festgestellt.

5

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Mai 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 30. Juli 2012 zurückzuweisen.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Die Ablehnung der Feststellung des Ereignisses vom 15.12.2008 als Arbeitsunfall in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Arbeitsunfall iS des § 8 Abs 1 iVm Abs 2 Nr 1 SGB VII erlitten.

9

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl zuletzt BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - SozR 4-2700 § 101 Nr 2 RdNr 16 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; vgl auch BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20).

10

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar erlitt der Kläger einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII(dazu unter 1.). Den Feststellungen des LSG ist jedoch bereits nicht zu entnehmen, welche konkrete Verrichtung mit welcher Handlungstendenz der Kläger in dem Moment des Unfalls ausübte, sodass schon fraglich ist, ob der Kläger unmittelbar vor dem Unfall als Studierender iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII in der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auf einem Weg nach dem Ort seiner Studientätigkeit versichert war(dazu 2.). Dies kann aber letztlich offen bleiben, denn der Unfall stellt jedenfalls schon deshalb keinen Arbeitsunfall iS des § 8 SGB VII dar, weil das Unfallereignis dem allein hier als versicherte Tätigkeit in Betracht kommenden Zurücklegen eines solchen Weges rechtlich nicht zugerechnet werden kann(dazu 3.).

11

1. Der Kläger erlitt am 15.12.2008 auf dem Bahnsteig eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Er schlug mit dem Kopf auf den Boden auf, wodurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkte (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 14). Dies führte zu einem seine körperliche Unversehrtheit verletzenden Schädel-Hirntrauma mit Blutungen im Bereich des Gehirns.

12

2. Offen bleiben kann, ob der Kläger unmittelbar vor dem Unfall einer versicherten Verrichtung iS des § 8 Abs 2 Nr 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII nachgegangen ist. Als eingeschriebener Student einer Universität war der Kläger am 15.12.2008 Studierender iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII(vgl zu diesem Begriff BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 24/11 R - SozR 4-2200 § 539 Nr 2 RdNr 13 ff) und damit während seiner Ausbildung an der Hochschule in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (vgl zur versicherten Tätigkeit zuletzt BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 13 ff und - B 2 U 10/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 32 RdNr 15 ff, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, sowie - B 2 U 13/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 31 RdNr 15 f; vgl auch BSG vom 26.9.1996 - 2 RU 12/96 - SozR 3-2200 § 539 Nr 36 und vom 4.7.1995 - 2 RU 45/94 - HVBG-INFO 1995, 2377 jeweils mit weiteren Nachweisen). Damit stand er grundsätzlich gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auf einem mit dieser versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort dieser Tätigkeit unter Versicherungsschutz. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) befand sich der Kläger auf dem unmittelbaren Weg von seiner Wohnung zum Ort seiner versicherten Tätigkeit, der Universität. Der Unfall ereignete sich auf dem Bahnsteig, von dem eine zur Universität führende Bahn abfuhr.

13

Dass der Versicherte sich auf dem unmittelbaren Weg zwischen dem Ort seiner versicherten Tätigkeit und seiner Wohnung befindet, reicht jedoch für den Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nicht aus. Vielmehr muss auch die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses in einem sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges stehen. Ein solcher sachlicher Zusammenhang besteht, wenn das konkrete Handeln des Versicherten zur Fortbewegung auf dem Weg zur oder von der versicherten Tätigkeit gehört (BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 11 mwN). Andernfalls wäre jede Handlung auf einem Weg iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII vom Versicherungsschutz umfasst. Einen solchen "Wegebann" kennt die gesetzliche Unfallversicherung hingegen nicht.

14

Wie das BSG seit seiner Entscheidung vom 9.12.2003 (B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3) in ständiger Rechtsprechung betont hat (vgl nur Urteile vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25, vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 und - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 22 f sowie vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32), ist maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung der grundsätzlich versicherten Fortbewegung dient, die Handlungstendenz des Versicherten (zuletzt Urteile vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 12 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 18). Das Handeln muss subjektiv - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 31 und vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14). Darüber hinaus muss sich die subjektive Handlungstendenz als von den Instanzgerichten festzustellende Tatsache im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (vgl BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 11 mwN). Eine Verrichtung in diesem Sinne ist jedes konkrete, räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Für die Prüfung ist dabei regelmäßig die kleinste beobachtbare Handlungssequenz maßgebend (vgl Spellbrink, WzS 2011, 351, 354).

15

Das LSG hat offen gelassen, ob der Kläger unmittelbar vor dem Sturz gestanden hat oder gegangen ist. Auch eine andere Verrichtung ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Selbst wenn der Aufenthalt des Klägers auf dem Bahnsteig an sich - allerdings als dann nicht mehr kleinste beobachtbare Handlungssequenz - ausnahmsweise als die maßgebliche Verrichtung angesehen würde, bleibt dennoch die objektivierte Handlungstendenz im Zeitpunkt des Unfallereignisses, zu dem Ort der Tätigkeit - hier der Universität - zu gelangen, mangels entsprechender Feststellungen durch das LSG offen. Daher kann schon nicht beurteilt werden, ob ein sachlicher Zusammenhang der zur Zeit des Unfallereignisses ausgeübten Verrichtung mit dem grundsätzlich versicherten Zurücklegen des Weges bestand.

16

Ungeachtet dessen, ob sich die Verrichtung und Handlungstendenz überhaupt noch aufklären lassen, kann im vorliegenden Fall aber dahinstehen, ob der soeben dargestellte sachliche Zusammenhang mit der Verrichtung im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegeben war. Denn selbst wenn ein solcher sachlicher Zusammenhang angenommen würde, scheitert der Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Arbeitsunfalls jedenfalls daran, dass der Unfall nicht "infolge" des Zurücklegens dieses Weges eingetreten und ihm deshalb rechtlich nicht zuzurechnen ist.

17

3. Der Unfall ist nicht einer versicherten Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII zuzurechnen, weil sich nicht feststellen lässt, dass sich mit dem Aufprall auf dem Bahnsteig eine Gefahr verwirklicht hat, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt.

18

a) Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod sowohl objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 32 ff mwN).

19

Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung mithin voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage. Wie bereits ausgeführt, ist die Verrichtung des Klägers vor dem Unfallereignis vom LSG nicht festgestellt worden, sodass die Annahme eines Ursachenzusammenhangs bereits an der ersten Stufe scheitert. Dies kann - wie bereits angedeutet - aber letztlich dahinstehen, weil sich jedenfalls bei dem Unfall des Klägers kein spezifisches Wegerisiko verwirklicht hat.

20

Selbst wenn eine versicherte Tätigkeit als Wirkursache feststeht, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass eine versicherte Verrichtung - wie hier ggf das Stehen auf dem Bahnsteig - wegen ihrer objektiven (Mit-)Verursachung der Einwirkung - die hier gerade nicht festgestellt ist - auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R, aaO, RdNr 33 ff).

21

Ob eine Ursache rechtlich wesentlich ist, ist auch dann zu prüfen, wenn sie als alleinige Ursache festgestellt ist, weil andere (Mit-)Ursachen nicht erwiesen oder nicht in Betracht zu ziehen sind. Denn auch in diesem Fall wird die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers nur begründet, wenn sich durch den Unfall, der durch die versicherte Verrichtung objektiv verursacht wurde, eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die die Versicherung schützen soll. Diese Voraussetzung wird zumeist erfüllt sein, bedarf aber stets der Entscheidung (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R, aaO, RdNr 42). Dem stehen die vom Kläger benannten Urteile des Senats vom 30.1.2007 (B 2 U 23/05 R - BSGE 98, 79 = SozR 4-2700 § 8 Nr 22) und vom 17.2.2009 (B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31) nicht entgegen. Nach den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten waren die dort vom LSG festgestellten Verrichtungen unmittelbar vor dem Unfall der jeweiligen versicherten Tätigkeit zuzurechnen und die nichtversicherten Ursachen waren lediglich mögliche Wirkursachen. Entscheidend war aber auch dort, dass sich durch den Unfall jeweils eine Gefahr verwirklicht hatte, vor der der jeweilige Versicherungstatbestand gerade schützen sollte, nämlich die Gefahr eines Sturzes während des der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Laufens bzw eines Verkehrsunfalls während des dem Zurücklegen des Weges zuzurechnenden Steuerns eines Kraftfahrzeugs. Somit war dort die im vorliegenden Fall zu verneinende Frage, ob sich jeweils im Hinblick auf diese Verrichtung durch das Unfallereignis eine Gefahr verwirklicht hatte, vor der die gesetzliche Unfallversicherung schützen soll, unproblematisch zu bejahen.

22

b) Das Umfallen und der Aufprall des Klägers auf den Bahnsteig war danach jedenfalls nicht rechtlich wesentlich durch eine zuvor versicherte Tätigkeit verursacht worden. Wie ausgeführt, ist den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG lediglich zu entnehmen, dass sich der Kläger auf dem Bahnsteig befand. Das LSG konnte jedoch nicht feststellen, von welchen konkreten Umständen das Unfallereignis begleitet war. Insbesondere steht nicht fest und ist nach den insoweit unangegriffenen Beweiswürdigungen des LSG auch nicht mehr feststellbar, ob der Kläger unmittelbar vor dem Ereignis sich bewegt hat, sodass er dabei möglicherweise stolperte oder ausrutschte, oder ob er aus dem Stand umfiel, ob er angerempelt wurde, gegen eine Vitrine stieß, ob die Bodenverhältnisse auf dem Bahnsteig den Sturz bewirkten oder ob ggf eine (innere) Erkrankung bestand. Mithin ist nicht feststellbar, welche Faktoren im Zeitpunkt des Sturzes und Aufpralls auf den Kläger eingewirkt haben. Damit kann auch nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich durch das Unfallereignis ein Risiko verwirklicht hat, vor dem gerade die Wegeunfallversicherung Schutz gewähren soll.

23

Die Wegeunfallversicherung schützt, wie der Senat zuletzt entschieden hat, vor Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen während der Zurücklegung des Weges hervorgehen (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 20 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 45). Zwar könnte das Risiko, beim Gehen durch Stolpern oder Ausrutschen, durch einen Zusammenstoß mit einer Vitrine oder durch den Anstoß anderer Personen zu stürzen, jeweils von dem Schutzzweck der Wegeunfallversicherung umfasst sein. Solche äußeren Einwirkungen auf den Körper des Klägers müssten als solche aber zunächst konkret festgestellt sein, was hier gerade nicht der Fall ist. Ihre Nichterweislichkeit geht zu Lasten des Klägers.

24

c) Die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, müssen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 mwN). In der Wegeunfallversicherung wie auch sonst bei anderen Versicherungstatbeständen der gesetzlichen Unfallversicherung besteht keine Vermutungsregel, dass bei Verrichtung einer versicherten Tätigkeit unmittelbar vor dem Unfallereignis der Unfall objektiv und rechtlich wesentlich durch diese versicherte Tätigkeit verursacht wurde. Sind - wie hier - die Umstände, die vor dem Unfallereignis unmittelbar auf den Kläger eingewirkt haben, unbekannt, kann nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Sturz durch ein Risiko verursacht wurde, gegen das die gesetzliche Unfallversicherung beim Zurücklegen des Weges nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII Schutz gewähren soll.

25

Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen hat nach den Regeln der objektiven Beweislast der Kläger zu tragen. Für die erforderlichen Feststellungen der Tatsachen können ua die Angaben des Versicherten, Bekundungen von Zeugen und Sachverständigen sowie sonstige Umstände herangezogen werden. Die Beklagte und die Vorinstanzen haben - soweit ersichtlich - alle denkbaren Beweismittel ausgeschöpft. Insofern werden auch von der Revision keine Rügen erhoben. Ist danach dennoch das zum Unfallereignis führende Geschehen und insbesondere - wie hier - die zum Unfallereignis führende Kausalkette nicht aufklärbar, geht dies zu Lasten des Versicherten (vgl hierzu BSG vom 27.3.1990 - 2 RU 45/89 - HV-INFO 1990, 1181 mwN; vgl auch BSG vom 28.6.1984 - 2 RU 54/83 - HV-INFO 1984, Nr 15, 40 bis 44). Wie bereits oben ausgeführt, kann ohne Feststellung der konkreten Kausalkette nicht aus der bloßen Tatsache des "auf dem Wege seins" abgeleitet werden, dass sich auch eine Gefahr realisiert hat, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt. Ein solcher "Wegebann" entspricht nicht dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Entgegen der Auffassung der Revision führt auch der allgemeine Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung nicht dazu, dass die Nichterweislichkeit der Ursache bei ungeklärtem Unfallhergang jeweils zu Lasten des Unfallversicherungsträgers geht. Denn die Einstandspflicht und damit der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung besteht auch in der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Verrichtung erfüllte Versicherungstatbestand der Wegeunfallversicherung schützen soll. Ein solches spezifisches Wegerisiko als Unfallursache ist hier aber nicht feststellbar, was zu Lasten des Klägers geht.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. August 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger aufgrund des Unfallereignisses vom 20. Juli 2006 eine Verletztenrente zu gewähren ist.

Der 1971 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt bei der A. AG bei der Karosserie-Aufbaulinie A3 beschäftigt. Er verletzte sich am 20. Juli 2006 am Handgelenk und an der Schulter, als sich ein verklemmter Kappenfräser löste. Er wurde von dem schweren Maschinenteil an der linken Schulter und am Rücken getroffen und zu Boden geworfen. Nach dem Bericht des Durchgangsarztes Dr. L. vom 20. Juli 2006 bestanden eine Prellung des rechten Unterarms, eine Prellung des linken Schulterblattes sowie eine Schürfwunde. Eine Fraktur wurde nicht diagnostiziert. Es bestand weiter Arbeitsfähigkeit. Im Nachschaubericht vom 12. Oktober 2006 gab Dr. L. als Befund eine Prellung rechter Unterarm, linkes Schulterblatt, eine Schürfwunde sowie eine Myogelose Schulter und Rücken an. Seit zwei Wochen übe der Kläger eine neue Tätigkeit mit regelmäßigem Heben von 5 kg aus; es seien jetzt Schmerzen und eine Verspannung im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule (BWS) und Reibegeräusche in der rechten Schulter mit gelegentlichen ziehenden Schmerzen aufgetreten. Im Bericht vom 6. Januar 2007 werden nach Angabe des Klägers immer wieder Schmerzen und Verspannungen der BWS und des rechten Schultergelenks, die sich mit wechselnder Arbeitstätigkeit Anfang Oktober 2006 verstärkt hätten, berichtet.

Eine Kernspintomographie der HWS vom 2. Oktober 2007 zeigte einen kleinen rechtsparamedianen Bandscheibenvorfall im Segment HWK 3/4 ohne Nachweis einer Myelpathie oder einer Einengung des Spinalkanals. Dr. D. diagnostizierte am 4. Oktober 2007 ein leichtgradiges Sulcus-Ulnaris-Syndrom rechts/links eher als Radikulopathie C 8. Mit Nachschaubericht des Dr. L. vom 10. Januar 2008 wird von der Angabe des Klägers über Schmerzen seit dem Unfall in beiden Schulterblättern berichtet, beide Schultern waren im Befund mit normaler Funktion, die Halswirbelsäule (HWS) frei, leichte Verspannung paravertebral. Mit Krankheitsbericht des Dr. L. vom 28. Januar 2008 wird auf ein Begehren des Klägers, eine neu entdeckte BWS-Verletzung von der Beklagten anerkannt zu bekommen, hingewiesen.

Eine Kernspintomographie der HWS vom 30. Januar 2008 ergab einen im Vergleich zur Voruntersuchung vom 2. Juli 2007 unveränderten Befund mit unverändert kleinem rechtsparamedian betontem Bandscheibenprolaps im Segment HWK 3/4 mit initialen ossären Abstützreaktionen.

In dem Bericht über die Kernspintomographie des linken Schultergelenks vom 13. März 2008 wird über aktivierte AC-Gelenksarthrose, deutliche Auftreibung des AC-Gelenks berichtet. Hierbei könne es sich auch um eine posttraumatische Veränderung handeln. Laut Unfallklinik M. vom 14. April 2008 bestand eine Gelenksprengung Typ Rockwood I rechts, eine Ruptur des Diskus articularis, aufgrund derer sich im Laufe der Zeit eine AC-Gelenksarthrose ausbilden würde. Ferner bestünden eine Bandscheibenprotrusion BWK 7/8 und ein Bandscheibenprolaps HWK 3/4. Im Abschlussbericht vom 28. April 2008 der Unfallklinik M. wird über eine arthroskopische AC-Gelenksresektion linke Schulter vom 21.04.2008 berichtet. Intraartikulär habe sich eine Auffaserung des superioren Labrumkomplexes im Sinne einer SLAP 1-Läsion gezeigt, die wahrscheinlich nicht unfallbedingt sei. Des Weiteren sei eine arthroskopische AC-Gelenksresektion erfolgt. Der Kläger habe während des gesamten Aufenthalts fortwährend Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich mit Kribbelparästhesien des rechten Unterarms und der Hand geklagt.

Es folgten weitere ärztliche Behandlungen, insbesondere auch der Schulter, u. a. bei Dr. H., in der Unfallklinik M., bei Herrn Dr. S. und in den Kliniken Dr. E. in den Jahren 2008 und 2009. Im Bericht über ein MRT linkes Schultergelenk vom 3. September 2008 des Dr. P. wird der postoperative Zustand mit Veränderungen im AC-Gelenk beschrieben. Bzgl. MRT der HWS vom 3. September 2008 wird von Dr. P. über einen Diskusprolaps HWK 3 /4 berichtet, Streckhaltung der oberen und mittleren HWS im Liegen, keine das Altersmaß überschreitenden degenerativen Veränderungen. Weiter liegt ein Bericht über die Kernspintomographie des Neurocraniums vom 30. September 2008 vor.

Auf weitere Berichte v.a. des Dr. H., Kliniken Dr. E., vom 9. Oktober 2008, der Klinik B. F. vom 7. Oktober 2008 über berufliche Rehabilitation seit 5. August 2008, des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. G. vom 3. November 2008, des Neurochirurgen Dr. C. vom 23. April 2008, den vorläufigen Entlassungsbericht der B.-Klinik vom 19. Januar 2009 über stationäre Reha-Behandlung vom 5. August 2008 bis 20. Januar 2009 sowie den ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. vom 25. Februar 2009 (als Diagnosen werden neben den Reha-Diagnosen bzgl. der linken Schulter als weitere Diagnosen kleiner Bandscheibenprolaps C 3 /4 sowie Anpassungsstörung im Rahmen Persönlichkeitsstörung genannt) wird verwiesen.

Die Beklagte holte im Rahmen der ersten Rentengutachten ein neurologisches Zusatzgutachten zum Rentengutachten vom 27. März 2009 der Dipl.Med. B. R. ein. Als wesentliche Unfallfolgen bestünde ein Zustand nach Acromioclavikularruptur Tossy links mit ACG-Arthrose. Aus neurologischer Sicht bestehe keine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).

In dem von der Beklagten eingeholten Gutachten auf psychiatrischem Gebiet des Prof. Dr. P. vom 17. Juli 2009 werden als Diagnosen für die Zeit nach dem Arbeitsunfall bis zu einem zweiten Arbeitsunfall am 8. Dezember 2007, bei dem sich der Kläger den Kopf bei einem Sprung nach oben an einer Absaugung gestoßen hat, eine depressive Episode leichten Grades, für die Zeit danach eine depressive Episode mittleren bis schweren Grades beschrieben. Die MdE betrage hierfür 15 v. H. bzw. 60 v. H. Durch die Geburt der jüngsten Tochter (mit gesundheitlicher Einschränkung) im Juli 2007 sei es zu einer geringfügigen Befundverschlechterung gekommen. Die Befundverschlechterung stehe jedoch nicht in kausalem Zusammenhang mit den Arbeitsunfällen. Eine somatoforme Schmerzstörung sei nicht gegeben.

Im unfallchirurgischen Gutachten des Dr. S. vom 27. Juli 2009 wird eine seitengleich ausgebildete Muskulatur an Ober- und Unterarmen geschildert, auch die Handflächenbeschwielung sei seitengleich. Aus den aktuellen Röntgenaufnahmen der linken Schulter ergebe sich kein Hinweis auf ein auffälliges Impingement, die Knochenstruktur sei regelrecht. Der Gutachter nannte als Diagnosen eine AC-Gelenksverletzung Typ Rockwood I linke Schulter, AC-Gelenksarthrose posttraumatisch und unfallunabhängig eine SLAP 1-Läsion linke Schulter sowie eine Bandscheibenprotrusion HWK 3/4. Es lägen Unfallfolgen vor bzgl. Bewegungseinschränkung linke Schulter, Kraftverlust linker Arm, röntgenologische Veränderungen mit lateraler Clavikularesektion bei deutlichen Aggravationstendenzen. Die MdE wurde auf 10 v. H. eingeschätzt. Der Sachverständige wies auf eine deutliche Diskrepanz zwischen angegebenen Beschwerden und tatsächlich objektivierbaren Unfallverletzungsfolgen hin.

Mit beratungsärztlicher Stellungnahme des Prof. Dr. G. wurde eine erneute Begutachtung auf psychiatrischem Fachgebiet empfohlen. Der Klägerbevollmächtigte teilte am 14. Oktober 2009 mit, es werde keine neue Begutachtung im Verwaltungsverfahren gewünscht.

Mit ergänzender Stellungnahme des Dr. P. vom 29. Dezember 2009 wies dieser auf das Fehlen psychiatrischer Vorerkrankungen vor dem ersten Arbeitsunfall hin. Beide Unfallgeschehen seien generell geeignet, psychiatrische Erkrankungen auszulösen. Das erste Unfallereignis sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ursächlich und wesentlich für die depressive Episode leichten Grades. Der zweite Arbeitsunfall sei lediglich Gelegenheitsursache für die Verschlechterung. Zu diesem Zeitpunkt habe eine psychiatrische Vorerkrankung nach dem ersten Arbeitsunfall bestanden. Bislang bestehe keine ausreichende psychiatrische Behandlung. Es liege zum Nachuntersuchungszeitpunkt eine Besserung der MdE auf 50 v. H. vor, anzustreben sei ein rehabilitative Wiedereinstieg am Arbeitsplatz mit dem Ziel leichterer Tätigkeiten.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. K. vom 8. April 2010 wird ein im Vollbeweis vorliegender psychischer Primärschaden in Abrede gestellt. Eine messbare unfallbedingte MdE auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe bzgl. des Unfalls vom 20. Juli 2006 und auch bzgl. des Unfalls vom 8. Dezember 2007 nicht.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2010 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall vom 20. Juli 2006 an mit den Unfallfolgen: „Linke Schulter: Nach einer Verrenkung des Schultereckgelenkes mit Zerrung des Kapsel-/Bandapparates (Rockwood I) bestehen noch: Bewegungseinschränkungen des Schultergelenkes, röntgenologische Veränderungen des Schultereckgelenkes mit Teilentfernung des äußeren Anteils des Schlüsselbeins, Kraftverlust des Armes, belastungsabhängige Beschwerden.“ Nicht als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt die Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. Dezember 2007, eine depressive Episode mittleren bis schweren Grades, eine Verletzung der Knorpellippe am oberen Rand der Schulterpfanne (SLAP Läsion), Bandscheibenschädigungen zwischen dem 3. und 4. HWK. Eine Verletztenrente sei nicht zu gewähren.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2011 zurück. Zu den im Widerspruchsverfahren vorgelegten MRT-Bildern der linken und rechten Schulter hatte die Beklagte eine Stellungnahme des Prof. Dr. B. vom 18. Januar 2011 eingeholt. Anlässlich der MRT-Untersuchungen im September 2010 habe ein leichtgradiger Reizzustand des Schulterdachgleitbeutels (Bursitis subacromialis) und ein leichter Reizzustand des ehemaligen Schultereckgelenks vorgelegen.

Hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 8. Dezember 2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Feststellung von Unfallfolgen ab. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht München (Az.: S 9 U 187/11) hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2013 zurückgenommen.

Hinsichtlich des Bescheides vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011, der den Arbeitsunfall vom 20. Juli 2006 betraf, hat der Kläger ebenfalls Klage zum Sozialgericht München erhoben. Er hat zur Begründung eine Darstellung des Unfallhergangs (Schleudern mit Oberkörper, Kopf und Nackenbereich gegen Robotersockel, Bewusstlosigkeit nach dem Unfall) und der nachfolgenden Behandlungen vorgelegt.

Das Sozialgericht hat aktuelle Befundberichte eingeholt und den Orthopäden Dr. K. sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 5. November 2011 die Ansicht vertreten, dass die MdE weniger als 10 v. H. betrage. Allerdings sei bereits der Unfallhergang bzw. -zusammenhang fraglich, wegen der wohl großen Gewalteinwirkung sei jedoch der Unfall als wesentliche Teilursache der aufgetretenen Schultereckgelenksschädigung anzusehen.

Dr. D. hat in seinem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vom

3. März 2012 dargelegt, dass bei dem Unfall Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht aufgetreten seien. Erstmals etwa zwei Jahre nach dem Unfall seien psychische Auffälligkeiten zu beobachten gewesen, zu werten als Zeichen einer beginnenden psychogenen Fehlverarbeitung tendenzieller Ausrichtung. Diese seien nicht als Unfallfolgen anzusehen, sondern als Folge von Persönlichkeitseigentümlichkeiten. Vorbestehende Leiden seien durch den Unfall auch nicht verschlimmert worden. Hinsichtlich der MdE hat der Sachverständige auf das Gutachten des Dr. K. verwiesen.

Mit Bericht vom 30. Juli 2012 der BG-Unfallklinik M. wird über Behandlung am gleichen Tag berichtet. Es wird angeführt, dass nach der letzten MRT-Untersuchung wesentliche Unfallfolgen nicht mehr nachzuweisen seien. Es liege eine erhebliche psychosomatische Überlagerung vor. Es erging Empfehlung einer psychosomatischen Behandlung, allerdings zulasten der Krankenkasse.

Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Prof. Dr. W. auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet vom 25. Januar 2013 eingeholt. Bei nach dem Unfall fortbestehenden Schmerzen sei eine Gelenksprengung Typ Rockwood I links diagnostiziert worden. Eine valide diagnostische Einordnung der neuropsychologischen Untersuchungsergebnisse sei nicht möglich. Aufgrund der Schmerzen habe sich eine somatoforme Schmerzstörung entwickelt. Die MdE sei deshalb mit 20 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet anzusetzen. Dabei sei berücksichtigt, dass auch Aggraviationstendenzen vorhanden seien - was jedoch nicht untypisch für somatoforme Schmerzstörungen sei. Im Gegensatz zur Begutachtung bei Herrn

Dr. B./Dr. P. fänden sich keine Hinweise auf Depression oder depressive Phasen. Auf neurologischem Fachgebiet sei keine Schädigung nachzuweisen. Das vom Kläger angeführte Schädelhirntrauma mit sechzehnminütiger Bewusstlosigkeit im Rahmen des Unfalls sei in den Unterlagen nicht dokumentiert.

Im weiterhin übersandten neuropsychologischen Zusatzgutachten vom 14. September 2012 des Prof. Dr. Z. wird hervorgehoben, dass sich insgesamt in den Bereichen Aufmerksamkeit, Lernen, Gedächtnis, exekutive Funktionen durchwegs deutlich beeinträchtigte Leistungen ergeben hätten. Sprach- und Instruktionsverständnis wäre gut gegeben gewesen, die erhaltenen Ergebnisse seien nicht interpretierbar.

Die Kammer hat ferner das in dem Verfahren eingeholte Gutachten des Prof. Dr. W. vom 23. April 2013, das den Arbeitsunfall vom 8. Dezember 2007 betroffen hat, sowie das im Rentenverfahren (Az. S 25 R 174/13) eingeholte sozialgerichtliche Gutachten des Dr. M. vom 16. Juli 2013 beigezogen. Dr. M. hat neben einer leichtgradigen depressiven Episode eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2013 hat die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Verletztengeld für den Zeitraum vom 14. April 2008 bis 20. Januar 2009 anerkannt. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil abgewiesen. Unter Berücksichtigung des Erstschadensbildes, dem Gutachten des Dr. K. und der Fachliteratur werde aus orthopädischer Sicht keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v. H. erreicht. Auch weitere Unfallfolgen in Form der von Prof. Dr. W. befürworteten somatoformen Schmerzstörung seien zur Überzeugung des Gerichts nicht anzuerkennen. Diese Diagnose sei nicht gesichert.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und die Einholung eines „Obergutachtens“ auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet angeregt.

Der gemäß § 109 SGG gehörte Orthopäde Dr. C. hat als Unfallfolgen in seinem Gutachten vom 5. Mai 2014 lediglich eine Prellung des rechten Armes und der rechten Schulter sowie eine Prellung des linken Schulterblattes mit begleitender Schürfverletzung angenommen. Es gelinge nicht der Beweis einer stattgehabten Schultereckgelenksverletzung links. Der festgestellte Bandscheibenvorfall im Bereich der HWS müsse als degenerativ bewertet werden. Sämtliche Unfallfolgen seien bis 12. Oktober 2006 folgenlos ausgeheilt. Eine MdE bestehe nicht.

Zu dem Gutachten des Prof. Dr. W. hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. D. vom Juli 2014 eingeholt. Dieser hat an seinem Gutachtensergebnis festgehalten. Weder eine undifferenzierte somatoforme Schmerzstörung noch eine somatoforme Schmerzstörung seien in der Diagnosestellung und erst recht nicht als Unfallfolge belegt. Eine psychische Störung sei erst ca. zwei Jahre nach dem Unfall dokumentiert. Daraus allein könne zwar nicht geschlossen werden, dass keine unfallbedingte psychische Störung vorliege und vorgelegen habe. Dies sei aber im Hinblick auf den fachärztlichen Vorbefund (kein auffälliger psychischer Befund bei der Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr. D. am 4. Oktober 2007) spekulativ. Soweit Dr. M. neben einer leichtgradigen depressiven Episode eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert habe, sei aus den Befunden nur bedingt nachvollziehbar, wie er zu dieser Diagnose gekommen sei, zumal er in der Beurteilung immer wieder auf erhebliche Aggraviationstendenzen des Klägers hinweise.

Der Durchgangsarzt Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 17. Februar 2014 ein chronisches Schmerzsyndrom an der linken Schulter (ICD 10) diagnostiziert. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. W. hat am 5. März 2014 eine Anpassungsstörung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung festgestellt. Eine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sei nicht erfolgt. Hinsichtlich eines Zusammenhangs mit den Unfallereignissen hat die Ärztin auf die Diskussion in den Gutachten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2014 hat der Kläger nochmals den Unfallhergang geschildert und auf seitdem bestehende gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen hingewiesen. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. August 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 20. Juli 2006 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Gerichtsakte des Sozialgerichts sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Nicht streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII), der in dem Ereignis vom 20. Juli 2006 zu sehen ist. Die Schilderung des Unfallereignisses durch den Kläger, vor allem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, deckt sich im Wesentlichen mit der Schilderung der Arbeitgeberin in der Unfallanzeige. Der Kläger wurde an Rücken und Schulter von dem schweren Maschinenteil getroffen und stürzte zu Boden, wobei er sich auch an der rechten Schulter stieß. Zu Recht weist z. B. auch der vom Kläger benannte Gutachter Prof. Dr. W. darauf hin, dass ein Schädelhirntrauma mit sechzehnminütiger Bewusstlosigkeit nach Aktenlage nicht dokumentiert ist. Es bestehen erhebliche Differenzen zwischen den vorliegenden Befunden - ausgehend von dem Durchgangsarztbericht des Dr. L. vom Unfalltag - und der späteren Darstellung der Schwere des Unfallereignisses durch den Kläger. Mehrere Gutachter verweisen auf die deutlichen Aggravationstendenzen des Klägers; auch objektiv ist festzuhalten, dass der Kläger weiterarbeiten konnte und vom Durchgangsarzt Arbeitsfähigkeit bescheinigt wurde.

Die Beklagte hat mit streitgegenständlichem Bescheid den Arbeitsunfall sowie als Unfallfolgen betreffend der linken Schulter festgestellt: „Nach einer Verrenkung des Schultereckgelenkes mit Zerrung des Kapsel-/Bandapparates (Rockwood I) bestehen noch: Bewegungseinschränkungen des Schultergelenkes, röntgenologische Veränderungen des Schultereckgelenkes mit Teilentfernung des äußeren Anteils des Schlüsselbeins, Kraftverlust des Armes, belastungsabhängige Beschwerden“. Von diesen Unfallfolgen ist zunächst auszugehen, auch wenn nach dem Gutachten des Dr. C. der Nachweis einer Schultereckgelenksverletzung links nicht als Unfallfolge gelingt.

Nach allen Gutachten ergibt sich darüber hinaus übereinstimmend, dass der festgestellte Bandscheibenvorfall BWK 3/4 keine Unfallfolge ist. Auch ergibt sich aus den orthopädischen Gutachten übereinstimmend, dass keine weiteren Unfallfolgen auf diesem Fachgebiet anzuerkennen sind.

Zu entscheiden ist über die Frage, ob sich hieraus ein Anspruch auf eine Rente nach einer MdE um mindestens 20 v. H. ergibt. Das Vorliegen eines Stützrententatbestandes wird von den Beteiligten verneint. Darüber hinaus ist maßgebend, ob auch eine somatoforme Schmerzstörung besteht, die ebenfalls für die Bewertung der MdE zu berücksichtigen wäre.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente, § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, § 56 Abs. 2 S. 2 SGB VII. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSGE 21, 63, 66; vom 26. November 1987, SozR 2200 § 581 Nr. 27; vom 30. Mai 1988, a. a. O., Nr. 28).

Dabei muss die Gesundheitsbeeinträchtigung in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z. B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.

Das Sozialgericht hat unter Berücksichtigung der Gutachten des Dr. K. dargelegt, dass auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE von 20 v. H. nicht gegeben ist. Das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung hat das Sozialgericht unter Auswertung der Gutachten des Dr. D. und Prof. Dr. W. als nicht nachgewiesen beurteilt. Der Senat folgt dieser Einschätzung durch das Sozialgericht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Dies bestätigte sich auch durch die Ermittlungen des Senats im Berufungsverfahren.

Auf orthopädischem Fachgebiet hat der Senat auf Antrag des Klägers das Gutachten des Dr. C. eingeholt, der nur als unfallbedingt eine Prellung des rechten Armes und der rechten Schulter sowie eine Prellung des linken Schulterblattes mit begleitender Schürfverletzung angenommen hat und deshalb im Ergebnis zu keiner MdE gelangt. Sämtliche Unfallfolgen sind nach Ansicht dieses Sachverständigen bis 12. Oktober 2006 folgenlos ausgeheilt. Eine stattgehabte Zerrverletzung des Schultereckgelenks vom Typ Rockwood I hat der Sachverständige als rein hypothetisch angesehen bzw. aufgrund der offensichtlich unfallzeitpunktnahen Beschwerdefreiheit am linken Schultereckgelenk ausgeschlossen. Diese stringente medizinische Bewertung steht, wie dargelegt, im Widerspruch zu den orthopädischen Vorgutachten des Dr. S., der als unfallbedingte Folge eine AC-Gelenksverletzung Typ Rockwood I linke Schulter sowie eine AC-Gelenksarthrose posttraumatisch ansah, und des Dr. K.. Letztere sah die im Unfall aufgetretene deutliche Gewalteinwirkung wenigstens als wesentliche Teilursache der aufgetretenen Schultereckgelenksschädigung an. Gemäß dem Gutachten des Dr. S. hat die Beklagte auch die orthopädischen Unfallfolgen anerkannt. Auch nach diesen beiden Gutachten ergibt sich jedoch keine MdE in Höhe von 20 v. H.

Diese Einschätzung deckt sich auch mit der Fachliteratur. Während unkomplizierte Schultergelenksverrenkungen regelmäßig ohne nennenswerte Schäden ausheilen, ist bei den darüber hinausgehenden Beeinträchtigungen vor allem auf die Bewegungseinschränkungen abzustellen (Schönberger/Mehrtens/Valentin (abgekürzt S/M/V), Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 520 und 523). Beim Kläger besteht ein Impingementsyndrom, d. h. ein Engpasssyndrom. Dr. K. konnte im Rahmen der Untersuchung keine reproduzierbare Bewegungseinschränkung insbesondere hinsichtlich der Überkopfbewegungen feststellen. Auch wenn der Kläger den linken Arm in Schonhaltung am Körper adduziert geführt hat, waren die gemessenen Bewegungsausmaße der Schultergelenke rechts und links identisch. Dr. C. stellte lediglich eine Abweichung bei Seithebung mit Schultergürtel fest (rechts 90 Grad, links 70 Grad); die aktive Schultervorhebung, nach S/M/V das Hauptkriterium (S/M/V, a. a. O; S. 523), war mit 90 Grad seitengleich. Die Entwicklung des Deltamuskels war seitengleich normal. Es zeigte sich links auch keine auffallende Atrophie oder Mindertonisierung. Eine MdE - zumindest in Höhe von 20 v. H. - lässt sich hieraus somit nicht ableiten.

Auf psychiatrischem Fachgebiet ist fraglich, ob eine unfallbedingte somatoforme Schmerzstörung nachgewiesen ist. Nach den im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Berichten wie des Dr. S. hat der Kläger Schmerzen im Bereich der linken Schulter; Dr. S. geht von einem chronischen Schmerzsyndrom an der linken Schulter aus. Die Beklagte hat auch belastungsabhängige Beschwerden - neben Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks - anerkannt.

Es finden sich auch einige ärztliche Dokumentationen wie das Gutachten des Prof. Dr. W., das Rentengutachten des Dr. M. oder der Arztbrief der Dr. W. vom 5. März 2014, die eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung beschreiben. Dabei ergibt sich aber andererseits auch aus diversen Ausführungen, dass eine deutliche Aggraviationstendenz des Klägers besteht. Ferner erfolgt nach Auskunft der behandelnden Neurologin Dr. W. entgegen der Empfehlungen der Gutachter bislang keine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung.

Dr. D. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass weder die Diagnose einer undifferenzierten somatoformen Schmerzstörung noch einer somatoformen Schmerzstörung belegt ist und erst recht nicht als Unfallfolge anzuerkennen ist. Eine psychische Störung ist erst ca. zwei Jahre nach dem Unfall dokumentiert. Die fachärztlichen Vorbefunde waren zwischen dem Unfallereignis und der ersten Befunderhebung unauffällig, so bei der Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr. D. am 4. Oktober 2007. Auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. W. ergeben sich hinsichtlich der Frage der Unfallkausalität - bei Annahme der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung - Anhaltspunkte für Zweifel auch des Sachverständigen, wenn er auf S. 84 seines Gutachtens ausführt: „Soweit der Kausalzusammenhang bejaht wird“. Darüber hinaus stellt der Sachverständige z. B. im Rahmen des strukturierten klinischen Interviews stark auf die Angaben des Klägers (z. B. auf S. 59: (...)“nach seinen Aussagen“) ab. Die Ursachen somatoformer Schmerzstörungen sind, wie Prof. Dr. W. auch ausführt, vielfältig. Es spielen die genetische Vulnerabilität sowie die Persönlichkeitseigenschaften eine wichtige Rolle. Der Unfall stellt somit auch nach Prof. Dr. W. nur eine Teilursache, wenn auch eine wesentliche, dar.

Die Neurologin und Psychiaterin Dr. R. diagnostizierte am 4. August 2008 erstmals eine somatoforme Schmerzstörung, es fiel aber bereits eine deutliche Somatisierungstendenz auf, die Beschwerdeschilderung war teils demonstrativ und kaum nachvollziehbar, Aggravationstendenzen waren nicht auszuschließen. Vor dem Hintergrund der erst spät dokumentierten psychischen Befunde und den Verdeutlichungstendenzen hält der Senat die Ausführung des Dr. D. für überzeugend, dass es sich insgesamt nicht um eine unfallbedingte Gesundheitsstörung, sondern um tendenzielle Verhaltensweisen im Sinne einer psychogenen Fehlverarbeitung tendenzieller Ausrichtung handelt. Der Sachverständige sieht hier die wesentliche Ursache nicht in dem Unfallereignis, sondern in den Persönlichkeitseigentümlichkeiten, so dass eine Berücksichtigung bei der MdE-Bewertung nicht erfolgen kann.

Auch die Unfallklinik M. ist bereits im Juli 2012 zu dem Ergebnis gelangt, nachdem die letzte MRT-Untersuchung ergeben hat, dass wesentliche Unfallfolgen nicht mehr nachgewiesen werden können, dass ein vernünftiger Behandlungsansatz fehlt. Es konnten weder Reizzustände noch andersartige Gewebeveränderungen festgestellt werden, die als Erklärung für die vorgetragene Schmerzhaftigkeit in der Schulter in Betracht kommen. Das Ausmaß der verbliebenen Unfallfolgen war objektiv aufgrund unverkennbarer Verdeutlichungstendenzen nur sehr schwer zu messen. Es wurde im Ergebnis eine erhebliche psychosomatische Überlagerung angenommen, so dass als der einzige denkbare Therapieansatz eine psychosomatische Behandlung vorgeschlagen wurde, allerdings zulasten der Krankenkasse.

Der Senat ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass keine unfallbedingte somatoforme Schmerzstörung vorliegt, sondern eine Persönlichkeitseigentümlichkeit im Vordergrund steht. Aber auch bei Annahme einer Schmerzstörung ergäbe sich bei der Bewertung der MdE kein abweichendes Ergebnis, wie dies oben unter Bezugnahme auf die Fachliteratur bereits dargelegt wurde. Die beim Kläger festgestellten Bewegungsmaße lassen nur eine geringfügige Bewegungseinschränkung erkennen. Eine Muskeldifferenz im Bereich der Oberarme ist nicht gegeben. Dabei ist der Kläger von kräftiger Statur, der Muskelumfang 15 cm oberhalb des Gelenkspaltes wurde von Dr. C. mit jeweils 35 cm seitengleich gemessen. Dies spricht nicht für ein Ausmaß der Schmerzen, das zu einer MdE in Höhe von 20 v. H. führen würde.

Eine depressive Episode, wie von Dr. B./Dr. P. beschrieben, bestätigte sich in den letzten Gutachten nicht. Ausdrücklich weist hierauf auch Prof. Dr. W. hin.

Nicht ausreichend für die Gewährung einer Verletztenrente ist ein Vorbringen, vor dem Unfallereignis gesund gewesen zu sein und seitdem unter verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden. Allein der zeitliche Zusammenhang zwischen einem Unfallereignis und Gesundheitsschäden ist nicht ausreichend.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Riss der Rotatorenmanschette links als - weitere - Folge eines Arbeitsunfalls festzustellen ist und der Kläger wegen der Unfallfolgen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
Der 1960 geborene, seit Januar 2001 als Kfz-Sachverständiger bei einem privaten Versicherungsunternehmen beschäftigte Kläger erlitt am 18.08.2015 einen Arbeitsunfall: Bei der Besichtigung eines Kfz blieb er beim Rückwärtsgehen an einem Gartenzaunpfosten hängen und stürzte auf die linke Schulter. Eigenen Angaben zufolge hielt er während der Besichtigung des Kfz ein iPad in der linken Hand. Um dieses während des Sturzes vor einer Zerstörung zu schützen, sei ihm ein reflexartiges Abfangen des Sturzes mit der linken Hand nicht möglich gewesen, weshalb er mit der vollen Wucht seines Körpergewichts auf die linke Schulter gefallen sei. Der Kläger stellte nach dem Sturz seine Arbeit sofort ein und suchte 1½ Stunden später den Chirurgen Dr. N. auf. Diesem gegenüber klagte er über in die Schulter ziehende Schmerzen. Dr. N. erhob einen Druckschmerz über der linken Schulter mit massiv eingeschränkter Bewegungsfähigkeit; Schlüsselbein und Acromioclavicular-Gelenk zeigten sich ohne Druckschmerz. Die Haut und die Durchblutung, Motorik und Sensibilität waren intakt. Die von Dr. N. veranlasste Röntgenuntersuchung der linken Schulter in zwei Ebenen ergab keinen sicheren Anhalt für eine knöcherne Verletzung. Dr. N. diagnostizierte als Gesundheitsstörung eine Schultergelenkszerrung links. Die Erstversorgung erfolgte mittels Gilchristverband, Kühlen und bedarfsgerechter Schmerzmedikation (vgl. Durchgangsarztbericht vom 19.08.2015). Eine von Dr. N. veranlasste kernspintomografische Untersuchung des linken Schultergelenks erbrachte den Nachweis einer kompletten Ruptur der Rotatorenmanschette (Supraspinatus- und Infraspinatussehne) mit ausgedehntem lokalem Weichteilödem, Erguss in der Bursa subdeltoidea/subacromialis und Gelenkerguss, eine partielle Retraktion der Sehnenanteile der Supraspinatussehne, ausgefranste Konturen, eine Luxation der langen Bizepssehne und einen konsekutiven Humeruskopfhochstand (vgl. Arztbrief der Radiologin Dr. K. vom 27.08.2015). Am 12.11.2015 erfolgte in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) eine Arthroskopie der linken Schulter mit subacromialer Bursektomie, Debridement, Bizepssehnentenotomie und Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion (vgl. Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 13.11.2015 und Operationsbericht derselben Klinik vom 12.11.2015). Gestützt auf das Ermittlungsergebnis und eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. T. anerkannte die Beklagte das Unfallereignis als Arbeitsunfall und als dessen Folge:
„Folgenlos ausgeheilte Schultergelenkszerrung und Prellung rechts“.
Keine Unfallfolge seien eine komplette Ruptur der Rotatorenmanschette mit ausgedehntem lokalem Weichteilödem, Erguss in die Bursa subdeltoideus/subacromialis mit Gelenkerguss, konsekutivem Humeruskopfhochstand, partieller Retraktion der Sehnenanteile der Supraspinatussehne und Luxation der langen Bizepssehne der linken Schulter. Insoweit handele es sich um unfallunabhängige, degenerative Veränderungen. Das Unfallereignis sei seiner Art und Schwere nach sowie im Hinblick auf den Hergang nicht geeignet gewesen, diese umfassenden Schädigungen an der linken Schulter zu verursachen. Wegen der Unfallfolgen habe unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12.09.2015 bestanden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung, weil seine Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls hinaus nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei (Bescheid vom 13.01.2016).
Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos: Eine direkte Gewalteinwirkung auf die Schulter bei einem Sturz oder durch einen Schlag sei kein geeigneter Vorgang, eine Rotatorenmanschetten-Ruptur zu bewirken. Bei den im Rahmen der kernspintomografischen Untersuchung des linken Schultergelenks im August 2015 wie auch der arthroskopischen Operation im November 2015 erhobenen Befunden handele es sich ausnahmslos um degenerative Veränderungen (Widerspruchsbescheid vom 21.03.2016).
Deswegen hat der Kläger am 04.04.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei am Unfalltag während der Besichtigung eines Kfz ungebremst auf die linke Schulter gestürzt. Er leide bis heute unter den Folgen des Arbeitsunfalls in Form täglicher Schmerzen und einer stark eingeschränkten Beweglichkeit des linken Armes. Eine Komplettruptur allein durch Abnutzung sei nahezu ausgeschlossen. Überdies habe er bis zum Unfalltag keine Beschwerden oder Beeinträchtigungen im Schulterbereich gehabt.
Das Gericht hat zu Beweiszwecken die Behandlungsunterlagen des Allgemeinmediziners Dr. Z., den Arztbrief des Radiologen Dr. Ne. über die im März 2016 erfolgte weitere kernspintomografische Untersuchung des linken Schultergelenks sowie das Vorerkrankungsverzeichnis der Kaufmännischen Krankenkasse H. beigezogen.
Sodann hat im Auftrag des Gerichts der Orthopäde Prof. Dr. L. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet und als Gesundheitsstörungen Narbenbildung, Muskelminderung, Kraftminderung und endgradige Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette und eine Muskelverformung nach Durchtrennung der langen Bizepssehne diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörungen seien mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis vom August 2015 zurückzuführen. Inwieweit eine Vorschädigung der Rotatorenmanschette, insbesondere der Supraspinatussehne, zum Unfallzeitpunkt vorgelegen habe, sei im Nachhinein nicht sicher abgrenzbar. Zwar sei ein Sturz auf den nach vorne, vor den Körper gehaltenen Arm prinzipiell kein geeigneter Verletzungsmechanismus für einen Rotatorenmanschettenschaden; jedoch lasse sich im Fall des Klägers ein geeigneter Mechanismus zumindest nicht ausschließen. Auch entspreche der radiologische Primärbefund dem zu erwartenden Befund einer gewaltsamen Zerreißung einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette. Auch die über 6 Wochen anhaltende hochgradige Bewegungseinschränkung sei ein charakteristisches Zeichen einer traumatischen Rotatorenmanschettenläsion. Der MRT-Befund vom August 2015 spreche für eine frische Ruptur der Rotatorenmanschette. Er belege aber auch eine Hypertrophie des AC-Gelenks mit anlagebedingter Knochenspornbildung des Schulterdaches als Schadenanlage für eine Rotatorenmanschettenläsion. Jedoch ergebe sich aus dem Operationsbericht vom November 2015 ein ausreichender subacromialer Raum, weshalb keine subacromiale Dekompression erforderlich gewesen sei und der Operateur eine komplette Rekonstruktion der Rotatorenmanschette im Sinne eines harmonischen, spannungsfreien Verschlusses habe vornehmen können. Nachdem diese Rekonstruktion auch 12 Wochen nach dem Unfallereignis noch vollständig gelungen sei, könne dies eher für eine frische Ruptur der Rotatorenmanschette sprechen. Ein Vorschaden der Rotatorenmanschette zum Zeitpunkt des Unfallereignisses sei zwar nicht auszuschließen, jedoch vollständig kompensiert gewesen. Dem angeschuldigten Unfallereignis komme deshalb zumindest die Bedeutung einer richtungweisenden Verschlimmerung zu. Die unfallbedingte MdE hat Prof. Dr. L. mit 10 v.H. bewertet.
Der Kläger beantragt,
10 
den Bescheid vom 13. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2016 abzuändern, „Rotatorenmanschettenläsion links“ als weitere Unfallfolge festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. August 2015 ab dem 09. Januar 2016 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Das Gutachten des Prof. Dr. L. überzeuge nicht, nachdem auch der Sachverständige einen direkten Sturz auf die Schulter als ungeeigneten Verletzungsmechanismus bestätigt habe.
14 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 und § 56 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder ist ein Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge festzustellen noch hat der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
16 
1. Dass der Kläger am 18.08.2015 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung -) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide ausdrücklich anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht auch nicht umstritten.
17 
2. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII u.a. Anspruch auf Geldleistungen in Form von Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
18 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9, ferner BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rdnr. 11 ). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
19 
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
20 
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
21 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
22 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
23 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungszusammenhang, vor allem, wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfallrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies insbesondere bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18).
24 
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Maßstäben hat die Beklagte zu Recht die Anerkennung eines Rotatorenmanschettenrisses links als - weitere - Folge des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 abgelehnt. Zwar leidet der Kläger im Anschluss an den Sachverständigen Prof. Dr. L. an einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette, Narbenbildung, Muskel- und Kraftminderung sowie einer Muskelverformung nach Durchtrennung der langen Bizepssehne. Das erkennende Gericht ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens indes nicht davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass diese Gesundheitsstörungen rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 18.08.2015 verursacht worden sind.
25 
a) Gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs sprechen hier zunächst die eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten vom 09.09.2015 wie auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016 zum Unfallhergang: Danach erfolgte der Sturz beim Rückwärtsgehen mit direktem Anprall auf die linke Körperseite bzw. die linke Schulter; ein irgendwie geartetes reflexhaftes Abfangen des Sturzes mit der linken Hand bzw. dem linken Arm war ihm nicht möglich, weil der Kläger das zum Zeitpunkt des Schadensereignisses in der linken Hand gehaltene iPad vor einer Zerstörung während des Sturzes sichern bzw. schützen wollte. Nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. insoweit Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431 ff m.w.N.) ist für einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss erforderlich, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert war und zusätzlich plötzlich eine passive Bewegung hinzugekommen sein muss, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken kann. Dies kann geschehen durch ein massives plötzliches Hoch- oder Rückwärtsreißen des Armes, z.B. beim Hängenbleiben mit dem Arm bei einer erheblichen Beschleunigung des Körpers oder Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm, beim Sturz, z.B. beim Fensterputzen, aus der Höhe nach vorn mit noch festhaltender Hand, bei dem das gesamte Körpergewicht in die Schulter fällt, beim Treppensturz mit Festhalten der Hand am Geländer, bei einer starken Zugbelastung bei gleichzeitiger gewaltsamer Rotation des Armes oder einer Verdrehung des Armes, wenn dieser in eine laufende Maschine gezogen wird.
26 
Ein solcher Unfallhergang hat indes nach dem Vorbringen des Klägers nicht stattgefunden. Die - wie hier - direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag stellt jedoch keinen Ablauf dar, der geeignet wäre, einen Riss der Supraspinatussehne zu bewirken, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Acromion) und Delta-Muskeln gut geschützt ist. Ein direkter Sturz auf die Schulter, mithin ein direktes Anpralltrauma, verursacht keinen isolierten, ausschließlich traumatischen Riss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette. In Frage kommt dafür allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne einer wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 48 und vom 15.04.2002 - L 1 U 1844/00 -, Rdnr. 33ff sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2014 - L 16 U 662/13 -, Rdnr. 34 ).
27 
Soweit der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. L. zuletzt darauf hinweist, sich nicht konkret erinnern zu können, wie er den linken Arm im Zeitpunkt des Sturzes nun genau hielt bzw. wie genau der Unfallhergang war, liegt dies grundsätzlich sicherlich in der Natur der Sache eines rasch vonstattengehenden Sturzes. Allerdings lässt sich eben deshalb im vorliegenden Fall auch kein Geschehen vollbeweislich zugrunde legen, welches für eine strukturelle Schädigung der Schulter bzw. der darin verlaufenden Sehnen verantwortlich gemacht werden kann. Überdies widersprechen die Angaben des Klägers gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen seinen sehr dezidierten Schilderungen des Unfallhergangs sowohl im Fragebogen vom 09.09.2015 als insbesondere auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016. Diesen unbefangen von rechtlichen Erwägungen und Konsequenzen gemachten ersten Angaben misst die Kammer einen höheren Beweiswert zu als dem später hiervon abweichenden Vorbringen (vgl. Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ).
28 
b) Weiter spricht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfall und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen das Fehlen äußerer Verletzungszeichen wie Schwellungen oder Bluterguss unmittelbar nach dem Unfallereignis (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09- , Rdnr. 37 ). Entsprechende Verletzungszeichen hat Dr. N. in seinem Durchgangsarztbericht vom 19.08.2015 indes nicht erhoben, vielmehr u.a. die Haut ausdrücklich als „intakt“ bezeichnet.
29 
c) Auch der von der Radiologin Dr. K. am 26.08.2015, mithin sehr zeitnah nach dem angeschuldigten Ereignis, objektivierte Humeruskopfhochstand spricht gegen eine (erst) am 18.08.2015 eingetretene Ruptur der Rotatorenmanschette (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, S. 434). Denn ein Oberarmkopfhochstand tritt nie sofort nach der Ruptur auf, sondern erst etwa drei Monaten nach einer solchen Verletzung ein (vgl. Beickert/Bühren in Trauma und Berufskrankheit 1998, 61, 63, 66).
30 
d) Weiter belegt die von Dr. K. im MRT vom 26.08.2015 nachgewiesene Hypertrophie des Acromioclavicular-Gelenks mit anlagebedingter Knochenspornbildung des Schulterdaches eine Schadensanlage für eine Rotatorenmanschettenläsion im Sinne eines Impingement-Syndroms. Hierauf hat der Sachverständige Prof. Dr. L. zutreffend hingewiesen.
31 
e) Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem streitgegenständlichen Unfallereignis bei dem Kläger eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert worden ist, ist keine ausreichende Begründung für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit diesem Ereignis (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09 - , Rdnr. 33 unter Hinweis auf Hepp/Lambert in MedSach 2009, 181).
32 
f) Auch der Umstand, dass der Kläger eigenen Angaben wie auch den Eintragungen im Vorerkrankungsverzeichnis seiner Krankenkasse zufolge im Bereich der Unfall verletzten linken Schulter bis zum 18.08.2015 beschwerdefrei war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration. Diese führt zu einer herabgesetzten mechanischen Belastbarkeit bereits ab Beginn des dritten Lebensjahrzehnts. Zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr nehmen dabei die „Partialrupturen“ zu und treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen im Sinne von Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431). Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im August 2015 befand sich der Kläger bereits im 56. Lebensjahr. Eine Degeneration kann überdies bis zu dem Ereignis klinisch stumm bleiben; eine „leere Anamnese“ kann deshalb weder eine Schadensanlage noch einen Vorschaden ausschließen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 57 und Weber in MedSach 1993, 113). Der - wie hier - rein zeitliche Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen ist nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R -, Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 -, Rdnr. 23; Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 und Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 ). Selbst aus der Abwesenheit konkurrierender Ursachen für einen Körperschaden lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallereignis und einem Körperschaden nicht begründen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18 und Bay. LSG vom 22.04.2009 - L 18 U 301/06 -, Rdnr. 32 ).
33 
g) Selbst aber wenn das Gericht annehmen würde, die Rotatorenmanschette wäre erst beim Unfall vollständig rupturiert, so führt dies nicht dazu, dass anzunehmen wäre, dass das Geschehen vom 18.08.2015 hinreichend wahrscheinlich wesentliche Ursache - auch nicht Sinne einer richtungsweisenden Verschlimmerung - war. Denn insoweit müsste auch dann ein erheblicher Vorschaden angenommen und das Unfallgeschehen als bloße, rechtlich nicht relevante Gelegenheitsursache (vgl. BSGE 96, 196, 200) angesehen werden. Genügt nämlich schon eine an sich ungeeignete Unfallursache, um einen Gesundheitsschaden auszulösen oder zu verschlimmern, muss angenommen werden, dass der Vorschaden ganz erheblich war. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sturz auf die Schulter eine im Alltag vorkommende Belastung ist. D. h. selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio-sine-qua-non bejaht würde, ist ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretene Ruptur nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die unterstellten frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 51 ).
34 
Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge anzuerkennen.
35 
4. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L.. Soweit dieser unter Abwägung der von ihm aufgezeigten für und gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem nachgewiesenen Rotatorenmanschettenschaden links und dem Arbeitsunfallereignis vom 18.08.2015 bejaht, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn auch Prof. Dr. L. räumt ein, dass der direkte Anprall von vorn oder seitlich auf die Schulter oder ein Sturz auf den nach vorn ausgestreckten Arm kein geeigneter Verletzungsmechanismus ist. Eine vom Kläger ihm gegenüber angegebene kurzzeitige Bewusstlosigkeit nach dem Sturz ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht erwiesen; insbesondere fehlen entsprechende anamnestische Angaben des Klägers gegenüber Dr. N. als dem erstbehandelnden Arzt zeitlich unmittelbar nach dem Unfall. Wenn Prof. Dr. L. angesichts des Umstands, dass sich der Kläger an den Sturz im Detail nicht mehr erinnern kann, einen geeigneten Verletzungsmechanismus für „zumindest nicht ausgeschlossen“ erachtet, reicht dies nicht aus. Denn der konkrete Unfallhergang muss als anspruchsbegründende Tatsache im Sinne des Vollbeweises, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 96, 291, 293), feststehen (vgl. nochmals u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff). Aufgrund der ersten anamnestischen Angaben des Klägers, denen die Kammer in ständiger Rechtsprechung besondere Bedeutung beimisst (vgl. nochmals Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ), ist dies indes gerade nicht der Fall.
36 
Entgegen Prof. Dr. L. kommt dem streitgegenständlichen Unfallereignis auch nicht der Stellenwert einer richtunggebenden Verschlimmerung einer anlagebedingten Schultererkrankung links zu. Denn eine unfallversicherungsrechtlich relevante Verschlimmerung kommt nur in Betracht, wenn ein Vorschaden bereits klinisch manifest war, nicht jedoch, wenn dieser Vorschaden - wie hier - klinisch stumm verlaufen ist.
37 
5. Ein Unfallhergang ohne Zugbeanspruchung und daher auch ohne unnatürliche Längendehnung der Supraspinatussehne hat beim Kläger daher allein eine Gesundheitsstörung in Form einer Schulterprellung, verursacht durch die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter als Folge des rückwärts gerichteten Sturzereignisses, bewirkt. Eine solche Gesundheitsstörung heilt nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten regelmäßig innerhalb von vier bis längstens sechs Wochen folgenlos aus.
38 
6. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn seine Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen ist über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht - wie erforderlich (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII) - um wenigstens 20 v.H. gemindert. Insoweit schließt sich die Kammer den Darlegungen von Prof. Dr. L. an, der selbst unter Berücksichtigung der von ihm diagnostizierten Unfallfolgen einschließlich einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette eine MdE von lediglich 10 v.H. angenommen hat. Die Kammer ist indes angesichts des ungeeigneten Geschehensablaufs für eine Rotatorenmanschettenläsion - wie vorstehend bereits ausgeführt - mit der Beklagten davon überzeugt, dass das Unfallereignis lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Schultergelenksprellung links geführt hat, die die Beklagte zu Recht als Unfallfolge anerkannt hat. Aus dieser Unfallfolge resultiert indes keine messbare MdE.
39 
7. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Absätze 1 und 4 SGG.

Gründe

 
15 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 und § 56 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder ist ein Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge festzustellen noch hat der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
16 
1. Dass der Kläger am 18.08.2015 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung -) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide ausdrücklich anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht auch nicht umstritten.
17 
2. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII u.a. Anspruch auf Geldleistungen in Form von Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
18 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9, ferner BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rdnr. 11 ). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
19 
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
20 
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
21 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
22 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
23 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungszusammenhang, vor allem, wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfallrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies insbesondere bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18).
24 
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Maßstäben hat die Beklagte zu Recht die Anerkennung eines Rotatorenmanschettenrisses links als - weitere - Folge des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 abgelehnt. Zwar leidet der Kläger im Anschluss an den Sachverständigen Prof. Dr. L. an einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette, Narbenbildung, Muskel- und Kraftminderung sowie einer Muskelverformung nach Durchtrennung der langen Bizepssehne. Das erkennende Gericht ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens indes nicht davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass diese Gesundheitsstörungen rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 18.08.2015 verursacht worden sind.
25 
a) Gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs sprechen hier zunächst die eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten vom 09.09.2015 wie auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016 zum Unfallhergang: Danach erfolgte der Sturz beim Rückwärtsgehen mit direktem Anprall auf die linke Körperseite bzw. die linke Schulter; ein irgendwie geartetes reflexhaftes Abfangen des Sturzes mit der linken Hand bzw. dem linken Arm war ihm nicht möglich, weil der Kläger das zum Zeitpunkt des Schadensereignisses in der linken Hand gehaltene iPad vor einer Zerstörung während des Sturzes sichern bzw. schützen wollte. Nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. insoweit Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431 ff m.w.N.) ist für einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss erforderlich, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert war und zusätzlich plötzlich eine passive Bewegung hinzugekommen sein muss, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken kann. Dies kann geschehen durch ein massives plötzliches Hoch- oder Rückwärtsreißen des Armes, z.B. beim Hängenbleiben mit dem Arm bei einer erheblichen Beschleunigung des Körpers oder Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm, beim Sturz, z.B. beim Fensterputzen, aus der Höhe nach vorn mit noch festhaltender Hand, bei dem das gesamte Körpergewicht in die Schulter fällt, beim Treppensturz mit Festhalten der Hand am Geländer, bei einer starken Zugbelastung bei gleichzeitiger gewaltsamer Rotation des Armes oder einer Verdrehung des Armes, wenn dieser in eine laufende Maschine gezogen wird.
26 
Ein solcher Unfallhergang hat indes nach dem Vorbringen des Klägers nicht stattgefunden. Die - wie hier - direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag stellt jedoch keinen Ablauf dar, der geeignet wäre, einen Riss der Supraspinatussehne zu bewirken, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Acromion) und Delta-Muskeln gut geschützt ist. Ein direkter Sturz auf die Schulter, mithin ein direktes Anpralltrauma, verursacht keinen isolierten, ausschließlich traumatischen Riss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette. In Frage kommt dafür allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne einer wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 48 und vom 15.04.2002 - L 1 U 1844/00 -, Rdnr. 33ff sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2014 - L 16 U 662/13 -, Rdnr. 34 ).
27 
Soweit der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. L. zuletzt darauf hinweist, sich nicht konkret erinnern zu können, wie er den linken Arm im Zeitpunkt des Sturzes nun genau hielt bzw. wie genau der Unfallhergang war, liegt dies grundsätzlich sicherlich in der Natur der Sache eines rasch vonstattengehenden Sturzes. Allerdings lässt sich eben deshalb im vorliegenden Fall auch kein Geschehen vollbeweislich zugrunde legen, welches für eine strukturelle Schädigung der Schulter bzw. der darin verlaufenden Sehnen verantwortlich gemacht werden kann. Überdies widersprechen die Angaben des Klägers gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen seinen sehr dezidierten Schilderungen des Unfallhergangs sowohl im Fragebogen vom 09.09.2015 als insbesondere auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016. Diesen unbefangen von rechtlichen Erwägungen und Konsequenzen gemachten ersten Angaben misst die Kammer einen höheren Beweiswert zu als dem später hiervon abweichenden Vorbringen (vgl. Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ).
28 
b) Weiter spricht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfall und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen das Fehlen äußerer Verletzungszeichen wie Schwellungen oder Bluterguss unmittelbar nach dem Unfallereignis (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09- , Rdnr. 37 ). Entsprechende Verletzungszeichen hat Dr. N. in seinem Durchgangsarztbericht vom 19.08.2015 indes nicht erhoben, vielmehr u.a. die Haut ausdrücklich als „intakt“ bezeichnet.
29 
c) Auch der von der Radiologin Dr. K. am 26.08.2015, mithin sehr zeitnah nach dem angeschuldigten Ereignis, objektivierte Humeruskopfhochstand spricht gegen eine (erst) am 18.08.2015 eingetretene Ruptur der Rotatorenmanschette (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, S. 434). Denn ein Oberarmkopfhochstand tritt nie sofort nach der Ruptur auf, sondern erst etwa drei Monaten nach einer solchen Verletzung ein (vgl. Beickert/Bühren in Trauma und Berufskrankheit 1998, 61, 63, 66).
30 
d) Weiter belegt die von Dr. K. im MRT vom 26.08.2015 nachgewiesene Hypertrophie des Acromioclavicular-Gelenks mit anlagebedingter Knochenspornbildung des Schulterdaches eine Schadensanlage für eine Rotatorenmanschettenläsion im Sinne eines Impingement-Syndroms. Hierauf hat der Sachverständige Prof. Dr. L. zutreffend hingewiesen.
31 
e) Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem streitgegenständlichen Unfallereignis bei dem Kläger eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert worden ist, ist keine ausreichende Begründung für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit diesem Ereignis (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09 - , Rdnr. 33 unter Hinweis auf Hepp/Lambert in MedSach 2009, 181).
32 
f) Auch der Umstand, dass der Kläger eigenen Angaben wie auch den Eintragungen im Vorerkrankungsverzeichnis seiner Krankenkasse zufolge im Bereich der Unfall verletzten linken Schulter bis zum 18.08.2015 beschwerdefrei war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration. Diese führt zu einer herabgesetzten mechanischen Belastbarkeit bereits ab Beginn des dritten Lebensjahrzehnts. Zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr nehmen dabei die „Partialrupturen“ zu und treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen im Sinne von Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431). Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im August 2015 befand sich der Kläger bereits im 56. Lebensjahr. Eine Degeneration kann überdies bis zu dem Ereignis klinisch stumm bleiben; eine „leere Anamnese“ kann deshalb weder eine Schadensanlage noch einen Vorschaden ausschließen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 57 und Weber in MedSach 1993, 113). Der - wie hier - rein zeitliche Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen ist nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R -, Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 -, Rdnr. 23; Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 und Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 ). Selbst aus der Abwesenheit konkurrierender Ursachen für einen Körperschaden lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallereignis und einem Körperschaden nicht begründen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18 und Bay. LSG vom 22.04.2009 - L 18 U 301/06 -, Rdnr. 32 ).
33 
g) Selbst aber wenn das Gericht annehmen würde, die Rotatorenmanschette wäre erst beim Unfall vollständig rupturiert, so führt dies nicht dazu, dass anzunehmen wäre, dass das Geschehen vom 18.08.2015 hinreichend wahrscheinlich wesentliche Ursache - auch nicht Sinne einer richtungsweisenden Verschlimmerung - war. Denn insoweit müsste auch dann ein erheblicher Vorschaden angenommen und das Unfallgeschehen als bloße, rechtlich nicht relevante Gelegenheitsursache (vgl. BSGE 96, 196, 200) angesehen werden. Genügt nämlich schon eine an sich ungeeignete Unfallursache, um einen Gesundheitsschaden auszulösen oder zu verschlimmern, muss angenommen werden, dass der Vorschaden ganz erheblich war. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sturz auf die Schulter eine im Alltag vorkommende Belastung ist. D. h. selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio-sine-qua-non bejaht würde, ist ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretene Ruptur nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die unterstellten frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 51 ).
34 
Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge anzuerkennen.
35 
4. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L.. Soweit dieser unter Abwägung der von ihm aufgezeigten für und gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem nachgewiesenen Rotatorenmanschettenschaden links und dem Arbeitsunfallereignis vom 18.08.2015 bejaht, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn auch Prof. Dr. L. räumt ein, dass der direkte Anprall von vorn oder seitlich auf die Schulter oder ein Sturz auf den nach vorn ausgestreckten Arm kein geeigneter Verletzungsmechanismus ist. Eine vom Kläger ihm gegenüber angegebene kurzzeitige Bewusstlosigkeit nach dem Sturz ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht erwiesen; insbesondere fehlen entsprechende anamnestische Angaben des Klägers gegenüber Dr. N. als dem erstbehandelnden Arzt zeitlich unmittelbar nach dem Unfall. Wenn Prof. Dr. L. angesichts des Umstands, dass sich der Kläger an den Sturz im Detail nicht mehr erinnern kann, einen geeigneten Verletzungsmechanismus für „zumindest nicht ausgeschlossen“ erachtet, reicht dies nicht aus. Denn der konkrete Unfallhergang muss als anspruchsbegründende Tatsache im Sinne des Vollbeweises, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 96, 291, 293), feststehen (vgl. nochmals u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff). Aufgrund der ersten anamnestischen Angaben des Klägers, denen die Kammer in ständiger Rechtsprechung besondere Bedeutung beimisst (vgl. nochmals Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ), ist dies indes gerade nicht der Fall.
36 
Entgegen Prof. Dr. L. kommt dem streitgegenständlichen Unfallereignis auch nicht der Stellenwert einer richtunggebenden Verschlimmerung einer anlagebedingten Schultererkrankung links zu. Denn eine unfallversicherungsrechtlich relevante Verschlimmerung kommt nur in Betracht, wenn ein Vorschaden bereits klinisch manifest war, nicht jedoch, wenn dieser Vorschaden - wie hier - klinisch stumm verlaufen ist.
37 
5. Ein Unfallhergang ohne Zugbeanspruchung und daher auch ohne unnatürliche Längendehnung der Supraspinatussehne hat beim Kläger daher allein eine Gesundheitsstörung in Form einer Schulterprellung, verursacht durch die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter als Folge des rückwärts gerichteten Sturzereignisses, bewirkt. Eine solche Gesundheitsstörung heilt nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten regelmäßig innerhalb von vier bis längstens sechs Wochen folgenlos aus.
38 
6. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn seine Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen ist über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht - wie erforderlich (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII) - um wenigstens 20 v.H. gemindert. Insoweit schließt sich die Kammer den Darlegungen von Prof. Dr. L. an, der selbst unter Berücksichtigung der von ihm diagnostizierten Unfallfolgen einschließlich einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette eine MdE von lediglich 10 v.H. angenommen hat. Die Kammer ist indes angesichts des ungeeigneten Geschehensablaufs für eine Rotatorenmanschettenläsion - wie vorstehend bereits ausgeführt - mit der Beklagten davon überzeugt, dass das Unfallereignis lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Schultergelenksprellung links geführt hat, die die Beklagte zu Recht als Unfallfolge anerkannt hat. Aus dieser Unfallfolge resultiert indes keine messbare MdE.
39 
7. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Absätze 1 und 4 SGG.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget nach § 29 des Neunten Buches erbracht; dies gilt im Rahmen des Anspruchs auf Heilbehandlung nur für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

(2) Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig

1.
den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern,
2.
den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern,
3.
Hilfen zur Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sowie zur Führung eines möglichst selbständigen Lebens unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens bereitzustellen,
4.
ergänzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe zu erbringen,
5.
Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu erbringen.

(3) Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor Rentenleistungen.

(4) Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie werden als Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keine Abweichungen vorsehen.

(5) Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei prüfen sie auch, welche Leistungen geeignet und zumutbar sind, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 2108 (BK 2108) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

2

Der im Jahre 1958 geborene Kläger absolvierte bis Mai 1977 eine Ausbildung zum Baufacharbeiter. Im Anschluss war er bis einschließlich 1997 als Eisenflechter und Zimmerer tätig. Diese Tätigkeiten gab er aufgrund einer Erkrankung seiner Wirbelsäule 1998 auf. Zu diesem Zeitpunkt bestand beim Kläger eine Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 und eine altersuntypische Chondrose Grad I im Segment L4/L5.

3

Mit Bescheid vom 5.4.2006 und Widerspruchsbescheid vom 26.7.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Die Wirbelsäulenerkrankung könne nicht als BK anerkannt werden, weil insbesondere die medizinischen Voraussetzungen für eine BK 2108 nicht vorlägen. Da in allen Wirbelsäulenabschnitten Verschleißerscheinungen bestünden, spreche das Schadensbild gegen eine berufliche Verursachung.

4

Das SG Chemnitz hat die Klagen mit Urteil vom 6.4.2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim Kläger bestehe zwar eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule bei L4/L5. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als BK lägen jedoch nach den Konsensempfehlungen (U. Bolm-Audorff et al, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheiten 2005/3, S 211, 214 ff) nicht vor. Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 29.1.2014 das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass bei dem Kläger eine BK 2108 vorliege. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, die bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule sei wesentlich durch die berufliche Einwirkung verursacht. Entsprechend den Konsensempfehlungen liege eine ausreichende Exposition für die Anerkennung einer BK 2108 vor. Der Ursachenzusammenhang zwischen dieser Belastung und der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers sei zu bejahen. Konkurrierende Ursachen seien nicht ersichtlich. Das bei Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bestehende Schadensbild entspreche der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen, bei deren Vorliegen die Verursachung hinreichend wahrscheinlich sei. Es liege zum einen eine besonders intensive Belastung im Sinne des zweiten Zusatzkriteriums dieser Konstellation vor, weil im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - auf die Hälfte des Richtwertes von 25 Meganewtonstunden (MNh) nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) für die Lebensdosis für Männer in weniger als 10 Jahren und damit auf 12,5 MNh abzustellen sei. Dieser Wert sei in dem 10-Jahreszeitraum vom 1.6.1977 bis 31.5.1987 mit rund 15 MNh erreicht worden. Zum anderen bestehe beim Kläger auch eine Höhenminderung und ein Prolaps an mehreren Bandscheiben im Sinne des ersten Zusatzkriteriums der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen, weil dieses Zusatzkriterium auch bei einem lediglich bisegmentalen Bandscheibenschaden erfüllt sei.

5

Die Beklagte rügt mit der vom Senat zugelassenen Revision die Verletzung des § 9 SGB VII iVm Nr 2108 der Anlage 1 zur BKV. Das Vorliegen einer BK 2108 könne nicht auf die Konstellation B2 der Konsensempfehlungen gestützt werden, weil der erforderliche wissenschaftliche Konsens nicht mehr vorliege. Divergierende Entscheidungen der LSGe zur Höhe des Richtwertes für die Lebensdosis als Indiz für eine besonders intensive Belastung im Sinne des zweiten Zusatzkriteriums zur Konstellation B2 der Konsensempfehlungen zeigten, dass hinsichtlich ihrer Anwendung nicht mehr von einem einheitlichen Meinungsstand ausgegangen werden könne. Die Konsensempfehlungen könnten deshalb nicht mehr als aktueller Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse betrachtet und die Anerkennung einer BK 2108 nicht mehr auf sie gestützt werden. Auch seien die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 nicht gegeben.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. April 2011 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Das LSG habe seiner Entscheidung den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zum Ursachenzusammenhang bei einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule zugrunde gelegt. Dieser sei weiterhin den Konsensempfehlungen zur BK 2108 zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide der Beklagten das Vorliegen einer BK 2108 festgestellt.

10

Die erhobenen Klagen sind als Anfechtungsklage gegen die ablehnenden Entscheidungen verbunden mit der auf Feststellung einer BK gerichteten Feststellungsklage zulässig. Der Übergang im Berufungsverfahren von der zunächst erhobenen Verpflichtungs- auf eine Feststellungsklage war nach § 99 Abs 3 SGG zulässig(vgl BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 42 = NZS 2012, 151).

11

Der Rechtsstreit richtet sich nach den Vorschriften des SGB VII (§ 212 SGB VII),weil der Versicherungsfall erst nach Inkrafttreten des SGB VII eingetreten ist. Rechtsgrundlage für die Anerkennung der streitigen BK ist § 9 Abs 1 SGB VII iVm Nr 2108 der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (BGBl I 2623), die lautet: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können". Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt (dazu unter A). Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität; dazu unter B). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt (dazu unter C). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 17). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 11/12 R - BSGE 114, 90 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2109 Nr 1, RdNr 12; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4, RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 9 mwN; zuletzt BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - NZS 2012, 151; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 14). Diese Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 sind hier erfüllt.

12

A.1. Der Kläger war im Anschluss an seine Ausbildung zum Baufacharbeiter von September 1975 bis Mai 1977 bis einschließlich 1997 und auch darüber hinaus als Eisenflechter und Zimmerer beschäftigt. Er war damit "Versicherter" iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII.

13

2. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unterlag der Kläger während seiner versicherten Tätigkeit im Zeitraum vom 1.9.1975 bis 30.6.1998 einer kumulativen Einwirkungsbelastung in Form von Hebe- und Tragevorgängen von 31 MNh (zur Bestimmung des Ausmaßes der beruflichen Einwirkungen bei der BK 2108 vgl auch BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 17 f, sowie zur Feststellung der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkung in Form von Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 20/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

14

3. Diese Belastungen erfolgten - wie der Tatbestand der Nr 2108 voraussetzt - auch langjährig, nämlich von September 1975 bis jedenfalls Ende 1997 und damit 22 Jahre. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern sind (so wörtlich das aktuelle Merkblatt 2108, BArbBl 2006, Heft 10, S 30, Abschnitt IV; vgl zum Merkmal "langjährig" bei der BK 2109 BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 11/12 R - BSGE 114, 90 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2109 Nr 1, RdNr 15; s zur BK 2108 bereits BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 10; BSG vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - USK 2004-101; vgl auch: Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK Nr 2108 - 2110 RdNr 7 mwN; "mindestens 10 Jahre" fordern Ricke in Kasseler Kommentar, Stand 5/2014, § 9 SGB VII RdNr 42; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand 12/2013, M 2108 Anm 2.2.2).

15

4. Nach den weiteren Feststellungen des LSG litt der Kläger im Juli 1998 an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Es lag eine Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sowie eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5 vor.

16

B. Im Ergebnis zu Recht hat das LSG den Ursachenzusammenhang zwischen gefährdenden Einwirkungen und der Bandscheibenerkrankung des Klägers bejaht. Für die Anerkennung einer BK ist neben der Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) ein Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und der Erkrankung erforderlich. Für die BK 2108 bedeutet dies, dass die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers durch langjähriges schweres Heben und Tragen bzw Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit verursacht worden sein muss. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung (s zum Arbeitsunfall die Entscheidungen des erkennenden Senats vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 34 ff sowie BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37; zu BKen s BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 13 sowie - B 2 U 26/04 R - UV-Recht Aktuell 2006, 497), die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolgs ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (zur Theorie der wesentlichen Bedingung: zuletzt eingehend BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37 f sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 28 ff).

17

1. Vorliegend hat das LSG unter Zugrundelegung des bindend festgestellten Einwirkungswerts iHv 31 MNh ausgehend vom MDD zutreffend angenommen, dass die versicherten Einwirkungen durch schweres Heben und Tragen ausreichten, um einen Bandscheibenschaden zu verursachen. Mit der Heranziehung des MDD zur Bestimmung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis folgt das LSG der Rechtsprechung des erkennenden Senats, der seit 2003 (BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 11 ff; BSG vom 19.8.2003 - B 2 U 1/02 R - USK 2003-219; BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 18 und zuletzt BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - UV-Recht Aktuell 2009, 295) dieses Modell als eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen angesehen hat. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis des MDD, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen (s zur Handhabung der hälftigen Orientierungswerte als Mindestbelastungswerte BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - UV-Recht Aktuell 2009, 295; BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 25; sowie BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R und B 2 U 20/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für Männer legt das MDD als Gesamtbelastungsdosis den Wert von 25 MNh fest, der hier mit 31 MNh erheblich überschritten war. Es kommt daher im hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, ob bereits ein geringerer, ggf hälftiger Wert dieses Orientierungswertes ausreichen würde, um von einem erhöhten Erkrankungsrisiko auszugehen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen nicht mehr verzichtet werden kann (vgl für Männer BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 25). Deshalb muss hier auch nicht entschieden werden, ob aufgrund der mittlerweile vorliegenden Ergebnisse der DWS-Richtwertestudie (DWS II; "Erweiterte Auswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie mit dem Ziel der Ableitung geeigneter Richtwerte", Kurztitel: "DWS-Richtwerteableitung", veröffentlicht unter http://www.dguv.de/ifa/Forschung/Projektverzeichnis/FF-FB_0155A.jsp) eine weitere Absenkung der Orientierungswerte angezeigt ist. Der Senat weist aber in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gemäß § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII generelle Voraussetzung für die Einführung eines BK-Tatbestandes die gruppenspezifische Risikoerhöhung gegenüber der Gesamtbevölkerung ist, deren Erreichen jedenfalls bei Werten iHv 3 MNh bedenklich erscheint(s nur Kranig, Was schadet den Bandscheiben?, DGUV Forum 2013, Nr 6, S 27, 31; vgl auch LSG Baden-Württemberg vom 25.9.2008 - L 10 U 5965/06 - Breith 2009, 307, RdNr 34 ff).

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2. Das LSG hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen gefährdenden Einwirkungen im Sinne der BK 2108 und der Bandscheibenerkrankung des Klägers bejaht. Während die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK zum einen das Vorhandensein der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkungen und zum anderen die Kausalität zwischen diesen Einwirkungen und einer Erkrankung beinhalten, betreffen die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen ebenfalls zwei Aspekte der Anerkennungsvoraussetzungen, nämlich zum einen das Vorliegen der tatbestandlich vorausgesetzten Krankheit und zum anderen das Vorliegen eines Schadensbildes, welches mit der rechtlich-wesentlichen Verursachung dieser Krankheit durch die beruflichen Einwirkungen zumindest im Einklang steht (Bieresborn, Die Umsetzung der BK 2108 aus sozialrechtlicher Sicht, in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann , Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" , Frankfurt 2014, S 193, 194, 199). Aus dem Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen kann angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 26) nicht automatisch auf das Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen der BK 2108 geschlossen werden; vielmehr müssen medizinische Kriterien hinzukommen (BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 19; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2, RdNr 23; vgl BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 7/05 R - UV-Recht Aktuell 2006, 510 zur BK nach Nr 4302 der Anlage zur BKV; BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 34/03 R - USK 2004-107).

19

Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des maßgeblichen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands sowohl die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 zugrunde gelegt (dazu unter a) als auch das festgestellte Schadensbild diesen Erkenntnissen zugeordnet, mit dem Ergebnis, dass ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der sog Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorliegt (dazu unter b).

20

a) Nicht zu beanstanden ist, dass das LSG die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 (U. Bolm-Audorff et al, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit 2005/3, S 211, 216 ff, 228 ff) zugrunde gelegt hat. Diese bilden nach Überzeugung des Senats weiterhin den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ab. Die naturwissenschaftliche Kausalitätsprüfung ist zwar eine der Bindung fähige tatsächliche Feststellung der Instanzgerichte (vgl Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 9), jedoch sind nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die die einzelnen Tatbestandsmerkmale der jeweiligen BK unterfütternden allgemeinen (generellen) Tatsachen, die für alle einschlägigen BK-Fälle gleichermaßen von Bedeutung sind, anhand des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands auch revisionsrechtlich überprüfbar (grundlegend: BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 5/05 R - BSGE 96, 297 = SozR 4-5671 § 6 Nr 2, RdNr 19 sowie BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 23; s auch BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23; s zur älteren Senatsrechtsprechung, wonach diesbezügliche Feststellungen dem Anwendungsbereich des § 163 SGG zugerechnet wurden: BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr 16 S 83 = SozR 3-2700 § 9 Nr 4 = SozR 3-5670 Anl 1 Nr 2108 Nr 4, Juris RdNr 28; BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 15, jeweils mwN). Dies muss zunächst jedenfalls immer dann gelten, wenn diese zulässig gerügt werden (vgl hierzu BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine Bindung besteht allerdings nicht, wenn das LSG von einem offenkundig falschen medizinischen Erfahrungssatz ausgegangen ist (vgl BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 418). Inwieweit in der Rechtsprechung anderer Senate des BSG (zur Überprüfung sog "genereller Tatsachen" in der sonstigen Rechtsprechung des BSG vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 163 RdNr 7 sowie speziell im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung BSG vom 16.6.1999 - B 1 KR 4/98 R - BSGE 84, 90, 94 = SozR 3-1500 § 163 Nr 7, Juris RdNr 17 sowie BSG vom 12.8.2009 - B 3 KR 10/07 R - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 27 und zuletzt BSG vom 12.9.2012 - B 3 KR 10/12 R - BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 55; s zu "Rechtstatsachen" BSG vom 25.10.1994 - 3/1 RK 57/93 - SozR 3-1500 § 163 Nr 5, Juris RdNr 27, zu "allgemeinkundigen Tatsachen historischer Natur" BSG vom 7.2.1985 - 9a RV 5/83 - BSGE 58, 38, 42 = SozR 3100 § 5 Nr 7, Juris RdNr 17 sowie zu "gerichtskundigen Tatsachen" BSG vom 27.1.1977 - 7 RAr 16/75 - BSGE 43, 124, 127 = SozR 4100 § 41 Nr 28, Juris RdNr 30) eine solche Überprüfung genereller Tatsachen erfolgt, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls im Bereich des Rechts der BKen hat das BSG aufgrund der in den Normtexten der jeweiligen BKen in der Anlage zur BKV regelmäßig vertypisierten wissenschaftlichen Aussagen die Existenz der einschlägigen Erfahrungssätze selbst festzustellen. Das über das Vorliegen von BKen befindende Gericht muss sich folglich Klarheit darüber verschaffen, welches in der streitigen Frage der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist. Die heranzuziehenden Quellen, Fachbücher, Standardwerke, Merkblätter des zuständigen Ministeriums, Begründungen des Sachverständigenbeirats, Konsensempfehlungen etc hat das Gericht eigenständig kritisch zu würdigen und auf ihre Aktualität hin - ggf durch Sachverständige - zu überprüfen (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 24 RdNr 18; BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 68 f; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 20; vgl auch BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 20; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN).

21

Hierbei ist zunächst die Zugrundelegung der Konsensempfehlungen durch das LSG als Orientierungshilfe bei der Beurteilung, ob der Bandscheibenschaden des Klägers nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand durch die festgestellten beruflichen Einwirkungen verursacht wurde, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 sind nach wie vor eine hinreichende Grundlage für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands, wie der Senat zuletzt 2009 klargestellt hat (BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 418). Seitdem wurden zwar in Folge der Veröffentlichung der DWS II Fachaufsätze publiziert, die Zweifel an den Aussagen auch der Konsensempfehlungen äußern. Weder aus der DWS II noch den sonstigen Veröffentlichungen ist jedoch zu entnehmen, dass die Erkenntnisse der Konsensarbeitsgruppe aus dem Jahre 2005 gerade hinsichtlich der hier zugrunde gelegten Befundkonstellation inzwischen veraltet sein könnten. Sofern vertreten wird, dass inzwischen die Ergebnisse der DWS II die wesentlichen Grundannahmen aus den Konsenskriterien widerlegten, etwa weil die bisher angenommenen Einwirkungsgrößen zu hoch seien, die Lokalisation und Häufigkeit der Verteilung von Bandscheibenschäden zu 96% mit denen der Normalbevölkerung identisch sei, die Auswertungen der DWS II keine deutliche Abhängigkeit der Begleitspondylose von der MDD-Gesamtbelastungsdosis gezeigt habe oder Schäden an der HWS keine Aussagekraft zur Verursachung von LWS-Schäden hätten (M. Kentner und K. Frank, Kommentar zur DWS-Richtwertestudie und Implikationen hinsichtlich BK 2108 - Biomechanik vs. Pathophysiologie, zur Veröffentlichung in ASUMed 8/2015 vorgesehen; Linhardt/Grifka, Auswirkungen der Deutschen Wirbelsäulenstudie auf die Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule , MedSach 111 <2015>, 20, 21; Bergmann, Bolm-Audorff, Ditchen, Ellegast, Haerting, Kersten, Jäger, Skölziger, Kuß, Morfeld, Schäfer, Seidler, Luttmann, Lumbaler Bandscheibenvorfall mit Radikulärsyndrom und fortgeschrittene Osteochondrose, ZblArbeitsmed 2014, 233), handelt es sich erkennbar um wissenschaftliche Einzelmeinungen.

22

Die zitierten Publikationen setzen sich zum einen jeweils inhaltlich nicht mit der grundsätzlichen Kritik an der angewandten Methodik der Nachuntersuchung auseinander (s nur Grosser, Ergebnisse der Konsensarbeitsgruppe zur Begutachtung der BK 2108 - Status quo und Konsequenzen aus der DWS, in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann, Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" , Frankfurt 2014, S 84 ; Zagrodnik, Fragliche Belastungsdosis, DGUV Forum 2014, Nr 7/8, S 10 ff), zum anderen schöpfen sie ihre Kritik an den Aussagen der Konsensempfehlungen alleine aus den Ergebnissen der DWS II und wenden sich im Wesentlichen gegen die Bestimmung und Höhe der Einwirkungsgrößen, nicht aber gegen die Grundaussage der Konsensempfehlungen, dass Bandscheibenschäden aufgrund beruflich erworbener Druckbelastungs-Dosen entstehen können. Der Senat verkennt nicht, dass ein wissenschaftlicher Erkenntnisstand auch dadurch erschüttert werden kann, dass grundlegende und fundierte Zweifel seitens der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler diesem den Boden entziehen, ohne dass sich diese in ihrer Mehrheit auf einen neuen Konsens geeinigt hätten. Einzelne Gegenstimmen sind demgegenüber nicht geeignet, einen einmal gebildeten und sich in schriftlichen Beurteilungskriterien manifestierenden wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu erschüttern, solange nicht die daran beteiligten Autoren in ihrer Mehrheit diesen Konsens in wesentlichen Punkten aufkündigen oder eine (zumindest teilweise) personell anders zusammengesetzte große Mehrheit der mit dieser Materie befassten Fachwissenschaftler diesem Konsens entgegentritt.

23

b) Nicht zu beanstanden ist im Rahmen des soeben aufgezeigten Prüfumfangs die Aussage des LSG, dass bei dem Kläger die Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorliegt, für die diese eine Anerkennungsempfehlung aussprechen. So wie der erkennende Senat im Recht der BKen nicht gehindert ist, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu Verursachungszusammenhängen festzustellen, ist er ebenso wenig gehindert, die korrekte Zuordnung des Sachverhalts seitens des Berufungsgerichts unter diesen einschlägigen Erkenntnisstand zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, wenn dieser in Konsensempfehlungen verdichtet ist. Bei diesen handelt es sich freilich nicht um einen normativen Text oder ein antizipiertes Sachverständigengutachten, weil die Konsensempfehlungen weder vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber erlassen, noch von unabhängigen und der Neutralität verpflichteten Autoren verfasst wurden (P. Becker, ASUMed 2009, 592, 595). Daher sind sie für Verwaltung, Gerichte oder Gutachter auch nicht unmittelbar verbindlich (Siefert, ASR 2011, 45, 48) und es verbietet sich deren Auslegung unter strikter Anwendung der Regeln der juristischen Methodenlehre (vgl Bieresborn, Die Umsetzung der BK 2108 aus sozialrechtlicher Sicht aaO, S 199).Konsensempfehlungen dienen lediglich zur Erleichterung der Beurteilung im Einzelfall, um typische Befundkonstellationen im Hinblick auf die Kausalbeziehungen unter Zugrundelegung des aktuell wissenschaftlichen Erkenntnisstands einordnen zu können (Duell, Kranig, Palfner, BK-Begutachtungsempfehlungen - Wissen von Experten für Experten, DGUV Forum 2012, Nr 4 S 14, 16). Andererseits muss bei diesem Erkenntnisvorgang überprüfbar bleiben, ob das LSG nach allgemeinem Verständnis den von ihm festgestellten Sachverhalt (noch) vertretbar den in den Konsensempfehlungen aufgeführten Kategorien zugeordnet hat.

24

Für sämtliche Befundkonstellationen wird in den Konsensempfehlungen vorausgesetzt, dass die (gesicherte) bandscheibenbedingte Erkrankung nach ihrer Lokalisation die Segmente L5/S1 und/oder L4/L5 betrifft und eine Ausprägung als Chondrose Grad II oder höher und/oder als Vorfall hat. Sofern zusätzlich eine Begleitspondylose besteht (Befundkonstellation B1), gilt der Zusammenhang als wahrscheinlich. Liegt hingegen - wie hier nach den bindenden Feststellungen des LSG - keine Begleitspondylose vor, so wird der Zusammenhang nach den Konsensempfehlungen ua dann als wahrscheinlich betrachtet, wenn eine Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben besteht (Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 1. Alt). Alternativ müssen bei nur monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten "black discs" vorliegen (Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 2. Alt). Als weitere Alternativen genügt für die Konstellation B2 entweder das Bestehen einer besonders intensiven Belastung, wobei hierfür als "Anhaltspunkt" das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren (Befundkonstellation "B2", 2. Spiegelstrich - 2. Zusatzkriterium) gilt, oder eines besonderen Gefährdungspotenzials durch hohe Belastungsspitzen, wofür als "Anhaltspunkt" das Erreichen der Hälfte des "MDD-Tagesdosis-Richtwertes" durch hohe Belastungsspitzen (Frauen ab 4 1/2 kN, Männer ab 6 kN) (Befundkonstellation "B2", 3. Spiegelstrich - 3. Zusatzkriterium) verlangt wird.

25

Das LSG ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass beim Kläger die Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren - vorlag, bei der der Ursachenzusammenhang hinreichend wahrscheinlich ist. Es hat für den erkennenden Senat bindend festgestellt, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule in Form einer Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sowie eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5 ohne Begleitspondylose und keine konkurrierenden Ursachen vorlagen, sowie dass der Kläger im Zeitraum vom 1.6.1977 bis 31.5.1987 Belastungen von 15 MNh ausgesetzt war. Damit erreichte der Kläger also in weniger als 10 Jahren zwar nicht den Orientierungswert für Männer nach dem MDD iHv 25 MNh, überschritt jedoch mit 15 MNh die Hälfte dieses Wertes von 12,5 MNh.

26

Das LSG ist weiter davon ausgegangen, dass beim Kläger wegen dieses Überschreitens der hälftigen MDD-Dosis in Höhe von 12,5 MNh in weniger als 10 Jahren die für den Kausalzusammenhang der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - erforderliche besonders intensive Belastung vorlag. Den Konsensempfehlungen hat das LSG mithin den generellen wissenschaftlichen Erfahrungssatz entnommen, dass für die bei der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - erforderliche besonders intensive Belastung bei Männern das Erreichen der hälftigen MDD-Dosis iHv 25 MNh, nämlich des Wertes von 12,5 MNh in weniger als 10 Jahren genügt. Dieser Erfahrungssatz ist jedenfalls nicht offenkundig falsch. Der vom LSG aufgestellte allgemeine Erfahrungssatz kann vom Revisionsgericht zwar in den oben aufgezeigten Grenzen überprüft werden, denn die Feststellungen des LSG zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand im Recht der BKen unterliegen nicht von vornherein der in § 163 SGG angeordneten Bindung des Revisionsgerichts an tatrichterliche Feststellungen(vgl zB BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7).

27

Der Senat konnte aber im Rahmen seiner hierzu durchgeführten Überprüfung nicht zu der Erkenntnis gelangen, dass der vom LSG zugrunde gelegte Erfahrungssatz hinsichtlich der erforderlichen besonders intensiven Belastung des 2. Zusatzkriteriums der Konstellation B2 in der Wissenschaft allgemein angegriffen wird und deshalb offenkundig nicht dem aktuellen Erkenntnisstand entspricht. Der Wortlaut der Konsensempfehlungen selbst verlangt jedenfalls in der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - nur das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren, ohne dort konkret die "MDD-Lebensdosis" wie im 3. Zusatzkriterium zu erwähnen. Auch in der wissenschaftlichen Literatur wird (Seidler und Bolm-Audorff in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann, BK 2108, S 135, 138) teilweise auf die Hälfte des MDD-Richtwerts und damit für Männer auf eine Belastung von 12,5 MNh abgestellt. Allein dass auch eine andere Auffassung vertreten wird (für den Wert von 25 MNh wohl Grosser in: Grosser ua, BK 2108, S 83, 102) und die LSGe hier jeweils zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangen (vgl LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.2.2010 - L 14 U 78/06 - und vom 25.5.2011 - L 3 U 28/07; LSG Berlin-Brandenburg vom 6.5.2010 - L 3 U 19/06 - und vom 19.1.2012 - L 2 U 24/09 ZVW - sowie Bayerisches LSG vom 31.1.2013 - L 17 U 244/06), reicht nicht dafür aus, die Feststellungen des LSG zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand als offensichtlich fehlerhaft in Frage zu stellen.

28

Ein medizinischer Erfahrungssatz entspricht in der Regel dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, wenn er von allen oder den meisten in dem entsprechenden Fachgebiet Kundigen vertreten wird. Er kann aber auch dann den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, wenn er nicht von allen im jeweiligen Erkenntnissystem Handelnden geteilt wird und auch abweichende Auffassungen vertreten werden. Ein Erkenntnisstand kann sich fortlaufend verändern (vgl hierzu Hase, Sozialrecht und die Integration gesellschaftlichen Wissens, in Masuch ua , Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats, 2014, S 423, 429 ff). Deshalb kann allein aus dem Vorliegen unterschiedlicher Auffassungen bei den im entsprechenden Fachgebiet Kundigen nicht geschlossen werden, dass ein Erfahrungssatz falsch ist oder nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht. Für den Senat war danach nicht erkennbar, dass der vom LSG zugrunde gelegte wissenschaftliche Erfahrungssatz hinsichtlich der besonders intensiven Belastung bei dem 2. Zusatzkriterium der Konstellation B2 offenkundig falsch ist oder in der Wissenschaft allgemein angegriffen wird. Dies ist auch dem Vorbringen der Revision nicht zu entnehmen. Sie stützt sich lediglich darauf, dass die Konsensempfehlungen im Ganzen und hinsichtlich der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - im Besonderen aufgrund der dargestellten divergierenden Auffassungen keine hinlänglich zuverlässige Grundlage mehr für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands seien. Dies ist jedoch - wie oben ausgeführt - hinsichtlich der Konsensempfehlungen insgesamt unzutreffend. Der Senat sieht sich nach seinen eigenen Erkenntnissen jedenfalls auch nicht veranlasst, diesen vom LSG zugrunde gelegten wissenschaftlichen Erfahrungssatz zu korrigieren.

29

Insofern besteht zwar aufgrund des durchaus kontroversen Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse im konkreten Anwendungsfall der BK 2108 die auch von der Beklagten beschriebene Gefahr, dass Tatsachengerichte zur Feststellung unterschiedlicher Erfahrungssätze gelangen können, die dann jeweils revisionsrechtlich - in den aufgezeigten Grenzen - akzeptiert werden müssten. Dieses Ergebnis ist jedoch zum einen die logische Folge der den Gerichten nur eingeschränkt eröffneten Möglichkeiten, sich den tatsächlichen aktuellen medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu verschaffen. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit ist aber zum anderen zumindest partiell auch Folge des Normtatbestands der BK 2108, dessen Reform der Senat bereits mehrfach angemahnt hat (vgl insbesondere BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 28 ff). Der Senat hat bereits im Jahre 2007 (aaO) betont, dass eine gleichmäßige Rechtsanwendung nur gewährleistet ist, wenn sich die zur Definition einer BK verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe mit Hilfe des von den Gerichten feststellbaren wissenschaftlichen Erkenntnisstands hinreichend konkretisieren lassen. Eine rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechende Handhabung der BK-Tatbestände und insbesondere des Tatbestands der BK 2108 ist nicht mehr möglich, wenn sich eine tragfähige wissenschaftliche Grundlage für die Beurteilung der jeweils zu untersuchenden Ursachenzusammenhänge im Prozess nicht mehr ermitteln lässt, sei es, weil einschlägige Forschungsergebnisse überhaupt fehlen oder weil sie keine allgemein akzeptierten Erkenntnisse (mehr) liefern (so bereits BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 8 ff). Der Senat hat hierbei auch darauf hingewiesen, dass der Verordnungsgeber mittels ggf erst zu schaffender oder besser auszustattender Fachgremien den wissenschaftlichen Erkenntnisstand über Ursachenzusammenhänge zwischen beruflichen Einwirkungen und der Entstehung von Krankheiten umfassend ermitteln kann (allgemein zu den Problemen der Feststellung des Stands der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft im BK-Recht auch für den Verordnungsgeber vgl Spellbrink, SR 2014, 140, 144 ff). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass sich der Verordnungsgeber in den letzten Jahren dieser Aufgabe gestellt und etwa im Rahmen seiner gesetzlichen Ermächtigung (§ 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) abstrakt-generelle Voraussetzungen der BK 2108 zB in Form von Dosiswerten diskutiert hätte. Auf die Angabe solcher "Grenzwerte" oder anderer Präzisierungen hat der Verordnungsgeber bei der BK 2108 bislang gerade verzichtet, woraus sich ein Großteil der auch im vorliegenden Fall erheblichen Anwendungsprobleme der Norm erklärt. Ob der erkennende Senat diese Anwendungsprobleme bei der BK 2108 auch in Zukunft als rechtsstaatlich noch tolerierbar betrachten kann, wird hier ausdrücklich offengelassen.

30

Da mithin bereits revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das 2. Zusatzkriterium der Befundkonstellation "B2" vorliegt, kann hier dahinstehen, ob für die Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 1. Alt als "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" auch ein bisegmentaler Befund ausreichen würde (so Sächsisches LSG vom 21.6.2010 - L 2 U 170/08 LW - und LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 11.7.2013 - L 6 U 59/11; Seidler und Bolm-Audorff in Grosser ua BK 2108, S 134, 138; anders Hessisches LSG Urteil vom 18.8.2009 - L 3 U 202/04 - und vom 27.3.2012 - L 3 U 81/11; Bayerisches LSG Urteil vom 31.1.2013 - L 17 U 244/06 ; Grosser in: Grosser ua BK 2108, S 83, 101), was das LSG ebenfalls angenommen hat.

31

C. Schließlich ist auch die weitere Voraussetzung der Aufgabe der die Wirbelsäule belastenden Tätigkeit für die Anerkennung einer BK 2108 erfüllt. Nach den bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger nur bis Juni 1998 in seiner versicherten Tätigkeit Belastungen der Wirbelsäule ausgesetzt und gab sämtliche wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten im Juli 1998 auf.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts R. vom 22. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundessozialgericht.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob der Kläger auf Grund des Unfalls vom 29.06.2004 einen Rotatorenmanschettendefekt an der rechten Schulter erlitten und Anspruch auf eine Verletztenrente hat bzw. ob zumindest eine stützende Erwerbsminderung besteht.
Der am … geborene Kläger ist gelernter Schlossermeister und war als solcher bis 2001 selbständig tätig. Danach hat er als angestellter Monteur bei der Firma L. L.- und T. GmbH, L.-E. im europäischen Ausland Lackieranlagen installiert. Nach seinen Angaben hat er stark armbelastende Arbeiten, vielfach über Kopf ausgeführt (VA 03/0167918/5, Bl. 53). Der Kläger hat 2 Arbeitsunfälle erlitten, bei denen die Schultern betroffen waren. Am 26.08.2003 verdrehte er sich den linken Arm. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Verletztenrente wegen des Unfalls ab. Der Kläger habe eine folgenlos verheilte Zerrung der linken Schulter erlitten und keine Verletzung der Rotatorenmanschette links (Bescheid vom 13.07.2004, Widerspruchsbescheid vom 13.10.2004). Die dagegen vor dem Sozialgericht R. (SG) geführte Klage blieb erfolglos (Urteil vom 27.11.2006 - Az. S 4 U 3316/04), die Berufung dagegen ruhte wegen der Prüfung eines Stützrententatbestands aus dem streitgegenständlichen Unfall (Az. L 9 U 1220/07). Anlässlich jenes ersten Unfalls wurde der Kläger im Verwaltungsverfahren am 24.05.2004 durch Dr. C., Krankenhaus S. orthopädisch begutachtet (Bl. 50 ff), wobei Vergleichsbefunde der rechten Schulter erhoben wurden. Der behandelnde Arzt für Chirurgie Dr. T. berichtete dem SG von beidseitigen Schultereckgelenksarthrosen (Bl. 21 SG-Akte). Im SG-Verfahren (bezüglich des Unfalles am linken Arm) wurde der Kläger von Prof. Dr. L., Leiter der Sektion Schulter- und Ellenbogenchirurgie Universität H. (Gutachten vom 14.07.2005) und nach § 109 SGG von Dr. C. (Gutachten vom 12.01.2006) begutachtet, die übereinstimmend die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter für verschleißbedingt hielten.
Den - streitgegenständlichen - weiteren Unfall vom 29.06.2004 die rechte Schulter betreffend meldete die IKK Baden-Württemberg der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Eingang am 16.11.2004. Nach den vom Einsatzort, Autohaus F. in E., am 08.11.2004 bestätigten Angaben des Klägers ihr gegenüber sei der Kläger bei einer Montagetätigkeit in der Schweiz am 29.06.2004 beim Einsteigen ins Auto (Laderaum eines Transporters Mercedes Vito) mit dem Bohrmaschinenkoffer in der rechten Hand gegen den Autotürrahmen geschlagen, sodass der rechte Arm nach hinten weggerissen worden und ihm der Koffer aus der Hand gefallen sei. Er habe einen plötzlichen stechenden Schmerz in der rechten Schulter verspürt und Arm und Hand für ca. eine Stunde nicht mehr bewegen können. Anschließend war er nach Hause gefahren und hatte sich am nächsten Tag in Behandlung in der Chirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. T./B. begeben, von wo eine inklomplette Rotatorenmanschettenläsion rechte Schulter mitgeteilt wurde (Arztanfrage vom 05.11.2004, Bl. 7 VA). Arbeitsunfähigkeit bestand zunächst vom 30.06. bis 09.07.2004. Danach hat der Kläger seine Tätigkeit wieder aufgenommen. Nach anhaltenden Beschwerden erfolgte am 22.11.2004 eine arthroskopische und im März 2005 eine weitere operative Revision.
Das von der IKK vorgelegte Vorerkrankungsverzeichnis ist hinsichtlich der rechten Schulter leer und weist für die linke Schulter den og. Rotatorenmanschettendefekt aus. Die Fa. L. teilte mit, dass sie von einer Erkrankung im Schulterbereich und nicht von einem Arbeitsunfall ausgehe (Schreiben vom 17.12.2004, Bl. 22 VA). Die Beklagte zog die Unterlagen den Unfall am linken Arm betreffend bei. Aktenkundig ist das og. chirurgische Gutachten von Dr. C. mit röntgenologischem Zusatzgutachten, das dieser auf Grund einer Untersuchung am 24.05.2004 zur Zusammenhangsfrage zwischen dem ersten Unfall vom 26.08.2003 und dem Rotatorenmanschettendefekt links erstellt hat. Darin wird noch vor dem streitgegenständlichen Unfall auch die rechte Schultergelenksbeweglichkeit als eingeschränkt beschrieben und ein älterer wohl degenerativer Bizepssehnenabriss am rechten Ellenbogen festgestellt. Dr. T. berichtete auf Nachfrage am 21.01.2005 (Bl. 26 VA) von einer Verletzung der rechten Schulter durch eine schwere Zerrung bei Überkopfarbeiten Ende 2000/Anfang 2001, wegen der er den Kläger am 27.04.2001 behandelt hatte und die seither Probleme bereitet habe. Auf Grund der Untersuchung am 30.06.2004 mit Sonographie diagnostizierte er eine ältere degenerative Rotatorenteilruptur rechts, Zustand nach Teilruptur der distalen Bizepssehne und des Tricepsmuskels rechts. Zum Vorstellungszeitpunkt waren keine Zeichen einer äußeren Gewalteinwirkung mehr nachweisbar. Im beigefügten Operationsprotokoll vom 22.11.2004 wird die Diagnose Frozen Shoulder bei kleiner gelenkseitiger Rotatorenmanschettenruptur und intraartikulärer sowie subacromialer Synovitis gestellt.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Dr. H., R., das orthopädische Gutachten vom 23.02.2005. Er stellte u.a. eine schmerzhafte Schultersteife rechts und eine ausgeprägte Rotatorenmanschettendegenration mit Supraspinatussehnenruptur (Bl. 48 VA) fest. Das Unfallereignis, das er als schwungvolle Retroversionsbewegung des rechten Schultergelenks unter gleichzeitigem axialen Zug durch einen 10 kg schweren Hiltikoffer bewertete, sei nicht geeignet, die Ruptur einer intakten Rotatorenmanschette zu verursachen. Angesichts des offenbar erheblichen degenerativen Vorschadens an der rechten wie auch an der linken Schulter, was mit der Berufsanamnese vereinbar sei, komme dem geringfügigen Unfallmechanismus nur die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zu. Unfallschäden bestünden nicht mehr.
Mit Bescheid vom 12.04.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Der Widerspruch des Klägers, den er durch Verweis auf die im Parallelverfahren von Prof. Dr. L. erhobenen Befunde und Vorlage eines orthopädischen Gutachtens von Dr. A., Innsbruck zur Frage einer Invaliditätspension in Österreich vom 07.06.2005 begründete, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005).
Dagegen hat der Kläger am 08.11.2005 Klage zum Sozialgericht R. (SG - Az. S 4 U 3800/05) erhoben und geltend gemacht, dass er trotz seiner schweren körperlichen Arbeit nur geringfügige degenerative Veränderungen in beiden Schultergelenken gehabt habe. Der Unfall vom 29.06.2004 habe die Ruptur der Rotatorenmanschette hervorgerufen.
Das SG hat von Amts wegen keine Ermittlungen angestellt und auf das Kostenrisiko des Klägers gem. § 109 SGG das Gutachten von Dr. ST., Leiter der Chirurgischen Klinik des Bundeswehrkrankenhauses U., eingeholt - auf dessen Anregung und mit Einverständnis des Klägers nach Aktenlage. Dieser äußerte in seinem Gutachten vom 08.06.2006 Zweifel an der erst nachträglichen Unfallschilderung nach der ersten ärztlichen Behandlung. Es bestünden deshalb Zweifel, ob es sich um ein adäquates Unfallereignis gehandelt habe. Selbst wenn die nachträgliche Schilderung des Klägers als wahr unterstellt werde, könne nicht von einem adäquaten Unfallmechanismus für eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion ausgegangen werden. Die isolierte Ruptur der Supraspinatussehne ohne Beteiligung anderer Strukturen weise per se auf eine nicht traumatische Genese hin. Auf Grund der durch das Gutachten des Dr. C. belegten vorbestehenden deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit der rechten Schulter seien die Gesundheitsstörungen dort eindeutig auf degenerative Veränderungen zurückzuführen; dem Unfall komme nur der Charakter einer Gelegenheitsursache zu. Unfallfolgen seien nicht festzustellen.
Gestützt auf die Gutachten und die Auskunft der behandelnden Chirurgen Dr. T. und B. hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.11.2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Unfall vom 29.06.2004 allenfalls eine akute Bursitis im Bereich der rechten Schulter verursacht habe, die am 09.07.2004 folgenlos ausgeheilt gewesen sei und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht hinterlassen habe. Der unstreitig vorhandene ausgeprägte Rotatorenmanschettendefekt rechts sei auch unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur nicht auf den Unfall zurückzuführen. Bereits ein geeigneter Unfallhergang habe nach der Schilderung des Klägers nicht vorgelegen. Zweifel, ob überhaupt ein Unfall stattgefunden habe, seien berechtigt, nachdem der Kläger gegenüber Dr. T. keine dementsprechenden Angaben gemacht habe. Gegen einen Unfallzusammenhang spreche, dass der Kläger eine isolierte Ruptur der Supraspinatussehne ohne Beteiligung anderer Strukturen erlitten habe, was auf eine nicht traumatische Genese hinweise. Zu beachten sei, dass durch die Begutachtung durch Dr. C. ca. einen Monat vor dem streitgegenständlichen Unfall ein erheblicher Vorschaden belegt sei. Unter umfassender Abwägung aller für die Kausalitätsprüfung erheblichen Gesichtspunkte seien Dr. H. und Dr. ST. schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die beim Kläger im Bereich des rechten Schultergelenkes vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht unfallbedingt, sondern degenerativ seien. Der Kläger habe deshalb keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
10 
Gegen den seiner Prozeßbevollmächtigten am 10.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 20.12.2007 beim SG Berufung eingelegt und das Begehren auf Feststellung von Unfallfolgen und Entschädigung weiterverfolgt (Az. L 2 U 158/08). Der Unfall habe stattgefunden, auch wenn er - aus welchen Gründen auch immer - bei Dr. T. nicht dokumentiert worden sei. Bei dem Werkzeugkoffer an der Hand habe es sich um einen 22 kg schweren, großen Hiltikoffer gehandelt. Es komme nicht darauf an, ob der Unfallmechanismus eine völlig intakte, gesunde Schulter bzw. Rotatorenmanschette betreffe, da der Kläger in der gesetzlichen Unfallversicherung mit seinen bestehenden Vorschäden versichert sei. Der Kläger habe erst seit dem Unfall gravierende und anhaltende Beschwerden in der rechten Schulter. Das operative Ergebnis sei nicht zufriedenstellend. Im Jahre 2001 sei die rechte Schulter röntgenologisch unauffällig gewesen.
11 
Der Senat hat - ohne weitere Ermittlungen anzustellen - die Berufung mit Urteil vom 24.09.2008 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass auch zur Überzeugung des Senats der Unfall folgenlos ausgeheilt sei, die noch bestehenden Beschwerden degenerativ bedingt seien. Den Beweisantrag des Klägers, ein weiteres Gutachten zur Feststellung eines geeigneten Unfallhergangs unter Berücksichtigung des Gewichts des Koffers von 22 kg einzuholen, hat der Senat abgelehnt. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin hat das Bundessozialgericht im Hinblick darauf durch Beschluss vom 02.04.2009 das Senatsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Ohne Tatsachenfeststellungen über die Schwere des Hilti-Koffers und eine mögliche weitere medizinische Begutachtung könne über die umstrittene Anerkennung der Rotatorenmanschettenläsion rechts als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente nicht abschließend entschieden werden. Der Senat hat das Verfahren unter dem Az. L 2 U 1936/09 fortgesetzt.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts R. vom 22. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen als Folge des Unfalls vom 29. Juni 2004 eine Rotatorenmanschettenläsion anzuerkennen sowie dem Kläger eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu gewähren, unter Aufrechterhaltung der bislang gestellten Beweisanträge.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid weiterhin für zutreffend.
17 
Der Senat hat zunächst den Kläger um Angaben zum Typ des Hilti-Koffers gebeten. Unter Vorlage von 8 Fotos, die auch den Inhalt des Koffers mit Bohrmaschine, diversen verschiedenen Bohrern und 2 Dosen zeigten, hat der Kläger den - in seinem Eigentum befindlichen - Koffer-Typ mit TE 35 angegeben. Die Firma Hilti teilte hierzu auf schriftliche Anfrage des Senats und nach Vorlage der Fotos ein ermitteltes Gewicht von 13,17 kg mit (Schreiben vom 15.10.2009, Bl. 30 LSG). Der Kläger ist dem mit der Begründung entgegengetreten, dass nach telefonischer Rücksprache für die Fa. Hilti der Kofferinhalt zum Teil nicht identifizierbar gewesen sowie weiterer Inhalt zum Teil verdeckt gewesen sei. Im Übrigen seien zum Unfallzeitpunkt noch 6 weitere Bohrer im Koffer gewesen, die zwischenzeitlich wegen Beschädigung ersatzlos aussortiert worden seien. Bereits ohne diese habe der Koffer auf seiner Waage ein Gewicht von 18,854 kg gezeigt. Sowohl seine Ehefrau als auch sein Schwiegersohn könnten Angaben zum Inhalt des Koffers machen.
18 
Die Fa. L. Luft- und Trockentechnik bestätigte auf Nachfrage, dass Hilti-Werkzeugmaschinen zur persönlichen Werkzeugausrüstung des Klägers gehört haben, die nicht von ihnen gestellt worden seien.
19 
Peter F. teilte auf die Befragung durch den Senat schriftlich mit, dass sich der Kläger beim Verladen seines Werkzeuges Hilti-Maschine für die Rückreise nach Deutschland sein Handgelenk und Arm stark eingeklemmt habe. Er habe über starke Schmerzen geklagt. Den genauen Unfallhergang habe er nicht gesehen, da er neben dem Fahrzeug sein Werkzeug zusammengeräumt habe und der Kläger in seinem Fahrzeug gewesen sei (Schreiben vom 30.11.2009).
20 
Der Senat hat Dr. H. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem Gutachten nach Aktenlage vom 18.05.2010 hat dieser die Auffassung vertreten, dass das Gewicht des Koffers von Bedeutung für die Beurteilung des Unfallereignisses sei, er eine Quantifizierung jedoch nicht vornehmen könne und ihm im Übrigen die biomechanischen Grundlagen und Kriterien zur Beantwortung der Fragen fehlten. Sodann hat Prof. Dr. L., jetzt Zentrum für Schulter und Ellenbogenchirurgie ATOS Klinik H., am 06.09.2010 im Auftrag des Senats ein weiteres fachorthopädisches unfallchirurgisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage die rechte Schulter betreffend erstattet. Er stellte Narbenbildung, Muskelminderung, Druckschmerzen, hochgradige Bewegungseinschränkung und Kraftminderung der rechten Schulter nach operativ versorgter Läsion der Rotatorenmanschette sowie eine Muskelminderung und Verformung des Muskelbauches am Oberarm beugeseitig bei veralteter distaler Bizepssehnenläsion fest. In Bezug auf das Gewicht des Koffers könne keine der Sachverhaltsvarianten - 13,17 kg oder 22 kg - eindeutig als nicht geeigneter Mechanismus bezeichnet werden. Nach den überlassenen Informationen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bereits vor dem Ereignis am 29.06.2004 ein struktureller Schaden im Bereich der rechten Schulter bestanden habe, der zu diesem Zeitpunkt auch bereits zu Beschwerden und einer Funktionsbeeinträchtigung geführt habe (Arztbrief Dr. T. vom 27.04.2001, Gutachten Dr. C. einen Monat vor dem Ereignis). Dem Bizepssehnenabriss komme hingegen keine Bedeutung zu, da dieser in Ellenbogennähe stattgefunden habe. Unvorstellbar sei allerdings, dass der Kläger nach einer akuten Zerreißung der Rotatorenmanschette mit hochgradiger aktiver Bewegungseinschränkung seine Berufstätigkeit als Schlossermeister bereits nach 2 Wochen wieder aufnehmen konnte. Eine derart hochgradige Beeinträchtigung hätte dem Arbeitgeber und/oder Arbeitskollegen auffallen müssen. Selbst einfache Montagearbeiten seien bei einem derart weitgehenden Funktionsverlust des dominanten rechten Armes nicht vorstellbar. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Angaben zum Gewicht des Koffers könne mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sich der Untersuchte bei dem Ereignis vom 29.06.2004 eine Zerrung der rechten Schulter zugezogen hat und die in der Folge diagnostizierte Läsion der Rotatorenmanschette überwiegend auf alterungs- und verschleißbedingten Veränderungen zurückzuführen sei. Unfallfolgen seien nicht mehr feststellbar.
21 
Ergänzend hat Prof. Dr. L. zu den noch vom Kläger vorgelegten Aufnahmen in bildgebenden Verfahren und den Einlassungen der Prozessbevollmächtigten am 02.11.2010 Stellung genommen. Insbesondere die Arthroskopieaufnahmen vom 21.11.2004 haben seine Auffassung von einer schicksalhaften Erkrankung bestätigt. Von einer Vergrößerung eines strukturellen Vorschadens durch den Unfall könne nicht ausgegangen werden, da im Rahmen der Operation vom 21.11.2004 eine strukturell relevante Schädigung der Supraspinatussehne nicht festgestellt worden sei.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Az. 04/0231885/1 (Unfall vom 29.06.2004) und 03/0167918/5 (Unfall vom 26.08.2003) sowie die Akten des SG S 4 U 3316/04, die Akten des LSG Baden-Württemberg L 9 U 1220/07, die Akte des BSG B 2 U 281/08 B und die Prozessakten beider Rechtszüge (S 4 U 3800/05; L 2 U 158/08; L 2 U 1936/09) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
24 
Die statthafte (§§ 143,144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) sowie frist- und formgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2005 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge und daraus resultierender Entschädigung.
25 
Richtige Klageart für das auf Entschädigung gerichtete Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i. V. m. einer Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG).
26 
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Gemäß § 72 SGB VII beginnt eine Rente nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, das bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation (s. § 46 SGB VII) gezahlt wird. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127,128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass unter vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 55, 285, 286).
27 
Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung und die begehrten Leistungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger hat zwar an seinem Einsatzort beim Autohaus F. in der Schweiz einen versicherten Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig und von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid inzidenter anerkannt worden ist, auch wenn die Beklagte einen Gesundheitsschaden nicht ausdrücklich festgestellt hat. Auf Grund der vorliegenden ärztlichen Berichte - insbesondere nach dem Operationsprotokoll vom 22.11.2004 und dem Bericht von Dr. T. vom 21.01.2005 - steht fest, dass bei dem Kläger auch ein Rotatorenmanschettendefekt besteht. Der Senat sieht jedoch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall am 29.04.2006 und der später bei dem Kläger diagnostizierten Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
31 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
32 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
33 
Der geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass entsprechend den oben genannten Grundsätzen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass die bei dem Kläger vorliegende Rotatorenmanschettenruptur in der rechten Schulter mit ihren Auswirkungen rechtlich wesentlich auf den Unfall vom 29.06.2004 zurückzuführen ist. Es fehlt an der haftungsausfüllenden Kausalität. Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem Unfall eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert wurde, ist keine ausreichende Begründung für einen ursächlichen Zusammenhang (Hepp/Lambert, Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren - eine Zusammenarbeit von Richter und medizinischem Sachverständigen, Med.Sach 2009, 181).
34 
Zunächst teilt der Senat hinsichtlich eines geeigneten Unfallereignisses - als ein Anhaltspunkt für die Zusammenhangsbewertung - auch weiterhin die vom SG und von Dr. ST. geäußerten Zweifel an der jetzigen Hergangsschilderung des Klägers, die Rückschlüsse auf die biomechanischen Abläufe in der rechten Schulter im Zeitpunkt des Unfalles zulassen. Dr. T. als Erstbehandler hat ein Unfallereignis nicht dokumentiert und den Kläger wegen bereits vorbestehender Schulterbeschwerden behandelt. Unerklärlich ist weiterhin, warum eine Unfallmeldung an die Beklagte bei dem von ihm behaupteten gravierenden Befund nicht unmittelbar nach dem Unfall vom Kläger, sondern erst über vier Monate danach von der Krankenkasse veranlasst wurde, obwohl der Kläger bereits durch den vorausgegangenen Unfall über das Prozedere informiert war und bereits in dem diesbezüglichen Verwaltungsverfahren die Anerkennung weiterer Unfälle als Arbeitsunfall von der Klägervertreterin versucht worden war. Die Einlassung gegenüber dem BSG, der Kläger habe den Unfall lange Zeit falsch eingeschätzt, überzeugt vor dem Hintergrund des geltend gemachten Gesundheitsschadens nicht. Auch sein Arbeitgeber ging von einer Erkrankung und nicht von einem Unfall aus. Peter F. hat in seiner Auskunft gegenüber dem Senat nun angegeben, den Unfall nicht genau gesehen zu haben, da sich der Kläger im Auto befunden und sich dort eingeklemmt habe. Dies deckt sich nicht mit der Angabe des Klägers, er sei aus schnellem Gehen heraus mit dem Werkzeugkoffer gegen den Autotürholmen geprallt. Auch die Angaben des Klägers hinsichtlich des Gewichts des Werkzeug-Koffers sind fragwürdig, zumal sie erst nach Ausschöpfung der prozessualen Mittel zur medizinischen Sachaufklärung korrigiert wurden und damit einen anderen Unfallhergang beschrieben haben. Zunächst hat der Kläger gegenüber Dr. H. ein Gewicht von ca. 10 kg angegeben und erst im Berufungsverfahren ein mehr als doppelt so hohes Gewicht von 22 kg behauptet. Nach der Übermittlung seiner Angaben und Fotos dazu an die Fa. Hilti hat diese ein Gewicht von 13,17 kg ermittelt. Es ist wenig überzeugend, wenn nun Teile gefehlt haben bzw. überdeckt gewesen sein sollen, um ein höheres Gewicht zu konstruieren. Dem brauchte jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil auch unter Zugrundelegung der Schilderung des Klägers als wahr die medizinischen Ermittlungen weiterhin einen Kausalzusammenhang nicht belegt haben.
35 
Der Senat stützt seine Entscheidung auf das orthopädische Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. L., auf die Gutachten von Dr. H. und Dr. ST. und die Arztberichte von Dr. T., die übereinstimmend einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall am 29.06.2004 und der Rotatorenmanschettenruptur verneint haben. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass kein Arzt - auch nicht der Wahlgutachter oder der behandelnde Arzt Dr. T. - den vom Kläger behaupteten Kausalzusammenhang bestätigt. Den Senat überzeugt die Einschätzung von Prof. Dr. L. deshalb, da er unter Berücksichtigung der wesentlichen Kriterien, nämlich differenzierter Auswertung der verfügbaren Informationen über die Vorgeschichte, den vom Kläger geschilderten Ereignisablauf, den Primärbefund und den Heilungsverlauf für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargestellt hat, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers auf alterungs- und verschleißbedingten Veränderungen beruhen und dass dem Unfall vom 29.06.2004 auch nicht die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache hierfür zukommt. Die Unfallfolgen sind auch zur Überzeugung des Senats folgenlos ausgeheilt, so dass sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit dafür nicht feststellen lässt. Die festgestellten schweren Veränderungen in der rechten Schulter des Klägers, die noch starke Einschränkungen der Funktionstüchtigkeit des Armes hervorrufen, sind hingegen degenerativ bedingt und nicht mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen. Die Indizien, die gegen eine traumatische Läsion wesentlicher Teile der Rotatorenmanschette sprechen, überwiegen bei weitem, auch wenn ausgehend von der Hergangsschilderung des Klägers und den verschiedenen Gewichtsvarianten kein eindeutig ungeeigneter Mechanismus zur Einflussnahme auf die Rotatorenmanschette vorgelegen hat, weil ein massives plötzliches Rückwärtsreißen des Armes nach medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen als geeigneter Verletzungsmechanismus angesehen wird.
36 
Zunächst ist von einer Vorschädigung der betroffenen rechten Schulter auszugehen. Dokumentiert durch die klinischen Vorbefunde - Arztbericht von Dr. T. vom 27.04.2001 drei Jahre und das Gutachten von Dr. C. vom 24.05.2004 einen Monat vor dem Ereignis vom 29.06.2004 - ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bereits vor dem angeschuldigten Unfall im Bereich der rechten Schulter ein struktureller Schaden bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt auch bereits Beschwerden verursacht und zu einer Funktionsbeeinträchtigung geführt hat. Danach sind seit mehreren Jahren bestehende Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und eindeutige Bewegungseinschränkungen durch die Bewegungsmaße und klinische Untersuchung - eingeschränkter Nacken- und Schürzengriff - belegt. Als weiterer Hinweis auf eine Schadensanlage belegt der Befundbericht über eine Kernspintomographie von Dr. H. vom 26.10.2004 eine deutliche subacromiale Enge. Zudem hat eine verletzungstypische Veränderung, nämlich eine vollständige Ruptur, nicht vorgelegen, was durch den Operationsbericht vom 22.11.2004 bestätigt ist. Insbesondere die vom Kläger nachgereichten Aufnahmen der Arthroskopie vom 21.11.2004 haben den verschleißtypischen Befund weiter untermauert, der nach der gängigen Literaturauffassung nur als durch eine Einengung des Gleitraumes für die Obergrätensehne unter dem Schulterdach (sog. Impingement) verursacht angesehen werden kann, zumal eine strukturell relevante Schädigung der Supraspinatussehne nicht vorgelegen hat. Zum Heilungsverlauf bei einem strukturell vergleichbaren Schaden im Rahmen einer Gewalteinwirkung ohne vollständige Kontinuitätsunterbrechung der Sehne hat Prof. Dr. L. ausgeführt, dass dann innerhalb von bis zu 3 Monaten mit einer Heilung zu rechnen ist, da es nicht zu einem Auseinanderweichen der Sehnenfasern kommt. Von daher überzeugt es den Senat, dass die Aufnahmen für einen stadienhaften Verlauf einer schicksalhaften alterungs- und verschleißbedingten Erkrankung der Rotatorenmanschette sprechen, zumal sich die klinischen Vorbefunde ebenfalls mit einer Teilläsion der Supraspinatussehne in Einklang bringen lassen. Zu einem vollständigen Sehnendefekt kam es unfallunabhängig offenbar erst zwischen dem 21.11.2004 und der 2. Operation am 29.03.2005.
37 
Weiter gegen eine unfallbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette spricht der Umstand, dass der Kläger bereits nach 2 Wochen seine Berufstätigkeit als Schlossermeister wieder aufgenommen hat. Selbst wenn dies nach seiner Einlassung nur in eingeschränkter Form geschehen sein sollte, so ist Prof. Dr. L. darin zuzustimmen, dass nach einer akuten Zerreißung der Rotatorenmanschette mit hochgradiger aktiver Bewegungseinschränkung die Wiederaufnahme einer körperlichen Arbeit, die zudem vom Kläger als belastend geschildert wurde, innerhalb dieser Zeitspanne bei einem derart weitgehenden Funktionsverlust des dominanten rechten Armes nicht vorstellbar ist und nach der Lebenswahrscheinlichkeit dem Arbeitgeber hätte auffallen müssen. Ebenso spricht das Fehlen von äußeren Verletzungszeichen wie Schwellungen und Bluterguss gegen ein spontanes Ereignis. Von daher überzeugt es insgesamt, wenn der Gutachter als Verletzungsfolge eine folgenlos ausgeheilte Zerrung annimmt.
38 
Den mit Schriftsatz vom 26.01.2011 ausdrücklich aufrechterhaltenen Beweisanträgen war nicht (mehr) Folge zu leisten. Zwar kam es im Rahmen der Ermittlungen zum tatsächlichen Gewicht des Hilti-Koffers des Klägers zu unterschiedlichen Angaben. Nach Auskunft der Firma Hilti hätte der Koffer ein Gewicht von 13,17 kg, nach Auskunft des Klägers dagegen von 22 kg gehabt (aufgrund angeblich weiterer zusätzlicher Werkzeuge). Nach dem fachärztlichen Gutachten von Prof. Dr. L. war jedoch unabhängig vom Gewicht des Koffers der vom Kläger zuletzt geschilderte Unfallhergang grundsätzlich theoretisch geeignet, einen traumatischen Riss der Obergrätensehne herbeizuführen. Folglich kann dahingestellt bleiben, wie schwer der Hilti-Koffer des Klägers tatsächlich war. Daher musste den Beweisanträgen auf Vernehmung der Ehefrau und des Schwiegersohnes zum Gewicht des Koffers nicht mehr nachgegangen werden.
39 
Desweiteren wurde auch der damalige Kunde, auf dessen Gelände sich der Unfall ereignet hatte, Herr F., zum Unfallhergang im Wege einer schriftlichen Auskunft des Zeugen vom 30.11.2010 (auf Anschreiben des Senats vom 12.10.2010) vernommen. Weitere Beweisanträge lagen nicht vor.
40 
Bezüglich des im vorangegangenen Verfahren L 2 U 158/08 gestellten Antrags nach § 109 SGG auf Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens durch Prof. Wiedemann (Schriftsatz vom 13.6.2008) war bereits mit Schreiben vom 16.6.2008 von Seiten des Senats darauf hingewiesen worden, dass das Antragsrecht nach § 109 SGG im Hinblick auf das bereits im SG-Verfahren eingeholte Gutachten bei Dr. ST. (Unfallchirurg) verbraucht ist. Hieran hält der Senat auch nach wie vor fest. Dieser Antrag wurde im Übrigen auch im auf Grund der Zurückverweisung durch das BSG fortgeführten Verfahren nicht mehr wiederholt.
41 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG trägt die Entscheidung dem Rechnung, dass der Kläger sein Prozessziel mit der Zurückverweisung der Sache an den Senat erreicht hat.
43 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
23 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
24 
Die statthafte (§§ 143,144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) sowie frist- und formgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2005 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge und daraus resultierender Entschädigung.
25 
Richtige Klageart für das auf Entschädigung gerichtete Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i. V. m. einer Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG).
26 
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Gemäß § 72 SGB VII beginnt eine Rente nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, das bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation (s. § 46 SGB VII) gezahlt wird. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127,128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass unter vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 55, 285, 286).
27 
Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung und die begehrten Leistungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger hat zwar an seinem Einsatzort beim Autohaus F. in der Schweiz einen versicherten Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig und von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid inzidenter anerkannt worden ist, auch wenn die Beklagte einen Gesundheitsschaden nicht ausdrücklich festgestellt hat. Auf Grund der vorliegenden ärztlichen Berichte - insbesondere nach dem Operationsprotokoll vom 22.11.2004 und dem Bericht von Dr. T. vom 21.01.2005 - steht fest, dass bei dem Kläger auch ein Rotatorenmanschettendefekt besteht. Der Senat sieht jedoch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall am 29.04.2006 und der später bei dem Kläger diagnostizierten Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
31 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
32 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
33 
Der geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass entsprechend den oben genannten Grundsätzen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass die bei dem Kläger vorliegende Rotatorenmanschettenruptur in der rechten Schulter mit ihren Auswirkungen rechtlich wesentlich auf den Unfall vom 29.06.2004 zurückzuführen ist. Es fehlt an der haftungsausfüllenden Kausalität. Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem Unfall eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert wurde, ist keine ausreichende Begründung für einen ursächlichen Zusammenhang (Hepp/Lambert, Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren - eine Zusammenarbeit von Richter und medizinischem Sachverständigen, Med.Sach 2009, 181).
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Zunächst teilt der Senat hinsichtlich eines geeigneten Unfallereignisses - als ein Anhaltspunkt für die Zusammenhangsbewertung - auch weiterhin die vom SG und von Dr. ST. geäußerten Zweifel an der jetzigen Hergangsschilderung des Klägers, die Rückschlüsse auf die biomechanischen Abläufe in der rechten Schulter im Zeitpunkt des Unfalles zulassen. Dr. T. als Erstbehandler hat ein Unfallereignis nicht dokumentiert und den Kläger wegen bereits vorbestehender Schulterbeschwerden behandelt. Unerklärlich ist weiterhin, warum eine Unfallmeldung an die Beklagte bei dem von ihm behaupteten gravierenden Befund nicht unmittelbar nach dem Unfall vom Kläger, sondern erst über vier Monate danach von der Krankenkasse veranlasst wurde, obwohl der Kläger bereits durch den vorausgegangenen Unfall über das Prozedere informiert war und bereits in dem diesbezüglichen Verwaltungsverfahren die Anerkennung weiterer Unfälle als Arbeitsunfall von der Klägervertreterin versucht worden war. Die Einlassung gegenüber dem BSG, der Kläger habe den Unfall lange Zeit falsch eingeschätzt, überzeugt vor dem Hintergrund des geltend gemachten Gesundheitsschadens nicht. Auch sein Arbeitgeber ging von einer Erkrankung und nicht von einem Unfall aus. Peter F. hat in seiner Auskunft gegenüber dem Senat nun angegeben, den Unfall nicht genau gesehen zu haben, da sich der Kläger im Auto befunden und sich dort eingeklemmt habe. Dies deckt sich nicht mit der Angabe des Klägers, er sei aus schnellem Gehen heraus mit dem Werkzeugkoffer gegen den Autotürholmen geprallt. Auch die Angaben des Klägers hinsichtlich des Gewichts des Werkzeug-Koffers sind fragwürdig, zumal sie erst nach Ausschöpfung der prozessualen Mittel zur medizinischen Sachaufklärung korrigiert wurden und damit einen anderen Unfallhergang beschrieben haben. Zunächst hat der Kläger gegenüber Dr. H. ein Gewicht von ca. 10 kg angegeben und erst im Berufungsverfahren ein mehr als doppelt so hohes Gewicht von 22 kg behauptet. Nach der Übermittlung seiner Angaben und Fotos dazu an die Fa. Hilti hat diese ein Gewicht von 13,17 kg ermittelt. Es ist wenig überzeugend, wenn nun Teile gefehlt haben bzw. überdeckt gewesen sein sollen, um ein höheres Gewicht zu konstruieren. Dem brauchte jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil auch unter Zugrundelegung der Schilderung des Klägers als wahr die medizinischen Ermittlungen weiterhin einen Kausalzusammenhang nicht belegt haben.
35 
Der Senat stützt seine Entscheidung auf das orthopädische Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. L., auf die Gutachten von Dr. H. und Dr. ST. und die Arztberichte von Dr. T., die übereinstimmend einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall am 29.06.2004 und der Rotatorenmanschettenruptur verneint haben. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass kein Arzt - auch nicht der Wahlgutachter oder der behandelnde Arzt Dr. T. - den vom Kläger behaupteten Kausalzusammenhang bestätigt. Den Senat überzeugt die Einschätzung von Prof. Dr. L. deshalb, da er unter Berücksichtigung der wesentlichen Kriterien, nämlich differenzierter Auswertung der verfügbaren Informationen über die Vorgeschichte, den vom Kläger geschilderten Ereignisablauf, den Primärbefund und den Heilungsverlauf für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargestellt hat, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers auf alterungs- und verschleißbedingten Veränderungen beruhen und dass dem Unfall vom 29.06.2004 auch nicht die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache hierfür zukommt. Die Unfallfolgen sind auch zur Überzeugung des Senats folgenlos ausgeheilt, so dass sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit dafür nicht feststellen lässt. Die festgestellten schweren Veränderungen in der rechten Schulter des Klägers, die noch starke Einschränkungen der Funktionstüchtigkeit des Armes hervorrufen, sind hingegen degenerativ bedingt und nicht mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen. Die Indizien, die gegen eine traumatische Läsion wesentlicher Teile der Rotatorenmanschette sprechen, überwiegen bei weitem, auch wenn ausgehend von der Hergangsschilderung des Klägers und den verschiedenen Gewichtsvarianten kein eindeutig ungeeigneter Mechanismus zur Einflussnahme auf die Rotatorenmanschette vorgelegen hat, weil ein massives plötzliches Rückwärtsreißen des Armes nach medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen als geeigneter Verletzungsmechanismus angesehen wird.
36 
Zunächst ist von einer Vorschädigung der betroffenen rechten Schulter auszugehen. Dokumentiert durch die klinischen Vorbefunde - Arztbericht von Dr. T. vom 27.04.2001 drei Jahre und das Gutachten von Dr. C. vom 24.05.2004 einen Monat vor dem Ereignis vom 29.06.2004 - ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass bereits vor dem angeschuldigten Unfall im Bereich der rechten Schulter ein struktureller Schaden bestanden hat, der zu diesem Zeitpunkt auch bereits Beschwerden verursacht und zu einer Funktionsbeeinträchtigung geführt hat. Danach sind seit mehreren Jahren bestehende Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und eindeutige Bewegungseinschränkungen durch die Bewegungsmaße und klinische Untersuchung - eingeschränkter Nacken- und Schürzengriff - belegt. Als weiterer Hinweis auf eine Schadensanlage belegt der Befundbericht über eine Kernspintomographie von Dr. H. vom 26.10.2004 eine deutliche subacromiale Enge. Zudem hat eine verletzungstypische Veränderung, nämlich eine vollständige Ruptur, nicht vorgelegen, was durch den Operationsbericht vom 22.11.2004 bestätigt ist. Insbesondere die vom Kläger nachgereichten Aufnahmen der Arthroskopie vom 21.11.2004 haben den verschleißtypischen Befund weiter untermauert, der nach der gängigen Literaturauffassung nur als durch eine Einengung des Gleitraumes für die Obergrätensehne unter dem Schulterdach (sog. Impingement) verursacht angesehen werden kann, zumal eine strukturell relevante Schädigung der Supraspinatussehne nicht vorgelegen hat. Zum Heilungsverlauf bei einem strukturell vergleichbaren Schaden im Rahmen einer Gewalteinwirkung ohne vollständige Kontinuitätsunterbrechung der Sehne hat Prof. Dr. L. ausgeführt, dass dann innerhalb von bis zu 3 Monaten mit einer Heilung zu rechnen ist, da es nicht zu einem Auseinanderweichen der Sehnenfasern kommt. Von daher überzeugt es den Senat, dass die Aufnahmen für einen stadienhaften Verlauf einer schicksalhaften alterungs- und verschleißbedingten Erkrankung der Rotatorenmanschette sprechen, zumal sich die klinischen Vorbefunde ebenfalls mit einer Teilläsion der Supraspinatussehne in Einklang bringen lassen. Zu einem vollständigen Sehnendefekt kam es unfallunabhängig offenbar erst zwischen dem 21.11.2004 und der 2. Operation am 29.03.2005.
37 
Weiter gegen eine unfallbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette spricht der Umstand, dass der Kläger bereits nach 2 Wochen seine Berufstätigkeit als Schlossermeister wieder aufgenommen hat. Selbst wenn dies nach seiner Einlassung nur in eingeschränkter Form geschehen sein sollte, so ist Prof. Dr. L. darin zuzustimmen, dass nach einer akuten Zerreißung der Rotatorenmanschette mit hochgradiger aktiver Bewegungseinschränkung die Wiederaufnahme einer körperlichen Arbeit, die zudem vom Kläger als belastend geschildert wurde, innerhalb dieser Zeitspanne bei einem derart weitgehenden Funktionsverlust des dominanten rechten Armes nicht vorstellbar ist und nach der Lebenswahrscheinlichkeit dem Arbeitgeber hätte auffallen müssen. Ebenso spricht das Fehlen von äußeren Verletzungszeichen wie Schwellungen und Bluterguss gegen ein spontanes Ereignis. Von daher überzeugt es insgesamt, wenn der Gutachter als Verletzungsfolge eine folgenlos ausgeheilte Zerrung annimmt.
38 
Den mit Schriftsatz vom 26.01.2011 ausdrücklich aufrechterhaltenen Beweisanträgen war nicht (mehr) Folge zu leisten. Zwar kam es im Rahmen der Ermittlungen zum tatsächlichen Gewicht des Hilti-Koffers des Klägers zu unterschiedlichen Angaben. Nach Auskunft der Firma Hilti hätte der Koffer ein Gewicht von 13,17 kg, nach Auskunft des Klägers dagegen von 22 kg gehabt (aufgrund angeblich weiterer zusätzlicher Werkzeuge). Nach dem fachärztlichen Gutachten von Prof. Dr. L. war jedoch unabhängig vom Gewicht des Koffers der vom Kläger zuletzt geschilderte Unfallhergang grundsätzlich theoretisch geeignet, einen traumatischen Riss der Obergrätensehne herbeizuführen. Folglich kann dahingestellt bleiben, wie schwer der Hilti-Koffer des Klägers tatsächlich war. Daher musste den Beweisanträgen auf Vernehmung der Ehefrau und des Schwiegersohnes zum Gewicht des Koffers nicht mehr nachgegangen werden.
39 
Desweiteren wurde auch der damalige Kunde, auf dessen Gelände sich der Unfall ereignet hatte, Herr F., zum Unfallhergang im Wege einer schriftlichen Auskunft des Zeugen vom 30.11.2010 (auf Anschreiben des Senats vom 12.10.2010) vernommen. Weitere Beweisanträge lagen nicht vor.
40 
Bezüglich des im vorangegangenen Verfahren L 2 U 158/08 gestellten Antrags nach § 109 SGG auf Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens durch Prof. Wiedemann (Schriftsatz vom 13.6.2008) war bereits mit Schreiben vom 16.6.2008 von Seiten des Senats darauf hingewiesen worden, dass das Antragsrecht nach § 109 SGG im Hinblick auf das bereits im SG-Verfahren eingeholte Gutachten bei Dr. ST. (Unfallchirurg) verbraucht ist. Hieran hält der Senat auch nach wie vor fest. Dieser Antrag wurde im Übrigen auch im auf Grund der Zurückverweisung durch das BSG fortgeführten Verfahren nicht mehr wiederholt.
41 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG trägt die Entscheidung dem Rechnung, dass der Kläger sein Prozessziel mit der Zurückverweisung der Sache an den Senat erreicht hat.
43 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls streitig.

2

Der Kläger war an der Universität B. als Student eingeschrieben. Am 15.12.2008 fiel er auf einem Bahnsteig des Hauptbahnhofs B., an dem die zur Universität führende Bahn abfährt, um. Er prallte mit dem Kopf auf den Boden und blieb liegen. Durch den Aufprall erlitt er ein Schädel-Hirntrauma mit Blutungen im Gehirn. Die Beklagte lehnte die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 29.4.2009) und wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 9.3.2010). Der Kläger habe keinen Arbeitsunfall erlitten. Zwar habe eine innere Ursache für den Sturz nicht festgestellt werden können, dies lasse aber nicht den Schluss zu, dass eine versicherte Tätigkeit oder andere betrieblich bedingte Umstände für das Unfallereignis ursächlich gewesen seien.

3

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verurteilt, das Ereignis vom 15.12.2008 als Arbeitsunfall anzuerkennen (Urteil vom 30.7.2012). Neben der versicherten Tätigkeit des Zurücklegens des Weges zur Universität sei keine weitere Ursache feststellbar, sondern allenfalls denkbar, sodass mangels Konkurrenzursache keine Zweifel an der Unfallkausalität bestünden. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2014). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe zwar einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII erlitten. Der Unfall sei jedoch nicht "infolge" einer versicherten Tätigkeit eingetreten. Die Einwirkung auf den Körper des Klägers sei zwar objektiv, dh im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn, nicht aber rechtlich wesentlich durch dessen zuvor verrichtete Tätigkeit (Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Universität) verursacht worden. Weshalb der Kläger umgefallen sei, sei nicht aufklärbar. Das BSG fordere im Kontext der Wegeunfallversicherung bei der Wesentlichkeitsprüfung, dass sich bei dem Geschehen eine dem Schutzzweck der Wegeversicherung entsprechende, spezifische Gefahr realisiere. Die Wesentlichkeit der Wirkursache sei eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen. Wie und warum der Kläger umgefallen sei, sei nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht mehr feststellbar. Damit könne auch die Verwirklichung einer spezifischen Verkehrsgefahr nicht festgestellt werden. Allein im Umfallen und Aufschlagen auf dem Boden habe sich kein spezifisches Wegerisiko verwirklicht.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Die Unfallkausalität sei immer gegeben, wenn neben der versicherten Tätigkeit keine weiteren konkurrierenden Ursachen festgestellt werden könnten. Die Prüfung, ob die versicherte Tätigkeit rechtlich wesentlich gewesen sei, habe nur zu erfolgen, wenn noch weitere Ursachen festgestellt würden. Dies folge aus dem Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung, weil bei vielen Unfällen der genaue Hergang nicht geklärt werden könne. Das Vorliegen einer inneren Ursache oder anderer konkurrierender Ursachen habe das LSG gerade nicht festgestellt.

5

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Mai 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 30. Juli 2012 zurückzuweisen.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Die Ablehnung der Feststellung des Ereignisses vom 15.12.2008 als Arbeitsunfall in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Arbeitsunfall iS des § 8 Abs 1 iVm Abs 2 Nr 1 SGB VII erlitten.

9

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl zuletzt BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - SozR 4-2700 § 101 Nr 2 RdNr 16 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; vgl auch BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20).

10

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar erlitt der Kläger einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII(dazu unter 1.). Den Feststellungen des LSG ist jedoch bereits nicht zu entnehmen, welche konkrete Verrichtung mit welcher Handlungstendenz der Kläger in dem Moment des Unfalls ausübte, sodass schon fraglich ist, ob der Kläger unmittelbar vor dem Unfall als Studierender iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII in der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auf einem Weg nach dem Ort seiner Studientätigkeit versichert war(dazu 2.). Dies kann aber letztlich offen bleiben, denn der Unfall stellt jedenfalls schon deshalb keinen Arbeitsunfall iS des § 8 SGB VII dar, weil das Unfallereignis dem allein hier als versicherte Tätigkeit in Betracht kommenden Zurücklegen eines solchen Weges rechtlich nicht zugerechnet werden kann(dazu 3.).

11

1. Der Kläger erlitt am 15.12.2008 auf dem Bahnsteig eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Er schlug mit dem Kopf auf den Boden auf, wodurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkte (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 14). Dies führte zu einem seine körperliche Unversehrtheit verletzenden Schädel-Hirntrauma mit Blutungen im Bereich des Gehirns.

12

2. Offen bleiben kann, ob der Kläger unmittelbar vor dem Unfall einer versicherten Verrichtung iS des § 8 Abs 2 Nr 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII nachgegangen ist. Als eingeschriebener Student einer Universität war der Kläger am 15.12.2008 Studierender iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII(vgl zu diesem Begriff BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 24/11 R - SozR 4-2200 § 539 Nr 2 RdNr 13 ff) und damit während seiner Ausbildung an der Hochschule in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (vgl zur versicherten Tätigkeit zuletzt BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 13 ff und - B 2 U 10/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 32 RdNr 15 ff, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, sowie - B 2 U 13/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 31 RdNr 15 f; vgl auch BSG vom 26.9.1996 - 2 RU 12/96 - SozR 3-2200 § 539 Nr 36 und vom 4.7.1995 - 2 RU 45/94 - HVBG-INFO 1995, 2377 jeweils mit weiteren Nachweisen). Damit stand er grundsätzlich gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auf einem mit dieser versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort dieser Tätigkeit unter Versicherungsschutz. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) befand sich der Kläger auf dem unmittelbaren Weg von seiner Wohnung zum Ort seiner versicherten Tätigkeit, der Universität. Der Unfall ereignete sich auf dem Bahnsteig, von dem eine zur Universität führende Bahn abfuhr.

13

Dass der Versicherte sich auf dem unmittelbaren Weg zwischen dem Ort seiner versicherten Tätigkeit und seiner Wohnung befindet, reicht jedoch für den Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nicht aus. Vielmehr muss auch die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses in einem sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges stehen. Ein solcher sachlicher Zusammenhang besteht, wenn das konkrete Handeln des Versicherten zur Fortbewegung auf dem Weg zur oder von der versicherten Tätigkeit gehört (BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 11 mwN). Andernfalls wäre jede Handlung auf einem Weg iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII vom Versicherungsschutz umfasst. Einen solchen "Wegebann" kennt die gesetzliche Unfallversicherung hingegen nicht.

14

Wie das BSG seit seiner Entscheidung vom 9.12.2003 (B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3) in ständiger Rechtsprechung betont hat (vgl nur Urteile vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25, vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 und - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 22 f sowie vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32), ist maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung der grundsätzlich versicherten Fortbewegung dient, die Handlungstendenz des Versicherten (zuletzt Urteile vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 12 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 18). Das Handeln muss subjektiv - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 31 und vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14). Darüber hinaus muss sich die subjektive Handlungstendenz als von den Instanzgerichten festzustellende Tatsache im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (vgl BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 11 mwN). Eine Verrichtung in diesem Sinne ist jedes konkrete, räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Für die Prüfung ist dabei regelmäßig die kleinste beobachtbare Handlungssequenz maßgebend (vgl Spellbrink, WzS 2011, 351, 354).

15

Das LSG hat offen gelassen, ob der Kläger unmittelbar vor dem Sturz gestanden hat oder gegangen ist. Auch eine andere Verrichtung ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Selbst wenn der Aufenthalt des Klägers auf dem Bahnsteig an sich - allerdings als dann nicht mehr kleinste beobachtbare Handlungssequenz - ausnahmsweise als die maßgebliche Verrichtung angesehen würde, bleibt dennoch die objektivierte Handlungstendenz im Zeitpunkt des Unfallereignisses, zu dem Ort der Tätigkeit - hier der Universität - zu gelangen, mangels entsprechender Feststellungen durch das LSG offen. Daher kann schon nicht beurteilt werden, ob ein sachlicher Zusammenhang der zur Zeit des Unfallereignisses ausgeübten Verrichtung mit dem grundsätzlich versicherten Zurücklegen des Weges bestand.

16

Ungeachtet dessen, ob sich die Verrichtung und Handlungstendenz überhaupt noch aufklären lassen, kann im vorliegenden Fall aber dahinstehen, ob der soeben dargestellte sachliche Zusammenhang mit der Verrichtung im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegeben war. Denn selbst wenn ein solcher sachlicher Zusammenhang angenommen würde, scheitert der Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Arbeitsunfalls jedenfalls daran, dass der Unfall nicht "infolge" des Zurücklegens dieses Weges eingetreten und ihm deshalb rechtlich nicht zuzurechnen ist.

17

3. Der Unfall ist nicht einer versicherten Tätigkeit iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII zuzurechnen, weil sich nicht feststellen lässt, dass sich mit dem Aufprall auf dem Bahnsteig eine Gefahr verwirklicht hat, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt.

18

a) Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert daher zweistufig die Erfüllung erstens tatsächlicher und zweitens darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod sowohl objektiv (1. Stufe) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 32 ff mwN).

19

Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung mithin voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage. Wie bereits ausgeführt, ist die Verrichtung des Klägers vor dem Unfallereignis vom LSG nicht festgestellt worden, sodass die Annahme eines Ursachenzusammenhangs bereits an der ersten Stufe scheitert. Dies kann - wie bereits angedeutet - aber letztlich dahinstehen, weil sich jedenfalls bei dem Unfall des Klägers kein spezifisches Wegerisiko verwirklicht hat.

20

Selbst wenn eine versicherte Tätigkeit als Wirkursache feststeht, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Eine Rechtsvermutung dafür, dass eine versicherte Verrichtung - wie hier ggf das Stehen auf dem Bahnsteig - wegen ihrer objektiven (Mit-)Verursachung der Einwirkung - die hier gerade nicht festgestellt ist - auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R, aaO, RdNr 33 ff).

21

Ob eine Ursache rechtlich wesentlich ist, ist auch dann zu prüfen, wenn sie als alleinige Ursache festgestellt ist, weil andere (Mit-)Ursachen nicht erwiesen oder nicht in Betracht zu ziehen sind. Denn auch in diesem Fall wird die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers nur begründet, wenn sich durch den Unfall, der durch die versicherte Verrichtung objektiv verursacht wurde, eine Gefahr verwirklicht hat, gegen die die Versicherung schützen soll. Diese Voraussetzung wird zumeist erfüllt sein, bedarf aber stets der Entscheidung (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R, aaO, RdNr 42). Dem stehen die vom Kläger benannten Urteile des Senats vom 30.1.2007 (B 2 U 23/05 R - BSGE 98, 79 = SozR 4-2700 § 8 Nr 22) und vom 17.2.2009 (B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31) nicht entgegen. Nach den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten waren die dort vom LSG festgestellten Verrichtungen unmittelbar vor dem Unfall der jeweiligen versicherten Tätigkeit zuzurechnen und die nichtversicherten Ursachen waren lediglich mögliche Wirkursachen. Entscheidend war aber auch dort, dass sich durch den Unfall jeweils eine Gefahr verwirklicht hatte, vor der der jeweilige Versicherungstatbestand gerade schützen sollte, nämlich die Gefahr eines Sturzes während des der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Laufens bzw eines Verkehrsunfalls während des dem Zurücklegen des Weges zuzurechnenden Steuerns eines Kraftfahrzeugs. Somit war dort die im vorliegenden Fall zu verneinende Frage, ob sich jeweils im Hinblick auf diese Verrichtung durch das Unfallereignis eine Gefahr verwirklicht hatte, vor der die gesetzliche Unfallversicherung schützen soll, unproblematisch zu bejahen.

22

b) Das Umfallen und der Aufprall des Klägers auf den Bahnsteig war danach jedenfalls nicht rechtlich wesentlich durch eine zuvor versicherte Tätigkeit verursacht worden. Wie ausgeführt, ist den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG lediglich zu entnehmen, dass sich der Kläger auf dem Bahnsteig befand. Das LSG konnte jedoch nicht feststellen, von welchen konkreten Umständen das Unfallereignis begleitet war. Insbesondere steht nicht fest und ist nach den insoweit unangegriffenen Beweiswürdigungen des LSG auch nicht mehr feststellbar, ob der Kläger unmittelbar vor dem Ereignis sich bewegt hat, sodass er dabei möglicherweise stolperte oder ausrutschte, oder ob er aus dem Stand umfiel, ob er angerempelt wurde, gegen eine Vitrine stieß, ob die Bodenverhältnisse auf dem Bahnsteig den Sturz bewirkten oder ob ggf eine (innere) Erkrankung bestand. Mithin ist nicht feststellbar, welche Faktoren im Zeitpunkt des Sturzes und Aufpralls auf den Kläger eingewirkt haben. Damit kann auch nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich durch das Unfallereignis ein Risiko verwirklicht hat, vor dem gerade die Wegeunfallversicherung Schutz gewähren soll.

23

Die Wegeunfallversicherung schützt, wie der Senat zuletzt entschieden hat, vor Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen während der Zurücklegung des Weges hervorgehen (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 20 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 45). Zwar könnte das Risiko, beim Gehen durch Stolpern oder Ausrutschen, durch einen Zusammenstoß mit einer Vitrine oder durch den Anstoß anderer Personen zu stürzen, jeweils von dem Schutzzweck der Wegeunfallversicherung umfasst sein. Solche äußeren Einwirkungen auf den Körper des Klägers müssten als solche aber zunächst konkret festgestellt sein, was hier gerade nicht der Fall ist. Ihre Nichterweislichkeit geht zu Lasten des Klägers.

24

c) Die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, müssen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 mwN). In der Wegeunfallversicherung wie auch sonst bei anderen Versicherungstatbeständen der gesetzlichen Unfallversicherung besteht keine Vermutungsregel, dass bei Verrichtung einer versicherten Tätigkeit unmittelbar vor dem Unfallereignis der Unfall objektiv und rechtlich wesentlich durch diese versicherte Tätigkeit verursacht wurde. Sind - wie hier - die Umstände, die vor dem Unfallereignis unmittelbar auf den Kläger eingewirkt haben, unbekannt, kann nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Sturz durch ein Risiko verursacht wurde, gegen das die gesetzliche Unfallversicherung beim Zurücklegen des Weges nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII Schutz gewähren soll.

25

Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen hat nach den Regeln der objektiven Beweislast der Kläger zu tragen. Für die erforderlichen Feststellungen der Tatsachen können ua die Angaben des Versicherten, Bekundungen von Zeugen und Sachverständigen sowie sonstige Umstände herangezogen werden. Die Beklagte und die Vorinstanzen haben - soweit ersichtlich - alle denkbaren Beweismittel ausgeschöpft. Insofern werden auch von der Revision keine Rügen erhoben. Ist danach dennoch das zum Unfallereignis führende Geschehen und insbesondere - wie hier - die zum Unfallereignis führende Kausalkette nicht aufklärbar, geht dies zu Lasten des Versicherten (vgl hierzu BSG vom 27.3.1990 - 2 RU 45/89 - HV-INFO 1990, 1181 mwN; vgl auch BSG vom 28.6.1984 - 2 RU 54/83 - HV-INFO 1984, Nr 15, 40 bis 44). Wie bereits oben ausgeführt, kann ohne Feststellung der konkreten Kausalkette nicht aus der bloßen Tatsache des "auf dem Wege seins" abgeleitet werden, dass sich auch eine Gefahr realisiert hat, die in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fällt. Ein solcher "Wegebann" entspricht nicht dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Entgegen der Auffassung der Revision führt auch der allgemeine Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung nicht dazu, dass die Nichterweislichkeit der Ursache bei ungeklärtem Unfallhergang jeweils zu Lasten des Unfallversicherungsträgers geht. Denn die Einstandspflicht und damit der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung besteht auch in der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Verrichtung erfüllte Versicherungstatbestand der Wegeunfallversicherung schützen soll. Ein solches spezifisches Wegerisiko als Unfallursache ist hier aber nicht feststellbar, was zu Lasten des Klägers geht.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. August 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger aufgrund des Unfallereignisses vom 20. Juli 2006 eine Verletztenrente zu gewähren ist.

Der 1971 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt bei der A. AG bei der Karosserie-Aufbaulinie A3 beschäftigt. Er verletzte sich am 20. Juli 2006 am Handgelenk und an der Schulter, als sich ein verklemmter Kappenfräser löste. Er wurde von dem schweren Maschinenteil an der linken Schulter und am Rücken getroffen und zu Boden geworfen. Nach dem Bericht des Durchgangsarztes Dr. L. vom 20. Juli 2006 bestanden eine Prellung des rechten Unterarms, eine Prellung des linken Schulterblattes sowie eine Schürfwunde. Eine Fraktur wurde nicht diagnostiziert. Es bestand weiter Arbeitsfähigkeit. Im Nachschaubericht vom 12. Oktober 2006 gab Dr. L. als Befund eine Prellung rechter Unterarm, linkes Schulterblatt, eine Schürfwunde sowie eine Myogelose Schulter und Rücken an. Seit zwei Wochen übe der Kläger eine neue Tätigkeit mit regelmäßigem Heben von 5 kg aus; es seien jetzt Schmerzen und eine Verspannung im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule (BWS) und Reibegeräusche in der rechten Schulter mit gelegentlichen ziehenden Schmerzen aufgetreten. Im Bericht vom 6. Januar 2007 werden nach Angabe des Klägers immer wieder Schmerzen und Verspannungen der BWS und des rechten Schultergelenks, die sich mit wechselnder Arbeitstätigkeit Anfang Oktober 2006 verstärkt hätten, berichtet.

Eine Kernspintomographie der HWS vom 2. Oktober 2007 zeigte einen kleinen rechtsparamedianen Bandscheibenvorfall im Segment HWK 3/4 ohne Nachweis einer Myelpathie oder einer Einengung des Spinalkanals. Dr. D. diagnostizierte am 4. Oktober 2007 ein leichtgradiges Sulcus-Ulnaris-Syndrom rechts/links eher als Radikulopathie C 8. Mit Nachschaubericht des Dr. L. vom 10. Januar 2008 wird von der Angabe des Klägers über Schmerzen seit dem Unfall in beiden Schulterblättern berichtet, beide Schultern waren im Befund mit normaler Funktion, die Halswirbelsäule (HWS) frei, leichte Verspannung paravertebral. Mit Krankheitsbericht des Dr. L. vom 28. Januar 2008 wird auf ein Begehren des Klägers, eine neu entdeckte BWS-Verletzung von der Beklagten anerkannt zu bekommen, hingewiesen.

Eine Kernspintomographie der HWS vom 30. Januar 2008 ergab einen im Vergleich zur Voruntersuchung vom 2. Juli 2007 unveränderten Befund mit unverändert kleinem rechtsparamedian betontem Bandscheibenprolaps im Segment HWK 3/4 mit initialen ossären Abstützreaktionen.

In dem Bericht über die Kernspintomographie des linken Schultergelenks vom 13. März 2008 wird über aktivierte AC-Gelenksarthrose, deutliche Auftreibung des AC-Gelenks berichtet. Hierbei könne es sich auch um eine posttraumatische Veränderung handeln. Laut Unfallklinik M. vom 14. April 2008 bestand eine Gelenksprengung Typ Rockwood I rechts, eine Ruptur des Diskus articularis, aufgrund derer sich im Laufe der Zeit eine AC-Gelenksarthrose ausbilden würde. Ferner bestünden eine Bandscheibenprotrusion BWK 7/8 und ein Bandscheibenprolaps HWK 3/4. Im Abschlussbericht vom 28. April 2008 der Unfallklinik M. wird über eine arthroskopische AC-Gelenksresektion linke Schulter vom 21.04.2008 berichtet. Intraartikulär habe sich eine Auffaserung des superioren Labrumkomplexes im Sinne einer SLAP 1-Läsion gezeigt, die wahrscheinlich nicht unfallbedingt sei. Des Weiteren sei eine arthroskopische AC-Gelenksresektion erfolgt. Der Kläger habe während des gesamten Aufenthalts fortwährend Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich mit Kribbelparästhesien des rechten Unterarms und der Hand geklagt.

Es folgten weitere ärztliche Behandlungen, insbesondere auch der Schulter, u. a. bei Dr. H., in der Unfallklinik M., bei Herrn Dr. S. und in den Kliniken Dr. E. in den Jahren 2008 und 2009. Im Bericht über ein MRT linkes Schultergelenk vom 3. September 2008 des Dr. P. wird der postoperative Zustand mit Veränderungen im AC-Gelenk beschrieben. Bzgl. MRT der HWS vom 3. September 2008 wird von Dr. P. über einen Diskusprolaps HWK 3 /4 berichtet, Streckhaltung der oberen und mittleren HWS im Liegen, keine das Altersmaß überschreitenden degenerativen Veränderungen. Weiter liegt ein Bericht über die Kernspintomographie des Neurocraniums vom 30. September 2008 vor.

Auf weitere Berichte v.a. des Dr. H., Kliniken Dr. E., vom 9. Oktober 2008, der Klinik B. F. vom 7. Oktober 2008 über berufliche Rehabilitation seit 5. August 2008, des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. G. vom 3. November 2008, des Neurochirurgen Dr. C. vom 23. April 2008, den vorläufigen Entlassungsbericht der B.-Klinik vom 19. Januar 2009 über stationäre Reha-Behandlung vom 5. August 2008 bis 20. Januar 2009 sowie den ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. vom 25. Februar 2009 (als Diagnosen werden neben den Reha-Diagnosen bzgl. der linken Schulter als weitere Diagnosen kleiner Bandscheibenprolaps C 3 /4 sowie Anpassungsstörung im Rahmen Persönlichkeitsstörung genannt) wird verwiesen.

Die Beklagte holte im Rahmen der ersten Rentengutachten ein neurologisches Zusatzgutachten zum Rentengutachten vom 27. März 2009 der Dipl.Med. B. R. ein. Als wesentliche Unfallfolgen bestünde ein Zustand nach Acromioclavikularruptur Tossy links mit ACG-Arthrose. Aus neurologischer Sicht bestehe keine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).

In dem von der Beklagten eingeholten Gutachten auf psychiatrischem Gebiet des Prof. Dr. P. vom 17. Juli 2009 werden als Diagnosen für die Zeit nach dem Arbeitsunfall bis zu einem zweiten Arbeitsunfall am 8. Dezember 2007, bei dem sich der Kläger den Kopf bei einem Sprung nach oben an einer Absaugung gestoßen hat, eine depressive Episode leichten Grades, für die Zeit danach eine depressive Episode mittleren bis schweren Grades beschrieben. Die MdE betrage hierfür 15 v. H. bzw. 60 v. H. Durch die Geburt der jüngsten Tochter (mit gesundheitlicher Einschränkung) im Juli 2007 sei es zu einer geringfügigen Befundverschlechterung gekommen. Die Befundverschlechterung stehe jedoch nicht in kausalem Zusammenhang mit den Arbeitsunfällen. Eine somatoforme Schmerzstörung sei nicht gegeben.

Im unfallchirurgischen Gutachten des Dr. S. vom 27. Juli 2009 wird eine seitengleich ausgebildete Muskulatur an Ober- und Unterarmen geschildert, auch die Handflächenbeschwielung sei seitengleich. Aus den aktuellen Röntgenaufnahmen der linken Schulter ergebe sich kein Hinweis auf ein auffälliges Impingement, die Knochenstruktur sei regelrecht. Der Gutachter nannte als Diagnosen eine AC-Gelenksverletzung Typ Rockwood I linke Schulter, AC-Gelenksarthrose posttraumatisch und unfallunabhängig eine SLAP 1-Läsion linke Schulter sowie eine Bandscheibenprotrusion HWK 3/4. Es lägen Unfallfolgen vor bzgl. Bewegungseinschränkung linke Schulter, Kraftverlust linker Arm, röntgenologische Veränderungen mit lateraler Clavikularesektion bei deutlichen Aggravationstendenzen. Die MdE wurde auf 10 v. H. eingeschätzt. Der Sachverständige wies auf eine deutliche Diskrepanz zwischen angegebenen Beschwerden und tatsächlich objektivierbaren Unfallverletzungsfolgen hin.

Mit beratungsärztlicher Stellungnahme des Prof. Dr. G. wurde eine erneute Begutachtung auf psychiatrischem Fachgebiet empfohlen. Der Klägerbevollmächtigte teilte am 14. Oktober 2009 mit, es werde keine neue Begutachtung im Verwaltungsverfahren gewünscht.

Mit ergänzender Stellungnahme des Dr. P. vom 29. Dezember 2009 wies dieser auf das Fehlen psychiatrischer Vorerkrankungen vor dem ersten Arbeitsunfall hin. Beide Unfallgeschehen seien generell geeignet, psychiatrische Erkrankungen auszulösen. Das erste Unfallereignis sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ursächlich und wesentlich für die depressive Episode leichten Grades. Der zweite Arbeitsunfall sei lediglich Gelegenheitsursache für die Verschlechterung. Zu diesem Zeitpunkt habe eine psychiatrische Vorerkrankung nach dem ersten Arbeitsunfall bestanden. Bislang bestehe keine ausreichende psychiatrische Behandlung. Es liege zum Nachuntersuchungszeitpunkt eine Besserung der MdE auf 50 v. H. vor, anzustreben sei ein rehabilitative Wiedereinstieg am Arbeitsplatz mit dem Ziel leichterer Tätigkeiten.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. K. vom 8. April 2010 wird ein im Vollbeweis vorliegender psychischer Primärschaden in Abrede gestellt. Eine messbare unfallbedingte MdE auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe bzgl. des Unfalls vom 20. Juli 2006 und auch bzgl. des Unfalls vom 8. Dezember 2007 nicht.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2010 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall vom 20. Juli 2006 an mit den Unfallfolgen: „Linke Schulter: Nach einer Verrenkung des Schultereckgelenkes mit Zerrung des Kapsel-/Bandapparates (Rockwood I) bestehen noch: Bewegungseinschränkungen des Schultergelenkes, röntgenologische Veränderungen des Schultereckgelenkes mit Teilentfernung des äußeren Anteils des Schlüsselbeins, Kraftverlust des Armes, belastungsabhängige Beschwerden.“ Nicht als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt die Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. Dezember 2007, eine depressive Episode mittleren bis schweren Grades, eine Verletzung der Knorpellippe am oberen Rand der Schulterpfanne (SLAP Läsion), Bandscheibenschädigungen zwischen dem 3. und 4. HWK. Eine Verletztenrente sei nicht zu gewähren.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2011 zurück. Zu den im Widerspruchsverfahren vorgelegten MRT-Bildern der linken und rechten Schulter hatte die Beklagte eine Stellungnahme des Prof. Dr. B. vom 18. Januar 2011 eingeholt. Anlässlich der MRT-Untersuchungen im September 2010 habe ein leichtgradiger Reizzustand des Schulterdachgleitbeutels (Bursitis subacromialis) und ein leichter Reizzustand des ehemaligen Schultereckgelenks vorgelegen.

Hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 8. Dezember 2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Feststellung von Unfallfolgen ab. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht München (Az.: S 9 U 187/11) hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2013 zurückgenommen.

Hinsichtlich des Bescheides vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011, der den Arbeitsunfall vom 20. Juli 2006 betraf, hat der Kläger ebenfalls Klage zum Sozialgericht München erhoben. Er hat zur Begründung eine Darstellung des Unfallhergangs (Schleudern mit Oberkörper, Kopf und Nackenbereich gegen Robotersockel, Bewusstlosigkeit nach dem Unfall) und der nachfolgenden Behandlungen vorgelegt.

Das Sozialgericht hat aktuelle Befundberichte eingeholt und den Orthopäden Dr. K. sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 5. November 2011 die Ansicht vertreten, dass die MdE weniger als 10 v. H. betrage. Allerdings sei bereits der Unfallhergang bzw. -zusammenhang fraglich, wegen der wohl großen Gewalteinwirkung sei jedoch der Unfall als wesentliche Teilursache der aufgetretenen Schultereckgelenksschädigung anzusehen.

Dr. D. hat in seinem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vom

3. März 2012 dargelegt, dass bei dem Unfall Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht aufgetreten seien. Erstmals etwa zwei Jahre nach dem Unfall seien psychische Auffälligkeiten zu beobachten gewesen, zu werten als Zeichen einer beginnenden psychogenen Fehlverarbeitung tendenzieller Ausrichtung. Diese seien nicht als Unfallfolgen anzusehen, sondern als Folge von Persönlichkeitseigentümlichkeiten. Vorbestehende Leiden seien durch den Unfall auch nicht verschlimmert worden. Hinsichtlich der MdE hat der Sachverständige auf das Gutachten des Dr. K. verwiesen.

Mit Bericht vom 30. Juli 2012 der BG-Unfallklinik M. wird über Behandlung am gleichen Tag berichtet. Es wird angeführt, dass nach der letzten MRT-Untersuchung wesentliche Unfallfolgen nicht mehr nachzuweisen seien. Es liege eine erhebliche psychosomatische Überlagerung vor. Es erging Empfehlung einer psychosomatischen Behandlung, allerdings zulasten der Krankenkasse.

Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Prof. Dr. W. auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet vom 25. Januar 2013 eingeholt. Bei nach dem Unfall fortbestehenden Schmerzen sei eine Gelenksprengung Typ Rockwood I links diagnostiziert worden. Eine valide diagnostische Einordnung der neuropsychologischen Untersuchungsergebnisse sei nicht möglich. Aufgrund der Schmerzen habe sich eine somatoforme Schmerzstörung entwickelt. Die MdE sei deshalb mit 20 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet anzusetzen. Dabei sei berücksichtigt, dass auch Aggraviationstendenzen vorhanden seien - was jedoch nicht untypisch für somatoforme Schmerzstörungen sei. Im Gegensatz zur Begutachtung bei Herrn

Dr. B./Dr. P. fänden sich keine Hinweise auf Depression oder depressive Phasen. Auf neurologischem Fachgebiet sei keine Schädigung nachzuweisen. Das vom Kläger angeführte Schädelhirntrauma mit sechzehnminütiger Bewusstlosigkeit im Rahmen des Unfalls sei in den Unterlagen nicht dokumentiert.

Im weiterhin übersandten neuropsychologischen Zusatzgutachten vom 14. September 2012 des Prof. Dr. Z. wird hervorgehoben, dass sich insgesamt in den Bereichen Aufmerksamkeit, Lernen, Gedächtnis, exekutive Funktionen durchwegs deutlich beeinträchtigte Leistungen ergeben hätten. Sprach- und Instruktionsverständnis wäre gut gegeben gewesen, die erhaltenen Ergebnisse seien nicht interpretierbar.

Die Kammer hat ferner das in dem Verfahren eingeholte Gutachten des Prof. Dr. W. vom 23. April 2013, das den Arbeitsunfall vom 8. Dezember 2007 betroffen hat, sowie das im Rentenverfahren (Az. S 25 R 174/13) eingeholte sozialgerichtliche Gutachten des Dr. M. vom 16. Juli 2013 beigezogen. Dr. M. hat neben einer leichtgradigen depressiven Episode eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2013 hat die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Verletztengeld für den Zeitraum vom 14. April 2008 bis 20. Januar 2009 anerkannt. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil abgewiesen. Unter Berücksichtigung des Erstschadensbildes, dem Gutachten des Dr. K. und der Fachliteratur werde aus orthopädischer Sicht keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v. H. erreicht. Auch weitere Unfallfolgen in Form der von Prof. Dr. W. befürworteten somatoformen Schmerzstörung seien zur Überzeugung des Gerichts nicht anzuerkennen. Diese Diagnose sei nicht gesichert.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und die Einholung eines „Obergutachtens“ auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet angeregt.

Der gemäß § 109 SGG gehörte Orthopäde Dr. C. hat als Unfallfolgen in seinem Gutachten vom 5. Mai 2014 lediglich eine Prellung des rechten Armes und der rechten Schulter sowie eine Prellung des linken Schulterblattes mit begleitender Schürfverletzung angenommen. Es gelinge nicht der Beweis einer stattgehabten Schultereckgelenksverletzung links. Der festgestellte Bandscheibenvorfall im Bereich der HWS müsse als degenerativ bewertet werden. Sämtliche Unfallfolgen seien bis 12. Oktober 2006 folgenlos ausgeheilt. Eine MdE bestehe nicht.

Zu dem Gutachten des Prof. Dr. W. hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. D. vom Juli 2014 eingeholt. Dieser hat an seinem Gutachtensergebnis festgehalten. Weder eine undifferenzierte somatoforme Schmerzstörung noch eine somatoforme Schmerzstörung seien in der Diagnosestellung und erst recht nicht als Unfallfolge belegt. Eine psychische Störung sei erst ca. zwei Jahre nach dem Unfall dokumentiert. Daraus allein könne zwar nicht geschlossen werden, dass keine unfallbedingte psychische Störung vorliege und vorgelegen habe. Dies sei aber im Hinblick auf den fachärztlichen Vorbefund (kein auffälliger psychischer Befund bei der Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr. D. am 4. Oktober 2007) spekulativ. Soweit Dr. M. neben einer leichtgradigen depressiven Episode eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert habe, sei aus den Befunden nur bedingt nachvollziehbar, wie er zu dieser Diagnose gekommen sei, zumal er in der Beurteilung immer wieder auf erhebliche Aggraviationstendenzen des Klägers hinweise.

Der Durchgangsarzt Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 17. Februar 2014 ein chronisches Schmerzsyndrom an der linken Schulter (ICD 10) diagnostiziert. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. W. hat am 5. März 2014 eine Anpassungsstörung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung festgestellt. Eine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sei nicht erfolgt. Hinsichtlich eines Zusammenhangs mit den Unfallereignissen hat die Ärztin auf die Diskussion in den Gutachten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2014 hat der Kläger nochmals den Unfallhergang geschildert und auf seitdem bestehende gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen hingewiesen. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. August 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 20. Juli 2006 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Gerichtsakte des Sozialgerichts sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Nicht streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII), der in dem Ereignis vom 20. Juli 2006 zu sehen ist. Die Schilderung des Unfallereignisses durch den Kläger, vor allem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, deckt sich im Wesentlichen mit der Schilderung der Arbeitgeberin in der Unfallanzeige. Der Kläger wurde an Rücken und Schulter von dem schweren Maschinenteil getroffen und stürzte zu Boden, wobei er sich auch an der rechten Schulter stieß. Zu Recht weist z. B. auch der vom Kläger benannte Gutachter Prof. Dr. W. darauf hin, dass ein Schädelhirntrauma mit sechzehnminütiger Bewusstlosigkeit nach Aktenlage nicht dokumentiert ist. Es bestehen erhebliche Differenzen zwischen den vorliegenden Befunden - ausgehend von dem Durchgangsarztbericht des Dr. L. vom Unfalltag - und der späteren Darstellung der Schwere des Unfallereignisses durch den Kläger. Mehrere Gutachter verweisen auf die deutlichen Aggravationstendenzen des Klägers; auch objektiv ist festzuhalten, dass der Kläger weiterarbeiten konnte und vom Durchgangsarzt Arbeitsfähigkeit bescheinigt wurde.

Die Beklagte hat mit streitgegenständlichem Bescheid den Arbeitsunfall sowie als Unfallfolgen betreffend der linken Schulter festgestellt: „Nach einer Verrenkung des Schultereckgelenkes mit Zerrung des Kapsel-/Bandapparates (Rockwood I) bestehen noch: Bewegungseinschränkungen des Schultergelenkes, röntgenologische Veränderungen des Schultereckgelenkes mit Teilentfernung des äußeren Anteils des Schlüsselbeins, Kraftverlust des Armes, belastungsabhängige Beschwerden“. Von diesen Unfallfolgen ist zunächst auszugehen, auch wenn nach dem Gutachten des Dr. C. der Nachweis einer Schultereckgelenksverletzung links nicht als Unfallfolge gelingt.

Nach allen Gutachten ergibt sich darüber hinaus übereinstimmend, dass der festgestellte Bandscheibenvorfall BWK 3/4 keine Unfallfolge ist. Auch ergibt sich aus den orthopädischen Gutachten übereinstimmend, dass keine weiteren Unfallfolgen auf diesem Fachgebiet anzuerkennen sind.

Zu entscheiden ist über die Frage, ob sich hieraus ein Anspruch auf eine Rente nach einer MdE um mindestens 20 v. H. ergibt. Das Vorliegen eines Stützrententatbestandes wird von den Beteiligten verneint. Darüber hinaus ist maßgebend, ob auch eine somatoforme Schmerzstörung besteht, die ebenfalls für die Bewertung der MdE zu berücksichtigen wäre.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente, § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, § 56 Abs. 2 S. 2 SGB VII. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSGE 21, 63, 66; vom 26. November 1987, SozR 2200 § 581 Nr. 27; vom 30. Mai 1988, a. a. O., Nr. 28).

Dabei muss die Gesundheitsbeeinträchtigung in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z. B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.

Das Sozialgericht hat unter Berücksichtigung der Gutachten des Dr. K. dargelegt, dass auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE von 20 v. H. nicht gegeben ist. Das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung hat das Sozialgericht unter Auswertung der Gutachten des Dr. D. und Prof. Dr. W. als nicht nachgewiesen beurteilt. Der Senat folgt dieser Einschätzung durch das Sozialgericht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Dies bestätigte sich auch durch die Ermittlungen des Senats im Berufungsverfahren.

Auf orthopädischem Fachgebiet hat der Senat auf Antrag des Klägers das Gutachten des Dr. C. eingeholt, der nur als unfallbedingt eine Prellung des rechten Armes und der rechten Schulter sowie eine Prellung des linken Schulterblattes mit begleitender Schürfverletzung angenommen hat und deshalb im Ergebnis zu keiner MdE gelangt. Sämtliche Unfallfolgen sind nach Ansicht dieses Sachverständigen bis 12. Oktober 2006 folgenlos ausgeheilt. Eine stattgehabte Zerrverletzung des Schultereckgelenks vom Typ Rockwood I hat der Sachverständige als rein hypothetisch angesehen bzw. aufgrund der offensichtlich unfallzeitpunktnahen Beschwerdefreiheit am linken Schultereckgelenk ausgeschlossen. Diese stringente medizinische Bewertung steht, wie dargelegt, im Widerspruch zu den orthopädischen Vorgutachten des Dr. S., der als unfallbedingte Folge eine AC-Gelenksverletzung Typ Rockwood I linke Schulter sowie eine AC-Gelenksarthrose posttraumatisch ansah, und des Dr. K.. Letztere sah die im Unfall aufgetretene deutliche Gewalteinwirkung wenigstens als wesentliche Teilursache der aufgetretenen Schultereckgelenksschädigung an. Gemäß dem Gutachten des Dr. S. hat die Beklagte auch die orthopädischen Unfallfolgen anerkannt. Auch nach diesen beiden Gutachten ergibt sich jedoch keine MdE in Höhe von 20 v. H.

Diese Einschätzung deckt sich auch mit der Fachliteratur. Während unkomplizierte Schultergelenksverrenkungen regelmäßig ohne nennenswerte Schäden ausheilen, ist bei den darüber hinausgehenden Beeinträchtigungen vor allem auf die Bewegungseinschränkungen abzustellen (Schönberger/Mehrtens/Valentin (abgekürzt S/M/V), Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 520 und 523). Beim Kläger besteht ein Impingementsyndrom, d. h. ein Engpasssyndrom. Dr. K. konnte im Rahmen der Untersuchung keine reproduzierbare Bewegungseinschränkung insbesondere hinsichtlich der Überkopfbewegungen feststellen. Auch wenn der Kläger den linken Arm in Schonhaltung am Körper adduziert geführt hat, waren die gemessenen Bewegungsausmaße der Schultergelenke rechts und links identisch. Dr. C. stellte lediglich eine Abweichung bei Seithebung mit Schultergürtel fest (rechts 90 Grad, links 70 Grad); die aktive Schultervorhebung, nach S/M/V das Hauptkriterium (S/M/V, a. a. O; S. 523), war mit 90 Grad seitengleich. Die Entwicklung des Deltamuskels war seitengleich normal. Es zeigte sich links auch keine auffallende Atrophie oder Mindertonisierung. Eine MdE - zumindest in Höhe von 20 v. H. - lässt sich hieraus somit nicht ableiten.

Auf psychiatrischem Fachgebiet ist fraglich, ob eine unfallbedingte somatoforme Schmerzstörung nachgewiesen ist. Nach den im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Berichten wie des Dr. S. hat der Kläger Schmerzen im Bereich der linken Schulter; Dr. S. geht von einem chronischen Schmerzsyndrom an der linken Schulter aus. Die Beklagte hat auch belastungsabhängige Beschwerden - neben Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks - anerkannt.

Es finden sich auch einige ärztliche Dokumentationen wie das Gutachten des Prof. Dr. W., das Rentengutachten des Dr. M. oder der Arztbrief der Dr. W. vom 5. März 2014, die eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung beschreiben. Dabei ergibt sich aber andererseits auch aus diversen Ausführungen, dass eine deutliche Aggraviationstendenz des Klägers besteht. Ferner erfolgt nach Auskunft der behandelnden Neurologin Dr. W. entgegen der Empfehlungen der Gutachter bislang keine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung.

Dr. D. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass weder die Diagnose einer undifferenzierten somatoformen Schmerzstörung noch einer somatoformen Schmerzstörung belegt ist und erst recht nicht als Unfallfolge anzuerkennen ist. Eine psychische Störung ist erst ca. zwei Jahre nach dem Unfall dokumentiert. Die fachärztlichen Vorbefunde waren zwischen dem Unfallereignis und der ersten Befunderhebung unauffällig, so bei der Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr. D. am 4. Oktober 2007. Auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. W. ergeben sich hinsichtlich der Frage der Unfallkausalität - bei Annahme der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung - Anhaltspunkte für Zweifel auch des Sachverständigen, wenn er auf S. 84 seines Gutachtens ausführt: „Soweit der Kausalzusammenhang bejaht wird“. Darüber hinaus stellt der Sachverständige z. B. im Rahmen des strukturierten klinischen Interviews stark auf die Angaben des Klägers (z. B. auf S. 59: (...)“nach seinen Aussagen“) ab. Die Ursachen somatoformer Schmerzstörungen sind, wie Prof. Dr. W. auch ausführt, vielfältig. Es spielen die genetische Vulnerabilität sowie die Persönlichkeitseigenschaften eine wichtige Rolle. Der Unfall stellt somit auch nach Prof. Dr. W. nur eine Teilursache, wenn auch eine wesentliche, dar.

Die Neurologin und Psychiaterin Dr. R. diagnostizierte am 4. August 2008 erstmals eine somatoforme Schmerzstörung, es fiel aber bereits eine deutliche Somatisierungstendenz auf, die Beschwerdeschilderung war teils demonstrativ und kaum nachvollziehbar, Aggravationstendenzen waren nicht auszuschließen. Vor dem Hintergrund der erst spät dokumentierten psychischen Befunde und den Verdeutlichungstendenzen hält der Senat die Ausführung des Dr. D. für überzeugend, dass es sich insgesamt nicht um eine unfallbedingte Gesundheitsstörung, sondern um tendenzielle Verhaltensweisen im Sinne einer psychogenen Fehlverarbeitung tendenzieller Ausrichtung handelt. Der Sachverständige sieht hier die wesentliche Ursache nicht in dem Unfallereignis, sondern in den Persönlichkeitseigentümlichkeiten, so dass eine Berücksichtigung bei der MdE-Bewertung nicht erfolgen kann.

Auch die Unfallklinik M. ist bereits im Juli 2012 zu dem Ergebnis gelangt, nachdem die letzte MRT-Untersuchung ergeben hat, dass wesentliche Unfallfolgen nicht mehr nachgewiesen werden können, dass ein vernünftiger Behandlungsansatz fehlt. Es konnten weder Reizzustände noch andersartige Gewebeveränderungen festgestellt werden, die als Erklärung für die vorgetragene Schmerzhaftigkeit in der Schulter in Betracht kommen. Das Ausmaß der verbliebenen Unfallfolgen war objektiv aufgrund unverkennbarer Verdeutlichungstendenzen nur sehr schwer zu messen. Es wurde im Ergebnis eine erhebliche psychosomatische Überlagerung angenommen, so dass als der einzige denkbare Therapieansatz eine psychosomatische Behandlung vorgeschlagen wurde, allerdings zulasten der Krankenkasse.

Der Senat ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass keine unfallbedingte somatoforme Schmerzstörung vorliegt, sondern eine Persönlichkeitseigentümlichkeit im Vordergrund steht. Aber auch bei Annahme einer Schmerzstörung ergäbe sich bei der Bewertung der MdE kein abweichendes Ergebnis, wie dies oben unter Bezugnahme auf die Fachliteratur bereits dargelegt wurde. Die beim Kläger festgestellten Bewegungsmaße lassen nur eine geringfügige Bewegungseinschränkung erkennen. Eine Muskeldifferenz im Bereich der Oberarme ist nicht gegeben. Dabei ist der Kläger von kräftiger Statur, der Muskelumfang 15 cm oberhalb des Gelenkspaltes wurde von Dr. C. mit jeweils 35 cm seitengleich gemessen. Dies spricht nicht für ein Ausmaß der Schmerzen, das zu einer MdE in Höhe von 20 v. H. führen würde.

Eine depressive Episode, wie von Dr. B./Dr. P. beschrieben, bestätigte sich in den letzten Gutachten nicht. Ausdrücklich weist hierauf auch Prof. Dr. W. hin.

Nicht ausreichend für die Gewährung einer Verletztenrente ist ein Vorbringen, vor dem Unfallereignis gesund gewesen zu sein und seitdem unter verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden. Allein der zeitliche Zusammenhang zwischen einem Unfallereignis und Gesundheitsschäden ist nicht ausreichend.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Riss der Rotatorenmanschette links als - weitere - Folge eines Arbeitsunfalls festzustellen ist und der Kläger wegen der Unfallfolgen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
Der 1960 geborene, seit Januar 2001 als Kfz-Sachverständiger bei einem privaten Versicherungsunternehmen beschäftigte Kläger erlitt am 18.08.2015 einen Arbeitsunfall: Bei der Besichtigung eines Kfz blieb er beim Rückwärtsgehen an einem Gartenzaunpfosten hängen und stürzte auf die linke Schulter. Eigenen Angaben zufolge hielt er während der Besichtigung des Kfz ein iPad in der linken Hand. Um dieses während des Sturzes vor einer Zerstörung zu schützen, sei ihm ein reflexartiges Abfangen des Sturzes mit der linken Hand nicht möglich gewesen, weshalb er mit der vollen Wucht seines Körpergewichts auf die linke Schulter gefallen sei. Der Kläger stellte nach dem Sturz seine Arbeit sofort ein und suchte 1½ Stunden später den Chirurgen Dr. N. auf. Diesem gegenüber klagte er über in die Schulter ziehende Schmerzen. Dr. N. erhob einen Druckschmerz über der linken Schulter mit massiv eingeschränkter Bewegungsfähigkeit; Schlüsselbein und Acromioclavicular-Gelenk zeigten sich ohne Druckschmerz. Die Haut und die Durchblutung, Motorik und Sensibilität waren intakt. Die von Dr. N. veranlasste Röntgenuntersuchung der linken Schulter in zwei Ebenen ergab keinen sicheren Anhalt für eine knöcherne Verletzung. Dr. N. diagnostizierte als Gesundheitsstörung eine Schultergelenkszerrung links. Die Erstversorgung erfolgte mittels Gilchristverband, Kühlen und bedarfsgerechter Schmerzmedikation (vgl. Durchgangsarztbericht vom 19.08.2015). Eine von Dr. N. veranlasste kernspintomografische Untersuchung des linken Schultergelenks erbrachte den Nachweis einer kompletten Ruptur der Rotatorenmanschette (Supraspinatus- und Infraspinatussehne) mit ausgedehntem lokalem Weichteilödem, Erguss in der Bursa subdeltoidea/subacromialis und Gelenkerguss, eine partielle Retraktion der Sehnenanteile der Supraspinatussehne, ausgefranste Konturen, eine Luxation der langen Bizepssehne und einen konsekutiven Humeruskopfhochstand (vgl. Arztbrief der Radiologin Dr. K. vom 27.08.2015). Am 12.11.2015 erfolgte in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) eine Arthroskopie der linken Schulter mit subacromialer Bursektomie, Debridement, Bizepssehnentenotomie und Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion (vgl. Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 13.11.2015 und Operationsbericht derselben Klinik vom 12.11.2015). Gestützt auf das Ermittlungsergebnis und eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. T. anerkannte die Beklagte das Unfallereignis als Arbeitsunfall und als dessen Folge:
„Folgenlos ausgeheilte Schultergelenkszerrung und Prellung rechts“.
Keine Unfallfolge seien eine komplette Ruptur der Rotatorenmanschette mit ausgedehntem lokalem Weichteilödem, Erguss in die Bursa subdeltoideus/subacromialis mit Gelenkerguss, konsekutivem Humeruskopfhochstand, partieller Retraktion der Sehnenanteile der Supraspinatussehne und Luxation der langen Bizepssehne der linken Schulter. Insoweit handele es sich um unfallunabhängige, degenerative Veränderungen. Das Unfallereignis sei seiner Art und Schwere nach sowie im Hinblick auf den Hergang nicht geeignet gewesen, diese umfassenden Schädigungen an der linken Schulter zu verursachen. Wegen der Unfallfolgen habe unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12.09.2015 bestanden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung, weil seine Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls hinaus nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei (Bescheid vom 13.01.2016).
Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos: Eine direkte Gewalteinwirkung auf die Schulter bei einem Sturz oder durch einen Schlag sei kein geeigneter Vorgang, eine Rotatorenmanschetten-Ruptur zu bewirken. Bei den im Rahmen der kernspintomografischen Untersuchung des linken Schultergelenks im August 2015 wie auch der arthroskopischen Operation im November 2015 erhobenen Befunden handele es sich ausnahmslos um degenerative Veränderungen (Widerspruchsbescheid vom 21.03.2016).
Deswegen hat der Kläger am 04.04.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei am Unfalltag während der Besichtigung eines Kfz ungebremst auf die linke Schulter gestürzt. Er leide bis heute unter den Folgen des Arbeitsunfalls in Form täglicher Schmerzen und einer stark eingeschränkten Beweglichkeit des linken Armes. Eine Komplettruptur allein durch Abnutzung sei nahezu ausgeschlossen. Überdies habe er bis zum Unfalltag keine Beschwerden oder Beeinträchtigungen im Schulterbereich gehabt.
Das Gericht hat zu Beweiszwecken die Behandlungsunterlagen des Allgemeinmediziners Dr. Z., den Arztbrief des Radiologen Dr. Ne. über die im März 2016 erfolgte weitere kernspintomografische Untersuchung des linken Schultergelenks sowie das Vorerkrankungsverzeichnis der Kaufmännischen Krankenkasse H. beigezogen.
Sodann hat im Auftrag des Gerichts der Orthopäde Prof. Dr. L. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet und als Gesundheitsstörungen Narbenbildung, Muskelminderung, Kraftminderung und endgradige Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette und eine Muskelverformung nach Durchtrennung der langen Bizepssehne diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörungen seien mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis vom August 2015 zurückzuführen. Inwieweit eine Vorschädigung der Rotatorenmanschette, insbesondere der Supraspinatussehne, zum Unfallzeitpunkt vorgelegen habe, sei im Nachhinein nicht sicher abgrenzbar. Zwar sei ein Sturz auf den nach vorne, vor den Körper gehaltenen Arm prinzipiell kein geeigneter Verletzungsmechanismus für einen Rotatorenmanschettenschaden; jedoch lasse sich im Fall des Klägers ein geeigneter Mechanismus zumindest nicht ausschließen. Auch entspreche der radiologische Primärbefund dem zu erwartenden Befund einer gewaltsamen Zerreißung einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette. Auch die über 6 Wochen anhaltende hochgradige Bewegungseinschränkung sei ein charakteristisches Zeichen einer traumatischen Rotatorenmanschettenläsion. Der MRT-Befund vom August 2015 spreche für eine frische Ruptur der Rotatorenmanschette. Er belege aber auch eine Hypertrophie des AC-Gelenks mit anlagebedingter Knochenspornbildung des Schulterdaches als Schadenanlage für eine Rotatorenmanschettenläsion. Jedoch ergebe sich aus dem Operationsbericht vom November 2015 ein ausreichender subacromialer Raum, weshalb keine subacromiale Dekompression erforderlich gewesen sei und der Operateur eine komplette Rekonstruktion der Rotatorenmanschette im Sinne eines harmonischen, spannungsfreien Verschlusses habe vornehmen können. Nachdem diese Rekonstruktion auch 12 Wochen nach dem Unfallereignis noch vollständig gelungen sei, könne dies eher für eine frische Ruptur der Rotatorenmanschette sprechen. Ein Vorschaden der Rotatorenmanschette zum Zeitpunkt des Unfallereignisses sei zwar nicht auszuschließen, jedoch vollständig kompensiert gewesen. Dem angeschuldigten Unfallereignis komme deshalb zumindest die Bedeutung einer richtungweisenden Verschlimmerung zu. Die unfallbedingte MdE hat Prof. Dr. L. mit 10 v.H. bewertet.
Der Kläger beantragt,
10 
den Bescheid vom 13. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2016 abzuändern, „Rotatorenmanschettenläsion links“ als weitere Unfallfolge festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. August 2015 ab dem 09. Januar 2016 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Das Gutachten des Prof. Dr. L. überzeuge nicht, nachdem auch der Sachverständige einen direkten Sturz auf die Schulter als ungeeigneten Verletzungsmechanismus bestätigt habe.
14 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 und § 56 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder ist ein Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge festzustellen noch hat der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
16 
1. Dass der Kläger am 18.08.2015 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung -) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide ausdrücklich anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht auch nicht umstritten.
17 
2. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII u.a. Anspruch auf Geldleistungen in Form von Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
18 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9, ferner BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rdnr. 11 ). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
19 
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
20 
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
21 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
22 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
23 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungszusammenhang, vor allem, wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfallrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies insbesondere bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18).
24 
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Maßstäben hat die Beklagte zu Recht die Anerkennung eines Rotatorenmanschettenrisses links als - weitere - Folge des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 abgelehnt. Zwar leidet der Kläger im Anschluss an den Sachverständigen Prof. Dr. L. an einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette, Narbenbildung, Muskel- und Kraftminderung sowie einer Muskelverformung nach Durchtrennung der langen Bizepssehne. Das erkennende Gericht ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens indes nicht davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass diese Gesundheitsstörungen rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 18.08.2015 verursacht worden sind.
25 
a) Gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs sprechen hier zunächst die eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten vom 09.09.2015 wie auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016 zum Unfallhergang: Danach erfolgte der Sturz beim Rückwärtsgehen mit direktem Anprall auf die linke Körperseite bzw. die linke Schulter; ein irgendwie geartetes reflexhaftes Abfangen des Sturzes mit der linken Hand bzw. dem linken Arm war ihm nicht möglich, weil der Kläger das zum Zeitpunkt des Schadensereignisses in der linken Hand gehaltene iPad vor einer Zerstörung während des Sturzes sichern bzw. schützen wollte. Nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. insoweit Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431 ff m.w.N.) ist für einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss erforderlich, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert war und zusätzlich plötzlich eine passive Bewegung hinzugekommen sein muss, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken kann. Dies kann geschehen durch ein massives plötzliches Hoch- oder Rückwärtsreißen des Armes, z.B. beim Hängenbleiben mit dem Arm bei einer erheblichen Beschleunigung des Körpers oder Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm, beim Sturz, z.B. beim Fensterputzen, aus der Höhe nach vorn mit noch festhaltender Hand, bei dem das gesamte Körpergewicht in die Schulter fällt, beim Treppensturz mit Festhalten der Hand am Geländer, bei einer starken Zugbelastung bei gleichzeitiger gewaltsamer Rotation des Armes oder einer Verdrehung des Armes, wenn dieser in eine laufende Maschine gezogen wird.
26 
Ein solcher Unfallhergang hat indes nach dem Vorbringen des Klägers nicht stattgefunden. Die - wie hier - direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag stellt jedoch keinen Ablauf dar, der geeignet wäre, einen Riss der Supraspinatussehne zu bewirken, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Acromion) und Delta-Muskeln gut geschützt ist. Ein direkter Sturz auf die Schulter, mithin ein direktes Anpralltrauma, verursacht keinen isolierten, ausschließlich traumatischen Riss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette. In Frage kommt dafür allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne einer wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 48 und vom 15.04.2002 - L 1 U 1844/00 -, Rdnr. 33ff sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2014 - L 16 U 662/13 -, Rdnr. 34 ).
27 
Soweit der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. L. zuletzt darauf hinweist, sich nicht konkret erinnern zu können, wie er den linken Arm im Zeitpunkt des Sturzes nun genau hielt bzw. wie genau der Unfallhergang war, liegt dies grundsätzlich sicherlich in der Natur der Sache eines rasch vonstattengehenden Sturzes. Allerdings lässt sich eben deshalb im vorliegenden Fall auch kein Geschehen vollbeweislich zugrunde legen, welches für eine strukturelle Schädigung der Schulter bzw. der darin verlaufenden Sehnen verantwortlich gemacht werden kann. Überdies widersprechen die Angaben des Klägers gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen seinen sehr dezidierten Schilderungen des Unfallhergangs sowohl im Fragebogen vom 09.09.2015 als insbesondere auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016. Diesen unbefangen von rechtlichen Erwägungen und Konsequenzen gemachten ersten Angaben misst die Kammer einen höheren Beweiswert zu als dem später hiervon abweichenden Vorbringen (vgl. Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ).
28 
b) Weiter spricht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfall und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen das Fehlen äußerer Verletzungszeichen wie Schwellungen oder Bluterguss unmittelbar nach dem Unfallereignis (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09- , Rdnr. 37 ). Entsprechende Verletzungszeichen hat Dr. N. in seinem Durchgangsarztbericht vom 19.08.2015 indes nicht erhoben, vielmehr u.a. die Haut ausdrücklich als „intakt“ bezeichnet.
29 
c) Auch der von der Radiologin Dr. K. am 26.08.2015, mithin sehr zeitnah nach dem angeschuldigten Ereignis, objektivierte Humeruskopfhochstand spricht gegen eine (erst) am 18.08.2015 eingetretene Ruptur der Rotatorenmanschette (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, S. 434). Denn ein Oberarmkopfhochstand tritt nie sofort nach der Ruptur auf, sondern erst etwa drei Monaten nach einer solchen Verletzung ein (vgl. Beickert/Bühren in Trauma und Berufskrankheit 1998, 61, 63, 66).
30 
d) Weiter belegt die von Dr. K. im MRT vom 26.08.2015 nachgewiesene Hypertrophie des Acromioclavicular-Gelenks mit anlagebedingter Knochenspornbildung des Schulterdaches eine Schadensanlage für eine Rotatorenmanschettenläsion im Sinne eines Impingement-Syndroms. Hierauf hat der Sachverständige Prof. Dr. L. zutreffend hingewiesen.
31 
e) Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem streitgegenständlichen Unfallereignis bei dem Kläger eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert worden ist, ist keine ausreichende Begründung für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit diesem Ereignis (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09 - , Rdnr. 33 unter Hinweis auf Hepp/Lambert in MedSach 2009, 181).
32 
f) Auch der Umstand, dass der Kläger eigenen Angaben wie auch den Eintragungen im Vorerkrankungsverzeichnis seiner Krankenkasse zufolge im Bereich der Unfall verletzten linken Schulter bis zum 18.08.2015 beschwerdefrei war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration. Diese führt zu einer herabgesetzten mechanischen Belastbarkeit bereits ab Beginn des dritten Lebensjahrzehnts. Zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr nehmen dabei die „Partialrupturen“ zu und treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen im Sinne von Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431). Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im August 2015 befand sich der Kläger bereits im 56. Lebensjahr. Eine Degeneration kann überdies bis zu dem Ereignis klinisch stumm bleiben; eine „leere Anamnese“ kann deshalb weder eine Schadensanlage noch einen Vorschaden ausschließen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 57 und Weber in MedSach 1993, 113). Der - wie hier - rein zeitliche Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen ist nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R -, Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 -, Rdnr. 23; Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 und Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 ). Selbst aus der Abwesenheit konkurrierender Ursachen für einen Körperschaden lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallereignis und einem Körperschaden nicht begründen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18 und Bay. LSG vom 22.04.2009 - L 18 U 301/06 -, Rdnr. 32 ).
33 
g) Selbst aber wenn das Gericht annehmen würde, die Rotatorenmanschette wäre erst beim Unfall vollständig rupturiert, so führt dies nicht dazu, dass anzunehmen wäre, dass das Geschehen vom 18.08.2015 hinreichend wahrscheinlich wesentliche Ursache - auch nicht Sinne einer richtungsweisenden Verschlimmerung - war. Denn insoweit müsste auch dann ein erheblicher Vorschaden angenommen und das Unfallgeschehen als bloße, rechtlich nicht relevante Gelegenheitsursache (vgl. BSGE 96, 196, 200) angesehen werden. Genügt nämlich schon eine an sich ungeeignete Unfallursache, um einen Gesundheitsschaden auszulösen oder zu verschlimmern, muss angenommen werden, dass der Vorschaden ganz erheblich war. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sturz auf die Schulter eine im Alltag vorkommende Belastung ist. D. h. selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio-sine-qua-non bejaht würde, ist ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretene Ruptur nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die unterstellten frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 51 ).
34 
Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge anzuerkennen.
35 
4. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L.. Soweit dieser unter Abwägung der von ihm aufgezeigten für und gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem nachgewiesenen Rotatorenmanschettenschaden links und dem Arbeitsunfallereignis vom 18.08.2015 bejaht, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn auch Prof. Dr. L. räumt ein, dass der direkte Anprall von vorn oder seitlich auf die Schulter oder ein Sturz auf den nach vorn ausgestreckten Arm kein geeigneter Verletzungsmechanismus ist. Eine vom Kläger ihm gegenüber angegebene kurzzeitige Bewusstlosigkeit nach dem Sturz ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht erwiesen; insbesondere fehlen entsprechende anamnestische Angaben des Klägers gegenüber Dr. N. als dem erstbehandelnden Arzt zeitlich unmittelbar nach dem Unfall. Wenn Prof. Dr. L. angesichts des Umstands, dass sich der Kläger an den Sturz im Detail nicht mehr erinnern kann, einen geeigneten Verletzungsmechanismus für „zumindest nicht ausgeschlossen“ erachtet, reicht dies nicht aus. Denn der konkrete Unfallhergang muss als anspruchsbegründende Tatsache im Sinne des Vollbeweises, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 96, 291, 293), feststehen (vgl. nochmals u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff). Aufgrund der ersten anamnestischen Angaben des Klägers, denen die Kammer in ständiger Rechtsprechung besondere Bedeutung beimisst (vgl. nochmals Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ), ist dies indes gerade nicht der Fall.
36 
Entgegen Prof. Dr. L. kommt dem streitgegenständlichen Unfallereignis auch nicht der Stellenwert einer richtunggebenden Verschlimmerung einer anlagebedingten Schultererkrankung links zu. Denn eine unfallversicherungsrechtlich relevante Verschlimmerung kommt nur in Betracht, wenn ein Vorschaden bereits klinisch manifest war, nicht jedoch, wenn dieser Vorschaden - wie hier - klinisch stumm verlaufen ist.
37 
5. Ein Unfallhergang ohne Zugbeanspruchung und daher auch ohne unnatürliche Längendehnung der Supraspinatussehne hat beim Kläger daher allein eine Gesundheitsstörung in Form einer Schulterprellung, verursacht durch die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter als Folge des rückwärts gerichteten Sturzereignisses, bewirkt. Eine solche Gesundheitsstörung heilt nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten regelmäßig innerhalb von vier bis längstens sechs Wochen folgenlos aus.
38 
6. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn seine Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen ist über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht - wie erforderlich (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII) - um wenigstens 20 v.H. gemindert. Insoweit schließt sich die Kammer den Darlegungen von Prof. Dr. L. an, der selbst unter Berücksichtigung der von ihm diagnostizierten Unfallfolgen einschließlich einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette eine MdE von lediglich 10 v.H. angenommen hat. Die Kammer ist indes angesichts des ungeeigneten Geschehensablaufs für eine Rotatorenmanschettenläsion - wie vorstehend bereits ausgeführt - mit der Beklagten davon überzeugt, dass das Unfallereignis lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Schultergelenksprellung links geführt hat, die die Beklagte zu Recht als Unfallfolge anerkannt hat. Aus dieser Unfallfolge resultiert indes keine messbare MdE.
39 
7. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Absätze 1 und 4 SGG.

Gründe

 
15 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 und § 56 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Weder ist ein Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge festzustellen noch hat der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
16 
1. Dass der Kläger am 18.08.2015 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung -) einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide ausdrücklich anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten deshalb zu Recht auch nicht umstritten.
17 
2. Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII u.a. Anspruch auf Geldleistungen in Form von Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII).
18 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9, ferner BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rdnr. 11 ). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
19 
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
20 
b) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249, Rdnrn. 26 und 68 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
21 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
22 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 27 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
23 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungszusammenhang, vor allem, wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfallrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies insbesondere bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18).
24 
3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen und Maßstäben hat die Beklagte zu Recht die Anerkennung eines Rotatorenmanschettenrisses links als - weitere - Folge des Arbeitsunfalls vom 18.08.2015 abgelehnt. Zwar leidet der Kläger im Anschluss an den Sachverständigen Prof. Dr. L. an einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette, Narbenbildung, Muskel- und Kraftminderung sowie einer Muskelverformung nach Durchtrennung der langen Bizepssehne. Das erkennende Gericht ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens indes nicht davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG), dass diese Gesundheitsstörungen rechtlich wesentlich durch das Unfallereignis vom 18.08.2015 verursacht worden sind.
25 
a) Gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs sprechen hier zunächst die eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten vom 09.09.2015 wie auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016 zum Unfallhergang: Danach erfolgte der Sturz beim Rückwärtsgehen mit direktem Anprall auf die linke Körperseite bzw. die linke Schulter; ein irgendwie geartetes reflexhaftes Abfangen des Sturzes mit der linken Hand bzw. dem linken Arm war ihm nicht möglich, weil der Kläger das zum Zeitpunkt des Schadensereignisses in der linken Hand gehaltene iPad vor einer Zerstörung während des Sturzes sichern bzw. schützen wollte. Nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. insoweit Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431 ff m.w.N.) ist für einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss erforderlich, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert war und zusätzlich plötzlich eine passive Bewegung hinzugekommen sein muss, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatussehne bewirken kann. Dies kann geschehen durch ein massives plötzliches Hoch- oder Rückwärtsreißen des Armes, z.B. beim Hängenbleiben mit dem Arm bei einer erheblichen Beschleunigung des Körpers oder Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm, beim Sturz, z.B. beim Fensterputzen, aus der Höhe nach vorn mit noch festhaltender Hand, bei dem das gesamte Körpergewicht in die Schulter fällt, beim Treppensturz mit Festhalten der Hand am Geländer, bei einer starken Zugbelastung bei gleichzeitiger gewaltsamer Rotation des Armes oder einer Verdrehung des Armes, wenn dieser in eine laufende Maschine gezogen wird.
26 
Ein solcher Unfallhergang hat indes nach dem Vorbringen des Klägers nicht stattgefunden. Die - wie hier - direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag stellt jedoch keinen Ablauf dar, der geeignet wäre, einen Riss der Supraspinatussehne zu bewirken, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Acromion) und Delta-Muskeln gut geschützt ist. Ein direkter Sturz auf die Schulter, mithin ein direktes Anpralltrauma, verursacht keinen isolierten, ausschließlich traumatischen Riss der Supraspinatussehne bzw. der Rotatorenmanschette. In Frage kommt dafür allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne einer wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 48 und vom 15.04.2002 - L 1 U 1844/00 -, Rdnr. 33ff sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2014 - L 16 U 662/13 -, Rdnr. 34 ).
27 
Soweit der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. L. zuletzt darauf hinweist, sich nicht konkret erinnern zu können, wie er den linken Arm im Zeitpunkt des Sturzes nun genau hielt bzw. wie genau der Unfallhergang war, liegt dies grundsätzlich sicherlich in der Natur der Sache eines rasch vonstattengehenden Sturzes. Allerdings lässt sich eben deshalb im vorliegenden Fall auch kein Geschehen vollbeweislich zugrunde legen, welches für eine strukturelle Schädigung der Schulter bzw. der darin verlaufenden Sehnen verantwortlich gemacht werden kann. Überdies widersprechen die Angaben des Klägers gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen seinen sehr dezidierten Schilderungen des Unfallhergangs sowohl im Fragebogen vom 09.09.2015 als insbesondere auch in der Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.01.2016. Diesen unbefangen von rechtlichen Erwägungen und Konsequenzen gemachten ersten Angaben misst die Kammer einen höheren Beweiswert zu als dem später hiervon abweichenden Vorbringen (vgl. Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ).
28 
b) Weiter spricht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfall und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen das Fehlen äußerer Verletzungszeichen wie Schwellungen oder Bluterguss unmittelbar nach dem Unfallereignis (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09- , Rdnr. 37 ). Entsprechende Verletzungszeichen hat Dr. N. in seinem Durchgangsarztbericht vom 19.08.2015 indes nicht erhoben, vielmehr u.a. die Haut ausdrücklich als „intakt“ bezeichnet.
29 
c) Auch der von der Radiologin Dr. K. am 26.08.2015, mithin sehr zeitnah nach dem angeschuldigten Ereignis, objektivierte Humeruskopfhochstand spricht gegen eine (erst) am 18.08.2015 eingetretene Ruptur der Rotatorenmanschette (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, S. 434). Denn ein Oberarmkopfhochstand tritt nie sofort nach der Ruptur auf, sondern erst etwa drei Monaten nach einer solchen Verletzung ein (vgl. Beickert/Bühren in Trauma und Berufskrankheit 1998, 61, 63, 66).
30 
d) Weiter belegt die von Dr. K. im MRT vom 26.08.2015 nachgewiesene Hypertrophie des Acromioclavicular-Gelenks mit anlagebedingter Knochenspornbildung des Schulterdaches eine Schadensanlage für eine Rotatorenmanschettenläsion im Sinne eines Impingement-Syndroms. Hierauf hat der Sachverständige Prof. Dr. L. zutreffend hingewiesen.
31 
e) Allein die Tatsache, dass erstmals nach dem streitgegenständlichen Unfallereignis bei dem Kläger eine Rotatorenmanschettenruptur diagnostiziert worden ist, ist keine ausreichende Begründung für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit diesem Ereignis (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2011 - L 2 U 1936/09 - , Rdnr. 33 unter Hinweis auf Hepp/Lambert in MedSach 2009, 181).
32 
f) Auch der Umstand, dass der Kläger eigenen Angaben wie auch den Eintragungen im Vorerkrankungsverzeichnis seiner Krankenkasse zufolge im Bereich der Unfall verletzten linken Schulter bis zum 18.08.2015 beschwerdefrei war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration. Diese führt zu einer herabgesetzten mechanischen Belastbarkeit bereits ab Beginn des dritten Lebensjahrzehnts. Zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr nehmen dabei die „Partialrupturen“ zu und treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen im Sinne von Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 431). Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im August 2015 befand sich der Kläger bereits im 56. Lebensjahr. Eine Degeneration kann überdies bis zu dem Ereignis klinisch stumm bleiben; eine „leere Anamnese“ kann deshalb weder eine Schadensanlage noch einen Vorschaden ausschließen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 57 und Weber in MedSach 1993, 113). Der - wie hier - rein zeitliche Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Auftreten von Gesundheitsstörungen ist nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zu begründen (vgl. BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R -, Rdnr. 20 und - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, Rdnr. 53; ferner LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 -, Rdnr. 23; Bay. LSG vom 11.11.2014 - L 2 U 398/13 -, Rdnr. 54 und Sächs. LSG vom 13.08.2014 - L 6 U 142/11 -, Rdnr. 41 ). Selbst aus der Abwesenheit konkurrierender Ursachen für einen Körperschaden lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Unfallereignis und einem Körperschaden nicht begründen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rdnr. 18 und Bay. LSG vom 22.04.2009 - L 18 U 301/06 -, Rdnr. 32 ).
33 
g) Selbst aber wenn das Gericht annehmen würde, die Rotatorenmanschette wäre erst beim Unfall vollständig rupturiert, so führt dies nicht dazu, dass anzunehmen wäre, dass das Geschehen vom 18.08.2015 hinreichend wahrscheinlich wesentliche Ursache - auch nicht Sinne einer richtungsweisenden Verschlimmerung - war. Denn insoweit müsste auch dann ein erheblicher Vorschaden angenommen und das Unfallgeschehen als bloße, rechtlich nicht relevante Gelegenheitsursache (vgl. BSGE 96, 196, 200) angesehen werden. Genügt nämlich schon eine an sich ungeeignete Unfallursache, um einen Gesundheitsschaden auszulösen oder zu verschlimmern, muss angenommen werden, dass der Vorschaden ganz erheblich war. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sturz auf die Schulter eine im Alltag vorkommende Belastung ist. D. h. selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio-sine-qua-non bejaht würde, ist ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretene Ruptur nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die unterstellten frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/14 -, Rdnr. 51 ).
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Vor diesem Hintergrund hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, einen Rotatorenmanschettenriss links als weitere Unfallfolge anzuerkennen.
35 
4. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L.. Soweit dieser unter Abwägung der von ihm aufgezeigten für und gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem nachgewiesenen Rotatorenmanschettenschaden links und dem Arbeitsunfallereignis vom 18.08.2015 bejaht, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn auch Prof. Dr. L. räumt ein, dass der direkte Anprall von vorn oder seitlich auf die Schulter oder ein Sturz auf den nach vorn ausgestreckten Arm kein geeigneter Verletzungsmechanismus ist. Eine vom Kläger ihm gegenüber angegebene kurzzeitige Bewusstlosigkeit nach dem Sturz ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht erwiesen; insbesondere fehlen entsprechende anamnestische Angaben des Klägers gegenüber Dr. N. als dem erstbehandelnden Arzt zeitlich unmittelbar nach dem Unfall. Wenn Prof. Dr. L. angesichts des Umstands, dass sich der Kläger an den Sturz im Detail nicht mehr erinnern kann, einen geeigneten Verletzungsmechanismus für „zumindest nicht ausgeschlossen“ erachtet, reicht dies nicht aus. Denn der konkrete Unfallhergang muss als anspruchsbegründende Tatsache im Sinne des Vollbeweises, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 96, 291, 293), feststehen (vgl. nochmals u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff). Aufgrund der ersten anamnestischen Angaben des Klägers, denen die Kammer in ständiger Rechtsprechung besondere Bedeutung beimisst (vgl. nochmals Gerichtsbescheid vom 14.01.2013 - S 1 U 2723/12 -, Rdnr. 20 m.w.N. ), ist dies indes gerade nicht der Fall.
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Entgegen Prof. Dr. L. kommt dem streitgegenständlichen Unfallereignis auch nicht der Stellenwert einer richtunggebenden Verschlimmerung einer anlagebedingten Schultererkrankung links zu. Denn eine unfallversicherungsrechtlich relevante Verschlimmerung kommt nur in Betracht, wenn ein Vorschaden bereits klinisch manifest war, nicht jedoch, wenn dieser Vorschaden - wie hier - klinisch stumm verlaufen ist.
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5. Ein Unfallhergang ohne Zugbeanspruchung und daher auch ohne unnatürliche Längendehnung der Supraspinatussehne hat beim Kläger daher allein eine Gesundheitsstörung in Form einer Schulterprellung, verursacht durch die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter als Folge des rückwärts gerichteten Sturzereignisses, bewirkt. Eine solche Gesundheitsstörung heilt nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten regelmäßig innerhalb von vier bis längstens sechs Wochen folgenlos aus.
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6. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Denn seine Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen ist über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht - wie erforderlich (§ 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII) - um wenigstens 20 v.H. gemindert. Insoweit schließt sich die Kammer den Darlegungen von Prof. Dr. L. an, der selbst unter Berücksichtigung der von ihm diagnostizierten Unfallfolgen einschließlich einer endgradigen Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette eine MdE von lediglich 10 v.H. angenommen hat. Die Kammer ist indes angesichts des ungeeigneten Geschehensablaufs für eine Rotatorenmanschettenläsion - wie vorstehend bereits ausgeführt - mit der Beklagten davon überzeugt, dass das Unfallereignis lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Schultergelenksprellung links geführt hat, die die Beklagte zu Recht als Unfallfolge anerkannt hat. Aus dieser Unfallfolge resultiert indes keine messbare MdE.
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7. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Absätze 1 und 4 SGG.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.