Sozialgericht Halle Beschluss, 19. März 2010 - S 7 AS 1072/10 ER

ECLI:ECLI:DE:SGHALLE:2010:0319.S7AS1072.10ER.0A
bei uns veröffentlicht am19.03.2010

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller (Ast) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Nachhilfekosten als Sonderbedarf von der Antragsgegnerin (Ag) im Rahmen von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II).

2

Der am ….1994 geborene Ast steht im laufenden Leistungsbezug bei der Ag. Im Jahr 2003 wurde beim Ast durch das Staatliche Schulamt H. bei einer Untersuchung hinsichtlich der Rechtschreibleistungen eine Lernstörung bei einer durchschnittlichen kognitiven Leistungsfähigkeit festgestellt und eine kontinuierliche Förderung empfohlen (Schreiben des Staatlichen Schulamts H. vom 11.12.2003). Bei einer im Jahr 2008 erfolgten schulpsychologischen Untersuchung wurden beim Ast Rechtschreibschwierigkeiten insbesondere bei der Wortdurchgliederung und eine Wahrnehmungstrennschärfe berichtet, wobei das Lesen indes unter durchschnittlichem Zeitverbrauch mit relativ guter Inhaltserfassung erfolge (Mitteilung des Landesverwaltungsamtes …, Referat Schule vom 10.12.2008).

3

Der Ast besucht derzeit die Sekundarschule „A.H.F.“ in H. Nach dem Schuljahr 2008/2009 wurde der Ast nicht von der 9. in die 10. Klasse versetzt. Er schloss das Schuljahr 2008/2009 im Fach Deutsch mit der Note „3“ und in den Fächern Mathematik und Englisch jeweils mit der Schulnote „5“ ab. Seit dem 01.09.2009 erhält der Ast in den Fächern Mathematik und Englisch durchschnittlich wöchentlich 2 x 1,5 Stunden außerschulische Nachhilfe bei der Schülerhilfe … in H. im Rahmen eines Gruppenunterrichtes mit fünf weiteren Teilnehmern. Hierfür fallen monatliche Kosten von 118,00€ an, welche die Mutter des Ast an die Schülerhilfe zahlt. Der Ast wiederholt seit dem Schuljahr 2009/2010 die Klasse 9. Im Halbjahreszeugnis 2009/2010 erhielt der Ast in den Fächern Mathematik und Englisch jeweils die Schulnote „3“ und im Fach Deutsch die Note „2“.

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Die Ag gewährt mit Bescheid vom 11.01.2010 dem Ast und der mit ihm einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mutter und seiner Schwester vorläufig Leistungen wie folgt: Zeitraum 01.01.2010 - 28.02.2010 monatlich 381,92 €, Zeitraum 01.03.2010 - 31.03.2010 monatlich 317,59 € und Zeitraum 01.04.2010 - 30.06.2010 monatlich 274,59 €. Dagegen erhob die Mutter des Ast am 11.02.2010 Widerspruch und beantragte außerdem zugleich für die Zeit ab August 2009 die Übernahme der Nachhilfekosten einschließlich einer einmaligen Aufnahmegebühr von 49,00 € und berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 20 Abs. 1 GG. Über den Widerspruch und auch über den Antrag auf Übernahme der Nachhilfekosten ist bisher noch nicht entschieden.

5

Ein Antrag auf Leistungen für den Nachhilfeunterricht nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) beim Träger der Kinder- und Jugendhilfe wurde bislang nicht gestellt. Am 03.03.2010 hat der Ast beim erkennenden Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass bei ihm eine Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) bestehe und ihm von der Schule geraten worden sei, professionellen Nachhilfeunterricht in Anspruch zu nehmen. Die LRS wirke sich infolge bei der Lernstörung bestehender Lese- und Verständnisprobleme nicht allein im Fach Deutsch auf, sondern erfasse auch die Fächer Mathematik und Englisch. Ohne Nachhilfe sei der Erwerb des Realschulabschlusses gefährdet und Förderkurse in der Schule gäbe es nur bis zur 7. Klasse. Die materielle Absicherung des Erwerbs des Schulabschlusses mit der 10. Klasse gehöre zur Existenzsicherung im Rahmen des SGB II. Ohne eine Kostenübernahme durch die Ag bestehe zudem die Gefahr, den Nachhilfekurs aus finanziellen Gründen aufgeben zu müssen. Einen Anspruch nach dem SGB VIII habe der Ast zudem nicht, da dabei zusätzlich zur LRS noch eine weitere seelische Behinderung notwendig sei, welche beim Ast nicht bestehe. Der Ast benötige außerdem keine Hilfe zur Erziehung. Ein Anspruch auf die Nachhilfekosten werde deshalb ausdrücklich gegenüber der Ag aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG geltend gemacht.

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Der Ast beantragt schriftsätzlich,

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die Ag zu verurteilen, dem Ast ein monatliches Schulgeld in Höhe von 118,- € zu zahlen.

8

Die Ag beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

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Die Ag meint, dem Antrag fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Der Ast habe bislang keinen Antrag auf die begehrte Leistung gestellt. Die Nachhilfekosten könnten außerdem nur bei einem besonderen Anlass gewährt werden, z.B. bei einer langfristigen Erkrankung oder einem Todesfall in der Familie. Zudem müsse die Aussicht auf Überwindung des Nachhilfebedarfs innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten bestehen.

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Das Gericht hat am 12.03.2010 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt, der zu keiner gütlichen Einigung geführt hat.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der zum Verfahren S 7 AS 1073/10 ER übersandten Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

II.

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1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist bereits lediglich zum Teil zulässig.

14

Er ist zunächst dahingehend auszulegen, dass der Ast statt der im Antrag benannten Verurteilung eine einstweilige Verpflichtung der Ag bis zur Entscheidung in der Hauptsache – hier der Bescheidung des Antrages vom 11.02.2010 – begehrt. Anknüpfungspunkt und damit das zugrunde zu legende Rechtsverhältnis ist der am 11.02.2010 im Rahmen des Widerspruchs der Mutter gegen den Bescheid vom 11.01.2010 bei der Ag zugleich und insoweit gesondert gestellte Antrag auf Übernahme der Nachhilfekosten. Das Gericht ordnet diesen Antrag als im Namen des Ast von der Mutter des Ast beantragt ein. Der so zu verstehende Antrag ist dabei lediglich insoweit statthaft, als – wegen des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RdNr. 31) – eine vorläufige und darlehensweise Verpflichtung der Ag erstrebt wird. Für die dem Antrag hingegen zu entnehmende benannte endgültige Verpflichtung der Ag besteht indes im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis. Etwaige weitere Anhaltspunkte dafür, dass es im Interesse effektiven Rechtsschutzes ausnahmsweise erforderlich sein kann, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sind zudem weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ebenso besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für den vom Ast bei der Ag beantragten Zeitraum ab August 2009, sondern allein für die Zeit ab dem Eingang des Antrages beim Gericht (03.03.2010), denn im einstweiligen Rechtsschutz können Leistungen nach dem SGB II regelmäßig nicht für die Vergangenheit zugesprochen werden. Aufgrund der in der Vergangenheit bereits erfolgten Ausgaben für die Nachhilfe bestehen keine offenen Forderungen, welche einen Nachholbedarf, welcher für eine rückwirkende Leistungsgewährung im einstweiligen Rechtsschutz erforderlich ist, begründen vermögen. Die Disponierung der freien Mittel obliegt dem Ast, zumal vorliegend die Mutter des Ast die Zahlungen vornimmt, so dass zudem auch Zweifel an der Beschwer des Ast auftreten.

15

2. Im Übrigen ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unbegründet.

16

Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Eine Regelungsanordnung kann erlassen werden, wenn der Ast glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber der Ag besteht (Anordnungsanspruch) und er ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würden (Anordnungsgrund). Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass der Ast bei Abwägung seiner Interessen gegenüber denjenigen der Ag nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache – hier die Entscheidung im Verwaltungsverfahren über seinen Antrag vom 11.02.2010 – abzuwarten. Insoweit kommt bei einem Vorliegen aller Voraussetzungen die hier begehrte (vorläufige) Verpflichtung der Ag auch nur für einen begrenzten Zeitraum in Betracht. Bei einem offenen Ausgang der Hauptsache, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wege der Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange der Ast umfassend zu berücksichtigen und in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) schützend und fördernd vor die Grundrechte der Einzelnen stellen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927; Krodel, NZS 2006, 637ff.). Das Begehren des Ast muss bei der im einstweiligen Rechtschutz gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheinen.

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Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

18

a. Der Ast hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können.

19

aa. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für einen Anordnungsanspruch hinsichtlich der begehrten Nachhilfekosten als zusätzlicher und neben der Regelleistung geltend zu machender Bedarf ist (derzeit) mangels gesetzlicher Regelung im SGB II allein die Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09; abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de ) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 1 GG. Vor dem Hintergrund der in diesem Urteil des BVerfG enthaltenen Verpflichtung des Gesetzgebers des SGB II, bis spätestens zum 31.12.2010 eine Regelung zu einem besonderem Bedarf im Rahmen des SGB II zu schaffen, hat das BVerfG für den Zeitraum ab der Verkündung des Urteils am 09.02.2010 bis zur Einführung einer entsprechenden Härtefallklausel durch den Gesetzgeber entschieden, dass ein Anspruch auf Sonderbedarfe unmittelbar zu Lasten des Bundes geltend gemacht werden kann, wenn er als Härtefall von der verfassungsrechtlichen Garantie menschenwürdigen Existenzminimums umfasst wird (BVerfG, a.a.O. RdNr. 220). Ein derartiger Anspruch setzt nach dem BVerfG einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums voraus (BVerfG, a.a.O. RdNr. 208). Dieser Anspruch auf einen zusätzlichen Sonderbedarf entsteht aber erst, wenn dieser Bedarf „so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen – einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen – das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet. Dieser zusätzliche Anspruch dürfte angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen nur in seltenen Fällen entstehen“ (BVerfG, a.a.O).

20

bb. Hieraus folgt, dass dieser Anspruch auf zusätzliche Sonderbedarfe neben den bislang vom SGB II vorgesehenen Leistungen nicht bereits diejenigen Bereiche erfasst, welche sich aus der Sicht des Hilfebedürftigen als (subjektiv) notwendige Bestandteile individueller Lebensführung darstellen. Vielmehr ist ein Anspruch auf zusätzliche Sonderbedarfe – ausgehend von der Konzeption des SGB II, wonach die für die Grundsicherung von Arbeitssuchenden notwendigen Leistungen allein durch die Regelleistung nach § 20 SGB II (ggf. mit zusätzlichen Mehrbedarfen nach § 21 SGB II) und den Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II erbracht werden – allein als Härtefallklausel für wenige und atypische Fälle zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu verstehen und somit aus sich selbst heraus nur für wenige und aus grundrechtlicher Sicht nicht anders zu bewältigende Fälle überhaupt denkbar. Insoweit kommt auch keine generelle Fallgruppenbildung in Betracht. Auch ist das Vorbringen der Ag, dass ein besonderer Anlass für die Gewährung der Nachhilfekosten als Sonderbedarf eine langfristige Erkrankung und ein Todesfall in der Familie ist und eine Überwindung des Nachhilfebedarfs in den nächsten sechs Monaten bestehen müsse, nicht zwingend. Zwar vermögen sich derartige Voraussetzungen aus der Geschäftsanweisung vom 17.02.2010 (abrufbar unter www.arbeitsagentur.de ) ergeben; diese ‚Bedingungen’ sind aber nicht bindend und lassen sich insbesondere nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG zwingend ableiten und zeigen allein, dass die Ag vorliegend bislang keine umfassende Einzelfallprüfung vorgenommen hat, sondern stattdessen unter Rückgriff auf eine Geschäftsanweisung meint, einen aus der Rechtsprechung des BVerfG folgenden Anspruch auf Sonderbedarfe, welcher aus sich selbst heraus nicht ohne weiteres pauschalierbar ist, vorliegend ablehnen zu müssen. Vielmehr ist ein möglicher Sonderbedarf jeweils im Einzelfall im Wege einer auf die Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zielenden Sichtweise gesondert zu prüfen. Mithin sind auch die Kosten für Nachhilfeunterricht nicht von vornherein als ein derartiger Sonderbedarf ausgeschlossen. Dies gilt erst recht, wenn eine Nachhilfe infolge von Entwicklungsstörungen (vgl. ICD 10, F 8; bzw. F 81.0 für eine Lese- und Rechtschreibstörung) zwingend und alternativlos erforderlich ist. Nachhilfekosten können insoweit als möglicher Sonderbedarf dann in Betracht gezogen werden, sofern auch die sonstigen Voraussetzungen, wie etwa das Fehlen von Leistungen anderer Leistungsträger, Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen etc. vorliegen und wenn ohne die Übernahme etwa der Schulabschluss des Hilfebedürftigen konkret gefährdet ist und der Hilfebedürftige auch sonst keine (zumutbaren) Möglichkeiten hat, von Dritten gleich geeignete Hilfe zu erhalten. Ergänzend ist außerdem bei den hier geltend gemachten Nachhilfekosten zu beachten, dass ein in diese Richtung weisender Sonderbedarf nach dem SGB II systematisch sich allein auf die dem Zweck des SGB II zuzuordnenden Bereiche erstrecken kann und demnach mögliche Bedarfe ausschließt, welche bereits Gegenstand anderer Sozialleistungssysteme sind bzw. grundsätzlich der Eigenverantwortung der Hilfebedürftigen zugewiesen sind. Insofern kommt eine Einordnung der hier begehrten Nachhilfekosten als Sonderbedarf nach dem SGB II auch erst dann in Betracht, wenn diese nicht (mehr) im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII geltend gemacht werden kann und die Nachhilfe von den durch die Grundsicherung für Arbeitssuchende umfassten Leistungen (vgl. § 1 Abs. 2 SGB II) zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhaltes gehört. Das SGB II soll nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu dienen, ausbildungsbedingte Bedarfe zu übernehmen, soweit diese nach anderen Regelungen förderungsfähig sind (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 44/08 R zu Fahrtkosten für eine Schülermonatskarte).

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cc. Gemessen daran kommt vorliegend die Übernahme der Nachhilfekosten als Sonderbedarf nicht in Betracht. Zwar vermag die vom Ast besuchte Nachhilfe schon aufgrund ihrer seit September 2009 vom Ast erfolgenden wöchentlichen Inanspruchnahme einen regelmäßigen und nicht nur einmaligen Bedarf darstellen können. Dieser ist jedoch nicht unabweisbar i.S.d. Rechtsprechung des BVerfG und stellt auch keine gleichsam atypische (Ausnahme-) Situation dar, welche zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums die Gewährung eines Sonderbedarfs zwingend erforderlich macht. Zwar ist das Gericht davon überzeugt, dass die Nachhilfe für den Ast in den Fächern Mathematik und Englisch hilfreich und auch geeignet ist, sein Wissen in diesen Fächern im Hinblick auf den erstrebten Schulabschluss zu festigen und auszubauen. Dies bestätigen vor allem die sich in den Halbjahresschulnoten widerspiegelnden und gegenüber dem Vorjahr signifikanten Lernerfolge, die der Ast erzielen konnte. Die Nachhilfe in den Fächern Mathematik und Englisch steht jedoch in keinem unmittelbaren und kausalen Zusammenhang mit der vom Ast vorgetragenen LRS. Deshalb vermag in diesem Verfahren zunächst dahinstehen, ob der Ast bzw. seine Mutter – gleichsam vorrangig – zunächst gehalten sind, eine erforderliche Nachhilfe als mögliche Hilfe zur Erziehung oder Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe zu beanspruchen. Einer Benotung im Fach Deutsch vermag nach Auffassung des Gericht nachvollziehbar bestehende Auswirkungen einer LRS dokumentieren, sofern unter einer LRS eine Beeinträchtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten und der Rechtschreibleistungen verstanden wird. Im Fach Deutsch hat der Ast jedoch ohne hierauf gerichtete Nachhilfe eine Notenverbesserung von „3“ auf „2“ erreicht und die Note im Fach Deutsch war außerdem auch nicht kausal für die Wiederholung der 9. Klasse. Die Nachhilfe für Mathematik und Englisch erfolgt zudem in einem Gruppenunterricht und nicht im Rahmen eines gezielten auf eine durch eine LRS bedingte erforderliche individuelle Förderung des Ast abzielenden (Einzel-) Unterrichtes. Gemessen daran ist vorliegend entgegen der Ansicht des Ast auch nicht maßgeblich, ob und inwieweit eine LRS neben dem Fach Deutsch auch auf die Fächer Mathematik und Englisch fortwirkt. Denn der Ast erhält die Nachhilfe nämlich nicht im Rahmen einer gezielten LRS-Nachhilfe bzw. -förderung, sondern stattdessen in Form einer „herkömmlichen“ Nachhilfe. Der Ast. hat im Erörterungstermin erklärt, die Nachhilfe in Mathematik und Englisch im Gruppenunterricht mit fünf Mitschülern zu besuchen. Hieraus ergibt sich, dass der Ast eine „klassische“ Nachhilfe in Anspruch nimmt. Gerade die Förderung im Rahmen einer LRS ist jedoch nicht mittels klassischer Nachhilfekurse hilfreich, sondern sollte durch gezielte Legasthenietherapie erfolgen (vgl. dazu Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V.; www.bvl-legasthenie.de ). Hieraus folgt, dass der hier vom Ast besuchte Nachhilfeunterricht dem Ausgleich herkömmlicher Wissens- bzw. Lernlücken in den Fächern Mathematik und Englisch dient und gerade keine auf den jeweiligen und individuellen Förderbedarf bei einer auf die LRS blickenden Nachhilfe erfolgt. Auch hat der Ast im Erörterungstermin erklärt, dass er davon ausgehe, nunmehr die 9. Klasse erfolgreich zu bewältigen und später einen Realschulabschluss zu erreichen. Anhaltspunkte für einen derzeit bestehenden unabweisbaren Bedarf folgen hieraus nicht. Ebenso ist nicht dargelegt, dass beim Ast ohne die Nachhilfe derzeit und nach Erteilung des aktuellen Halbjahreszeugnisses eine konkrete Gefährdung des Schulabschlusses zu besorgen steht. Ein Ausgleich dieses Nachholbedarf bzw. die Inanspruchnahme dieser ergänzenden außerschulischen Bildung ist jedoch nicht ohne weiteres durch das SGB II zu gewährleisten. Insbesondere ist ein allgemeiner auf schulische Anforderungen gerichteter Nachhilfebedarf an sich nicht über Gebühr außergewöhnlich. Insoweit ist – wie gezeigt – eine „allgemeine“ Nachhilfe bzw. eine hieraus folgende Kostenübernahme nicht zwingend zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums durch das SGB II erforderlich, wenn zudem beachtet wird, dass nach der Grundkonzeption des SGB II – vgl. § 7 Abs. 5 SGB II – regelmäßig ein ausbildungsgeprägter Bedarf ausgeschlossen ist.

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Hinzu kommt, dass ein derartiger Sonderbedarf zudem voraussetzt, dass auch keine sonstigen Einsparmöglichkeiten bestehen. Dies ist vorliegend nicht glaubhaft gemacht, denn die Mutter des Ast verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen, woraus ein Freibetrag von monatlich 280,00€ erwächst (Bescheid vom 11.1.2010), welcher gleichsam neben dem durch das SGB II zu gewährleistenden Grundsicherungsbedarf tatsächlich zur Verfügung steht. Insoweit ist aus Sicht des Gerichts hier zumutbar, die monatlichen Nachhilfekosten von 118,00€ aus diesem Betrag durch die Mutter im Rahmen ihrer elterlichen Sorge (§ 1626 BGB) für den Ast zu bestreiten, so dass auch insoweit noch keine das menschenwürdige Existenzminimum unterschreitende Bedarfsdeckung im Raum steht.

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dd. Ebenso kann hier dahinstehen, ob die begehrten Nachhilfekosten anstelle eines Sonderbedarfes im Rahmen der Leistungen zur Eingliederung gemäß §§ 16 ff. SGB II erbracht werden können. Die Erbringung derartiger Eingliederungsleistungen steht im pflichtgemäßen Ermessen der Ag. In den Fällen, bei denen die Verwaltung ein Ermessen hat, kommt eine einstweilige Anordnung indes lediglich bei einer Ermessenreduzierung auf Null in Betracht (vgl. nur Keller, in: Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b RdNr. 30a). Dies ist allein dann der Fall, wenn angesichts besonderer Umstände nur noch eine Entscheidung ermessensfehlerfrei und demgegenüber alle anderen Entscheidungen ermessensfehlerhaft wären. Hierfür sind jedoch – vgl. oben cc. – keine Anhaltspunkte ersichtlich.

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ee. Auch führt eine hier fehlende Beratung (§ 14 SGB I) des Ast durch die Ag nicht zu einem Anspruch auf den Sonderbedarf. Gleichwohl musste sich der Ag unter der Berücksichtigung, dass ein auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG geltend zu machender Sonderbedarf schon aufgrund seiner atypischen Ausgestaltung zusätzlich zu den im SGB II geregelten Leistungsarten einen erheblichen Beratungsbedarf mit sich bringt, aufdrängen, den Ast umfassend hinsichtlich der begehrten Nachhilfe (ggf. SGB VIII) zu beraten. Da zudem auch keine Anhaltspunkte aus dem Vorbringen der Beteiligten dafür zu entnehmen sind, die Kostenübernahme für den Nachhilfeunterricht etwa als Leistung zur Teilhabe (§ 4 SGB IX) einzuordnen, kommt auch eine vorläufige Verpflichtung der Ag infolge einer Nichtweiterleitung des Antrages (§ 14 SGB IX) nicht in Betracht.

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b. Daneben hat der Ast auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Ast und die mit ihm einer Bedarfsgemeinschaft lebende Mutter und Schwester erhalten insgesamt ausweislich des Bescheides vom 11.01.2010 derzeit im Monat März 2010 bei einem Gesamtbedarf von 1.538,67€ vorläufig Leistungen in Höhe von 317,59€. Zu beachten ist, dass die Ast – so wie im Verfahren S 7 AS 1073/10 ER vorgetragen – absehbar außerdem in eine deutlich kostengünstigere Unterkunft umziehen (tatsächliche KdU der gesamten Bedarfsgemeinschaft dann 505,00€ monatlich), wodurch Einsparungen entstehen (KdU derzeit 641,08€) und der Mutter des Ast unter Beachtung ihres Erwerbseinkommens derzeit ein Freibetrag von 280,00€ zuerkannt wird (Bescheid vom 11.01.2020), welcher gleichsam neben dem durch das SGB II zu gewährleistenden Grundsicherungsbedarf tatsächlich zur Verfügung steht. Zwar geht es bei den Leistungen nach dem SGB II regelmäßig um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927) ist es jedoch möglich, aufgrund der nicht vollständig zu klärenden Sach- und Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit einem Abschlag zuzusprechen, um eine Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden. Daraus ergibt sich, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dem Hilfebedürftigen zuzumuten, vorläufig und bis zu einer Entscheidung – hier über den Antrag vom 11.02.2010 – auf einen geringen Teil etwaiger Leistungen zu verzichten. Hieraus folgt umgekehrt, dass in den Fällen, in denen – so wie hier – zusätzliche und gesonderte Leistungen (Sonderbedarf) neben den aus Regelleistung (einschließlich etwaiger Mehrbedarfe) und KdU bestehenden SGB II – Leistungen im Streit stehen, weitere Umstände hinzukommen müssen, welche wesentliche Nachteile i.S.v. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu begründen vermögen. Vorliegend spricht außerdem gegen wesentliche Nachteile in diesem Sinne, dass die monatlich anfallenden Nachhilfekosten unter Berücksichtigung des aus dem Erwerbseinkommen der Mutter des Ast erwachsenden Freibetrages von 280,00€ – vgl. auch oben – jedenfalls vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufgebracht werden können, zumal dies dem Ast bzw. seiner Mutter auch in dem zurückliegendem Zeitraum seit Beginn der Nachhilfe im September 2009 trotz der bislang noch erhöhten KdU, welche der Ast bzw. die gesamte Bedarfsgemeinschaft ergänzend aus den ihn zur Verfügung stehenden Mitteln aufwenden musste, gelingt.

26

Nach alledem konnte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg haben und ist abzulehnen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.


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Sozialgericht Halle Beschluss, 19. März 2010 - S 7 AS 1072/10 ER zitiert 17 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


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Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 1 Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. (2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsber

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
Nachteile, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannten Gründe entstehen können, überwunden werden,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur

1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1.
die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,
2.
Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,
3.
die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder
4.
die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(2) Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele nach Maßgabe dieses Buches und der für die zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen Sozialleistungen erbracht. Die Leistungsträger erbringen die Leistungen im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalles so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden.

(3) Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Dabei werden Kinder mit Behinderungen alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.

(4) Leistungen für Mütter und Väter mit Behinderungen werden gewährt, um diese bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.