Sozialgericht Freiburg Urteil, 16. Dez. 2009 - S 12 SO 2258/07

bei uns veröffentlicht am16.12.2009

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Nachzahlung von Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für den Zeitraum vom 01.11.2002 bis 31.01.2004.
Die am ... geborene Klägerin bezog vom Beklagten für sich und ihren am ... geborenen Sohn Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG. Die Klägerin ging während des Hilfebezugs zeitweise einer Erwerbstätigkeit nach. Das Arbeitseinkommen wurde vom Beklagten bedarfsmindernd angerechnet.
Am 11.04.2002 teilte die Klägerin dem Beklagten telefonisch mit, dass sie seit 01.04.2002 als Reinigungskraft geringfügig beschäftigt sei. Der Beklagte rechnete daraufhin bei der Hilfegewährung ab 01.04.2002 das nach den Angaben der Klägerin erzielte Einkommen nach Vornahme einer Einkommensbereinigung an. Mit Schreiben vom 24.09.2002 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ihr Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber zum 27.09.2002 gekündigt worden sei. Aufgrund einer fehlerhaften EDV-Eingabe wurde in der Folgezeit weiterhin ein Erwerbseinkommen von 256,00 EUR berücksichtigt und der Klägerin eine geringere Hilfeleistung ausbezahlt.
Am 24.02.2004 teilte die Klägerin mit, dass sie wieder eine Stelle als Reinigungskraft mit einem Monatslohn von 93,00 EUR angenommen habe. Dabei wurde seitens des Beklagten die fehlerhafte Einkommensanrechnung bemerkt und ab 01.02.2004 korrigiert. Eine Korrektur und Nachzahlung für die Vergangenheit wurde nicht vorgenommen. Mit Schreiben vom 09.05.2004 bat die Klägerin um schriftliche Mitteilung, warum eine Nachzahlung für die Vergangenheit nicht möglich sei. Mit Schreiben vom 18.05.2004, welches keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass eine Nachzahlung von Sozialhilfeleistungen nicht in Betracht komme, da diese der gegenwärtigen Bedarfsdeckung dienen würden. Zudem hätte die Klägerin anhand der Folgebescheide den Fehler erkennen können und sei es ihr daher möglich gewesen, eine Korrektur vornehmen zu lassen.
Mit Schreiben vom 06.07.2006 stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Überprüfung der ergangenen Hilfebescheide nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Nachzahlung der Hilfeleistungen. Mit Schreiben vom 02.10.2006, welches keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, wies der Beklagte auf sein Schreiben vom 18.05.2004 hin und führte aus, dass diese Entscheidung nicht zu beanstanden sei, da Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG für vergangene Zeiträume nicht zu gewähren seien. Ein Anspruch auf Leistungen für eine früher gegebenen Notlage, die aber bereits anderweitig bewältigt wurde, bestehe nicht. Dabei handele es sich um ein Strukturprinzip der Sozialhilfegewährung und könnten die Bescheide daher nicht nach § 44 SGB X zurückgenommen werden. Unmaßgeblich sei, ob die fehlerhafte Gewährung auf ein Versäumnis des Sozialhilfeträgers oder des Sozialhilfeempfängers zurückzuführen sei. Die Entscheidung vom 18.04.2004 sei bestandskräftig; ein Anrecht auf eine neue Entscheidung bestünde nicht. Dagegen legte die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.01.2006 (gemeint ist wohl 18.01.200 7 ) Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007 zurückgewiesen wurde.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.04.2007, eingegangen beim Sozialgericht Freiburg am 19.04.2007, hat die Klägerin Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten gestellt.
Zur Begründung ihrer Klage führt sie aus, dass es sich entgegen der Auffassung des Beklagten bei dem Schreiben vom 02.10.2006 um einen Verwaltungsakt handele. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei § 44 SGB X auch auf Sozialhilfeleistungen anwendbar und habe sie daher einen Anspruch auf die nicht gewährten Leistungen. Soweit sich der Beklagte auf die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts berufe, wonach § 44 SGB X wegen des Strukturprinzips „keine Hilfe für die Vergangenheit“ im Sozialhilferecht nicht anwendbar sei, werde die Bedeutung von § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), wonach die sozialen Rechte möglichst weitgehend zu verwirklichen seien, verkannt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 02.10.2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2007 aufzuheben und ihr für den Zeitraum vom 01.11.2002 bis 31.01.2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG i.H.v. monatlich 149,93 EUR nachzubewilligen und an sie auszubezahlen.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung wird zunächst auf den Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007 verwiesen. Ergänzend wird nochmals ausgeführt, dass der Bescheid vom 18.05.2004, mit dem das Begehren der Klägerin abschlägig beschieden worden sei, bestandskräftig sei. Das Schreiben vom 02.10.2006 sei kein Verwaltungsakt. Zudem werde darauf verwiesen, dass § 44 SGB X auf BSHG-Leistungen nicht anwendbar sei.
13 
Mit Beschluss des Landessozialgerichts vom 07.01.2009 (Az. L 2 SO 4964/08 PKH-B) ist der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden.
14 
Mit Verfügung des Gerichts vom 15.06.2009 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung angehört worden. Mit Schriftsätzen vom 19.06.2009 und 25.06.2009 haben die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erteilt.
15 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Kammer konnte vorliegend gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erteilt haben.
17 
Die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 56 SGG erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Hilfebescheide und Nachzahlung der nicht geleisteten Sozialhilfe. Die Ablehnung der Rücknahme der Bescheide vom 03.12.2002, 07.07.2003 und 27.11.2003 durch den Bescheid des Beklagten vom 02.10.2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1.
18 
Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei dem Bescheid vom 02.10.2006 um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Satz 1 SGB X. Der Bescheid erschöpft sich nicht in einem reinen Hinweis auf das Schreiben vom 18.05.2004 im Sinne einer wiederholenden Verfügung, sondern trifft eine (erneute) ablehnende Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Überprüfung der Hilfebescheide vom 03.12.2002, 07.07.2003 und 27.11.2003 und hat daher Regelungscharakter i.S.v. § 31 Satz 1 SGB X. Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 Bürgerliches GesetzbuchBGB –) können die Ausführungen des Beklagten im hier angefochtenen Bescheid vom 02.10.2006 nur so verstanden werden, dass er eine Prüfung und Ablehnung des Überprüfungsantrags vorgenommen hat. Denn anders als in dem Schreiben vom 18.05.2004 hat der Beklagte hier eine rechtliche Prüfung des Überprüfungsbegehrens der Klägerin an der Vorschrift des § 44 SGB X vorgenommen und Ausführungen dazu gemacht, warum nach seiner Auffassung eine Überprüfung bestandskräftiger BSHG-Entscheidungen nicht in Betracht zu ziehen ist. Dagegen beschränkt sich das Schreiben vom 18.05.2004 darauf, dass keine Nachzahlung erfolgen werde. Daraus, dass der Bescheid vom 02.10.2006 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, sind keine gegenteiligen Schlüsse zu ziehen. Denn wie aus § 66 SGG folgt, stellt eine Rechtsbehelfsbelehrung kein konstituierendes Merkmal eines Verwaltungsakts dar.
2.
19 
Die Klage ist aber unbegründet.
20 
Unstreitig hat die Klägerin im Zeitraum vom 01.11.2002 bis 31.01.2004 durch die fehlerhafte Anrechnung des zuvor erzielten Erwerbseinkommens weniger Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG erhalten, als ihr nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zugestanden haben. Die diesbezüglich ergangenen Hilfebescheide sind rechtswidrig.
21 
Die Überprüfung und ggf. Aufhebung rechtswidriger Bescheide ist in § 44 SGB X geregelt. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung u.a. für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Rücknahme steht dabei nicht im Ermessen der Behörde, sondern hat als gebundene Entscheidung zu ergehen.
22 
Vorliegend lässt die Kammer offen, ob § 44 SGB X auf Bescheide zur Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG Anwendung findet. Denn selbst, wenn Hilfebescheide nach dem BSHG einer nachträglichen Überprüfung i.S.v. § 44 SGB X unterzogen werden können (str., verneinend st. Rspr. des BVerwG, vgl. nur Urt. v. 15.12.1983, BVerwGE 68, 285 ff. und Urt. v. 13.11.2003, FEVS 55, 320 ff.; auch LSG Bad.-Württ., v. 28.06.2007 – L 7 SO 5884/06 –, zit. in Juris; bejahend BSG, Urt. v. 26.08.2008, FEVS 60, 350 ff. und Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 16/08 R -, zit. in Juris), steht der Klägerin vorliegend kein Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Hilfebescheide und Nachzahlung des zu Unrecht nicht gewährten Betrages zu.
23 
Denn bei der Frage, in welchem Umfang die bestandskräftigen Hilfebescheide des Beklagten zurückzunehmen und die nicht gewährten Sozialhilfeleistungen nachzuzahlen sind, ist den Besonderheiten des Sozialhilferechts Rechnung zu tragen (vgl. BSG, Urt. v. 17.06.2008 – B 8 AY 5/07 R –, zit. in Juris; Urt. v. 26.08.2008, a.a.O. und Urt. v. 29.09.2009, a.a.O., m.w.N.; Hauck/Noftz, SGB X, K § 44 Rn. 40). § 44 SGB X stellt keine Entschädigungsregelung für rechtswidriges behördliches Handeln dar, sondern soll den Bürger so stellen, als hätte die Behörde von Anfang an rechtmäßig gehandelt (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009, a.a.O.). Die Berücksichtigung des materiellen Rechts im Rahmen des § 44 SGB X bedeutet vorliegend also, dass eine Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide und Nachzahlung der Sozialhilfeleistungen nur dann in Betracht kommt, wenn der Bedarf weiterhin vorhanden ist. Bedarfe, die nicht mehr vorhanden sind, sind auch nicht mehr nachträglich zu decken (so ausdr. BSG, Urt. v. 26.08.2008 und Urt. v. 29.09.2009, a.a.O.). Anders als bei Sozialleistungen, die als Pauschalen gewährt werden und daher nicht nur ein gegenwärtiges, sondern auch zukunftsorientiertes Haushalten von den Hilfeempfängern erfordern, war die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG ausweislich der Regelung in § 5 BSHG auf eine aktuelle Bedarfsdeckung, orientiert an einem gegenwärtigen konkreten Hilfebedarf , gerichtet und nicht als nachträgliche Geldleistung ausgestattet (dazu BVerfG, Beschl. v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, zit. in Juris). § 3 Abs. 1 BSHG führte ausdrücklich aus, dass sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen richtet. Das sozialhilferechtliche Individualisierungsprinzip und das Bedarfsdeckungsprinzip des BSHG muss daher auch bei der Frage der nachträglichen Hilfegewährung Berücksichtigung finden. Ist der Bedarf zwischenzeitlich gedeckt worden ohne dass andere Bedarfe entstanden sind, so fehlt es nunmehr an einem konkreten Hilfebedarf, der noch zu decken ist (BSG, Urt. v. 29.09.2009 mit Hinweis auf die st. Rspr. des BVerwG). Vorliegend hat die Klägerin nicht geltend gemacht und ist auch nicht erkennbar, dass noch ein ungedeckter Hilfebedarf bezüglich des Zeitraums vom 01.11.2002 bis 31.01.2004 besteht. Vielmehr scheint die Klägerin ihren und den Bedarf ihres Sohnes anderweitig gedeckt zu haben. Ein noch offener Bedarf kann nach Auffassung der Kammer nicht schon deshalb unterstellt werden, weil sich die Klägerin möglicherweise noch immer im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) befindet. Denn anders als bei pauschalierten Leistungen nach dem SGB XII oder SGB II, die, ohne dass ein Bedarf in der pauschal gewährten Höhe besteht oder nachzuweisen ist, gewährt werden und daher bei fortdauernder Bedürftigkeit im Rahmen von § 44 Abs. 4 SGB X nachzuzahlen sind (vgl. dazu BSG, Urt. v. 29.09.2009, a.a.O.), können Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG aufgrund ihrer Rechtsnatur als Hilfe zur Deckung eines konkreten und gegenwärtigen Bedarfs dann nicht mehr gewährt werden, wenn dieser bereits gedeckt worden ist. Der auch gegenwärtige Bezug von Sozialleistungen ist für den Fortbestand eines Bedarfs in der Vergangenheit kein Indiz. Soweit die Klägerin pauschal im Schreiben vom 06.07.2006 vorträgt, private Schulden gemacht zu haben und eine Arbeitsstelle wegen der Fahrtkosten nicht angetreten zu haben, kann ein offener Bedarf nicht angenommen werden. Die Klägerin hat diesen Vortrag durch nichts untermauert und auch keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Schulden noch bestehen oder durch einen weiteren Bedarfsanfall wieder beglichen worden sind. Dass die nicht gewährten Sozialhilfeleistungen kausal für den Nichtantritt einer Arbeitsstelle gewesen sein sollen, ist durch nichts belegt und kann auch nicht erkannt werden.
24 
Mangels offenen Hilfebedarfs für den hier streitgegenständlichen Zeitraum hat die Klägerin daher keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten zur Rücknahme der Hilfebescheide und Nachzahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt.
25 
Die Klage ist daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Gründe

 
16 
Die Kammer konnte vorliegend gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erteilt haben.
17 
Die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 56 SGG erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Hilfebescheide und Nachzahlung der nicht geleisteten Sozialhilfe. Die Ablehnung der Rücknahme der Bescheide vom 03.12.2002, 07.07.2003 und 27.11.2003 durch den Bescheid des Beklagten vom 02.10.2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1.
18 
Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei dem Bescheid vom 02.10.2006 um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Satz 1 SGB X. Der Bescheid erschöpft sich nicht in einem reinen Hinweis auf das Schreiben vom 18.05.2004 im Sinne einer wiederholenden Verfügung, sondern trifft eine (erneute) ablehnende Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Überprüfung der Hilfebescheide vom 03.12.2002, 07.07.2003 und 27.11.2003 und hat daher Regelungscharakter i.S.v. § 31 Satz 1 SGB X. Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 Bürgerliches GesetzbuchBGB –) können die Ausführungen des Beklagten im hier angefochtenen Bescheid vom 02.10.2006 nur so verstanden werden, dass er eine Prüfung und Ablehnung des Überprüfungsantrags vorgenommen hat. Denn anders als in dem Schreiben vom 18.05.2004 hat der Beklagte hier eine rechtliche Prüfung des Überprüfungsbegehrens der Klägerin an der Vorschrift des § 44 SGB X vorgenommen und Ausführungen dazu gemacht, warum nach seiner Auffassung eine Überprüfung bestandskräftiger BSHG-Entscheidungen nicht in Betracht zu ziehen ist. Dagegen beschränkt sich das Schreiben vom 18.05.2004 darauf, dass keine Nachzahlung erfolgen werde. Daraus, dass der Bescheid vom 02.10.2006 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, sind keine gegenteiligen Schlüsse zu ziehen. Denn wie aus § 66 SGG folgt, stellt eine Rechtsbehelfsbelehrung kein konstituierendes Merkmal eines Verwaltungsakts dar.
2.
19 
Die Klage ist aber unbegründet.
20 
Unstreitig hat die Klägerin im Zeitraum vom 01.11.2002 bis 31.01.2004 durch die fehlerhafte Anrechnung des zuvor erzielten Erwerbseinkommens weniger Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG erhalten, als ihr nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zugestanden haben. Die diesbezüglich ergangenen Hilfebescheide sind rechtswidrig.
21 
Die Überprüfung und ggf. Aufhebung rechtswidriger Bescheide ist in § 44 SGB X geregelt. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung u.a. für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Rücknahme steht dabei nicht im Ermessen der Behörde, sondern hat als gebundene Entscheidung zu ergehen.
22 
Vorliegend lässt die Kammer offen, ob § 44 SGB X auf Bescheide zur Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG Anwendung findet. Denn selbst, wenn Hilfebescheide nach dem BSHG einer nachträglichen Überprüfung i.S.v. § 44 SGB X unterzogen werden können (str., verneinend st. Rspr. des BVerwG, vgl. nur Urt. v. 15.12.1983, BVerwGE 68, 285 ff. und Urt. v. 13.11.2003, FEVS 55, 320 ff.; auch LSG Bad.-Württ., v. 28.06.2007 – L 7 SO 5884/06 –, zit. in Juris; bejahend BSG, Urt. v. 26.08.2008, FEVS 60, 350 ff. und Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 16/08 R -, zit. in Juris), steht der Klägerin vorliegend kein Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Hilfebescheide und Nachzahlung des zu Unrecht nicht gewährten Betrages zu.
23 
Denn bei der Frage, in welchem Umfang die bestandskräftigen Hilfebescheide des Beklagten zurückzunehmen und die nicht gewährten Sozialhilfeleistungen nachzuzahlen sind, ist den Besonderheiten des Sozialhilferechts Rechnung zu tragen (vgl. BSG, Urt. v. 17.06.2008 – B 8 AY 5/07 R –, zit. in Juris; Urt. v. 26.08.2008, a.a.O. und Urt. v. 29.09.2009, a.a.O., m.w.N.; Hauck/Noftz, SGB X, K § 44 Rn. 40). § 44 SGB X stellt keine Entschädigungsregelung für rechtswidriges behördliches Handeln dar, sondern soll den Bürger so stellen, als hätte die Behörde von Anfang an rechtmäßig gehandelt (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009, a.a.O.). Die Berücksichtigung des materiellen Rechts im Rahmen des § 44 SGB X bedeutet vorliegend also, dass eine Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide und Nachzahlung der Sozialhilfeleistungen nur dann in Betracht kommt, wenn der Bedarf weiterhin vorhanden ist. Bedarfe, die nicht mehr vorhanden sind, sind auch nicht mehr nachträglich zu decken (so ausdr. BSG, Urt. v. 26.08.2008 und Urt. v. 29.09.2009, a.a.O.). Anders als bei Sozialleistungen, die als Pauschalen gewährt werden und daher nicht nur ein gegenwärtiges, sondern auch zukunftsorientiertes Haushalten von den Hilfeempfängern erfordern, war die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG ausweislich der Regelung in § 5 BSHG auf eine aktuelle Bedarfsdeckung, orientiert an einem gegenwärtigen konkreten Hilfebedarf , gerichtet und nicht als nachträgliche Geldleistung ausgestattet (dazu BVerfG, Beschl. v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, zit. in Juris). § 3 Abs. 1 BSHG führte ausdrücklich aus, dass sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen richtet. Das sozialhilferechtliche Individualisierungsprinzip und das Bedarfsdeckungsprinzip des BSHG muss daher auch bei der Frage der nachträglichen Hilfegewährung Berücksichtigung finden. Ist der Bedarf zwischenzeitlich gedeckt worden ohne dass andere Bedarfe entstanden sind, so fehlt es nunmehr an einem konkreten Hilfebedarf, der noch zu decken ist (BSG, Urt. v. 29.09.2009 mit Hinweis auf die st. Rspr. des BVerwG). Vorliegend hat die Klägerin nicht geltend gemacht und ist auch nicht erkennbar, dass noch ein ungedeckter Hilfebedarf bezüglich des Zeitraums vom 01.11.2002 bis 31.01.2004 besteht. Vielmehr scheint die Klägerin ihren und den Bedarf ihres Sohnes anderweitig gedeckt zu haben. Ein noch offener Bedarf kann nach Auffassung der Kammer nicht schon deshalb unterstellt werden, weil sich die Klägerin möglicherweise noch immer im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) befindet. Denn anders als bei pauschalierten Leistungen nach dem SGB XII oder SGB II, die, ohne dass ein Bedarf in der pauschal gewährten Höhe besteht oder nachzuweisen ist, gewährt werden und daher bei fortdauernder Bedürftigkeit im Rahmen von § 44 Abs. 4 SGB X nachzuzahlen sind (vgl. dazu BSG, Urt. v. 29.09.2009, a.a.O.), können Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG aufgrund ihrer Rechtsnatur als Hilfe zur Deckung eines konkreten und gegenwärtigen Bedarfs dann nicht mehr gewährt werden, wenn dieser bereits gedeckt worden ist. Der auch gegenwärtige Bezug von Sozialleistungen ist für den Fortbestand eines Bedarfs in der Vergangenheit kein Indiz. Soweit die Klägerin pauschal im Schreiben vom 06.07.2006 vorträgt, private Schulden gemacht zu haben und eine Arbeitsstelle wegen der Fahrtkosten nicht angetreten zu haben, kann ein offener Bedarf nicht angenommen werden. Die Klägerin hat diesen Vortrag durch nichts untermauert und auch keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Schulden noch bestehen oder durch einen weiteren Bedarfsanfall wieder beglichen worden sind. Dass die nicht gewährten Sozialhilfeleistungen kausal für den Nichtantritt einer Arbeitsstelle gewesen sein sollen, ist durch nichts belegt und kann auch nicht erkannt werden.
24 
Mangels offenen Hilfebedarfs für den hier streitgegenständlichen Zeitraum hat die Klägerin daher keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten zur Rücknahme der Hilfebescheide und Nachzahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt.
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Die Klage ist daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1  Der Kläger begehrt die Überprüfung

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

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Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Überprüfung bestandskräftiger Bewilligungsbescheide über Leistungen der Grundsicherung für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004.
Der am … 1933 geborene Kläger schloss mit Wirkung vom 1. März 1996 einen Mietvertrag über die Wohnung H.weg, S.. Die monatliche Kaltmiete für die Wohnung betrug 750,- DM zuzüglich 50,- DM für einen Tiefgaragenstellplatz sowie 100,- DM für sonstige Betriebskostenvorauszahlungen, insgesamt also 900,- DM. Die Monatsmiete erhöhte sich nach dem Mietvertrag jeweils zum 1. März eines jeden Jahres um 10,- DM.
Mit Schreiben vom 5. März 1996, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass 800,- DM Kaltmiete (keine Staffelmiete) und die nachgewiesenen Heizkosten (monatliche Vorauszahlungen und einmal jährliche Abrechnung) anerkannt würden. Ansonsten würden keine Nebenkosten übernommen. Einwände hiergegen hatte der Kläger nach dem Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten nicht geltend gemacht.
In der Folgezeit gewährte die Beklagte dem Kläger Sozialhilfe als laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Dabei wurden bei der Bedarfsberechnung jeweils 800,- DM, bzw. 409,03 EUR als Kosten der Unterkunft (KdU) berücksichtigt sowie Heizkosten in Höhe von zuletzt 109,- EUR. Über die Höhe der laufenden Leistungen ab dem Umzug in die neue Wohnung hatte die Beklagte mit Bescheiden vom 19. Februar und 15. Mai 1996, 2. Juli und 12. Dezember 1996, 20. Januar, 17. Juni und 18. September 1997, 22. Januar 1998, Juni 1998, 22. September und 2. November 1998, Juni 1999, 2. Juli und 21. September 1999, 3. und 13. Juli, 19. September und 19. Oktober 2000, 14. Februar, 29. Juni und 5. September 2001, 7. Januar, 14. Februar, 18. Juni, 20. August und 18. September 2002 entschieden.
In der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund der Bescheide vom 21. Januar, 2. Juli und 10. September 2003 und vom 24. März, 14. Juni und 7. Oktober 2004 Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz ). Dabei wurden jeweils - aufgrund einer von der Beklagten unter dem 23. Dezember 2002 erfolgten - Prüfung der angemessenen Unterkunftskosten - Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 403,98 EUR berücksichtigt, die sich zusammensetzten aus 340,65 EUR Kaltmiete (45 qm angemessener Wohnraum x 7,57 EUR Quadratmetermietpreis) und 63,33 Euro Nebenkosten; zusätzlich wurden jeweils Heizkosten in Höhe von 108 bzw. 109 EUR berücksichtigt.
Außerdem bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 mit Bescheiden vom 21. Januar, 2. Juli und 10. September 2003 und vom 24. März, 14. Juni und 7. Oktober 2004 aufstockende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), weiterhin unter Anrechnung der Mietkosten (in bisheriger Höhe von 409,03 EUR) und unter Anrechnung der im gleichen Zeitraum bezogenen Grundsicherungsleistungen als Einkommen. Die Bescheide enthielten jeweils eine Rechtsbehelfsbelehrung; Widerspruch dagegen wurde nicht erhoben; der Kläger gab lediglich bei den jeweiligen Weiterbewilligungsanträgen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft an.
 
Seit dem 1. Januar 2005 bezieht der Kläger Leistungen der Grundsicherung nach dem vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Mit Bescheid vom 11. April 2005 bewilligte die Beklagte zunächst ab 1. Januar 2005 die Mietkosten in tatsächlicher Höhe. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch u.a. mit der Begründung, der Ansatz, die Miete für die Wohnung Haselnussweg 12 „richtig" zu bewilligen, müsse bis in den Februar 1996 zurück vorgenommen werden. Er habe die Beklagte mindestens einmal jährlich darauf hingewiesen, dass seine tatsächliche Miete 460,16 EUR betrage. Da bei der Berechnung nur 403,98 EUR zugrunde gelegt worden seien, ergebe sich eine Differenz in Höhe von 56,18 EUR monatlich. Für die Zeit vom Februar 1996 bis 31. Dezember 2004 stünden ihm daher noch Leistungen in Höhe von insgesamt 6 011,24 EUR zu.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2004 beantragte der Kläger die Überprüfung der früheren Bewilligungen nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2005 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen die vor dem 1. Januar 2005 ergangenen Bescheide als unzulässig, weil verfristet, da diese Bewilligungsbescheide bestandskräftig geworden seien. Die hiergegen am 12. Juli 2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene „Untätigkeitsklage" (S 15 SO 4254/05) erklärte der Kläger am 14. März 2006 für erledigt.
10 
Mit Bescheid vom 22. September 2005 lehnte die Beklagte die Nachzahlung von Sozialhilfe- und Grundsicherungsleistungen für die Zeit von Februar 1996 bis 31. Dezember 2004 ab. Bereits mit Bescheid vom 5. März 1996 sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass lediglich Mietkosten in Höhe von 800,- DM (keine Staffelmiete) und in Höhe der nachgewiesenen Heizkosten übernommen würden. Dies habe der Kläger in der Vergangenheit auch akzeptiert. Der Kläger habe auch keinen Widerspruch gegen die Bewilligungsbescheide über Sozialhilfe und Grundsicherungsleistungen eingelegt. Die Bescheide seien daher bestandskräftig geworden. § 44 SGB X sei für den Bereich der Sozialhilfe nicht anwendbar. Das sich aus § 5 BSHG ergebende Strukturprinzip der Sozialhilfe, wonach diese nicht für die Vergangenheit zu gewähren sei, stehe der Anwendung des § 44 SGB X entgegen. Dies gelte sinngemäß auch für die seit 1. Januar 2003 gewährte Grundsicherung nach dem GSiG, die wie die Sozialhilfe eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes darstelle. Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, eine Berufung auf bestandskräftige Bescheide sei nach § 44 SGB X rechtswidrig, wenn diesen der falsche Sachverhalt zugrunde liege wie in seinem Fall. Er habe jeden Monat 900,- DM an Miete zahlen müssen und dies auch in jedem Weitergewährungsantrag angegeben. Dieser „Widerspruch" sei aber von der Beklagten ignoriert worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gegen die Bewilligungsbescheide für die Zeit von Februar 1996 bis 31. Dezember 2004 sei nie Widerspruch eingelegt worden; § 44 SGB X finde aus den im Ausgangsbescheid genannten Gründen keine Anwendung.
11 
Am 14. Dezember 2005 hat der Kläger Klage beim SG erhoben und im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat er ausgeführt, die Bewilligung der Unterkunftskosten in niedrigerer als tatsächlicher Höhe habe dazu geführt, dass er seinen Regelsatz habe einsetzen müssen, so dass faktisch eine Verkürzung seiner Möglichkeiten eingetreten sei, sich ausreichend zu ernähren. Wegen „illegaler Methoden der Beklagten" und § 44 SGB X seien die früheren Bewilligungsbescheide nicht bestandskräftig geworden. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger die Klage auf die Zeit ab 1. Januar 2003 beschränkt.
12 
Durch Urteil vom 27. September 2006 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Kläger könne nicht die Überprüfung und Abänderung der Bewilligungsbescheide über Sozialhilfe- und Grundsicherungsleistungen in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 verlangen. Diese Bescheide seien bestandskräftig geworden, da der Kläger hiergegen nicht Widerspruch erhoben habe. Soweit der Kläger auf seine jeweiligen Angaben zu den tatsächlichen Mietkosten in diversen Weitergewährungsanträgen verweise, sei darin keine Widerspruchserhebung zu sehen. Ein Widerspruch könne sich nur gegen einen bereits erlassenen Verwaltungsakt richten und es müsse deutlich werden, dass der Betroffene mit der darin getroffenen Regelung nicht einverstanden sei und eine Überprüfung wünsche. Ein solcher Erklärungswert könne den Angaben zu den tatsächlichen Umständen im Vorfeld eines Bewilligungsbescheids nicht beigemessen werden.
13 
Eine Lösung von den somit bestandskräftigen Bescheiden zugunsten des Klägers komme nur nach § 44 SGB X in Betracht. Die Vorschrift sei jedoch auf die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG, welche der Zeit in diesem Zeitraum aufstockend zu den Leistungen nach dem GSiG, bezogen habe, nicht anwendbar. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe unter Hinweis auf die besonderen Strukturprinzipien der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG die Anwendung des § 44 SGB X auf diese Leistungen in ständiger Rechtsprechung verneint. Danach setze die Gewährung von Sozialhilfe voraus, dass ein aktueller Bedarf, den zu decken die Leistung bestimmt sei, bestehe. Habe ein Bedarf in der Vergangenheit bestanden, bestehe er aber aktuell nicht mehr, fehle es an einer für den Sozialhilfeanspruch wesentlichen Anspruchsvoraussetzung. Nur in Ausnahmefällen habe die Sozialhilfe trotz nicht mehr fortbestehenden Bedarfes noch gewährt werden können. Eines aktuellen Bedarfs habe es nicht bedurft, wenn dieser in Eilfällen vor der Entscheidung des Sozialhilfeträgers bereits gedeckt worden sei oder bei laufenden Rechtsbehelfsverfahren. Beide Ausnahmefälle lägen im Fall des § 44 SGB X nicht vor. § 44 Abs. l und Abs. 4 SGB X fänden aber nur Anwendung, wenn und soweit auch zur Zeit der Rücknahme nach § 44 Abs. l und der Leistungserbringung nach Absatz 4 ein Anspruch auf Sozialleistungen nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuches noch bestehe. Daran fehle es aber hinsichtlich der Sozialhilfe als Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Kläger habe selbst ausgeführt, die nicht übernommenen Kosten der Unterkunft durch Einsparungen aus seinem Regelsatz bestritten zu haben. Damit habe er den behaupteten Bedarf selbst gedeckt. Der Bedarf bestehe also nicht mehr fort. Für die bezogene Sozialhilfe nach dem BSHG finde § 44 SGB X damit nach der Rechtsprechung des BVerwG, welcher sich das Gericht anschließe, keine Anwendung.
14 
Ob die Nichtanwendbarkeit des § 44 SGB X auch für Ansprüche nach dem vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 geltenden GSiG gelte, sei in der Rechtsprechung des BVerwG nicht entschieden worden. In neueren Entscheidungen würden beide Auffassungen vertreten. Nach Auffassung des Gericht sei § 44 SGB X auch auf die Leistungen nach dem GSiG unanwendbar, da auch diese - wie die Sozialhilfe - zunächst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes darstellten. Die Bedeutung eines bestehenden Bedarfes zeige sich auch an der Aufzählung der einzelnen Bedarfsposten in § 3 GSiG. Gerade bei den in aller Regel monatlich bestehenden Bedarfslagen wie der hier streitigen Kosten der Unterkunft könne das Gericht keinen wesentlichen Unterschied zur Sozialhilfe erkennen. Eine bedarfsunabhängige Leistungsgewährung werde gerade nicht normiert. Auch werde vorausgesetzt, dass der Bedarf nicht auf andere Weise gedeckt werden könne. Die Bedürftigkeit hinsichtlich des jeweiligen Bedarfs sei somit ebenfalls Voraussetzung. Gerade weil gegebenenfalls nicht von der Grundsicherung gedeckte, also darüber hinausgehende Bedarfe über die Sozialhilfe abgedeckt würden, zeige dies, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Grundsicherung im Überdeckungsbereich die Funktion der Sozialhilfe übernehmen solle. Dann könne aber hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens des konkreten Bedarfes und seiner zwischenzeitlichen Deckung kein Unterschied bestehen. Ziel des GSiG sei es gewesen, alte Menschen aus der verdeckten Armut herauszubringen, sie ein Stück weit von der Sozialhilfe unabhängig zu machen. Dem sei aber nicht zu entnehmen, dass nun Leistungen zum Lebensunterhalt gewährt werden sollten, die den Strukturprinzipien der Sozialhilfe zuwiderliefen. Nicht verzichtet werden könne dabei auf das tatsächliche Bestehen eines Bedarfes zumindest in dem Sinne, dass ein Anspruch nicht bestehe, wenn der Bedarf auf andere Weise gedeckt werde. Die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG durch Dauerverwaltungsakt bedeute nicht, dass auf ein Fortbestehen des Bedarfes verzichtet werde. Entfalle der Bedarf, sei die Bewilligung aufzuheben. Eine rückwirkende Gewährung sehe der Gesetzgeber im GSiG auch nur in einem Einzelfall vor, soweit nämlich auf den Ersten des Antragsmonats zurückzugehen sei. Gerade bei monatlichen Bedarfslagen wie den hier streitigen Kosten der Unterkunft bestehe daher kein wesentlicher Unterschied zur Sozialhilfe. Auch die Leistungen nach dem GSiG seien demnach - unabhängig von der Bewilligungsdauer - wie die Sozialhilfe kein rentengleiches, also bedarfsunabhängiges Dauerrecht.
15 
Gegen das am 10. Oktober 2006 seinem Prozessbevollmächtigen zustellte Urteil hat der Kläger am 31. Oktober 2006 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, § 44 SGB X sei auf Leistungen nach dem GSiG anwendbar.
16 
Im Prozesskostenhilfeverfahren hat der Senat dem Kläger durch Beschluss vom 10. Januar 2007 (L 7 SO 5928/06 PKH-A) Prozesskostenhilfe für das vorliegende Berufungsverfahren ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt, soweit die Rechtsverfolgung die Überprüfung von Leistungsbescheiden betrifft, die auf der Grundlage des GSiG im Zeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 ergangen sind. Im Übrigen, also bezüglich der Überprüfung von Bewilligungsbescheiden, die auf der Grundlage des BSHG ergangen sind, wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2005 zu verurteilen, dem Kläger unter Abänderung der entgegenstehenden Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kaltmiete zu gewähren.
19 
Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie hält das ergangene Urteil für richtig.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Akten des SG und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgerichtsgesetz). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen.
24 
Der Kläger kann nicht die Überprüfung der im streitbefangenen Zeitraum (1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004) ergangenen Bescheide über Grundsicherungsleistungen nach § 44 SGB X verlangen, da das 1. Kapitel des SGB X in Grundsicherungsangelegenheiten nach dem GSiG mit Blick auf § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht anwendbar ist.
25 
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird (Satz 1). Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären (Satz 2).
26 
Vorliegend fehlt es an einer Regelung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X, durch die das SGB X für die Durchführung des GSiG für anwendbar erklärt wird. Einer solchen Regelung hätte es aber bedurft, weil das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310 ff.) erst zum 1. Januar 2003, also nach Inkrafttreten des SGB X (am 1. Januar 1981) Bestandteil des Sozialgesetzbuchs geworden ist (ebenso VG Sigmaringen, Urteil vom 18. März 2004 - 1 K 2386/03 - ; Renn in Lehr- und Praxiskommentar , 1. Auflage 2003, Anhang 1 Rdnr. 4; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2006 - L 20 SO 20/06 -, Breithaupt 2007, 349).
27 
Die Gegenauffassung, wonach eine solche Regelung verzichtbar war, weil das Grundsicherungsrecht nicht ein besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs sei, welcher nach In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden ist, sondern eine besondere Form der Hilfe zum Lebensunterhalt i.S. des § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) darstelle und damit wie die übrigen in §§ 3-10 SGB I aufgeführten Sozialleistungen schon vor In-Kraft-Treten des SGB X, nämlich seit dem In-Kraft-Treten des SGB I am 1. Januar 1976, Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden sei (so SG Aachen, Urteile 6. Juli 2006 - S 20 SO 34/06 - und vom 29. September 2006 - S 19 SO 4/06 -), vermag nicht zu überzeugen.
28 
Die mit „Sozialhilfe“ überschriebene Vorschrift des § 9 SGB I in der Fassung vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015) sichert zwar jedem, der nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen, und auch von anderer Seite keine ausreichende Hilfe erhält, ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfe zu, die seinem besonderen Bedarf entspricht, ihn zur Selbsthilfe befähigt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht und die Führung eines menschenwürdigen Lebens sichert. Dass vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift aber auch Leistungen der Grundsicherung erfasst waren, lässt sich indessen schon deswegen kaum vertreten, weil solche Leistungen erstmals mit Wirkung vom 1. Januar 2003 kodifiziert wurden und vom Gesetzgeber zudem - in Abgrenzung von den Leistungen des BSHG - ausdrücklich als eigenständige soziale Leistungen konzipiert wurden (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 14/5150 S. 48 f. zu § 1). Die Sonderstellung der Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG macht auch die - zeitgleich mit Inkrafttreten des GSiG - in das SGB I eingefügte Bestimmung des § 28a deutlich, welche die Leistungen der Grundsicherung explizit aufführt. Für die Schaffung dieser Vorschrift hätte kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestanden, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem Willen des Gesetzgebers bereits zuvor unter dem Titel „Sozialhilfe“ (§ 9 SGB I) bzw. von den „Leistungen der Sozialhilfe“ (§ 28 SGB I) erfasst gewesen wären; Letzteres erfolgte erst durch Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3022) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 mit Einfügung der Nr. 1a in § 28 Abs. 1 SGB I (vgl. auch § 8 Nr. 2 SGB XII in der aktuellen Fassung).
29 
Waren somit die Leistungen nach dem GSiG nicht Bestandteil der Sozialhilfe, die schon bei In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches war, sondern wurden sie dies über die Fiktion des § 68 Nr. 18 SGB I (erst) mit Wirkung vom 1. Januar 2003, so bedurfte es wegen der (föderalen) Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X einer besonderen Anwendungsbestimmung, die aber im GSiG weder bei dessen Inkrafttreten noch bis zu dessen Außerkrafttreten realisiert wurde.
30 
Damit scheidet die Anwendung des 1. Kapitels des SGB X - und damit auch des § 44 SGB X - bereits aus diesem formalen Grund aus, unabhängig davon, ob es sich bei Leistungen nach dem GSiG - im Gegensatz zu denen nach dem BSHG - um Sozialleistungen i.S.d. § 44 SGB X handelt (so Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. April 2005 -12 ZB 05.262 - FEVS 56, 574; SG Aachen, a.a.O.).
31 
Der Kläger kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der - damit anwendbaren - Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes Baden-Württemberg (LVwVfG) die Überprüfung der im Bedarfszeitraum 2003-2004 ergangenen Grundsicherungsbescheide mit dem Ziel der Nachgewährung (angeblich) zu Unrecht vorenthaltener höherer Leistungen der Unterkunft verlangen. Die Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens (§ 51 Abs. 1 LVwVfG) liegen nicht vor, und über die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann der Kläger selbst unter der Annahme, in den ergangenen Bewilligungsbescheiden lägen zugleich belastende Bescheide, keine höheren Leistungen verlangen. Zudem müsste er sich bei der begehrten Nachgewährung höherer Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem GSiG zum jetzigen Zeitpunkt wohl auch die zwischenzeitlich eingetretene Bedarfsdeckung entgegenhalten lassen. Denn offenbar sind keine offenen Mietrückstände oder sonstige Schulden vorhanden; vielmehr hat der Kläger nach eigenem Vorbringen seine höheren Mietaufwendungen anderweitig gedeckt.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
33 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Frage der Anwendbarkeit des § 44 SGB X auf Leistungen nach dem GSiG keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne eines allgemeinen Interesses der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts zu. Die maßgeblichen Vorschriften des GSiG sind mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten und es ist nicht erkennbar, dass noch eine erhebliche Zahl von Fällen zu entscheiden ist, in denen es hierauf ankommt (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 19; BVerwG Buchholz 310 § 132 Nr. 129, 132, 144; vgl. auch Meyer-Ladewig in ders./Keller/ Leitherer, SGG 8. Aufl., § 160 Rdnr. 7b).

Gründe

 
23 
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgerichtsgesetz). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen.
24 
Der Kläger kann nicht die Überprüfung der im streitbefangenen Zeitraum (1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004) ergangenen Bescheide über Grundsicherungsleistungen nach § 44 SGB X verlangen, da das 1. Kapitel des SGB X in Grundsicherungsangelegenheiten nach dem GSiG mit Blick auf § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht anwendbar ist.
25 
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird (Satz 1). Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären (Satz 2).
26 
Vorliegend fehlt es an einer Regelung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X, durch die das SGB X für die Durchführung des GSiG für anwendbar erklärt wird. Einer solchen Regelung hätte es aber bedurft, weil das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310 ff.) erst zum 1. Januar 2003, also nach Inkrafttreten des SGB X (am 1. Januar 1981) Bestandteil des Sozialgesetzbuchs geworden ist (ebenso VG Sigmaringen, Urteil vom 18. März 2004 - 1 K 2386/03 - ; Renn in Lehr- und Praxiskommentar , 1. Auflage 2003, Anhang 1 Rdnr. 4; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2006 - L 20 SO 20/06 -, Breithaupt 2007, 349).
27 
Die Gegenauffassung, wonach eine solche Regelung verzichtbar war, weil das Grundsicherungsrecht nicht ein besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs sei, welcher nach In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden ist, sondern eine besondere Form der Hilfe zum Lebensunterhalt i.S. des § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) darstelle und damit wie die übrigen in §§ 3-10 SGB I aufgeführten Sozialleistungen schon vor In-Kraft-Treten des SGB X, nämlich seit dem In-Kraft-Treten des SGB I am 1. Januar 1976, Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden sei (so SG Aachen, Urteile 6. Juli 2006 - S 20 SO 34/06 - und vom 29. September 2006 - S 19 SO 4/06 -), vermag nicht zu überzeugen.
28 
Die mit „Sozialhilfe“ überschriebene Vorschrift des § 9 SGB I in der Fassung vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015) sichert zwar jedem, der nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen, und auch von anderer Seite keine ausreichende Hilfe erhält, ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfe zu, die seinem besonderen Bedarf entspricht, ihn zur Selbsthilfe befähigt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht und die Führung eines menschenwürdigen Lebens sichert. Dass vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift aber auch Leistungen der Grundsicherung erfasst waren, lässt sich indessen schon deswegen kaum vertreten, weil solche Leistungen erstmals mit Wirkung vom 1. Januar 2003 kodifiziert wurden und vom Gesetzgeber zudem - in Abgrenzung von den Leistungen des BSHG - ausdrücklich als eigenständige soziale Leistungen konzipiert wurden (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 14/5150 S. 48 f. zu § 1). Die Sonderstellung der Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG macht auch die - zeitgleich mit Inkrafttreten des GSiG - in das SGB I eingefügte Bestimmung des § 28a deutlich, welche die Leistungen der Grundsicherung explizit aufführt. Für die Schaffung dieser Vorschrift hätte kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestanden, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem Willen des Gesetzgebers bereits zuvor unter dem Titel „Sozialhilfe“ (§ 9 SGB I) bzw. von den „Leistungen der Sozialhilfe“ (§ 28 SGB I) erfasst gewesen wären; Letzteres erfolgte erst durch Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3022) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 mit Einfügung der Nr. 1a in § 28 Abs. 1 SGB I (vgl. auch § 8 Nr. 2 SGB XII in der aktuellen Fassung).
29 
Waren somit die Leistungen nach dem GSiG nicht Bestandteil der Sozialhilfe, die schon bei In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches war, sondern wurden sie dies über die Fiktion des § 68 Nr. 18 SGB I (erst) mit Wirkung vom 1. Januar 2003, so bedurfte es wegen der (föderalen) Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X einer besonderen Anwendungsbestimmung, die aber im GSiG weder bei dessen Inkrafttreten noch bis zu dessen Außerkrafttreten realisiert wurde.
30 
Damit scheidet die Anwendung des 1. Kapitels des SGB X - und damit auch des § 44 SGB X - bereits aus diesem formalen Grund aus, unabhängig davon, ob es sich bei Leistungen nach dem GSiG - im Gegensatz zu denen nach dem BSHG - um Sozialleistungen i.S.d. § 44 SGB X handelt (so Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. April 2005 -12 ZB 05.262 - FEVS 56, 574; SG Aachen, a.a.O.).
31 
Der Kläger kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der - damit anwendbaren - Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes Baden-Württemberg (LVwVfG) die Überprüfung der im Bedarfszeitraum 2003-2004 ergangenen Grundsicherungsbescheide mit dem Ziel der Nachgewährung (angeblich) zu Unrecht vorenthaltener höherer Leistungen der Unterkunft verlangen. Die Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens (§ 51 Abs. 1 LVwVfG) liegen nicht vor, und über die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann der Kläger selbst unter der Annahme, in den ergangenen Bewilligungsbescheiden lägen zugleich belastende Bescheide, keine höheren Leistungen verlangen. Zudem müsste er sich bei der begehrten Nachgewährung höherer Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem GSiG zum jetzigen Zeitpunkt wohl auch die zwischenzeitlich eingetretene Bedarfsdeckung entgegenhalten lassen. Denn offenbar sind keine offenen Mietrückstände oder sonstige Schulden vorhanden; vielmehr hat der Kläger nach eigenem Vorbringen seine höheren Mietaufwendungen anderweitig gedeckt.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
33 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Frage der Anwendbarkeit des § 44 SGB X auf Leistungen nach dem GSiG keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne eines allgemeinen Interesses der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts zu. Die maßgeblichen Vorschriften des GSiG sind mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten und es ist nicht erkennbar, dass noch eine erhebliche Zahl von Fällen zu entscheiden ist, in denen es hierauf ankommt (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 19; BVerwG Buchholz 310 § 132 Nr. 129, 132, 144; vgl. auch Meyer-Ladewig in ders./Keller/ Leitherer, SGG 8. Aufl., § 160 Rdnr. 7b).

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Überprüfung bestandskräftiger Bewilligungsbescheide über Leistungen der Grundsicherung für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004.
Der am … 1933 geborene Kläger schloss mit Wirkung vom 1. März 1996 einen Mietvertrag über die Wohnung H.weg, S.. Die monatliche Kaltmiete für die Wohnung betrug 750,- DM zuzüglich 50,- DM für einen Tiefgaragenstellplatz sowie 100,- DM für sonstige Betriebskostenvorauszahlungen, insgesamt also 900,- DM. Die Monatsmiete erhöhte sich nach dem Mietvertrag jeweils zum 1. März eines jeden Jahres um 10,- DM.
Mit Schreiben vom 5. März 1996, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass 800,- DM Kaltmiete (keine Staffelmiete) und die nachgewiesenen Heizkosten (monatliche Vorauszahlungen und einmal jährliche Abrechnung) anerkannt würden. Ansonsten würden keine Nebenkosten übernommen. Einwände hiergegen hatte der Kläger nach dem Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten nicht geltend gemacht.
In der Folgezeit gewährte die Beklagte dem Kläger Sozialhilfe als laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Dabei wurden bei der Bedarfsberechnung jeweils 800,- DM, bzw. 409,03 EUR als Kosten der Unterkunft (KdU) berücksichtigt sowie Heizkosten in Höhe von zuletzt 109,- EUR. Über die Höhe der laufenden Leistungen ab dem Umzug in die neue Wohnung hatte die Beklagte mit Bescheiden vom 19. Februar und 15. Mai 1996, 2. Juli und 12. Dezember 1996, 20. Januar, 17. Juni und 18. September 1997, 22. Januar 1998, Juni 1998, 22. September und 2. November 1998, Juni 1999, 2. Juli und 21. September 1999, 3. und 13. Juli, 19. September und 19. Oktober 2000, 14. Februar, 29. Juni und 5. September 2001, 7. Januar, 14. Februar, 18. Juni, 20. August und 18. September 2002 entschieden.
In der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund der Bescheide vom 21. Januar, 2. Juli und 10. September 2003 und vom 24. März, 14. Juni und 7. Oktober 2004 Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz ). Dabei wurden jeweils - aufgrund einer von der Beklagten unter dem 23. Dezember 2002 erfolgten - Prüfung der angemessenen Unterkunftskosten - Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 403,98 EUR berücksichtigt, die sich zusammensetzten aus 340,65 EUR Kaltmiete (45 qm angemessener Wohnraum x 7,57 EUR Quadratmetermietpreis) und 63,33 Euro Nebenkosten; zusätzlich wurden jeweils Heizkosten in Höhe von 108 bzw. 109 EUR berücksichtigt.
Außerdem bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 mit Bescheiden vom 21. Januar, 2. Juli und 10. September 2003 und vom 24. März, 14. Juni und 7. Oktober 2004 aufstockende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), weiterhin unter Anrechnung der Mietkosten (in bisheriger Höhe von 409,03 EUR) und unter Anrechnung der im gleichen Zeitraum bezogenen Grundsicherungsleistungen als Einkommen. Die Bescheide enthielten jeweils eine Rechtsbehelfsbelehrung; Widerspruch dagegen wurde nicht erhoben; der Kläger gab lediglich bei den jeweiligen Weiterbewilligungsanträgen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft an.
 
Seit dem 1. Januar 2005 bezieht der Kläger Leistungen der Grundsicherung nach dem vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Mit Bescheid vom 11. April 2005 bewilligte die Beklagte zunächst ab 1. Januar 2005 die Mietkosten in tatsächlicher Höhe. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch u.a. mit der Begründung, der Ansatz, die Miete für die Wohnung Haselnussweg 12 „richtig" zu bewilligen, müsse bis in den Februar 1996 zurück vorgenommen werden. Er habe die Beklagte mindestens einmal jährlich darauf hingewiesen, dass seine tatsächliche Miete 460,16 EUR betrage. Da bei der Berechnung nur 403,98 EUR zugrunde gelegt worden seien, ergebe sich eine Differenz in Höhe von 56,18 EUR monatlich. Für die Zeit vom Februar 1996 bis 31. Dezember 2004 stünden ihm daher noch Leistungen in Höhe von insgesamt 6 011,24 EUR zu.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2004 beantragte der Kläger die Überprüfung der früheren Bewilligungen nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2005 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen die vor dem 1. Januar 2005 ergangenen Bescheide als unzulässig, weil verfristet, da diese Bewilligungsbescheide bestandskräftig geworden seien. Die hiergegen am 12. Juli 2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene „Untätigkeitsklage" (S 15 SO 4254/05) erklärte der Kläger am 14. März 2006 für erledigt.
10 
Mit Bescheid vom 22. September 2005 lehnte die Beklagte die Nachzahlung von Sozialhilfe- und Grundsicherungsleistungen für die Zeit von Februar 1996 bis 31. Dezember 2004 ab. Bereits mit Bescheid vom 5. März 1996 sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass lediglich Mietkosten in Höhe von 800,- DM (keine Staffelmiete) und in Höhe der nachgewiesenen Heizkosten übernommen würden. Dies habe der Kläger in der Vergangenheit auch akzeptiert. Der Kläger habe auch keinen Widerspruch gegen die Bewilligungsbescheide über Sozialhilfe und Grundsicherungsleistungen eingelegt. Die Bescheide seien daher bestandskräftig geworden. § 44 SGB X sei für den Bereich der Sozialhilfe nicht anwendbar. Das sich aus § 5 BSHG ergebende Strukturprinzip der Sozialhilfe, wonach diese nicht für die Vergangenheit zu gewähren sei, stehe der Anwendung des § 44 SGB X entgegen. Dies gelte sinngemäß auch für die seit 1. Januar 2003 gewährte Grundsicherung nach dem GSiG, die wie die Sozialhilfe eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes darstelle. Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, eine Berufung auf bestandskräftige Bescheide sei nach § 44 SGB X rechtswidrig, wenn diesen der falsche Sachverhalt zugrunde liege wie in seinem Fall. Er habe jeden Monat 900,- DM an Miete zahlen müssen und dies auch in jedem Weitergewährungsantrag angegeben. Dieser „Widerspruch" sei aber von der Beklagten ignoriert worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gegen die Bewilligungsbescheide für die Zeit von Februar 1996 bis 31. Dezember 2004 sei nie Widerspruch eingelegt worden; § 44 SGB X finde aus den im Ausgangsbescheid genannten Gründen keine Anwendung.
11 
Am 14. Dezember 2005 hat der Kläger Klage beim SG erhoben und im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat er ausgeführt, die Bewilligung der Unterkunftskosten in niedrigerer als tatsächlicher Höhe habe dazu geführt, dass er seinen Regelsatz habe einsetzen müssen, so dass faktisch eine Verkürzung seiner Möglichkeiten eingetreten sei, sich ausreichend zu ernähren. Wegen „illegaler Methoden der Beklagten" und § 44 SGB X seien die früheren Bewilligungsbescheide nicht bestandskräftig geworden. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger die Klage auf die Zeit ab 1. Januar 2003 beschränkt.
12 
Durch Urteil vom 27. September 2006 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Kläger könne nicht die Überprüfung und Abänderung der Bewilligungsbescheide über Sozialhilfe- und Grundsicherungsleistungen in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 verlangen. Diese Bescheide seien bestandskräftig geworden, da der Kläger hiergegen nicht Widerspruch erhoben habe. Soweit der Kläger auf seine jeweiligen Angaben zu den tatsächlichen Mietkosten in diversen Weitergewährungsanträgen verweise, sei darin keine Widerspruchserhebung zu sehen. Ein Widerspruch könne sich nur gegen einen bereits erlassenen Verwaltungsakt richten und es müsse deutlich werden, dass der Betroffene mit der darin getroffenen Regelung nicht einverstanden sei und eine Überprüfung wünsche. Ein solcher Erklärungswert könne den Angaben zu den tatsächlichen Umständen im Vorfeld eines Bewilligungsbescheids nicht beigemessen werden.
13 
Eine Lösung von den somit bestandskräftigen Bescheiden zugunsten des Klägers komme nur nach § 44 SGB X in Betracht. Die Vorschrift sei jedoch auf die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG, welche der Zeit in diesem Zeitraum aufstockend zu den Leistungen nach dem GSiG, bezogen habe, nicht anwendbar. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe unter Hinweis auf die besonderen Strukturprinzipien der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG die Anwendung des § 44 SGB X auf diese Leistungen in ständiger Rechtsprechung verneint. Danach setze die Gewährung von Sozialhilfe voraus, dass ein aktueller Bedarf, den zu decken die Leistung bestimmt sei, bestehe. Habe ein Bedarf in der Vergangenheit bestanden, bestehe er aber aktuell nicht mehr, fehle es an einer für den Sozialhilfeanspruch wesentlichen Anspruchsvoraussetzung. Nur in Ausnahmefällen habe die Sozialhilfe trotz nicht mehr fortbestehenden Bedarfes noch gewährt werden können. Eines aktuellen Bedarfs habe es nicht bedurft, wenn dieser in Eilfällen vor der Entscheidung des Sozialhilfeträgers bereits gedeckt worden sei oder bei laufenden Rechtsbehelfsverfahren. Beide Ausnahmefälle lägen im Fall des § 44 SGB X nicht vor. § 44 Abs. l und Abs. 4 SGB X fänden aber nur Anwendung, wenn und soweit auch zur Zeit der Rücknahme nach § 44 Abs. l und der Leistungserbringung nach Absatz 4 ein Anspruch auf Sozialleistungen nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuches noch bestehe. Daran fehle es aber hinsichtlich der Sozialhilfe als Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Kläger habe selbst ausgeführt, die nicht übernommenen Kosten der Unterkunft durch Einsparungen aus seinem Regelsatz bestritten zu haben. Damit habe er den behaupteten Bedarf selbst gedeckt. Der Bedarf bestehe also nicht mehr fort. Für die bezogene Sozialhilfe nach dem BSHG finde § 44 SGB X damit nach der Rechtsprechung des BVerwG, welcher sich das Gericht anschließe, keine Anwendung.
14 
Ob die Nichtanwendbarkeit des § 44 SGB X auch für Ansprüche nach dem vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 geltenden GSiG gelte, sei in der Rechtsprechung des BVerwG nicht entschieden worden. In neueren Entscheidungen würden beide Auffassungen vertreten. Nach Auffassung des Gericht sei § 44 SGB X auch auf die Leistungen nach dem GSiG unanwendbar, da auch diese - wie die Sozialhilfe - zunächst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes darstellten. Die Bedeutung eines bestehenden Bedarfes zeige sich auch an der Aufzählung der einzelnen Bedarfsposten in § 3 GSiG. Gerade bei den in aller Regel monatlich bestehenden Bedarfslagen wie der hier streitigen Kosten der Unterkunft könne das Gericht keinen wesentlichen Unterschied zur Sozialhilfe erkennen. Eine bedarfsunabhängige Leistungsgewährung werde gerade nicht normiert. Auch werde vorausgesetzt, dass der Bedarf nicht auf andere Weise gedeckt werden könne. Die Bedürftigkeit hinsichtlich des jeweiligen Bedarfs sei somit ebenfalls Voraussetzung. Gerade weil gegebenenfalls nicht von der Grundsicherung gedeckte, also darüber hinausgehende Bedarfe über die Sozialhilfe abgedeckt würden, zeige dies, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Grundsicherung im Überdeckungsbereich die Funktion der Sozialhilfe übernehmen solle. Dann könne aber hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens des konkreten Bedarfes und seiner zwischenzeitlichen Deckung kein Unterschied bestehen. Ziel des GSiG sei es gewesen, alte Menschen aus der verdeckten Armut herauszubringen, sie ein Stück weit von der Sozialhilfe unabhängig zu machen. Dem sei aber nicht zu entnehmen, dass nun Leistungen zum Lebensunterhalt gewährt werden sollten, die den Strukturprinzipien der Sozialhilfe zuwiderliefen. Nicht verzichtet werden könne dabei auf das tatsächliche Bestehen eines Bedarfes zumindest in dem Sinne, dass ein Anspruch nicht bestehe, wenn der Bedarf auf andere Weise gedeckt werde. Die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG durch Dauerverwaltungsakt bedeute nicht, dass auf ein Fortbestehen des Bedarfes verzichtet werde. Entfalle der Bedarf, sei die Bewilligung aufzuheben. Eine rückwirkende Gewährung sehe der Gesetzgeber im GSiG auch nur in einem Einzelfall vor, soweit nämlich auf den Ersten des Antragsmonats zurückzugehen sei. Gerade bei monatlichen Bedarfslagen wie den hier streitigen Kosten der Unterkunft bestehe daher kein wesentlicher Unterschied zur Sozialhilfe. Auch die Leistungen nach dem GSiG seien demnach - unabhängig von der Bewilligungsdauer - wie die Sozialhilfe kein rentengleiches, also bedarfsunabhängiges Dauerrecht.
15 
Gegen das am 10. Oktober 2006 seinem Prozessbevollmächtigen zustellte Urteil hat der Kläger am 31. Oktober 2006 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, § 44 SGB X sei auf Leistungen nach dem GSiG anwendbar.
16 
Im Prozesskostenhilfeverfahren hat der Senat dem Kläger durch Beschluss vom 10. Januar 2007 (L 7 SO 5928/06 PKH-A) Prozesskostenhilfe für das vorliegende Berufungsverfahren ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt, soweit die Rechtsverfolgung die Überprüfung von Leistungsbescheiden betrifft, die auf der Grundlage des GSiG im Zeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 ergangen sind. Im Übrigen, also bezüglich der Überprüfung von Bewilligungsbescheiden, die auf der Grundlage des BSHG ergangen sind, wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2005 zu verurteilen, dem Kläger unter Abänderung der entgegenstehenden Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kaltmiete zu gewähren.
19 
Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie hält das ergangene Urteil für richtig.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Akten des SG und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgerichtsgesetz). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen.
24 
Der Kläger kann nicht die Überprüfung der im streitbefangenen Zeitraum (1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004) ergangenen Bescheide über Grundsicherungsleistungen nach § 44 SGB X verlangen, da das 1. Kapitel des SGB X in Grundsicherungsangelegenheiten nach dem GSiG mit Blick auf § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht anwendbar ist.
25 
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird (Satz 1). Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären (Satz 2).
26 
Vorliegend fehlt es an einer Regelung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X, durch die das SGB X für die Durchführung des GSiG für anwendbar erklärt wird. Einer solchen Regelung hätte es aber bedurft, weil das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310 ff.) erst zum 1. Januar 2003, also nach Inkrafttreten des SGB X (am 1. Januar 1981) Bestandteil des Sozialgesetzbuchs geworden ist (ebenso VG Sigmaringen, Urteil vom 18. März 2004 - 1 K 2386/03 - ; Renn in Lehr- und Praxiskommentar , 1. Auflage 2003, Anhang 1 Rdnr. 4; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2006 - L 20 SO 20/06 -, Breithaupt 2007, 349).
27 
Die Gegenauffassung, wonach eine solche Regelung verzichtbar war, weil das Grundsicherungsrecht nicht ein besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs sei, welcher nach In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden ist, sondern eine besondere Form der Hilfe zum Lebensunterhalt i.S. des § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) darstelle und damit wie die übrigen in §§ 3-10 SGB I aufgeführten Sozialleistungen schon vor In-Kraft-Treten des SGB X, nämlich seit dem In-Kraft-Treten des SGB I am 1. Januar 1976, Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden sei (so SG Aachen, Urteile 6. Juli 2006 - S 20 SO 34/06 - und vom 29. September 2006 - S 19 SO 4/06 -), vermag nicht zu überzeugen.
28 
Die mit „Sozialhilfe“ überschriebene Vorschrift des § 9 SGB I in der Fassung vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015) sichert zwar jedem, der nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen, und auch von anderer Seite keine ausreichende Hilfe erhält, ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfe zu, die seinem besonderen Bedarf entspricht, ihn zur Selbsthilfe befähigt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht und die Führung eines menschenwürdigen Lebens sichert. Dass vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift aber auch Leistungen der Grundsicherung erfasst waren, lässt sich indessen schon deswegen kaum vertreten, weil solche Leistungen erstmals mit Wirkung vom 1. Januar 2003 kodifiziert wurden und vom Gesetzgeber zudem - in Abgrenzung von den Leistungen des BSHG - ausdrücklich als eigenständige soziale Leistungen konzipiert wurden (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 14/5150 S. 48 f. zu § 1). Die Sonderstellung der Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG macht auch die - zeitgleich mit Inkrafttreten des GSiG - in das SGB I eingefügte Bestimmung des § 28a deutlich, welche die Leistungen der Grundsicherung explizit aufführt. Für die Schaffung dieser Vorschrift hätte kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestanden, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem Willen des Gesetzgebers bereits zuvor unter dem Titel „Sozialhilfe“ (§ 9 SGB I) bzw. von den „Leistungen der Sozialhilfe“ (§ 28 SGB I) erfasst gewesen wären; Letzteres erfolgte erst durch Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3022) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 mit Einfügung der Nr. 1a in § 28 Abs. 1 SGB I (vgl. auch § 8 Nr. 2 SGB XII in der aktuellen Fassung).
29 
Waren somit die Leistungen nach dem GSiG nicht Bestandteil der Sozialhilfe, die schon bei In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches war, sondern wurden sie dies über die Fiktion des § 68 Nr. 18 SGB I (erst) mit Wirkung vom 1. Januar 2003, so bedurfte es wegen der (föderalen) Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X einer besonderen Anwendungsbestimmung, die aber im GSiG weder bei dessen Inkrafttreten noch bis zu dessen Außerkrafttreten realisiert wurde.
30 
Damit scheidet die Anwendung des 1. Kapitels des SGB X - und damit auch des § 44 SGB X - bereits aus diesem formalen Grund aus, unabhängig davon, ob es sich bei Leistungen nach dem GSiG - im Gegensatz zu denen nach dem BSHG - um Sozialleistungen i.S.d. § 44 SGB X handelt (so Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. April 2005 -12 ZB 05.262 - FEVS 56, 574; SG Aachen, a.a.O.).
31 
Der Kläger kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der - damit anwendbaren - Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes Baden-Württemberg (LVwVfG) die Überprüfung der im Bedarfszeitraum 2003-2004 ergangenen Grundsicherungsbescheide mit dem Ziel der Nachgewährung (angeblich) zu Unrecht vorenthaltener höherer Leistungen der Unterkunft verlangen. Die Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens (§ 51 Abs. 1 LVwVfG) liegen nicht vor, und über die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann der Kläger selbst unter der Annahme, in den ergangenen Bewilligungsbescheiden lägen zugleich belastende Bescheide, keine höheren Leistungen verlangen. Zudem müsste er sich bei der begehrten Nachgewährung höherer Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem GSiG zum jetzigen Zeitpunkt wohl auch die zwischenzeitlich eingetretene Bedarfsdeckung entgegenhalten lassen. Denn offenbar sind keine offenen Mietrückstände oder sonstige Schulden vorhanden; vielmehr hat der Kläger nach eigenem Vorbringen seine höheren Mietaufwendungen anderweitig gedeckt.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
33 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Frage der Anwendbarkeit des § 44 SGB X auf Leistungen nach dem GSiG keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne eines allgemeinen Interesses der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts zu. Die maßgeblichen Vorschriften des GSiG sind mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten und es ist nicht erkennbar, dass noch eine erhebliche Zahl von Fällen zu entscheiden ist, in denen es hierauf ankommt (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 19; BVerwG Buchholz 310 § 132 Nr. 129, 132, 144; vgl. auch Meyer-Ladewig in ders./Keller/ Leitherer, SGG 8. Aufl., § 160 Rdnr. 7b).

Gründe

 
23 
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgerichtsgesetz). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen.
24 
Der Kläger kann nicht die Überprüfung der im streitbefangenen Zeitraum (1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004) ergangenen Bescheide über Grundsicherungsleistungen nach § 44 SGB X verlangen, da das 1. Kapitel des SGB X in Grundsicherungsangelegenheiten nach dem GSiG mit Blick auf § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht anwendbar ist.
25 
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 SGB X bestimmt, dass die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird (Satz 1). Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären (Satz 2).
26 
Vorliegend fehlt es an einer Regelung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X, durch die das SGB X für die Durchführung des GSiG für anwendbar erklärt wird. Einer solchen Regelung hätte es aber bedurft, weil das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310 ff.) erst zum 1. Januar 2003, also nach Inkrafttreten des SGB X (am 1. Januar 1981) Bestandteil des Sozialgesetzbuchs geworden ist (ebenso VG Sigmaringen, Urteil vom 18. März 2004 - 1 K 2386/03 - ; Renn in Lehr- und Praxiskommentar , 1. Auflage 2003, Anhang 1 Rdnr. 4; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Dezember 2006 - L 20 SO 20/06 -, Breithaupt 2007, 349).
27 
Die Gegenauffassung, wonach eine solche Regelung verzichtbar war, weil das Grundsicherungsrecht nicht ein besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs sei, welcher nach In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden ist, sondern eine besondere Form der Hilfe zum Lebensunterhalt i.S. des § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) darstelle und damit wie die übrigen in §§ 3-10 SGB I aufgeführten Sozialleistungen schon vor In-Kraft-Treten des SGB X, nämlich seit dem In-Kraft-Treten des SGB I am 1. Januar 1976, Bestandteil des Sozialgesetzbuches geworden sei (so SG Aachen, Urteile 6. Juli 2006 - S 20 SO 34/06 - und vom 29. September 2006 - S 19 SO 4/06 -), vermag nicht zu überzeugen.
28 
Die mit „Sozialhilfe“ überschriebene Vorschrift des § 9 SGB I in der Fassung vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015) sichert zwar jedem, der nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen, und auch von anderer Seite keine ausreichende Hilfe erhält, ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfe zu, die seinem besonderen Bedarf entspricht, ihn zur Selbsthilfe befähigt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht und die Führung eines menschenwürdigen Lebens sichert. Dass vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift aber auch Leistungen der Grundsicherung erfasst waren, lässt sich indessen schon deswegen kaum vertreten, weil solche Leistungen erstmals mit Wirkung vom 1. Januar 2003 kodifiziert wurden und vom Gesetzgeber zudem - in Abgrenzung von den Leistungen des BSHG - ausdrücklich als eigenständige soziale Leistungen konzipiert wurden (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 14/5150 S. 48 f. zu § 1). Die Sonderstellung der Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG macht auch die - zeitgleich mit Inkrafttreten des GSiG - in das SGB I eingefügte Bestimmung des § 28a deutlich, welche die Leistungen der Grundsicherung explizit aufführt. Für die Schaffung dieser Vorschrift hätte kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestanden, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem Willen des Gesetzgebers bereits zuvor unter dem Titel „Sozialhilfe“ (§ 9 SGB I) bzw. von den „Leistungen der Sozialhilfe“ (§ 28 SGB I) erfasst gewesen wären; Letzteres erfolgte erst durch Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3022) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 mit Einfügung der Nr. 1a in § 28 Abs. 1 SGB I (vgl. auch § 8 Nr. 2 SGB XII in der aktuellen Fassung).
29 
Waren somit die Leistungen nach dem GSiG nicht Bestandteil der Sozialhilfe, die schon bei In-Kraft-Treten des SGB X Bestandteil des Sozialgesetzbuches war, sondern wurden sie dies über die Fiktion des § 68 Nr. 18 SGB I (erst) mit Wirkung vom 1. Januar 2003, so bedurfte es wegen der (föderalen) Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB X einer besonderen Anwendungsbestimmung, die aber im GSiG weder bei dessen Inkrafttreten noch bis zu dessen Außerkrafttreten realisiert wurde.
30 
Damit scheidet die Anwendung des 1. Kapitels des SGB X - und damit auch des § 44 SGB X - bereits aus diesem formalen Grund aus, unabhängig davon, ob es sich bei Leistungen nach dem GSiG - im Gegensatz zu denen nach dem BSHG - um Sozialleistungen i.S.d. § 44 SGB X handelt (so Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. April 2005 -12 ZB 05.262 - FEVS 56, 574; SG Aachen, a.a.O.).
31 
Der Kläger kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der - damit anwendbaren - Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes Baden-Württemberg (LVwVfG) die Überprüfung der im Bedarfszeitraum 2003-2004 ergangenen Grundsicherungsbescheide mit dem Ziel der Nachgewährung (angeblich) zu Unrecht vorenthaltener höherer Leistungen der Unterkunft verlangen. Die Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens (§ 51 Abs. 1 LVwVfG) liegen nicht vor, und über die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann der Kläger selbst unter der Annahme, in den ergangenen Bewilligungsbescheiden lägen zugleich belastende Bescheide, keine höheren Leistungen verlangen. Zudem müsste er sich bei der begehrten Nachgewährung höherer Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem GSiG zum jetzigen Zeitpunkt wohl auch die zwischenzeitlich eingetretene Bedarfsdeckung entgegenhalten lassen. Denn offenbar sind keine offenen Mietrückstände oder sonstige Schulden vorhanden; vielmehr hat der Kläger nach eigenem Vorbringen seine höheren Mietaufwendungen anderweitig gedeckt.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
33 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Frage der Anwendbarkeit des § 44 SGB X auf Leistungen nach dem GSiG keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne eines allgemeinen Interesses der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts zu. Die maßgeblichen Vorschriften des GSiG sind mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten und es ist nicht erkennbar, dass noch eine erhebliche Zahl von Fällen zu entscheiden ist, in denen es hierauf ankommt (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 19; BVerwG Buchholz 310 § 132 Nr. 129, 132, 144; vgl. auch Meyer-Ladewig in ders./Keller/ Leitherer, SGG 8. Aufl., § 160 Rdnr. 7b).

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.