Sozialgericht Detmold Urteil, 04. Nov. 2016 - S 24 KR 48/15

ECLI:ECLI:DE:SGDT:2016:1104.S24KR48.15.00
bei uns veröffentlicht am04.11.2016

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.755,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2012 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 39 Krankenhausbehandlung


(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bish

Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG | § 17b Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für DRG-Krankenhäuser, Verordnungsermächtigung


(1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen gilt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, soweit Absatz 4 keine abweichenden Regelungen enthält. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbi

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 109 Abschluß von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern


(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennu

Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze


Bundespflegesatzverordnung - BPflV

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 108 Zugelassene Krankenhäuser


Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen: 1. Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,2. Krankenhäuser, die in de

Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG | § 7 Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen


(1) Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet:1.Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),2.Zusatzentgelte nach dem auf Bundeseben

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 112 Zweiseitige Verträge und Rahmenempfehlungen über Krankenhausbehandlung


(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der Krankenhau

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Tatbestand 1 Streitig ist die Kürzung von Krankenhausvergütungen um den sog Krankenhaus-Sanierungsbeitrag von 0,5 % nach dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der g

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Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen:

1.
Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, bei den Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes als Abschluss des Versorgungsvertrages. Dieser ist für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich. Die Vertragsparteien nach Satz 1 können im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach Satz 1 im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart.

(2) Ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern, die sich um den Abschluß eines Versorgungsvertrags bewerben, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung am besten gerecht wird.

(3) Ein Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 darf nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus

1.
nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet,
2.
bei den maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweist, die im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend und in einem erheblichen Maß nicht erfüllt, höchstens drei Jahre in Folge Qualitätsabschlägen nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes unterliegt oder
3.
für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist.
Abschluß und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Verträge, die vor dem 1. Januar 1989 nach § 371 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung abgeschlossen worden sind, gelten bis zu ihrer Kündigung nach § 110 weiter.

(4) Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu führen.

(5) Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen verjähren in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2118,76 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung nach dem Fallpauschalenkatalog 2004.

2

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 15.6. bis 3.7.2004 die bei der Beklagten versicherte I. G. (im Folgenden: Versicherte) wegen eines Lungenrundherdes und eines Nebennierenbefundes behandelt worden ist. Die Klägerin nahm eine Lungenoberlappenteilresektion vor, wobei operationsvorbereitend wegen eines alten Thrombosebefundes an der linken Vena tibialis auch eine Phlebosonographie und eine Echokardiographie durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht war anschließend ua ein "Zustand nach Lungenoberlappenteilresektion links" sowie ein "Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links; Zustand nach Hüft-TEP links" verzeichnet. Für diese Versorgung beanspruchte die Klägerin auf der Grundlage der Fallpauschale für die Diagnosis Related Group (DRG) E01A ("Große Eingriffe am Thorax mit äußerst schweren CC") eine Vergütung in Höhe von 8024,51 Euro. Die Beklagte erachtete hingegen nach Einholung einer Stellungnahme des MDK die DRG E01B als zutreffend ("Große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC") und zahlte 5905,75 Euro. Die im Entlassungsbericht erfasste Diagnose "Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links; Zustand nach Hüft-TEP links" hätte nicht als Nebendiagnose mit der ICD-10 I80.2 ("Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten") kodiert werden dürfen, denn offensichtlich habe es sich um ein älteres Geschehen ohne akute Behandlungsbedürftigkeit gehandelt. Ohne diese bzw mit einer anderen Nebendiagnose führe die Kodierung lediglich zu einem Vergütungsanspruch nach der DRG E01B.

3

Die Zahlungsklage ist erfolglos geblieben (Urteile des SG vom 26.6.2008 und des LSG vom 10.12.2009): Weder eine normale noch eine schwere Begleiterkrankung sei ausreichend für eine Nebendiagnose iS der DRG E01A, da diese Fallgruppe ihrer textlichen Beschreibung nach nur im Fall äußerst schwerer Komplikationen oder Komorbiditäten Anwendung finden dürfe. Zudem habe die Erhebung der Nebendiagnose keine spezifischen therapeutischen Maßnahmen nach sich gezogen.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Für die Frage, ob eine Nebendiagnose zu Abrechnungszwecken kodiert werden dürfe, sei allein auf die Kodierrichtlinien 2004 abzustellen. Danach sei eine Diagnose als Nebendiagnose zu kodieren, wenn - wie hier in Form der Phlebosonographie und Echokardiographie - diagnostische Maßnahmen ergriffen worden seien. Auf den Schweregrad der Diagnose oder den Umfang der diagnostischen bzw therapeutischen Maßnahmen komme es nicht an.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 10.12.2009 und des SG Lübeck vom 26.6.2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr 2118,76 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.7.2006 zu zahlen.

6

Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Urteile und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass ein weiterer Vergütungsanspruch nicht besteht. Die im Krankenhaus vor dem Thorax-Eingriff zu Recht durchgeführten Untersuchungen zur Abklärung von Thrombose-Risiken sind vorliegend mit der für diese Operation vorgesehenen Standard-Vergütung nach DRG E01B vollständig abgegolten.

8

1. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist sie entgegen der Auffassung der Beklagten in der gesetzlichen Form des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG begründet worden. Hiernach muss die Revisionsbegründung neben einem bestimmten Antrag auch die verletzte Rechtsnorm (§ 162 SGG) bezeichnen. Dem hat die Klägerin durch Bezugnahme auf die bundesrechtlichen Regelungen der §§ 7 und 9 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) Genüge getan. Auch liegen die von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen vor. Eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG bedurfte es nicht, da die Klage zu Recht als allgemeine Leistungsklage(§ 54 Abs 5 SGG) erhoben wurde. Da sich Krankenhaus und Krankenkasse bei der Frage, wie die Behandlung eines gesetzlich gegen Krankheit Versicherten zu vergüten ist, im Gleichordnungsverhältnis gegenüber stehen, kommt eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht (stRspr, vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 18, 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9).

9

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten weiteren Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(jeweils idF des Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 17.7.2003, BGBl I 1461) sowie § 17b KHG(idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190) und der Anlage 1 der Fallpauschalenverordnung (idF der Verordnung vom 13.10.2003 - KFPV 2004, BGBl I 1995).

10

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(vgl nur BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15). Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser iS des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt wird(§ 109 Abs 4 Satz 3 SGB V idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Die hier einschlägige Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2004 beruht auf den Regelungen des KHG und des KHEntgG und nicht auf der BPflV, weil das von der Klägerin betriebene Krankenhaus in das DRG-Vergütungssystem einbezogen ist (§ 1 Abs 1 BPflV).

11

b) Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, dort in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (bis 30.6.2008: die Spitzenverbände der Krankenkassen) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam haben nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien(§ 11 KHEntgG iVm § 18 Abs 2 KHG: Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren.

12

Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dazu vereinbaren gemäß § 17b Abs 2 Satz 1 KHG der Spitzenverband Bund der Krankenkassen(bis 30.6.2008: die Spitzenverbände der Krankenkassen) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage von DRG orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Gemäß § 17b Abs 6 Satz 1 KHG wurde dieses Vergütungssystem für alle Krankenhäuser mit einer ersten Fassung eines deutschen Fallpauschalenkatalogs verbindlich zum 1.1.2004 eingeführt.

13

c) Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Dabei erfolgt die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG in zwei Schritten: Zunächst wird die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des BMG herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V"(OPS-301) verschlüsselt (§ 301 Abs 2 Satz 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung dieser Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. Maßgebend für den vorliegenden Abrechnungsfall sind gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 KFPV 2004 die für den Tag der stationären Aufnahme geltenden Abrechnungsregeln, dh vorliegend die Kodierrichtlinien 2004(vgl http://www.g-drg.de/cms/index.php/Archiv, recherchiert am 10.11.2010), der OPS-301 in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.9.2003 und die ICD-10 in der Version 2004 (jeweils abrufbar über http://www.dimdi.de, recherchiert am 10.11.2010). In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der Fallgruppenzuordnung (DRG-Zuordnung) liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde. Auf der Basis eines "Entscheidungsbaumes" wird anhand verschiedener Kriterien eine exakte DRG-Zuordnung vorgenommen. Zur Einstufung in die jeweils abzurechnende DRG werden Software-Programme (Grouper) eingesetzt, die vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), einer Einrichtung der Selbstverwaltungspartner, zertifiziert sind. Grundlage hierfür ist ein entsprechendes Definitionshandbuch (hier in der Version 2004 mit Stand 28.11.2003; vgl http://www.g-drg.de/cms/index.php/Archiv, recherchiert am 10.11.2010), in dem für jede Fallpauschale die jeweils maßgebliche Entscheidungslogik in Form von Ablaufdiagrammen festgehalten ist.

14

3. Bedeutsam für diese Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG sind auch Nebendiagnosen, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen ist das nach den hier geltenden Kodierrichtlinien der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen und nach der DRG-Entscheidungslogik eine höhere Bewertung der erbrachten Leistungen nach sich ziehen. Fehlt es aber - wie hier (dazu unter 4.) - an einer dieser Voraussetzungen, ist mit der Fallpauschale für die Grunderkrankung auch der Versorgungsaufwand für etwaige Begleiterkrankungen vollständig mit abgegolten.

15

a) Relevant für den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses sind Besonderheiten des Versorgungsgeschehens im DRG-Fallpauschalensystem prinzipiell nur in dem Rahmen, der von den Selbstverwaltungspartnern ausdrücklich vorgegeben ist. Maßgeblich für die Krankenhausvergütung ist hiernach nicht der tatsächlich angefallene und nach Selbstkostendeckungsprinzipien zu bewertende Krankenhausaufwand, sondern der Behandlungsanlass und der zu dessen Versorgung nach der Wertung der Vertragspartner typischerweise erforderliche Aufwand. Demgemäß können die Krankenhäuser für die in das DRG-System fallenden Versorgungen ausschließlich die DRG-Fallpauschalen nach dem DRG-Regelwerk und die weiteren Entgelte nach dem Katalog des § 7 Abs 1 Satz 1 KHEntgG abrechnen. Damit sind nach ausdrücklicher Regelung des § 7 Abs 1 Satz 2 KHEntgG "alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen" abgegolten. Das sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs 2 KHEntgG alle Leistungen, die "im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind". Aufgabe der Selbstverwaltungspartner ist es deshalb, die Pauschalen "leistungsorientiert" auszugestalten (§ 17b Abs 1 Satz 1 KHG) und demzufolge die Komplexität des Leistungsgeschehens in geeignete Fallpauschalen umzusetzen. Dabei haben sie Sorge dafür zu tragen, dass einerseits der Aufwand der Krankenhäuser leistungsgerecht vergütet wird und andererseits der DRG-Katalog hinreichend praktikabel ist. Ausdrücklich ist ihnen vorgegeben: "Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Comorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein" (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Begleiterkrankungen und andere Versorgungsbesonderheiten kommt danach im Fallpauschalensystem nur Bedeutung zu, soweit sie in das DRG-Regelwerk eingegangen sind und in dessen System zu einer höher bewerteten DRG führen. Dies ist dann der Fall, wenn die Nebenerkrankung erstens kodierfähig (dazu unter b) und zweitens erlöswirksam (dazu unter c) ist.

16
        

           

b) Voraussetzung für die Abrechnungsrelevanz einer Nebenerkrankung ist zunächst, dass sie nach den Kodierrichtlinien (zusätzlich) kodierfähig ist und deshalb in die DRG-Bestimmung dem Grunde nach (überhaupt) eingehen kann. Das ist nach den Kodierrichtlinien 2004 - und im Wesentlichen unverändert auch nach den Richtlinien für die nachfolgenden Jahre - dann der Fall, wenn die fragliche Nebendiagnose für das Versorgungsgeschehen tatsächlich bedeutsam geworden ist. Insoweit definieren die Kodierrichtlinien 2004 (Abschnitt D003b, S 11) den Begriff Nebendiagnosen als "eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt." Weiter heißt es:

        
        

"Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist:

        
                 

·       

therapeutische Maßnahmen

                 

·       

diagnostische Maßnahmen

                 

·       

erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand

        

Krankheiten, die durch den Anästhesisten während der präoperativen Beurteilung dokumentiert wurden, werden nur kodiert, wenn sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusst, wird diese Krankheit als Nebendiagnose kodiert.

        
        

Anamnestische Diagnosen, die das Patientenmanagement gemäß obiger Definition nicht beeinflusst haben, wie z.B. eine ausgeheilte Pneumonie vor 6 Monaten oder ein abgeheiltes Ulkus, werden nicht kodiert ..."

        
17

Zusätzlich zur Hauptdiagnose kodierfähig sind danach solche Nebendiagnosen, deren Versorgung weitere und in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst haben. Hauptdiagnose in diesem Sinne ist nach den Kodierrichtlinien 2004 "die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist" (vgl Abschnitt D002c, S 4). Sind gemessen an dem hieraus sich ergebenden Versorgungsbedarf wegen einer Nebenerkrankung zusätzliche Leistungen zu erbringen, so rechtfertigt dies die Kodierung der entsprechenden Nebendiagnose. Maßstab hierfür ist jedenfalls bei Operationen - wie hier - nach den Kodierrichtlinien 2004 die "Abweichung von dem Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur" (vgl Abschnitt D003b, S 11). Erfordert also eine Begleiterkrankung besondere Leistungen der Diagnostik, der Therapie oder der Betreuung/Pflege und wirkt sie sich somit im "Patientenmanagement" aus, so ist das für die Kodierung bei operativ zu versorgenden Haupterkrankungen beachtlich, wenn die Erbringung dieser Leistungen in der von der Fallpauschale für die Haupterkrankungen abgedeckten Standardversorgung nicht vorgesehen ist.

18

c) Solche kodierfähigen Nebendiagnosen sind des Weiteren nur dann auch erlöswirksam, wenn sie nach der von den Selbstverwaltungspartnern bestimmten Entscheidungslogik eine höher bewertete DRG auslösen. Das ist immer und aber auch nur dann der Fall, wenn der zutreffend kodierten zusätzlichen Diagnose zusammen mit der Hauptdiagnose und etwaigen weiteren prägenden Faktoren im DRG-Regelwerk eine andere Bewertungsrelation zukommt als der Hauptdiagnose für sich allein. Maßgebend dafür ist ausschließlich der dem Fallpauschalenkatalog zu Grunde liegende "Entscheidungsbaum" (vgl oben 2.c); auf die textliche Umschreibung der Fallpauschale kommt es entgegen der Auffassung des LSG nicht an. Die Frage, ob eine (Neben-)Diagnose als erlösrelevant zu verschlüsseln ist, lässt sich nicht anhand der sprachlichen Fassung der in Frage kommenden DRG beantworten. Der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, ist einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich und wäre mit dem Ziel nicht vereinbar, Vergütungsregeln streng nach Wortlaut für die routinemäßige Anwendung in zahlreichen Behandlungsfällen handhabbar zu machen (vgl allg zur Funktion von Vergütungsregeln: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl dazu zuletzt zur Abrechnung von Sonderentgelten nach der Bundespflegesatzverordnung 1994: BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 3 KR 4/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 14 mwN).

19

4. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die hier im Streit stehende Versorgung zutreffend mit der Fallpauschale DRG E01B vergütet worden. Ein Anspruch nach DRG E01A besteht nicht. Die zusätzlichen Untersuchungen zur Abklärung von Thrombose-Risiken vor dem Thorax-Eingriff bei der Versicherten waren zwar kodierfähig, aber nicht erlöswirksam.

20

a) Wie zu Recht auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, hat die Klägerin durch die Versorgung der Versicherten jedenfalls einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage der DRG E01B erworben. Diese DRG wird nach den maßgeblichen Regeln ua dann angesteuert, wenn wie im vorliegenden Fall als Hauptdiagnose eine histologisch gesicherte Lungentuberkulose (ICD-10 A15.2) diagnostiziert wurde (vgl Definitionshandbuch Band 1, S 227). Bei der von der Klägerin durchgeführten Operation handelte es sich auch um einen großen Eingriff am Thorax, denn die vorgenommene Teilresektion der Lunge (OPS 5-322.61) wird diesen Eingriffen zugeordnet (vgl Definitionshandbuch Band 1, S 230).

21

b) Ebenfalls zutreffend hat die Klägerin den alten Thrombosebefund als jedenfalls dem Grunde nach kodierfähig angesehen. Wie das LSG unangegriffen und damit für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt hat, ist deswegen vor der Lungenoperation der Versicherten eine Phlebosonographie und eine Echokardiographie durchgeführt worden. Dies sind diagnostische Maßnahmen, die nach der ebenfalls nicht beanstandeten Feststellung des LSG nicht zum Regelvorgehen bei einer Lungenoberlappenteilresektion gehören. Sie rechnen daher nicht zum Standardvorgehen aus Anlass der Hauptdiagnose, weshalb die zu Grunde liegende Nebendiagnose grundsätzlich auch kodierfähig ist. Ob diese Maßnahmen nur deshalb durchgeführt wurden, um Risiko bzw Durchführbarkeit der Lungenoperation zu klären, ist für die Kodierrelevanz der Nebendiagnose - anders als das LSG meint - nicht entscheidend. Denn der Wortlaut der Kodierrichtlinie enthält eine solche Einschränkung weder ausdrücklich noch ist das Gebot einer derartig einschränkenden Auslegung aus den in der Kodierrichtlinie 2004 genannten Beispielen abzuleiten.

22

c) Bei einer den gesundheitlichen Zustand der Versicherten zutreffend widerspiegelnden, ICD-10 konformen Kodierung der Nebendiagnose beschränkt sich der Vergütungsanspruch der Klägerin dennoch auf eine Vergütung nach der DRG E01B. Denn die Nebendiagnose durfte nicht mit ICD-10 I80.2, sondern allenfalls mit einem Kode versehen werden, der eine Vergütung nach DRG E01A nicht begründet. Die Entscheidungslogik der DRG-Groupierung - also das konkrete Ansteuern einer bestimmten DRG - differenziert zwischen gewichtigen und unbedeutenden bzw einander ähnlichen Nebendiagnosen (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, Stuttgart 2010, S 168), weswegen bei identischer Basis-DRG den Nebendiagnosen bzw ihrer Kombination entscheidender Einfluß auf die angesteuerte DRG und damit auf die Höhe des Vergütungsanspruchs zukommt. Erlöswirksam ist eine Nebendiagnose deshalb nur, soweit sich dies bei zutreffender Verschlüsselung nach dem ICD-10 aus der Entscheidungslogik des DRG-Fallpauschalenkatalogs so ergibt.

23

Dem ist die Abrechnung der Klägerin nicht gerecht geworden. Der bei der Versicherten diagnostizierte "Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links, Zustand nach Hüft-TEP links" durfte nicht mit der Nebendiagnose "Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten" nach ICD-10 I80.2 kodiert werden. Denn nach den bindenden Feststellungen des LSG litt die Versicherte nicht an einer akuten Thrombose, sondern an einem Altzustand nach Thrombose in Folge der im April 2004 erfolgten Hüftoperation. Der bloße Verdacht einer Thrombose vor Durchführung der diagnostischen Maßnahmen rechtfertigt eine Kodierung nach ICD-10 I80.2 nicht, denn für sie kommt es nach ihrer textlichen und damit für ihre Auslegung maßgeblichen Fassung nur auf den tatsächlich aktuellen Zustand des Patienten und nicht auf einen etwa auszuräumenden Verdacht an.

24

Der Gesundheitszustand der Versicherten konnte auch nicht mit einem anderen ICD-10-Kode verschlüsselt werden, der einen Anspruch auf Vergütung nach DRG E01A begründet hätte. Die einer Verdachtsdiagnose zugrundeliegenden Befunde und Symptome sind zwar auch dann, wenn eine definitive Diagnose nicht existiert, zu Abrechnungszwecken kodierfähig (Kodierrichtlinien 2004 Abschnitt 1801a, S 179). Gleiches gilt für nicht mehr aktive Folgezustände einer Krankheit, wenn der Folgezustand als solcher in den ICD-10 mit einer spezifischen Schlüsselnummer versehen wurde (Kodierrichtlinien 2004 Abschnitt D005a, S 14), was in Bezug auf einen etwaigen "Folgezustand nach Thrombose" aber nicht der Fall ist. Statt der von der Klägerin zu Unrecht kodierten ICD-10 I80.2 hätte hier möglicherweise eine Kodierung der ICD-10 I87.0 (postthrombotisches Syndrom) oder der ICD-10 R60.9 (Ödem, nicht näher bezeichnet) erfolgen können, was ohne weitergehende medizinische Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden kann. Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG bedurfte es gleichwohl nicht, denn die anderweitig in Betracht kommenden Kodierungen führen - bei im Übrigen unveränderten Verschlüsselungsdaten - nicht zu einer Vergütung nach DRG E01A, sondern nur nach DRG E01B (recherchiert am 10.11.2010 über den zertifizierten Webgrouper der DRG Research Group des Universitätsklinikums Münster, http://drg.uni-muenster.de). Anhaltspunkte dafür, dass statt dieser Alternativen eine andere ICD-10-Kodierung rechtmäßig gewesen wäre und zur Vergütung auf Grundlage von DRG E01A geführt hätte, sind nicht ersichtlich und wurden auch von der Klägerin nicht vorgebracht.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tatbestand

1

Streitig ist die Kürzung von Krankenhausvergütungen um den sog Krankenhaus-Sanierungsbeitrag von 0,5 % nach dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378).

2

Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH, das zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen und in dem zwischen dem 11.7.2007 und dem 22.11.2007 eine größere Zahl von Versicherten der beklagten Krankenkasse stationär versorgt worden ist. Die hierauf erteilten Schlussrechnungen kürzte die Beklagte um einen Abschlag von 0,5 % des jeweiligen Rechnungsbetrages entsprechend der durch Art 19 Nr 2 GKV-WSG zum 1.1.2007 eingeführten und durch das Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz ) vom 17.3.2009 (BGBl I 534) zum 1.1.2009 wieder aufgehobenen Regelung des § 8 Abs 9 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG - im Folgenden: KHEntgG aF). Die Klägerin erachtet diesen Abschlag für verfassungswidrig und hat restliche Vergütungsansprüche in Höhe von zunächst 1.943,57 Euro gerichtlich geltend gemacht. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.4.2008). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin die Klage nach einem Unterwerfungsvergleich auf die Zahlung eines Betrages von 58,16 Euro beschränkt, der sich aus Abschlägen für drei stationäre Behandlungen zwischen dem 11.7. und dem 17.9.2007 zusammensetzt. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2009): Die Kürzungsvorschrift des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF sei formell und materiell verfassungsgemäß. Zulässig habe der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz die Krankenhäuser an der Stabilisierung der GKV beteiligt. Dadurch seien weder die verfassungsrechtlichen Vorschriften zur Finanzverwaltung umgangen noch Grundrechte der Klägerin verletzt worden. Insbesondere gegen die Gewährleistungen von Art 3, 12 und 14 GG sei nicht verstoßen worden.

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF als verfassungswidrig. Die Vorschrift sei durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht gedeckt, messe sich eine unzulässige Rückwirkung bei und stelle eine unzulässige Sonderabgabe dar, die in ihre durch Art 14 GG geschützte Rechtsposition eingreife und in der Gesamtschau mit weiteren Belastungen des Krankenhaussektors das Maß des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren überschreite. Der Sanierungsbeitrag diene wesentlich dem Ausgleich von Verlusten, die von einzelnen Krankenkassen durch unzulässige Kreditaufnahme aufgehäuft worden seien. Insofern würden die Krankenhausträger in Haftung dafür genommen, dass in der Vergangenheit die Aufsicht über das Geschäftsgebaren von Krankenkassen unzureichend gewesen sei.

4

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. März 2009 und des SG Aachen vom 22. April 2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 58,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2007 zu zahlen.

5

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass weitere Vergütungsansprüche in Höhe von 58,16 Euro nicht bestehen. Die Rechnungsabschläge in Höhe von 0,5 % sind von der Kürzungsbestimmung des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF gedeckt und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Für eine Verfahrensaussetzung nach Art 100 Abs 1 Satz 1 GG besteht deshalb kein Grund.

7

1. Rechtsgrundlage des zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG verfolgten restlichen Vergütungsanspruchs(stRspr; vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 18, 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12 RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 9) ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(hier anzuwenden idF von Art 2 Nr 5 Buchst a des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes - 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2007 sowie dem Vertrag über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen und den Landesverbänden der Krankenkassen vom 6.12.1996 idF vom 19.8.1998. Danach entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser iS des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird(vgl BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20). Hiernach hat die Klägerin nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG - was zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit steht - in jedem der hier zur Entscheidung gestellten Fälle Vergütungsansprüche jeweils nach Maßgabe der von ihr zutreffend abgerechneten Rechnungspositionen erworben.

8

2. Diese Vergütungsansprüche unterlagen - was auch die Klägerin nicht verkennt - im hier maßgeblichen Zeitraum gemäß § 8 Abs 9 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG aF einem Abschlag in Höhe von 0,5 % des Rechnungsbetrages. Die maßgebliche Vorschrift des § 8 Abs 9 KHEntgG aF lautete: "Bei gesetzlich krankenversicherten Patienten, die nach dem 31. Dezember 2006 entlassen werden, ist ein Abschlag in Höhe von 0,5 vom Hundert des Rechnungsbetrags vorzunehmen und auf der Rechnung des Krankenhauses auszuweisen; der Abschlag gilt bis zum Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung zur Finanzierung der Krankenhäuser für den Zeitraum nach dem Jahr 2008. Haben Krankenkassen Rechnungen nach Satz 1 ohne Abschlag bezahlt, ist der Krankenhausträger verpflichtet, jeweils einen Betrag in Höhe von 0,5 vom Hundert des Rechnungsbetrags an die jeweilige Krankenkasse zu erstatten. Bemessungsgrundlage für den Abschlag nach Satz 1 und 2 ist die Höhe der abgerechneten Entgelte nach § 6 Abs. 2a und § 7 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 5 einschließlich der Abschläge bei Verlegungen. Bei der Ermittlung des Erlösausgleichs nach § 4 Abs. 9 und § 6 Abs. 3 Satz 6 wird die Erlösminderung infolge des Abschlags nicht berücksichtigt." Demgemäß hat die Beklagte die streitigen Leistungen zutreffend in der um den Kürzungsbetrag in Höhe von 58,16 Euro geminderten Höhe vergütet; das beanstandet dem rechnerischen Ergebnis nach auch die Klägerin nicht.

9

3. Diese Vergütungsabsenkung ist entgegen der Ansicht der Klägerin formell von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, denn sie ist von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gedeckt.

10

a) Kompetenzrechtliche Grundlage der Abschlagsregelung des § 8 Abs 9 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG aF sind die Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art 74 Abs 1 Nr 12 GG - Sozialversicherung - und Art 74 Abs 1 Nr 19a GG - Regelung der Krankenhauspflegesätze - jeweils iVm Art 72 GG, hier in der bei Verabschiedung des GKV-WSG maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.8.2006 (BGBl I 2034). Der Regelungsbereich "Sozialversicherung" umfasst auf der finanziellen Seite (vgl BVerfGE 14, 312, 318 = SozR Nr 1 zu Art 108 GG; BVerfGE 75, 108, 146 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BVerfGE 81, 156, 185 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 S 3; BVerfGE 99, 202, 212 = SozR 3-4100 § 128a Nr 9 S 53) auch Bestimmungen zur Finanzierung der zu erledigenden Aufgaben und damit neben den Vorschriften über die Aufbringung der Beiträge im engeren Sinne ebenso Normen zur finanziellen Entlastung der Sozialversicherungssysteme. Beides dient nach der Rechtsprechung des BVerfG gleichermaßen dem Erhalt ihrer Leistungsfähigkeit und ist deshalb von dem Kompetenztitel "Sozialversicherung" umfasst (vgl BVerfGE 114, 196, 221 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 49 - Beitragssatzsicherungsgesetz). Hierunter fallen entgegen der Auffassung der Klägerin folglich auch Regelungen wie der hier angegriffene Rechnungsabschlag, durch den die Vergütung von Krankenhausleistungen für gesetzlich Krankenversicherte vorübergehend abgesenkt wird. Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt des Weiteren aus dem Kompetenztitel des Art 74 Abs 1 Nr 19a GG, der Bestimmungen über Entgelte für teilstationäre und stationäre Krankenbehandlung einschließt (vgl BVerfGE 114, 196, 222 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 51 - Beitragssatzsicherungsgesetz). Dieser Titel umfasst entgegen der Ansicht der Klägerin alle Regelungen, die auf diese Entgelte nach Höhe oder Struktur Einfluss nehmen und damit auch den hier angegriffenen Rechnungsabschlag.

11

b) Von diesen Kompetenzen durfte der Bund mit § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF auch Gebrauch machen. Insoweit rechnen Regelungen im Bereich der Sozialversicherung zu den Gegenständen, für die ihm seit Inkrafttreten von Art 72 Abs 2 GG nF auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung ein grundsätzlicher Vorrang gebührt (zur Rechtslage nach Art 72 Abs 2 GG aF vgl BVerfGE 114, 196, 222 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 52 f - Beitragssatzsicherungsgesetz). Dies erfordert - wie das BVerfG (aaO) bereits entschieden hat - eine einheitliche Regelung ua der Kosten für Waren und Dienstleistungen im Gesundheitswesen. Zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftsordnung durfte der Bundesgesetzgeber deshalb auch einheitliche Regelungen für die Vergütung von Krankenhausleistungen auf der Grundlage von Art 74 Abs 1 Nr 19a iVm Art 72 Abs 2 GG verabschieden.

12

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Rechnungsabschläge nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF auch nicht als nichtsteuerliche (Sonder-)Abgaben zu qualifizieren und deshalb nicht an den vom BVerfG zu deren Erhebung entwickelten Anforderungen zu messen.

13

a) Sonderabgaben sind hoheitlich auferlegte Geldleistungspflichten, denen keine unmittelbare Gegenleistung gegenübersteht (BVerfGE 81, 156, 186; 78, 249, 267; 75, 108, 147; Pieroth in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl 2009, Art 105 RdNr 9 ff). Sie unterscheiden sich von der Steuer dadurch, dass sie die Abgabenschuldner über die allgemeine Steuerpflicht hinaus mit Abgaben belasten, ihre Kompetenzgrundlage in einer Sachgesetzgebungszuständigkeit suchen und das Abgabeaufkommen einem Sonderfonds vorbehalten ist (BVerfGE 101, 141, 148). Erforderlich ist eine besondere sachliche Rechtfertigung, nämlich zum einen eine spezifische Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Zweck der Abgabenerhebung in dem Sinne, dass diese einen engeren Bezug zu dem abgedeckten Risiko aufweisen als die übrige Bevölkerung und insofern eine vom Verantwortungszusammenhang her abgrenzbare Gruppe bilden, und zum anderen eine hinreichende Gruppennützigkeit (BVerfGE 113, 128, 146 bis 153; vgl auch Schuppert in: Umbach/Clemens, GG, 2002, Art 105 RdNr 28 ff).

14

b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte stellt der Rechnungsabschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG keine Sonderabgabe dar. Die Regelung greift vielmehr in den Vergütungsanspruch für zukünftige Leistungen ein, den ein Krankenhaus nach Maßgabe der dargelegten Rechtsgrundlage (oben unter 1.) durch die vorschriftsgemäße Versorgung gesetzlich Krankenversicherter erwirbt. Insoweit liegt ihr eine anderweitig normierte Rechtsbeziehung zwischen Krankenhaus und Krankenkasse zugrunde, in deren Rahmen sie die Aufwendungen für die allgemeine Aufgabenerfüllung reduziert; die ersparten Mittel fließen nicht etwa - ebenso wenig wie die Praxisgebühr nach § 28 Abs 4 SGB V - einem staatlichen Sonderfonds zu(hierzu vgl BSG, Urteil vom 25.6.2009 - B 3 KR 3/08 R - BSGE 103, 275 = SozR 4-2500 § 28 Nr 3 RdNr 23). Auf solche Regelungen sind die zu den Sonderabgaben entwickelten Maßstäbe des BVerfG nach Sinn und Zweck nicht anwendbar. Zwangsrabatte sind vielmehr staatliche Preisreglementierungen, die ausschließlich im Lichte möglicherweise betroffener Grundrechtspositionen zu beurteilen sind (vgl BVerfGE 114, 196, 249 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 144 - Beitragssatzsicherungsgesetz), hier also nach Art 12 Abs 1 GG (dazu unter 5.), Art 14 Abs 1 GG (dazu unter 6.) und Art 3 Abs 1 GG (dazu unter 7.). Sinn und Zweck der Rechtsprechung zu den Sonderabgaben ist es, eine Umgehung der Finanzverfassung in den Fällen zu verhindern, in denen der Gesetzgeber unter Rückgriff auf seine Kompetenzen aus Art 70 ff GG den Bürger jenseits der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln mit nichtsteuerlichen Abgaben belegt (vgl BVerfGE 110, 370, 387 f mwN). Für Preisinterventionen des Staates greift der Schutzzweck dieser Rechtsprechung hingegen nicht ein (vgl BVerfGE 114, 196, 249 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 144 - Beitragssatzsicherungsgesetz).

15

5. Das Grundrecht der Berufsfreiheit ist nicht verletzt. Dabei kann unentschieden bleiben, ob einem kirchlichen Träger eines nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Krankenhauses die Garantie des Art 12 Abs 1 GG gemäß Art 19 Abs 3 GG überhaupt zustehen kann (offen gelassen von BVerfG - Kammer - Nichtannahmebeschluss vom 17.10.2007 - 2 BvR 1095/05 - SozR 4-3300 § 9 Nr 3 RdNr 78 mwN - Belegungspflicht öffentlich geförderter Altenpflegeeinrichtungen). Denn jedenfalls ist der Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit gerechtfertigt.

16

a) Soweit der Schutzbereich gemäß Art 19 Abs 3 GG überhaupt eröffnet ist, greifen Vergütungsvorschriften wie der Rechnungsabschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF in die Berufsfreiheit ein. Art 12 Abs 1 GG gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage seiner persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung und schließt auch die Freiheit ein, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln. Vergütungsregelungen und hierauf gründende Entscheidungen, die auf die Einnahmen, welche durch eine berufliche Tätigkeit erzielt werden können, und damit auch auf die Existenzerhaltung von nicht unerheblichem Einfluss sind, greifen in die Freiheit der Berufsausübung ein (vgl BVerfGE 88, 145, 159 und 101, 331, 347 - jeweils mwN).

17

b) Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind mit Art 12 Abs 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird (vgl BVerfGE 94, 372, 390). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Beschränkungen des Grundrechts stehen unter dem Gebot der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (vgl BVerfGE 54, 301, 313). Eingriffszweck und Eingriffsintensität müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen.

18

c) Der Rechnungsabschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF ist durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und belastet die Krankenhäuser auch unter Berücksichtigung der weiteren Auswirkungen des GKV-WSG nicht in verfassungswidriger Weise.

19

aa) Die gesetzliche Regelung des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF verfolgt legitime Gemeinwohlzwecke. Insgesamt hat sich der Gesetzgeber von dem Ziel leiten lassen, im Rahmen seiner beständigen Maßnahmen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der GKV durch das GKV-WSG weitere Schritte einerseits zur Reform der Finanzierungsstrukturen und damit der Einnahmenseite im Gesundheitswesen zu verbinden mit einer Reform der Ausgabenseite, die sicherstellt, dass die Mittel effizient und effektiv eingesetzt werden (vgl BT-Drucks 16/3100 S 1). Hierzu hat er für angemessen erachtet, die Krankenhäuser in Form eines Sanierungsbeitrages in Höhe von ursprünglich insgesamt 1 % der Ausgaben für stationäre Krankenhausleistungen zu beteiligen, aufzubringen in Höhe von 0,2 % durch eine Absenkung der sog Mindererlösausgleichsquote (§ 4 Abs 9 Satz 2 KHEntgG aF), von weiteren 0,1 % durch die Streichung der Rückzahlungspflicht der Krankenkassen für nicht verwendete Mittel der Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung (§ 140d Abs 1 Satz 8 SGB V) sowie von 0,7 % durch den Rechnungsabschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF, später abgesenkt auf 0,5 %(vgl BT-Drucks 16/3100 S 194). Das hiermit verfolgte Ziel der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV ist ein Gemeinwohlbelang von hinreichendem Gewicht (vgl BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3; BVerfGE 103, 172, 184 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BVerfGE 114, 196, 244 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 131; BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27).

20

bb) Diese Motive verlieren ihre Tragfähigkeit entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb, weil das mit dem GKV-WSG auch verfolgte (Teil-)Ziel einer weiteren Entschuldung von Krankenkassen nicht alle Kassen gleichermaßen betroffen hat. Zwar waren die bei zahlreichen Krankenkassen bis zum Jahr 2003 aufgelaufenen Verbindlichkeiten bis Jahresende 2005 durch die mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) eingeleiteten Maßnahmen zu einem großen Teil abgebaut (zu den für das GMG insoweit maßgeblichen Erwägungen vgl BT-Drucks 15/1525 S 138 f). Doch noch immer bestand bei einer großen Zahl von Krankenkassen mit mehr als der Hälfte aller Versicherten ein Schuldenstand, der nach der vom Gesetzgeber verfolgten Konzeption bis Ende 2007 abgebaut sein sollte (vgl BT-Drucks 16/3100 S 85). Dass er neben weiteren Gründen auch deshalb die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV für dringlich erachtet hat, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, sondern liegt in seinem Gestaltungsermessen, dem er sich im Übrigen auch nicht entziehen dürfte (vgl BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3). Insoweit ist es für die Verantwortung für die finanzielle Stabilität der GKV und den angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Leistungserbringer einerseits und der Beitragszahler andererseits entgegen der Ansicht der Klägerin ebenfalls nicht von Bedeutung, worin die Ursache der Verschuldung lag und ob die Krankenkassen hierzu durch rechtswidriges Verhalten selbst beigetragen hatten. Relevanz haben kann das nur für die Frage, mit welchen Mitteln der Gesetzgeber der Verschuldung entgegensteuert, aber nicht für die Legitimität der Zielverfolgung als solcher.

21

cc) Die angegriffene gesetzliche Regelung war geeignet, durch Entlastung der Krankenkassenausgaben zur finanziellen Stabilisierung der GKV beizutragen (vgl etwa zu den Rabatten nach § 130a SGB V: BVerfGE 114, 196, 245 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 132). Da sie nicht die Einzelheiten des Vergütungsgefüges beeinflussen, sind sie besonders tauglich, wenn - wie hier - ein zeitlich befristeter Beitrag zur Ausgabensenkung geleistet werden soll.

22

dd) Auch die angemessene Relation von Eingriffszweck und Eingriffsintensität der Regelung ist gewahrt. Deren Beurteilung richtet sich in Bereichen, in denen ein sehr allgemein gehaltenes Ziel durch eine Vielzahl von Maßnahmen verfolgt wird, die unterschiedliche Rechtspositionen verschiedener Grundrechtsträger berühren, nach dem Maß der jeweiligen individuellen Betroffenheit. Verfolgt der Gesetzgeber ein komplexes Ziel - wie die finanzielle Stabilität der GKV - mit vielfältigen Mitteln, ist eine Maßnahme nicht ungeeignet, weil die Betroffenen anderenorts größere Einsparpotentiale sehen. Auch ist eine bestimmte Maßnahme nicht deshalb als nicht erforderlich anzusehen, weil es andere Mittel innerhalb des Systems gibt, die andere Personen weniger belasten würden. Eine einzelne Maßnahme ist zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks ebenso nicht deshalb unverhältnismäßig, weil nicht alle Betroffenen durch die gesetzlichen Vorkehrungen gleichmäßig belastet werden (vgl BVerfGE 103, 172, 183 f = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 26). Entsprechend diesem Maßstab begegnet die Beteiligung der Krankenhäuser an der Konsolidierung der Krankenkassenfinanzen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwendungen. Die Ausgaben für die stationäre Versorgung liegen seit langem bei einem Drittel aller GKV-Ausgaben (zB 2006: 49,93 Mrd Euro gegenüber 53 Mrd Euro im Vorjahr, vgl BMG, Kennzahlen der gesetzlichen Krankenversicherung 1998 bis 2007; 1. bis 4. Quartal 2008, S 1, http://www.bmg.bund.de/cln_151/nn_1168278/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken/Gesetzliche-Krankenversicherung/Kennzahlen-und-Faustformeln/Kennzahlen-und-Faustformeln, templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Kennzahlen-und-Faustformeln.pdf , recherchiert am 22.4.2010) und bilden damit den höchsten Kostenblock innerhalb des GKV-Systems. Dass der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund auch den Krankenhaussektor in die kostendämpfenden Maßnahmen einbezogen hat, ist deshalb zunächst dem Ansatz nach von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

23

ee) In der Gesamtschau von belastenden und entlastenden Maßnahmen bei Krankenhäusern, Versicherten und anderen Leistungserbringern lässt sich auch nicht feststellen, dass durch die Vergütungskürzung in ihrer konkreten Ausgestaltung Eingriffszweck und Eingriffsintensität zu Lasten der Klägerin in ein unangemessenes Verhältnis gebracht worden wären.

24

Allerdings sind die Krankenhäuser durch die pauschale Entgeltkürzung selbst in der hier angegriffenen Höhe spürbar beeinträchtigt worden. Zudem hat der Gesetzgeber auf diesem Wege zusätzlich in einen ohnehin vielfach rechtlich gebundenen (vgl §§ 3 bis 6 KHEntgG)Preisfindungsprozess eingegriffen, der seinem Ansatz nach an sich grundsätzlich auf Vergütungsabsprachen im Vereinbarungswege ausgerichtet ist (vgl § 18 Abs 1 Satz 1 KHG, § 11 KHEntgG, § 17 Bundespflegesatzverordnung). Auf der anderen Seite ist der Krankenhaussektor durch die Regelungen des GKV-WSG nicht nur belastet worden. Der Gesetzgeber hat vielmehr den bereits früher eingeleiteten Prozess der Annäherung von ambulanter und stationärer Versorgung nochmals befördert und den Zugang von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung weiter geöffnet. Hierzu ist neben weiteren Maßnahmen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 89) insbesondere die zum 1.1.2004 durch das GMG eingeführte Öffnung für die ambulante Versorgung weiter ausgebaut und erstmals ein eigener Anspruch ausgewählter Krankenhäuser auf Beteiligung an der ambulanten Versorgung besonderer Krankheiten begründet worden (vgl § 116b SGB V idF von Art 1 Nr 85 des GKV-WSG). Und schließlich ist noch zu beachten, dass die Kürzung von vornherein nur für zwei Jahre angelegt war (vgl § 8 Abs 9 Satz 1 Halbs 2 KHEntgG aF).

25

Andererseits sind neben den Krankenhäusern auch andere Gruppen im GKV-Bereich spürbar an der Konsolidierung der Krankenkassenfinanzen beteiligt worden. So sind zunächst die Versicherten durch Einsparungen auf der Leistungsseite belastet worden, etwa durch die Anhebung der Belastungsgrenze für Zuzahlungen auch bei chronisch Kranken auf 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen, wenn sie keine regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen haben vornehmen lassen und sie nicht an einem strukturierten Behandlungsprogramm für ihre Erkrankung teilgenommen hatten (vgl § 62 Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB V idF des GKV-WSG). Auf der Einnahmeseite hat der Gesetzgeber die Beitragsaufbringung durch einen zum 1.1.2009 neu einzurichtenden Gesundheitsfonds vollständig umgestaltet und den Krankenkassen, die mit dessen Mitteln nicht auskommen, die Möglichkeit eingeräumt, von ihren Mitgliedern - bei einer Begrenzung auf 1 % des beitragspflichtigen Einkommens - einen prozentualen oder pauschalen Zusatzbeitrag zu erheben (vgl § 242 SGB V idF des GKV-WSG). Auch die Transferzahlungen aus dem allgemeinen Steuerhaushalt sind in diesem Zuge weiter angehoben worden (vgl § 221 Abs 1 SGB V idF des GKV-WSG). Schließlich hat der Gesetzgeber im Rahmen des GKV-WSG andere Leistungserbringer etwa durch Regelungen in der Arznei- und Hilfsmittelversorgung ebenfalls an der Konsolidierung der GKV-Finanzen beteiligt. So hat er unter Hinweis auf den starken Anstieg der Kosten für die Arzneimittelversorgung und bereits früher getroffene, aber nicht ausreichende Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung weitere Regelungen im Bereiche der Festsetzung der Arzneimittelpreise getroffen (vgl nur Übersicht in BT-Drucks 16/3100, S 88 f zu Nr 4), die Vorschriften zur Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel weiterentwickelt und eine Ausgabensenkung bei den Fahrkosten durch Ausgabenabschläge in Höhe von 3 % vorgenommen, in die selbst Rettungsfahrten einbezogen wurden (vgl BT-Drucks 16/3100, S 89 zu Nr 5 und 6). Schon diese Auflistung zeigt, dass die Krankenhäuser durch die angefochtene Regelung nicht in einer von Verfassungs wegen zu beanstandenden Weise zur Kostendämpfung im GKV-System herangezogen worden sind.

26

ff) Die Rechtsänderungen durch das GKV-WSG begründen keinen mit der Berufsfreiheit der Klägerin unvereinbaren "additiven" Grundrechtseingriff. Grundsätzlich ist es zwar möglich, dass verschiedene einzelne, für sich betrachtet geringfügige Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche in ihrer Gesamtwirkung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung führen, die das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschreitet (vgl BVerfGE 112, 304, 319 f; 114, 196, 247 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 136 f; BVerfGE 123, 186 , 265 f). Jedoch lässt sich eine derartige Wirkung der die Krankenhäuser betreffenden gesetzlichen Regelungen durch das GKV-WSG nicht feststellen. Weder die Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), noch die Ausführungen der Klägerin ergeben hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der befristete Rechnungsabschlag zusammen mit der Absenkung der Mindererlösquote der Krankenhäuser von bisher 40 % auf 20 % (§ 4 Abs 9 KHEntgG aF) sowie der Streichung der Rückzahlungspflicht der Krankenkassen für nicht verwendete Mittel der Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung (§ 140d Abs 1 S 5 SGB V idF des GKV-WSG) in ihrem kumulativen Zusammenwirken den Krankenhausbetrieb der Klägerin in ihrer Funktionsfähigkeit ernsthaft bedroht hätten. Die Klägerin macht lediglich pauschal geltend, in materieller Hinsicht erreiche die (einseitige) Gesamtbelastung der Krankenhäuser mit den oa drei belastenden Maßnahmen des GKV-WSG ein Ausmaß, das auch durch den Gemeinwohlbelang der finanziellen Stabilität der GKV nicht hinreichend gerechtfertigt werden könne. Aus diesen nur allgemein gehaltenen Ausführungen kann nicht auf das Vorliegen eines verfassungswidrigen "additiven" Grundrechtseingriffs geschlossen werden. Die Klägerin macht schon nicht hinreichend deutlich, inwieweit weitere gesetzliche Regelungen sie unmittelbar im Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG betroffen haben. Insoweit hätte sie zumindest ihre eigene wirtschaftliche Situation konkret schildern müssen.

27

6. Art 14 Abs 1 GG ist schon deshalb nicht verletzt, weil der Schutzbereich der Eigentumsgarantie nicht berührt ist. Art 14 Abs 1 GG schützt nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (vgl BVerfGE 20, 31, 34; BVerfGE 30, 292, 334 f), umfasst also grundsätzlich nicht in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl BVerfGE 30, 292, 335; 45, 272, 296; 68, 193, 222 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 6; 95, 173, 187 f mwN; BSGE 96,1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 30). An einem solchen Eingriff in ein konkretes vermögenswertes Recht fehlt es hier schon deshalb, weil der Rechnungsabschlag auf eine Abrechnungsvorschrift (§ 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG aF) gestützt ist und deshalb keine geschützte Eigentumsposition, sondern ausschließlich die zukünftigen Erwerbschancen der Klägerin betrifft. Deren Regelung berührt die Eigentumsgarantie nicht. Über die Zulässigkeit der durch § 8 Abs 9 Satz 2 KHEntgG aF begründeten Verpflichtung zur Kürzung bereits vereinnahmter Entgelte auch vor Inkrafttreten des GKV-WSG war hier nicht zu entscheiden.

28

7. Auch der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Nur dort, wo sich sachlich gerechtfertigte Unterschiede vom Gericht nicht feststellen lassen, sind die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 4 RdNr 9 mwN; stRspr).

29

Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in der unterschiedlichen Behandlung von Krankenhäusern und Versicherten. Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob Krankenhäuser als Leistungserbringer und Versicherte als Leistungsberechtigte überhaupt geeignete Vergleichsgruppen bilden können. Jedenfalls bestehen zwischen Krankenhäusern und Versicherten Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Während die Versicherten durch ihre Beiträge und Eigenbeteiligungen (vgl etwa die durch das GMG mit Wirkung vom 1.1.2004 in § 28 Abs 4 SGB V eingeführte Praxisgebühr) die GKV mittragen, gehören die Krankenhäuser zu den Leistungserbringern im Auftrag der Krankenkassen. Mit der Inanspruchnahme der Krankenhäuser als Leistungserbringer der GKV wird - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht etwa der Bereich der sachlich gerechtfertigten Differenzierung verlassen und an "eine systemwidrige, fremdnützige Inanspruchnahme" angeknüpft, sondern zu Recht dem Umstand Rechnung getragen, dass die GKV eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftliche Betätigung der Leistungserbringer bildet, diese also von einer stabilen GKV in hohem Maße profitieren. Die Versicherten tragen auf andere Art - nämlich durch ihre Beiträge und Eigenbeteiligungen - zur Sicherstellung der finanziellen Stabilität der GKV bei und sind im Übrigen auch durch Maßnahmen des GKV-WSG weiter belastet worden (vgl oben unter 5. c dd).

30

In Bezug auf die Leistungserbringer außerhalb des Krankenhausbereichs scheidet eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots ebenfalls aus. Auch insoweit bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die übrigen Leistungserbringer in Bezug auf den Rechnungsabschlag mit den Krankenhäusern geeignete Vergleichsgruppen bilden können. Die Ungleichbehandlung ist jedenfalls gerechtfertigt. Gemessen an dem Ziel der Konsolidierung der GKV war ihre Heranziehung zu einem Sanierungsbeitrag von der sachlichen Überlegung des Gesetzgebers getragen, die Versorgung im Krankenhaus stelle den größten Ausgabenfaktor der GKV dar und habe zu überproportionalen Ausgabenzuwächsen geführt (BT-Drucks 16/3100 S 89 zu Nr 7). Der Gesetzgeber hat damit - rechtlich zulässig - auch berücksichtigt, dass die Ausgaben der GKV in besonderem Umfang den Krankenhäusern als Leistungserbringer zu Gute gekommen sind und diese deshalb an der Konsolidierung selbst auch in besonderem Maße Interesse haben dürften. Damit hat er sein Gestaltungsermessen nicht überschritten.

31

Die Beschränkung des Rechnungsabschlages schließlich auf Krankenhäuser, die nach dem KHEntgG abrechnen, führt zwar zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den übrigen Krankenhäusern, deren Vergütung sich nach tagesgleichen Pflegesätzen bemisst. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch ebenfalls gerechtfertigt. Im Gesetzgebungsverfahren wurde auf die ursprünglich in § 14 Abs 7 BPflV entsprechend vorgesehene Regelung(vgl BT-Drucks 16/3100 S 195 zu Nr 3) verzichtet, weil die Personalkostenintensität im Bereich der Psychiatrie besonders hoch sei (BT-Drucks 16/4247 S 64 f). Auch wenn der Hinweis der Klägerin zutreffend sein sollte, dass allenfalls ein Personalkostenunterschied von nur 15 % bis maximal 20 % gegeben sei, hindert dies den Gesetzgeber nicht, die Ungleichbehandlung mit diesem sachlichen Unterschied zu begründen. Die Klägerin hat jedenfalls keine besonderen Auswirkungen des Rechnungsabschlags auf die nach dem KHEntgG abrechnenden Krankenhäuser dargelegt, die für eine Überschreitung der Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens sprechen. Hinzu kommt, dass das Gewicht der Ungleichbehandlung von vornherein eingeschränkt war, da der Gesetzgeber die zeitliche Geltung des Abschlages bis Ende 2008 begrenzt hatte, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen ordnungspolitischen Rahmens für das DRG-System (BT-Drucks 16/ 3100 S 195).

32

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen:

1.
Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen gilt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, soweit Absatz 4 keine abweichenden Regelungen enthält. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Die Fallgruppen und ihre Bewertungsrelationen sind bundeseinheitlich festzulegen. Die Bewertungsrelationen sind als Relativgewichte auf eine Bezugsleistung zu definieren; sie sind für Leistungen, bei denen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten oder zu erwarten sind, gezielt abzusenken oder in Abhängigkeit von der Fallzahl bei diesen Leistungen abgestuft vorzugeben. Um mögliche Fehlanreize durch eine systematische Übervergütung der Sachkostenanteile bei voll- und teilstationären Leistungen jährlich zu analysieren und geeignete Maßnahmen zum Abbau vorhandener Übervergütung zu ergreifen, sind auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus sachgerechte Korrekturen der Bewertungsrelationen der Fallpauschalen zu vereinbaren; die Korrekturen der Bewertungsrelationen sind erstmals für die Weiterentwicklung des Vergütungssystems für das Jahr 2021 ausschließlich innerhalb der Fallpauschalenvergütung durchzuführen. Soweit dies zur Ergänzung der Fallpauschalen in eng begrenzten Ausnahmefällen erforderlich ist, können die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 Zusatzentgelte für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbaren, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren oder für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist. Sie vereinbaren auch die Höhe der Entgelte; diese kann nach Regionen differenziert festgelegt werden. Nach Maßgabe des Krankenhausentgeltgesetzes können Entgelte für Leistungen, die nicht durch die Entgeltkataloge erfasst sind, durch die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 vereinbart werden. Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden; unabhängig davon, ob die Leistungen mit den Entgeltkatalogen sachgerecht vergütet werden, ist bei Palliativstationen oder -einheiten, die räumlich und organisatorisch abgegrenzt sind und über mindestens fünf Betten verfügen, dafür ein schriftlicher oder elektronischer Antrag des Krankenhauses ausreichend. Entstehen bei Patientinnen oder Patienten mit außerordentlichen Untersuchungs- und Behandlungsabläufen extrem hohe Kostenunterdeckungen, die mit dem pauschalierten Vergütungssystem nicht sachgerecht finanziert werden (Kostenausreißer), sind entsprechende Fälle zur Entwicklung geeigneter Vergütungsformen vertieft zu prüfen. Zur Förderung der palliativmedizinischen Versorgung durch Palliativdienste ist die Kalkulation eines Zusatzentgelts zu ermöglichen; im Einvernehmen mit der betroffenen medizinischen Fachgesellschaft sind die hierfür erforderlichen Kriterien bis zum 29. Februar 2016 zu entwickeln. Zur sachgerechten Abbildung der Kosten von telekonsiliarärztlichen Leistungen haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus spätestens bis zum 30. September 2024 Entgelte zu vereinbaren.

(1a) Soweit allgemeine Krankenhausleistungen nicht oder noch nicht in die Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen werden können, weil der Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, sind bundeseinheitliche Regelungen für Zu- oder Abschläge zu vereinbaren, insbesondere für

1.
die Notfallversorgung,
2.
die besonderen Aufgaben nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Krankenhausentgeltgesetzes,
3.
(weggefallen)
4.
die Beteiligung der Krankenhäuser an Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf der Grundlage der §§ 136 und 136b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und die Beteiligung ganzer Krankenhäuser oder wesentlicher Teile der Einrichtungen an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen, sofern diese den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136a Absatz 3 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechen,
5.
befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten auf Grund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
6.
die Finanzierung der Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen,
7.
die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 der Bundespflegesatzverordnung,
8.
den Ausbildungszuschlag nach § 17a Absatz 6,
9.
den Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne des § 2 Nummer 5 Buchstabe a des Implantateregistergesetzes auf Grund ihrer Pflichten nach den §§ 16 und 17 Absatz 1 des Implantateregistergesetzes sowie den §§ 18, 20, 24 und 25 des Implantateregistergesetzes und für die zu zahlenden Gebühren nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben der Absätze 1, 1a und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im Krankenhausentgeltgesetz vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen; insbesondere wirken sie mit den Abrechnungsbestimmungen darauf hin, dass die Voraussetzungen, unter denen bei Wiederaufnahme von Patientinnen und Patienten eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen sind, dem Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend Rechnung tragen. Die Prüfungsergebnisse nach § 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu beachten. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur beratenden Teilnahme an den Sitzungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 zu geben, soweit medizinische Fragen der Entgelte und der zu Grunde liegenden Leistungsabgrenzung betroffen sind; dies gilt entsprechend für einen Vertreter der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe. Die betroffenen Fachgesellschaften und, soweit deren Belange berührt sind, die Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Industrie und der Industrie für Medizinprodukte erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Für die gemeinsame Beschlussfassung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und des Verbandes der privaten Krankenversicherung haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zwei Stimmen und der Verband der privaten Krankenversicherung eine Stimme. Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Vertragsparteien teilnehmen und erhält deren fachliche Unterlagen. Die Vertragsparteien veröffentlichen in geeigneter Weise die Ergebnisse der Kostenerhebungen und Kalkulationen; die der Kalkulation zugrunde liegenden Daten einzelner Krankenhäuser sind vertraulich.

(3) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 vereinbaren bis zum 30. Juni 2000 die Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelationen auf Bundesebene (Bewertungsverfahren), insbesondere der zu Grunde zu legenden Fallgruppen, sowie die Grundzüge ihres Verfahrens zur laufenden Pflege des Systems auf Bundesebene. Die Vertragsparteien vereinbaren die Bewertungsrelationen und die Bewertung der Zu- und Abschläge nach Absatz 1a. Die Bewertungsrelationen werden auf der Grundlage der Fallkosten einer sachgerechten und repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern kalkuliert. Auf der Grundlage eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zu entwickelnden Vorschlags vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 bis spätestens zum 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3; zur Gewährleistung einer repräsentativen Kalkulation der nach Absatz 4 auszugliedernden Pflegepersonalkosten hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus das Konzept anzupassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus bestimmt auf der Grundlage des Konzepts nach Satz 4, welche Krankenhäuser an der Kalkulation teilnehmen; diese Krankenhäuser sind zur Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation erforderlichen Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus verpflichtet.

(3a) Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus hat für jede nicht erfolgte, nicht vollständige oder nicht fristgerechte Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation nach Absatz 3 Satz 4 erforderlichen Daten einen Abschlag von den pauschalierten Pflegesätzen nach § 17 Absatz 1 je Standort eines Krankenhauses festzulegen. Eine Übermittlung gilt als nicht vollständig, wenn die Daten von weniger als 95 Prozent der für den jeweiligen Standort eines Krankenhauses an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus übermittelten voll- und teilstationären Krankenhausfälle verwertbar sind. Der Abschlag nach Satz 1 ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der voll- und teilstationären Krankenhausfälle, deren Daten durch das Krankenhaus je Krankenhausstandort nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind, mit einem fallbezogenen Abschlagswert. Der fallbezogene Abschlagswert beträgt im ersten Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, 20 Euro je voll- und teilstationären Krankenhausfall, dessen Daten nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind. Für jedes weitere Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, erhöht sich der fallbezogene Abschlagswert nach Satz 4 um jeweils 10 Euro. Abweichend von den Sätzen 3 bis 5 beträgt der Abschlag nach Satz 1 mindestens 20 000 Euro und höchstens 500 000 Euro pro Jahr der Datenübermittlung. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus unterrichtet jeweils die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 über Verstöße und die Höhe des jeweiligen Abschlags nach Satz 1. Die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 berücksichtigen den Abschlag nach Satz 1 bei der Vereinbarung nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 11 der Bundespflegesatzverordnung.

(4) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen aus dem Vergütungssystem auszugliedern und eine neue Pflegepersonalkostenvergütung zu entwickeln; ab dem Jahr 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines angepassten Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen nach den Vorgaben des Absatzes 4a aus dem Vergütungssystem auszugliedern und die Pflegepersonalkostenvergütung weiterzuentwickeln. Hierfür haben sie insbesondere erstmals bis zum 31. Januar 2019 eine eindeutige, bundeseinheitliche Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten zu vereinbaren und dabei auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen tätig ist. Die Krankenhäuser haben die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden; für die Vereinbarungen ab dem Jahr 2025 haben die Krankenhäuser ab dem 1. Januar 2023 die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Absatz 4a für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen anzuwenden. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben die Bewertungsrelationen für das DRG-Vergütungssystem erstmals für das Jahr 2020 um die Summe der Bewertungsrelationen der nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten und die Zusatzentgelte um die pflegerelevanten Kosten zu vermindern sowie auf dieser Grundlage die Fallpauschalenvereinbarung bis zum 30. September 2019 abzuschließen. Sie haben die nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten bis zum 30. September 2019 in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen je voll oder teilstationärem Belegungstag auszuweisen und den Katalog jährlich weiterzuentwickeln. Der Katalog ist erstmals für das Jahr 2020 von den Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 für die Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes anzuwenden. Für die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten und die Entwicklung einer neuen Pflegepersonalkostenvergütung nach Satz 1 sowie für die Vereinbarung einer bundeseinheitlichen Definition nach Satz 2 oder Absatz 4a Satz 1 gelten die Regelungen nach Absatz 2 Satz 4 bis 7 zur Einbindung der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe, zur Beschlussfassung sowie zu den Teilnahme- und Zugangsrechten des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechend. Für die Ausweisung der auszugliedernden Pflegepersonalkosten in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen und die Weiterentwicklung des Katalogs nach Satz 5 gelten die Veröffentlichungspflichten nach Absatz 2 Satz 8 entsprechend. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 berichten dem Bundesministerium für Gesundheit über die Auswirkungen, die die Einführung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes auf die Entwicklung der Pflegepersonalstellen und -kosten in den Jahren 2020 bis 2024 hat. Sie haben hierzu zum 31. August 2022 einen Zwischenbericht und zum 31. August 2025 einen abschließenden Bericht vorzulegen.

(4a) Für die Jahre ab 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 erstmals bis zum 31. Dezember 2022 zu vereinbaren, dass in der eindeutigen bundeseinheitlichen Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten nach Absatz 4 Satz 2 ausschließlich das Pflegepersonal und die Pflegepersonalkosten der folgenden Berufsgruppen zu berücksichtigen sind:

1.
als Pflegefachkräfte Personen, die über die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Pflegeberufegesetzes oder § 58 Absatz 1 oder Absatz 2 des Pflegeberufegesetzes verfügen oder deren Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach dem Krankenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder nach dem Altenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung nach § 64 des Pflegeberufegesetzes fortgilt,
2.
als Pflegehilfskräfte
a)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben, die die von der 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 und der 86. Gesundheitsministerkonferenz 2013 als Mindestanforderungen beschlossenen Eckpunkte für die in Länderzuständigkeit liegenden Ausbildungen zu Assistenz- und Helferberufen in der Pflege (BAnz AT 17.02.2016 B3) erfüllt,
b)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Ausbildung in der Krankenpflegehilfe oder in der Altenpflegehilfe von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben,
c)
Personen, denen auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung eine Erlaubnis als Krankenpflegehelferin oder Krankenpflegehelfer erteilt worden ist,
d)
Medizinische Fachangestellte, die erfolgreich eine Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten abgeschlossen haben oder eine Qualifikation vorweisen, die dieser Ausbildung entspricht,
e)
Anästhesietechnische Assistentinnen und Anästhesietechnische Assistenten, die über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetzes verfügen, und
f)
Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, denen die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Notfallsanitätergesetzes erteilt worden ist, und
3.
als Hebammen Personen mit einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 5 Absatz 1 des Hebammengesetzes, auch in Verbindung mit den §§ 73 und 74 Absatz 1 des Hebammengesetzes.
In der Vereinbarung haben sie auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen oder in Kreißsälen tätig ist.

(5) Zur Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 4 sowie § 10 Abs. 2 und § 17d vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1

1.
einen Zuschlag für jeden abzurechnenden Krankenhausfall, mit dem die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems finanziert werden (DRG-Systemzuschlag); der Zuschlag dient der Finanzierung insbesondere der Entwicklung der DRG-Klassifikation und der Kodierregeln, der Ermittlung der Bewertungsrelationen, der Bewertung der Zu- und Abschläge, der Ermittlung der Richtwerte nach § 17a Abs. 4b, von pauschalierten Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation und der Vergabe von Aufträgen, auch soweit die Vertragsparteien die Aufgaben durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus wahrnehmen lassen oder das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 7 anstelle der Vertragsparteien entscheidet,
2.
Maßnahmen, die sicherstellen, dass die durch den Systemzuschlag erhobenen Finanzierungsbeträge ausschließlich zur Umsetzung der in diesem Absatz genannten Aufgaben verwendet werden,
3.
das Nähere zur Weiterleitung der entsprechenden Einnahmen der Krankenhäuser an die Vertragsparteien,
4.
kommt eine Vereinbarung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6.
Die Vertragsparteien vereinbaren pauschalierte Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation, die einen wesentlichen Teil der zusätzlich entstehenden Kosten umfassen sollen; sie sollen als fester Grundbetrag je Krankenhaus und ergänzend als Finanzierung in Abhängigkeit von Anzahl und Qualität der übermittelten Datensätze gezahlt werden. Über die Teilnahme des einzelnen Krankenhauses entscheiden prospektiv die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf Grund der Qualität des Rechnungswesens oder der Notwendigkeit der zu erhebenden Daten; ein Anspruch auf Teilnahme besteht nicht. Für die Vereinbarungen gilt Absatz 2 Satz 6 entsprechend. Ein Einsatz der Finanzmittel zur Deckung allgemeiner Haushalte der Vertragsparteien oder zur Finanzierung herkömmlicher Verbandsaufgaben im Zusammenhang mit dem Vergütungssystem ist unzulässig. Die vom Bundesministerium für Gesundheit zur Vorbereitung einer Rechtsverordnung nach Absatz 7 veranlassten Kosten für die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems sind von den Selbstverwaltungspartnern unverzüglich aus den Finanzmitteln nach Satz 1 zu begleichen; die Entscheidungen verantwortet das Bundesministerium. Der DRG-Systemzuschlag ist von den Krankenhäusern je voll- und teilstationärem Krankenhausfall dem selbstzahlenden Patienten oder dem jeweiligen Kostenträger zusätzlich zu den tagesgleichen Pflegesätzen oder einer Fallpauschale in Rechnung zu stellen; er ist an die Vertragsparteien oder eine von ihnen benannte Stelle abzuführen. Der Zuschlag unterliegt nicht der Begrenzung der Pflegesätze durch § 10 Absatz 4 des Krankenhausentgeltgesetzes oder § 10 Absatz 3 der Bundespflegesatzverordnung; er geht nicht in den Gesamtbetrag und die Erlösausgleiche nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung ein.

(6) (weggefallen)

(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates

1.
Vorschriften über das Vergütungssystem einschließlich Vorschriften über die Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 zu erlassen, soweit eine Einigung der Vertragsparteien nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht zustande gekommen ist und eine der Vertragsparteien insoweit das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat; die Vertragsparteien haben zu den strittigen Punkten ihre Auffassungen und die Auffassungen sonstiger Betroffener darzulegen und Lösungsvorschläge zu unterbreiten,
2.
abweichend von Nummer 1 auch ohne Erklärung des Scheiterns durch eine Vertragspartei nach Ablauf vorher vorgegebener Fristen für Arbeitsschritte zu entscheiden, soweit dies erforderlich ist, um die Einführung des Vergütungssystems einschließlich der Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 und die jährliche Weiterentwicklung fristgerecht sicherzustellen,
3.
Leistungen oder besondere Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 9 und 10 zu bestimmen, die mit dem DRG-Vergütungssystem noch nicht sachgerecht vergütet werden können; für diese Bereiche können die anzuwendende Art der Vergütung festgelegt sowie Vorschriften zur Ermittlung der Entgelthöhe und zu den vorzulegenden Verhandlungsunterlagen erlassen werden,
4.
unter den Voraussetzungen nach den Nummern 1 und 2 Richtwerte nach § 17a Abs. 4b zur Finanzierung der Ausbildungskosten vorzugeben.
Von Vereinbarungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 kann abgewichen werden, soweit dies für Regelungen nach Satz 1 erforderlich ist. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist verpflichtet, dem Bundesministerium zur Vorbereitung von Regelungen nach Satz 1 unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium kann sich von unabhängigen Sachverständigen beraten lassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist auch im Falle einer Vereinbarung durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 verpflichtet, auf Anforderung des Bundesministeriums Auskunft insbesondere über den Entwicklungsstand des Vergütungssystems, die Entgelte und deren Veränderungen sowie über Problembereiche und mögliche Alternativen zu erteilen. Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 6 oder Absatz 3 Satz 4 nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6.

(7a) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Unterlagen, die von den Krankenhäusern für die Budgetverhandlungen vorzulegen sind, zu erlassen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 führen eine Begleitforschung zu den Auswirkungen des neuen Vergütungssystems, insbesondere zur Veränderung der Versorgungsstrukturen und zur Qualität der Versorgung, durch; dabei sind auch die Auswirkungen auf die anderen Versorgungsbereiche sowie die Art und der Umfang von Leistungsverlagerungen zu untersuchen. Sie schreiben dazu Forschungsaufträge aus und beauftragen das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, insbesondere die Daten nach § 21 des Krankenhausentgeltgesetzes auszuwerten. Die Kosten dieser Begleitforschung werden mit dem DRG-Systemzuschlag nach Absatz 5 finanziert. Die Begleitforschung ist mit dem Bundesministerium für Gesundheit abzustimmen.

(9) (weggefallen)

(10) Über die nach Absatz 1 Satz 11 vorzunehmende vertiefte Prüfung von Kostenausreißern hinausgehend beauftragen die Vertragsparteien nach Absatz 2 bis zum 31. Dezember 2013 das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus mit der Festlegung von Kriterien zur Ermittlung von Kostenausreißern und einer auf dieser Grundlage erfolgenden systematischen Prüfung, in welchem Umfang Krankenhäuser mit Kostenausreißern belastet sind. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus entwickelt ein Regelwerk für Fallprüfungen bei Krankenhäusern, die an der DRG-Kalkulation teilnehmen. Zur sachgerechten Beurteilung der Kostenausreißer hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus von den an der Kalkulation teilnehmenden Krankenhäusern über den Kalkulationsdatensatz hinausgehende detaillierte fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten zu erheben. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus veröffentlicht die Prüfergebnisse jährlich im Rahmen eines Extremkostenberichts, erstmals bis zum 31. Dezember 2014. In dem Bericht sind auch die Gründe von Kostenausreißerfällen und Belastungsunterschieden zwischen Krankenhäusern darzulegen. Auf der Grundlage des Berichts sind geeignete Regelungen für eine sachgerechte Vergütung von Kostenausreißern im Rahmen des Entgeltsystems zu entwickeln und durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 zu vereinbaren.

(1) Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet:

1.
Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),
2.
Zusatzentgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),
3.
gesonderte Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 2a,
4.
Zu- und Abschläge nach § 17b Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und nach diesem Gesetz sowie nach § 33 Absatz 3 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes,
5.
Entgelte für besondere Einrichtungen und für Leistungen, die noch nicht von den auf Bundesebene vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten erfasst werden (§ 6 Abs. 1),
6.
Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die noch nicht in die Entgeltkataloge nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 aufgenommen worden sind (§ 6 Abs. 2),
6a.
tagesbezogene Pflegeentgelte zur Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a,
7.
Pflegezuschlag nach § 8 Absatz 10.
Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet. Darüber hinaus werden der DRG-Systemzuschlag nach § 17b Abs. 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, der Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nach § 91 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 139c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Telematikzuschlag nach § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch abgerechnet.

(2) Die Höhe der Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt ermittelt:

1.
Fallpauschalen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1; die sich aus dem bundeseinheitlichen Entgeltkatalog ergebende Bewertungsrelation einschließlich der Regelungen zur Grenzverweildauer und zu Verlegungen (effektive Bewertungsrelation) wird mit dem Landesbasisfallwert multipliziert;
2.
Zusatzentgelte nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2; die bundeseinheitliche Entgelthöhe wird dem Entgeltkatalog entnommen;
3.
Fallpauschalen, Zusatzentgelte und tagesbezogene Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5, 6 und 6a; die Entgelte sind in der nach den §§ 6 und 6a krankenhausindividuell vereinbarten Höhe abzurechnen;
4.
Zu- und Abschläge nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4; die Zu- und Abschläge werden krankenhausindividuell vereinbart.
Die auf der Bundesebene vereinbarten Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sind anzuwenden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

2

Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

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2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

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a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

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b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

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3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

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a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

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b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

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aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

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Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

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bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

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Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

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cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

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Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

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Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

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Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

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In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

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Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

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dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

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Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

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Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

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c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

42

Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

43

Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

44

Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

45

Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

46

d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

47

4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

48

Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

49

Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

50

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

51

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen gilt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, soweit Absatz 4 keine abweichenden Regelungen enthält. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Die Fallgruppen und ihre Bewertungsrelationen sind bundeseinheitlich festzulegen. Die Bewertungsrelationen sind als Relativgewichte auf eine Bezugsleistung zu definieren; sie sind für Leistungen, bei denen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten oder zu erwarten sind, gezielt abzusenken oder in Abhängigkeit von der Fallzahl bei diesen Leistungen abgestuft vorzugeben. Um mögliche Fehlanreize durch eine systematische Übervergütung der Sachkostenanteile bei voll- und teilstationären Leistungen jährlich zu analysieren und geeignete Maßnahmen zum Abbau vorhandener Übervergütung zu ergreifen, sind auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus sachgerechte Korrekturen der Bewertungsrelationen der Fallpauschalen zu vereinbaren; die Korrekturen der Bewertungsrelationen sind erstmals für die Weiterentwicklung des Vergütungssystems für das Jahr 2021 ausschließlich innerhalb der Fallpauschalenvergütung durchzuführen. Soweit dies zur Ergänzung der Fallpauschalen in eng begrenzten Ausnahmefällen erforderlich ist, können die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 Zusatzentgelte für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbaren, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren oder für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist. Sie vereinbaren auch die Höhe der Entgelte; diese kann nach Regionen differenziert festgelegt werden. Nach Maßgabe des Krankenhausentgeltgesetzes können Entgelte für Leistungen, die nicht durch die Entgeltkataloge erfasst sind, durch die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 vereinbart werden. Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden; unabhängig davon, ob die Leistungen mit den Entgeltkatalogen sachgerecht vergütet werden, ist bei Palliativstationen oder -einheiten, die räumlich und organisatorisch abgegrenzt sind und über mindestens fünf Betten verfügen, dafür ein schriftlicher oder elektronischer Antrag des Krankenhauses ausreichend. Entstehen bei Patientinnen oder Patienten mit außerordentlichen Untersuchungs- und Behandlungsabläufen extrem hohe Kostenunterdeckungen, die mit dem pauschalierten Vergütungssystem nicht sachgerecht finanziert werden (Kostenausreißer), sind entsprechende Fälle zur Entwicklung geeigneter Vergütungsformen vertieft zu prüfen. Zur Förderung der palliativmedizinischen Versorgung durch Palliativdienste ist die Kalkulation eines Zusatzentgelts zu ermöglichen; im Einvernehmen mit der betroffenen medizinischen Fachgesellschaft sind die hierfür erforderlichen Kriterien bis zum 29. Februar 2016 zu entwickeln. Zur sachgerechten Abbildung der Kosten von telekonsiliarärztlichen Leistungen haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus spätestens bis zum 30. September 2024 Entgelte zu vereinbaren.

(1a) Soweit allgemeine Krankenhausleistungen nicht oder noch nicht in die Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen werden können, weil der Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, sind bundeseinheitliche Regelungen für Zu- oder Abschläge zu vereinbaren, insbesondere für

1.
die Notfallversorgung,
2.
die besonderen Aufgaben nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Krankenhausentgeltgesetzes,
3.
(weggefallen)
4.
die Beteiligung der Krankenhäuser an Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf der Grundlage der §§ 136 und 136b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und die Beteiligung ganzer Krankenhäuser oder wesentlicher Teile der Einrichtungen an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen, sofern diese den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136a Absatz 3 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechen,
5.
befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten auf Grund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
6.
die Finanzierung der Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen,
7.
die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 der Bundespflegesatzverordnung,
8.
den Ausbildungszuschlag nach § 17a Absatz 6,
9.
den Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne des § 2 Nummer 5 Buchstabe a des Implantateregistergesetzes auf Grund ihrer Pflichten nach den §§ 16 und 17 Absatz 1 des Implantateregistergesetzes sowie den §§ 18, 20, 24 und 25 des Implantateregistergesetzes und für die zu zahlenden Gebühren nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben der Absätze 1, 1a und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im Krankenhausentgeltgesetz vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen; insbesondere wirken sie mit den Abrechnungsbestimmungen darauf hin, dass die Voraussetzungen, unter denen bei Wiederaufnahme von Patientinnen und Patienten eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen sind, dem Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend Rechnung tragen. Die Prüfungsergebnisse nach § 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu beachten. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur beratenden Teilnahme an den Sitzungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 zu geben, soweit medizinische Fragen der Entgelte und der zu Grunde liegenden Leistungsabgrenzung betroffen sind; dies gilt entsprechend für einen Vertreter der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe. Die betroffenen Fachgesellschaften und, soweit deren Belange berührt sind, die Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Industrie und der Industrie für Medizinprodukte erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Für die gemeinsame Beschlussfassung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und des Verbandes der privaten Krankenversicherung haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zwei Stimmen und der Verband der privaten Krankenversicherung eine Stimme. Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Vertragsparteien teilnehmen und erhält deren fachliche Unterlagen. Die Vertragsparteien veröffentlichen in geeigneter Weise die Ergebnisse der Kostenerhebungen und Kalkulationen; die der Kalkulation zugrunde liegenden Daten einzelner Krankenhäuser sind vertraulich.

(3) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 vereinbaren bis zum 30. Juni 2000 die Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelationen auf Bundesebene (Bewertungsverfahren), insbesondere der zu Grunde zu legenden Fallgruppen, sowie die Grundzüge ihres Verfahrens zur laufenden Pflege des Systems auf Bundesebene. Die Vertragsparteien vereinbaren die Bewertungsrelationen und die Bewertung der Zu- und Abschläge nach Absatz 1a. Die Bewertungsrelationen werden auf der Grundlage der Fallkosten einer sachgerechten und repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern kalkuliert. Auf der Grundlage eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zu entwickelnden Vorschlags vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 bis spätestens zum 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3; zur Gewährleistung einer repräsentativen Kalkulation der nach Absatz 4 auszugliedernden Pflegepersonalkosten hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus das Konzept anzupassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus bestimmt auf der Grundlage des Konzepts nach Satz 4, welche Krankenhäuser an der Kalkulation teilnehmen; diese Krankenhäuser sind zur Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation erforderlichen Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus verpflichtet.

(3a) Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus hat für jede nicht erfolgte, nicht vollständige oder nicht fristgerechte Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation nach Absatz 3 Satz 4 erforderlichen Daten einen Abschlag von den pauschalierten Pflegesätzen nach § 17 Absatz 1 je Standort eines Krankenhauses festzulegen. Eine Übermittlung gilt als nicht vollständig, wenn die Daten von weniger als 95 Prozent der für den jeweiligen Standort eines Krankenhauses an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus übermittelten voll- und teilstationären Krankenhausfälle verwertbar sind. Der Abschlag nach Satz 1 ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der voll- und teilstationären Krankenhausfälle, deren Daten durch das Krankenhaus je Krankenhausstandort nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind, mit einem fallbezogenen Abschlagswert. Der fallbezogene Abschlagswert beträgt im ersten Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, 20 Euro je voll- und teilstationären Krankenhausfall, dessen Daten nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind. Für jedes weitere Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, erhöht sich der fallbezogene Abschlagswert nach Satz 4 um jeweils 10 Euro. Abweichend von den Sätzen 3 bis 5 beträgt der Abschlag nach Satz 1 mindestens 20 000 Euro und höchstens 500 000 Euro pro Jahr der Datenübermittlung. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus unterrichtet jeweils die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 über Verstöße und die Höhe des jeweiligen Abschlags nach Satz 1. Die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 berücksichtigen den Abschlag nach Satz 1 bei der Vereinbarung nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 11 der Bundespflegesatzverordnung.

(4) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen aus dem Vergütungssystem auszugliedern und eine neue Pflegepersonalkostenvergütung zu entwickeln; ab dem Jahr 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines angepassten Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen nach den Vorgaben des Absatzes 4a aus dem Vergütungssystem auszugliedern und die Pflegepersonalkostenvergütung weiterzuentwickeln. Hierfür haben sie insbesondere erstmals bis zum 31. Januar 2019 eine eindeutige, bundeseinheitliche Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten zu vereinbaren und dabei auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen tätig ist. Die Krankenhäuser haben die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden; für die Vereinbarungen ab dem Jahr 2025 haben die Krankenhäuser ab dem 1. Januar 2023 die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Absatz 4a für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen anzuwenden. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben die Bewertungsrelationen für das DRG-Vergütungssystem erstmals für das Jahr 2020 um die Summe der Bewertungsrelationen der nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten und die Zusatzentgelte um die pflegerelevanten Kosten zu vermindern sowie auf dieser Grundlage die Fallpauschalenvereinbarung bis zum 30. September 2019 abzuschließen. Sie haben die nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten bis zum 30. September 2019 in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen je voll oder teilstationärem Belegungstag auszuweisen und den Katalog jährlich weiterzuentwickeln. Der Katalog ist erstmals für das Jahr 2020 von den Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 für die Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes anzuwenden. Für die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten und die Entwicklung einer neuen Pflegepersonalkostenvergütung nach Satz 1 sowie für die Vereinbarung einer bundeseinheitlichen Definition nach Satz 2 oder Absatz 4a Satz 1 gelten die Regelungen nach Absatz 2 Satz 4 bis 7 zur Einbindung der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe, zur Beschlussfassung sowie zu den Teilnahme- und Zugangsrechten des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechend. Für die Ausweisung der auszugliedernden Pflegepersonalkosten in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen und die Weiterentwicklung des Katalogs nach Satz 5 gelten die Veröffentlichungspflichten nach Absatz 2 Satz 8 entsprechend. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 berichten dem Bundesministerium für Gesundheit über die Auswirkungen, die die Einführung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes auf die Entwicklung der Pflegepersonalstellen und -kosten in den Jahren 2020 bis 2024 hat. Sie haben hierzu zum 31. August 2022 einen Zwischenbericht und zum 31. August 2025 einen abschließenden Bericht vorzulegen.

(4a) Für die Jahre ab 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 erstmals bis zum 31. Dezember 2022 zu vereinbaren, dass in der eindeutigen bundeseinheitlichen Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten nach Absatz 4 Satz 2 ausschließlich das Pflegepersonal und die Pflegepersonalkosten der folgenden Berufsgruppen zu berücksichtigen sind:

1.
als Pflegefachkräfte Personen, die über die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Pflegeberufegesetzes oder § 58 Absatz 1 oder Absatz 2 des Pflegeberufegesetzes verfügen oder deren Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach dem Krankenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder nach dem Altenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung nach § 64 des Pflegeberufegesetzes fortgilt,
2.
als Pflegehilfskräfte
a)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben, die die von der 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 und der 86. Gesundheitsministerkonferenz 2013 als Mindestanforderungen beschlossenen Eckpunkte für die in Länderzuständigkeit liegenden Ausbildungen zu Assistenz- und Helferberufen in der Pflege (BAnz AT 17.02.2016 B3) erfüllt,
b)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Ausbildung in der Krankenpflegehilfe oder in der Altenpflegehilfe von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben,
c)
Personen, denen auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung eine Erlaubnis als Krankenpflegehelferin oder Krankenpflegehelfer erteilt worden ist,
d)
Medizinische Fachangestellte, die erfolgreich eine Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten abgeschlossen haben oder eine Qualifikation vorweisen, die dieser Ausbildung entspricht,
e)
Anästhesietechnische Assistentinnen und Anästhesietechnische Assistenten, die über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetzes verfügen, und
f)
Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, denen die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Notfallsanitätergesetzes erteilt worden ist, und
3.
als Hebammen Personen mit einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 5 Absatz 1 des Hebammengesetzes, auch in Verbindung mit den §§ 73 und 74 Absatz 1 des Hebammengesetzes.
In der Vereinbarung haben sie auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen oder in Kreißsälen tätig ist.

(5) Zur Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 4 sowie § 10 Abs. 2 und § 17d vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1

1.
einen Zuschlag für jeden abzurechnenden Krankenhausfall, mit dem die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems finanziert werden (DRG-Systemzuschlag); der Zuschlag dient der Finanzierung insbesondere der Entwicklung der DRG-Klassifikation und der Kodierregeln, der Ermittlung der Bewertungsrelationen, der Bewertung der Zu- und Abschläge, der Ermittlung der Richtwerte nach § 17a Abs. 4b, von pauschalierten Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation und der Vergabe von Aufträgen, auch soweit die Vertragsparteien die Aufgaben durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus wahrnehmen lassen oder das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 7 anstelle der Vertragsparteien entscheidet,
2.
Maßnahmen, die sicherstellen, dass die durch den Systemzuschlag erhobenen Finanzierungsbeträge ausschließlich zur Umsetzung der in diesem Absatz genannten Aufgaben verwendet werden,
3.
das Nähere zur Weiterleitung der entsprechenden Einnahmen der Krankenhäuser an die Vertragsparteien,
4.
kommt eine Vereinbarung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6.
Die Vertragsparteien vereinbaren pauschalierte Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation, die einen wesentlichen Teil der zusätzlich entstehenden Kosten umfassen sollen; sie sollen als fester Grundbetrag je Krankenhaus und ergänzend als Finanzierung in Abhängigkeit von Anzahl und Qualität der übermittelten Datensätze gezahlt werden. Über die Teilnahme des einzelnen Krankenhauses entscheiden prospektiv die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf Grund der Qualität des Rechnungswesens oder der Notwendigkeit der zu erhebenden Daten; ein Anspruch auf Teilnahme besteht nicht. Für die Vereinbarungen gilt Absatz 2 Satz 6 entsprechend. Ein Einsatz der Finanzmittel zur Deckung allgemeiner Haushalte der Vertragsparteien oder zur Finanzierung herkömmlicher Verbandsaufgaben im Zusammenhang mit dem Vergütungssystem ist unzulässig. Die vom Bundesministerium für Gesundheit zur Vorbereitung einer Rechtsverordnung nach Absatz 7 veranlassten Kosten für die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems sind von den Selbstverwaltungspartnern unverzüglich aus den Finanzmitteln nach Satz 1 zu begleichen; die Entscheidungen verantwortet das Bundesministerium. Der DRG-Systemzuschlag ist von den Krankenhäusern je voll- und teilstationärem Krankenhausfall dem selbstzahlenden Patienten oder dem jeweiligen Kostenträger zusätzlich zu den tagesgleichen Pflegesätzen oder einer Fallpauschale in Rechnung zu stellen; er ist an die Vertragsparteien oder eine von ihnen benannte Stelle abzuführen. Der Zuschlag unterliegt nicht der Begrenzung der Pflegesätze durch § 10 Absatz 4 des Krankenhausentgeltgesetzes oder § 10 Absatz 3 der Bundespflegesatzverordnung; er geht nicht in den Gesamtbetrag und die Erlösausgleiche nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung ein.

(6) (weggefallen)

(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates

1.
Vorschriften über das Vergütungssystem einschließlich Vorschriften über die Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 zu erlassen, soweit eine Einigung der Vertragsparteien nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht zustande gekommen ist und eine der Vertragsparteien insoweit das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat; die Vertragsparteien haben zu den strittigen Punkten ihre Auffassungen und die Auffassungen sonstiger Betroffener darzulegen und Lösungsvorschläge zu unterbreiten,
2.
abweichend von Nummer 1 auch ohne Erklärung des Scheiterns durch eine Vertragspartei nach Ablauf vorher vorgegebener Fristen für Arbeitsschritte zu entscheiden, soweit dies erforderlich ist, um die Einführung des Vergütungssystems einschließlich der Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 und die jährliche Weiterentwicklung fristgerecht sicherzustellen,
3.
Leistungen oder besondere Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 9 und 10 zu bestimmen, die mit dem DRG-Vergütungssystem noch nicht sachgerecht vergütet werden können; für diese Bereiche können die anzuwendende Art der Vergütung festgelegt sowie Vorschriften zur Ermittlung der Entgelthöhe und zu den vorzulegenden Verhandlungsunterlagen erlassen werden,
4.
unter den Voraussetzungen nach den Nummern 1 und 2 Richtwerte nach § 17a Abs. 4b zur Finanzierung der Ausbildungskosten vorzugeben.
Von Vereinbarungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 kann abgewichen werden, soweit dies für Regelungen nach Satz 1 erforderlich ist. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist verpflichtet, dem Bundesministerium zur Vorbereitung von Regelungen nach Satz 1 unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium kann sich von unabhängigen Sachverständigen beraten lassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist auch im Falle einer Vereinbarung durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 verpflichtet, auf Anforderung des Bundesministeriums Auskunft insbesondere über den Entwicklungsstand des Vergütungssystems, die Entgelte und deren Veränderungen sowie über Problembereiche und mögliche Alternativen zu erteilen. Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 6 oder Absatz 3 Satz 4 nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6.

(7a) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Unterlagen, die von den Krankenhäusern für die Budgetverhandlungen vorzulegen sind, zu erlassen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 führen eine Begleitforschung zu den Auswirkungen des neuen Vergütungssystems, insbesondere zur Veränderung der Versorgungsstrukturen und zur Qualität der Versorgung, durch; dabei sind auch die Auswirkungen auf die anderen Versorgungsbereiche sowie die Art und der Umfang von Leistungsverlagerungen zu untersuchen. Sie schreiben dazu Forschungsaufträge aus und beauftragen das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, insbesondere die Daten nach § 21 des Krankenhausentgeltgesetzes auszuwerten. Die Kosten dieser Begleitforschung werden mit dem DRG-Systemzuschlag nach Absatz 5 finanziert. Die Begleitforschung ist mit dem Bundesministerium für Gesundheit abzustimmen.

(9) (weggefallen)

(10) Über die nach Absatz 1 Satz 11 vorzunehmende vertiefte Prüfung von Kostenausreißern hinausgehend beauftragen die Vertragsparteien nach Absatz 2 bis zum 31. Dezember 2013 das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus mit der Festlegung von Kriterien zur Ermittlung von Kostenausreißern und einer auf dieser Grundlage erfolgenden systematischen Prüfung, in welchem Umfang Krankenhäuser mit Kostenausreißern belastet sind. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus entwickelt ein Regelwerk für Fallprüfungen bei Krankenhäusern, die an der DRG-Kalkulation teilnehmen. Zur sachgerechten Beurteilung der Kostenausreißer hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus von den an der Kalkulation teilnehmenden Krankenhäusern über den Kalkulationsdatensatz hinausgehende detaillierte fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten zu erheben. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus veröffentlicht die Prüfergebnisse jährlich im Rahmen eines Extremkostenberichts, erstmals bis zum 31. Dezember 2014. In dem Bericht sind auch die Gründe von Kostenausreißerfällen und Belastungsunterschieden zwischen Krankenhäusern darzulegen. Auf der Grundlage des Berichts sind geeignete Regelungen für eine sachgerechte Vergütung von Kostenausreißern im Rahmen des Entgeltsystems zu entwickeln und durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 zu vereinbaren.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

2

Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

8

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

9

2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

10

a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

11

b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

12

3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

13

a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

14

b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

15

aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

16

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

17

bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

18

Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

19

cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

20

Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

21

Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

22

Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

23

In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

24

Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

25

dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

26

Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

27

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

28

c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

42

Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

43

Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

44

Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

45

Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

46

d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

47

4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

48

Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

49

Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

50

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

51

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der
a)
Aufnahme und Entlassung der Versicherten,
b)
Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen,
2.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung einschließlich eines Kataloges von Leistungen, die in der Regel teilstationär erbracht werden können,
3.
Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen,
4.
die soziale Betreuung und Beratung der Versicherten im Krankenhaus,
5.
den nahtlosen Übergang von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege,
6.
das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1.
Sie sind für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 bis zum 31. Dezember 1989 ganz oder teilweise nicht zustande, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Landesschiedsstelle nach § 114 festgesetzt.

(4) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Landesschiedsstelle nach Absatz 3 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(6) Beim Abschluß der Verträge nach Absatz 1 und bei Abgabe der Empfehlungen nach Absatz 5 sind, soweit darin Regelungen nach Absatz 2 Nr. 5 getroffen werden, die Spitzenorganisationen der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu beteiligen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16. August 2011 geändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 388,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15. Oktober 2010 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen beide Beteiligte jeweils zur Hälfte; die Kosten der Revisionsinstanz trägt die Beklagte.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 688,79 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch der klagenden Krankenkasse gegen die beklagte Gesellschaft als Trägerin des Kreiskrankenhauses G. auf Erstattung von Behandlungskosten in Höhe eines Teilbetrages von 388,79 Euro, den die Klägerin aus einer ihrer Ansicht nach gebotenen Fallzusammenführung nach § 8 Abs 5 S 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) ableitet.

2

In dem Krankenhaus wurde der bei der Klägerin versicherte Patient S. wegen eines linksseitigen Leistenbruchs zunächst vom 23. bis zum 24.12.2009 und sodann vom 28.12.2009 bis zum 5.1.2010 vollstationär behandelt. Für die erste Behandlung mit der Hauptdiagnose gemäß ICD K 40.90 (Hernia inguinalis, einseitig oder ohne Seitenangabe, ohne Einklemmung und ohne Gangrän, nicht als Rezidivhernie bezeichnet) setzte die Beklagte nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2009 die DRG G 24 Z (Eingriffe bei Bauchwandhernien, Nabelhernien und anderen Hernien, Alter > 0 Jahre oder beidseitige Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter > 0 Jahre und < 56 Jahre oder Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter > 55 Jahre) mit einer Vergütung von 1528,96 Euro an (Rechnung vom 29.12.2009). Die wegen eines Hämatoms notwendig gewordene zweite Behandlung mit der Hauptdiagnose gemäß ICD T 81.0 (Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffs, anderenorts nicht klassifiziert) wurde auf der Basis der DRG X 62 Z (Vergiftungen/toxische Wirkungen von Drogen, Medikamenten und anderen Substanzen oder Folgen einer medizinischen Behandlung) mit 1727,95 Euro berechnet (Rechnung vom 6.1.2010). Die Klägerin beglich zunächst beide Rechnungen nach Abzug der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlungen von 10 Euro pro Tag des Aufenthalts gemäß § 39 Abs 4 iVm § 61 S 2 SGB V (20 bzw 90 Euro) in Höhe von 1508,96 Euro und 1637,95 Euro, vertrat aber nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 22.2.2010 die Auffassung, nach § 2 Abs 3 der Fallpauschalenvereinbarung für das Jahr 2009 (FPV 2009) müssten beide Behandlungsfälle zu einem Fall zusammengeführt werden, weil die Zweitbehandlung der Beseitigung einer auf die Erstbehandlung zurückzuführenden typischen Komplikation gedient habe und die Wiederaufnahme noch innerhalb der oberen Grenzverweildauer (8 Tage) der DRG G 24 Z erfolgt sei. Bei der Fallzusammenführung hätte dem Krankenhaus nach der Hauptdiagnose ICD K 40.90 und der Nebendiagnose ICD T 81.0 auf der Basis der DRG G 24 Z eine Gesamtvergütung von 2758,12 Euro zugestanden. Daraus ergebe sich eine Überzahlung von 388,79 Euro (1508,96 + 1637,95 = 3146,91 Euro, abzüglich berechtigter 2758,12 Euro = 388,79 Euro), die einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auslöse.

3

Im Klageverfahren hat die Klägerin den Erstattungsanspruch anfangs irrtümlich auf 1848,78 Euro beziffert (Klageschrift vom 14.10.2010), ihn dann aber auf 388,79 Euro reduziert (Schriftsatz vom 27.12.2010). Die Beklagte tritt dem Erstattungsbegehren entgegen: Eine Fallzusammenführung sei nach der zum 1.1.2008 vereinbarten Änderung der entsprechenden Regelung (vgl § 2 Abs 3 FPV 2009, ebenso schon § 2 Abs 3 FPV 2008) nur noch möglich, wenn die Wiederaufnahme eines Patienten auf einer Komplikation beruhe, die in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses falle. Dies scheide bei Komplikationen aus, die sich erst nach abgeschlossener Erstbehandlung des Patienten und dessen Entlassung aus dem Krankenhaus gezeigt hätten und auf einem unvermeidbaren, schicksalhaften Verlauf beruhten. Nur bei Komplikationen, die auf Fehlern bei der ärztlichen Behandlung oder Pflege im Krankenhaus basierten und deshalb für das Krankenhaus vermeidbar seien, komme eine Fallzusammenführung in Betracht. Demgegenüber meint die Klägerin, eine Fallzusammenführung scheide nur aus, wenn die Komplikation auf einem unvernünftigen Verhalten ("mangelnde Compliance") des Patienten oder einer Behandlung durch einen anderen Arzt, zB den Hausarzt, beruhe. Zeige sich dagegen - wie hier - noch vor Ablauf der oberen Grenzverweildauer eine Komplikation, die typischerweise bei einer bestimmten Krankheit oder einem konkreten Eingriff auftrete und praktisch unvermeidbar sei, falle die Komplikation in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses.

4

Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom 16.8.2011). Es ist der Rechtsauffassung der Beklagten gefolgt und hat die Fallzusammenführung abgelehnt, weil nach dem von ihm eingeholten medizinischen Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 6.4.2011 die Ursache für die zu dem ausgeprägten Hämatom führende Nachblutung nicht feststellbar und deshalb eine fehlerhafte Durchführung des Eingriffs vom 23.12.2009 nicht nachzuweisen sei. Daher sei von einem schicksalshaften Verlauf auszugehen, sodass die zur Wiederaufnahme in das Krankenhaus zwingende Komplikation nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses falle. Die für den Fall der Abweisung der Zahlungsklage erhobene Widerklage auf Zahlung der Aufwandspauschale von 300 Euro nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V sei begründet, weil der Prüfauftrag der Klägerin an den MDK nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt habe.

5

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009, § 275 Abs 1c SGB V). Sie hält die Fallzusammenführung nach wie vor für rechtmäßig und beantragt,

        

das Urteil des SG Köln vom 16.8.2011 zu ändern und die Beklagte unter Abweisung der Widerklage zu verurteilen, an sie 388,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2010 zu zahlen.

6

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, hält die Revision bezüglich der Widerklage bereits für unzulässig und beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig und begründet. Das SG hat den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Klägerin zu Unrecht als unbegründet erachtet. Der Klägerin steht ein Erstattungsanspruch über 388,79 Euro zu, weil die Beklagte zu einer Fallzusammenführung nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009 verpflichtet gewesen wäre, die zu einer Gesamtvergütung für beide Krankenhausbehandlungen von nur 2758,12 Euro geführt hätte. Die Widerklage der Beklagten war abzuweisen.

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1. Die Sprungrevision ist zulässig (§ 161 SGG). Die Klägerin hat die vom SG in dem Urteil vom 16.8.2011 zugelassene Sprungrevision am 17.10.2011 eingelegt. Damit hat sie die einmonatige Frist zur Revisionseinlegung (§ 164 Abs 1 SGG) gewahrt, weil ihr das Urteil des SG am 22.9.2011 zugestellt worden war. Die von der Klägerin gewählte Revisionseinlegung durch Telefax wahrt die Schriftform (§ 164 Abs 1 SGG), weil die auf dem Original-Schriftsatz vom 13.10.2011 enthaltene Unterschrift einer dazu befugten Mitarbeiterin mit Befähigung zum Richteramt (§ 73 Abs 4 SGG) durch das Telefax wiedergegeben wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 151 RdNr 3a - 3d mwN). Dass der Original-Schriftsatz nicht per Post nachgesandt worden ist, ist unerheblich, weil die Übermittlung per Telefax ausreicht (Leitherer, aaO, § 151 RdNr 3d am Ende). Die erforderliche Zustimmung der Beklagten zur Einlegung der Sprungrevision (§ 161 Abs 1 S 3 SGG) liegt vor, weil dem Telefax der Klägerin die Zustimmungserklärung vom 14.10.2011 beigefügt war. Dabei reicht es aus, dass die Zustimmungserklärung der Beklagten mittels eines die Unterschrift ihres Prozessbevollmächtigten wiedergebenden Telefaxes an die Klägerin übermittelt und dieses Telefax ebenfalls in Form eines - von der Klägerin veranlassten - Telefaxes dem BSG zugeleitet worden ist (Leitherer, aaO, § 161 RdNr 4a mwN; BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 13).

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2. Die Sprungrevision der Klägerin erfasst nicht nur ihr Klagebegehren, also den Erstattungsanspruch, sondern auch die Widerklage. Schon durch den Antrag im Revisionsschriftsatz vom 13.10.2011 auf vollständige Aufhebung des SG-Urteils wird auch der Ausspruch erfasst, die Klägerin werde auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte 300 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Der zusätzliche Antrag, die Widerklage abzuweisen, stellt sich insoweit nur als Klarstellung des von vornherein mit der Revision beabsichtigten Überprüfungsbegehrens dar. Der Einwand der Beklagten, das Revisionsbegehren der Klägerin sei durch die Nichterwähnung der Widerklage in der Fassung des Antrages vom 13.10.2011 auf das Klagebegehren beschränkt und die "Erweiterung" des Revisionsbegehrens auf die Abweisung der Widerklage in der Revisionsbegründung vom 20.10.2011 damit unzulässig, ist schon von daher unbegründet.

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Selbst wenn aber in dem Schriftsatz der Klägerin vom 13.10.2011 eine nur beschränkte Einlegung der Revision gesehen werden könnte, ist zu berücksichtigen, dass die Revisionsbegründung vom 20.10.2011 noch innerhalb der am 22.9.2011 beginnenden und am 24.10.2011 (Montag) ablaufenden einmonatigen Revisionseinlegungsfrist beim BSG eingegangen ist, nämlich am 24.10.2011. Es wäre dann von einer noch fristgerecht erfolgten Erweiterung der Revision auszugehen.

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3. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG bedurfte es nicht, weil die Klage zu Recht als allgemeine Leistungsklage(§ 54 Abs 5 SGG) erhoben worden ist. Da sich der Krankenhausträger und die Krankenkasse bei der Frage, wie die stationäre Behandlung eines gesetzlich gegen Krankheit Versicherten zu vergüten ist, im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen, kommt eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht. Es war auch keine Klagefrist zu beachten (stRspr, vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12).

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4. Rechtsgrundlage des von der Beklagten abgerechneten und von der Klägerin durch Zahlung erfüllten Vergütungsanspruchs aus der Ende 2009/Anfang 2010 erfolgten stationären Behandlung des Versicherten S. ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I, 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(jeweils idF des 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b KHG(idF der 9. Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2009 sowie der zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen eV und den Krankenkassen bzw ihren Verbänden geschlossene Vertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV-NRW) vom 6.12.1996 sowie die Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2009. Obgleich der Versicherte erst am 5.1.2010 wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden ist, richtet sich der Vergütungsanspruch noch nach dem Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2009, weil gemäß § 1 Abs 1 S 1 FPV 2009 die Fallpauschalen nach dem am Tag der voll- oder teilstationären Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abzurechnen sind. Hier fand die Erstaufnahme am 23.12.2009 und die Wiederaufnahme am 28.12.2009 statt. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009.

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Nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V) durchgeführt wird und iS des § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser (§ 109 Abs 4 S 2 SGB V) steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 KHG in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse festgelegt wird(BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Hiernach hat die Beklagte für die beiden Behandlungen des Versicherten S. Vergütungen in Höhe von 1508,96 Euro und 1637,95 Euro berechnet, hätte dafür aber nur einen Behandlungsfall mit einer Gesamtvergütung von 2758,12 Euro in Ansatz bringen dürfen.

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5. Rechtsgrundlage der von der Klägerin mit Schreiben vom 23.2.2010 geltend gemachten Forderung auf Rückzahlung des überzahlten Betrages von 388,79 Euro ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 9 f; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1).

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Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur), der aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hergeleitet wird (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27), setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach den §§ 812 ff BGB(vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zu Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 AFG aF BSGE 45, 38, 47 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; 112, 351, 353 f).

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6. Die Klägerin hat die Kostenrechnungen der Beklagten vom 29.12.2009 und 6.1.2010 für die beiden stationären Aufenthalte des Versicherten S. in Höhe eines Teilbetrages von 388,79 Euro ohne Rechtsgrund beglichen. Die Beklagte hätte nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009 beide Behandlungsfälle zu einem Fall mit einer Gesamtvergütung von 2758,12 Euro zusammenfassen müssen; daraus ergibt sich die Überzahlung von 388,79 Euro.

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a) § 8 Abs 5 KHEntgG(idF des 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes) lautet seit dem 21.12.2004: "Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Näheres oder Abweichendes regeln die Vertragsparteien nach § 17b Abs 2 Satz 1 KHG oder eine Rechtsverordnung nach § 17 Abs 7 KHG." Diese Fassung der Vorschrift ist auf die Abrechnungen der um die Jahreswende 2009/2010 erfolgten beiden Krankenhausaufenthalte des Versicherten S. anzuwenden. Aufgrund der Ermächtigung in § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG haben die damaligen Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Selbstverwaltungspartner nach § 17b Abs 2 KHG am 21.9.2007 die zum 1.1.2008 in Kraft getretene FPV 2008 vereinbart, um eine verbesserte Handhabung der Regelungen zur Fallzusammenführung bei Wiederaufnahme wegen Komplikationen zu erreichen. Die insoweit maßgebliche Regelung des § 2 Abs 3 FPV 2008 ist unverändert in die hier einschlägige FPV 2009 übernommen worden.

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§ 2 Abs 3 FPV 2009 lautet: "Werden Patienten oder Patientinnen, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer, bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Aufenthalts, wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Eine Zusammenfassung und Neueinstufung wird nicht vorgenommen bei unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemotherapien und Strahlentherapien im Rahmen onkologischer Behandlungen. Die Absätze 1 und 2 gehen den Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 vor. Die Sätze 1 und 2 ergänzen die Vorgaben nach § 8 Abs. 5 des Krankenhausentgeltgesetzes."

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b) Zur Auslegung dieser Vorschriften ist die historische Entwicklung des Rechts zur Fallzusammenführung bedeutsam.

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aa) Vor der Einführung des DRG-Systems sah bereits die Bundespflegesatzverordnung eine solche Regelung vor. Bis zum 31.12.2003 galt nach § 14 Abs 2 S 5 BPflV ein Sanktionsmechanismus, wonach tagesgleiche Pflegesätze für die Kalendertage innerhalb der Grenzverweildauer der Fallpauschale(§ 11 BPflV)nicht berechnet werden durften, sofern ein Fallpauschalenpatient wegen Komplikationen in dasselbe Krankenhaus wieder aufgenommen wurde. Hintergrund dieser Regelung war nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucks 381/94, S 35), dass insbesondere bei Fallpauschalenpatienten, die nach sehr kurzer Verweildauer entlassen werden, zusätzlich tagesgleiche Pflegesätze abgerechnet wurden, wenn die bereits mit der Fallpauschale bezahlte Verweildauer noch nicht abgelaufen ist. Dies sollte nach Möglichkeit verhindert werden.

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bb) Für das DRG-System hat der Gesetzgeber die Fallzusammenführung wegen Komplikationen in § 8 Abs 5 KHEntgG geregelt. In seiner Ursprungsfassung sah der Satz 1 dieser Vorschrift vor: "Wird ein Patient wegen Komplikationen wieder in dasselbe Krankenhaus aufgenommen, für den zuvor eine Fallpauschale berechnet wurde, darf für die Kalendertage innerhalb der Grenzverweildauer dieser Fallpauschale die Fallpauschale nicht erneut berechnet werden." Die Fassung durch das Fallpauschalenänderungsgesetz vom 17.7.2003 (BGBl I 1461), in Kraft ab 22.7.2003, lautete: "Wird ein Patient, für den zuvor eine Fallpauschale berechnet wurde, im Zeitraum von der Entlassung bis zur Grenzverweildauer der abgerechneten Fallpauschale wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung wieder in dasselbe Krankenhaus aufgenommen, darf eine Fallpauschale nicht erneut berechnet werden." Seit dem 21.12.2004 gilt die bereits zitierte Fassung des 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes. Dabei ist der Begriff der Komplikation stets unverändert geblieben. Er umfasst negative Folgen einer medizinischen Behandlung wie zB Nachblutungen, Hämatome, Thrombosen, Infektionen und auch deren unerwünschte Nebenwirkungen (van der Ploeg, NZS 2011, 808, 809).

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c) Mit der Umstellung auf das DRG-System wurde also zunächst vorgesehen, dass für die Kalendertage innerhalb der Grenzverweildauer einer abgerechneten Fallpauschale diese Fallpauschale nicht erneut berechnet werden durfte, sofern ein Patient wegen Komplikationen wieder in dasselbe Krankenhaus aufgenommen wurde. Bei Anwendung dieser Regelung ist es im Jahr 2003 zu erheblichen Problemen gekommen, da die Norm von Krankenhaus- und Kostenträgerseite unterschiedlich ausgelegt wurde. Zum 22.7.2003 wurde die Vorschrift insoweit geändert, als nunmehr ausdrücklich nur auf "Komplikationen in Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung" abgestellt wurde, um den Anwendungsbereich der Regelung zur Fallzusammenführung einzugrenzen. Dies wurde durch die zum 21.12.2004 in Kraft getretene neue Fassung der Vorschrift bekräftigt. Dennoch bestanden in der Folgezeit zwischen den Leistungserbringern und der Kostenträgerseite weiterhin erhebliche Auslegungsunterschiede. Diese Differenzen sollten über den Weg der vertraglichen Abweichungsmöglichkeit nach § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG endgültig durch die FPV für das Jahr 2008 beseitigt werden, indem in § 2 Abs 3 FPV 2008 nicht mehr nur, wie bis dahin, auf "Komplikationen im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung" abgestellt wurde, sondern zusätzlich gefordert wurde, dass die zur Wiederaufnahme führende Komplikation "in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses" fallen muss.

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d) Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: In den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen unstreitig alle Komplikationen, die auf irgendwie geartete Fehler und Mängel bei der ärztlichen Behandlung oder bei der Pflege im Krankenhaus zurückzuführen sind. Nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen unstreitig alle Komplikationen, die zwar auch im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung des Krankenhauses stehen, aber maßgeblich erst durch ein hinzukommendes weisungswidriges oder sonstwie unvernünftiges Verhalten des Versicherten nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, durch ein Behandlungsverhalten des ambulant weiterbehandelnden Arztes, zB des Hausarztes, oder durch ein sonstiges, nicht vom Krankenhaus zu beeinflussendes Ereignis wie zB einen Verkehrsunfall hervorgerufen worden sind. Streitig geblieben ist trotz der Neufassung der FPV zum 1.1.2008, ob all jene Komplikationen, die bei bestimmten Krankheiten bzw Eingriffen typischerweise oder auch nur in Ausnahmefällen auftreten und nicht (bzw nicht beweisbar) auf ein irgendwie geartetes fehlerhaftes Verhalten der Krankenhausärzte oder des Pflegepersonals zurückzuführen sind, also unvermeidbar erscheinen und einem schicksalhaften Verlauf entsprechen, in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen - so die Ansicht der Krankenkassen (ebenso van der Ploeg, NZS 2011, 808) - oder dem Verantwortungsbereich der Kostenpflichtigen, also der Krankenkassen und der Versicherten zuzurechnen sind - so die Auffassung der Krankenhausträger (ebenso Leber, Das Krankenhaus 2011, 1010). Diese Streitfrage ist zugunsten der Krankenkassen und der Versicherten zu entscheiden, weil sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Vergütungsregelungen für stationäre Behandlungen diese unvermeidbaren Komplikationen in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen, sofern sie vor Ablauf der oberen Grenzverweildauer zur Wiederaufnahme des Versicherten führen.

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7. a) Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen; nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung in zahlreichen Behandlungsfällen handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN). Der Begriff "Verantwortungsbereich" knüpft an die Begriffe "Verantwortung" und "verantworten" an. Im hier maßgeblichen Zusammenhang der rechtlichen (also nicht der politischen, moralischen, sozialen oder religiösen) Verantwortung bedeutet der Begriff die (gesetzliche oder vertragliche) Verpflichtung, für "etwas Geschehenes" einzustehen (vgl Duden, Deutsches Universal-Wörterbuch, 5. Aufl 2003, Stichworte "Verantwortung" und "verantworten"), und zwar unabhängig davon, ob das "Geschehene" auf einem vorwerfbaren Verhalten des Verantwortungsträgers beruht oder für ihn unvermeidbar ist. Beide Alternativen fallen in die "Risikosphäre" des Verantwortungsträgers und damit in seinen Verantwortungsbereich (ebenso van der Ploeg, NZS 2011, 808, 809). Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung liefe dagegen auf eine Gleichsetzung der Begriffe Verantwortung und Schuld hinaus. Dies kann nicht gemeint sein, weil das Vorliegen von Schuld voraussetzt, dass der Verantwortungsträger oder die für ihn handelnde Person vorsätzlich oder fahrlässig gegen Rechtsnormen, vertragliche Verpflichtungen oder - hier von besonderem Interesse - gegen medizinische oder pflegerische Standards bzw Leitlinien verstoßen hat. Darum geht es vorliegend aber nicht, sondern vielmehr um die Frage, ob jemanden die Verantwortung für eine negative Folge auch dann treffen kann, wenn zwar korrekt gehandelt worden ist, daraus aber gleichwohl eine negative Folge erwachsen ist. Deshalb schließt sich der Senat der Rechtsauffassung der Klägerin an.

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b) Bestätigt wird diese am Wortlaut orientierte Auslegung des § 2 Abs 3 FPV 2008/2009 durch den Sinn und Zweck der Regelung. Ziel der Fallzusammenführung ist es, im Hinblick auf mögliche Komplikationen zu frühe Entlassungen der Patienten zu vermeiden, zumindest keinen finanziellen Anreiz in diese Richtung zu geben. Da mit der Fallpauschale die Behandlung eines Patienten bis zur festgelegten oberen Grenzverweildauer vergütet wird, muss das Krankenhaus auch bei der Wiederaufnahme eines Patienten wegen einer Komplikation in diesem Zeitraum seine Leistungen grundsätzlich ohne Abrechnung eines zweiten Behandlungsfalls erbringen, kann dann aber die Gesamtleistung durch die Fallzusammenführung regelmäßig nach einer anderen, höher vergüteten DRG abrechnen. Das Krankenhaus trägt somit das Risiko von innerhalb der oberen Grenzverweildauer auftretenden Komplikationen (vgl die Begründung zu § 8 Abs 5 S 1 KHEntgG, BT-Drucks 15/994, S 22),soweit sie nicht auf das Verhalten des Versicherten oder Dritter zurückzuführen sind. Stellt sich folglich ein konkreter stationärer Behandlungsbedarf als spezifische Folge einer Erkrankung bzw deren Behandlung dar, auf die sich der Behandlungsauftrag des Krankenhauses bereits während des vorangegangenen Krankenhausaufenthalts erstreckt hat, und erfolgt wegen dieser Komplikation noch innerhalb der oberen Grenzverweildauer die Wiederaufnahme des Versicherten, so bleibt das Krankenhaus aufgrund desselben Behandlungsauftrags auch für die weitere Krankenhausbehandlung verantwortlich und hat Anspruch auf eine einheitliche Vergütung. Wenn die nach Beginn der Behandlung eingetretenen Komplikationen bis zum Ablauf der oberen Grenzverweildauer auftreten und Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit begründen, kann es keinen Unterschied machen, ob der Patient sich ununterbrochen in der Klinik aufgehalten hat oder ob das Krankenhaus ihn zwischenzeitlich entlassen hatte. Denn mit dem Eintritt der Komplikation verwirklicht sich gerade das spezifische Gesundheitsrisiko des Behandlungsfalles, das zu bekämpfen das Krankenhaus gegen Zahlung der Fallpauschale beauftragt worden ist.

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Trifft dies schon auf Fälle unvorhersehbarer, atypischer Komplikationen zu, so muss es für absehbare, behandlungstypische Nebenwirkungen erst recht gelten. Nur wenn die erneute Einweisung in dasselbe Krankenhaus auf Umständen beruht, die mit der früheren Behandlung in keinerlei Zusammenhang im Sinne direkter oder gemeinsamer Ursächlichkeit stehen, handelt es sich um einen neuen Behandlungsfall, der zur Abrechnung einer weiteren Fallpauschale berechtigt.

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c) Das Krankenhaus wird durch die Anwendung dieser Regelung nicht ungerechtfertigt aus Gründen benachteiligt, die außerhalb seiner Verantwortung liegen. Die Verantwortung des Krankenhauses wird durch den Auftrag zur Behandlung der Erkrankung bestimmt, welche die Veranlassung für den (ersten) Krankenhausaufenthalt gegeben oder auf die sich die Behandlung sonst erstreckt hat. Auf ein Verschulden hinsichtlich der erneuten Behandlungsbedürftigkeit kommt es dabei nicht an. Ungerechtfertigt wäre es vielmehr, einen zusammenhängenden Krankheits- und Behandlungsfall innerhalb der oberen Grenzverweildauer in zwei Behandlungsfälle aufzuspalten und dem Krankenhaus so einen Anreiz zu bieten, durch die - mehr oder weniger zufällige oder sogar willkürliche - zwischenzeitliche Entlassung des Patienten eine weitere Fallpauschale geltend zu machen, obwohl der ursprüngliche Behandlungsfall im Ganzen betrachtet noch nicht abgeschlossen war.

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d) Die grundsätzliche Zuordnung der unvermeidbaren Komplikationen zum Verantwortungsbereich der Krankenhäuser wird bestätigt durch die ebenfalls zum 1.1.2008 in die FPV aufgenommene Regelung des § 2 Abs 3 S 2, wonach eine Fallzusammenführung und Neueinstufung nicht vorgenommen wird bei unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemotherapien und Strahlentherapien im Rahmen onkologischer Behandlungen. Diese Zusatzregelung wäre überflüssig, wenn unvermeidbare Komplikationen, zu denen nach den Internationalen Klassifikationen der Krankheiten (ICD 10, vgl dort Nr Y 57.9) auch typische Nebenwirkungen von Arzneimitteltherapien und deren Folgen gehören können (van der Ploeg, NZS 2011, 808), ohnehin nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen würden.

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8. Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen auf den Betrag von 388,79 Euro in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.10.2010 beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 15 Abs 1 KBV-NRW iVm § 1 Diskonsatz-Überleitungsgesetz(DÜG = Art 1 EuroEG).

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a) Zwar gilt die Bestimmung des § 15 Abs 1 KBV-NRW ihrem Wortlaut nach nur für Vergütungsforderungen des Krankenhauses. Die Rechnungen sind danach innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang bei der Krankenkasse zu bezahlen; bei Überschreitung des Zahlungsziels kann das Krankenhaus Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag verlangen. Für die Verzinsung von Erstattungsforderungen der Krankenkassen findet sich im KBV-NRW keine eigenständige Regelung. Dies beruht möglicherweise darauf, dass nach § 15 Abs 4 KBV-NRW für Erstattungsforderungen der Krankenkassen eine weitgehende Verrechnungsregelung getroffen worden ist. Die Vorschrift lautet: "Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden. Bei Beanstandungen rechnerischer Art sowie nach Rücknahme der Kostenzusage und falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht, können überzahlte Beträge verrechnet werden." Beim Streit um eine nachträglich durchzuführende Fallzusammenführung nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2008/2009 geht es indes um eine Beanstandung sachlicher Art durch die Krankenkasse, die keine Verrechnungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift auslöst, weil die Voraussetzungen der drei dort genannten Varianten nicht erfüllt sind. Da die Krankenkassen für die in § 15 Abs 4 KBV-NRW nicht genannten Arten der Beanstandungen also auf die klageweise Durchsetzung ihrer Erstattungsansprüche angewiesen sind und es mit Blick auf die Gleichordnung von Krankenhausträgern und Krankenkassen und einen fairen Ausgleich ihrer Interessen keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Vertragspartner des KBV-NRW für diese Erstattungsansprüche eine Verzinsung bewusst ausschließen wollten, kann die Regelungslücke in ergänzender Vertragsauslegung(vgl Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl 2012, § 157 RdNr 3-4) durch die analoge Anwendung des § 15 Abs 1 KBV-NRW geschlossen werden. Der erkennende Senat ist zur eigenständigen Auslegung dieses nur im Bezirk des LSG Nordrhein-Westfalen geltenden und daher grundsätzlich dem irrevisiblen Recht zugehörenden Landesvertrages (§ 162 SGG) befugt, weil das SG den KBV-NRW nicht selbst angewandt und ausgelegt hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 5-5a, 7b mwN). Die Möglichkeit, über § 69 Abs 1 S 3 SGB V zu einer entsprechenden Anwendung der §§ 286, 288 BGB zu gelangen, scheidet aus, weil dies zu einem Verzugszinssatz von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank führen würde(vgl § 288 Abs 1 BGB; ein Zinssatz von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs 2 BGB wäre nicht gerechtfertigt, weil eine Forderung aus einem Erstattungsanspruch keine "Entgeltforderung" iS dieser Vorschrift darstellt, vgl Palandt/Grüneberg, aaO, § 288 RdNr 8); die Krankenkassen wären insoweit hinsichtlich der Zinshöhe besser gestellt als die Krankenhäuser, was nach dem Prinzip der Ausgewogenheiten der beiderseitigen Rechte und Pflichten nicht zu rechtfertigen wäre.

31

b) Die Klägerin kann somit einen Zinsanspruch in analoger Anwendung des § 15 Abs 1 KBV-NRW geltend machen, und zwar in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Zum 1.1.1999 ist der Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, auf den § 15 Abs 1 S 4 KBV-NRW noch Bezug nimmt, vom Gesetzgeber generell durch den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ersetzt worden(§ 1 DÜG). Verzug ist nach § 15 Abs 1 S 4 KBV-NRW iVm §§ 286, 288 BGB am 15.10.2010 eingetreten, weil die Beklagte die Frist zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs, die bis zum 14.10.2010 gesetzt war, hat verstreichen lassen, ohne der Mahnung Folge zu leisten.

32

9. Da der Prüfauftrag der Klägerin an den MDK somit zu einer Absenkung der zu zahlenden Vergütung geführt hat, kann die Beklagte nicht die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V verlangen. Der Ausspruch des SG zur Widerklage war deshalb aufzuheben.

33

10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin den Erstattungsanspruch in erster Instanz zunächst zu hoch angesetzt hatte und die Klage erst nach der Teilrücknahme in vollem Umfang begründet war.

34

11. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 45 Abs 1 und § 47 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1 GKG. Die Streitwerte aus der Klage (388,79 Euro) und der Widerklage (300 Euro) waren zusammenzurechnen, obwohl die Widerklage erstinstanzlich nur für den Fall der Abweisung der Klage - also als Eventualwiderklage - erhoben worden ist. Obgleich es zweitinstanzlich nicht zu dieser prozessualen Bedingung gekommen ist, weil die Klage erfolgreich war, musste der erkennende Senat im Revisionsverfahren auch über die Widerklage entscheiden, weil diese uneingeschränkter Streitgegenstand der Revision war, nachdem das SG über die Eventualwiderklage - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - materiell entschieden hatte, die Beteiligten im Revisionsverfahren widerstreitende Anträge zur Widerklage gestellt haben und der Ausspruch des SG über die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung der Aufwandspauschale nebst Zinsen nach dem Erfolg der Klage beseitigt werden musste.

                 

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.