Sozialgericht Augsburg Schlussurteil, 16. Juni 2014 - S 11 AS 346/14
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der, dem Kläger zu erstattenden Kosten eines Widerspruchsverfahrens gegen eine von der Beklagten festgesetzte Mahngebühr.
Der Kläger bezog Leistungen beim Jobcenter A-Stadt. Dieses erließ am 11.03.2013 Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, mit welchen der Kläger zur Rückzahlung eines Betrags in Höhe von insgesamt 375,17 Euro verpflichtet wurde, wovon am 29.04.2013 noch ein Betrag in Höhe von 321 Euro offen war.
Mit Bescheid vom 29.04.2013 mahnte die Beklagte beim Kläger die Begleichung dieses Betrags an und setzte eine Mahngebühr in Höhe von 1,90 Euro fest.
Mit Schreiben vom 14.05.2013.2013 legte der Bevollmächtigte des Klägers gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass gegen den zugrunde liegenden Aufhebungs- und Erstattungsbescheid Widerspruch eingelegt worden sei.
Mit Abhilfebescheid vom 26.07.2013 hob die Beklagte die festgesetzte Mahngebühr auf, erkannte die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten an und verpflichtete sich, dem Kläger die notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
Am 30.08.2013 rechnete der Bevollmächtigte gegenüber dem Kläger nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ab und übersandte der Beklagten die Kostennote. Der Rechnungsbetrag in Höhe von 566,44 Euro enthielt eine Geschäftsgebühr gemäß § 14 RVG, Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 456,00 Euro, wobei als Grund für die Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG angegeben worden ist, da es sich um vier Auftraggeber handele.
Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 29.10.2013 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf einen Betrag in Höhe von 114,24 Euro fest und legte dabei eine Geschäftsgebühr in Höhe von 80 Euro zugrunde. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass der Kostenansatz des Bevollmächtigten unbillig gewesen sei. Sowohl die rechtliche Schwierigkeit, als auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Angelegenheit für die Widerspruchsführerin würden im Vergleich zu den üblichen sozialgerichtlichen Verfahren weit unter dem Durchschnitt liegen.
Mit Schreiben vom 08.11.2013 legte der Bevollmächtigte des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbescheid Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bedeutung der Mahngebühr in Höhe von 1,90 Euro sei unterdurchschnittlich. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei weit unterdurchschnittlich, der Sachverhalt sei leicht zu erfassen. Dasselbe gelte für die rechtliche Schwierigkeit.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 10.02.2014, Eingang bei Gericht am 12.02.2014, Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er nunmehr im Rahmen einer Ermessensausübung nur noch eine Geschäftsgebühr in Höhe von 120 Euro als die hälftige Schwellengebühr fordere und damit der niedrigen Summe der Hauptsache Rechnung trage. Der niedrige Streitwert in sozialgerichtlichen Verfahren dürfe nicht per se zur Reduzierung der Gebühren führen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei genauso wie sonst auch. Es habe auch ein Besprechungstermin mit dem Kläger stattgefunden. Zudem habe die Beklagte in ähnlichen Fällen bereits die Geschäftsgebühr in Höhe von 120 Euro anerkannt, so dass eine Selbstbindung der Verwaltung entstanden sei.
In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen, dass bezüglich der ursprünglichen Gebührenfestsetzung ein Fehler unterlaufen sei, da man irrtümlich von mehreren Widerspruchsführern ausgegangen sei. Es werde nunmehr nur noch eine Geschäftsgebühr in Höhe von 95 Euro gefordert. Eine Reduktion der Mittelgebühr auf 1/3 sei angesichts des erforderlichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit nicht gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
der Bescheid der Beklagten vom 29.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2014 wird abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger im Widerspruchsverfahren entstandene Kosten unter Zugrundelegung einer Geschäftsgebühr in Höhe von 95 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Einwand des Klägers, dass aufgrund der mehrmaligen Festsetzung einer Geschäftsgebühr in Höhe von 120 Euro eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten sei, hat die Beklagte mitgeteilt, dass es sich hier um besonderes gelagerte Einzelfälle und um Verfahren im Zuständigkeitsbereich des SG München gehandelt habe. Aktuell würden Kostenfestsetzungsbeschlüsse mit einer höheren Gebühr als 80 Euro in der Regel mit der Erinnerung bzw. Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts verwiesen.
Gründe
1. Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 29.10.2013 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 14.01.2014 ist rechtmäßig ergangen.
2. Streitgegenstand ist der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 29.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2014, mit welchem die Beklagte, die dem Kläger zu erstattende Geschäftsgebühr auf 80 Euro festgesetzt hat.
3. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und wurde form- und fristgerecht erhoben.
4. Die Klage ist jedoch unbegründet, da die von der Beklagten erfolgte Kostenfestsetzung nicht zu beanstanden ist. Ein höherer Vergütungsanspruch ist nicht gerechtfertigt.
5. Gemäß §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Hierbei ist grundsätzlich von der so genannten Mittelgebühr auszugehen, also der Hälfte der Höchst- zuzüglich der Mindestgebühr. Die Mittelgebühr ist bei Verfahren durchschnittlicher Bedeutung, durchschnittlichen Schwierigkeitsgrades, bei denen die vom Rechtsanwalt geforderte und auch tatsächlich entwickelte Tätigkeit ebenfalls von durchschnittlichem Umfang war, anzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R).
Die Gebührenbestimmung ist dann unbillig und daher unverbindlich, wenn die vom Bevollmächtigten geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von ca. 20% zur tatsächlich objektiv angemessenen Gebührenhöhe überschreiten (BSG, a. a. O., Rn. 19).
6. Im hier vorliegenden Fall ist nur eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in der damals gültigen Fassung in Höhe von 80,00 € angemessen. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin bestimmte Gebühr von 456,00 € ist damit unverbindlich, weil sie unbillig ist, da sie die angemessene Rahmengebühr in Höhe von 80,00 € um mehr als 20% überschreitet. Soweit der Kläger nunmehr die Festsetzung von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 95 Euro fordert, führt dies jedoch nicht dazu, dass die ursprünglich festgesetzte Gebühr unbillig war und daher von der Beklagten im Rahmen eines Kostenfestsetzungsbescheids abweichend festgesetzt werden durfte. Für die Frage der Billigkeit der festgesetzten Gebühr kommt es auf den ursprünglich vom Bevollmächtigten geltend gemachten Betrag an.
7. Die vom Bevollmächtigten angesetzte Geschäftsgebühr war unbillig, da die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowohl nach der Rechts- auch als nach der Sachlage weit unterdurchschnittlich war. Ebenso ist von einem unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und unterdurchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger auszugehen.
Die Rechtslage ist eindeutig. Es besteht die klare gesetzliche Regelung, dass der Widerspruch gegen einen Erstattungsbescheid gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG, § 39 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufschiebende Wirkung hat. Insoweit braucht der Bevollmächtigte keine typische anwaltliche Tätigkeit wie Recherche in der Rechtsprechung oder Kommentarliteratur entfalten. Es reicht - wie auch tatsächlich geschehen - der einfache Hinweis auf den eingelegten Widerspruch.
Auch die Sachlage ist eindeutig und es bedarf keiner weiteren anwaltlichen Tätigkeit. Dies gilt umso mehr, wenn der Bevollmächtigte bereits selbst den Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid eingelegt hat. In diesem Fall erübrigt sich sogar das Aktenstudium. Es genügt ein Blick in die Handakte.
Zudem ist auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als unterdurchschnittlich einzustufen. Es ist für ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren einzig ein Schreiben mit einem Hinweis auf den eingelegten Widerspruch erforderlich gewesen. Soweit der Bevollmächtigte vorträgt, es habe eine Besprechung stattgefunden, kann dies nicht zu einer Erhöhung des erforderlichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit führen. Der Bevollmächtigte kann seine anwaltliche Tätigkeit ausgestalten und ausführen, wie er möchte. Jedoch können Gebühren nur für den erforderlichen Umfang der Tätigkeit geltend gemacht werden. Eine Besprechung war in diesem eindeutigen Fall nicht erforderlich. Insbesondere konnte der Kläger auch nichts zur Klärung des eindeutigen Sachverhalts beitragen, da nur das Tätigwerden des Bevollmächtigten selbst (Einlegung des Widerspruchs) maßgeblich war.
Schließlich ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger auch unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse als unterdurchschnittlich einzustufen, da die festgesetzte Mahngebühr 1,90 Euro beträgt und damit nur knapp 0,5% des monatlichen Regelsatzes. Dies ist selbst im Bereich der Grundsicherungsleistungen ein sehr geringer Betrag, der für den Kläger keine gesteigerte Bedeutung haben kann (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.04.2014, L 7 AL 94/13). Soweit der Bevollmächtigte geltend macht, dass - soweit kein Widerspruch eingelegt werden würde - jedoch die Vollstreckung der gesamten Forderung in nicht unbeträchtlicher Höhe drohe, ist darauf hinzuweisen, dass der Widerspruch nur die Festsetzung der Mahngebühr erfasst. Nur dies stellt einen angreifbaren Verwaltungsakt dar. Die Geltendmachung der zugrunde liegenden Forderung stellt keinen Verwaltungsakt dar und wird daher auch nicht mit dem Widerspruch angegriffen. Soweit die Beklagte Vollstreckungsmaßnahmen einleiten würde, wäre hiergegen direkt der entsprechende Rechtsschutz zu suchen.
8. Aus in vergleichbaren Fällen ergangenen gerichtlichen Entscheidungen ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Fall eine höhere Geschäftsgebühr als 80 Euro als angemessen anzusehen wäre.
Im Bereich der Rechtssprechung der Kammern, die für Angelegenheiten nach dem SGB II zuständig sind, haben auch das SG Detmold, Urteil vom 23.01.2014, S 18 AS 1422/13, und das SG Berlin, Beschluss vom 14.03.2013, S 165 SF 18406/11
Zuletzt hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen sogar mit Beschluss vom 10.04.2014, L 7 AL 94/13, die Angemessenheit einer Geschäftsgebühr in Höhe von 40 Euro bestätigt.
Soweit das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 21.11.2012, L 19 AS 1878/12 B, eine Geschäftsgebühr in Höhe von 144 Euro als angemessen akzeptiert, kann hieraus nicht gefolgert werden, dass dies die aus Sicht des Gerichts angemessene Gebühr ist, da diese Geschäftsgebühr so vom Beklagten festgesetzt wurde und daher keine Aussage des entscheidenden Senats zu treffen war, ob auch eine darunterliegende Gebühr angemessen wäre.
9. Soweit vorgetragen wird, dass durch die Anerkennung der halben Geschäftsgebühr in anderen Fällen eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten sei, kann dem nicht gefolgt werden.
Es handelt sich bei der Festsetzung der angemessenen Gebühr bereits nach dem Wortlaut des § 14 RVG jeweils um Einzelfallentscheidungen. Eine Selbstbindung der Verwaltung und damit eine Ermessensreduzierung auf Null setzt zudem voraus, dass es zur Ausübung des Ermessens bei der Festsetzung der Geschäftsgebühr ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften der Beklagten gab oder gibt, die von dieser im maßgeblichen Zeitpunkt so gehandhabt wurden, dass die beantragte Festsetzung einer ständigen Praxis der Beklagten entsprochen hat (ständige Rechtsprechung). Daran fehlt es vorliegend. Wie die Hinweise der Beklagten sowie die zahlreichen Klagen des Bevollmächtigten diesbezüglich zeigen, gab es in der betreffenden Zeit auch anderslautende Entscheidungen. Zudem weist die Beklagte darauf hin, dass anderslautende Kostenbeschlüsse und Kostenentscheidungen angegriffen würden und die Festsetzung der Gebühr in Höhe von 120 Euro im Bereich des SG München erfolgt sei.
10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Urteil einreichenSozialgericht Augsburg Schlussurteil, 16. Juni 2014 - S 11 AS 346/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes genannten Personen gehört; im Verfahren nach § 201 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes werden die Gebühren immer nach dem Gegenstandswert berechnet. In Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 202 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes) werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt
- 1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten, - 2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, - 3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen, - 4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen, - 5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.
(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der Kostenerstattung für ein isoliertes Vorverfahren.
3Der Kläger bezog vom Jobcenter Herford Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Im Hinblick auf einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.03.2013 machte das Jobcenter Herford gegen den Kläger eine Erstattungsforderung von 147,24 EUR geltend.
4Mit Schreiben vom 08.04.2013 mahnte die Beklagte schriftlich die Zahlung des Betrages an und setzte zugleich Mahngebühren in Höhe von 1,00 EUR fest. Gegen die Festsetzung der Mahngebühren legte der Kläger am 07.05.2013, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Widerspruch ein, den er damit begründete, dass gegen den Bescheid vom 06.03.2013 Widerspruch erhoben sei, der aufschiebende Wirkung entfalte.
5Mit Bescheid vom 08.05.2013 half die Beklagte dem Widerspruch hinsichtlich der Festsetzung von Mahngebühren ab und hob den Bescheid vom 08.04.2013 auf. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erkannte die Beklagte als notwendig an und erklärte sich zur Übernahme der notwendigen Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren bereit.
6Am 17.05.2013 übersandte der Bevollmächtigte des Klägers eine Kostennote für das Widerspruchsverfahren über 195,16 EUR. In der Folgezeit machte die Firma Q S GmbH aus N den Anspruch auf Kostenerstattung von 195,16 EUR gegenüber der Beklagten geltend. Sie berief sich hierbei darauf, dass die Forderung mit Zustimmung des Klägers an sie abgetreten worden sei. Die Forderung setzte sich aus einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG von 144,00 EUR und der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG von 20,00 EUR zzgl. der Umsatzsteuer zusammen.
7Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 28.06.2013 setzte die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten auf 114,24 EUR fest. Sie begründete dies damit, dass Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit unterdurchschnittlich gewesen seien. Die rechtliche Problematik habe auf der Hand gelegen. Die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei allenfalls durchschnittlich. Hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Angelegenheit seien sie als unterdurchschnittlich anzusetzen. Ein Haftungsrisiko sei unbeachtlich. Entsprechend sei eine Geschäftsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr von 80,00 EUR angemessen. Mit 16,00 EUR für die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und 18,24 EUR Umsatzsteuer ergeben sich 114,24 EUR.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2013 wies die Beklagte den hiergegen erhobenen Widerspruch als unbegründet zurück. Die Gebührenfestsetzung durch den Bevollmächtigten sei unbillig gewesen. Die Angelegenheit bezog sich nur auf die betragsmäßig geringe Mahngebühr. Die Bedeutung der Angelegenheit sei daher als unterdurchschnittlich zu bewerten. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit tendiere in Richtung der Mindestgebühr, da nur ein einziges kurzes Schreiben versandt worden sei, das in einer Anzahl identischer Fälle ebenso verwandt worden sei. Die doppelte Mindestgebühr von 80,00 EUR sei daher angemessen.
9Hiergegen hat der Kläger am 08.08.2013 Klage erhoben.
10Er ist der Ansicht, es bestünde ein Anspruch in Höhe von 195,16 EUR. Es seien insgesamt 5 Merkmale bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen. Die geringen wirtschaftlichen Verhältnisse und das geringe Haftungsrisiko würden von der hohen Wertigkeit der SGB II- Leistungen ausgeglichen. Bei der konkreten Bemessung sei von der Mittelgebühr auszugehen. Ausgehend von 280,00 EUR entfielen je 112,00 EUR auf den Umfang und die rechtliche Schwierigkeit und 56,00 EUR auf die Wichtigkeit. Die Wichtigkeit sei wegen der geringen Mahngebühr auf 11,20 EUR zu kürzen, da rechtswidrig die Zwangsvollstreckung angedroht wurde. Beim Umfang sei das Mandantengespräch, welches wegen der angedrohten Zwangsvollstreckung nicht leicht gewesen sei, zu berücksichtigen. Dies entspreche einem Umfang von 74,66 EUR. Bei der rechtlichen Schwierigkeit sei zu beachten, dass die Feststellung der aufschiebenden Wirkung oft nicht trivial sei. Dies ergebe einen angemessenen Betrag von 67,20 EUR. Insgesamt also 153,06 EUR. Da von der Beklagten in der Vergangenheit 144,00 EUR als angemessen angesehen worden sind, sei dieser Betrag angesetzt worden. Die Tätigkeit sei höher zu bewerten als eine Untätigkeitsklage, bei der in der Regel 80,00 EUR angemessen seien. Sie liege aber unter dem üblichen Ansatz von 2/3 der Mittelgebühr (166,67 EUR) im Fall eines Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
11Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2013 zu verurteilen, die Kosten des Widerspruchsverfahrens vom 07.05.2013 gegen den Mahngebührenbescheid vom 08.04.2013 i.H.v. 195,16 EUR abzüglich der bereits gezahlten 114,24 EUR zu tragen.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie verweist hierzu auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
16Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
17Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten. Dieser lag vor und war Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung.
18Entscheidungsgründe:
19Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
20Die zulässige Klage ist unbegründet.
21Der Bescheid vom 28.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Es kann offenbleiben, ob der Kläger noch Inhaber des verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs aus § 63 Abs. 3 SGB X ist. Denn die Firma Q S GmbH hat in dem Anschreiben gegenüber der Beklagten angegeben, dass die Forderung mit ausdrücklicher Zustimmung des Mandanten an sie abgetreten wurde. Falls der Kostenerstattungsanspruch aus § 63 Abs. 3 SGB X wirksam nach § 398 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgetreten ist, wäre der Kläger nicht mehr aktivlegitimiert und damit die Klage bereits deshalb unbegründet (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 25.11.2013, L 19 AS 1685/13 B und Beschluss vom 30.07.2012, L 7 AS 1125/12 B).
22Jedenfalls besteht kein Kostenerstattungsanspruch, der über den Betrag von 114,24 EUR hinausgeht.
23Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit ein Widerspruch erfolgreich ist. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen gemäß § 63 Abs. 3 SGB X fest. Nachdem die Beklagte die Erstattung der notwendigen Aufwendungen und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Abhilfebescheid vom 08.05.2013 für notwendig erklärt hat, ist nur noch die Höhe der Vergütung selbst streitig.
24Die Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts (Gebühren und Auslagen) bestimmt sich nach den Vorschriften des RVG (§ 1 Abs. 1 RVG). Gemäß § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Nach § 3 Abs. 2 RVG gilt Entsprechendes für eine Tätigkeit außerhalb des gerichtlichen Verfahrens. Da der Kläger ein kostenprivilegierter Beteiligter im Sinn des § 183 Satz 1 SGG ist, findet das GKG gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG keine Anwendung.
25Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Dabei ist auch das Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Das ist dann der Fall, wenn die von ihm bestimmte Gebühr um mehr als 20 % von der angemessenen Gebühr abweicht (BSG, Urteil vom 01.07.2009, Az. B 4 AS 21/09 R).
26Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis, welches dem RVG als Anlage 1 angefügt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Die Höhe der Gebühr im Wider-spruchsverfahren richtet sich nach Nr. 2400 VV RVG in der bis zum 31.07.2013 gültigen Fassung (a.F.). Nach Nr. 2400 VV RVG a.F. liegt die Geschäftsgebühr zwischen 40,00 EUR und 520,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog. Schwellengebühr).
27Bei der Bestimmung der Gebühr nach § 14 RVG ist grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen, bei der Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG zunächst begrenzt auf die Höhe der Schwellengebühr. Die Mittelgebühr ist der nach § 14 RVG angemessene Betrag, wenn als Ergebnis aller nach dieser Vorschrift anzustellenden Erwägungen die Feststellung zu treffen ist, dass es sich um einen Durchschnittsfall handelt (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R). Unter einem solchen "Normalfall" ist ein Fall zu verstehen, in dem sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt aller sozialrechtlichen Fälle abhebt. Ein Abweichen von der Mittelgebühr ist bei einem Durchschnittsfall nicht zulässig (LSG NRW, Beschluss vom 28.05.2013, L 9 AS 142/13 B m.w.N.).
28Die vom Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Gebühr von 144,00 EUR für sein Tätigwerden im Widerspruchsverfahren ist im Hinblick auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seines Auftragsgebers auch unter Berücksichtigung des Haftungsrisikos im Sinne von § 14 RVG unbillig.
29Es handelt sich um einen deutlich unterdurchschnittlichen Fall.
30Die Bedeutung der Angelegenheit war weit unterdurchschnittlich. Bei der Beurteilung der Bedeutung einer Angelegenheit ist auf das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit, die Auswirkungen des Verfahrens auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers oder auf seine Stellung im öffentlichen Leben, sein Ansehen, seinen Namen sowie die rechtliche und tatsächliche Klärung für andere Fälle abzustellen. Vorliegend waren Gegenstand des Widerspruchsverfahrens keine SGB II-Leistungen, die das soziokulturelle Existenzminimum sichern, sondern die Festsetzung von Mahngebühren in Höhe von 1,00 EUR. Bei der in der Mahnung enthaltenen Festsetzung von Mahngebühren handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 SGB X, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 54/10 R). Im Hinblick darauf ist die Bedeutung im Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen als weit unterdurchschnittlich zu bewerten. Die Beschwer des Klägers betrug lediglich 1,00 EUR.
31Die Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Klägers sind erheblich unterdurchschnittlich. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisses sind im Vergleich mit denjenigen des Durchschnitts der Bevölkerung zu vergleichen. Die Einkommensverhältnisse sind beim Kläger als SGB II-Bezieher als erheblich unterdurchschnittlich zu bewerten (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R).
32Schwierigkeit und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sind als unterdurchschnittlich zu beurteilen. Bei der Beurteilung der Schwierigkeit anwaltlicher Tätigkeit ist zu berücksichtigen, ob sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf den reinen Sachvortag von Tatsachen sowie die Würdigung von Ermittlungsergebnisse beschränkte oder ob die Auseinandersetzung mit sozialrechtlichen Fragestellungen oder Fragen aus anderen Rechtsgebieten erforderlich war. Als Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts wertet das Bundessozialgericht die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur. Vorliegend wurde mit dem Widerspruch lediglich darauf hingewiesen, dass gegen die zugrundeliegende Erstattungsforderung Widerspruch erhoben wurde, welcher aufschiebende Wirkung hat. Eine besondere Schwierigkeit hinsichtlich tatsächlicher oder rechtlicher Fragestellungen stellte sich daher nicht. Auch der Umfang ist im Hinblick auf das unter Abzug des Briefkopfes knapp eine Seite umfassende Widerspruchsschreiben als unterdurchschnittlich anzusehen.
33Das Haftungsrisiko ist im Hinblick auf die streitige Summe von 1,00 EUR Mahngebühren ebenfalls als weit unterdurchschnittlich anzusehen.
34Unter Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, die allesamt als (weit) unterdurchschnittlich zu bewerten sind, kommt dem Widerspruchsverfahren eine unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so dass der Ansatz einer Gebühr von 80,00 EUR, das heißt einer doppelten Mindestgebühr, durch die Beklagte nicht zu beanstanden ist. Damit hat der Prozessbevollmächtigte die Toleranzgrenze von bis zu 20% beim Ansatz einer Gebühr von 144,00 EUR (80,00 EUR plus 20 % = 96,00 EUR) deutlich überschritten.
35Ausgehend von einer angemessenen Geschäftsgebühr von 80,00 EUR besteht Anspruch auf eine Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) von 16,00 EUR (20 % der Gebühren, höchstens 20,00 EUR). Mit Umsatzsteuer von 18,24 EUR (19 % von 96,00 EUR) ergibt sich ein Gesamtbetrag von 114,24 EUR. Dieser wurde von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid auch festgesetzt.
36Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
37Gründe die Berufung zuzulassen bestehen nicht. Die Berufung ist zulassungsbedürftig, da der Berufungsstreitwert von 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) nicht erreicht wird. Zulassungsgründe im Sinne von § 144 Abs. 2 SGG liegen jedoch nicht vor, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht die Entscheidung von der Rechtsprechung der Obergerichte ab.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.