Sozialgericht Augsburg Endurteil, 07. Dez. 2015 - S 8 AS 1018/15

bei uns veröffentlicht am07.12.2015

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2015 und der Bescheid des Beklagten vom

27. April 2015 werden aufgehoben und der Beklagte wird dem Grunde nach verpflichtet, dem Kläger vom 9. April 2015 bis zum 9. September 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bewilligen.

2. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Wege eines Überprüfungsantrages Arbeitslosengeld II für die Zeit einer stationären Therapie.

Der 1987 geborene Kläger, der eine Niederlassungserlaubnis besitzt, wurde am 12. März 2015 aus einer Strafhaft entlassen, wobei ihm 681,59 EUR Überbrückungsgeld ausbezahlt wurden, und begann am selben Tag eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Bereich des beklagten Jobcenters. Die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern als Träger der Maßnahme hatte mit Bescheid vom 6. Februar 2015 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für 26 Wochen bewilligt. Die Einrichtung gab in der Aufnahmemitteilung vom 12. März 2015 als voraussichtliches Entlassdatum den 10. September 2014 (gemeint offenbar 2015) an.

Der Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 27. April 2015 ab, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bewilligen, weil er wegen der stationären Unterbringung für sechs Monate von Leistungen ausgeschlossen sei.

Im Juli 2015 wurde für den Kläger ein Überprüfungsantrag gestellt. Der Beklagte lehnte jedoch mit Bescheid vom 24. Juli 2015 eine Überprüfung ab, da keine unrichtige Rechtsanwendung feststellbar sei.

Unter dem 24. August 2015 bewilligte der Rentenversicherungsträger dem Kläger eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für drei Monate. Diese wurde in derselben Einrichtung durchgeführt, wobei der Kläger am 10. Dezember 2015 entlassen werden soll.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2015 zurückgewiesen. In der Rechtsprechung sei klargestellt worden, dass 26 Wochen einem Zeitraum von sechs Monaten gleichzusetzen seien. So liege es hier.

Dagegen hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18. September 2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Während der stationären Behandlung bestehe kein Leistungsausschluss, da im Prognosezeitpunkt die stationäre Unterbringung voraussichtlich weniger als sechs Monate dauern sollte. Maßgeblich für die Prognose sei die Antragstellung beim Leistungsträger, frühestens aber der Beginn der Maßnahme. Auf die Genehmigung für sechs Monate bzw. 26 Wochen durch den Rentenversicherungsträger komme es nicht an. Der Kläger habe nach seiner Haftentlassung Überbrückungsgeld erhalten, das seinen Lebensunterhalt bis 8. April 2015 gedeckt habe.

Der Beklagte hat seine Entscheidung verteidigt.

Mit Bescheid vom 25. September 2015 hat der Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II vom 10. September bis zum 10. Dezember 2015 bewilligt.

Mit Beschluss vom 9. Oktober 2015 ist die Beiladung des Sozialhilfeträgers erfolgt, der dem Kläger während der stationären Maßnahme bis 10. September 2015 Hilfe zum Lebensunterhalt in Form des Barbetrages und der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung geleistet hat.

Für den Kläger wird beantragt:

Der Bescheid des Beklagten vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2015 und der Bescheid vom 27. April 2015 werden aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 9. April bis zum 9. September 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bewilligen.

Für den Beklagten wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für den Beigeladenen ist kein Antrag gestellt worden.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten

sowie die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat auch vom 9. April bis zum 9. September 2015 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Im Wege des Zugunstenverfahrens sind daher der Bescheid vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2015 sowie der Bescheid vom 27. April 2015 aufzuheben, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen.

Nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

Im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X ist auch ohne neues Vorbringen des Betroffenen (hier: der Klägerseite) zu prüfen, ob bei Erlass des bindend gewordenen Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt wurde. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens muss die Behörde in eine erneute Prüfung eintreten und den Betreffenden bescheiden. Nur für die zweite Alternative des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, nämlich dass von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde, kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel ankommen. Bei der ersten Alternative (unrichtige Rechtsanwendung) handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von der Klägerseite zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006, B 2 U 24/05 R).

Demnach besteht ein Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 27. April 2015 und dem Kläger sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - gemäß des Klageantrags - vom 9. April bis zum 9. September 2015 zu bewilligen.

Die Zugrundelegung eines unrichtigen Sachverhalts wird weder geltend gemacht noch werden dazu Tatsachen oder Beweismittel genannt. Das Vorbringen des Klägers zielt allein auf eine andere rechtliche Beurteilung ab.

Mit dem Bescheid vom 27. April 2015 hat der Beklagte das Recht unrichtig angewandt. Der Kläger hat nämlich im streitgegenständlichen Zeitraum Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).

Der Kläger ist leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Kläger war im streitigen Zeitraum 27 bzw. 28 Jahre alt, besitzt eine Niederlassungserlaubnis und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, konkret im örtlichen Zuständigkeitsbereich des beklagten Jobcenters. Auch ist er mangels Einkommens und verwertbaren Vermögens hilfebedürftig, jedenfalls in Höhe des Regelbedarfs nach § 20 SGB II von hier 399 EUR pro Monat. Das Überbrückungsgeld, das der Kläger bei seiner Entlassung aus der Strafhaft am 12. März 2015 erhalten hat, deckte seinen Bedarf nach dem SGB II wegen § 51 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes allenfalls bis 8. April 2015 (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 28. Oktober 2014, B 14 AS 36/13 R). Das Klagebegehren ist auch zulässig auf die Zeit ab 9. April 2015 beschränkt worden. Trotz stationärer medizinischer Rehabilitationsmaßnahme ist ferner von der Erwerbsfähigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum auszugehen, schon da keine Feststellung im Sinn des § 44a SGB II vorliegt.

Der vom Beklagten eingewandte Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II greift nicht. Zwar erhält demnach keine Leistungen, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Das war beim Kläger während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums der Fall, weil er in dieser Zeit - und darüber hinaus - eine stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation absolviert hat und dazu in einer stationären Einrichtung untergebracht war. Allerdings kommt vorliegend die Rückausnahme des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II zum Tragen. Diese Regelung greift ebenso für stationäre Unterbringungen jenseits eines Krankenhausaufenthalts in einer der von § 107 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgeführten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und auch wenn nicht eine Krankenkasse, sondern die Deutsche Rentenversicherung Maßnahmeträger ist, weil § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II insofern offen gehalten ist (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 66/13 R). Damit fällt auch die vom Kläger besuchte stationäre Einrichtung darunter. Maßgebelich für mit der Formulierung „voraussichtlich“ gewollte Prognoseentscheidung können allein die Umstände sein zu Beginn des stationären Aufenthalts, weil eine einheitliche und zukunftssichere Weichenstellung zwischen den Hilfesystemen SGB II einerseits und Sozialhilfe andererseits vorgenommen werden soll. Mit dieser Intention wäre es nicht vereinbar, wenn eine Prognose nachträglich korrigiert oder durch eine spätere Entwicklung überholt werden könnte (vgl. dazu BSG, Urteile vom 12. November 2015, B 14 AS 6/15, und vom 2. Dezember 2014, a. a. O.). Demzufolge kann es auch nicht primär darauf ankommen, für welchen Zeitraum der Rentenversicherungsträger die Maßnahme bewilligt hat. Denn hier wird regelhaft für einen bestimmten maximalen Zeitraum bewilligt werden und eine konkrete Prognose ist am ehesten vonseiten der aufnehmenden Einrichtung zu erwarten.

Für den Fall des Klägers ergibt sich somit, dass zu Beginn der stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation der Aufenthalt auf weniger als sechs Monate prognostiziert wurde. Denn die Einrichtung hat in ihrer Aufnahmemitteilung vom 12. März als voraussichtliches Entlassdatum den 10. September 2014, richtig 2015, angegeben. Ohne dass es auf die Frage ankommt, ob Aufnahme- und Entlasstag mitzuzählen sind - angesichts der Leistungsbewilligung ab 10. September 2015 mit Bescheid vom 25. September 2015 geht der Beklagte offenbar von Letzterem nicht aus, wird damit die zeitliche Grenze von sechs Monaten - zumindest geringfügig - unterschritten. Für das Gericht sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass diese Prognose unschlüssig oder sachlich unbegründet gewesen ist, gerade angesichts dessen, dass der Rentenversicherungsträger nur für 26 Wochen eine Maßnahme bewilligt hatte. Die spätere Fortsetzung des Aufenthalts war im März 2015 ebenfalls noch nicht absehbar und ändert daher an der Einschätzung nichts.

Der Klage ist deshalb stattzugeben und der Beklagte gemäß § 130 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Leistungsbewilligung dem Grund nach zu verurteilen, da die genaue Höhe der Leistung an den Kläger im Hinblick auf einen möglichen Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegen den Beklagten und die Wirkungen des § 107 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch erst noch zu klären sein wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Nachdem der Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit nicht am Kostenrisiko teilgenommen hat, war insofern keine Kostenerstattung angezeigt.

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(1) Die Agentur für Arbeit stellt fest, ob die oder der Arbeitsuchende erwerbsfähig ist. Der Entscheidung können widersprechen:1.der kommunale Träger,2.ein anderer Träger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, oder3.die Krankenkasse, die be

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlassenenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.

(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.

(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. April 2013 geändert und der Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30. Juli 2012 und 14. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2012 verurteilt, dem Kläger für Juli 2012 weitere 67,87 Euro und für August bis November 2012 monatlich jeweils weitere 192,54 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes II (Alg II) für den Zeitraum vom 13.6.2012 bis 30.11.2012 unter Berücksichtigung von Überbrückungsgeld nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG).

2

Der 1962 geborene, alleinstehende Kläger wurde am 12.6.2012 aus der Strafhaft entlassen. Am Entlassungstag erhielt er ein Überbrückungsgeld in Höhe von 1335,22 Euro in bar ausgezahlt. Am 14.6.2012 beantragte der Kläger beim beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Hierauf bewilligte ihm der Beklagte durch (vorläufigen) Bescheid vom 19.6.2012 Alg II (nur Regelbedarfe) für den Zeitraum vom 12. bis 30.6.2012 in Höhe von 33,33 Euro und für den Zeitraum vom 1.7.2012 bis 30.11.2012 in Höhe von monatlich 181,46 Euro. Dabei berücksichtigte er das Überbrückungsgeld in voller Höhe als einmalige Einnahme, verteilte diese auf einen Zeitraum von sechs Monaten in Höhe von 222,54 Euro monatlich und setzte hiervon im Juni 2012 eine anteilige Versicherungspauschale in Höhe von 19 Euro und in den Monaten Juli bis November 2012 in Höhe von jeweils 30 Euro ab.

3

Der Kläger legte Widerspruch ein und teilte mit, dass er Ende Juli 2012 eine Wohnung beziehe, für die ab 1.8.2012 Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 180 Euro monatlich entstünden. Hierauf bewilligte ihm der Beklagte durch Änderungsbescheid vom 30.7.2012 für den Zeitraum vom 1.8.2012 bis 30.11.2012 Alg II in Höhe von monatlich 361,46 Euro (181,46 Euro Regelbedarf und 180 Euro Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Durch einen weiteren Änderungsbescheid vom 14.8.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 12. bis 30.6.2012 Alg II in Höhe von 44,33 Euro (Erhöhung des Regelbedarfs um 11 Euro aufgrund der nunmehr vollen Absetzung der Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro im Juni 2012) und wies durch Widerspruchsbescheid vom 22.8.2012 den Widerspruch als unbegründet zurück.

4

Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage auf höheres Alg II abgewiesen. Der Alg II-Antrag des Klägers vom 14.6.2012 wirke auf den 1.6.2012 zurück, was sich aus § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II ergebe. Da der Kläger sich bis zum 12.6.2012 in Haft befunden habe, habe er nach § 7 Abs 4 SGB II ab dem 12.6.2012 einen Leistungsanspruch. Deshalb sei das ihm an diesem Tag ausgezahlte Überbrückungsgeld Einkommen und als einmalige Einnahme für die Zeit vom 12.6.2012 bis 30.11.2012 leistungsmindernd zu berücksichtigen.

5

Der Kläger hat die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt und rügt die Verletzung von § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II. Rückwirkung auf den Monatsersten entfalte der Alg II-Antrag nur, wenn zu diesem Zeitpunkt alle Leistungsvoraussetzungen vorlägen, was bei einem Ausschlusstatbestand wie nach § 7 Abs 4 SGB II nicht gegeben sei. Das Überbrückungsgeld sei deshalb (geschütztes) Vermögen und nicht zu berücksichtigendes Einkommen.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. April 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30. Juli 2012 und 14. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2012 zu verurteilen, ihm höheres Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 13. Juni 2012 bis 30. November 2012 ohne Anrechnung der ihm am 12. Juni 2012 ausgezahlten 1335,22 Euro zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist teilweise begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Zwar ist das ihm im Juni 2012 vor Antragstellung ausgezahlte Überbrückungsgeld als Einkommen zu berücksichtigen (dazu unter 3.), jedoch nur für die Zeit vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012 (dazu unter 4.). Aus dieser eingeschränkten Berücksichtigung ergeben sich die tenorierten Nachzahlungen (dazu unter 5.). Die weitergehende Revision des Klägers ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

9

1. Streitgegenstand sind das Urteil des SG vom 16.4.2013 und der Bescheid des Beklagten vom 19.6.2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.7.2012 und 14.8.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2012, durch die der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf höheres Alg II im streitbefangenen Zeitraum vom 13.6.2012 bis 30.11.2012 abgelehnt worden ist. Die jeweils höchsten Leistungen regelte für Juni 2012 der Änderungsbescheid vom 14.8.2012, für Juli 2012 der Bescheid vom 19.6.2012 und für die Monate August bis November 2012 der Änderungsbescheid vom 30.7.2012, weshalb alle drei Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides Streitgegenstand sind.

10

2. Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höheres Alg II sind §§ 19 ff iVm § 7 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung seit dem 1.4.2011 (Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011, BGBl I 850, die den zuletzt durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453, am 1.4.2011 erreichten Stand berücksichtigt). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

11

Die Grundvoraussetzungen, um Alg II zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II) - bestimmtes Alter, Erwerbsfähigkeit und ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland -, erfüllte der Kläger im streitbefangenen Zeitraum; ebenso wenig lag ein Ausschlusstatbestand vor (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II), wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des SG ergibt.

12

Den Lebensunterhaltsbedarf des Klägers nach dem SGB II (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 374 Euro monatlich und Bedarfe für Unterkunft und Heizung ab 1.8.2012 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen von 180 Euro monatlich) haben der Beklagte und das SG zutreffend festgestellt.

13

3. Diesem Bedarf ist das dem Kläger am 12.6.2012 ausgezahlte Überbrückungsgeld als zu berücksichtigendes Einkommen gegenüberzustellen.

14

Seine Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II) bestimmt sich danach, ob oder inwieweit er seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhielt (§§ 9, 11 bis 11b und 12 SGB II). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des SG erhielt der Kläger im streitbefangenen Zeitraum keine zu berücksichtigenden Hilfen anderer. Als zu berücksichtigendes Einkommen stand ihm nur das Überbrückungsgeld zur Verfügung. Andere Einnahmen erzielte und über anderes Vermögen verfügte der Kläger nach den bindenden Feststellungen des SG im streitbefangenen Zeitraum nicht.

15

a) Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Nach § 12 Abs 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

16

Maßgebliches Differenzierungskriterium für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist grundsätzlich der Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses bereiter Mittel: Danach ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II das, was jemand vor Antragstellung bereits hatte(modifizierte Zuflusstheorie: vgl nur BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 27 mwN). An der Maßgeblichkeit dieses Differenzierungskriteriums zwischen Einkommen und Vermögen ist auch für das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG festzuhalten. Denn vor der Haftentlassung und Auszahlung durch die Justizverwaltung kann der Gefangene über das Geld nicht frei verfügen; das Überbrückungsgeld-Konto ist nicht einem Sparbuch vergleichbar, auf dem mit bereits erlangten Einkünften von dem Gefangenen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 28 bis 30 mwN).

17

b) Das dem Kläger am 12.6.2012 und damit vor Antragstellung am 14.6.2012 und auch vor dem beantragten Leistungsbeginn am 13.6.2012 ausgezahlte Überbrückungsgeld war zu diesem Auszahlungszeitpunkt zu berücksichtigendes Einkommen und kein (geschütztes) Vermögen. Denn entgegen der Ansicht des Klägers bewirkt § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II, dass ein Alg II-Antrag grundsätzlich auf den Ersten des Monats der Antragstellung zurückwirkt und die in diesem Monat anfallenden Einnahmen auch vor Antragstellung nicht als Vermögen, sondern als Einkommen anzusehen sind.

18

Nach § 37 SGB II werden SGB II-Leistungen auf Antrag erbracht(Abs 1 Satz 1). Sie werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht (Abs 2 Satz 1). Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück (Abs 2 Satz 2).

19

aa) Zwar konnte der Kläger die leistungsrechtliche Wirkung seines Antrags auf Alg II vom 14.6.2012 auf die Zeit ab 13.6.2012 beschränken. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob seine Rechtsauffassung zutrifft, dass er am 12.6.2012, dem Haftentlassungstag, noch nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II von Alg II-Leistungen ausgeschlossen war und erst ab 13.6.2012 die Leistungsvoraussetzungen erfüllte. Denn der Antragsteller auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II kann im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit (ne ultra petita) durch seinen Antrag bestimmen, ab welchem Zeitpunkt er einen Leistungsanspruch geltend macht (vgl zur den Verfahrensgegenstand begrenzenden Funktion des Antrags Burkiczak in BeckOK SGB II, § 37 RdNr 4, 4a, Stand 1.9.2014; vgl zur Rücknahme eines Antrags Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 37 RdNr 20).

20

Die Zulässigkeit einer Bestimmung, ab welchem Zeitpunkt ein Leistungsanspruch geltend gemacht wird, folgt aus dem gesetzlichen Antragsgrundsatz und -erfordernis selbst. Leistungen werden nicht ohne Rücksicht auf ein konkretes Leistungsbegehren erbracht. Mit der Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind zudem nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten für den Leistungsempfänger verbunden. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Leistungen und den damit verbundenen Eintritt in den Pflichtenkreis des SGB II bleibt dem Antragsteller vorbehalten, der grundsätzlich auch über den Beginn der Leistungsinanspruchnahme bestimmen kann.

21

Es ist eine im Einzelfall zu entscheidende Frage, ob diese Bestimmung rechtlich beachtlich ist. Jedenfalls die zeitliche Beschränkung eines Leistungsantrags - wie hier auf den Tag nach Haftentlassung - auf einen Leistungsbeginn im Antragsmonat zwischen dem Ersten dieses Monats und dem Tag der Antragstellung und nach Wegfall eines Leistungsausschlusstatbestandes ist nach § 37 SGB II rechtlich beachtlich. Dass der frühestmögliche Leistungsbeginn nach Wegfall eines Leistungsausschlusstatbestandes beantragt wird, ist nicht erforderlich.

22

bb) Durch diese zulässige leistungsrechtliche Beschränkung seines Antrags auf die Zeit ab 13.6.2012 konnte der Kläger indes nicht die hiervon zu unterscheidende weitere Wirkung seines Antrags, dass für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen der Erste des Monats der Antragstellung maßgeblich ist, ausschließen.

23

Die Maßgeblichkeit des Monatsersten ergibt sich aus dem Wortlaut des § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II, der Gesetzessystematik, der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift und deren Sinn und Zweck. Der Wortlaut, nach dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurückwirkt, ist knapp und bedingungslos formuliert. Er bietet keinen Anknüpfungspunkt dafür, dass dem Antrag diese Rückwirkung nur unter bestimmten Voraussetzungen zukommt. Insbesondere lässt sich dem Wortlaut des § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II nicht entnehmen, dass die Rückwirkung auf den Monatsersten das Bestehen eines Leistungsanspruchs oder auch nur das Fehlen von Leistungsausschlusstatbeständen am Monatsersten voraussetzt.

24

Nichts anderes folgt aus einer Betrachtung der Gesetzessystematik. Zwar bestimmt § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II, dass Leistungen nach dem SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Eben hierzu enthält indes der speziellere § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II, der von den Leistungen nach dem SGB II nur die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts betrifft, eine Ausnahme. Dass § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II eine gegenüber der allgemeinen Regelung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II speziellere Regelung ist, erhellt auch aus § 37 Abs 2 Satz 3 SGB II, der durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) mit Wirkung vom 1.8.2013 nach dem hier streitbefangenen Zeitraum Eingang in das SGB II gefunden hat. Denn danach wirkt der Antrag auf Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Abs 7 SGB II, soweit daneben andere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht werden, auf den Beginn des aktuellen Bewilligungszeitraums nach § 41 Abs 1 Satz 4 bzw 5 SGB II zurück. Damit ist dem alle Leistungen nach dem SGB II erfassenden § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II eine weitere Regelung hinzugefügt, die nur eine bestimmte Leistung nach dem SGB II betrifft. Im Anwendungsbereich der Spezialregelung des § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II geht dieser der allgemeinen Regelung nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II vor. Für die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts kommt es statt auf den Tag der Antragstellung auf den Ersten des Monats der Antragstellung an.

25

Dies stimmt systematisch zusammen mit dem im SGB II geltenden und in der Rechtsprechung des BSG bereits mehrfach betonten Monatsprinzip (vgl zum Monatsprinzip des SGB II BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 27 mwN): Der in einem Monat gestellte Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück (§ 37 Abs 2 Satz 2 SGB II). Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet (§ 41 Abs 1 Satz 2 SGB II). Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt (§ 20 Abs 1 Satz 3 SGB II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs 2 Satz 1 SGB II). Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen (§ 11 Abs 3 Satz 1 SGB II). Es sind nach dieser Systematik die Bedarfe eines Monats den Bedarfsdeckungsmöglichkeiten dieses Monats gegenüberzustellen. Eine Unterdeckung begründet den Leistungsanspruch für diesen Monat.

26

Diese monatsweise Betrachtung dient, wie auch ein Blick auf die Entstehungsgeschichte bestätigt, nicht nur der Verwaltungsvereinfachung. Denn sie soll verhindern, dass durch die zeitliche Verschiebung des Antrags in einem Monat in diesem Monat zur Verfügung stehende Bedarfsdeckungsmöglichkeiten unberücksichtigt bleiben. Anders als die grundsätzlich zulässige leistungsrechtliche Verschiebung der Antragswirkung durch den Antragsteller auf einen bestimmten Leistungsbeginn soll der für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen maßgebliche Zeitpunkt der Antragstellung auf den Ersten des Monats der Antragstellung fixiert sein. Zur Nachrangsicherung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II soll durch § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II die Abgrenzungswirkung der Antragstellung mit Blick auf Einkommen und Vermögen der Disposition des Antragstellers im Antragsmonat entzogen sein. Entsprechend ist in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, dass mit § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II dem geltenden Nachranggrundsatz stärker als bislang Rechnung getragen wird: "Einnahmen, die vor Antragstellung im Antragsmonat zufließen, sind als Einkommen bei der Feststellung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen"(BT-Drucks 17/3404 S 114 zu § 37; ebenso S 94 zu § 11).

27

Dieser Sinn und Zweck des § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II, der auch in der Begründung des Gesetzentwurfs seinen Ausdruck gefunden hat, spricht dafür, die Vorschrift beim Wort zu nehmen: Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Monatsersten zurück, ohne dass diese Rückwirkung zur Voraussetzung hat, dass am Monatsersten ein Leistungsanspruch besteht oder auch nur ein Leistungsausschlusstatbestand nicht eingreift.

28

Die für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen maßgebliche Rückwirkung des Antrags auf den Ersten des Monats der Antragstellung gilt auch dann, wenn am Monatsersten noch ein Leistungsausschlusstatbestand - wie vorliegend die Strafhaft des Klägers aufgrund von § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II - eingreift. Dass Leistungen erst bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen und Nichtvorliegen von Leistungsausschlussgründen gewährt und damit ggf erst ab einem späteren Zeitpunkt als dem Monatsersten der Antragstellung beansprucht werden können, hindert nicht die Anknüpfung an den Ersten des Monats der Antragstellung für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen. Hierfür kommt es allein auf das tatsächliche Ereignis der Antragstellung in diesem Monat an (vgl zur Antragsrückwirkung und deren Folgen für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen Aubel in jurisPK-SGB II, Online-Ausgabe, § 37 RdNr 11, 30, 30.1, 46, 46.1, Stand: 29.8.2014; Bittner in Estelmann, SGB II, § 37 RdNr 59, Stand Dezember 2013; Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 37 RdNr 40; Schoch in Münder, SGB II, 5. Aufl 2013, § 37 RdNr 20; Spellbrink/G. Becker in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, §§ 36-45 SGB II RdNr 2 bis 3; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 37 RdNr 8, 38, Stand IV/2014).

29

4. Das Überbrückungsgeld ist nur für die Zeit vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012 als Einkommen leistungsmindernd zu berücksichtigen, weil das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 StVollzG der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung unterliegt, dass es den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

30

a) Das dem Kläger am Haftentlassungstag ausgezahlte Überbrückungsgeld ist eine einmalige Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II. Bei diesen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung, anders als bei laufenden Einnahmen, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden (vgl zum Begriff der einmaligen Einnahme BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R - Juris RdNr 14; vgl zum Überbrückungsgeld als einmaliger Einnahme BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 35 ff).

31

Für die Berücksichtigung einmaliger Einnahmen schreibt § 11 Abs 3 SGB II einen besonderen Anrechnungsmodus vor. Danach sind sie in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen (Satz 1). Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt (Satz 2). Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen (Satz 3).

32

b) Von diesem gesetzlich normierten Anrechnungsmodus nach § 11 Abs 3 SGB II für einmalige Einnahmen ist jedoch für das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 StVollzG abzuweichen. Dies folgt seit der Neufassung der §§ 11 ff SGB II mit Wirkung vom 1.4.2011 aus § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II, wonach Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen sind, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen.

33

Diese gegenüber der allgemeinen Regelung in § 11 SGB II speziellere Bestimmung über die einnahmeartenspezifische Abgrenzung von zu berücksichtigendem und nicht zu berücksichtigendem Einkommen gilt auch für einmalige Einnahmen(vgl zur Abweichung vom Anrechnungsmodus für einmalige Einnahmen auf der Grundlage des vor der Neufassung geltenden Rechts BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 35 bis 37). §§ 11a und 11b SGB II insgesamt enthalten Regelungen, die sowohl für laufende als auch für einmalige Einnahmen relevant sein können; Regelungen insbesondere für einmalige Einnahmen sind zB § 11a Abs 2, § 11b Abs 1 Satz 2 SGB II. Im Rahmen dieser Systematik erfasst auch § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II, der weder ausdrücklich noch der Sache nach nur auf eine der beiden Einnahmeformen angewendet werden kann, laufende ebenso wie einmalige Einnahmen. Die durch § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II bewirkte einnahmeartenspezifische Ausgrenzung von Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, vom zu berücksichtigenden Einkommen gilt, soweit sie greift, neben den allgemeinen Berücksichtigungsregeln sowohl für laufende Einnahmen nach § 11 Abs 2 SGB II als auch für einmalige Einnahmen nach § 11 Abs 3 SGB II.

34

Das Überbrückungsgeld ist aufgrund der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 51 StVollzG eine Leistung, die iS des § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht wird. Denn das Überbrückungsgeld soll nach § 51 Abs 1 StVollzG "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern". Damit dient es demselben Zweck wie das Alg II als eine der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vgl dazu BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 34 mwN).

35

Indes dient das Überbrückungsgeld demselben Zweck wie das Alg II nur für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung. Es ist deshalb nur "so weit" iS des § 11a Abs 3 Satz 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen, soweit auch in zeitlicher Hinsicht die Zweckidentität von Überbrückungsgeld und Alg II reicht. Hieraus ergibt sich vorliegend eine Anrechnungszeit für die ersten vier Wochen der begehrten Alg II-Leistungen nach Haftentlassung am 12.6.2012, dh für die 28 Tage vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012.

36

5. Aus der Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes als einmalige Einnahme nur für die Zeit vom 13.6.2012 bis zum 10.7.2012 ergeben sich die tenorierten Nachzahlungen von 67,87 Euro für Juli 2012 und jeweils 192,54 Euro für August bis November 2012. Diese errechnen sich im Einzelnen wie folgt:

37

Im Juni 2012 betrug der rechnerische Bedarf des Klägers 224,40 Euro (monatlicher Regelbedarf 374 Euro für die 18 Tage vom 13. bis 30.6.2012). Aufgrund des für die Zeit vom 13. bis 30.6.2012 zu berücksichtigenden Überbrückungsgeldes (18/28 von 1335,22 Euro = 858,36 Euro, abzüglich der hier allein abzusetzenden Versicherungspauschale von 30 Euro insgesamt 828,36 Euro) ergibt sich in diesem Monat kein Leistungsanspruch. Dass dem Kläger für Juni 2012 vom Beklagten 44,33 Euro bewilligt und gezahlt worden sind, ist für die hier vorzunehmende Berechnung der jeweils monatlichen Höhe des Leistungsanspruchs im streitbefangenen Zeitraum ohne Belang.

38

Im Juli 2012 betrug der rechnerische Bedarf des Klägers 374 Euro (Regelbedarf; keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung), hiervon für die 10 Tage vom 1. bis 10.7.2012 anteilig 124,67 Euro. Aufgrund des nur für die Zeit vom 1. bis 10.7.2012 zu berücksichtigenden Überbrückungsgeldes (10/28 von 1335,22 Euro = 476,86 Euro, abzüglich der hier allein abzusetzenden Versicherungspauschale von 30 Euro insgesamt 446,86 Euro) ergibt sich in diesem Monat kein Leistungsanspruch vom 1. bis 10.7.2012 und für die 20 Tage vom 11. bis 31.7.2012 (vgl § 41 Abs 1 Satz 2 SGB II) ein Leistungsanspruch in Höhe von 249,33 Euro (374 Euro - 124,67 Euro). Da dem Kläger für Juli 2012 vom Beklagten nur 181,46 Euro bewilligt und gezahlt worden sind, sind aufgrund des Monatsprinzips weitere 67,87 Euro zu zahlen.

39

Für August bis November 2012 betrug der monatliche Bedarf des Klägers 554 Euro (374 Euro Regelbedarf, 180 Euro Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Überbrückungsgeld ist in diesen Monaten nicht zu berücksichtigen. Da dem Kläger für diese Monate vom Beklagten jeweils nur 361,46 Euro bewilligt und gezahlt worden sind, sind jeweils weitere 192,54 Euro zu zahlen.

40

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Die Agentur für Arbeit stellt fest, ob die oder der Arbeitsuchende erwerbsfähig ist. Der Entscheidung können widersprechen:

1.
der kommunale Träger,
2.
ein anderer Träger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, oder
3.
die Krankenkasse, die bei Erwerbsfähigkeit Leistungen der Krankenversicherung zu erbringen hätte.
Der Widerspruch ist zu begründen. Im Widerspruchsfall entscheidet die Agentur für Arbeit, nachdem sie eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt hat. Die gutachterliche Stellungnahme erstellt der nach § 109a Absatz 4 des Sechsten Buches zuständige Träger der Rentenversicherung. Die Agentur für Arbeit ist bei der Entscheidung über den Widerspruch an die gutachterliche Stellungnahme nach Satz 5 gebunden. Bis zu der Entscheidung über den Widerspruch erbringen die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

(1a) Der Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme nach Absatz 1 Satz 4 bedarf es nicht, wenn der zuständige Träger der Rentenversicherung bereits nach § 109a Absatz 2 Satz 2 des Sechsten Buches eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben hat. Die Agentur für Arbeit ist an die gutachterliche Stellungnahme gebunden.

(2) Die gutachterliche Stellungnahme des Rentenversicherungsträgers zur Erwerbsfähigkeit ist für alle gesetzlichen Leistungsträger nach dem Zweiten, Dritten, Fünften, Sechsten und Zwölften Buch bindend; § 48 des Zehnten Buches bleibt unberührt.

(3) Entscheidet die Agentur für Arbeit, dass ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht besteht, stehen ihr und dem kommunalen Träger Erstattungsansprüche nach § 103 des Zehnten Buches zu, wenn der oder dem Leistungsberechtigten eine andere Sozialleistung zuerkannt wird. § 103 Absatz 3 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Leistungsverpflichtung des Trägers der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe der Tag des Widerspruchs gegen die Feststellung der Agentur für Arbeit ist.

(4) Die Agentur für Arbeit stellt fest, ob und in welchem Umfang die erwerbsfähige Person und die dem Haushalt angehörenden Personen hilfebedürftig sind. Sie ist dabei und bei den weiteren Entscheidungen nach diesem Buch an die Feststellung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung durch den kommunalen Träger gebunden. Die Agentur für Arbeit stellt fest, ob die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte oder die dem Haushalt angehörenden Personen vom Bezug von Leistungen nach diesem Buch ausgeschlossen sind.

(5) Der kommunale Träger stellt die Höhe der in seiner Zuständigkeit zu erbringenden Leistungen fest. Er ist dabei und bei den weiteren Entscheidungen nach diesem Buch an die Feststellungen der Agentur für Arbeit nach Absatz 4 gebunden. Satz 2 gilt nicht, sofern der kommunale Träger zur vorläufigen Zahlungseinstellung berechtigt ist und dies der Agentur für Arbeit vor dieser Entscheidung mitteilt.

(6) Der kommunale Träger kann einer Feststellung der Agentur für Arbeit nach Absatz 4 Satz 1 oder 3 innerhalb eines Monats schriftlich widersprechen, wenn er aufgrund der Feststellung höhere Leistungen zu erbringen hat. Der Widerspruch ist zu begründen; er befreit nicht von der Verpflichtung, die Leistungen entsprechend der Feststellung der Agentur für Arbeit zu gewähren. Die Agentur für Arbeit überprüft ihre Feststellung und teilt dem kommunalen Träger innerhalb von zwei Wochen ihre endgültige Feststellung mit. Hält der kommunale Träger seinen Widerspruch aufrecht, sind die Träger bis zu einer anderen Entscheidung der Agentur für Arbeit oder einer gerichtlichen Entscheidung an die Feststellung der Agentur für Arbeit gebunden.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Krankenhäuser im Sinne dieses Gesetzbuchs sind Einrichtungen, die

1.
der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen,
2.
fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten,
3.
mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten,
und in denen
4.
die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.

(2) Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzbuchs sind Einrichtungen, die

1.
der stationären Behandlung der Patienten dienen, um
a)
eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder
b)
eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluß an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen.
2.
fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen,
und in denen
3.
die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts
vom 6. November 2013 und des Sozialgerichts Würzburg vom 30. Juni 2011 aufgehoben
sowie die Klage gegen den Beklagten abgewiesen.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, soweit der Kläger gegenüber dem Beigeladenen Leistungen nach dem SGB XII begehrt.

Tatbestand

1

Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 22.10.2010 bis 11.4.2011.

2

Der im streitbefangenen Zeitraum 22 Jahre alte Kläger bezog zunächst bis Oktober 2009 Arbeitslosengeld II (Alg II) von der Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters (im Folgenden: Beklagter). Nach Untersuchungshaft ab 28.10.2009 wurde er durch Urteil vom 13.4.2010 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, die er anschließend zunächst verbüßte. Mit Wirkung vom 11.10.2010 wurde die Vollstreckung der Strafe nach § 35 Betäubungsmittelgesetz auf die Dauer von längstens zwei Jahren zurückgestellt und die Verbringung des Klägers zur Rehabilitationsbehandlung in die Klinik N. verfügt. Die Zurückstellung werde widerrufen, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt werde. Darauf begab sich der Kläger am 11.10.2010 zur stationären Langzeitbehandlung in die Klinik N., wofür die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund eine Kostenzusage über 26 Wochen bis zum 11.4.2011 erteilte. Seit dem 12.4.2011 befand sich der Kläger zur Anschlussbehandlung in Bad N., worauf das örtlich zuständige Jobcenter ihm Alg II ab 12.4.2011 bewilligte.

3

Den während der stationären Langzeitbehandlung gestellten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Alg II bereits ab dem 22.10.2010 lehnte der Beklagte unter Verweis auf § 7 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab(Bescheid vom 3.11.2010; Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010). Sozialgericht (SG) und Landessozialgericht (LSG) erkannten dem Kläger dagegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe nach dem SGB II für den Zeitraum vom 22.10.2010 bis 11.4.2011 zu (Urteil des SG vom 30.6.2011; Urteil des LSG vom 6.11.2013): Der Anspruch sei nicht nach § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II ausgeschlossen. Zu Krankenhäusern im Sinne dieser Vorschrift rechneten zwar auch Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation. Ab Antragstellung am 22.10.2010 sei jedoch mit einer Unterbringung von voraussichtlich weniger als sechs Monaten zu rechnen gewesen.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von § 7 Abs 4 SGB II. Die Vorschrift schließe den Kläger im streitbefangenen Zeitraum von Leistungen nach dem SGB II aus. Maßgebend für den Sechsmonatszeitraum des § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II sei nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, sondern der Beginn der stationären Unterbringung. Zudem habe der Wechsel in die Klinik N. keine Zäsur bewirkt, sondern nur einen anderen Aufenthaltsort begründet, an dem mit der Resozialisierung die im Wesentlichen gleiche Zielrichtung verfolgt worden sei. Das Urteil sei zudem verfahrensfehlerhaft, weil sich das LSG nicht ausführlich mit der Zusammenrechnung der Aufenthaltsorte und Aufenthaltszeiten in Justizvollzugsanstalt (im Folgenden: JVA) und Rehabilitationseinrichtung auseinandergesetzt habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. November 2013 und des Sozialgerichts Würzburg vom 30. Juni 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise, den Beigeladenen zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 22. Oktober 2010 bis 11. April 2011 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu zahlen.

7

Der beigeladene überörtliche Träger der Sozialhilfe hat sich den Ausführungen des LSG angeschlossen ohne einen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Der Kläger war durch die Unterbringung in der Klinik N. von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen und hiervon nicht deshalb ausgenommen, weil er dort voraussichtlich für weniger als sechs Monate untergebracht war. In Betracht kommt aber ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gegen den zuständigen Träger der Sozialhilfe, weshalb die Sache nach § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen war.

9

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 3.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2010, mit dem er auf den Antrag vom 22.10.2010 die Gewährung von Alg II vollständig abgelehnt hat. Zeitlich umfasst der Streitgegenstand damit den Zeitraum vom 22.10.2010 (§ 37 Abs 2 Satz 2 SGB II in der bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) bis zum 11.4.2011, dem Tag vor der Bewilligung von Alg II durch das für den Ort der Anschlussbehandlung örtlich zuständige Jobcenter am 12.4.2011.

10

2. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war eine notwendige Beiladung der DRV Bund nicht erforderlich, weil mit Blick auf das Alg II-Leistungsbegehren des Klägers keiner der Beiladungsgründe des § 75 Abs 2 SGG vorliegt. Der überörtliche Träger der Sozialhilfe ist vom LSG nach § 75 Abs 2 Alt 2 SGG beigeladen worden, weil er (vorbehaltlich der Klärung seiner Zuständigkeit nach Landesrecht im Einzelnen) als leistungspflichtig für den notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen in Betracht kommt, sofern der Kläger von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen war(zu dieser sog unechten notwendigen Beiladung vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 75 RdNr 12). Sollte dagegen ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen bestehen (dazu unter 8.), wird zu prüfen sein, ob für diese Leistung ein anderer Träger zuständig und deshalb nach § 75 Abs 2 Alt 2 SGG im wieder eröffneten Verfahren beizuladen ist.

11

3. Der Beklagte ist im streitbefangenen Zeitraum für das Alg II-Leistungsbegehren der örtlich zuständige Leistungsträger und damit richtiger Beklagter. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG hatte der Kläger vor seiner Inhaftierung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bezirk des Beklagten. An dieser hierdurch nach § 36 SGB II begründeten örtlichen Zuständigkeit hat sich nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG durch die Aufenthalte des Klägers zunächst in der JVA und sodann in der Klinik Neumühle nichts geändert, weil dadurch kein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist(vgl zum gewöhnlichen Aufenthalt während Haftstrafen und Unterbringung in stationären Einrichtungen Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 36 RdNr 39 - 40).

12

4. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass der Kläger während des Aufenthalts in der Klinik N. nach § 7 Abs 4 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.8.2006 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen war, sofern nicht eine der Rückausnahmen nach § 7 Abs 4 Satz 3 SGB II vorlag(dazu nachfolgend 5. und 6.).

13

a) Nach § 7 Abs 4 SGB II erhält Leistungen nach dem SGB II nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht(Satz 1). Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt (Satz 2). In Ausnahme von dem grundsätzlichen Leistungsausschluss des § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II erhält Leistungen nach dem SGB II gleichwohl, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus(§ 107 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) untergebracht ist (Satz 3 Nr 1) oder wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (Satz 3 Nr 2).

14

b) Im Sinne dessen ist der Aufenthalt des Klägers in der Klinik N. vom 22.10.2010 bis zum 11.4.2011 ungeachtet der zuletzt vom BSG aufgestellten Anforderungen an den Unterbringungsbegriff des § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II(vgl BSG Urteil vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 7 Nr 36 vorgesehen, RdNr 24 ff; ebenso nunmehr Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - B 14 AS 35/13 R -) nach der Regelungssystematik als Unterbringung schon deshalb anzusehen, weil die Klinik ein Krankenhaus iS von § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II darstellt, und ein Krankenhaus die Anforderungen an den Begriff der stationären Einrichtung notwendig erfüllt, weil sonst die Rückausnahme zu § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II ins Leere liefe. Zu diesen Krankenhäusern, auf die § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II Bezug nimmt, zählen nicht nur die Krankenhäuser iS des § 107 Abs 1 SGB V, sondern wegen des unbeschränkten Klammerzusatzes "§ 107 des Fünften Buches" auch die dort in Abs 2 aufgeführten Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen(BT-Drucks 16/1410 S 20; vgl auch Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 7 RdNr 129; Thie in Münder, SGB II, 5. Aufl 2013, § 7 RdNr 88).

15

c) Dem steht nicht entgegen, dass mit der DRV Bund ein Rentenversicherungsträger und nicht eine Krankenkasse als Leistungsträger nach dem SGB V die Kosten der Drogentherapie des Klägers getragen hat. Denn die Bezugnahme in § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II auf § 107 SGB V dient allein der Übernahme der dort konstituierten Anforderungen an Krankenhäuser und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen(vgl dazu BSG Urteil vom 10.4.2008 - B 3 KR 14/07 R - SozR 4-2500 § 39 Nr 14 RdNr 16 ff) für den Einrichtungsbegriff des § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II, nicht aber begrenzt sie den Anwendungsbereich des § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II auf Leistungen, für die die Krankenversicherung Kostenträger ist(vgl Hackethal in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 7 RdNr 63).

16

5. Ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II deshalb nicht greift, weil die Unterbringung eine Krankenhausversorgung von voraussichtlich weniger als sechs Monaten Dauer betrifft - für eine Rückausnahme nach § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 2 SGB II spricht vorliegend nichts -, beurteilt sich entgegen der Auffassung des LSG nach den Umständen bei Aufnahme in die Klinik und nicht nach denen zum Zeitpunkt der möglicherweise späteren Beantragung von Alg II.

17

a) Für dieses Verständnis spricht schon der Wortlaut des § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II, soweit danach Leistungen abweichend vom Regelfall des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II erhält, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus "untergebracht ist", was auf die Unterbringung als solche und damit auf deren Gesamtdauer abstellt. In diese Richtung weist ebenfalls das Regel-Ausnahme-Verhältnis der beiden Normen. Grundlage des Leistungsausschlusses auch bei Unterbringungen im Krankenhaus ist nicht § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II, sondern § 7 Abs 4 Satz 1 Alt 1 SGB II. Maßgebend für den Leistungsausschluss kann danach auch insoweit grundsätzlich nur die Lage bei deren Beginn sein, ohne dass es auf ihre Dauer zunächst ankommt (so ausdrücklich zur Konzeption der Neufassung BT-Drucks 16/1410 S 20). Bedeutung hat die Unterbringungsdauer nur für die Rückausnahme des § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II und damit für die Frage, ob der Leistungsausschluss ausnahmsweise deshalb nicht greift, weil die Versorgung im Krankenhaus voraussichtlich weniger als sechs Monate andauern wird. Möchte man nicht annehmen, dass ein ursprünglich wegen eines voraussichtlich länger andauernden Krankenhausaufenthaltes ausgeschlossener Leistungsanspruch zu einem späteren Zeitpunkt trotz weiteren Verbleibs im Krankenhaus wieder aufleben kann, so kann diese Rückausnahme nur einheitlich und demgemäß allein aus der Perspektive bei Aufnahme in das Krankenhaus zu beurteilen sein.

18

b) Für eine solche gespaltene Beurteilung der leistungsrechtlichen Wirkungen eines Krankenhausaufenthaltes spricht auch nach dem Regelungszweck nichts. Sinn und Zweck der Vorschrift richten sich darauf, die für die Existenzsicherung zuständigen Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII aufgrund objektiver Kriterien klar voneinander abzugrenzen (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 7 Nr 36 vorgesehen, RdNr 33; vgl auch Harich in ders, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Einrichtung, stationäre" RdNr 3: § 7 Abs 4 Satz 1 Alt 1 SGB II als "Weiche" in die verschiedenen Leistungssysteme). Im Rahmen dessen sollen im Grundsatz diejenigen Personen, die für ihre Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, dem SGB II, und diejenigen, die hierfür nicht zur Verfügung stehen, dem SGB XII zugeordnet werden. Vor diesem Hintergrund bezweckt § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II, Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II davor zu bewahren, deshalb aus dem Leistungsbezug zu fallen, weil sie auf absehbare Zeit in einem Krankenhaus iS des § 107 SGB V untergebracht sind; wird die Krankenhausunterbringung voraussichtlich weniger als sechs Monate dauern, soll sie bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen an der Leistungsberechtigung nichts ändern. Nur bei einer Unterbringung von voraussichtlich mindestens sechs Monaten Dauer soll der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II greifen und damit verbunden ein Wechsel in das Leistungssystem des SGB XII stattfinden. Ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II eingreift oder ausnahmsweise nicht besteht, kann nach diesem Regelungszweck für die gesamte Dauer der Unterbringung nur einheitlich und deshalb nur aus der Perspektive bei Aufnahme in das Krankenhaus zu beurteilen sein; ein Wiederaufleben eines zunächst ausgeschlossenen Anspruchs bei einem Krankenhausaufenthalt von voraussichtlich nicht unter sechs Monaten durch eine spätere Antragstellung wäre hiermit nicht zu vereinbaren. Auch das spricht dafür, die Prognose über die Dauer der voraussichtlichen Krankenhausunterbringung allein am Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus auszurichten und nicht am Leistungsantrag (ebenso Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 7 SGB II RdNr 78, Stand Januar 2009; Harich in ders, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Einrichtung, stationäre" RdNr 7; Thie in Münder, SGB II, 5. Aufl 2013, § 7 RdNr 89, 94; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 7 RdNr 244 f, Stand X/13).

19

c) Das gilt entgegen der Auffassung des LSG auch bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen nach dem SGB II während eines Krankenhausaufenthaltes iS von § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II (für ein alternatives Abstellen auf den Beginn des Aufenthalts im Krankenhaus oder die Antragstellung aber Hackethal in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 7 RdNr 63; S. Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 7 SGB II RdNr 25; Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 7 RdNr 130). Zunächst bestehen insoweit schon die vom LSG erwogenen Nachteile nicht. Insbesondere sind die Leistungsberechtigten bezogen auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nicht schlechter gestellt, denn die Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff SGB XII umfasst über die Verweisung in § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII auf § 33 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch das gesamte Leistungsspektrum der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben(ebenso BSG Urteil vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 7 Nr 36 vorgesehen, RdNr 34; vgl im Einzelnen Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 54 RdNr 16 ff, Stand V/13). Vor allem aber wäre nicht zu rechtfertigen, warum bei gleicher Ausgangslage - Unterbringung in einem Krankenhaus von voraussichtlich nicht weniger als sechs Monaten - bereits vor der Krankenhausaufnahme im Bezug von Leistungen nach dem SGB II stehende Hilfebedürftige während der gesamten Unterbringungszeit auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB XII verwiesen und Erstantragsteller dagegen von Anfang an in das System des SGB II einbezogen sind.

20

6. a) Nicht zu beanstanden ist nach diesem Maßstab die Einschätzung, dass der Kläger im Zeitpunkt seiner Aufnahme in der Klinik N. nicht für voraussichtlich weniger als sechs Monate untergebracht sein würde. Der Aufnahme am 11.10.2010 lag die Kostenzusage der DRV Bund für 26 Wochen bis 11.4.2011 zugrunde, die ihrerseits an den Klinikkonzepten der Rehabilitationseinrichtungen für Patienten mit Drogenabhängigkeit anknüpfte, in denen meist 26 Wochen - also ein Zeitraum von sechs Monaten - als durchschnittlich zu erwartende Rehabilitationsdauer zugrunde gelegt werden. Dementsprechend ging auch die Klinik N. bei Aufnahme des Klägers aus ärztlicher Sicht von einer Behandlungsdauer vom 11.10.2010 bis 11.4.2011 aus. Diese Einschätzung wurde nicht dadurch unzutreffend, dass der Kläger (erst) am 22.10.2010 Alg II beantragt hat. Anhaltspunkte, die im Zeitpunkt seiner Aufnahme dafür hätten sprechen können, dass die Unterbringung voraussichtlich vor Ablauf von 26 Wochen enden werde, hat das LSG ebenfalls nicht festgestellt.

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b) Darauf, ob der Entlassungstag aus der Klinik, vorliegend der 11.4.2011, noch zur Unterbringung zählt oder nicht, kommt es für die im Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik anzustellende Prognose über die Dauer der Unterbringung nicht an. Eine Aufnahme für eine Unterbringung von voraussichtlich 26 Wochen würde sich nicht dadurch verkürzen, wenn der Entlassungstag nicht mehr zur Unterbringung gezählt werden würde. Die rechtliche Einordnung dieses Tages berührt nicht die Prognose über die voraussichtliche Unterbringung am Tag der Aufnahme.

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7. Ob darüber hinaus der Kläger von Leistungen nach dem SGB II auch deshalb weiter ausgeschlossen war, weil der Wechsel in die Klinik N. keine Zäsur bewirkt, sondern nur einen anderen Aufenthaltsort begründet hat, an dem mit der Resozialisierung die im Wesentlichen gleiche Zielrichtung verfolgt worden sei, wie der Beklagte meint, ist hiernach ohne Bedeutung. Nicht zu befinden ist deshalb ebenfalls über die Rüge, das LSG habe sich nicht hinreichend mit der Zusammenrechnung der Aufenthaltsorte und Aufenthaltszeiten in der JVA und der Rehabilitationseinrichtung auseinandergesetzt.

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8. In Betracht kommt aber, dass dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum Leistungen nach dem SGB XII zustehen. Eine abschließende Entscheidung hierüber ist dem Senat indes verwehrt, weil insoweit tatsächliche (§ 163 SGG) sowie Feststellungen zum Landesrecht (§ 162 SGG) des LSG, das von seinem Standpunkt aus Leistungsansprüche nach dem SGB XII zu Recht nicht geprüft hat, fehlen.

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a) Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII kommen in Betracht, weil der Kläger iS des § 5 Abs 2 Satz 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hatte. Er war auch nicht iS des § 21 Satz 1 SGB XII als Erwerbsfähiger dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II. Ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 1 Alt 1 SGB II schließt in diesem Sinne die Leistungsberechtigung nach dem SGB II dem Grunde nach aus(vgl Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 21 RdNr 5; Harich in ders, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Einrichtung, stationäre" RdNr 9). Für Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII besteht ohnehin keine Sperrwirkung des SGB II.

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b) Die nach § 18 Abs 1 SGB XII(in der seither unverändert gebliebenen Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022) erforderliche Kenntnis des beigeladenen Trägers der Sozialhilfe setzte hier mit der Antragstellung des Klägers beim Beklagten am 22.10.2010 ein. Denn nach der Rechtsprechung des für das Sozialhilferecht zuständigen 8. Senats des BSG, der sich der 14. Senat anschließt, gilt § 16 SGB I, der Regelungen zur Antragstellung auf Sozialleistungen trifft, auch für die Sozialhilfe, obwohl diese nicht im eigentlichen Sinne antragsabhängig ist, und vermittelt die Antragstellung beim unzuständigen Leistungsträger die nach § 18 SGB XII erforderliche Kenntnis(vgl BSG Beschluss vom 13.2.2014 - B 8 SO 58/13 B - SozR 4-3500 § 25 Nr 4 RdNr 8; BSG Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 18/07 R - SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 22 ff). Im Zweifel ist danach davon auszugehen, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wegen der gleichen Ausgangslage (Bedürftigkeit und Bedarf) auch als Antrag nach dem SGB XII zu werten ist. Dass der Kläger die Bedarfslage nach dem SGB XII überstanden hat - auch durch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugesprochene SGB II-Leistungen -, steht dem Anspruch aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes ebenfalls nicht entgegen (vgl BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 14 mwN).

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c) In Betracht kommen Leistungen für den notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35 SGB XII(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006, BGBl I 2670, im Folgenden § 35 SGB XII aF) bzw nach § 27b SGB XII(idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; im Folgenden § 27b SGB XII nF). Soweit es sich bei der Klinik um eine Einrichtung im sozialhilferechtlichen Sinne handelt (vgl § 13 SGB XII; zu den Voraussetzungen BSG Urteil vom 13.7.2010 - B 8 SO 13/09 R - BSGE 106, 264 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2, RdNr 13; BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 14/12 R - SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 14 ff; Waldhorst-Kahnau in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 13 RdNr 17 ff; zur Harmonisierung des Einrichtungsbegriffs in SGB II und SGB XII auch BSG Urteil vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 7 Nr 36 vorgesehen, RdNr 33) wird zu prüfen sein, ob dem Kläger insoweit - da die übrigen Bedarfe durch die Einrichtung bereits gedeckt sein dürften - als Leistung des weiteren notwendigen Lebensunterhalts nach § 35 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII aF bzw § 27b Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII nF ein Barbetrag zur persönlichen Verfügung zustand(dazu näher BSG Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 17/12 R - BSGE 114, 147 = SozR 4-3500 § 92a Nr 1 RdNr 36 ff und Behrend in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27b RdNr 53 ff). Zum Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen und zur Bestimmung des nach Landesrecht zuständigen Leistungsträgers bedarf es noch Feststellungen des LSG.

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Liegen die Voraussetzungen für Leistungen in einer stationären Einrichtung dagegen nicht vor, bestimmt sich ein möglicher Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27, 28 SGB XII(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022; im Folgenden §§ 27, 28 SGB XII aF) bzw § 27a SGB XII(idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; im Folgenden § 27a SGB XII nF). Ob im vorliegenden Einzelfall, der durch die weitgehende Bedarfsdeckung durch die Unterbringung in der Rehabilitationsklinik gekennzeichnet ist, weitergehende Bedarfe zu decken sind, beurteilt sich dann nach § 28 Abs 1 Satz 4 SGB XII aF bzw § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nF (vgl dazu Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 27a RdNr 27 ff; Gutzler in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27a RdNr 86 ff; Roscher in Bieritz-Harder/Conradis/Thie, SGB XII, 9. Aufl 2012, § 27a RdNr 22 ff). Auch hierzu und zum nach Landesrecht dann zuständigen und ggf noch beizuladenden Leistungsträger bedürfte es - liegen die Voraussetzungen für eine stationäre Einrichtung nicht vor - Feststellungen des LSG.

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9. Das LSG wird im Rahmen der erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt.

(2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der Träger, der die Sozialleistung erbracht hat, bestimmt. Die Bestimmung ist dem Berechtigten gegenüber unverzüglich vorzunehmen und den übrigen Leistungsträgern mitzuteilen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.