Sozialgericht Aachen Urteil, 11. Sept. 2015 - S 19 SO 126/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt vom Beklagten Eingliederungshilfe in Form eines persönlichen Budgets.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger leidet seit Mitte der 80er Jahre an paranoider Schizophrenie (ICD-10-GM: F20.0) mit schizophrenem Residuum (ICD-10-GM: F20.5) und ist deshalb seit 2000 in der Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Aachen in ambulanter Behandlung. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 anerkannt. In der Vergangenheit erhielt er vom Beklagten bis 31.12.2012 Eingliederungshilfe in Form des ambulant betreuten Wohnens als Sachleistung. Leistungserbringerin war die Zeugin T, die Inhaberin des BeWo-Anbieters "a." ist. Über den Umfang der inso-weit zu bewilligenden Fachleistungsstunden waren vor dem erkennenden Gericht zwei Klageverfahren anhängig (S 19 SO 72/13 und S 19 SO 125/13). Grundlage für die Leistungserbringung war eine zwischen dem Beklagten und der Zeugin T. abgeschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (im Folgenden: LPV). Nachdem der Beklagte eine Qualitätsprüfung gemäß § 9 LPV eingeleitet hatte und zu dem Ergebnis gelangt war, es bestünden erhebliche Qualitätsmängel in der Art der Leistungserbringung der Zeugin T., kündige er die bestehende LPV zum 31.12.2012 und lehnte den Abschluss einer neuen LPV für die Zeit ab 01.01.2013 ab. Die nachfolgende, auf Abschluss einer erneuten LPV gerichtete Klage der Zeugin T. wies die 20. Kammer des Sozialgerichts Aachen mit Urteil vom 29.04.2014 ab (Az. S 20 SO 61/13). Unter dem 06.12.2012 stellte der Kläger einen Antrag auf Weitergewährung der ihm erbrachten Eingliederungshilfe in Form des betreuten Wohnens für die Zeit ab 01.01.2013 und begehrte die Erbringung der Leistung als persönliches Budget. Mit Schreiben vom 06.01.2013 begehrte er zudem die "Anerkennung" der Zeugin T. als Fachkraft. Der Beklagte lehnte den Weitergewährungsantrag mit Bescheid vom 16.01.2013 ab. Zur Begründung führte er aus, grundsätzlich bestehe ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form des betreuten Wohnens. Er sei auch bereit, die Leistung in Form eines persönlichen Budgets zu erbringen, sofern der Kläger sich für einen anerkannten Anbieter entscheide. Für eine Erbringung der Leistungen durch die Zeugin T. indessen könne ein persönliches Budget angesichts der festgestellten Qualitätsmängel in ihrer Arbeit nicht gewährt werden. Der Kläger legte unter dem 01.02.2013 Widerspruch ein und führte aus, eine Eignung des Leistungserbringers sei nicht zu prüfen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2013 unter Vertiefung seiner bisherigen Ausführungen zurück.
4Hiergegen richtet sich die am 10.05.2013 erhobene Klage.
5Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.01.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2013 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Eingliederungshilfe in Form des ambulant betreuten Wohnens im Rahmen eines persönlichen Budgets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
6Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
7Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung in ausführlicher Weise angehört. Es hat ferner Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen T., T2 und Dr. T3. Es hat schließlich mit Einverständnis der Zeugin T. die Verwaltungsvorgänge betreffend das Verfahren des Beklagten gegen die Zeugin T.beigezogen.
8Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte, auf die beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren S 19 SO 72/13 und S 19 SO 125/13 sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
9Entscheidungsgründe:
10Statthafte Klageart ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Materielle Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen in Form eines persönlichen Budgets ist nach § 3 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Budgetverordnung - BudgetV) der Abschluss einer Zielvereinbarung. Fehlt es an einer solchen Zielvereinbarung, können Leistungen in Form eines persönlichen Budgets nicht erbracht (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.05.2011 - L 8 SO 29/10 ER = juris) und folglich auch die zuständigen Leistungsträger nicht zur Erbringung eines persönlichen Budgets verpflichtet werden. Da dies jedoch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich verbürgten Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht dazu führen darf, dass den Betroffenen keinerlei Möglichkeit gegeben ist, den Abschluss einer Zielvereinbarung gerichtlich durchzusetzen, besteht aus Sicht der Kammer lediglich die Möglichkeit, den die Leistungen erbringenden Träger unter Aufhebung bzw. Abänderung der entsprechenden Ablehnungsbescheide zu verpflichten, über den Antrag des Betroffenen unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass nach § 17 Abs. 1 bis 4 i.V.m. § 159 Abs. 5 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe Behinderter Menschen (SGB IX) bei Vorliegen der materiellen Sachleistungsvoraussetzungen und der besonderen Voraussetzungen zur Erbringung dieser Leistungen in Form eines persönlichen Budgets eigentlich ein Anspruch auf Ausführung jener Leistungen durch ein persönliches Budget besteht (siehe zum Ganzen Urteil der Kammer vom 13.12.2013 – S 19 SO 47/12 = juris).
11Die so verstandene Klage des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Denn der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Eingliederungshilfe in Form des ambulant betreuten Wohnens im Rahmen eines persönlichen Budgets.
12Grundlage für den Anspruch des Klägers sind die §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) i.V.m. §§ 17 Abs. 2 Satz 1, 55 Abs. 2 Nr. 6 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilha-be Behinderter Menschen (SGB IX). Die materiellen Voraussetzungen jener Vorschriften liegen jedoch in der Person des Klägers nicht vor. Zwar besteht – wovon auch der Beklagte ausgeht – ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form des ambulant betreuten Wohnens. Ein Anspruch auf Erbringung dieser Leistungen in Form einer persönlichen Budgets besteht jedoch nicht, soweit der Kläger die Zeugin T. mit der Erbringung der Leistungen der Eingliederungshilfe beauftragen möchte.
13Bei der Erbringung von Leistungen in Form eines (trägerübergreifenden) persönlichen Budgets handelt es sich – wie bereits der Wortlaut von § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ("können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein persönliches Budget ausgeführt werden") verdeutlicht – nicht um eine nach materiellen Kriterien des SGB zu beurteilende Sozialsachleistung, sondern lediglich um eine besondere Art der Ausführung jener Leistungen. Anstelle der Erbringung von Sachleistungen durch Leistungserbringer werden dem Hilfebedürftigen Geldleistungen (§ 17 Abs. 3 Satz 1 SGB IX, § 3 Abs. 1 Nr. 2 BudgetV) mit dem Ziel erbracht, die eigenverantwortliche Handlungsweise des Hilfebedürftigen zu stärken (siehe dazu die Begründung zu Art. 8 Nr. 3 des Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, BT-Drs. 15/1514, S. 72). Folglich gilt für die Erbringung von Leistungen in Form eines persönlichen Budgets, dass die Leistungserbringer im Wesentlichen die gleichen materiellen Anforderungen und Qualifikationen erfüllen müssen, welche für die Leistungserbringer gelten, wenn der Anspruch durch Sachleistungen erfüllt wird (siehe zum Ganzen Urteil der Kammer vom 13.12.2013 – S 19 SO 47/12 = juris, Rdnr. 26 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.01.2013 – L 9 SO 448/12 B ER = juris).
14Welche Anforderungen für Leistungserbringer gelten, ergibt sich insbesondere aus den §§ 75,76 SGB XII. Nach § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB XII müssen (ambulante) Dienste u.a. zur Erbringung der (angebotenen) Leistungen geeignet sein. Es muss ferner insbesondere die Qualität der zu erbringenden Leistung und die Wirtschaftlichkeit der Leistungen sichergestellt sein (§ 75 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB XII i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Ferner ist die entsprechende Qualifikation des Personals sicherzustellen, § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII.
15Diese Voraussetzungen erfüllt die Zeugin T. als Anbieterin des betreuten Wohnens für die Zeit ab dem 01.01.2013 nicht. Allerdings misst die Kammer dem Umstand, dass der Beklagte den Abschluss einer LPV mit der Zeugin T. für die Zeit ab dem 01.01.2013 abgelehnt hat, allenfalls Indizwirkung zu. Demgegenüber ist der formelle Abschluss einer LPV mit dem Beklagten keine Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen in Form eines persönlichen Budgets.
16Zur Überzeugung der Kammer steht jedoch fest, dass die Leistungen der Zeugin T. nicht die an ambulante Dienste zu stellenden Qualitätsanforderungen erfüllen. Sie hat im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme sowie anhand der abgeschlossenen Parallelverfahren S 19 SO 72/13 und S 19 SO 125/13 den Eindruck gewonnen, dass es der Zeugin T. an fachlicher Kompetenz fehlt, Leistungen des ambulant betreuten Wohnens entsprechend den vorhandenen Qualitätsvorgaben zu gewähren.
17So hat der im Rahmen der Beweisaufnahme am 11.09.2015 vernommene Zeuge T2 erklärt, dass nicht nur die Qualität der von der Zeugin T. eingereichten Hilfepläne durchweg zu wünschen übrig gelassen habe, sondern selbst nach Besprechung dieser unzureichenden Hilfepläne im Rahmen der Hilfeplankonferenz keine Verbesserung erzielt werden konnte. Er hat seine Ausführungen dahingehend konkretisiert, dass im Rahmen der von der Zeugin T. eingereichten Hilfepläne die Methoden, der anzusetzende Zeitumfang sowie die zu erreichenden Ziele nicht ausreichend dargestellt worden seien. Die ebenfalls im Rahmen der am 11.09.2015 durchgeführten Beweisaufnahme vernommene Zeugin T3 hat die Ausführungen des Zeugen T2 bestätigt und ausgeführt, die von der Zeugin T. aufgeführten Hilfepläne seien nicht stringent gewesen. Die Zeugin T3 hat dies dahingehend konkretisiert, die Hilfepläne der Zeugin T. seien "mehr als ausführlich" und damit verwirrend gewesen. Eine Schlüssigkeit der von ihr erstellten Hilfepläne sei nicht gewährleistet gewesen. Selbst die auf Kritik der Hilfeplankonferenz hin erfolgte Nachbesserung der Hilfepläne durch die Zeugin T. habe nicht dazu geführt, dass erkennbar gewesen sei, welche konkreten Hilfen der Kläger benötigt habe. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass die Erarbeitung der Hilfepläne lediglich einen kleinen Ausschnitt aus der Gesamttätigkeit der Zeugin T. darstellt. Jedoch bestätigen auch die im Rahmen der Parallelverfahren S 19 SO 72/13 und S 19 SO 125/13 gewonnenen Erkenntnisse, dass die Qualität der von der Zeugin T. erbrachten Leistungen nicht die Qualitätsanforderungen erfüllt hat, welche an derartige Leistungen zu stellen sind. So hat die Zeugin T. im Hinblick auf den Kläger durchweg einen sehr stark schwankenden Hilfebedarf angegeben. Die von ihr angegebenen Schwankungen haben letztendlich dazu geführt, dass die unter dem Az. S 19 SO 72/13 erhobene Klage zum Teil abgewiesen worden ist, weil der von ihr bescheinigte Hilfebedarf in einigen Monaten nicht mit den geltend gemachten Fachleistungsstunden in Einklang zu bringen war. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass angesichts des bei dem Kläger bestehenden Krankheitsbildes Schwankungen in seinem Zustand und in seiner Befindlichkeit bestehen, welche (geringfügige) Abweichungen zu erklären vermögen. Der von der Zeugin T. bescheinigte Hilfebedarf indessen weicht in einzelnen Monaten so erheblich voneinander ab, dass dies selbst mit Schwankungen im Gesundheitszustand des Klägers nicht mehr zu rechtfertigen ist. In diesem Zusammenhang sieht die Kammer auch die nachträgliche Abänderung der Stundenaufstellungen durch die Zeugin T. Zwar vermag sie hierin kein auf Erlangung eines eigenen Vorteils gerichtetes Verhalten, eine Täuschungsabsicht o.ä. zu erkennen. Indessen belegt auch diese Vorgehensweise , dass die Zeugin T. offenbar außerstande war, den Hilfebedarf des Klägers prognostisch realistisch einzuschätzen. Eine solche Einschätzung indessen ist für die auf eine Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung verpflichteten Dienste unerlässlich.
18Die Kammer hat überdies in den Parallelverfahren S 19 SO 72/13 und S 19 SO 125/13 den Eindruck gewonnen, dass die Zeugin T. zu dem Kläger eine persönliche (rein fürsorgliche) Nähebeziehung aufgebaut hat, welche im Hinblick auf eine sozialhilferechtliche Leistungsbeziehung zwischen beiden problematisch erscheint und zu einer Abhängigkeit des Klägers geführt hat. Bereits die Historie der Tätigkeit der Zeugin T. für den Kläger zeigt dies. So hat der Kläger im Rahmen seiner am 09.01.2015 durchgeführten mündlichen Anhörung geschildert, er habe die Zeugin T. zunächst 1992 und dann wieder im Jahr 2010 durch ihre seinerzeitige Tätigkeit als Krankenschwester auf der geschlossenen Station im Universitätsklinikum B kennen gelernt. Erst auf Anregung eines behandelnden Arztes sei ihm in den Sinn gekommen, dass sie mit der Aufgabe des betreuten Wohnens betraut werden könne, was dann auch geschehen sei. Das Gericht zweifelt hierbei nicht an den guten Absichten der Zeugin T. in Bezug auf ihre Tätigkeit und die Teilhabefähigkeit des Klägers. Indessen belegen die von ihr im Parallelverfahren S 19 SO 125/13 abgerechneten Stunden, dass sie erheblich mehr Zeit für die ambulante Betreuung des Klägers aufgewandt hat, als etwa vom behandelnden Arzt der Institutsambulanz für erforderlich gehalten worden ist. So hat die Zeugin T. in der Zeit von Juni bis Dezember 2012 im Rahmen der Betreuung des Klägers (umgerechnet) durchweg mehr als 9 Fachleistungsstunden pro Woche aufgelistet, für die Monate Juni und Juli 2012 ergaben sich sogar besonders hohe Werte (11,00 bzw. 12,36 Fachleistungsstunden pro Woche). Demgegenüber bestand ein von der Kammer ermittelter Bedarf des Klägers in Höhe von 7 Fachleistungsstunden pro Woche. Diese unrealistische Einschätzung belegt erneut, dass eine Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung, wie sie das Gesetz für ambulante Dienste (wie dargelegt) vorschreibt, in Gestalt der Zeugin T. nicht gewährleistet war. Es zeigt jedoch auch, dass die Zeugin T. sich offenbar derart intensiv um den Kläger gekümmert hat, dass die Grenzen des rational Nachvollziehbaren und Erforderlichen weit überschritten wurden.
19Dass die Zeugin T. im Rahmen der Beweisaufnahme am 09.01.2015 demgegenüber beteuert hat, ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu ihr habe nicht bestanden, erscheint vor dem Hintergrund der vom Beklagten gegen sie im Verfahren S 20 SO 61/13 erhobenen Vorwürfe nachvollziehbar, überzeugt das Gericht indessen nicht.
20Es lässt sich auch nicht argumentieren, dass sich die Hilfebedürftigen im Rahmen der Leistungserbringung in Form eines persönlichen Budgets die Leistungserbringer (grundsätzlich) selbst aussuchen dürfen und insoweit weniger strenge Anforderungen an das Bestehen einer geschäftlichen Distanz zu stellen sind. Bereits dieser Ansatz würde dem normativen Konzept widersprechen, dass es sich bei der Hilfegewährung in Form eines persönlichen Budgets lediglich um eine besondere Art der Leistungserbringung handelt, so dass die gleichen materiellen Anforderungen an die Leistungserbringer zu stellen sind. Überdies muss selbst bei einer Erbringung von Leistungen durch Personen, die über ein besonderes Näheverhältnis zu den Hilfebedürftigen verfügen, eine Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung sichergestellt sein. Dies indessen ist durch die Zeugin T.nicht gegeben, weil sie den Hilfebedarf des Klägers durchweg falsch eingeschätzt hat und vielfach Nachbesserungen in den bescheinigten Betreuungsstunden vornehmen musste.
21Dem Eindruck einer mangelnden Qualität der Leistungen der Zeugin T. und einer im Hinblick auf den Kläger fehlenden (geschäftlichen) Distanz stehen auch nicht die Ausführungen des Klägers selbst entgegen. Die Kammer zweifelt insgesamt nicht daran, dass die von der Zeugin T. dem Kläger geleistete Eingliederungshilfe in Form des betreuten Wohnens die Teilhabefähigkeit des Klägers im Ergebnis verbessert hat. Gleichwohl ist sie der Auffassung, dass ein derartiger Erfolg in der Verbesserung der Teilhabefähigkeit des Klägers auch durch Inanspruchnahme anderer Dienste zu erreichen gewesen wäre. Insoweit ist zu bedenken, dass der Kläger, wie er im Rahmen seiner mündlichen Anhörung ausgeführt hat, über viele Jahre ausschließlich von der Zeugin T. betreut worden ist und deshalb keinen wirklichen Vergleich anstellen kann. Deshalb vermag das Gericht der Angabe des Klägers, er halte die Zeugin T. für "absolut fachkompetent" lediglich eine untergeordnete Bedeutung beizumessen.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über den Abschluss einer (neuen) Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung".
3Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und verheiratet. Nach dreijähriger Ausbildung zur Krankenschwester ist sie seit April 1992 als solche beschäftigt, seit Januar 1993 in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Aachen, aktuell als Teilzeitkraft. Von Oktober 2004 bis Dezember 2006 übte sie daneben eine angestellte Tätigkeit als Fachkraft für Eingliederungshilfe aus.
4Auf Antrag der Klägerin schlossen die Beteiligten erstmals am 20./29.12.2006 mit Wirkung ab 01.01.2007 eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) gemäß § 75 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung". Am selben Tag schlossen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die bis zum 31.12.2008 befristet war. In diesen Vereinbarungen firmierte die Klägerin unter dem Namen "BeWo Netzwerk B.-E.-T.". Am 31.10/18.11.2007 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.12.2007 eine neue LPV ab; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die auf den Zeitraum vom 01.12.2007 bis 31.12.2008 begrenzt war. In den neuen Vereinbarungen firmierte die Klägerin nunmehr unter dem Namen "BeWo Zuhause Sein E.T.". Zuvor hatte die Klägerin dem Beklagten ein Konzept ihres Dienstes für ambulant betreutes Wohnen vom 09.11.2007 vorgelegt. Am 20./29.12.2008 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.01.2009 wiederum eine neue LPV; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, befristet bis 31.12.2009. Am 11./22.03.2010 schlossen sie eine neue Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum "vom 01.04.2010 bis 31.12.20101", längstens bis zum Ablauf der Geltungsdauer der ihr zugrundeliegenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Nach Angaben des Beklagten übersandte dieser der Klägerin am 17.08.2012 eine neue Vergütungsvereinbarung für die Zeit ab 01.07.2012; die Klägerin bestreitet den Zugang dieser Vergütungsvereinbarung.
5Am 24.02.2011 fand zwischen den Beteiligten ein erstes Gespräch über die Qualität des BeWo-Dienstes der Klägerin statt. Anlass dafür waren u.a. das nicht fristgerechte Einreichen von Hilfeplänen und eine zeitlich verzögerte Überarbeitung von nicht schlüssigen Hilfeplänen. Mit Schreiben vom 25.02.2011 teilte der Beklagte die aus seiner Sicht bestehenden Mängel mit, setzte der Klägerin Fristen und wies auf die zukünftige Verfahrensweise hin. Mit Schreiben vom 10.05.2011 wies der Beklagte die Klägerin unter Aufzeigung verschiedener Beispiele darauf hin, dass aus seiner Sicht die getroffenen Absprachen bzw. Fristen nicht eingehalten worden seien und dass das Einhalten von Absprachen und Fristen zur Qualität der Leistung des Betreuten Wohnens gehöre. Der Beklagte behielt sich die Geltendmachung seines Kündigungsrechts vor, wenn auch zukünftig Absprachen, Fristen und Formalien nicht eingehalten würden. In einer Hilfeplankonferenz vom 24.05.2011 wurden in Bezug auf einen von der Klägerin betreuten Hilfeempfänger weitere Mängel aufgezeigt. Daraufhin lud der Beklagte die Klägerin zwecks Prüfung der Qualität ihres Dienstes gemäß § 7 der getroffenen LPV zu einem so genannten "Qualitätsgespräch" am 17.06.2011 ein. Im Anschluss an dieses Gespräch fasste der Beklagte am selben Tag gegenüber der Klägerin – aus seiner Sicht – das Ergebnis und die vereinbarte zukünftige Verfahrensweise zusammen; mit weiterem Schreiben vom 21.06.2011 gab er der Klägerin eine Rückmeldung zu den Hilfeplänen von vier Hilfeempfängern, die die Klägerin betreute, machte auf Unstimmigkeiten aufmerksam und gab unter Verweis auf das einschlägige Handbuch einige Anregungen.
6Mit Schreiben vom 18.07. und 22.08.2011 beschwerte sich bei dem Beklagten eine (gesetzliche) Betreuerin eines Klienten der Klägerin über deren Arbeitsweise.
7Daraufhin teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 13.10.2011 die Einleitung einer Qualitätsprüfung gemäß § 9 LPV mit; er listete konkret neun Punkte auf, die die Qualitätsprüfung umfassten. Am 13.12.2011 nahm die Klägerin dazu Stellung. Am 03.01.2012 fand zwischen den Beteiligten das Abschlussgespräch gemäß § 9 Abs. 4 LPV statt; die Klägerin nahm dazu mit Schreiben vom 31.01.2012 Stellung. Unter dem 15.02.2012 erstellte der Beklagte den Bericht über die Prüfung gemäß § 4 Abs. 4 i.V.m. § 9 LPV. Gestützt auf diesen Bericht kündigte der Beklagte sodann mit Schreiben vom 29.02.2012 die mit der Klägerin seit dem 01.01.2007 bestehende LPV zum 31.12.2012. Zur Begründung führte er aus, es bestünden erhebliche Qualitätsmängel der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität; die Klägerin habe ihre sich aus der LPV ergebenden Pflichten grob verletzt; es bestünden gravierende Mängel in der Leistungserbringung. Durch die mangelhafte Leistungserbringung seitens der Klägerin sei die dem Sozialhilfeträger obliegende Pflicht zu einer Gewährung bedarfsdeckender Leistungen gefährdet; die festgestellten Mängel seien so gravierend, dass eine Verbesserung der Leistungserbringung nicht zu erwarten sei; es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin künftig die Gewähr für ein vertrags- und gesetzeskonformes Verhalten biete; die in den letzten Monaten gegebenen Hinweise und Ermahnungen seien leider ohne Erfolg geblieben. Der Beklagte verwies insbesondere auf die Gespräche vom Februar und Juni 2011 sowie den Prüfbericht vom 15.02.2012.
8Am 03.01.2013 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Konzeptes ihres BeWo-Dienstes "Zuhause sein" für ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen, desweiteren eines Lebenslaufs, zahlreicher Zeugnisse sowie weiterer Unterlagen den Abschluss einer neuen LPV.
9Der Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 08.02.2013 ab. Er verwies auf das Kündigungsschreiben vom 29.02.2012 und den Bericht über die zuvor durchgeführte Qualitätsprüfung. Seit der Kündigung habe sich die Qualität der Arbeit nicht verbessert, was an folgenden Punkten festzumachen sei: • es seien weiterhin unzureichende Hilfepläne eingereicht und die Hilfebedarfe in den Hilfeplankonferenzen unschlüssig dargestellt worden, • Gruppenangebote seien falsch abgerechnet worden, • trotz der gekündigten LPV habe sich die Klägerin nicht bzw. nicht rechtzeitig um die weitere Betreuung des Hilfeempfängers gekümmert, der im Jahre 2012 der einzige noch von der Klägerin betreute Klient gewesen sei, • die Klägerin habe im Januar 2013, als sie über keine gültige LPV mehr verfügte, einen Betreuungsvertrag mit diesem Klienten abgeschlossen, • Quittungsbelege seien nachträglich verändert worden, • im Jahresbericht über Vertretung seien falsche Angaben gemacht worden. All diese Punkte entsprächen den Gründen, die der Kündigung der bisherigen LPV zugrundelägen. Der Beklagte meinte, es sei eine Reihe von Mängeln sichtbar, die die Eignung der Klägerin in Abrede stellten, und dies, obwohl sie nur eine vergleichsweise kleine Anzahl von Klienten betreut habe. Es sei zu erwarten, dass sie bei mehreren Betreuten erst recht überfordert wäre. Bei Abwägung der Grundrechte der Klägerin aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (Berufsausübungsfreiheit) und den Interessen der Allgemeinheit und der Menschen mit Behinderung im Besonderen habe unter diesen Umständen das Individualinteresse der Klägerin zurückzutreten.
10Dagegen hat die Klägerin am 26.04.2013 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, gegen den Beklagten einen Anspruch auf den Abschluss der begehrten LPV zu haben. Sie meint, sie erfülle die für den Abschluss vorgesehenen Voraussetzungen, sodass das dem Beklagten zustehende Ermessen auf die Verpflichtung zum Vertragsschluss reduziert sei. Die Zweifel des Beklagten an ihrer Geeignetheit und Leistungsfähigkeit und am Vorhandensein ihrer fachlichen Ressourcen und Qualitäten seien nicht begründet. Die Klägerin räumt ein, versehentlich die erbrachten Leistungen im Rahmen von Gruppenangeboten nicht richtig abgerechnet zu haben; dies bedauere sie sehr; es rechtfertige jedoch nicht eine Kündigung. Entgegen der Behauptung des Beklagten habe sie sich sehr wohl und intensiv um die weitere Betreuung des noch einzigen Klienten gekümmert. Vor dem Hintergrund, dass andere Anbieter von ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen nicht in der Lage gewesen seien, den notwendigen Betreuungsbedarf kurzfristig zu leisten, habe sie mit dem Klienten im Januar 2013 einen Betreuungsvertrag abgeschlossen. Dieser sei jedoch unabhängig von dem Abschluss einer LPV zwischen ihr und dem Beklagten. Die Klägerin erklärt, dass sie die Wirksamkeit der durch den Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nicht anerkenne. Soweit der Beklagte zur Begründung der Ablehnung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV auf Schreiben vor der ordentlichen Kündigung Bezug nehme, zeige dies, dass eine eigenständige Prüfung des Antrages nicht stattgefunden habe. Der Beklagte übersehe, dass die im Rahmen des Qualitätsprüfungsverfahrens behaupteten Mängel zwar für die ordentliche Kündigung hätten herangezogen werden können, nicht jedoch unmittelbar für die Ablehnung des Abschlusses einer neuen LPV. Die Klägerin meint, dass der Beklagte, sofern nicht bereits eine Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf Abschluss der begehrten LPV begründe, zumindest ermessensfehlerhaft entschieden habe. Wenn er darauf abstelle, dass die mit der Ablehnung verbundene Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 GG ihr nicht die Möglichkeit entziehe, ihren Lebensunterhalt durch ihren Beruf zu bestreiten, übersehe der Beklagte offensichtlich, das Artikel 12 Abs. 1 GG nicht nur die Berufsausübungsfreiheit, sondern auch die Berufswahlfreiheit stütze, welche mit der Berufungsausübungsfreiheit in dem einheitlichen Grundrecht der Berufsfreiheit aufgehe.
11Die Klägerin beantragt,
12den Beklagten zu verpflichten, mit ihr eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung über ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen zu schließen.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er meint, die Klägerin habe – auch nach der ausgesprochenen Kündigung der bisherigen LPV – die ihr obliegenden Pflichten gemäß § 4 LPV zur Qualität der Leistung verletzt. So habe er der Klägerin mit Schreiben vom 05.03.2012 weitere Mängel zu Quittierungsbelegen und Leistungsdokumentationen mitgeteilt; am 20.04. und 07.11.2012 habe er die Klägerin auf immer noch fehlende Unterlagen hingewiesen. Für den Neuabschluss einer LPV sei sehr wohl erneut und unabhängig von der ordentlichen Kündigung geprüft worden, ob die Voraussetzungen für einen Neuabschluss vorliegen. Im Übrigen könnten die neu eingereichten Antragsunterlagen nicht losgelöst von den bis dahin vorliegenden Unterlagen gewertet werden. Wenn aber – wie im Fall der Klägerin – Zweifel bzw. erhebliche Bedenken daran bestünden, ob hilfebedürftige Leistungsberechtigte durch einen Anbieter entsprechend ihrem jeweiligen Bedarf betreut und die Ziele des ambulant betreuten Wohnens durch Hilfestellung dieses Anbieters erreicht werden könnten, so könne der Sozialhilfeträger – schon wegen seiner Verpflichtung gegenüber den Leistungsberechtigten – keine vertragliche Bindung mit diesem Anbieter eingehen. Der Beklagte hat zuletzt im Schriftsatz vom 24.03.2014 nochmals die aus seiner Sicht nach der ausgesprochenen Kündigung der bisherigen LPV aufgetretenen Qualitätsmängel dargestellt. Der Beklagte hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass es sich bei der Kündigung der bisherigen LPV um eine ordentliche Kündigung gemäß § 10 Abs. 1 LPV gehandelt habe, die fristgerecht ausgesprochen worden sei. Der Beklagte ist der Auffassung, die Ablehnung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV sei im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens rechtmäßig erfolgt und beinhalte keinen Verstoß gegen Artikel 12 GG.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakten S 20 SO 123/13 und S 20 SO 143/13 ER des Sozialgericht Aachen und der die Hilfeempfänger C. , H., Q., R., , U. und T. betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) im Sinne von § 75 Abs. 3 SGB XII handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Zwischen den Beteiligten besteht ein so genannter Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Mithin waren ein Vorverfahren nicht durchzuführen und die Einholung einer Klagefrist nicht geboten.
19Die Klage ist jedoch nicht begründet.
20Der Beklagte ist (derzeit) nicht verpflichtet, mit der Klägerin eine LPV im Sinne des § 75 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 3 SGB XII für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" auf der Grundlage des Konzepts der Klägerin vom 28.12.2012 für Betreutes Wohnen (BeWo) zu schließen. Das Bewo-Konzept der Klägerin könnte zwar dem Grunde nach – ggf. nach einer Ergänzung, aus der die Zielsetzung und die Inhalte des Ambulant Betreuten Wohnens in Abgrenzung zu anderen Leistungen deutlicher und Maßnahmen der Qualitätssicherung durch entsprechende Dokumentation nachvollziehbarer werden, – eine tragfähige inhaltliche Basis für den Abschluss der begehrten LPV sein. Das Konzept vom 28.12.2012 stimmt im Wesentlichen mit dem Konzept vom 09.11.2007 überein, das seinerzeit Grundlage für die ab 01.12.2007 geschlossenen und bis 31.12.2012 wirksamen LPV´en war. Allein die inhaltliche Tragfähigkeit eines Anbieterkonzeptes begründet keinen Anspruch auf den (Neu-)Abschluss einer LPV.
21Der Abschluss einer LPV mit einem Leistungserbringer steht im gebundenen Ermessen des Sozialhilfeträgers. Es besteht weder ein Rechtsanspruch auf Abschluss der Vereinbarung noch volle Vertragsfreiheit. Der vertragsanbietende Leistungserbringer hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung des Leistungsträgers (h.M.; vgl. Flint in: Grube/Warendorf, SGB XII, 4. Auflage, § 75 Rn. 32; Jaritz, Juris PK-SGB XII, Rn. 44; Münder, LPK-SGB XII, 9. Auflage, § 75 Rn. 14; SG Berlin, Urteil vom 06.05.2013 – S 47 SO 843/09). Dies betrifft sowohl das "ob" als auch das "wie" der Vereinbarung. Bei der hier streitigen Entscheidung, ob eine Vereinbarung geschlossen werden soll/muss, sind die Leistungsfähigkeit und Geeignetheit des Leistungserbringers sowie die Qualität der Leistung zu prüfen. Sind diese Kriterien zu bejahen, ist das Ermessen des Leistungsträgers nicht zuletzt im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufs(ausübungs)freiheit auf Null reduziert (vgl. Flint, a.a.O., Rn. 34; Münder, a.a.O., Rn. 18; Jaritz, a.a.O., Rn. 44).
22Nach Auswertung der ihr vorliegenden Akten und aller ihr bekannt gewordenen Umstände ist die Kammer unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht erfüllt sind und die Entscheidung der Beklagten, einen Vertragsabschluss abzulehnen, nicht ermessensfehlerhaft ist.
23Entgegen der in der zunächst noch in der Klagebegründung vertretenen Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der am 29.02.2012 ausgesprochenen Kündigung der zuletzt bestehenden LPV zum 31.12.2012 nicht um eine "außerordentliche Kündigung nach § 78 SGB XI" sondern um eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist von sechs Monaten gem. § 10 Abs. 1 der LPV. Diese Kündigung hat die Klägerin nicht mit Rechtsmitteln angegriffen.
24Grundlage der Kündigung war die wiederholte grobe Verletzung von Pflichten, die sich aus der LPV ergaben, insbesondere • die mangelhafte Erstellung von Hilfeplänen, • eine unzureichende Kooperation mit gesetzlichen Betreuern von Hilfeempfängern (mehrere Klienten der Klägerin kündigten die Betreuungsverträge mit der Klägerin aufgrund mangelnder Leistungserbringung), • Nichteinhaltung zeitlicher und inhaltlicher Vorgaben. Einzelheiten dazu sind in dem Qualitätsprüfungsbericht des Beklagten vom 15.02.2012, auf die in der Kündigung vom 29.02.2012 Bezug genommen worden ist, ausführlich beschrieben.
25Als die Klägerin am 03.01.2013 einen Antrag auf Abschluss einer neuen LPV stellte, hatten die Beteiligten zwar in den ca. zehn Monaten seit dem Ausspruch der Kündigung sowohl in allgemeiner Hinsicht als auch in Bezug auf die verschiedenen Hilfeempfänger, die Klienten der Klägerin waren, miteinander korrespondiert. Gleichwohl wurden die der Kündigung zugrundeliegenden Mängel nicht (oder nur unzureichend) abgestellt und traten noch neue Mängel hinzu. Der Beklagte hat zwar mittelbar auf die Kündigungsgründe abgestellt, in dem er sie als Maßstab für die Beurteilung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV genommen hat. Er hat jedoch den Abschluss einer neuen LPV nicht mit den der Kündigung zugrundeliegenden Mängeln begründet, sondern insbesondere mit Sachverhalten/Mängeln, die in der Zeit nach der Kündigung festgestellt worden sind.
26Die Kammer konnte sich durch Einsicht in die umfangreich beigezogenen Akten, die die Klägerin selbst und sechs von ihr betreute Klienten betreffen, einen Eindruck von der Art der Tätigkeit der Klägerin, der Qualität ihrer Betreuung, ihrer Zuverlässigkeit und der daran vom Beklagten geübten Kritik verschaffen. Auch die nach der Kündigung "nachgebesserten" individuellen Hilfepläne und Abrechnungen für die Hilfeempfänger C., H.- Q. R., U. und T. weisen Unschlüssigkeiten auf; abrechenbare Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens werden von der Klägerin nicht von anderen Leistungen abgegrenzt. Soweit ehemalige Klienten der Klägerin inzwischen von anderen BeWo-Anbietern betreut werden, fällt auf, dass die von der Klägerin seinerzeit geltend gemachte Zahl der notwendigen Fachleistungsstunden deutlich höher ist als die der neuen Anbieter, ohne dass die Notwendigkeit der häufigeren Fachleistungsstunden nachvollziehbar wäre. Dies hat dazu geführt, dass im Zuge des – erledigten – Verfahrens S 20 SO 123/13 statt der von der Klägerin in Rechnung gestellten 73.748,14 EUR für in der Vergangenheit bis 2011 liegende Betreuungsleistungen vom Beklagten erst durch Bescheide vom 13.12.2013 lediglich 11.248,45 EUR bewilligt werden konnten.
27Anschaulich werden die Mängel am Fall des Hilfeempfängers R ... Für diesen hat die Klägerin nach der Kündigung der LPV am 29.02.2012 nicht nur, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, den Hilfeplan vom 10.12.2012 betreffend den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2013 vorgelegt, den der Beklagte für unschlüssig und unzureichend hält. Vielmehr hat die Klägerin, wie sich aus der beigezogenen Verwaltungsakte zu dem Hilfeempfänger R. ergibt, zuvor schon am 30.04.2012 einen Hilfeplan vom 21.04. 2012 betreffend den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.01.2013 vorgelegt. Am 10.05.2012 musste der Beklagte die Klägerin wiederum auffordern, diesen Hilfeplan zu überarbeiten, u.a. weil dieser keine messbaren Handlungsziele aufwies, teilweise unstrukturiert war und die zeitliche Zuordnung des Betreuungsvolumens nicht nachvollziehbar war. Darauf legte die Klägerin am 14.07.2012 in Sachen R. einen weiteren überarbeiteten Hilfeplan vom 13.07.2012 vor. Die darüber am 06.09.2012 durchgeführten Hilfeplankonferenz fordert eine erneute Überarbeitung des Hilfeplans und begründete dies in zwölf Punkten: • Das Instrument des HP wurde nicht genutzt. • "Roter Faden" wird nicht erkannt ... • Es wird nicht deutlich, was konkret gemacht wird. • Maßnahmen sind abstrakt, wiederholen sich. • Gesprächsleitfaden/Beschreibung zu abstrakt, Klient nicht erkennbar. • IHP zu kleinschrittig. • Die beantragte FLS-Erhöhung ist nicht nachvollziehbar dargestellt. • Die Ziele sind nicht konkret. Beispiel: Formulierung unter Ziel 1: "braucht Unterstützung" ist keine Zielsetzung. • Die geplanten Maßnahmen können nicht erfasst werden. • Der Klient hat einen Hilfebedarf. Aus dem IHP erschließ sich nicht, welche Hilfen geleistet werden sollen. • Hilfeplan enthält zu viel fachliche Ausdrücke (Beschreibungen), ein Hilfeplan sollte einfach und nachvollziehbar geschrieben sein. • Konkretes Bild und spezifischer Bedarf sind nicht erkennbar. Dies belegt, dass die Klägerin auch nach der Kündigung vom 29.02.2012 nicht in der Lage war, einen Hilfeplan schlüssig und qualitätsgerecht zu erstellen. Besonders schwer wiegt die nachträgliche Veränderung von Quittungsbelegen, wie sie der Beklagte im Fall des Hilfeempfängers R. nachgewiesen hat. Diese nachträglichen Veränderungen sind von der Klägerin ebenfalls nach der Kündigung vom 29.02.2012 vorgenommen worden, und zwar nicht nur auf dem vom Beklagten vorgelegten und in mündlichen Verhandlung erörterten Quittierungsbeleg vom "31.3.2012", sondern – wie sich aus der beigezogenen Verwaltungsakte über den Hilfeempfänger R. ergibt – auch auf den weiteren Quittierungsbelegen vom "30.4.2012", "31.5.2012" und "30.6.2012" (vgl. Bl. 378 bis 380 der Verwaltungsakte "R."). Wenn die Klägerin diese nachträglichen Veränderungen von Abrechnungsbelegen unter Verwendung unrichtiger Datumsangaben als "Verschlimmbesserung" bezeichnet, ist dies eine eher verharmlosende Umschreibung eines höchst bedenklichen und jedenfalls vorwerfbaren Verhaltens. All dies ist nicht geeignet, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin auszuräumen oder nur zu mindern.
28Zusammengefasst bestehen daher nach Einschätzung der Kammer weiterhin berechtigte Zweifel an der Geeignetheit und Zuverlässigkeit der Klägerin als BeWo-Anbieterin sowie erhebliche Bedenken hinsichtlich einer erwartbaren Qualität der Betreuung von Hilfebedürftigen durch die Klägerin. Bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Hilfebedürftigen an einer qualifizierten Betreuung und den Interessen der Klägerin und ihren schutzwürdigen Belangen auch nach Art. 12 GG überwiegen diese Zweifel und Bedenken und stehen (derzeit) dem Abschluss einer neuen LPV entgegen.
29Ob die Klägerin in der Zukunft noch einmal eine LPV mit dem Beklagten schließen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Klägerin berechtigte Erwartungen und ggf. konkrete sachgerechte Auflagen des Beklagten erfüllen kann. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass der Beklagte der Klägerin dauerhaft eine neue LPV auch dann verweigern kann, wenn diese die Voraussetzungen für einen Neuabschluss erfüllt. Hierzu bedarf aber zuvor eines Auf-Einander-Zugehens der Beteiligten.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGo).
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). In einer LPV im Sinne von § 75 Abs. 3 SGB XII werden die wesentlichen Leistungsmerkmale festgelegt. Aus der Inhaltsbeschreibung der LPV lässt sich jedoch ein konkret in Geld zu bemessender Wert der Tätigkeit nicht ersehen; eine Anknüpfung an ein in Geld bemessenes wirtschaftliches Interesse allein aus der LPV erscheint daher kaum möglich, anders als bei einer – hier nicht streitgegenständlichen – Vergütungsvereinbarung. Deshalb ist es sachgerecht, den Streitwert nach dem Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG, also mit 5.000,00 EUR festzusetzen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.12.2006 – L 8 B 37/06 SO).
(1) Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, beauftragt der leistende Rehabilitationsträger unverzüglich einen geeigneten Sachverständigen. Er benennt den Leistungsberechtigten in der Regel drei möglichst wohnortnahe Sachverständige, soweit nicht gesetzlich die Begutachtung durch einen sozialmedizinischen Dienst vorgesehen ist. Haben sich Leistungsberechtigte für einen benannten Sachverständigen entschieden, wird dem Wunsch Rechnung getragen.
(2) Der Sachverständige nimmt eine umfassende sozialmedizinische, bei Bedarf auch psychologische Begutachtung vor und erstellt das Gutachten innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung. Das Gutachten soll den von den Rehabilitationsträgern vereinbarten einheitlichen Grundsätzen zur Durchführung von Begutachtungen nach § 25 Absatz 1 Nummer 4 entsprechen. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf werden den Entscheidungen der Rehabilitationsträger zugrunde gelegt. Die gesetzlichen Aufgaben der Gesundheitsämter, des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nach § 275 des Fünften Buches und die gutachterliche Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 bleiben unberührt.
(3) Hat der leistende Rehabilitationsträger nach § 15 weitere Rehabilitationsträger beteiligt, setzt er sich bei seiner Entscheidung über die Beauftragung eines geeigneten Sachverständigen mit den beteiligten Rehabilitationsträgern über Anlass, Ziel und Umfang der Begutachtung ins Benehmen. Die beteiligten Rehabilitationsträger informieren den leistenden Rehabilitationsträger unverzüglich über die Notwendigkeit der Einholung von Gutachten. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf werden in den Teilhabeplan nach § 19 einbezogen. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Die Rehabilitationsträger stellen sicher, dass sie Sachverständige beauftragen können, bei denen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen.
(1) Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen, besonders eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Satz 1 gilt auch für schwerbehinderte Menschen im Anschluss an eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und für teilzeitbeschäftigte schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 158 Absatz 2.
(2) Ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, wird auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Satz 1 gilt auch während der Zeit einer Ausbildung im Sinne des § 51 Absatz 2, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt wird. Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet; Absatz 1 bleibt unberührt.
(3) Bescheide über die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen auf mehr als drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen, die vor dem 1. August 1986 erlassen worden sind, gelten fort.
(1) Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, beauftragt der leistende Rehabilitationsträger unverzüglich einen geeigneten Sachverständigen. Er benennt den Leistungsberechtigten in der Regel drei möglichst wohnortnahe Sachverständige, soweit nicht gesetzlich die Begutachtung durch einen sozialmedizinischen Dienst vorgesehen ist. Haben sich Leistungsberechtigte für einen benannten Sachverständigen entschieden, wird dem Wunsch Rechnung getragen.
(2) Der Sachverständige nimmt eine umfassende sozialmedizinische, bei Bedarf auch psychologische Begutachtung vor und erstellt das Gutachten innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung. Das Gutachten soll den von den Rehabilitationsträgern vereinbarten einheitlichen Grundsätzen zur Durchführung von Begutachtungen nach § 25 Absatz 1 Nummer 4 entsprechen. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf werden den Entscheidungen der Rehabilitationsträger zugrunde gelegt. Die gesetzlichen Aufgaben der Gesundheitsämter, des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nach § 275 des Fünften Buches und die gutachterliche Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 bleiben unberührt.
(3) Hat der leistende Rehabilitationsträger nach § 15 weitere Rehabilitationsträger beteiligt, setzt er sich bei seiner Entscheidung über die Beauftragung eines geeigneten Sachverständigen mit den beteiligten Rehabilitationsträgern über Anlass, Ziel und Umfang der Begutachtung ins Benehmen. Die beteiligten Rehabilitationsträger informieren den leistenden Rehabilitationsträger unverzüglich über die Notwendigkeit der Einholung von Gutachten. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf werden in den Teilhabeplan nach § 19 einbezogen. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Die Rehabilitationsträger stellen sicher, dass sie Sachverständige beauftragen können, bei denen keine Zugangs- und Kommunikationsbarrieren bestehen.
(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.
(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.
(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.
(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.
(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit
- 1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist, - 2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt, - 3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten, - 4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.
(1) In der schriftlichen Vereinbarung mit Erbringern von Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel sind zu regeln:
- 1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen (Leistungsvereinbarung) sowie - 2.
die Vergütung der Leistung (Vergütungsvereinbarung).
(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale insbesondere aufzunehmen:
- 1.
die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers, - 2.
der zu betreuende Personenkreis, - 3.
Art, Ziel und Qualität der Leistung, - 4.
die Festlegung der personellen Ausstattung, - 5.
die Qualifikation des Personals sowie - 6.
die erforderliche sächliche Ausstattung.
(3) Die Vergütungsvereinbarung besteht mindestens aus
Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Maßnahmepauschale ist nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf sowie bei Leistungen der häuslichen Pflegehilfe für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Leistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über den Abschluss einer (neuen) Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung".
3Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und verheiratet. Nach dreijähriger Ausbildung zur Krankenschwester ist sie seit April 1992 als solche beschäftigt, seit Januar 1993 in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Aachen, aktuell als Teilzeitkraft. Von Oktober 2004 bis Dezember 2006 übte sie daneben eine angestellte Tätigkeit als Fachkraft für Eingliederungshilfe aus.
4Auf Antrag der Klägerin schlossen die Beteiligten erstmals am 20./29.12.2006 mit Wirkung ab 01.01.2007 eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) gemäß § 75 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung". Am selben Tag schlossen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die bis zum 31.12.2008 befristet war. In diesen Vereinbarungen firmierte die Klägerin unter dem Namen "BeWo Netzwerk B.-E.-T.". Am 31.10/18.11.2007 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.12.2007 eine neue LPV ab; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, die auf den Zeitraum vom 01.12.2007 bis 31.12.2008 begrenzt war. In den neuen Vereinbarungen firmierte die Klägerin nunmehr unter dem Namen "BeWo Zuhause Sein E.T.". Zuvor hatte die Klägerin dem Beklagten ein Konzept ihres Dienstes für ambulant betreutes Wohnen vom 09.11.2007 vorgelegt. Am 20./29.12.2008 schlossen die Beteiligten mit Wirkung ab 01.01.2009 wiederum eine neue LPV; zugleich trafen sie eine entsprechende Vergütungsvereinbarung, befristet bis 31.12.2009. Am 11./22.03.2010 schlossen sie eine neue Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum "vom 01.04.2010 bis 31.12.20101", längstens bis zum Ablauf der Geltungsdauer der ihr zugrundeliegenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Nach Angaben des Beklagten übersandte dieser der Klägerin am 17.08.2012 eine neue Vergütungsvereinbarung für die Zeit ab 01.07.2012; die Klägerin bestreitet den Zugang dieser Vergütungsvereinbarung.
5Am 24.02.2011 fand zwischen den Beteiligten ein erstes Gespräch über die Qualität des BeWo-Dienstes der Klägerin statt. Anlass dafür waren u.a. das nicht fristgerechte Einreichen von Hilfeplänen und eine zeitlich verzögerte Überarbeitung von nicht schlüssigen Hilfeplänen. Mit Schreiben vom 25.02.2011 teilte der Beklagte die aus seiner Sicht bestehenden Mängel mit, setzte der Klägerin Fristen und wies auf die zukünftige Verfahrensweise hin. Mit Schreiben vom 10.05.2011 wies der Beklagte die Klägerin unter Aufzeigung verschiedener Beispiele darauf hin, dass aus seiner Sicht die getroffenen Absprachen bzw. Fristen nicht eingehalten worden seien und dass das Einhalten von Absprachen und Fristen zur Qualität der Leistung des Betreuten Wohnens gehöre. Der Beklagte behielt sich die Geltendmachung seines Kündigungsrechts vor, wenn auch zukünftig Absprachen, Fristen und Formalien nicht eingehalten würden. In einer Hilfeplankonferenz vom 24.05.2011 wurden in Bezug auf einen von der Klägerin betreuten Hilfeempfänger weitere Mängel aufgezeigt. Daraufhin lud der Beklagte die Klägerin zwecks Prüfung der Qualität ihres Dienstes gemäß § 7 der getroffenen LPV zu einem so genannten "Qualitätsgespräch" am 17.06.2011 ein. Im Anschluss an dieses Gespräch fasste der Beklagte am selben Tag gegenüber der Klägerin – aus seiner Sicht – das Ergebnis und die vereinbarte zukünftige Verfahrensweise zusammen; mit weiterem Schreiben vom 21.06.2011 gab er der Klägerin eine Rückmeldung zu den Hilfeplänen von vier Hilfeempfängern, die die Klägerin betreute, machte auf Unstimmigkeiten aufmerksam und gab unter Verweis auf das einschlägige Handbuch einige Anregungen.
6Mit Schreiben vom 18.07. und 22.08.2011 beschwerte sich bei dem Beklagten eine (gesetzliche) Betreuerin eines Klienten der Klägerin über deren Arbeitsweise.
7Daraufhin teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 13.10.2011 die Einleitung einer Qualitätsprüfung gemäß § 9 LPV mit; er listete konkret neun Punkte auf, die die Qualitätsprüfung umfassten. Am 13.12.2011 nahm die Klägerin dazu Stellung. Am 03.01.2012 fand zwischen den Beteiligten das Abschlussgespräch gemäß § 9 Abs. 4 LPV statt; die Klägerin nahm dazu mit Schreiben vom 31.01.2012 Stellung. Unter dem 15.02.2012 erstellte der Beklagte den Bericht über die Prüfung gemäß § 4 Abs. 4 i.V.m. § 9 LPV. Gestützt auf diesen Bericht kündigte der Beklagte sodann mit Schreiben vom 29.02.2012 die mit der Klägerin seit dem 01.01.2007 bestehende LPV zum 31.12.2012. Zur Begründung führte er aus, es bestünden erhebliche Qualitätsmängel der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität; die Klägerin habe ihre sich aus der LPV ergebenden Pflichten grob verletzt; es bestünden gravierende Mängel in der Leistungserbringung. Durch die mangelhafte Leistungserbringung seitens der Klägerin sei die dem Sozialhilfeträger obliegende Pflicht zu einer Gewährung bedarfsdeckender Leistungen gefährdet; die festgestellten Mängel seien so gravierend, dass eine Verbesserung der Leistungserbringung nicht zu erwarten sei; es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin künftig die Gewähr für ein vertrags- und gesetzeskonformes Verhalten biete; die in den letzten Monaten gegebenen Hinweise und Ermahnungen seien leider ohne Erfolg geblieben. Der Beklagte verwies insbesondere auf die Gespräche vom Februar und Juni 2011 sowie den Prüfbericht vom 15.02.2012.
8Am 03.01.2013 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Konzeptes ihres BeWo-Dienstes "Zuhause sein" für ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen, desweiteren eines Lebenslaufs, zahlreicher Zeugnisse sowie weiterer Unterlagen den Abschluss einer neuen LPV.
9Der Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 08.02.2013 ab. Er verwies auf das Kündigungsschreiben vom 29.02.2012 und den Bericht über die zuvor durchgeführte Qualitätsprüfung. Seit der Kündigung habe sich die Qualität der Arbeit nicht verbessert, was an folgenden Punkten festzumachen sei: • es seien weiterhin unzureichende Hilfepläne eingereicht und die Hilfebedarfe in den Hilfeplankonferenzen unschlüssig dargestellt worden, • Gruppenangebote seien falsch abgerechnet worden, • trotz der gekündigten LPV habe sich die Klägerin nicht bzw. nicht rechtzeitig um die weitere Betreuung des Hilfeempfängers gekümmert, der im Jahre 2012 der einzige noch von der Klägerin betreute Klient gewesen sei, • die Klägerin habe im Januar 2013, als sie über keine gültige LPV mehr verfügte, einen Betreuungsvertrag mit diesem Klienten abgeschlossen, • Quittungsbelege seien nachträglich verändert worden, • im Jahresbericht über Vertretung seien falsche Angaben gemacht worden. All diese Punkte entsprächen den Gründen, die der Kündigung der bisherigen LPV zugrundelägen. Der Beklagte meinte, es sei eine Reihe von Mängeln sichtbar, die die Eignung der Klägerin in Abrede stellten, und dies, obwohl sie nur eine vergleichsweise kleine Anzahl von Klienten betreut habe. Es sei zu erwarten, dass sie bei mehreren Betreuten erst recht überfordert wäre. Bei Abwägung der Grundrechte der Klägerin aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (Berufsausübungsfreiheit) und den Interessen der Allgemeinheit und der Menschen mit Behinderung im Besonderen habe unter diesen Umständen das Individualinteresse der Klägerin zurückzutreten.
10Dagegen hat die Klägerin am 26.04.2013 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, gegen den Beklagten einen Anspruch auf den Abschluss der begehrten LPV zu haben. Sie meint, sie erfülle die für den Abschluss vorgesehenen Voraussetzungen, sodass das dem Beklagten zustehende Ermessen auf die Verpflichtung zum Vertragsschluss reduziert sei. Die Zweifel des Beklagten an ihrer Geeignetheit und Leistungsfähigkeit und am Vorhandensein ihrer fachlichen Ressourcen und Qualitäten seien nicht begründet. Die Klägerin räumt ein, versehentlich die erbrachten Leistungen im Rahmen von Gruppenangeboten nicht richtig abgerechnet zu haben; dies bedauere sie sehr; es rechtfertige jedoch nicht eine Kündigung. Entgegen der Behauptung des Beklagten habe sie sich sehr wohl und intensiv um die weitere Betreuung des noch einzigen Klienten gekümmert. Vor dem Hintergrund, dass andere Anbieter von ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen nicht in der Lage gewesen seien, den notwendigen Betreuungsbedarf kurzfristig zu leisten, habe sie mit dem Klienten im Januar 2013 einen Betreuungsvertrag abgeschlossen. Dieser sei jedoch unabhängig von dem Abschluss einer LPV zwischen ihr und dem Beklagten. Die Klägerin erklärt, dass sie die Wirksamkeit der durch den Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nicht anerkenne. Soweit der Beklagte zur Begründung der Ablehnung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV auf Schreiben vor der ordentlichen Kündigung Bezug nehme, zeige dies, dass eine eigenständige Prüfung des Antrages nicht stattgefunden habe. Der Beklagte übersehe, dass die im Rahmen des Qualitätsprüfungsverfahrens behaupteten Mängel zwar für die ordentliche Kündigung hätten herangezogen werden können, nicht jedoch unmittelbar für die Ablehnung des Abschlusses einer neuen LPV. Die Klägerin meint, dass der Beklagte, sofern nicht bereits eine Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf Abschluss der begehrten LPV begründe, zumindest ermessensfehlerhaft entschieden habe. Wenn er darauf abstelle, dass die mit der Ablehnung verbundene Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 GG ihr nicht die Möglichkeit entziehe, ihren Lebensunterhalt durch ihren Beruf zu bestreiten, übersehe der Beklagte offensichtlich, das Artikel 12 Abs. 1 GG nicht nur die Berufsausübungsfreiheit, sondern auch die Berufswahlfreiheit stütze, welche mit der Berufungsausübungsfreiheit in dem einheitlichen Grundrecht der Berufsfreiheit aufgehe.
11Die Klägerin beantragt,
12den Beklagten zu verpflichten, mit ihr eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung über ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen zu schließen.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er meint, die Klägerin habe – auch nach der ausgesprochenen Kündigung der bisherigen LPV – die ihr obliegenden Pflichten gemäß § 4 LPV zur Qualität der Leistung verletzt. So habe er der Klägerin mit Schreiben vom 05.03.2012 weitere Mängel zu Quittierungsbelegen und Leistungsdokumentationen mitgeteilt; am 20.04. und 07.11.2012 habe er die Klägerin auf immer noch fehlende Unterlagen hingewiesen. Für den Neuabschluss einer LPV sei sehr wohl erneut und unabhängig von der ordentlichen Kündigung geprüft worden, ob die Voraussetzungen für einen Neuabschluss vorliegen. Im Übrigen könnten die neu eingereichten Antragsunterlagen nicht losgelöst von den bis dahin vorliegenden Unterlagen gewertet werden. Wenn aber – wie im Fall der Klägerin – Zweifel bzw. erhebliche Bedenken daran bestünden, ob hilfebedürftige Leistungsberechtigte durch einen Anbieter entsprechend ihrem jeweiligen Bedarf betreut und die Ziele des ambulant betreuten Wohnens durch Hilfestellung dieses Anbieters erreicht werden könnten, so könne der Sozialhilfeträger – schon wegen seiner Verpflichtung gegenüber den Leistungsberechtigten – keine vertragliche Bindung mit diesem Anbieter eingehen. Der Beklagte hat zuletzt im Schriftsatz vom 24.03.2014 nochmals die aus seiner Sicht nach der ausgesprochenen Kündigung der bisherigen LPV aufgetretenen Qualitätsmängel dargestellt. Der Beklagte hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass es sich bei der Kündigung der bisherigen LPV um eine ordentliche Kündigung gemäß § 10 Abs. 1 LPV gehandelt habe, die fristgerecht ausgesprochen worden sei. Der Beklagte ist der Auffassung, die Ablehnung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV sei im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens rechtmäßig erfolgt und beinhalte keinen Verstoß gegen Artikel 12 GG.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakten S 20 SO 123/13 und S 20 SO 143/13 ER des Sozialgericht Aachen und der die Hilfeempfänger C. , H., Q., R., , U. und T. betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (LPV) im Sinne von § 75 Abs. 3 SGB XII handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Zwischen den Beteiligten besteht ein so genannter Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Mithin waren ein Vorverfahren nicht durchzuführen und die Einholung einer Klagefrist nicht geboten.
19Die Klage ist jedoch nicht begründet.
20Der Beklagte ist (derzeit) nicht verpflichtet, mit der Klägerin eine LPV im Sinne des § 75 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 3 SGB XII für den Leistungsbereich "Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" auf der Grundlage des Konzepts der Klägerin vom 28.12.2012 für Betreutes Wohnen (BeWo) zu schließen. Das Bewo-Konzept der Klägerin könnte zwar dem Grunde nach – ggf. nach einer Ergänzung, aus der die Zielsetzung und die Inhalte des Ambulant Betreuten Wohnens in Abgrenzung zu anderen Leistungen deutlicher und Maßnahmen der Qualitätssicherung durch entsprechende Dokumentation nachvollziehbarer werden, – eine tragfähige inhaltliche Basis für den Abschluss der begehrten LPV sein. Das Konzept vom 28.12.2012 stimmt im Wesentlichen mit dem Konzept vom 09.11.2007 überein, das seinerzeit Grundlage für die ab 01.12.2007 geschlossenen und bis 31.12.2012 wirksamen LPV´en war. Allein die inhaltliche Tragfähigkeit eines Anbieterkonzeptes begründet keinen Anspruch auf den (Neu-)Abschluss einer LPV.
21Der Abschluss einer LPV mit einem Leistungserbringer steht im gebundenen Ermessen des Sozialhilfeträgers. Es besteht weder ein Rechtsanspruch auf Abschluss der Vereinbarung noch volle Vertragsfreiheit. Der vertragsanbietende Leistungserbringer hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung des Leistungsträgers (h.M.; vgl. Flint in: Grube/Warendorf, SGB XII, 4. Auflage, § 75 Rn. 32; Jaritz, Juris PK-SGB XII, Rn. 44; Münder, LPK-SGB XII, 9. Auflage, § 75 Rn. 14; SG Berlin, Urteil vom 06.05.2013 – S 47 SO 843/09). Dies betrifft sowohl das "ob" als auch das "wie" der Vereinbarung. Bei der hier streitigen Entscheidung, ob eine Vereinbarung geschlossen werden soll/muss, sind die Leistungsfähigkeit und Geeignetheit des Leistungserbringers sowie die Qualität der Leistung zu prüfen. Sind diese Kriterien zu bejahen, ist das Ermessen des Leistungsträgers nicht zuletzt im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufs(ausübungs)freiheit auf Null reduziert (vgl. Flint, a.a.O., Rn. 34; Münder, a.a.O., Rn. 18; Jaritz, a.a.O., Rn. 44).
22Nach Auswertung der ihr vorliegenden Akten und aller ihr bekannt gewordenen Umstände ist die Kammer unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht erfüllt sind und die Entscheidung der Beklagten, einen Vertragsabschluss abzulehnen, nicht ermessensfehlerhaft ist.
23Entgegen der in der zunächst noch in der Klagebegründung vertretenen Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der am 29.02.2012 ausgesprochenen Kündigung der zuletzt bestehenden LPV zum 31.12.2012 nicht um eine "außerordentliche Kündigung nach § 78 SGB XI" sondern um eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist von sechs Monaten gem. § 10 Abs. 1 der LPV. Diese Kündigung hat die Klägerin nicht mit Rechtsmitteln angegriffen.
24Grundlage der Kündigung war die wiederholte grobe Verletzung von Pflichten, die sich aus der LPV ergaben, insbesondere • die mangelhafte Erstellung von Hilfeplänen, • eine unzureichende Kooperation mit gesetzlichen Betreuern von Hilfeempfängern (mehrere Klienten der Klägerin kündigten die Betreuungsverträge mit der Klägerin aufgrund mangelnder Leistungserbringung), • Nichteinhaltung zeitlicher und inhaltlicher Vorgaben. Einzelheiten dazu sind in dem Qualitätsprüfungsbericht des Beklagten vom 15.02.2012, auf die in der Kündigung vom 29.02.2012 Bezug genommen worden ist, ausführlich beschrieben.
25Als die Klägerin am 03.01.2013 einen Antrag auf Abschluss einer neuen LPV stellte, hatten die Beteiligten zwar in den ca. zehn Monaten seit dem Ausspruch der Kündigung sowohl in allgemeiner Hinsicht als auch in Bezug auf die verschiedenen Hilfeempfänger, die Klienten der Klägerin waren, miteinander korrespondiert. Gleichwohl wurden die der Kündigung zugrundeliegenden Mängel nicht (oder nur unzureichend) abgestellt und traten noch neue Mängel hinzu. Der Beklagte hat zwar mittelbar auf die Kündigungsgründe abgestellt, in dem er sie als Maßstab für die Beurteilung des Antrags auf Abschluss einer neuen LPV genommen hat. Er hat jedoch den Abschluss einer neuen LPV nicht mit den der Kündigung zugrundeliegenden Mängeln begründet, sondern insbesondere mit Sachverhalten/Mängeln, die in der Zeit nach der Kündigung festgestellt worden sind.
26Die Kammer konnte sich durch Einsicht in die umfangreich beigezogenen Akten, die die Klägerin selbst und sechs von ihr betreute Klienten betreffen, einen Eindruck von der Art der Tätigkeit der Klägerin, der Qualität ihrer Betreuung, ihrer Zuverlässigkeit und der daran vom Beklagten geübten Kritik verschaffen. Auch die nach der Kündigung "nachgebesserten" individuellen Hilfepläne und Abrechnungen für die Hilfeempfänger C., H.- Q. R., U. und T. weisen Unschlüssigkeiten auf; abrechenbare Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens werden von der Klägerin nicht von anderen Leistungen abgegrenzt. Soweit ehemalige Klienten der Klägerin inzwischen von anderen BeWo-Anbietern betreut werden, fällt auf, dass die von der Klägerin seinerzeit geltend gemachte Zahl der notwendigen Fachleistungsstunden deutlich höher ist als die der neuen Anbieter, ohne dass die Notwendigkeit der häufigeren Fachleistungsstunden nachvollziehbar wäre. Dies hat dazu geführt, dass im Zuge des – erledigten – Verfahrens S 20 SO 123/13 statt der von der Klägerin in Rechnung gestellten 73.748,14 EUR für in der Vergangenheit bis 2011 liegende Betreuungsleistungen vom Beklagten erst durch Bescheide vom 13.12.2013 lediglich 11.248,45 EUR bewilligt werden konnten.
27Anschaulich werden die Mängel am Fall des Hilfeempfängers R ... Für diesen hat die Klägerin nach der Kündigung der LPV am 29.02.2012 nicht nur, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, den Hilfeplan vom 10.12.2012 betreffend den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2013 vorgelegt, den der Beklagte für unschlüssig und unzureichend hält. Vielmehr hat die Klägerin, wie sich aus der beigezogenen Verwaltungsakte zu dem Hilfeempfänger R. ergibt, zuvor schon am 30.04.2012 einen Hilfeplan vom 21.04. 2012 betreffend den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.01.2013 vorgelegt. Am 10.05.2012 musste der Beklagte die Klägerin wiederum auffordern, diesen Hilfeplan zu überarbeiten, u.a. weil dieser keine messbaren Handlungsziele aufwies, teilweise unstrukturiert war und die zeitliche Zuordnung des Betreuungsvolumens nicht nachvollziehbar war. Darauf legte die Klägerin am 14.07.2012 in Sachen R. einen weiteren überarbeiteten Hilfeplan vom 13.07.2012 vor. Die darüber am 06.09.2012 durchgeführten Hilfeplankonferenz fordert eine erneute Überarbeitung des Hilfeplans und begründete dies in zwölf Punkten: • Das Instrument des HP wurde nicht genutzt. • "Roter Faden" wird nicht erkannt ... • Es wird nicht deutlich, was konkret gemacht wird. • Maßnahmen sind abstrakt, wiederholen sich. • Gesprächsleitfaden/Beschreibung zu abstrakt, Klient nicht erkennbar. • IHP zu kleinschrittig. • Die beantragte FLS-Erhöhung ist nicht nachvollziehbar dargestellt. • Die Ziele sind nicht konkret. Beispiel: Formulierung unter Ziel 1: "braucht Unterstützung" ist keine Zielsetzung. • Die geplanten Maßnahmen können nicht erfasst werden. • Der Klient hat einen Hilfebedarf. Aus dem IHP erschließ sich nicht, welche Hilfen geleistet werden sollen. • Hilfeplan enthält zu viel fachliche Ausdrücke (Beschreibungen), ein Hilfeplan sollte einfach und nachvollziehbar geschrieben sein. • Konkretes Bild und spezifischer Bedarf sind nicht erkennbar. Dies belegt, dass die Klägerin auch nach der Kündigung vom 29.02.2012 nicht in der Lage war, einen Hilfeplan schlüssig und qualitätsgerecht zu erstellen. Besonders schwer wiegt die nachträgliche Veränderung von Quittungsbelegen, wie sie der Beklagte im Fall des Hilfeempfängers R. nachgewiesen hat. Diese nachträglichen Veränderungen sind von der Klägerin ebenfalls nach der Kündigung vom 29.02.2012 vorgenommen worden, und zwar nicht nur auf dem vom Beklagten vorgelegten und in mündlichen Verhandlung erörterten Quittierungsbeleg vom "31.3.2012", sondern – wie sich aus der beigezogenen Verwaltungsakte über den Hilfeempfänger R. ergibt – auch auf den weiteren Quittierungsbelegen vom "30.4.2012", "31.5.2012" und "30.6.2012" (vgl. Bl. 378 bis 380 der Verwaltungsakte "R."). Wenn die Klägerin diese nachträglichen Veränderungen von Abrechnungsbelegen unter Verwendung unrichtiger Datumsangaben als "Verschlimmbesserung" bezeichnet, ist dies eine eher verharmlosende Umschreibung eines höchst bedenklichen und jedenfalls vorwerfbaren Verhaltens. All dies ist nicht geeignet, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin auszuräumen oder nur zu mindern.
28Zusammengefasst bestehen daher nach Einschätzung der Kammer weiterhin berechtigte Zweifel an der Geeignetheit und Zuverlässigkeit der Klägerin als BeWo-Anbieterin sowie erhebliche Bedenken hinsichtlich einer erwartbaren Qualität der Betreuung von Hilfebedürftigen durch die Klägerin. Bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Hilfebedürftigen an einer qualifizierten Betreuung und den Interessen der Klägerin und ihren schutzwürdigen Belangen auch nach Art. 12 GG überwiegen diese Zweifel und Bedenken und stehen (derzeit) dem Abschluss einer neuen LPV entgegen.
29Ob die Klägerin in der Zukunft noch einmal eine LPV mit dem Beklagten schließen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Klägerin berechtigte Erwartungen und ggf. konkrete sachgerechte Auflagen des Beklagten erfüllen kann. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass der Beklagte der Klägerin dauerhaft eine neue LPV auch dann verweigern kann, wenn diese die Voraussetzungen für einen Neuabschluss erfüllt. Hierzu bedarf aber zuvor eines Auf-Einander-Zugehens der Beteiligten.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGo).
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). In einer LPV im Sinne von § 75 Abs. 3 SGB XII werden die wesentlichen Leistungsmerkmale festgelegt. Aus der Inhaltsbeschreibung der LPV lässt sich jedoch ein konkret in Geld zu bemessender Wert der Tätigkeit nicht ersehen; eine Anknüpfung an ein in Geld bemessenes wirtschaftliches Interesse allein aus der LPV erscheint daher kaum möglich, anders als bei einer – hier nicht streitgegenständlichen – Vergütungsvereinbarung. Deshalb ist es sachgerecht, den Streitwert nach dem Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG, also mit 5.000,00 EUR festzusetzen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.12.2006 – L 8 B 37/06 SO).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.