Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 17. Juli 2017 - 6 WF 90/17
Gericht
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.
III. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.000,00 € festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
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1. Die mit Schriftsatz vom 8. Mai 2017 eingelegte Beschwerde des Antragsgegners, die als sofortige Beschwerde zu behandeln ist, über die der Senat gem. § 568 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Senatsbesetzung entscheidet, ist unzulässig, weil nicht innerhalb der 2-wöchigen Beschwerdefrist gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt.
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Gegen einen Zwangsgeldbeschluss der vorliegenden Art, ist die sofortige Beschwerde gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 120 Abs. 1 FamFG, 793 ZPO statthaft.
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Für die Einlegung des Rechtsmittels gilt daher die 2-wöchige Beschwerdefrist gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Die angegriffene Entscheidung des Familiengerichts vom 3. April 2017 ist dem Antragsgegner nach den Ausführungen in dem Beschwerdeschriftsatz vom 8. Mai 2017 am 7. April 2017 zugestellt worden. Die am 8. Mai 2017 eingegangene Beschwerdeschrift vom selben Tag ist daher nicht innerhalb der 2-wöchigen Frist eingegangen.
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Weil die sofortige Beschwerde somit nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingegangen ist, ist sie als unzulässig zu verwerfen.
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2. Dem Antragsgegner kann hinsichtlich der versäumten Beschwerdefrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
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Begründet ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung nur dann, wenn der Beteiligte ohne Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme der Prozesshandlung gehindert war.
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Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
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Richtig ist, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Familiengerichts, es sei gegen die angegriffene Entscheidung die Beschwerde gegeben, die innerhalb eines Monats einzulegen sei, fehlerhaft gewesen ist.
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Durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung wird ein Vertrauenstatbestand geschaffen, der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen kann, wenn die Belehrung einen unvermeidbaren oder zumindest entschuldbaren Rechtsirrtum auf Seiten des Beteiligten hervorruft und die Fristversäumnis darauf beruht.
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Dabei ist ein durch eine inhaltlich unrichtige Rechtsmittelbelehrung hervorgerufener Rechtsirrtum eines anwaltlich vertretenen Beteiligten dann entschuldbar, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht offenkundig fehlerhaft und der durch sie verursachte Irrtum nachvollziehbar ist (vgl. BGH NJW 2012, 2443/2444).
- 12
Ein Rechtsanwalt darf zwar grundsätzlich auf die Richtigkeit einer durch das Gericht erteilten Rechtsbelehrung vertrauen. Gleichwohl muss von ihm erwartet werden, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jeweiligen Verfahrensart kennt. Das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung kann er deshalb nicht uneingeschränkt, sondern nur in solchen Fällen in Anspruch nehmen, in denen die inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum des Rechtsanwalts geführt hat. Auch in den Fällen einer inhaltlich unrichtigen Rechtsmittelbelehrung kann es daher an der Ursächlichkeit zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumung fehlen, wenn die durch das Gericht erteilte Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und deshalb - ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand - nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (BGH FamRZ 2012, 1287 ff. m.w.N.).
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Von einem solchen Fall ist vorliegend auszugehen.
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Ein im Familiengericht tätiger Rechtsanwalt muss wissen, dass gegen einen Zwangsgeldbeschluss in einer Familienstreitsache nicht die Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG, sondern die sofortige Beschwerde gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 120 Abs. 1 FamFG, 793 ZPO gegeben ist. Dieses Wissen gehört nach Auffassung des Senats zu den Grundkenntnissen des familiengerichtlichen Verfahrens in Familienstreitsachen, mit denen ein auf dem Gebiet des Familiengerichts tätiger Rechtsanwalt ohne weiteres vertraut sein muss (vgl. BGH a.a.O.).
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Dem angenommenen Verschulden steht auch nicht entgegen, dass dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners nach seinen Angaben die Akte erst kurz vor Ablauf der in der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung vorgesehenen Frist vorgelegt worden ist.
- 16
Die angegriffene Entscheidung ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners nach seinen eigenen Angaben am 7. April 2017 zugestellt worden. Er hat daher die Entscheidung zu diesem Zeitpunkt zur Kenntnis genommen und hätte sie - schon um eine sachgerechte Mandatswahrnehmung zu gewährleisten - auch überprüfen müssen, um gegebenenfalls mit seinem Mandaten die Möglichkeit einer Rechtsmitteleinlegung zu besprechen. Bei einer entsprechenden Überprüfung hätte ihm die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung auffallen müssen bzw. er hätte sie ohne weiteres erkennen können.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO.
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4. Die Entscheidung bezüglich des Verfahrenswertes gründet sich auf § 35 FamGKG.
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5. Die Rechtsbeschwerde wird im Hinblick auf die Frage zugelassen, ob hinsichtlich der Beschwerdefrist bei Zwangsgeldbeschlüssen in Familiensachen von einem zu berücksichtigenden Rechtsirrtum eines Rechtanwaltes auszugehen ist. Der Senat geht davon aus, dass insoweit die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO gegeben sind.
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Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn
- 1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder - 2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
Ist Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bemisst sich der Verfahrenswert nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.