Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 03. Jan. 2013 - 6 WF 182/12

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2013:0103.6WF182.12.0A
bei uns veröffentlicht am03.01.2013

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Tenor

I. Der Antrag des Antragsgegners, ihm gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.

II. Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

III. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

V. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf

500,00 €

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, zum Zwecke der Durchsetzung einer im vorausgegangenen Verfahren 2 F 235/11 ergangenen Umgangsregelung.

2

Mit der Begründung, der Antragsgegner habe hiergegen schuldhaft verstoßen, hat die Antragstellerin die Festsetzung eines Ordnungsgeldes beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht gegen den Vater ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, angeordnet. Die dem Beschluss angefügte Rechtsmittelbelehrung weist u.a. auf das Rechtsmittel der Beschwerde hin. Weiter heißt es:

3

„Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei dem … einzulegen“.

4

Der Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 26. Oktober 2012 zugestellt worden. Mit am 26. November 2012 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat er Beschwerde eingelegt. Nach Hinweis auf § 87 Abs. 4 FamFG durch den Senat verweist der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners auf die vom Familiengericht erteilte Rechtsmittelbelehrung.

II.

5

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der 2Wochen-Frist der §§ 87 Abs. 4 FamFG, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden ist und Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nicht gewährt werden kann.

6

1. Zunächst ist die Frist zur Einlegung der Beschwerde, die gemäß §§ 87 Abs. 4 FamFG, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen beträgt, versäumt. Denn nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung am 26. Oktober 2012 ist die Rechtsmittelschrift erst einen Monat später am 26. November 2012 bei Gericht eingegangen. Somit ist die Beschwerdefrist nicht gewahrt.

7

2. Dem Antragsgegner kann auch keine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist gewährt werden. Ihm ist vielmehr (Mit-)verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten nach §§ 11 Satz 5 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Zunächst wertet der Senat den Hinweis auf die unrichtige Rechtsmittelbelehrung durch das Familiengericht als Wiedereinsetzungsantrag.

8

Gemäß § 17 Abs. 2 FamFG wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Diese Vorschrift dient jedoch in erster Linie dem Schutz des Rechtskundigen. Ist ein Beteiligter – wie hier der Antragsgegner – erstinstanzlich anwaltlich vertreten gewesen, gilt dies nicht uneingeschränkt. Zwar darf auch ein Rechtsanwalt grundsätzlich auf die Richtigkeit einer durch das Gericht erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vertrauen, von ihm muss aber erwartet werden, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und des Rechtsmittelsystems in der jeweiligen Verfahrensart kennt. Ein Vertrauensschutz greift deshalb nur dann ein, wenn die inhaltlich fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum auf Seiten des Rechtsanwalts geführt hat. In Fällen einer inhaltlich unrichtigen Rechtsmittelbelehrung kann es daher an der Ursächlichkeit zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumnis fehlen, wenn die durch das Gericht erteilte Rechtsmittelbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und deshalb – ausgehend von dem beim Rechtsanwalt vorausgesetzten Kenntnisstand – nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken mochte (vgl. zum Ganzen: BGH FamRZ 2012, 1287 ff.).

9

Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil die erteilte Rechtsmittelbelehrung nicht geeignet ist, von einem nachvollziehbaren und daher (noch) verständlichen Rechtsirrtum des Rechtsanwalts auszugehen. (vgl. etwa zum Anwaltszwang im selbständigen Familienstreitverfahren BGH aaO.; zur Beschwerdefrist im einstweiligen Anordnungsverfahren zuletzt OLG Saarbrücken, Beschluss vom 7. November 2012, 6 UF 390/12, juris). Der Antragsgegner war hier im gesamten Verfahren anwaltlich vertreten. Dass sein Verfahrensbevollmächtigter auf die Richtigkeit der Rechtsmittelbelehrung vertraut hat, ist nicht als ursächlich für die Fristversäumung anzuerkennen. Denn der ihm hierbei unterlaufende Rechtsirrtum kann nicht als nachvollziehbar bzw. unvermeidbar eingestuft werden.

10

Von einem Rechtsanwalt ist grundsätzlich zu erwarten, dass er sich über die Voraussetzung für die Einlegung eines Rechtsmittels, und damit auch über die einzuhaltende Frist, selbst und eigenverantwortlich vergewissert. Nach dem Inhalt des verfahrenseinleitenden Antrags und der ergangenen Entscheidung unterliegt es keinem Zweifel, dass Streitgegenstand hier allein die Frage der Vollstreckung eines früher ergangenen Titels war. Insoweit enthält das FamFG in Abschnitt 8 eigenständige Vorschriften, deren Wissen zu den Grundkenntnissen des familiengerichtlichen Verfahrens gehört (vgl. zur Beschwerdefrist im einstweiligen Anordnungsverfahren OLG Saarbrücken aaO.). Angesichts der gesetzlichen Regelung in § 87 Abs. 4 FamFG hätte sich daher die Fehlerhaftigkeit der Belehrung dem Verfahrensbevollmächtigten aufdrängen müssen, so dass der Irrtum nicht mehr als entschuldbar bewertet werden kann (ebenso Senat, Beschluss vom 29. November 2011 – 6 WF 179/11).

III.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG.

12

Der Verfahrenswert wird gemäß § 42 Abs. 2 FamGKG entsprechend der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes bestimmt.

13

Gründe, gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zuzulassen sind nach Klärung der Rechtsfragen durch die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht gegeben.

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 42 Auffangwert


(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit in einer nichtvermögensrechtliche

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 17 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


(1) War jemand ohne sein Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterbliebe

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 87 Verfahren; Beschwerde


(1) Das Gericht wird in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, von Amts wegen tätig und bestimmt die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen. Der Berechtigte kann die Vornahme von Vollstreckungshandlungen

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 11 Verfahrensvollmacht


Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mange

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(1) Das Gericht wird in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, von Amts wegen tätig und bestimmt die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen. Der Berechtigte kann die Vornahme von Vollstreckungshandlungen beantragen; entspricht das Gericht dem Antrag nicht, entscheidet es durch Beschluss.

(2) Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(3) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, ein Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung zu stellen. § 758 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 759 bis 763 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Ein Beschluss, der im Vollstreckungsverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(5) Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 80 bis 82 und 84 entsprechend.

Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder Notar auftritt. Im Übrigen gelten die §§ 81 bis 87 und 89 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) War jemand ohne sein Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Gericht wird in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, von Amts wegen tätig und bestimmt die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen. Der Berechtigte kann die Vornahme von Vollstreckungshandlungen beantragen; entspricht das Gericht dem Antrag nicht, entscheidet es durch Beschluss.

(2) Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(3) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, ein Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung zu stellen. § 758 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 759 bis 763 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Ein Beschluss, der im Vollstreckungsverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(5) Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 80 bis 82 und 84 entsprechend.

(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500 000 Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte, ist von einem Wert von 5 000 Euro auszugehen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.