Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 21. Jan. 2013 - 3 M 591/12

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2013:0121.3M591.12.0A
bei uns veröffentlicht am21.01.2013

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.04.2012, mit dem ihr die Beauftragung des vorherigen Halters der Hündin „(...)“ mit deren Führung sowie die Überlassung der Hündin an denselben untersagt und der Sofortvollzug dieser Verfügung angeordnet worden war, zu Unrecht abgelehnt. Der Senat macht von der Möglichkeit, nach seinem Ermessen die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) namentlich dann Gebrauch, wenn sich die Verfügung nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird. Nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren wird die Verfügung der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren aufzuheben sein, weil sie rechtswidrig ist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

3

Die Tatbestandsvoraussetzungen der für die Verfügung einzig heranzuziehenden Rechtsgrundlage, § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren vom 23.01.2009 (GVBl. LSA S. 22 – GefHundG LSA -) in Verbindung mit § 13 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung vom 23.09.2003 (GVBl. LSA S. 214 – SOG LSA -), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Anpassung landesrechtlicher Verjährungsvorschriften vom 18.05.2010 (GVBl. LSA S. 340) liegen nicht vor. Nach § 13 SOG LSA können die Sicherheitsbehörden die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren. Eine Gefahr ist gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. a SOG LSA eine konkrete Gefahr, das heißt eine Sachlage, bei der im einzelnen Falle die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit eintreten wird. Die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 3 Nr. 3 Buchst. a SOG LSA umfasst gemäß § 3 Nr. 1 SOG LSA die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie des Bestandes, der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und sonstiger Träger der Hoheitsgewalt.

4

Eine wiederholte nur vorübergehende Überlassung der Hündin „(...)“ an den vormaligen Halter durch die Antragstellerin begründet eine konkrete Gefahr für die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung nicht. Sie stellt keine Umgehung des gegenüber dem Vorbesitzer mit Verfügung vom 24.02.2011 ausgesprochenen Haltungsverbots dar.

5

Die Hündin „(...)“ ist auch nach Angaben der Antragstellerin ein Mischlingshund mit Vorfahren der Rasse „American Staffordshire Terrier“, mithin ein vermutet gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 GefHundG LSA in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr gefährlicher Hunde in das Inland vom 21.04.2001 (BGBl. I 2001, S. 530 - HundVerbrEinfG -). Ein solcher Hund darf gehalten werden, wenn die Hundehalterin oder der Hundehalter durch einen Wesenstest nach § 10 GefHundG LSA gegenüber der zuständigen Behörde nachgewiesen hat, dass der Hund zu sozialverträglichem Verhalten in der Lage ist, so dass von dem Hund keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen, § 4 Abs. 1 Satz 1 GefHundG LSA. Erhöhte Anforderungen an den Halter oder Führer des Hundes entsprechend den für gefährliche Hunde gemäß § 3 Abs. 3 GefHundG LSA geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2 und §§ 5 f. GefHundG LSA, insbesondere § 7 GefHundG LSA mit Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Hundehalters) ergeben sich aus den Vorschriften des GefHundG LSA nicht.

6

Auch die nach den Vorschriften des § 3 Abs. 3 GefHundG LSA für im Einzelfall gefährliche Hunde geltende erheblich absenkte Eingriffsschwelle genügt im Falle sogenannter „Listenhunde“ weder für Maßnahmen gegenüber dem Hund noch für solche gegenüber dem Halter oder Hundeführer. Denn zum Ausgleich der hier schon an die Rasse des Hundes anknüpfenden vermuteten Gefährlichkeit des Hundes, die nur durch einen erfolgreich abgelegten Wesenstest widerlegt werden kann, hat der Gesetzgeber bewusst auf weitere Einschränkungen der Hundehaltung verzichtet (vgl. Pietzsch, Neue Regelungen zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden in Sachsen-Anhalt, LKV 2010, S. 241, 246). Ein erfolgreicher Wesenstest indiziert in diesen Fällen abschließend, dass von dem Hund und seiner Haltung und Führung keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen (Begründung des Gesetzentwurfs in LT-Drs. 5/1011, S. 11). Für den Nachweis über den Wesenstest ist dem Halter ein Zeitraum von sechs Monaten ab dem Beginn der Haltung eingeräumt, § 4 Abs. 1 Satz 2 GefHundG LSA. Die Hündin „(...)“ hat am 30.04.2012, etwas mehr als einen Monat nach Beginn der Hundehaltung durch die Antragstellerin den Wesenstest erfolgreich abgelegt. Damit ist davon auszugehen, dass von ihr derzeit keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung droht.

7

Die gelegentliche Überlassung des Hundes zur Ausführung oder Beaufsichtigung an den vormaligen Halter stellt keine Umgehung des bestandskräftigen Haltungsverbotes dar. Auch wenn die Einlassungen der Antragstellerin vermuten lassen, dass diese langfristig die Rückgabe des Hundes an den vormaligen Halter beabsichtigt, war eine Hundehaltung durch ihn zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides noch nicht feststellbar. Hundehalter ist, wer einen Hund dauerhaft oder länger als zwei Monate ununterbrochen aufgenommen hat, § 2 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren vom 27.02.2009 (GVBl. S. 133, - GefHuVO LSA -). Entsprechende Feststellungen hat die Antragsgegnerin vor Erlass des Bescheides nicht getroffen, vielmehr wurde der Vorbesitzer einmal gesehen, als er die Hündin ausführte und hat die Antragstellerin erklärt, ihm den Hund zwar wiederholt, aber derzeit auch nur zeitweise zur Aufsicht zu überlassen. Halterin bleibt damit gleichwohl die Antragstellerin. Hat der Vorbesitzer danach zeitweise die unmittelbare tatsächliche Herrschaft über den Hund ohne Halter zu sein, ist er Hundeführer, § 2 Nr. 3 GefHuVO LSA. In der Führung der Hündin durch ihn ist jedoch ebenfalls keine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu sehen.

8

Dass der vormalige Halter entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GefHundG LSA den für die Haltung notwendigen Wesenstest nicht innerhalb der gesetzlichen Frist vorgelegt hat, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht den Schluss, dass mit einer von der Antragstellerin beabsichtigten wiederholten kurzzeitigen Überlassung der Hündin an ihn eine Gefahr für die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung einhergeht. Auch wenn der Vorbesitzer durch die Weigerung, für die Hündin einen Wesenstest vorzulegen, gegen die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 GefHundG LSA verstoßen und mithin eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, § 16 Abs. 1 Nr. 5 GefHundG LSA, steht ein solcher Verstoß nicht erneut zu erwarten, solange er nicht wieder Halter des Hundes wird und erneut einen Wesenstest durchführen lassen muss, § 10 Abs. 3 GefHundG LSA.

9

Dass die zeitweilige Überlassung der Hündin an den Vorbesitzer eine konkrete Gefahr für subjektive Rechte und Rechtsgüter Einzelner (§ 3 Nr. 1 SOG LSA), namentlich für Leben und Gesundheit anderer Personen oder Tiere begründet, lässt sich anhand des Erkenntnisstandes im Eilverfahren nicht feststellen. Zwar war der vormalige Halter in der Vergangenheit wiederholt straffällig und wurde auch wiederholt zu Ersatzleistungen oder Geldstrafen verurteilt. Auch hat er unwidersprochen die Bediensteten der Antragsgegnerin bedroht, sich notfalls mit Waffengewalt der Wegnahme der Hündin zu widersetzen. Die von der Antragstellerin in Abrede gestellte Bedrohung einer Arzthelferin am 25.09.2009, „seine Hunde“ auf sie zu hetzen, hat nach Aktenlage ebenso stattgefunden, da sich ein Strafverfahren anschloss (Az. (…) STA MD), das nach § 154 StPO eingestellt wurde. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vorbesitzer bei seinen Taten die Hündin (gleichsam als Waffe) eingesetzt hätte. Auch die entsprechende Androhung vom 25.09.2009 oder die Ankündigungen, sich der Wegnahme des Hundes zu widersetzen, hat er nicht in die Tat umgesetzt. Allein die aus der Vergangenheit des Vorbesitzers abzuleitende Vermutung, dieser werde sich auch künftig nicht rechtstreu verhalten, genügt nicht zur Annahme einer konkreten Gefahr. Konkrete Hinweise, der vormalige Halter plane, alsbald erneut straffällig zu werden oder gar dabei die Hündin einzusetzen, sind aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

10

Zwar geht der Senat in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Antragsgegnerin in der angefochtenen Verfügung davon aus, dass die dem früheren Halter zur Last gelegten Straftaten nach Anzahl und Schwere, und weil es sich überwiegend um Delikte handelt, bei denen er Gewalt gegen Personen ausgeübt hat, die Annahme rechtfertigen, dass er sich „für die Führung (…) der Hündin als ungeeignet“ erwiesen hat. Die fehlende persönliche Eignung zum Führen eines Hundes, dessen Gefährlichkeit kraft Gesetzes vermutet wird (§ 3 Abs. 2 GefHundG LSA), begründet indes nur eine abstrakte Gefahr. Wenn es der Gesetzgeber für diese Fälle als ausreichend erachtet, dass der Halter für das Tier einen Wesenstest beibringt (§§ 3 Abs. 2, 10 Abs.1 GefHundG LSA) und Zuverlässigkeit, persönliche Eignung und Sachkunde des Halters nur wegen der Hunde verlang, die sich im Einzelfall als bissig erwiesen haben (vgl. §§ 3 Abs. 3, 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 1 GefHundG LSA), so geht damit im Grundsatz die Entscheidung einher, dass auch unzuverlässige und ungeeignete Personen gefährliche Hunde i. S. d. § 3 Abs. 2 GefHundG LSA halten oder – wie hier – führen dürfen. In diesen Fällen rechtfertigt die mit der Unzuverlässigkeit oder fehlenden persönlichen Eignung einhergehende abstrakte Gefahr ein Einschreiten der Behörde auf der Grundlage des § 13 SOG LSA nicht.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG auf den hälftigen Auffangstreitwert, 2.500,00 € festgesetzt.

12

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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(1) Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden dürfen nicht in das Inland eingeführt oder verbracht werden. Hunde weiterer Rass

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Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz - HundVerbrEinfG

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden dürfen nicht in das Inland eingeführt oder verbracht werden. Hunde weiterer Rassen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden, für die nach den Vorschriften des Landes, in dem der Hund ständig gehalten werden soll, eine Gefährlichkeit vermutet wird, dürfen aus dem Ausland nicht in dieses Land eingeführt oder verbracht werden.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
vorzuschreiben,
a)
dass bestimmte Hunde nur über bestimmte nach tierseuchenrechtlichen Vorschriften eingerichtete Grenzkontrollstellen in das Inland eingeführt werden dürfen oder bei diesen Grenzkontrollstellen vorzuführen sind,
b)
dass das beabsichtigte Einführen bestimmter Hunde binnen einer zu bestimmenden Frist bei der zuständigen Grenzkontrollstelle anzumelden ist.
2.
Vorschriften über
a)
die Überwachung des Verbringens oder der Einfuhr,
b)
die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn Hunde nicht den Anforderungen nach diesem Gesetz entsprechen, sowie
c)
das Verfahren
zu erlassen.
3.
Ausnahmen von Absatz 1 ganz oder teilweise zuzulassen oder zu gewähren sowie die Voraussetzungen und das Verfahren zu regeln.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.