Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 22. Juli 2015 - 4 O 8/15

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2015:0722.4O8.15.0A
bei uns veröffentlicht am22.07.2015

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 7. Kammer - vom 21. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

1

Die Beschwerde bleibt erfolglos, denn das Verwaltungsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag zu Recht abgelehnt.

2

Nach § 166 VwGO iVm § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei dürfen die Anforderungen an die Prüfung der Erfolgsaussichten im Sinne des §114 ZPO nicht überspannt werden. Insbesondere soll die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische PKH-Verfahren vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 -, DVBl. 1990, 926, 927; Beschluss vom 24. Juni 2010 - 1 BvR 3332/08 -, zitiert nach Juris). Für die Bejahung hinreichender Erfolgsaussichten genügt es deshalb, wenn die Erfolgschance in der Hauptsache nicht nur eine entfernte ist. Demgegenüber ist Prozesskostenhilfe dann zu verweigern, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Letzteres ist hier der Fall.

3

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2013, mit dem die Beklagte die dem Kläger am 5. Dezember 2012 erteilte Niedererlassungserlaubnis gemäß §116 Abs. 1, Abs. 3 LVwG zurückgenommen hat. Zur Begründung des Bescheids hat die Beklagte insbesondere ausgeführt, die Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG sei im Zeitpunkt des Erlasses rechtswidrig gewesen. Denn die Erlaubnis hätte nur bei Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft erlassen werden dürfen; die eheliche Gemeinschaft habe aber zum Zeitpunkt des Erlasses nicht mehr bestanden. Darüber hinaus sei weitere Voraussetzung der Erteilung der Niederlassungserlaubnis der gesicherte Lebensunterhalt. Die Sicherung des Lebensunterhalts sei nicht gegeben gewesen, weil der Kläger gegenüber seinem aus erster Ehe stammenden Kind unterhaltspflichtig sei. Diese Unterhaltsverpflichtung sei in die Berechnung nicht mit einbezogen worden, weil der Kläger die Vaterschaft in dem Antragsformular nicht angegeben habe.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 21. Januar 2015 mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage mit der Begründung abgelehnt, die Erteilung der Niederlassungserlaubnis sei rechtswidrig gewesen, weil die für die Erteilung erforderliche eheliche Lebensgemeinschaft bereits im Zeitpunkt der Antragstellung beendet gewesen sei. Der Kläger habe schon seit Dezember 2011 von seiner deutschen Ehefrau, mit der er in zweiter Ehe verheiratet gewesen sei, „getrennt von Tisch und Bett gelebt". Dies hätten er und seine deutsche Ehefrau am 30. April 2013 übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht A- Stadt über den Scheidungsantrag erklärt. Die Angabe im Antrag auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis, er sei verheiratet, sei unrichtig und unvollständig gewesen; denn er habe nicht angegeben, „getrennt lebend" gewesen zu sein. Die Erklärung des Klägers, er habe in der maßgeblichen Zeit von seiner deutschen Ehefrau nicht räumlich getrennt gelebt und tatsächlich von Zeit zu Zeit mit ihr Tisch und Bett gemeinsam genutzt, ohne der Auffassung gewesen zu sein, dass die eheliche Lebensgemeinschaft an sich habe aufrecht erhalten bleiben sollen, stelle eine reine Schutzbehauptung dar. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass der Kläger zu seiner ersten geschiedenen albanischen, in A-Stadt lebenden, Ehefrau und ihrem gemeinsamen, in Albanien geborenen, Kind gezogen und dass am 28. Juni 2013 ein gemeinsames zweites Kind geboren worden sei. Darüber hinaus habe die Beklagte das ihr zustehende Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt und die Frist zur Rücknahme eingehalten.

5

Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Einschätzung. Soweit der Kläger geltend macht, er habe keine falschen Angaben getätigt, als er sich als „verheiratet" bezeichnet habe, denn ausländerrechtlich komme es für die Frage des „Getrenntlebens" nicht auf die für das Scheidungsrecht geltenden bürgerlichrechtlichen Voraussetzungen an, sondern darauf, ob die Ehepartner die gemeinsame Wohnung aufgegeben hätten und in getrennten Wohnungen lebten, dringt er damit nicht durch.

6

Voraussetzung für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis ist gemäß § 28 Abs. 2 AufenthG u.a., dass die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht. Es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass diese Voraussetzung, deren Vorliegen der Antragsteller mit der Angabe im Antragsformular, „verheiratet“ zu sein, behauptet hat, bei Erteilung der Niederlassungserlaubnis gegeben war.

7

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt keine unzulässige Beweisantizipation in der Annahme des Verwaltungsgerichts vor, die erforderliche eheliche Lebensgemeinschaft sei schon im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis beendet gewesen. Zwar ist im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Beweisantizipation nur in eng begrenztem Rahmen zulässig. Wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers bzw. Klägers ausgehen würde, darf der unbemittelten Partei nicht wegen Fehlens der Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2008- 1 BvR 1807/07 -, zitiert nach Juris Rn. 22 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 2. Februar 2011 - 4 O 77/10). Im vorliegenden Fall liegen die strengen Voraussetzungen zulässiger Beweisantizipation aber vor, weil konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die vom Kläger begehrte Beweisaufnahme durch Vernehmung seiner geschiedenen deutschen Ehefrau mit großer Wahrscheinlichkeit zu seinem Nachteil ausgehen wird. Dies folgt aus den Angaben, die der Kläger und seine geschiedene deutsche Ehefrau vor dem Amtsgericht A-Stadt im Scheidungsverfahren zu Protokoll gegeben haben. Es heißt darin wörtlich:

8

„Die Antragstellerin erklärt:

9

Ich möchte geschieden werden. Mein Mann und ich leben seit Silvester 2011 getrennt. Wir haben zwar noch unter derselben Adresse gelebt. In dem Haus hat aber meine Mutter gelebt, mit einer eigenen Wohnung und nach einem großen Streit Silvester 2011 bin ich dann in die Wohnung meiner Mutter gezogen, während mein Mann in unserer Wohnung geblieben ist. Wir haben dann zwar von Tisch und Bett getrennt gelebt, aber wir waren durchaus noch freundschaftlich verbunden und sind es heute noch. Die Ehe ist jedoch für mich gescheitert.

10

Der Antragsteller erklärt:

11

Ich bin im Februar umgezogen und wohne jetzt in der ... in ... A-Stadt. Ich bitte auch das gerichtliche Rubrum auch in dieser Hinsicht zu ändern. Ich möchte auch geschieden werden. Die Angaben, die meine Frau zur Trennung gemacht hat, sind richtig. Ich habe eine neue Lebensgefährtin, die auch schwanger ist von mir und mit ihr bin zusammen ich in die … gezogen…"

12

Der Kläger muss sich an seinen Angaben, die er vor dem Amtsgericht gemacht hat, festhalten lassen; da er auch im Scheidungsverfahren verpflichtet war, Erklärungen über tatsächliche Umstände der Wahrheit gemäß abzugeben (vgl. § 27 Abs. 2 FamFG). Nach vorstehend zitierten Angaben des Klägers war die gemeinsame Wohnung auch nach der von ihm vertretenen Auffassung vom Getrenntleben in dem Augenblick aufgegeben, als die Ehefrau in die Wohnung der Mutter gezogen ist.

13

Bei der im Prozesskostenhilfeverfahren anzustellenden summarischen Prüfung erweist sich die Rücknahme der erteilten Niederlassungserlaubnis nach § 116 Abs. 1, Abs. 3 LVwG insgesamt als rechtmäßig. Es sind insbesondere keine Anhaltspunkte für Ermessensfehler in den ausführlichen Erwägungen im angefochtenen Bescheid, auf die Bezug genommen wird, ersichtlich. Die Einschätzung, dass das öffentliche Interesse an der Rücknahme der Niederlassungserlaubnis die privaten Belange des Klägers überwiegt, ist nicht zu beanstanden. Insoweit wird im Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass der Kläger in der Bundesrepublik lebende Kinder habe, kein überwiegendes Interesse darstelle, das den Bestand eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertige. Ihm, dem Kläger, stehe ein eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zu; die Aufenthaltserlaubnis sei zwar befristet und könne mit Bedingungen versehen werden, die Rücknahme der Niederlassungserlaubnis stelle dennoch keine Ausreiseverpflichtung dar.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Nichterstattung der außergerichtlichen Kosten der Beklagten ergibt sich aus § 127 Abs. 4 ZPO.

15

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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Referenzen - Gesetze

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 22. Juli 2015 - 4 O 8/15 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 28 Familiennachzug zu Deutschen


(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen 1. Ehegatten eines Deutschen,2. minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,3. Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorgezu erteilen, wenn der Deutsche seinen ge

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 31 Eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten


(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn 1. die eheliche Lebensgemeinschaft

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 27 Mitwirkung der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. (2) Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

Referenzen

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken.

(2) Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.