Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 19. März 2010 - 3 LB 15/09

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2010:0319.3LB15.09.0A
bei uns veröffentlicht am19.03.2010

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 12. Kammer, Einzelrichter – vom 15.01.2009 geändert.

Der Bescheid vom 14.01.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab 01.12.2007 Witwengeld nach Klaus Y... zu gewähren.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden der Beklagten auferlegt; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Witwengeld.

2

Die Klägerin ist Arbeitnehmerin bei der Beklagten und Witwe des am 17. November 2007 verstorbenen Ruhestandsbeamten der Beklagten Klaus Y..., mit dem sie seit dem Jahr 1995 partnerschaftlich im Haus ihrer Eltern zusammengelebt hatte und mit dem sie seit dem 13. August 2007 verheiratet war.

3

Mit Bescheid vom 14. Januar 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Witwengeld an die Klägerin nach § 19 Abs. 1 BeamtVG unter Hinweis darauf ab, dass ein Anspruch auf Witwengeld nicht bestehe, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Bei einer kürzeren Ehedauer gelte die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“. Diese Vermutung sei von der Klägerin nicht widerlegt worden.

4

Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 zurückgewiesen.

5

Die Klägerin hat am 14. April 2008 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht, auf Grund der besonderen Umstände während der Zeit ihres Zusammenlebens mit Klaus Y... sei die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ als widerlegt anzusehen.

6

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

7

den Bescheid vom 14. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr, der Klägerin, ab 01. Dezember 2007 Witwengeld nach Klaus Y... zu gewähren,
und
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie hat weiterhin die Meinung vertreten, dass die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ von der Klägerin nicht widerlegt worden sei.

11

Mit Urteil vom 15. Januar 2009, auf dessen Inhalt wegen des weitergehenden Sachverhalts sowie der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht, Einzelrichter, die Klage abgewiesen.

12

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten – vom Senat zugelassenen – Berufung wiederholt und konkretisiert die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.

13

Die Klägerin beantragt,

14

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts
- 12. Kammer, Einzelrichter – vom 15. Januar 2009 zu ändern und nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

18

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten
- diese haben dem Senat vorgelegen – Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die Berufung ist zulässig und begründet.

20

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch darauf, dass ihr ab dem 01. Dezember 2007 Witwengeld nach Klaus Y... gewährt wird.

21

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhält die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit grundsätzlich Witwengeld. Dies gilt gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nicht, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen.

22

In den Fällen, in denen die Ehe mit dem verstorbenen Beamten nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, kommt eine Gewährung von Witwengeld also grundsätzlich nicht in Betracht. Es wird von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt war, der Witwe eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern, sodass es dem Dienstherrn auch im Rahmen der grundsätzlichen Alimentationspflicht nicht zugemutet wird, der Witwe Versorgungsleistungen zu gewähren. Die Witwe kann diese gesetzliche Vermutung jedoch widerlegen. Für die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung, die Eheschließung diene hauptsächlich der Versorgung, ist die Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung des künftigen Ehepartners grundsätzlich von entscheidender Bedeutung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1991 – 2 C 7.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; Beschl. v. 02.10.2008 – 2 B 7.08 -, juris Rdnr. 3; Beschl. v. 19.01.2009 – 2 B 14.08 -, juris Rdnr. 7). Es ist aber nicht in jedem Falle ausschlaggebend, wie schwer der Beamte im Zeitpunkt der Eheschließung erkrankt war. Denn nicht in allen Fällen, in denen der Beamte bei der Heirat schwer krank und dies den Eheleuten im Zeitpunkt der Eheschließung/des Heiratsentschlusses bekannt ist, muss der Versorgungszweck alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat sein. Auch in diesen Fällen können andere „einigermaßen wirklichkeitsnahe“ Beweggründe, etwa auch die konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohlichen Erkrankung des Partners bestehenden Heiratsentschlusses, für die Heirat im Vordergrund stehen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 10.02.2003 – 4 S 2782/01 -, IÖD 2003, 166 f., mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen). Die Vermutung einer „Versorgungsehe“ ist entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, wenn auch nicht ausnahmslos, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 21.12.2009 - 5 LA 481/08 – IÖD 2010, 46 f., mit ausführlichen Rechtssprechungsnahweisen). Im Übrigen stellt § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG für seine Anwendung offensichtlich nicht auf das Bestehen eines Versorgungsbedürfnisses ab. Die gegenteilige Rechtsansicht findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht dem Normzweck der Vorschrift. Sie hätte zur Folge, dass Versorgungsansprüche im Falle eines Versorgungsbedürfnisses ausgeschlossen wären, bei dessen Fehlen aber bestünden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.2009 – 2 B 14/08 -, juris Rdnr. 9).

23

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ hier widerlegt. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen nicht die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Diese Umstände hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2007, der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 sowie ihrem Klage- und Berufungsvortrag in entscheidungserheblicher Hinsicht widerspruchsfrei und glaubhaft dargelegt.

24

Auf die an die Klägerin gerichtete Bitte der Beklagten, Umstände und Gesichtspunkte dafür darzulegen, dass bei ihr, der Klägerin, und Herrn Y... der Versorgungszweck bei der Eheschließung nicht überwogen habe, teilte die Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2007 mit, der Versorgungszweck habe bei ihrer Eheschließung nicht im Mittelpunkt gestanden. Mit Herrn Y... habe sie bereits seit 1996 zusammen mit ihren Kindern wie in einer Ehe gelebt. Seit 1994 seien sie ein Paar gewesen. Herr Y... sei für ihre Kinder wie ein Vater gewesen. Außerdem habe ihr Vater mit ihnen in einem Haus gewohnt. Im Jahre 1995 habe Herr Y... bereits 89.000,-- DM ins Haus fließen lassen. Vor gut drei Jahren hätten sie den Entschluss gefasst zu heiraten. Leider seien dann jedoch mehrere Schicksalsschläge dazwischen gekommen. Zunächst sei im August 2004 ihr jüngster Sohn bei einem Verkehrsunfall gestorben. Daraufhin hätten sie verständlicherweise keine Hochzeitsfeier veranstalten wollen. Kurz darauf sei ihr Vater krebskrank geworden. Schnell sei ihr Vater zum Pflegefall geworden und sei vor allem von Herrn Y... bis zu seinem Tod im Sommer 2005 zu Hause gepflegt worden. Auch in dieser Situation hätten sie keinen Kopf für Heiratspläne gehabt. Als nunmehr auch bei Herrn Y... Krebs diagnostiziert worden sei, hätten sie zumindest jetzt noch ihre Liebe mit einer Hochzeit besiegeln wollen. Sie, die Klägerin, habe die Hoffnung gehabt, dass ihr Herr Y... wenigstens noch ein paar Monate länger erhalten bliebe, doch leider sei alles schneller gegangen als sie es gedacht hätten. Im Oktober 2006 hätten sie zusammen ein Pflegekind aufgenommen, welches noch bei ihr lebe. Einen neuen Kreditvertrag für das Haus hätten sie zusammen mit einer gegenseitigen Lebensversicherung Anfang 2006 gemeinsam unterschrieben. Des Weiteren habe Herr Y... schon im Jahre 1999 eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten abgeschlossen. Herr Y... sei auch ohne Trauschein die ganze Zeit ihr Mann gewesen und sei als dieser auch im Kollegen- und Freundeskreis gesehen worden. Sie habe ihn sehr geliebt und tue dies immer noch.

25

Ergänzend trug die Klägerin in der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 vor:

26

„Die Widerspruchsführerin hat im Jahr 1991 ihre Tätigkeit bei der Deutschen Post im Fahrdienst aufgenommen. Sie arbeitete mit Herrn Y... gemeinsam in einer Abteilung. Im April 1995 verstarb die Mutter der Widerspruchsführerin. Herr Y... war der Widerspruchsführerin bei der Bewältigung des Todes der Mutter sehr behilflich. Im Zeitraum April/Mai 1995 begann die Partnerschaft zwischen der Widerspruchsführerin und Herrn Y.... Im Juni 1995 fassten Herr Y... und die Widerspruchsführerin den Entschluss, nach A-Stadt in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Zu diesem Zweck wurden unmittelbar nach den Schulferien die Kinder der Widerspruchsführerin in A-Stadt eingeschult. Die Widerspruchsführerin und Herr Y... bezogen zur gleichen Zeit eine Wohnung im Elternhaus der Widerspruchsführerin. Herr Y... hatte bis dahin ein Zimmer in der G… straße in L… angemietet. In der Folgezeit wurde der Mietvertrag über das Zimmer in der G …straße von Herrn Y... gekündigt. Aufgrund verschiedener persönlicher Vorhaben kam es zur offiziellen Ummeldung von Herrn Y... nach A-Stadt erst am 01. Oktober 1996. In den Folgejahren, namentlich in der Zeit zwischen 1996 und 2004 wuchs der gemeinsame Haushalt der Widerspruchsführerin und Herrn Y... weiter zusammen. Es zogen in das Haus der Eltern der Widerspruchsführerin noch weitere Familienmitglieder ein. So wohnten zuletzt der Vater der Widerspruchsführerin und seine Lebensgefährtin, der jüngste Sohn der Widerspruchsführerin T.. und seine Lebensgefährtin M... S... sowie der ältere Sohn der Widerspruchsführerin C.... und seine Lebensgefährtin A... V.... gemeinsam mit der Widerspruchsführerin und Herrn Y... in dem Haus. Seit seinem Einzug in das Haus der Eltern der Widerspruchsführerin engagierte sich Herr Y... persönlich sehr, um die Lebensgemeinschaft zu stärken und das „Familieneigentum“ zu erhalten. So glich Herr Y... am 25. Juli 1995 Kreditschulden aus, die auf dem Haus des Vaters der Widerspruchsführerin lagen. Es handelte sich dabei um eine Zahlung in Höhe von 84.300,00 DM. Die Zahlung leistete Herr Y... auf ein Schreiben der Beamtenbank zu Kiel eG vom 18. Juli 1995. In der Folgezeit ließ der Vater der Widerspruchsführerin in Absprache mit der Widerspruchsführerin und Herrn Y... im Haus eine neue Heizung einbauen. Kauf und Einbau der Heizung wurden von Herrn Y... gezahlt. Auch laufende Kosten für die in dem Haus wohnenden Personen trug Herr Y.... So überwies er die Abrechnung Wasser/Gas mit Überweisungsträger vom 08. Januar 1996 in Höhe von 731,62 DM. Als Zahlungspflichtiger ist im Verwendungszweck der Vater der Widerspruchsführerin ausdrücklich benannt. Mit Datum 18. August 1995 wurden die Restsalden auf den Darlehenskonten des Vaters der Widerspruchsführerin von Herrn Y... ausgeglichen. In gleicher Art und Weise leistete Herr Y... weitere Zahlungen z.B. zum Ausgleich laufender Kontoverbindungen des Vater der Widerspruchsführerin und übernahm auch Grundstückskosten sowie den Ausgleich von Rechnungen für Baustoffe und Rechtsanwaltskosten der Mutter der Widerspruchsführerin. Bereits in dieser Zeit wirtschafteten die Widerspruchsführerin und Herr Y... also gemeinsam mit dem Rest der Familienangehörigen, die in dem Haus des Vaters der Widerspruchsführerin lebten, wie eine Familie. Auflaufende Kosten und Ausgaben wurden gemeinschaftlich besprochen und ausgeglichen. Entscheidungen zum Familienleben wurden gemeinschaftlich getroffen. Um den Jahreswechsel 2003/2004 herum sprachen die Widerspruchsführerin und Herr Y... erstmals darüber, ihre sehr gefestigte Lebensgemeinschaft durch eine Hochzeit auch offiziell zu besiegeln. Ein Termin für die Hochzeit und die genauen Umstände der Hochzeit sollten zu dem Zeitpunkt späterer Planung vorbehalten bleiben. Allerdings hatte die Widerspruchsführerin schon einer Bekannten von diesen Plänen erzählt und die Bekannte wegen der Inanspruchnahme als Trauzeugin angesprochen. Die Gespräche mit der Trauzeugin wurden im Zeitraum Mai/Juni 2004 geführt. Darüber hinaus hatten Herr Y... und die Widerspruchsführerin beschlossen, die Eheringe von einem Bekannten aus der Türkei im Juni oder Juli zu besorgen. Die Heiratspläne wurden von der Widerspruchsführerin und Herrn Y... dann allerdings nicht weiter verfolgt, da am 05. August 2004 der jüngste Sohn der Widerspruchsführerin infolge Verkehrsunfalls verstarb. Bereits im Jahr 2004 hatte Herr Y... die Widerspruchsführerin und ihre beiden Söhne zu Erben seines gesamten Vermögens eingesetzt. Nach dem Unfalltod des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin änderte Herr Y... sein Testament im August 2004. Danach bestimmte sein Testament, das die Widerspruchsführerin und deren ältester Sohn Christian zu Erben nach Herrn Y... berufen waren. Die Widerspruchsführerin und Herr Y... benötigten nach dem Unfalltod des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin zunächst einen längeren Zeitraum, um zu einem „normalen“ Familienleben zurückzufinden. Aus diesem Grunde verfolgten sie ihre Heiratspläne erst einmal nicht weiter und sahen von davon ab, die Planungen näher zu konkretisieren oder gar zu verwirklichen. In der dann folgenden Zeit stand der Konkretisierung und Umsetzung der Heiratspläne ein längerer Krankenhausaufenthalt des Herrn Y... etwa im Zeitraum Septeber/Oktober 2004 in der Uniklinik L … im Weg. Zu diesem Krankenhausaufenthalt war es als Folge eines Dienstunfalls im April 2004 gekommen. Seinerzeit war Herr Y... in Ausübung seiner Tätigkeit von einem Paketrollwagenbehälter überrollt worden und hatte sich erhebliche Verletzungen der rechten Körperhälfte zugezogen. Das Behandlungs-, Verrentungs- und letztlich Ruhestandsverfahren war von länger dauernden stationären, zahlreichen ambulanten und sonstigen Untersuchungen und Antragstellungen gekennzeichnet und zog sich bis Anfang 2005. Der Druck, welcher durch die gesundheitlichen Probleme des Herrn Y... auf der Lebensgemeinschaft mit der Widerspruchsführerin lastete, wurde noch dadurch verstärkt, dass der Vater der Widerspruchsführerin ab etwa Oktober 2004 mit der Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt war. Ab Dezember 2004 befand sich der Vater der Widerspruchsführerin fast durchgehend im stationären Krankenhausaufenthalt. Da Herr Y... zu dieser Zeit bereits arbeitsunfähig geschrieben war und das Verrentungsverfahren lief, konnte er Zeit aufbringen, um sich intensiv um den pflegebedürftigen Vater der Widerspruchsführerin zu kümmern. Herr Y... unterstützte die Widerspruchsführerin ebenfalls sehr intensiv bei dem Beantragen und Durchsetzen einer Pflegestufe für ihren Vater. Herr Klaus Y... und die Widerspruchsführerin bemühten sich, darüber hinaus um Anerkennung als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson. Insbesondere ist hier darauf hinzuweisen, dass die seinerzeitig zuständige Pflegekasse hinsichtlich des Herrn Y... schon von einer engen Beziehung zur Widerspruchsführerin ausgegangen sein muss, denn ansonsten hätte sie Herrn Y... nicht als Herrn Klaus A. angeschrieben. Der Vater der Widerspruchsführerin verstarb letztlich am 12. Juli 2005. Nach dem Ableben des Vaters waren die Widerspruchsführerin und Herr Y... zunächst intensiv mit der Abwicklung des Nachlasses beschäftigt. Allein die Sichtung des Nachlasses insbesondere in den Räumlichkeiten und der Werkstatt des Hauses des Vaters der Widerspruchsführerin gestaltete sich umfangreicher als erwartet insbesondere deshalb, weil der Vater lange Zeit seines Lebens als selbständiger Kfz-Händler gearbeitet hatte und dementsprechend über eine ausgerüstete Werkstatt und umfangreiche Materialanhäufungen verfügte. In der Folgezeit, namentlich im letzten Viertel 2005 bis Anfang 2006 versuchten die Widerspruchsführerin und Herr Y... Abstand von den, in sehr kurzem Zeitraum erlittenen Schicksalsschlägen zu gewinnen und sich auf die Gestaltung der eigenen Partnerschaft zu besinnen. Ziel allerdings war nicht nur die eigene Partnerschaft auf ein festes, dauerhaft sicheres Fundament zu stellen, sondern die Partnerschaft auch durch das Dasein und den Einsatz für andere auszufüllen. Dies lag insbesondere auch im Interesse von Herrn Y..., der sich schon immer ehrenamtlich sehr für andere eingesetzt hat. So hat Herr Y... im Rahmen der „Jungen Hanseaten“ ehrenamtlich gewirkt und sich auch nach dem Unfall des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin aufopferungsvoll um die Freunde des Sohnes gekümmert, um ihnen über den Verlust und die tragischen Ereignisse hinwegzuhelfen. Sicher nicht zuletzt wegen des am eigenen Körper erlittenen Unglücks hat sich Herr Y... Zeit seines Lebens – zumindest soweit die Widerspruchsführerin dies überblicken konnte – für andere eingesetzt und versucht, seine Überzeugungen und Auffassungen vom Zusammenleben der Menschen an andere weiterzugeben. Um auch im Rahmen der Partnerschaft mit der Widerspruchsführerin anderen etwas geben zu können, entschlossen sich Herr Y... und die Widerspruchsführerin Anfang 2006 ein Pflegekind aufzunehmen. Nach intensiver Planung meldeten sie beim zuständigen Landkreis ihren Wunsch an. Der Landkreis lud Herrn Y... und die Widerspruchsführerin daraufhin zu einem Bewerberseminar ein. In der Folgezeit absolvierten die Widerspruchsführerin und Herr Y... gemeinsam diverse Seminare und Kurse zur Vorbereitung der Aufnahme des Pflegekindes in ihrer Familie. Am 21. Oktober 2006 nahmen die Widerspruchsführerin und Herr Y... dann Frau L.... P... in ihren Haushalt als Pflegekind auf. Nachdem das Pflegekind in der Lebensgemeinschaft der Widerspruchsführerin und Herrn Y... aufgenommen war, kümmerten sich Herr Y... und die Widerspruchsführerin sehr akribisch um alle Belange des Pflegekindes. So unterstützten sie das Pflegekind unter anderem bei der Kommunikation mit der Krankenkasse. Als Folge der intensiven Betreuung und Aufopferung für das Pflegekind verbesserten sich die Leistungen des Pflegekindes insbesondere die schulischen Leistungen erheblich. Wenn auf dem Hauptschulzeugnis für das Schuljahr 2005/2006 des Pflegekindes noch 47 versäumte Tage und Noten überwiegend im Bereich 4 und 5 zu sehen waren, so wies das Hauptschulzeugnis für das Schuljahr 2007/2008 lediglich 12 entschuldigt versäumte Tage auf und überwiegend Noten, die sich im Bereich 3 befinden. Diese Verbesserungen des Verhaltens und der Leistungen des Pflegekindes wurden auch in der Schule bemerkt. Die Schule reagierte darauf mit einem entsprechenden Schreiben an die Widerspruchsführerin und Herrn Y.... Über die allgemeine Entwicklung der Persönlichkeit und der Leistungsfähigkeit des Pflegekindes hinaus engagierten sich die Widerspruchsführerin und Herr Y... sehr intensiv für alle persönlichen Belange des Pflegekindes und waren in jeder Situation für das Pflegekind da. So klagte das Pflegekind seit längerem schon über Knieschmerzen, weshalb auf Anregung von Herrn Y... und der Widerspruchsführerin das Pflegekind zu entsprechenden medizinischen Untersuchungen aufgefordert wurde. Dass für diese Untersuchungen und die entsprechend erforderlichen operativen Eingriffe ausschließlich die Pflegeeltern zuständig waren, bestätigte und wünschte sogar die Mutter des Pflegekindes. In der weiteren Folge zeigte sich die Notwendigkeit einer operativen Behandlung des Pflegekindes. Auch in dieser Zeit standen die Widerspruchsführerin und Herr Y... dem Pflegekind mit Rat und Tat zur Seite. Neben der täglichen Betreuung des Pflegekindes im Rahmen der eigenen Familie und Partnerschaft bemühten sich die Widerspruchsführerin und Herr Y... stets darum, gemeinsame Kurse und Fortbildungen als Pflegeltern absolvieren zu können. Sie hielten zu diesem Zweck enge Verbindungen zum zuständigen Landkreis, der sie über entsprechende Angebote auf dem Laufenden hielt und versuchte, gemeinsame Termine möglich zu machen. Zusammenfassend zeigt sich, dass die Widerspruchsführerin und Herr Y... mit der Aufnahme des Pflegekindes einen so großen Pflichtenkreis übernommen hatten, dass ihnen die weitere Konkretisierung ihrer Hochzeitsabsichten und die Umsetzung der schon unkonkret vorhandenen Vorstellungen in einer Hochzeit überhaupt nicht möglich waren. Herr Y... und die Widerspruchsführerin stellten das Wohl des Pflegekindes, für das sie Verantwortung übernommen hatte, über ihre eigenen Interessen an der Umsetzung der eigenen Lebensplanung. In wirtschaftlichen und finanziellen Belangen hatten die Widerspruchsführerin und Herr Y... bereits seit Jahren wie ein verheiratetes Paar gewirtschaftet. So hatte Herr Y... der Widerspruchsführerin bereits im Juli 1996 Konto- und Depotvollmacht eingeräumt. Sowohl der Widerspruchsführerin als auch Herrn Y... war stets daran gelegen, den jeweiligen Lebenspartner umfassend abzusichern, um bei Schicksalsschlägen, wie sie beide in der Vergangenheit erlitten hatten, nicht allein und verlassen dazustehen. Zu diesem Zweck nahmen beide im April 2006 einen Kredit bei der LBS Schleswig-Holstein auf. Dieser Kredit diente zur Umschuldung der noch auf dem Wohnhaus der Widerspruchsführerin liegenden Verbindlichkeit aus der Geschäfts- und privaten Tätigkeit des Vaters der Widerspruchsführerin. Der gemeinsam aufgenommene Kredit belief sich auf einen Nettokreditbetrag von 75.000,00 €. Gemeinsam schlossen auch beide eine entsprechende Risikolebensversicherung ab. Die Versicherung wurde bei der Provinzial Nord Brandkasse AG in Kiel abgeschlossen. Weit vor der Aufnahme des gemeinsamen Kredits zur Umschuldung hatte Herr Y... darauf bestanden, die Widerspruchsführerin als Begünstigte und Bezugsberechtigte für seine Kapitalversicherung auf den Tod und Erlebensfall einzusetzen. Vertragsgemäß wurden die jeweils abgeschlossenen Versicherungen nach dem Tod des Herrn Y... am 17. November 2007 an die Bezugsberechtigte bzw. Kreditnehmerin, die Widerspruchsführerin, ausgezahlt. Im Sommer 2007 zeigten sich erste ernsthafte Beschwerden bei Herrn Y.... Mit dem Verdacht auf Gallenbeschwerden begab er sich im Juli zunächst in ambulante Behandlung. Stationär wurde Herr Y... in der Universitätsklinik in L … in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 10. August 2007 behandelt. Die Diagnose ergab ausgeprägtes Leberkarzinom mit erheblicher Metastasenstreuung. Eine entsprechende Krebstherapie war seinerzeit vorgeschlagen worden. Die Prognosen waren allesamt negativ. Als sich mit dem Stellen der Diagnose der Universitätsklinik L … gezeigt hatte, dass Herr Y... und die Widerspruchsführerin keine Zeit mehr haben würden, die ins Auge gefasste Lebensplanung durch eine Heirat nach eigenen Vorstellungen in die Tat umzusetzen, entschlossen sie sich nun zur Hochzeit, um wenigstens die Zeit, die ihnen gemeinsam verbleiben würde, als verheiratetes Paar miteinander zu verbringen. Zu diesem Zeitpunkt, die Widerspruchsführerin heiratete Herrn Y... am 13. August 2007, hatten weder Herr Y... noch die Widerspruchsführerin Kenntnis über den zeitlichen Rahmen, in dem sich die Krankheit des Herrn Y... bis zu ihrem Abschluss durch das Ableben des Herrn Y... abspielen würde. Die Geschwindigkeit, mit der sich letztlich alles auf das Ableben des Herrn Y... hin entwickelte, war nicht abzusehen. Herr Y... wurde endgültig stationär am 05. November 2007 ins Krankenhaus aufgenommen und verstarb am 17. November 2007.“

27

Darüber hinaus hat die Klägerin im erstinstanzlichen Klageverfahren vorgetragen, sie und Herr Y... hätten bereits weit vor der Kenntnis der Erkrankung von Herrn Y... Heiratspläne gefasst. Eine Konkretisierung und Umsetzung der Pläne sei an den zahlreichen Schicksalsschlägen gescheitert, die sie und Herr Y... hätten hinnehmen und bewältigen müssen. Nachdem auch ihr gegenüber die Erkrankung eröffnet worden sei, hätten beide, sie und Herr Y..., ihre Liebe und Partnerschaft mit der Eheschließung „krönen“ wollen. Sie hätten dabei auf die Umsetzung der ursprünglich geplanten großen Hochzeit verzichten müssen, weil die Krankheit von Herrn Y... eine große Feier nicht zugelassen hätte und darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt niemand den Verlauf der Krankheit hätte abschätzen können. In jedem Fall hätten sie und Herr Y... als Ehepaar auseinandergehen wollen, wenn denn die Krankheit es gebiete. Die tiefe Liebe und Zuneigung zwischen ihr und Herrn Y... habe sich anlässlich zahlreicher Gelegenheiten auch im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis gezeigt. Hauptzweck der Eheschließung sei daher die Festigung der bisherigen Partnerschaft und Liebe in einer gemeinsamen, schweren Zeit gewesen. Ihre Versorgung habe keine Rolle gespielt, keinesfalls aber sei sie auch nur gleichwertiger Zweck der Eheschließung gewesen.

28

Schließlich macht die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung – in teilweiser Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens - unwidersprochen geltend, seit dem Tod ihres Sohnes leide sie unter Depressionen. Diese psychische Erkrankung habe sich durch den Tod ihres Vaters und die Erkrankung von Herrn Y... noch verstärkt. Eine Austherapierung habe zu keiner Zeit stattgefunden. Sie habe sich zwar in ambulante Behandlung begeben, die später wieder aufgegriffene Behandlung habe jedoch weiterhin das Bestehen der Erkrankung diagnostiziert. Gerade unter Berücksichtigung der Gründe für ihre psychische Erkrankung sei sie krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, eine Hochzeit nach eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Ihr Ziel sei es seinerzeit gewesen, sozial in „ruhiges Fahrwasser“ zu gelangen, um den Symptomen der psychischen Erkrankung begegnen zu können. Genau das sei der Grund für die Aufnahme des Pflegekindes gewesen, welches sie zumindest nicht ganz uneigennützig in die Familie aufgenommen habe. Ihr zweiter Sohn sei zwischenzeitlich ausgezogen gewesen. Sie, die Klägerin, habe sodann das Haus mit Herrn Y... allein bewohnt und sei damit allen, mit dem Haus verbundenen Erinnerungen ebenso allein ausgesetzt gewesen. Die Aufnahme des Pflegekindes habe wieder ein familiäres Umfeld schaffen sollen. Diese Hoffnungen hätten sich zerschlagen, weil sich herausgestellt habe, dass das Pflegekind eine schwierige Persönlichkeit gehabt habe. Damit hätten sie und Herr Y... sich zunächst um das Wohl und die Erziehung des Pflegekindes zu kümmern gehabt. Die eigenen Pläne und Vorstellungen seien wieder zu verschieben gewesen.

29

Die Richtigkeit der vorangehenden Darlegungen der Klägerin in ihrem Antwortschreiben vom 18. Dezember 2007, der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 sowie ihrem prozessualen Vorbringen in beiden Instanzen wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, soweit diese Darlegungen sich auf objektive Tatsachen beziehen. Auch der erkennende Senat hat keinen Anlass, insoweit an der Richtigkeit der Darlegungen der Klägerin zu zweifeln. Im Übrigen sind die – jedenfalls in entscheidungserheblicher Hinsicht – widerspruchsfreien und weitgehend mit der allgemeinen Lebenserfahrung zu vereinbarenden Darlegungen der Klägerin glaubhaft. Nach den eingangs dargestellten allgemeinen Kriterien für die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung einer „Versorgungsehe“ ist auf der Grundlage der somit unstreitigen bzw. glaubhaften Darlegungen der Klägerin die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es im vorliegenden Falle der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen:

30

Seit Juni 1995 lebten die Klägerin und Herr Y... als Paar in einer gemeinsamen Wohnung in A-Stadt. In dieser Wohnung lebten außerdem die beiden Kinder der Klägerin, die Herrn Y... als Vater ansahen. In dem Haus, in dem sich die gemeinsame Wohnung befand, wohnte gleichfalls der Vater der Klägerin. Herr Y... engagierte sich menschlich und finanziell in vielfältiger Weise – wie in der Widerspruchsbegründung der Klägerin vom 7. Februar 2008 im Einzelnen dargestellt – für die Belange der Familie der Klägerin. So glich er unter anderem am 25. Juli 1995 Kreditschulden in Höhe von 84.300,-- DM aus, die auf dem Haus des Vaters der Klägerin lagen. In der ersten Hälfte des Jahres 2004 entschlossen die Klägerin und Herr Y... sich sodann, ihre langjährige „sehr gefestigte Lebensgemeinschaft durch eine Hochzeit auch offiziell zu besiegeln“. Die Hochzeit sollte in einem großen Rahmen gefeiert werden. Im Mai/Juni 2004 erzählte die Klägerin A. S., L…, von ihren Hochzeitsplänen und bat diese, als Trauzeugin zu fungieren. Darüber hinaus beschlossen die Klägerin und Herr Y... im Juni/Juli 2004 die Eheringe von einem Bekannten aus der Türkei zu besorgen. Zu einer zeitnahen Realisierung des Heiratsentschlusses kam es allein deshalb nicht, weil die Klägerin und Herr Y... aufgrund mehrerer Schicksalsschläge sowie deren weitreichenden Folgen hiervon abgehalten wurden. Nachdem zunächst der jüngste Sohn der Klägerin am 5. August 2004 infolge eines Verkehrsunfalls verstorben war, musste Herr Y... sich im September/Oktober 2004 infolge eines Dienstunfalls für einen längeren Krankenhausaufenthalt in die Uniklinik L… begeben. Das Behandlungs-, Verrentungs- und Ruhestandsverfahren von Herrn Y... war sodann von länger dauernden stationären, zahlreichen ambulanten und sonstigen Untersuchungen und Antragstellungen gekennzeichnet und zog sich letztlich bis Anfang 2005 hin. Bereits im Oktober 2004 war bei dem Vater der Klägerin Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert worden, so dass dieser sich ab Dezember 2004 fast durchgehend im stationären Krankenhausaufenthalt befand und sodann am 12. Juli 2005 verstarb. Der seinerzeit arbeitsunfähige Herr Y... hatte sich intensiv um die Pflege des Vaters der Klägerin gekümmert. Aufgrund des Todes ihres Sohnes – verstärkt durch den Tod ihres Vaters – geriet die Klägerin in eine Depression, der auch im Rahmen einer ambulanten Behandlung nicht wirksam begegnet werden konnte. Auch in der Folgezeit, in der die Klägerin und Herr Y... den Nachlass ihres Vaters abwickelten und sich um die Belange des im Oktober 2006 in die Familie aufgenommenen Pflegekindes kümmerten, gelang es beiden nicht, an ein „normales“ Leben anzuknüpfen. Vielmehr hielt die Depression der Klägerin – dieses hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals einleuchtend und unwidersprochen dargestellt – bis zum Sommer 2007 an und machte es ihr und Herrn Y... unmöglich, eine Hochzeit nach ihren Vorstellungen zu feiern. Nachdem bei Herrn Y... während seines stationären Krankenhausaufenthaltes in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 10. August 2007 ein „ausgeprägtes Leberkarzinom mit erheblicher Metastasenstreuung“ diagnostiziert war und erkennbar wurde, dass sich eine Hochzeit nach „eigenen Vorstellungen“ möglicherweise nicht mehr in die Tat umsetzen ließe, entschlossen sich die Klägerin und Herr Y... zur Hochzeit, um wenigstens die Zeit, die ihnen gemeinsam verbleiben würde, als verheiratetes Paar miteinander zu verbringen.

31

Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin und Herr Y... bereits Jahre vor dem Eintritt der lebensbedrohlichen Erkrankung von Herrn Y... einen Heiratsentschluss gefasst und diesen zu keinem Zeitpunkt aufgegeben hatten, sondern an der zeitnahen Realisierung des Heiratsentschlusses – Hochzeit nach ihren Vorstellungen – unverschuldet durch eine Vielzahl von Schicksalsschlägen sowie deren weitreichende (krankheitsbedingte) Folgen abgehalten worden sind. Der Vortrag der Klägerin – hierbei handelt es sich auch nicht ansatzweise um „gesteigertes Vorbringen“ -, Hauptzweck ihrer Eheschließung mit Herrn Y... sei die Festigung ihrer bisherigen Partnerschaft und Liebe in einer gemeinsamen, schweren Zeit gewesen, erscheint vor dem Hintergrund der dargestellten Umstände glaubhaft. Doch selbst wenn der Versorgungszweck bei der Eheschließung eine gewisse Rolle gespielt haben sollte, ergibt sich nach alledem, dass dieser Zweck allenfalls als nachrangig und untergeordnet angesehen werden kann.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.

33

Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

34

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.


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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 19. März 2010 - 3 LB 15/09 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 19 Witwengeld


(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn 1. die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn,

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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 19. März 2010 - 3 LB 15/09 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Juni 2016 - 4 S 1562/15

bei uns veröffentlicht am 15.06.2016

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. Dezember 2014 - 5 K 2480/13 - wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Deutschen Telekom AG vom 26. Juli 2013 und deren Widerspruchsbescheids vom 6. November 2013 ver

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(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn

1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder
2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.

(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn

1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder
2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.

(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.