Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 18. Jan. 2018 - 3 KN 4/14

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2018:0118.3KN4.14.00
bei uns veröffentlicht am18.01.2018

Tenor

Die Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig-Flensburg in der Beschlussfassung vom 18. Juni 2014 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragsteller begehren mit ihrem am 9. Oktober 2014 und 4. Mai 2015 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Normenkontrollantrag, die Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig Flensburg für unwirksam zu erklären.

2

Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Eltern der am 20. September 2013 geborenen Tochter S…. Für diese stellten sie unter dem 29. September 2014 einen Antrag auf Förderung von Kindern in Kindertagespflege gemäß § 23 SGB VIII. Als Betreuungsbedarf gaben sie täglich (Montag bis Freitag) 8,5 Stunden an. Zugleich legten sie einen vollständig ausgefüllten Wirtschaftsfragebogen vor, aus dem unter anderem ersichtlich ist, dass die Kindesmutter ein monatliches Nettoeinkommen einschließlich eines Jahresbonus in Höhe von durchschnittlich 3.957,-- Euro bezog und der Kindesvater über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.334,63 Euro verfügte. Auf der Grundlage dessen errechnete der Antragsgegner das bereinigte Einkommen der Antragsteller zu 1) und 2) mit insgesamt 6.709,55 Euro monatlich. Unter Berücksichtigung eines Grundbetrages, eines Familienzuschlags, der Kosten der Unterkunft, Kosten der Heizung errechnete sich eine Einkommensgrenze in Höhe von 2.061,84 Euro. Nach Abzug vom bereinigten Einkommen verblieb ein verfügbares Einkommen über der Einkommensgrenze in Höhe von 4.640,41 Euro. Nach weiterem Abzug besonderer Belastungen verblieben 3.323,24 Euro, wovon 50 vom 100 (1.661,62 Euro) als über der Einkommensgrenze liegendes Einkommen einzusetzen war.

3

Gestützt darauf setzte der Antragsgegner den von den Antragstellern zu 1) und 2) für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2015 zu zahlenden Kostenbeitrag auf monatlich 774,-- Euro fest. Die Antragsteller zu 3) und 4) sind Eltern des am 26. September 2013 geborenen Kindes .... Unter Berücksichtigung der von ihnen dargelegten Einkommensverhältnisse setzte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Oktober 2014 den von ihnen zu tragenden monatlichen Eigenanteil an der Förderung in Tagespflege (Kostenbeitrag) auf 567,60 € fest. Die Bescheide über die Festsetzung der Kostenbeiträge sind noch nicht bestandskräftig.

4

Nach Beschlussfassung im Jugendhilfeausschuss am 19. Mai 2014 beschloss der Kreistag des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 18. Juni 2014 unter Punkt 12 der Tagesordnung einstimmig die Richtlinie über die Förderung von Kindern in Tagespflege sowie die Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig-Flensburg. Diese Satzung sollte am 1. Oktober 2014 in Kraft treten und sieht in § 1 Nr. 3 die Kostenbeteiligung der Eltern für die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertagespflege vor. Gemäß § 3 der Satzung setzen sich die Kosten der Kindertagespflege zusammen aus der Förderung des Kreises Schleswig-Flensburg und den Kostenbeiträgen der Eltern. Gemäß § 4 der Satzung gewährt der Antragsgegner Tagespflegepersonen eine laufende Geldleistung für die Betreuung und Förderung eines Kindes in der Kindertagespflege, deren Höhe abhängig vom Umfang der Förderung sowie von der Qualifizierungsstufe der Tagespflegeperson ist. Gemäß § 4 Abs. 5 der Satzung wird bei der Qualifizierungsstufe 2 und einer Kindertagespflege in den Räumen der Tagespflegeperson ein Stundensatz in Höhe von 4,-- Euro gewährt. Gemäß § 4 Abs. 7 der Satzung errechnet sich der tatsächlich erforderliche Förderumfang aus dem festgesetzten wöchentlichen Betreuungsbedarf in Verbindung mit dem jeweilig zutreffenden Stundensatz, wobei die sich daraus ergebende Geldleistung mit dem Multiplikator 4,3 auf eine pauschale Monatsleistung umgerechnet wird.

5

Die Kostenbeteiligung der Eltern ist in § 5 der Satzung geregelt. Danach werden für die Inanspruchnahme von Angeboten der Tagespflege Kostenbeiträge nach § 90 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII festgesetzt. Nach § 5 Abs. 3 der Satzung wird im Rahmen einer Geschwisterermäßigung für das zweite Kind, das in Tagespflege betreut wird, der Kostenbeitrag um 30 % und für jedes weitere in Tagespflege betreute Kind um 60 %, unabhängig von der Höhe des Einkommens, herabgesetzt. Diese Geschwisterermäßigung greift auch, wenn das erste Kind/die ersten Kinder in einer Einrichtung nach dem Kindertagesstättengesetz betreut wird/werden.

6

Gemäß § 6 der Satzung kann der Kostenbeitrag auf schriftlichen Antrag ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Belastung den Eltern nicht zuzumuten ist. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung richtet sich der Umfang der Ermäßigung danach, in welcher Höhe das einzusetzende Einkommen den Bedarf einer Familie zur Abdeckung des notwendigen Lebensunterhaltes über- oder unterschreitet.

7

Zur Begründung des Normenkontrollantrages machen die Antragsteller unter anderem geltend, dass die Satzungsregelungen die Vorgaben des Bundesgesetzgebers aus § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 SGB VIII nicht erfüllen. Danach seien Elternbeiträge zu staffeln. Die Systematik des § 90 SGB VIII gebiete, dass zunächst eine Sozialstaffel aufzustellen sei, die einen sozial- bzw. familienpolitischen Charakter haben müsse. Die Kostenbeteiligung der Eltern in § 5 der Satzung sehe keine Sozialstaffel im Sinne des § 90 Abs. 1 SGB VIII vor. Die in § 6 Abs. 1 der Satzung vorgesehene Möglichkeit der Beantragung eines Erlasses des Kostenbeitrages beziehe sich ausdrücklich allein auf § 90 Abs. 3 SGB VIII.

8

Die Elternbeiträge seien zudem nicht angemessen, wenn nahezu 100 % der Kosten als Elternbeiträge erhoben würden. Die Satzung ermögliche es dem Antragsgegner, sämtliche Kosten der Tagespflege als Elternbeitrag zu erheben, wobei vorgesehen sei, dass von Eltern Beiträge bis zu 4,-- Euro erhoben werden können, während gleichzeitig die Tagespflegepersonen bis zu 4,-- Euro für Förderleistung und Sachkosten erhalten. Das werde den Vorgaben des § 25 Abs. 3 des Schleswig-Holsteinischen Kindertagesstättengesetzes (KiTaG) nicht gerecht. Diese Vorschrift sei zumindest analog anwendbar, da insoweit eine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliege.

9

§ 5 der Satzung sei unklar formuliert, da die Erziehungsberechtigten mit der dortigen Formulierung nicht erkennen könnten, mit welchen tatsächlichen Elternbeiträgen sie zu rechnen haben. Die Regelung verstoße zudem gegen das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip. Das folge daraus, dass die tatsächlichen Kosten des Antragsgegners für die Tagespflegepersonen aufgrund der Zuschüsse des Landes Schleswig-Holstein weit unter den an die jeweiligen Tagespflegepersonen gezahlten Beträgen lägen. Daraus leite sich eine Zweckentfremdung der Landeszuwendungen ab.

10

Rechtswidrig sei es zudem, einen Teil der Zuwendungen für die Betriebskosten künftig in die Familienzentren fließen zu lassen. Die damit einhergehenden Kosten müssten aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert werden.

11

Die Regelung, wonach bis zu 4,-- Euro pro Betreuungsstunde von den Eltern als Kostenbeitrag erhoben werden können, widerspreche auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 GG. Die Gebühren für Krippe einerseits und Kindertagespflege andererseits für Kinder unter drei Jahren müssten gleich sein, da die Betreuung in Kindertagesstätten und Kindertagespflege nach den Vorgaben des SGB VIII als gleichwertig anzusehen sei.

12

Die Antragsteller beantragen,

13

die Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig-Flensburg in der Beschlussfassung vom 18. Juni 2014 für unwirksam zu erklären.

14

Der Antragsgegner beantragt,

15

den Antrag abzulehnen.

16

Er ist der Ansicht, dass die Satzung zur Förderung der Kindertagespflege die Vorgaben des § 90 SGB VIII erfüllt.

17

Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII seien Kostenbeiträge, die für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und von Kindertagespflege zu entrichten sind, zu staffeln. Nach Satz 3 dieser Norm können als Kriterien für eine Staffelung des Kostenbeitrags insbesondere das Einkommen, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit berücksichtigt werden. Die Formulierung „insbesondere“ stelle klar, dass bei der Staffelung auch weitere als die aufgeführten Kriterien berücksichtigt werden könnten, sofern diese geeignet seien, das Ziel der sozialen Gerechtigkeit in Gestalt der Chancengleichheit durch sozialverträgliche Kostenbeiträge zu erreichen. Vorgaben, wie die Staffelung genau durchzuführen ist, enthalte § 90 SGB VIII nicht.

18

Nach §§ 5 und 6 der Satzung sei maßgebliches Kriterium der Staffelung die zwischen Erziehungsberechtigten und Tagespflegeperson individuell vereinbarte wöchentliche Betreuungsstundenzahl. Davon hänge die laufende Geldleistung an die Tagespflegeperson und damit der maximal mögliche Kostenbeitrag der Erziehungsberechtigten unmittelbar ab. Neben der Staffelung auf Grundlage der individuell beantragten Förderleistung sei es Intention des Satzungsgebers gewesen, die Überprüfung der Zumutbarkeit des Kostenbeitrags als Regelfall anzusehen und diesen gegebenenfalls zu ermäßigen oder ganz entfallen zu lassen. Diesem Zweck diene der Wirtschaftsfragebogen.

19

Der Umfang der Ermäßigung selbst richte sich dann danach, in welcher Höhe das einzusetzende Einkommen den Bedarf der Familie zur Abdeckung des notwendigen Lebensunterhaltes über- oder unterschreitet. Im Ergebnis seien nur 50 % des Einkommens über der Bedarfsgrenze für die Heranziehung eines Kostenbeitrages zu verwenden.

20

Zudem enthalte § 5 Abs. 3 der Satzung als weitere Komponente einer Staffelung eine Geschwistermäßigung.

21

§ 25 KiTaG sei nicht direkt anwendbar, da diese Bestimmung dem Wortlaut nach ausdrücklich auf Elternbeiträge in Kindertagesstätten begrenzt ist. Da für das Vorliegen einer unbeabsichtigten Regelungslücke nichts ersichtlich sei, scheide auch eine analoge Anwendung aus.

22

Aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII folge zwar die Gleichwertigkeit der Angebote einer Betreuung von Kindern in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege. Das bedeute jedoch nur, dass die beiden unterschiedlichen Angebote den gleichen Rechtsanspruch erfüllten, aber nicht einer Vergleichsgruppe im Sinne des Art. 3 GG zurechenbar seien.

23

Die Kindertagespflegesatzung verstoße nicht gegen das Kostendeckungsprinzip. Zutreffend sei zwar, dass durch die Vereinbarung zur Finanzierung des Krippenausbaus zwischen der Landesregierung Schleswig-Holstein und den kommunalen Spitzenverbänden die Kreise jährlich erhebliche Mittel erhalten. Diese Mittel seien jedoch nur für die Betriebskosten der Kindertagesstätten und der institutionellen Kindertagespflege vorgesehen. Dies bedeute, dass lediglich die angestellten Tagesmütter und die Kindertagesstätten von den Zuschüssen betroffen sind. Im Gegensatz zur Tagespflege durch selbständige Tagesmütter, welche ausschließlich durch den Antragsgegner und die Elternbeiträge als 2-Säulenmodell finanziert werde, würden die Kosten für die Kindertagesstätten und die institutionelle Kindertagespflege durch den Kreis, das Land, die Gemeinden, die Träger und die Eltern getragen (5-Säulen-Modell).

Entscheidungsgründe

24

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

25

Der Antrag ist zulässig.

26

Die streitgegenständliche Satzung des Antragsgegners zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig-Flensburg in der Beschlussfassung vom 18. Juni 2016 unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 SH-AG VwGO der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht, da es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, für die der Landesgesetzgeber die Normenkontrolle eröffnet hat.

27

Mit ihrem Antrag begehren die Antragsteller ein Tätigwerden im Rahmen der Gerichtsbarkeit des Oberverwaltungsgerichts. Denn die angegriffene Satzung ist auf der Grundlage des § 4 Kreisordnung, §§ 22, 23, 24 und 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.V.m. §§ 27 und 28 KiTaG erlassen worden und kann damit der verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterliegen. Sie regelt in § 1 Nr. 3 unter anderem die Kostenbeteiligung der Eltern für die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertagespflege, die in § 5 näher ausgestaltet ist. Die Festsetzung der Kostenbeiträge erfolgt durch den öffentlichen Träger; die Leistungsbeziehungen zwischen den Beteiligten sind mit der streitgegenständlichen Satzung öffentlich-rechtlich ausgestaltet.

28

Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, wonach der Antrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen ist. Der Antrag der Antragsteller zu 1) und 2) ist am 9. Oktober 2014 und derjenige der Antragsteller zu 3) und 4) ist am 4. Mai 2015 bei Gericht eingegangen.

29

Die Antragsteller sind auch im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die Satzung zur Förderung der Kindertagespflege, auf deren Grundlage sie zu Kostenbeiträgen herangezogen werden, unmittelbar in eigenen Rechten verletzt zu sein. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Antragsteller wegen der ungleichen Kostenbeiträge für den Besuch einer Kindertagesstätte einerseits und für die Inanspruchnahme eines Tagespflegeplatzes andererseits in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt werden.

30

Der Antrag ist auch begründet.

31

Die Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig Flensburg in der Beschlussfassung vom 18. Juni 2014 ist unwirksam.

32

Sie verstößt gegen zwingendes formelles Recht. Der Antragsgegner, der gemäß § 2 Abs. 1 LVwG Träger der öffentlichen Verwaltung ist und seine eigenen Angelegenheiten gemäß § 4 KrO durch Satzungen regeln darf, ist beim Erlass einer Satzung an die Erfordernisse, die § 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 LVwG festlegt, gebunden. Es liegt eine Verletzung des Zitiergebots und der Pflicht, das Datum der Ausfertigung anzugeben, vor.

33

Nach § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG müssen Satzungen die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung berechtigen. Das daraus herzuleitende Zitiergebot umfasst jedenfalls dann, wenn - wie hier - dem Bürger neue Pflichten auferlegt werden und die Satzung auf mehreren Ermächtigungsgrundlagen beruht, nicht nur die Bezeichnung der allgemeinen Rechtsgrundlagen (z.B. § 4 KrO), sondern die Pflicht, diese Ermächtigungsgrundlagen vollständig zu zitieren, gemeinsam anzugeben und insbesondere konkret zu benennen, welche einzelne Vorschrift welchen Gesetzes die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage enthält (vgl. BVerfG, Urt. v. 06.07.1999 - 2 BvF 3/90 - juris, Rn 153 f zu Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG und zum Zitiergebot gem. § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG: OVG Schl.-Holst., Urt. v. 14.09.2017 - 2 KN 3/15 -, juris Rn. 57 ff.).

34

Die Eingangsformel der Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig-Flensburg lautet:

35

„Aufgrund des § 4 Kreisordnung für Schleswig-Holstein (KrO), der §§ 22, 23, 24 und 90 SGB VIII i.V.m. den §§ 27 und 28 Kindertagesstättengesetz (KiTaG) wird nach Beschlussfassung durch den Kreistag des Kreises Schleswig-Flensburg vom 18.06.2014 folgende Satzung erlassen:“

36

Gemessen an den oben dargestellten Grundsätzen verletzt diese Eingangsformel das Zitiergebot, weil § 28 KiTaG in seiner Gesamtheit Erwähnung findet, obwohl lediglich die Nummern 1 und 2 in den Regelungsbereich der Satzung fallen. Danach kann die Tagespflege 1. in einer Tagespflegestelle, die das zuständige Jugendamt vermittelt und mit der es ein Pflegegeld vereinbart hat, oder 2. als selbständige Tätigkeit nach § 18 Einkommensteuergesetz ausgeübt werden. Für die in § 28 Nr. 3 und 4 KiTaG geregelten Formen der Tagespflege hingegen gilt die Satzung nicht. Denn die Kosten der Tagespflegestellen nach § 28 Nr. 3 und 4 KiTaG, die in den Bedarfsplan nach § 7 KiTaG aufgenommen worden sind, werden durch Teilnahmebeiträge oder Gebühren, Eigenleistungen des Trägers und Zuschüsse der Gemeinden sowie des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und des Landes aufgebracht (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 KiTaG). Gemäß § 28 Nr. 3 KiTaG kann die Tagespflege in Anstellung bei einem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder gemäß § 28 Nr. 4 KiTaG im Rahmen der Mitgliedschaft bei einem Trägerverein für Tagespflegepersonen ausgeübt werden. Gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 4 LVwG müssen Satzungen das Datum angeben, unter dem sie ausgefertigt sind.

37

Ausfertigung in diesem Sinne meint, dass das zuständige Organ (hier der Landrat) durch eigenhändige Unterzeichnung unter Angabe des Datums bestätigt, dass der Satzungstext mit dem Beschluss des willensbildenden Organs übereinstimmt und dass die Satzung auf gesetzlich vorgeschriebenem Wege einwandfrei zustande gekommen ist (vgl. Friedersen in Praxis der Kommunalverwaltung, LVwG-Kommentar, § 66 Nr. 4; Conrad/Bracker in Praxis der Kommunalverwaltung, KrO-Kommentar, § 4 Nr. 10; Schliesky/Schulz in Praxis der Kommunalverwaltung, GO-Kommentar, § 4 Rn. 167 ff.). Die Ausfertigung ist Teil des Satzungsverfahrens; sie muss der Bekanntmachung der Satzung zwingend vorausgehen, da mit der Ausfertigung die Originalurkunde geschaffen wird, die in verbindlicher Form den Willen des Satzungsgebers nach außen wahrnehmbar macht und Grundlage der rechtsverbindlichen Verkündung ist (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 08.05.1996 - 1 L 158/95 -, zitiert nach juris Rn. 25; Schliesky/Schulz, a.a.O. Rn. 168). Hier enthält der allein maßgebliche Satzungstext zwar die eigenhändige Unterschrift des Landrats als zuständigem Organ (§ 4 Abs. 2 KrO), es fehlt aber an der Angabe, wann diese Unterschrift geleistet worden ist. Das fehlende Datum macht die Ausfertigung der Satzung fehlerhaft und damit unwirksam, weil keine Heilungsmöglichkeit - wie etwa bei Bebauungsplansatzungen und städtebaulichen Satzungen gemäß § 4 Abs. 3 und Abs. 4 GO - gegeben ist.

38

Wegen der aufgezeigten Gesetzesverstöße ist die angegriffene Satzung ungültig und damit nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

39

Auf die von den Antragstellern in materieller Hinsicht erhobenen Einwendungen gegen die Satzung kommt es somit nicht mehr an. Der Senat weist darauf hin, dass er zu den wesentlichen aufgeworfenen Fragen bereits im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens mit Beschluss vom 8. Juni 2015 - 3 MB 14/15 - Stellung bezogen und diesen keinen Erfolg beigemessen hat.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

42

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.


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(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst

1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,
2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,
3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und
4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.

(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.

(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.

(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten

1.
der Jugendarbeit nach § 11,
2.
der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 und 3 und
3.
der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24
können Kostenbeiträge festgesetzt werden.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 kann der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn

1.
die Belastung
a)
dem Kind oder dem Jugendlichen und seinen Eltern oder
b)
dem jungen Volljährigen
nicht zuzumuten ist und
2.
die Förderung für die Entwicklung des jungen Menschen erforderlich ist.
Lebt das Kind oder der Jugendliche nur mit einem Elternteil zusammen, so tritt dieser an die Stelle der Eltern. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung gelten die §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Zwölften Buches entsprechend, soweit nicht Landesrecht eine andere Regelung trifft. Bei der Einkommensberechnung bleiben das Baukindergeld des Bundes sowie die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz außer Betracht.

(3) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt werden. Werden die Kostenbeiträge nach dem Einkommen berechnet, bleibt das Baukindergeld des Bundes außer Betracht. Darüber hinaus können weitere Kriterien berücksichtigt werden.

(4) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern über die Möglichkeit einer Antragstellung nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten

1.
der Jugendarbeit nach § 11,
2.
der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 und 3 und
3.
der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24
können Kostenbeiträge festgesetzt werden.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 kann der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn

1.
die Belastung
a)
dem Kind oder dem Jugendlichen und seinen Eltern oder
b)
dem jungen Volljährigen
nicht zuzumuten ist und
2.
die Förderung für die Entwicklung des jungen Menschen erforderlich ist.
Lebt das Kind oder der Jugendliche nur mit einem Elternteil zusammen, so tritt dieser an die Stelle der Eltern. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung gelten die §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Zwölften Buches entsprechend, soweit nicht Landesrecht eine andere Regelung trifft. Bei der Einkommensberechnung bleiben das Baukindergeld des Bundes sowie die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz außer Betracht.

(3) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt werden. Werden die Kostenbeiträge nach dem Einkommen berechnet, bleibt das Baukindergeld des Bundes außer Betracht. Darüber hinaus können weitere Kriterien berücksichtigt werden.

(4) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern über die Möglichkeit einer Antragstellung nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Kindertagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt des Erziehungsberechtigten oder in anderen geeigneten Räumen geleistet. Nutzen mehrere Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten gemeinsam, ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson zu gewährleisten. Eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem gewichtigen Grund steht dem nicht entgegen. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht.

(2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen

1.
die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern,
2.
die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen,
3.
den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können.
Hierzu sollen sie die Erziehungsberechtigten einbeziehen und mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und anderen Personen, Diensten oder Einrichtungen, die bei der Leistungserbringung für das Kind tätig werden, zusammenarbeiten. Sofern Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam gefördert werden, arbeiten die Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege und der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit anderen beteiligten Rehabilitationsträgern zusammen.

(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.

(4) Für die Erfüllung des Förderungsauftrags nach Absatz 3 sollen geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege weiterentwickelt werden. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(1) Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Kindertagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson.

(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst

1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,
2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,
3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und
4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.

(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.

(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten

1.
der Jugendarbeit nach § 11,
2.
der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 und 3 und
3.
der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24
können Kostenbeiträge festgesetzt werden.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 kann der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn

1.
die Belastung
a)
dem Kind oder dem Jugendlichen und seinen Eltern oder
b)
dem jungen Volljährigen
nicht zuzumuten ist und
2.
die Förderung für die Entwicklung des jungen Menschen erforderlich ist.
Lebt das Kind oder der Jugendliche nur mit einem Elternteil zusammen, so tritt dieser an die Stelle der Eltern. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung gelten die §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Zwölften Buches entsprechend, soweit nicht Landesrecht eine andere Regelung trifft. Bei der Einkommensberechnung bleiben das Baukindergeld des Bundes sowie die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz außer Betracht.

(3) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt werden. Werden die Kostenbeiträge nach dem Einkommen berechnet, bleibt das Baukindergeld des Bundes außer Betracht. Darüber hinaus können weitere Kriterien berücksichtigt werden.

(4) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern über die Möglichkeit einer Antragstellung nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

Tenor

Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014, mit Ausnahme des § 8 Abs. 4 der Satzung, für unwirksam erklärt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich mit dem Normenkontrollverfahren gegen die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe.

2

Er ist Apotheker und Eigentümer der im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gelegenen …apotheke.

3

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 27. August 2013 erstmals für das Jahr 2014 die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe mit der „Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 27. August 2013“. Die Satzung, die am 4. September 2013 ausgefertigt wurde, wurde am 9. September 2013 im Internet und am 19. September 2013 in der S...er Zeitung und den L...er Nachrichten bekannt gemacht. Am 22. Oktober 2013 wurde die Satzung dahingehend berichtigt, dass die richtige Bezeichnung der Satzung „Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe“ lautet.

4

Am 9. September 2014 beschloss die Antragsgegnerin eine Neufassung der Satzung, die zum 1. Januar 2014 rückwirkend in Kraft trat. Hintergrund der Neufassung war ein Rechtsgutachten, das zu dem Ergebnis kam, dass die ursprüngliche Satzung mangels fehlerhafter Bekanntmachung unwirksam sei. Die geänderte Satzung beinhaltet die Nennung des Abgabesatzes in § 5 und die veränderte Regelung zum Inkrafttreten in § 10. Des Weiteren wurde die Anlage der Satzung verändert. Die neugefasste Satzung wurde am 17. September 2014 im Internet und am 18. September 2014 in der S...er Zeitung sowie am 19. September 2014 in den L...er Nachrichten bekannt gemacht.

5

Die Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:

6

§ 4 Abgabemaßstab

7

(1) Die Fremdenverkehrsabgabe wird nach dem geldwerten Vorteil bemessen, der dem Abgabepflichtigen aus der städtischen Fremdenverkehrsförderung erwächst. Der Vorteil errechnet sich aus dem fremdenverkehrsbedingten Teil der umsatzsteuerbereinigten jährlichen Einnahmen des Pflichtigen multipliziert mit dem durchschnittlichen Gewinnanteil (Abs. 3) an den Einnahmen der einzelnen Unternehmensart (Maßstabseinheiten).

8

(2) Als fremdenverkehrsbedingter Teil der Einnahmen gilt der in der Anlage zu dieser Satzung für die einzelne Unternehmensart festgesetzte Teil der Einnahmen (Vorteilssatz). Die Anlage ist Bestandteil dieser Satzung.

9

(3) Der durchschnittliche Gewinnanteil ist für die einzelnen Betriebsarten der Anlage zu dieser Satzung zu entnehmen. Wenn mehrere Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gewinnanteilen ausgeübt werden, gilt der höchste durchschnittliche Gewinnanteil. Auf Antrag von Abgabepflichtigen wird eine gesonderte Berechnung für jede dieser Tätigkeiten vorgenommen. Die Abgabepflichtigen haben zusammen mit dem Antrag Nachweise über die auf den einzelnen Tätigkeiten entfallenden Einnahmenanteile vorzulegen.

10

(4) Lässt sich die abgabepflichtige Leistung im Sinne des § 2 keiner der in der Anlage aufgeführten Betriebsarten zuordnen oder ist ein durchschnittlicher Gewinnanteil nicht angegeben, so ist er anhand der Angaben des Abgabepflichtigen aus dem tatsächlichen durchschnittlichen Betriebsgewinn der letzten fünf Jahre zu ermitteln. Ist auch das nicht möglich, ist der durchschnittliche Gewinnanteil nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen.

11

(5) Bei der Berechnung der Abgabe für ein Jahr werden die Einnahmen des Vorjahres zu Grunde gelegt. Solange diese nicht feststehen oder festgestellt sind, sind die Einnahmen zu schätzen.

12

(6) Wird eine abgabepflichtige Tätigkeit zu Beginn eines Kalenderjahres aufgenommen, so sind abweichend von Absatz 5 im Jahr der Tätigkeitsaufnahme und im darauf folgenden Jahr die Einnahmen des Jahres der Tätigkeitsaufnahme maßgebend. Wird eine abgabepflichtige Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres aufgenommen, so sind abweichend von Absatz 5 im Jahr der Tätigkeitsaufnahme die im Zeitraum der Tätigkeit und im darauf folgenden Jahr die in diesem Jahr bezogenen Einnahmen maßgebend.

13

§ 5 Abgabesatz

14

Der Abgabesatz wird ermittelt, indem die Summe aller Maßstabseinheiten durch den zu deckenden Aufwandsanteil nach § 1 Satz 2 dividiert wird.

15

Der Abgabesatz für 2014 beträgt: 0,7 v.H.

16

§ 10 Inkrafttreten

17

(1) Diese Satzung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft. Sie ersetzt die Satzung vom 4. September 2013, die gleichzeitig außer Kraft tritt.

18

(2) Fremdenverkehrsabgaben werden erstmals für das Jahr 2014 auf der Grundlage der Aufwendungen für das Jahr 2014 erhoben. § 4 Absätze 5 und 6 bleiben unberührt.

19

Nachdem sich der Antragsteller mit Antrag vom 5. September 2014 gegen die Satzung in Gestalt der Beschlussfassung vom 27. August 2013 gewandt hat, hat er am 12. März 2015 mitgeteilt, dass die Fremdenverkehrsabgabesatzung in Gestalt der Beschlussfassung der Stadtvertretung der Antragsgegnerin vom 9. September 2014 nunmehr Verfahrensgegenstand des Normenkontrollverfahrens sei.

20

Zur Begründung des Normenkontrollantrages führt er aus, dass die in der Anlage der Satzung festgesetzten Vorteilssätze jedenfalls in Bezug auf einzelne Berufsgruppen nicht mit höherem Recht und dem Gebot der Abgabengerechtigkeit vereinbar seien. Dies gelte zunächst für die Berufsgruppen der Zahnärzte und der selbständigen Fachärzte, welche nach der Anlage der angefochtenen Fremdenverkehrsabgabesatzung jeweils zur Vorteilsstufe 1 mit einem Vorteilsatz von 20 % gehörten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass diese nur in geringerem Umfang fremdenverkehrsbedingte Umsätze erwirtschafteten. Der Vorteilsatz für Bäckereien und Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte von 40 % sei unter keinen Umständen zu rechtfertigen und genauso willkürlich wie Fahrschulen mit einem Vorteilsatz von 20 % zu belegen. Diese dürften überhaupt nicht abgabepflichtig sein, da ihnen keine Vorteile aus dem Fremdenverkehr erwüchsen. Dies gelte selbst dann, wen man einen mittelbaren Vorteil zugrunde legen wollte, was im Ansatz zweifelhaft sei. Insgesamt müsse es aus Gründen der Abgabengerechtigkeit mehr - mindestens zehn – Vorteilsstufen geben.

21

Auch die Regelung zum Gewinnsatz sei rechtswidrig. Dies ergebe sich daraus, dass bei bestimmten Betriebsarten in der Anlage kein fester Gewinnanteil im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 der Satzung definiert werde, sondern eine Einzelermittlung zugelassen werde.

22

Der in § 5 Satz 2 der Satzung festgelegte Abgabesatz beruhe auf einer rechtsfehlerhaften Kalkulation. Die Aufwendungen für die Rennkoppel, die Wanderwege, die Seepromenade und den Kalkberg seien in nicht nachvollziehbarer Weise mit einem großen Anteil bei der Kalkulation der Fremdenverkehrsabgabe berücksichtigt worden. Die Rennkoppel sei bereits keine Einrichtung im Sinne des § 10 Absatz 1 KAG, die Kur- und Erholungszwecken zu dienen bestimmt sei. Sie diene primär der allgemeinen Daseinsvorsorge. Der berechnete Anteil der Nutzung von Rennkoppel und Tribüne für touristische Zwecke von 35 % sei nicht nachvollziehbar und im Ergebnis zu hoch. Auch der fremdenverkehrsbezogene Prozentsatz von 30 % für die Wanderwege werde nicht nachvollziehbar begründet. Dasselbe gelte für die Seepromenade und den Kalkberg. Für diese sei ein prozentualer Anteil von 80 % weitaus zu hoch bemessen.

23

Schließlich verstoße die Satzung, soweit sie sich Rückwirkung zumesse, gegen das Schlechterstellungsverbot.

24

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung den Normenkontrollantrag gegen die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 27. August 2013 übereinstimmend für erledigt erklärt.

25

Der Antragsteller beantragt,

26

die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 mit Ausnahme der Vorschrift des § 8 Abs. 4 der Satzung für unwirksam zu erklären.

27

Die Antragsgegnerin beantragt,

28

den Antrag abzulehnen.

29

Sie vertritt die Auffassung, dass die Satzung materiell rechtmäßig sei. Die allgemein geltenden Maßstäbe für die Gestaltung des umsatz- oder gewinnbezogenen Maßstabes bei der Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe seien eingehalten worden.

30

Die Zuordnung zu den Vorteilsstufen sei ermessensfehlerfrei und auch ansonsten rechtmäßig. Es sei die zwangsläufige Folge der Entscheidung des Satzungsgebers, eine nach Gruppen differenzierte Vorteilssatzungsregelung mit einer nur überschaubaren Anzahl von Vorteilsstufen festzulegen, dass diejenigen Betriebstypen die zwar spürbar vom Tourismus profitierten, deren Umsatz aber nur zu einem geringen Anteil tourismusbedingt sei, sich in einer Vorteilsstufe wiederfänden, deren Vorteilsatz erheblich über dem tatsächlichen tourismusbedingten Umsatz des betreffenden Betriebes liege. Dies sei eine Folge der ermessensfehlerfrei typisierenden und pauschalierenden Regelung.

31

Die Einzelermittlungen des Gewinnsatzes seien ebenfalls rechtmäßig. Für keine der Betriebsarten enthalte die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2013 des Bundesministeriums der Finanzen Angaben zu mittleren Reingewinnsätzen proportional zum Umsatz. Für diese Betriebsarten statistische Gewinnsätze zu ermitteln sei ein erheblicher Aufwand oder sogar unmöglich.

32

Die Kalkulation der Fremdenverkehrsabgabe sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe vom insgesamt abgabefähigen Aufwand gewissermaßen zur Ermittlung des umlagefähigen Aufwands zweimal Gemeindeanteile abgezogen. Sie sei damit vorteilsgerechter vorgegangen, als dies gesetzlich gefordert sei. Die Rennsportveranstaltungen auf der Rennkoppel würden die touristische Attraktivität der Stadt steigern. Darüber hinaus werde die Rennkoppel auch als städtischer Festplatz genutzt. Bei dieser gemischten tourismusrelevanten Nutzung sei der Anteil von 35 % nicht zu hoch bemessen.

33

Es sei auch gerechtfertigt, dass für die Aufwendungen ein größerer Wert als der dem Prozentsatz der Gästeübernachtungen im Verhältnis zu den Einwohnerübernachtungen entsprechende, festgelegt werde. Nach allgemeiner Lebenserfahrung könne erwartet werden, dass Kur- und Erholungseinrichtungen von Touristen während des hypothetischen Zeitraums wesentlich häufiger genutzt würden als von Einwohnern.

34

Die Berücksichtigung der nicht anderweitig gedeckten Aufwendungen für die Seepromenade und den Kalkberg seien dementsprechend ermessensfehlerfrei festgesetzt worden. Der Kalkberg sei zwar keine klassische Kur- und Erholungseinrichtung. Durch seine Bekanntheit habe er jedoch erhebliche Bedeutung für den Fremdenverkehr. Durch seinen zum Gipfel führenden Weg und die sich dort bietenden Aussichtsmöglichkeiten sei er Ziel zahlreicher Tages- und Übernachtungsgäste. Allerdings liege den ermittelten 80 % für den Kalkberg ein Schreibfehler zugrunde. Gemeint seien – wie bei den in Bezug genommenen Wanderwegen – 30 %. Mit diesem fehlerhaften Wert sei der Kalkberg zwar auch in die Kalkulation eingegangen, dies wirke sich aber letztlich rechnerisch nicht aus.

35

Schließlich verstoße die rückwirkende Geltung der Satzung nicht gegen das Schlechterstellungsverbot, da die Neufassung der Anlage nur redaktioneller bzw. klarstellender Natur gewesen sei. Die Bezeichnung als Fremdenverkehrsabgabe sei zum einen der Rückwirkung geschuldet und im Übrigen unerheblich, weil sich die Tourismusabgabe von dieser nicht wesentlich unterscheide.

Entscheidungsgründe

36

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

37

Im Übrigen hat der Normenkontrollantrag des Antragstellers Erfolg.

38

A. Der Antrag ist zulässig.

39

Die auf der Grundlage von § 4 GO und §§ 1, 2 und 10 KAG erlassene Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 SH-AG VwGO der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht.

40

Die Antragsfrist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Die Satzung wurde am 18. September 2014 im Internet amtlich bekannt gemacht. Gemäß §§ 68, 329 LVwG iVm § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 3 BekanntmachungsVO erfolgt die Bekanntmachung dadurch, dass die Satzung im Internet veröffentlicht und in der Zeitung unter Angabe der Internetadresse hierauf hingewiesen wird. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablauf des Tages, an dem die Satzung im Internet verfügbar ist, als bewirkt. Die Neufassung der Satzung in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 wurde am 17. September 2014 auf der Internetseite der Stadt bekannt gemacht. Der Hinweis auf die Veröffentlichung stand in der Zeitung vom 18. September 2014. Der Normenkontrollantrag datiert vom 12. März 2015 und lag damit innerhalb der Jahresfrist seit der Bekanntmachung der Neufassung der Satzung.

41

Der Antragsteller ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; denn er ist als Eigentümer einer in der Stadt Bad S... belegenden Apotheke von der Satzung betroffen. Die Apotheken sind in der Anlage der Satzung unter der Vorteilsstufe 2, lfd. Nr. 2 aufgeführt.

42

B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung der Stadt Bad S... in der Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 ist, soweit sie angegriffen ist, unwirksam.

43

§ 10 Abs. 1 Satz 1 der Satzung ist unwirksam (I.), mit der Folge, dass die Satzung nicht rückwirkend in Kraft tritt, sondern mit dem Tag nach Bekanntmachung der Satzung am 18. September 2014. Zu diesem Zeitpunkt mangelt es an einer Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe (II.). Unabhängig davon ist die Kalkulation des Abgabensatzes fehlerhaft (III.). Da die angegriffene Satzung nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam ist, bedarf es zur Rechtmäßigkeit des Vorteils- und Gewinnsatzes keiner weiteren Ausführungen (IV.).

44

I. § 10 Abs. 1 Satz 1 der Satzung verstößt gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG. Danach dürfen Abgabepflichtige durch eine rückwirkend erlassene Satzung nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisher geltenden Satzung. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung folgt, dass der Abgabepflichtige im Falle einer rückwirkend erlassenen Satzung durch die Satzung selbst vor einer Schlechterstellung gegenüber den Regelungen der bisherigen Satzung gesichert werden muss (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 - 2 K 4/00 -, LS 2, Rn. 17, juris). Die Satzung der Antragsgegnerin enthält keine Regelungen zum Schlechterstellungsverbot.

45

Gegen eine Rückwirkung bestehen vor dem Hintergrund des Schlechterstellungsverbotes nur dann keine Bedenken, wenn sich keine Änderungen oder jedenfalls keine Verschlechterungen für die Abgabepflichtigen ergeben haben (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2009 – 2 LB 34/08 –, Rn. 40, juris). Vorliegend haben sich jedoch durch die veränderte Anlage Änderungen ergeben, die auch zu einer Schlechterstellung der Abgabepflichtigen führen. Der Kreis der Abgabepflichtigen ist mit der neuen Satzung erweitert worden.

46

In der Anlage der Satzung 2013 waren unter der Vorteilsstufe 1, lfd. Nr. 1 als Personengruppen bzw. Betriebsarten „Architekten und Ingenieure“ verzeichnet. In derselben Nummer heißt es in der Anlage zu der Satzung 2014 „Architekten, Ingenieure, Gutachter, Sachverständige, Bauplaner und Baubetreuer“. Gutachter, Sachverständige, Bauplaner und Baubetreuer wurden in der Anlage zur ersten Satzung auch nicht unter einer anderen Nummer genannt. Das Argument der Antragsgegnerin, dass diese Personengruppen und Betriebsarten auch bereits in der ersten Satzung unter die Architekten und Ingenieure fielen, kann nicht überzeugen. Es mag sein, dass die Antragsgegnerin einige Gutachter unter dem Begriff des Ingenieurs zusammengefasst hat. Dies kann jedoch dann nicht mehr zutreffend sein, wenn es sich z.B. um einen medizinischen oder biologischen (etwa Fledermauskundler) Gutachter handelt. Dieser war zuvor nicht von der Abgabepflicht erfasst und fällt nunmehr unter den Kreis der Abgabepflichtigen.

47

Ebenso verhält es sich in der Vorteilsstufe 1, lfd. Nr. 3, in der zu dem ursprünglichen Baustoff- und Holzhandel noch die Baumärkte hinzugekommen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich nicht um dieselben Betriebe. Während ein Baustoff- und Holzhandel eben nur diese Stoffe anbietet, ist das Angebot eines Baumarktes vielseitiger, z.B. durch den Verkauf von Werkzeug, Farben, Putzmitteln und Pflanzen.

48

Es handelt sich hierbei nicht nur um sprachliche Klarstellungen. Denn weder der Baumarkt noch der Gutachter, der nicht Ingenieur ist, hätten aufgrund der Satzung 2013 zu einer Abgabe herangezogen werden können. Aus dieser Erweiterung des Kreises der Abgabepflichtigen ergibt sich zwar keine Verschlechterung für die bereits vorher benannten Abgabepflichtigen, da die Abgabenlast auf weitere Pflichtige verteilt werden kann. Jedoch liegt eine Schlechterstellung hinsichtlich der hinzukommenden Personengruppen und Betriebsarten vor, die neu von der Abgabepflicht betroffen sind.

49

Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit dem Argument durchdringen, dass nur die Anlage eine Schlechterstellung beinhalte und nur diese unwirksam sei. Die Anlage bestimmt die Abgabepflichtigen und die Anteile des Vorteilssatzes und des Gewinnsatzes. Würde man allein die Anlage als unwirksam ansehen, fehlte es der Satzung an einer Definition des Kreises der Abgabepflichtigen und an den weiteren erforderlichen Maßstabseinheiten, um überhaupt einen Abgabesatz zu bestimmen. Die Satzung ergäbe ohne die Anlage keinen Sinn mehr.

50

Darüber hinaus ist der Senat nicht befugt, einzelne Teile der Satzung zu einer wirksamen Satzung zusammenzusetzen. Vielmehr ist die Satzung samt Anlage in der Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 insgesamt zu überprüfen. Der Senat kann nicht einzelne Teile hieraus abtrennen und isoliert betrachten. Denn dann würde er sich in unzulässiger Weise an die Stelle des Satzungsgebers begeben.

51

Nach alledem war der das rückwirkende Inkrafttreten regelnde § 10 Satz 1 der Satzung wegen Verstoßes gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG für unwirksam zu erklären mit der Folge, dass sich mangels einer anderen wirksamen Bestimmung das Inkrafttreten nach der allgemeinen gesetzlichen Bestimmung des § 69 LVwG richtet. Die Satzung ist somit mit dem Tage nach der Bekanntmachung in Kraft getreten. Dies ist der 19. September 2014.

52

II. Die Neufassung der Satzung ist insgesamt unwirksam, da weder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 9. September 2014 eine Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vorlag (1.) und die Satzung zudem gegen das Zitiergebot verstößt (2.).

53

1. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 18. September 2014 galt bereits das Kommunalabgabengesetz in der Fassung vom 15. Juli 2014, das ab dem 1. August 2014 in Kraft trat. Nach § 10 Abs. 6 KAG können Gemeinden laufende Tourismusabgaben erheben. Eine Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe besteht danach nicht mehr.

54

Zwar steht einer Fortgeltung der Satzung nicht entgegen, dass die im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung gegebenen Voraussetzungen später entfallen sind. Es ist anerkannt, dass das nachträgliche Erlöschen oder auch die nachträgliche Änderung einer Ermächtigung ohne Einfluss auf den Rechtsbestand einer ordnungsgemäß erlassenen Rechtsverordnung ist. Für den Rechtsbestand einer ordnungsgemäß erlassenen kommunalen Satzung gilt nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn die inhaltlichen Voraussetzungen der Ermächtigung später entfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 1977 – 2 BvR 812/74 – Rn. 26, juris m.w.N).

55

Dem Verhältnis von gesetzlicher Ermächtigung und darauf gestützter Normsetzung entspricht es, dass von einer Ermächtigung erst dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn sie vorliegt, und zwar mit dem Inhalt, zu dem sie im Zeitpunkt der Normsetzung ermächtigt (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 1972 – 2 BvF 1/71 – zum Erlass eines Gesetzes vor Übertragung der Gesetzgebungszuständigkeit; für Rechtsverordnungen vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 – III ZR 172/77 – MDR 1979, 825; für kommunale Satzungen vgl. OVG Münster, Urteil vom 21. Juni 1979 – II A 2280/77 – DVBl 1980, 83 <84>; Hessischer VGH, Urteil vom 26. September 1996 – 5 UE 2338/94 – KStZ 1997, 154 <156>; Senatsurteil vom 21. Juni 2000 – 2 L 80/99 – SchlHA 2000, 257 <258>). Maßstab ist danach, ob der kommunale Normgeber im Zeitpunkt der Normsetzung zu diesem Akt der Rechtsetzung ermächtigt war (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 – 8 C 14.04 –, Rn. 12, juris).

56

Aber auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Neufassung der Satzung am 9. September 2014 war die Antragsgegnerin bereits nicht mehr ermächtigt, eine Fremdenverkehrsabgabe zu erheben. Zwar handelt es sich bei der Änderung des § 10 KAG nicht nur um eine geänderte Bezeichnung der Abgabe, sondern auch der Kreis der zur Erhebung der Abgabe berechtigten Gemeinden und Städte und die Voraussetzung für deren Berechtigung zur Abgabeerhebung haben sich geändert. Entscheidend ist aber schon, dass sich der Name der Abgabe verändert hat. Es ist im Rechtsstaat von grundlegender Bedeutung, dass der Abgabepflichtige die Norm, aufgrund derer er zur Zahlung herangezogen wird, finden kann. Sucht er im geltenden Kommunalabgabengesetz nach einer Fremdenverkehrsabgabe, kann er eine solche nicht mehr finden. Die hinlängliche Publizität von allgemeinverbindlichen, mit Außenwirkung ausgestatteten Rechtsregeln ist ein für alle Normsetzungsakte geltendes rechtsstaatliches (Wirksamkeits-)Erfordernis (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 – 2 BvL 25/81 – BVerfGE 65, 283 <291> m.w.N.). Dieses Publizitätserfordernis gilt ebenso für im Verweisungswege inkorporierte Regelungen; auch sie müssen für den Betroffenen verlässlich und ohne unzumutbare Erschwernis zugänglich sein. Dies verbietet irreführende Bezeichnungen durch Rückgriff auf eine vormalige, nicht mehr geltende Bezeichnung der Abgabe.

57

2. Hierin liegt zugleich ein Verstoß gegen das Zitiergebot. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG müssen Satzungen die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung berechtigen. Dies ist insbesondere bei belastenden Eingriffen wie der Abgabenerhebung erforderlich. Gegen dieses Zitiergebot verstößt die Fremdenverkehrsabgabesatzung der Stadt, da sie § 10 Abs. 6 KAG nicht als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Abgabenerhebung aufführt. Sie ist bereits allein deshalb unwirksam und stellt keine gültige Rechtsgrundlage weder für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe noch für eine Tourismusabgabe dar.

58

Die Satzung bezieht sich in § 1 auf die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe gemäß § 10 Abs. 5 KAG. Mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes ist jedoch der ehemalige Absatz 5 zu Absatz 6 geworden. Absatz 5 regelt das Recht zur Erhebung von Gebühren neben der Kurabgabe und enthält keine Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe oder einer Tourismusabgabe. § 10 Abs. 6 KAG hätte nach seiner Änderung in die Eingangsformel aufgenommen werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 2000 – 2 L 80/99 –, Rn. 39, juris = Die Gemeinde, 2000, 231 mwN; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 9. Mai 2007 – 4 B 8/07 –, Rn. 28, juris).

59

Die Exekutive muss durch Angabe ihrer Ermächtigungsgrundlage sich selbst des ihr aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Es kommt daher nicht nur darauf an, ob sie sich überhaupt im Rahmen der delegierten Rechtssetzungsgewalt bewegt, vielmehr muss sich die in Anspruch genommene Rechtssetzungsbefugnis gerade aus den von ihr selbst angeführten Vorschriften ergeben. Außerdem dient das Zitiergebot der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem Adressaten der Satzung. Das soll ihm die Kontrolle ermöglichen, ob die Satzung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt (ebenso für Verordnungen: BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 – 2 BvR 871/04 –, Rn. 51, juris). Insofern gehört zur zutreffenden Angabe der zum Erlass der Satzung berechtigenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG nicht nur die genaue Angabe der zur Erhebung der Abgabe berechtigenden Norm des Kommunalabgabengesetzes, sondern bei kommunalen Abgaben auch deren nach dieser Norm namentlich zutreffende Bezeichnung. Berechtigt eine Norm zur Erhebung unterschiedlicher Abgaben – wie hier zur Erhebung der Kurabgabe und der Tourismusabgabe –, so gehört zur genauen Bezeichnung der zum Erlass der Satzung berechtigenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG auch die Nennung des zutreffenden Absatzes bzw. der zutreffenden Absätze der Norm, gegebenenfalls einschließlich des dazugehörenden Satzes oder der dazugehörenden Sätze, die zur Erhebung der gewählten Abgabe berechtigen.

60

Offen lässt der Senat, inwieweit die Antragsgegnerin noch die Möglichkeit hat, eine Satzung über die Tourismusabgabe in der jetzt geltenden Fassung rückwirkend für das gesamte Jahr 2014 zu erlassen oder ob auch ein rückwirkender Erlass einer Fremdenverkehrsabgabe noch möglich ist, obwohl es zum Zeitpunkt der künftigen Beschlussfassung keine Norm zur Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe mehr gibt.

61

III. Darüber hinaus ist die Kalkulation der Satzung unabhängig davon fehlerhaft, auf welche Fassung des Kommunalabgabengesetzes abstellt wird, weil die Antragsgegnerin den tourismusbedingten Anteil, jedenfalls hinsichtlich der Wanderwege und des Kalkbergs, nicht nachvollziehbar begründet hat (1.) und nicht dargelegt ist, dass die mit unter 50% in die Kalkulation eingestellten Einrichtungen überwiegend dem Tourismus dienen (2.). Maßstab der folgenden Prüfung ist das Kommunalabgabengesetz in der jetzigen Fassung (Tourismusabgabe).

62

Nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG kann die Tourismusabgabe für Zwecke der Tourismuswerbung und zur Deckung von Aufwendungen für Herstellung, Verwaltung und Unterhaltung der zu kulturellen und touristischen Zwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen erhoben werden. Nach § 5 der Satzung wird der Abgabesatz ermittelt, indem die Summe aller Maßstabseinheiten durch den zu deckenden Aufwandsanteil nach § 1 Satz 2 der Satzung dividiert wird. Nach § 1 Satz 2 der Satzung dient die Abgabe zur Deckung von 70 % der Aufwendungen der Stadt für die Fremdenverkehrsförderung im jeweiligen Kalenderjahr. Das bedeutet, dass zunächst einmal 30 % der Aufwendungen aus anderen Mitteln der Stadt getragen werden. Nach § 5 Satz 2 der Satzung beträgt der Abgabesatz für 2014 0,7 %.

63

Ermächtigt das Gesetz – wie hier § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG – zur Erhebung kostendeckender Abgaben, hat der Satzungsgeber durch Satzung die Bemessungsgrundlagen, insbesondere den Abgabesatz festzulegen (§ 2 Abs. 2 KAG). Die dafür erforderliche Kalkulation setzt vielfach Schätzungen, Prognosen und Wertungen voraus, die für die Höhe der durch die Abgabe zu deckenden Aufwendungen maßgeblich sind und daher allein der Gemeindevertretung überlassen bleiben müssen. Insoweit ist dem Satzungsgeber ein Einschätzungsermessen (Prognosespielraum) eingeräumt, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann, nämlich nur im Hinblick darauf, ob die vorgegebenen Grenzen überschritten sind. Da es auch allein der Entscheidung des Satzungsgebers obliegt, in welchem Umfang und welche Kosten durch die Tourismusabgabe zu decken sind (vgl. zum Gebührenrecht: BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 – 9 CN 1.01 – juris), hat das Gericht auch diese Entscheidung zu respektieren und darf einzelne Kostenpositionen der Kalkulation nicht ohne oder gar gegen den Willen des Satzungsgebers verändern. Es würde Verwaltungstätigkeit ausüben und in das Ermessen des Satzungsgebers eingreifen (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2007 – 2 LB 31/07 – Rn. 33, juris). Eine reine Ergebniskontrolle des Abgabesatzes durch das Gericht ist damit ausgeschlossen.

64

Schon die Ermittlung der Gesamtkosten der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde ist von Ermessensentscheidungen, die der Bestimmung des Abgabesatzes in der Satzung vorausgehen müssen, abhängig. Der Senat kann sich aufgrund der vorstehend aufgezeigten Maßstäbe nicht an die Stelle der Antragsgegnerin setzen und eine eigene Begründung für die Errechnung des tourismusbedingten Anteils liefern. Er hat vielmehr die der Beschlussvorlage zugrundeliegende Begründung der Antragsgegnerin zu überprüfen. Ob der Satzungsgeber den zur Begründung der Kalkulation vorgelegten Vermerk der Kämmerei vom 16. April 2014 kannte, musste nicht abschließend ermittelt werden, da die darin enthaltende Begründung zumindest für die Wanderwege und den Kalkberg nicht nachvollziehbar ist.

65

1. Nach dem Vermerk der Kämmerei vom 16. April 2014 sind die Aufwendungen für die Wanderwege mit 30 % berechnet worden. Es wird zunächst von der Fremdenverkehrsquote (jährliche Übernachtungen der Einwohner im Verhältnis zu Übernachtungen von Fremdenverkehr: hier = 3,68 %) ausgegangen. Dann wird der Anteil mit der Begründung auf 30 % erhöht, dass Wanderwege von Gästen mehr in Anspruch genommen, von Laufgruppen genutzt und Nordic-Walking-Kurse angeboten werden. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob die Laufgruppen und Nordic-Walking-Kurse von Gästen oder von Einwohnern besucht werden. Es bleibt somit unklar, ob dies ein Merkmal ist, dass den Anteil erhöht oder verringert. Für den Kalkberg wird der tourismusbedingte Anteil mit 80 % eingestellt. Hier wird auf die Übernachtungstage wie bei den Wanderwegen abgestellt. Wie dann allerdings der Anteil auf 80 % erhöht wird, ist nicht nachvollziehbar. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte nicht geklärt werden, auf welcher Grundlage die tourismusbedingten Anteile für den Kalkberg und die Wanderwege bemessen wurden. Ob diesen Schätzungen irgendwelche stichprobenartigen Zählungen oder sonstige Erhebungen oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze zugrunde liegen, möglicherweise auch solche, die auf der Grundlage der genannten Fremdenverkehrsquote eine Berechnung ermöglichen, bleibt unklar.

66

Soweit die Antragsgegnerin nunmehr vorträgt, die Einstellung des Kalkberges mit 80 % sei ein Schreibfehler, dieser hätte nur mit 30 % eingestellt werden sollen, kann dies auch kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Zwar verändert sich auch bei einem tourismusbedingten Anteil von 30% der Abgabensatz im Ergebnis nicht. Jedoch kommt es nur auf die Nachvollziehbarkeit der Berechnung und auf die überprüfbare Ermessensentscheidung des Satzungsgebers an; eine Ergebnisprüfung findet nicht statt.

67

Beruht die Kalkulation einer kommunalen Abgabe nicht auf sachgerechten Annahmen, ist der durch die Satzung bestimmte Abgabesatz auch dann unwirksam, wenn sich das Ergebnis der Kalkulation durch nachfolgende Prüfung bestätigen lässt. Die Abgabepflichtigen sind im Rahmen der § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 KAG nicht allein vor einer den beitragsfähigen Aufwand übersteigenden Abgabeerhebung geschützt, sondern auch davor, dass die auf sie – jeweils im Einzelfall – entfallende Abgabenlast in einer rechtswidrigen Weise ermittelt (kalkuliert) worden ist. Wird ein Abgabesatz ohne Berücksichtigung der zu stellenden Anforderungen bestimmt, ist er ungültig unabhängig davon, ob sich durch eine später erstellte Berechnung nachweisen lässt, dass die in der Satzung bestimmten Abgabesätze – gleichsam zufällig – nicht aufwandsüberschreitend sind (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2007 – 2 LB 31/07 –, LS und Rn. 31 ff, juris).

68

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist eine Ermessensüberprüfung durch das Gericht bei Vorlage der Unterlagen zu der Satzung grundsätzlich möglich. Insoweit ist nicht entscheidend, dass jeder, der die Satzung beschlossen hat, dies auch aus denselben Ermessenserwägungen getan hat. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Satzungsbeschluss auf Ermessenserwägungen gestützt wurde, die für jeden einsehbar und in einem gewissen Umfang auch belegbar sind. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin müssen danach alle für die Bemessung der Höhe des Allgemeininteresses wesentlichen Aspekte berücksichtigen. Damit der Satzungsgeber sämtliche Erwägungen berücksichtigen kann, müssen sie sich aus den der Stadtvertretung vorgelegten Unterlagen – etwa der Sitzungsvorlage, der Kalkulation und deren Anlagen oder sonstigen Unterlagen und/oder dem Protokoll der Sitzung der Stadtvertretung – ergeben. Es muss deutlich werden, dass sich der Ortsgesetzgeber bei seiner Entscheidung an den örtlichen Gegebenheiten orientiert hat. Ausreichend ist es in diesem Zusammenhang auch, dass die wesentlichen Unterlagen in einem vorbereitenden Ausschuss, zum Beispiel dem Finanzausschuss, vorgelegen haben und dort als Entscheidungsgrundlage diskutiert wurden (vgl. ebenso zur Straßenreinigungsgebührensatzung: Senatsurteil vom 15. Mai 2017 – 2 KN 1/16 – Rn. 78 ff, juris).

69

2. Im Übrigen ist es widersprüchlich, dass Einrichtungen zum einen überwiegend dem Tourismus dienen sollen, zum anderen dann jedoch der touristische Anteil bei der Kalkulation nur unter 50 % liegen soll (so die Wanderwege mit 30%, die Rennkoppel mit 35%, die Grillplätze mit 30%, der Landratspark mit 30% und der Kalkberg mit 30%). Bedenkt man dann noch, dass bereits ein Gemeindeanteil von 30 % ohnehin abgezogen worden ist, spricht dies vielmehr für einen nicht überwiegend touristischen Anteil und stellt bereits die gesamte Kalkulation in Frage. Keine Einrichtungen im Sinne des § 10 Abs. 1 KAG sind die öffentlichen Einrichtungen, die zwar auch von Ortsfremden genutzt werden, die aber nicht mit der besonderen Zweckrichtung auf den Tourismus hin errichtet worden sind. Ist die Zweckbestimmung fraglich, richtet sich die Finanzierung danach, wo der Schwerpunkt der Zweckbestimmung liegt. Denkbar ist daher zwar, dass in einem ersten Schritt die Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG bestimmt und erst in einem zweiten Schritt dann die tatsächliche Nutzung anhand der Prozentsätze dargestellt wird. Jedoch sind auch hier die Überlegungen des Satzungsgebers, die der Kalkulation insoweit zugrunde liegen, nicht hinreichend dargelegt und dokumentiert worden. Auch insoweit gilt: Es steht dem Senat nicht zu, sich eigene Begründungen auszudenken, um Widersprüche und Fehler der Kalkulation zu beseitigen.

70

So verhält es sich auch bei der auf der Grundlage der Belegungstage mit 35 % tourismusbedingtem Anteil in die Kalkulation eingestellten Rennkoppel. Dient die Rennkoppel in erster Linie der Benutzung durch die Gemeindeeinwohner, dann ist eine Finanzierung über die Tourismusabgabe unzulässig und der Aufwand für die Rennkoppel damit dann auch nicht anteilig zu veranschlagen. Erst wenn die Einrichtung in erster Linie dem Tourismus dient, handelt es sich um eine Erholungseinrichtung und der Aufwand kann - zumindest teilweise - über die Abgabe finanziert werden. Ob dies der Fall ist, erschließt sich aus dem vorgelegten Vermerk der Kämmerei schon nicht. Allerdings spricht die Argumentation des Antragstellers, die Rennkoppel sei der Landesturnierplatz für den Pferderennsport, auf dem eigene Veranstaltungen des Landesreitverbandes durchgeführt würden, zu denen aus dem gesamten Bundesland Personen zu den Turnieren anreisten, eher für als gegen eine touristische Zweckbestimmung. Bei den angereisten Personen aus dem gesamten Bundesland wird es sich nicht nur um Teilnehmer, sondern auch um Zuschauer handeln, die - ebenso wie die Turnierteilnehmer – auch weitere touristische Aktivitäten in der Stadt wahrnehmen können. Insoweit wird die touristische Attraktivität der Stadt gesteigert. Ist die Rennkoppel in erster Linie für diesen Zweck (Landesturnierplatz) errichtet, dient sie dem Tourismus.

71

IV. Da die angegriffene Satzung nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam ist, bedarf es zur Rechtmäßigkeit des Vorteils- und Gewinnsatzes keiner weiteren Ausführungen.

72

Insoweit merkt der Senat jedoch an, dass entgegen der Ansicht des Antragstellers es rechtlich nicht zu beanstanden ist, bei der Bemessung des Vorteilssatzes Gruppen zu bilden, die Stufen in 20 %-Schritten vorsehen. Gewisse Typisierungen und Vereinheitlichungen sind bei der Festlegung der einzelnen Bemessungsmerkmale für die Abgabehöhe nicht nur zulässig, sondern praktisch unumgänglich (Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lief, Stand Januar 2017, § 10 Rn. 184 d). So ist es rechtmäßig, eine Frauenärztin - ebenso wie hier Zahnärzte und Fachärzte - mit einem fremdenverkehrsbedingten Umsatz von 4,8 % in die 25 %-Stufe einzuteilen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. November 2004 – 2 MB 147/04 –; Thiem/Böttcher, aaO, Rn. 202a). Die Bildung von vier Vorteilsstufen ist vom Senat bislang als ausreichend angesehen worden, weil der Satzungsgeber bei der Bildung der Beitragstypen und der Beitragssätze nicht jeder Verschiedenheit in der wirtschaftlichen Auswirkung des Tourismus auf die einzelnen Berufsgruppen oder Betriebsarten Rechnung zu tragen braucht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2008 – 2 LB 40/07 – Rn. 30, juris). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.

73

Der Antragsteller hat auch keine durchgreifenden Argumente hiergegen vorgebracht. Soweit er meint, dass die Bäckereien und Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte falsch bemessen seien, kann dies ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Insoweit ist es dem pauschalierten Stufensystem immanent, dass die einzelnen Positionen nicht noch einmal einzeln bewertet werden. Nur eine Willkürprüfung steht dem Gericht zu. Dass hier eine Einteilung von bestimmten Betrieben in die jeweilige Gruppe willkürlich erfolgt sein soll, hat der Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.

74

Soweit der Antragsteller die Einordnung der Fahrschulen für fehlerhaft hält, da sie nur mittelbare Vorteile erwirtschafteten und damit überhaupt nicht zum Kreis der Abgabepflichtigen gehören dürften, kann dies nicht durchgreifen. Vorteile können unmittelbar oder mittelbar vorhanden sein. Unmittelbare Vorteile haben Personen, Personenvereinigungen, Unternehmen und Betriebe, die am Tourismus im Anerkennungsgebiet unmittelbar beteiligt sind; mittelbare Vorteile haben diejenigen, die mit den am Tourismus unmittelbar Beteiligten im Rahmen der für den Tourismus notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigen. Nach dem in Schleswig-Holstein geltenden Landesrecht wird die Tourismusabgabepflicht sowohl durch das Vorliegen eines unmittelbaren, als auch eines – nur – mittelbaren Vorteils ausgelöst (vgl. Senatsurteile vom 4. Oktober 1995 – 2 L 220/95 – Rn. 17, 19, juris und vom 24. September 2008 – 2 LB 16/08, LS 1, Rn. 10, juris). Bei den Fahrschulen ist jedenfalls von einem mittelbaren Vorteil durch den Tourismus auszugehen, da die Fahrschulen von Beförderungsunternehmen und im Tourismus Beschäftigten, die auf ihren Führerschein angewiesen sind, profitieren können. Es reicht die Möglichkeit eines Vorteils aus.

75

Offen lässt der Senat, ob die Festsetzungen des Gewinnsatzes anhand der Mittelwerte aus den Richtsatzsammlungen unterschiedlicher Jahre rechtmäßig sind. Insoweit merkt der Senat an, dass es im Sinne der Abgabengerechtigkeit erforderlich ist, dass möglichst alle Abgabepflichtigen nach demselben Verfahren beurteilt werden. Der Ersatzmaßstab muss daher eine auf den Einzelfall beschränkte Ausnahme bleiben.

76

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 VwGO. Für den für erledigt erklärten Teil hat die Antragsgegnerin die Kosten zu tragen, weil sie die Übernahme der Kosten erklärt hat; insoweit ist die Entscheidung unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

77

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

78

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Kindertagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt des Erziehungsberechtigten oder in anderen geeigneten Räumen geleistet. Nutzen mehrere Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten gemeinsam, ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson zu gewährleisten. Eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem gewichtigen Grund steht dem nicht entgegen. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht.

(2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen

1.
die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern,
2.
die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen,
3.
den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können.
Hierzu sollen sie die Erziehungsberechtigten einbeziehen und mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und anderen Personen, Diensten oder Einrichtungen, die bei der Leistungserbringung für das Kind tätig werden, zusammenarbeiten. Sofern Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam gefördert werden, arbeiten die Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege und der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit anderen beteiligten Rehabilitationsträgern zusammen.

(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.

(4) Für die Erfüllung des Förderungsauftrags nach Absatz 3 sollen geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege weiterentwickelt werden. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(1) Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Kindertagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson.

(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst

1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,
2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,
3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und
4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.

(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.

(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten

1.
der Jugendarbeit nach § 11,
2.
der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 und 3 und
3.
der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24
können Kostenbeiträge festgesetzt werden.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 kann der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn

1.
die Belastung
a)
dem Kind oder dem Jugendlichen und seinen Eltern oder
b)
dem jungen Volljährigen
nicht zuzumuten ist und
2.
die Förderung für die Entwicklung des jungen Menschen erforderlich ist.
Lebt das Kind oder der Jugendliche nur mit einem Elternteil zusammen, so tritt dieser an die Stelle der Eltern. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung gelten die §§ 82 bis 85, 87, 88 und 92 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Zwölften Buches entsprechend, soweit nicht Landesrecht eine andere Regelung trifft. Bei der Einkommensberechnung bleiben das Baukindergeld des Bundes sowie die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz außer Betracht.

(3) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt werden. Werden die Kostenbeiträge nach dem Einkommen berechnet, bleibt das Baukindergeld des Bundes außer Betracht. Darüber hinaus können weitere Kriterien berücksichtigt werden.

(4) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern über die Möglichkeit einer Antragstellung nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 15. Kammer - vom 5. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers zu 2), mit der er die Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2015 sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25. November 2014 begehrt, hat keinen Erfolg. Der an den Antragsteller zu 2) gerichtete Bescheid ist bestandskräftig geworden; denn ein Widerspruch des Antragstellers zu 2) liegt nicht vor. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. November 2014 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller lediglich Widerspruch für die Antragstellerin zu 1) eingelegt. Es heißt darin wörtlich:

2

Förderung der Tagespflege für das Kind ...

3

Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Bescheid vom 25. November 2014 haben Sie nunmehr Elternbeiträge in Höhe von monatlich 774,-- Euro gegen meine Mandantin ... festgesetzt. Gegen den Bescheid wird Widerspruch eingelegt. ... Außerdem wird die Aussetzung der Vollziehung beantragt.“

4

Der Umstand, dass der Antragsgegner dieses Schreiben auch als Aussetzungsantrag des Antragstellers zu 2) verstanden hat und mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat, ersetzt den fehlenden Widerspruch des Antragstellers zu 2) nicht.

5

Die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2015 hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

6

Nach § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

7

Der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Kostenbeitragsbescheid des Antragsgegners vom 25. November 2014 hat nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung; denn der mit dem angefochtenen Bescheid gemäß §§ 91 ff. SGB VIII i.V.m. § 5 der Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig-Flensburg erhobene Kostenbeitrag zählt zu den öffentlichen Abgaben und Kosten, bei deren Anforderung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs entfällt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. Januar 2009 - 4 ME 3/09 -, zitiert nach Juris Rn. 3ff.).

8

Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu beurteilende und auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Kostenbeitragsbescheid gerichtete Antrag der Antragstellerin ist zwar zulässig. Insbesondere hat sie vor Antragstellung beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO mit Schriftsatz vom 28. November 2014 beim Antragsgegner gestellt, den dieser mit Schreiben vom 03. Dezember 2014 abgelehnt hat.

9

Der Antrag ist aber unbegründet, weil es an ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des festgesetzten Kostenbeitrags fehlt und Anhaltspunkte dafür, dass die Vollziehung des Bescheides eine unbillige Härte darstellen könnte, weder vorgetragen worden noch ersichtlich sind.

10

Der Kostenbeitragsbescheid vom 25. November 2014, mit dem ein monatlicher Kostenbeitrag in Höhe von 774,-- Euro für die Betreuung der Tochter der Antragstellerin in Tagespflege festgesetzt worden ist, ist nach der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung rechtmäßig.

11

Der Senat teilt - bei summarischer Prüfung - die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit von § 5 der Satzung zur Förderung der Kindertagespflege im Kreis Schleswig-Flensburg nicht. Soweit die Antragstellerin meint, die Regelungen des Antragsgegners erfüllten nicht die Vorgaben des Bundesgesetzgebers, kann dem nicht gefolgt werden. Es fehlt in der streitgegenständlichen Satzung insbesondere nicht an einer Sozialstaffel. Das Bundesrecht schreibt in § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 SGB VIII eine solche vor. Danach können für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24 Kostenbeiträge festgesetzt werden. Soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt, sind Kostenbeiträge, die für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und von Kindertagespflege zu entrichten sind, zu staffeln. In Satz 3 des § 90 Abs. 1 SGB VIII sind beispielhaft Kriterien angeführt, die berücksichtigt werden können - aber nicht müssen - und zwar „insbesondere das Einkommen, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit“.

12

Der Landesgesetzgeber hat keine davon abweichende Regelung für Kostenbeiträge betreffend die Betreuung in Kindertagespflege getroffen, so dass es insoweit bei den bundesgesetzlichen Vorgaben verbleibt. Insbesondere ist § 25 Abs. 3 KiTaG im vorliegenden Kontext nicht einschlägig. Schon aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich, dass deren Anwendungsbereich auf Beiträge zu den Kosten von Kindertageseinrichtungen begrenzt ist. Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 KiTaG haben die Personensorgeberechtigten einen angemessenen Beitragzu den Kosten der Kindertageseinrichtungen zu entrichten. Satz 2 dieser Vorschrift konkretisiert dies. Danach sollen Teilnahmebeiträge oder Gebühren so festgesetzt werden, dass Familien mit geringerem Einkommen und Familien mit mehreren Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflegestellen eine Ermäßigung erhalten. Dass § 25 Abs. 3 KiTaG lediglich eine Sozialstaffel-Regelung für Betreuung in Kindertageseinrichtungen enthält, ergibt sich auch aus der Systematik des Gesetzes, da die Norm im Kontext der Finanzierung der Betriebskosten von Kindertageseinrichtungen (§§ 24, 25 Abs. 1 KiTaG) steht; das KiTaG differenziert zwischen Kindertageseinrichtungen einerseits (§ 1 KiTaG) und Tagespflege (§ 2 KiTaG) andererseits. Hier eine planwidrige Regelungslücke annehmen zu müssen, liegt bei summarischer Prüfung nicht zwingend auf der Hand, da es mit § 90 Abs. 1 SGB VIII eine einschlägige Vorschrift gibt. Die Satzung des Antragsgegners steht damit im Einklang. Gemäß § 5 Abs. 1 der Satzung werden für die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertagespflege nach § 90 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII Kostenbeiträge (Elternbeitrag) festgesetzt. Wie bundesrechtlich in § 90 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII vorgeschlagen, wird die tägliche Betreuungszeit als Kriterium der Staffelung berücksichtigt, indem § 5 Abs. 2 der Satzung vorsieht, dass die Höhe des festzusetzenden Kostenbeitrags grundsätzlich der nach § 4 Abs. 7 der Satzung errechneten pauschalen Monatsleistung entspricht. Nach § 4 Abs. 7 ist der tatsächlich erforderliche Förderumfang anhand des wöchentlichen Betreuungsbedarfs zu ermitteln.

13

Darüber hinaus sieht § 5 Abs. 3 der Satzung einen Geschwisterrabatt vor. Danach wird im Rahmen einer Geschwisterermäßigung für das zweite Kind das in Tagespflege betreut wird, der Kostenbeitrag um 30 % und für jedes weitere in Tagespflege betreute Kind um 60 %, unabhängig von der Höhe des Einkommens, herabgesetzt. Die Geschwisterermäßigung greift auch, wenn das erste Kind/die ersten Kinder in einer Einrichtung nach dem Kindertagesstättengesetz betreut wird/werden.

14

Da die Kriterien des § 90 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII nur beispielhaft sind, ist es unschädlich, dass der Antragsgegner keine Berücksichtigung des Einkommens bei der Festsetzung des Beitrags vorsieht.

15

Soweit § 90 Abs. 3 SGB VIII eine Erlassmöglichkeit unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung nach den Einkommensgrenzen des SGB XII vorschreibt, ist der Antragsgegner dem mit § 6 der Satzung nachgekommen. Danach kann der Kostenbeitrag auf schriftlichen Antrag ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Belastung den Eltern nicht zuzumuten ist. Die Ermäßigung des Kostenbeitrags richtet sich nach § 90 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VIII6 Abs. 1 der Satzung).

16

Einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, weil Eltern pauschal auf einen Zuschussantrag verwiesen würden, vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch eine am Einkommen ausgerichtete Sozialstaffelregelung im Rahmen des § 90 Abs. 1 SGB VIII wäre nicht denkbar ohne Auskunftspflichten das Einkommen betreffend.

17

Ferner dringt die Antragstellerin nicht mit dem Einwand durch, die in § 5 der Kindertagespflegesatzung des Antragsgegners geregelte Kostenbeteiligung der Eltern werde den Vorgaben des Schleswig-Holsteinischen Kindertagesstättengesetzes nicht gerecht, weil diese unangemessen hoch seien. Bei summarischer Prüfung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Elternbeiträge, deren Höhe grundsätzlich der pauschalen Monatsleistung an die Tagespflegeperson entspricht, unangemessen wären. Zu Recht verweist der Antragsgegner darauf, dass ihm neben der pauschalen Monatsleistung weitere Kosten entstünden, die nicht in die Ermittlung der Elternbeiträge einflössen. Dies seien die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung, die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegepersonen sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Außerdem würden die Kosten der Grundqualifizierung der Tagespflegepersonen - bis auf einen geringen Eigenanteil von 200,-- Euro pro Person - zu einem Großteil von ihm, dem Antragsgegner, finanziert. Außerdem biete er jährlich kostenfreie Fortbildungsveranstaltungen mit wechselnden Themen an und er gewähre jährlich bis zu 50,-- Euro Zuschuss pro Tagespflegepersonen für die Teilnahme an regelmäßigen Fortbildungen bei anderen Anbietern. Richtig ist zwar, dass sich die Höhe der Beiträge an denen für die Betreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen orientieren können (vgl. BT-Drs. 15/3676, 41). Eine Differenzierung ist aber mit Blick auf die unterschiedlichen Leistungsinhalte grundsätzlich zulässig (vgl. Schindler in Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 90 Rdnr. 13). Insoweit ist insbesondere die größere Flexibilität hinsichtlich der individuellen Betreuungszeiten und Bedürfnisse einzelner Kinder durch Tagespflegepersonen im Vergleich zu einer solchen in einer Kindertagesstätte anzuführen, die einen höheren Beitrag rechtfertigen könnte.

18

Mit dem Antragsgegner ist ferner davon auszugehen, dass die ungleichen Kostenbeiträge für eine Kindertagesstätte einerseits und einen Tagespflegeplatz andererseits weder gegen Vorgaben des SGB VIII noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG verstoßen. Aus § 24 Abs. 2 SGB VIII folgt lediglich, dass die beiden unterschiedlichen Betreuungsangebote den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung erfüllen. Da der Pflege in Kindertagesstätten bzw. durch institutionelle Kindertagespflege im Vergleich zur Tagespflege durch selbstständige Tagespflegepersonen, die die Antragstellerin in Anspruch nimmt, unterschiedliche Finanzierungsmodelle zugrunde liegen, widerspricht die streitgegenständliche Satzungsregelung nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz; vielmehr sind unterschiedliche Kostenbeiträge systemimmanent und weder vom Bundes- noch vom Landesgesetzgeber ausgeschlossen worden.

19

Der Umstand, dass die Kreise aufgrund der Vereinbarung zur Finanzierung des Krippenausbaus zwischen der Landesregierung Schleswig-Holstein und den kommunalen Spitzenverbänden vom 10. Dezember 2012 jährlich erhebliche Mittel erhalten, wirkt sich lediglich auf die Betriebskosten der Kindertagesstätten und der institutionellen Kindertagespflege i.S.d. § 30 Abs. 1 KiTaG aus, nicht jedoch auf die Tagespflege durch selbstständige Tagesmütter.

20

Im Rahmen der summarischen Prüfung kann der Antragstellerin nicht darin gefolgt werden, dass die Höhe des Kostenbeitrags der Kindertagespflegesatzung des Antragsgegners gebührenrechtliche Fehler enthalte und insbesondere gegen das Kostendeckungsprinzip des kommunalen Abgabenrechts verstoße. Da es sich bei der pauschalierten Kostenbeteiligung nach § 90 SGB VIII um eine besondere Form der Gegenleistung für die Inanspruchnahme jugendhilferechtlicher Angebote und damit um eine „sozialrechtliche/ öffentlich-rechtliche Abgabe eigener Art“ handelt (vgl. Schindler, a.a.O., § 90 Rdnr. 1 m.w.N.; Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe Kommentar, 4. Auflage 2011, § 90 Rn. 6), können gebührenrechtliche Grundsätze nicht ohne weiteres angewandt werden.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO.

22

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO)


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.