Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 28. Mai 2018 - 2 MB 1/18

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2018:0528.2MB1.18.00
bei uns veröffentlicht am28.05.2018

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 9. Kammer - vom 12. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.828,52 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12. Januar 2018 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin über die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen vom 30. März 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. April 2017 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO anzuordnen, soweit der Bescheid einen Straßenausbaubeitrag von mehr als 20.804,79 € festsetzt. Die zur Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

2

1. Die Beschwerdebegründung stellt die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zur Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips nach § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG nicht in Frage.

3

Zutreffend hat das Veraltungsgericht ausgeführt, dass die sachliche Beitragspflicht mit dem Abschluss der Maßnahme im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG entstanden ist, der durch die Abnahme der Bauarbeiten festgestellt wird (stRspr. des Senats seit Beschluss vom 5. Dezember 2007 – 2 MB 24/07 – juris, Rn 13 ff.; siehe auch Urteil vom 13. Februar 2008 – 2 LB 42/07 – juris, Rn 31 ff., 36). Dies war der 19. Juni 2015, an dem der achte und letzte Bauabschnitt abgenommen worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die neue Satzung in Kraft getreten, so dass es auf eine etwaige Rückwirkung nicht ankommt. Auch die Annahme, dass weder eine direkte noch analoge Anwendung von § 13 Abs. 3 SBS – gegebenenfalls aus Gründen des Vertrauensschutzes – in Betracht kommt, ist nicht zu beanstanden.

4

Der Antragsteller führt aus, dass bereits im Jahr 2007 mit den beitragspflichtigen „Maßnahmen“ begonnen worden sei. Diese hätten sich über insgesamt acht Bauabschnitte erstreckt, zu denen die Abnahme jeweils zeitnah erfolgt sei. Bei sachgerechter Betrachtung seien die „Maßnahmen“ daher bereits vor dem In-Kraft-Treten der neuen Satzung als nahezu vollständig abgeschlossen anzusehen. Das Verwaltungsgericht habe diesen Gesichtspunkt im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot der sogenannten echten Rückwirkung außer Acht gelassen und die Vorgaben aus § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG bzw. § 13 Abs. 3 SBS nicht berücksichtigt. Hiermit vermag die Beschwerde nicht durchzudringen.

5

Ein Anwendungsfall von § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG bzw. von § 13 Abs. 3 SBS liegt nicht vor. Zwar wird in § 13 Abs. 1 Satz 1 SBS bestimmt, dass die Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft tritt. Die streitgegenständliche Beitragspflicht wird jedoch nicht von der angeordneten Rückwirkung erfasst, da sie wegen der fehlenden Abnahme vor dem In-Krafttreten der (neuen) Satzung noch nicht entstanden war. Für den vom Antragsteller vertretenen Grundeigentümer wirkt die Satzung vielmehr nur für die Zukunft. Tritt eine mit Wirkung für die Zukunft erlassene Beitragssatzung zu einer Zeit in Kraft, in der die Arbeiten für die Herstellung einer öffentlichen Einrichtung bereits in vollem Gange sind, fällt aber der Abschluss der Maßnahme in den Zeitraum nach In-Kraft-Treten der neuen Satzung, so richten sich die Beitragspflichten allein nach der neuen Satzung, weil der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt der Geltung der alten Satzung noch nicht entstanden war (vgl. Arndt, in: Habermann/ Arndt, KAG, § 2 Rn. 96; Thiem/ Böttcher, KAG, § 8 Rn 215).

6

Folgerichtig hat das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit von § 13 Abs. 3 SBS verneint. Voraussetzung für die Beschränkung der Beitragshöhe nach dieser Regelung ist, dass sachliche Beitragspflichten nach der bisher gültigen Satzung entstanden waren. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 13 Abs. 3 SBS wurden vom Antragsteller nicht dargelegt. Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass insoweit eine planwidrige Regelungslücke vorliegt.

7

Die Anwendbarkeit älterer Satzungsregelungen ergibt sich auch nicht aus dem vom Antragsteller vorgetragenen Umstand, dass andere Bauabschnitte der Gesamtmaßnahme bereits vor Jahren fertiggestellt und abgenommen worden seien. Die Herstellung, der Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung einer einzelnen Einrichtung ist der Regelfall. Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d.h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen, dem Bauprogramm. Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d.h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (OVG Schleswig, Urteil vom 17. August 2005 – 2 LB 38/04 – juris, Rn. 32). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass abweichend von diesem Regelfall eine Beitragspflicht für einzelne der acht Bauabschnitte entstanden ist. Hierfür wäre das Bestehen einer sogenannten Abschnittsbildung erforderlich (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urteil vom 24. März 2010 – 2 LB 23/09 – juris, Rn. 41 ff.). Die Abschnittsbildung ist ein verwaltungsinterner Ermessensakt. Hierbei handelt es sich – als Vorfinanzierungsinstrument – um eine Möglichkeit der Gemeinde zur gesonderten Abrechnung von Ausbauabschnitten, die eine öffentliche Einrichtung betreffen und deren Ausbau über einen längeren Zeitraum erfolgt (vgl. hierzu etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2015 – 9 ME 1/15 -, juris Rn. 8; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 7. März 2017 - 9 C 20.15 -, juris Rn. 35 zum Erschließungsbeitragsrecht). Sie ist ein Instrument, die Entstehung endgültiger Beitragspflichten vorzuziehen, jedoch kein Instrument, um auf die Höhe der Beiträge Einfluss zu nehmen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 17. August 2005, a.a.O.; Habermann, in: Habermann/ Arndt, KAG, § 8 Rn. 355). Da eine Abschnittsbildung wegen der Veränderung des Abrechnungsgebietes zwangsläufig auch eine Veränderung der Beitragsbelastungen der Anlieger zur Folge hat, unterliegt sie rechtlichen Bindungen, insbesondere dem Willkürverbot (vgl. Habermann in: Habermann/ Arndt, § 8 KAG Rn. 355 ff. m.w.N.; Thiem/ Böttcher, KAG, § 8 Rn 277 ff. m.w.N.).

8

Eine Abschnittsbildung im dargestellten Sinn wurde nach den dem Senat zur Verfügung stehenden Unterlagen für die streitgegenständliche Ausbaumaßnahme nicht vorgenommen. Dies entspricht auch dem Vortrag der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 27. Februar 2018. Die Beschwerdebegründung verhält sich hierzu nicht. Unabhängig von der Frage, ob grundsätzlich überhaupt eine Pflicht der Gemeinde zur Vornahme einer Abschnittsbildung bestehen kann, wurde mit der Beschwerde jedenfalls nicht dargelegt, dass im Hinblick auf die Gewährung der Beitragsgerechtigkeit im konkreten Fall eine solche Pflicht der Antragsgegnerin bestanden hätte.

9

Soweit der Antragsteller das zeitliche Zusammentreffen der Abnahme des letzten Bauabschnitts und des In-Kraft-Tretens der streitbefangenen Beitragssatzung rügt, hat dieser Umstand für sich genommen keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des festgesetzten Beitragsanspruchs. Das Entstehen der Beitragspflicht richtet sich allein nach den dargestellten objektiven Gesichtspunkten. Eine etwaige, von der Antragsgegnerin zu verantwortende, Verzögerung der Abnahme mit der Folge der Nichtanwendbarkeit einer älteren Satzungsregelung hat weder auf den Beitragsanspruch als solchen noch auf dessen Höhe Einfluss.

10

2. Die Beschwerde vermag auch mit ihren Einwendungen gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zur Einstufung des streitbefangenen Gutenbergrings als Anliegerstraße nicht durchzudringen.

11

Das Verwaltungsgericht ordnet die streitbefangene Gutenbergstraße nach einer summarischen Prüfung der Kategorie Anliegerstraße im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 SBS zu. Danach sind Anliegerstraßen Straßen, Wege und Plätze, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, während Haupterschließungsstraßen nach der benannten Satzungsregelung (Satz 2) überwiegend dem innerörtlichen Verkehr oder überwiegend der Verbindung von Ortsteilen und anderen Verkehrswegen dienen.

12

Die Bewertung des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Einstufung einer bestimmten Straße zu einem Straßentyp auf der Grundlage der Satzung unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (OVG Schleswig, Urteil vom 23. Juli 2008 – 2 LB 54/07 – juris, Rn 31 und Beschluss vom 14. November 2008 – 2 MB 21/08 – juris, Rn. 6). Zutreffend weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass es entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschlussabdruck auf S. 8 nicht „ausschließlich auf die Funktion der Straße im Gesamtverkehrskonzept der Gemeinde ankommt“, sondern sich durch die tatsächlichen Verhältnisse eine von der ursprünglichen Zweckbestimmung abweichende Verkehrsbedeutung ergeben kann. Indes wird mit der Beschwerde nicht dargelegt, dass dem Gutenbergring aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse eine andere Verkehrsfunktion als die einer Anliegerstraße zukommt.

13

Die Zuordnung zu einer in der Ortssatzung der Gemeinde vorgesehenen Straßenkategorie hat sich an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden, Merkmalen auszurichten. Dabei ist von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die (tatsächliche) Verkehrsbelastung ihre Ausprägung gefunden hat (stRspr. des Senats, vgl. Urteil vom 23. Juli 2008 – 2 LB 54/07 – juris, Rn. 33; Beschluss vom 14. November 2008 – 2 MB 21/08 – juris, Rn. 7, so auch Urteil des 4. Senats vom 10. August 2012 – 4 LB 3/12 – juris, Rn. 59). Lage, Ausgestaltung und Verkehrsbelastung sind allerdings nur Indizien. Sie können zur Verkehrsfunktion und damit zur letztlich ausschlagegebenden tatsächlichen Verkehrsbedeutung der Straße in Widerspruch stehen. Die absolute Verkehrsbelastung, d.h. das Gesamtverkehrsaufkommen in einer Straße, gibt für sich genommen jedoch kaum Aufschluss darüber, welcher Straßenkategorie sie zuzuordnen ist. Auch starker Anliefer- und Besucherverkehr zu den anliegenden Grundstücken ist Anliegerverkehr und nimmt der Straße nicht ihren Charakter als Anliegerstraße. Eine rein mathematisch vergleichende Betrachtungsweise bei der Einstufung in die vorgesehenen Straßenkategorien ist zu eng. Dies gilt schon deshalb, weil sich der Verkehr häufig eine Bahn sucht, die auch von zufälligen, nicht mit der Zweckbestimmung und dem Straßenbau zusammenhängenden Gründen abhängig ist (vgl. hierzu Habermann, in: Habermann/ Arndt, KAG, Rn. 334 m.w.N.; Thiem/ Böttcher, KAG, § 8 Rn. 496 m.w.N; OVG Schleswig, Beschluss vom 14. November 2008 – 2 MB 21/08 – juris, Rn. 7 f. m.w.N.).

14

Anliegerstraßen sind Straßen, die im Wesentlichen der Erschließung der anliegenden Grundstücke dienen. Wegen der vor allem funktionsbezogenen Betrachtung der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde ist aber nicht ausschließlich und (allein) entscheidend darauf abzustellen, wie viele Anlieger an der ausgebauten Straße wohnen oder wie viele Unternehmen dort ansässig sind, welcher Verkehr von diesen Grundstücken ausgeht und welchen Anteil dieser Verkehr am Gesamtverkehrsaufkommen ausmacht. Jede Straße im Gemeindegebiet, von Sackgassen abgesehen, besitzt neben der reinen Erschließungsfunktion für die anliegenden Grundstücke eine mehr oder weniger bedeutsame Verbindungsfunktion für andere Straßen und Baugebiete (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 26. September 2007 – 2 LB 20/07 – juris, Rn. 28; Habermann, in: Habermann/ Arndt, KAG, § 8 Rn. 335 m.w.N.; Thiem/ Böttcher, KAG, § 8 Rn 494 m.w.N.).

15

Ist nach der Ortssatzung – wie hier – zwischen Anlieger-, Haupterschließungs- und Hauptverkehrsstraßen zu unterscheiden, hat dies auch Auswirkungen auf die Bestimmung der jeweiligen Straßenkategorie. Haupterschließungsstraßen sind Straßen mit beachtlichem innerörtlichen Verkehr. Sie dienen neben der Erschließung angrenzender Grundstücke überwiegend der Aufnahme des Verkehrs angebundener reiner Erschließungsstraßen und führen ihn Hauptverkehrsstraßen zu. Sie haben Erschließungs- und Sammelfunktion innerhalb von Baugebieten und im Zusammenhang bebauter Ortsteile. Nicht jede Erschließungsstraße, die auch Verkehr aus angebundenen Straßen aufnimmt, ist deshalb eine Haupterschließungsstraße. Voraussetzung für die Einstufung einer Straße als Haupterschließungsstraße ist, dass die Sammlungsfunktion gegenüber der reinen Erschließungsfunktion im Vordergrund steht (vgl. Habermann, in: Habermann/ Arndt, KAG, § 8 Rn 338; Thiem/ Böttcher, KAG, § 8 Rn 495, 499).

16

Nach diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung im Ergebnis nachvollziehbar dargestellt, dass der Gutenbergring überwiegend dem Anliegerverkehr für das Gewerbegebiet entlang des Gutenbergrings dient. Die mit der Beschwerdebegründung vorgetragenen Einwendungen stellen die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht in Frage.

17

Die Beschwerde meint, eine abweichende Verkehrsbedeutung ergebe sich aus der weiten Ausdehnung des Gewerbegebiets an der Niendorfer Straße in westlicher und südlicher Richtung, weshalb dem Gutenbergring in Bezug auf das benachbarte Gewerbegebiet an der Niendorfer Straße gerade diejenige Sammelfunktion zukomme, welche die reine Erschließungsfunktion des Gutenbergrings nachrangig werden lasse. Im in Bezug genommenen Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 26. Juli 2017 (gemeint ist 31. August 2017; Bl. 88 d.A.) führt der Antragsteller insoweit aus, dass der Ziel- und Quellverkehr zur und von der Niendorfer Straße größtenteils über den Gutenbergring verlaufe. Das betreffe neben den innerörtlichen Verkehren insbesondere die örtlichen und überörtlichen Verbindungen nach Norden, vor allem zurLangenhorner Chaussee, aber auch zur Ohechaussee.

18

Unabhängig davon, dass sich dem Senat nicht erschließt, was der Antragsteller in diesem Kontext mit innerörtlichen Verkehren konkret meint, hat sich das Verwaltungsgericht mit dem vorgetragenen (Kern-)Argument – der Gutenbergring werde als Verbindung/ Abkürzung zwischen der Niendorfer Straße und der Ohechaussee bzw. zur Straße In de Tarpen genutzt – nachvollziehbar auseinandergesetzt. Es hat im Einzelnen dargestellt, dass nicht ersichtlich sei, welche Ortsteile der Gutenbergring seiner Funktion nach verbinden soll oder aufgrund welcher sonstigen Umstände eine Verkehrsbedeutung bestehen soll, die die Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke stark zurücktreten ließe. Insbesondere aufgrund der vom Verwaltungsgericht angeführten tatsächlichen Umstände – Lage und Verlauf des Gutenbergrings sowie straßenverkehrsrechtliche Anordnungen zur Vorfahrt und Fahrbahngestaltung der Straße Am Redder – kommt dem Gutenbergring nicht die Bedeutung einer Haupterschließungsstraße im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 2 SBB zu. Diese Annahme wird auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass der Gutenbergring von Verkehrsteilnehmern als „Abkürzung“ zwischen der Niendorfer Straße und der Straße In de Tarpen genutzt werden dürfte. Auch wenn eine Straße von zahlreichen Verkehrsteilnehmern als Abkürzungs- und Verbindungsweg genutzt werden sollte, ist anhand der weiteren Einzelfallumstände zu bewerten, ob dies die Einstufung als Haupterschließungsstraße rechtfertigt (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 14. November 2011 – 2 MB 21/08 – juris, Rn. 8).

19

Der Antragsteller vertritt zudem die Auffassung, das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag außer Acht gelassen, wonach die betroffenen Anlieger am Gutenbergring ihre Zufahrten in den Hauptverkehrszeiten größtenteils nicht nutzen könnten, weil das Verkehrsaufkommen durch den Ziel- und Quellverkehr zur und von der Niendorfer Straße sowie durch den überörtlichen Verkehr in und aus nördlicher Richtung geprägt sei. Unabhängig von der fehlenden Nachprüfbarkeit der Angaben des Antragstellers berücksichtigt der Vortrag in dieser Pauschalität nicht den Umstand, dass die absolute Verkehrsbelastung einer Straße nach den dargestellten Grundsätzen für die Zuordnung zu einer Straßenkategorie – wenn überhaupt – nur indizielle Bedeutung hat. Des Weiteren entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass in den Hauptverkehrszeiten – der Antragsteller dürfte vor allem die vom Berufsverkehr geprägten Zeiträume von 7-9 Uhr und von 15-18 Uhr meinen – in vielen Bereichen einer Gemeinde das Verkehrsaufkommen steigt. Dies gilt im Besonderen auch für das großflächige Gewerbegebiet entlang des Gutenbergrings. Schließlich wird dort insbesondere erheblicher Individualverkehr von den im Gewerbegebiet Beschäftigten ausgelöst. Das vom Antragsteller hervorgehobene hohe Verkehrsaufkommen steht der Einstufung des Gutenbergrings als Anliegerstraße als solches jedenfalls nicht entgegen. Im Übrigen weist die Antragsgegnerin nachvollziehbar darauf hin, dass der Gutenbergring über zwei Anbindungen an die Niendorfer Straße verfügt und sich für alle an ihm belegenen Grundstücke das insoweit problematische „Linksabbiegen“ durch eine entsprechende Planung bei der Anfahrt vermeiden ließe. Ferner sind die Einmündungen des Gutenbergrings zur Niendorfer Straße durch Lichtsignalanlagen geregelt sind, so dass auch immer wieder „verkehrsfreie“ Phasen im Gutenbergring entstehen, die vor allem die Verkehrsteilnehmer betreffen dürften, die den Gutenbergring nur als Abkürzung nutzen wollen.

20

Weiterhin trägt der Antragsteller vor, dass der Ausbau der Fahrbahnbreite des Gutenbergrings auf inzwischen 10 Meter es ermögliche und hierfür grundlegend sei, dass dort überwiegend Verkehr stattfinde, der nichts mit der ursprünglichen Zweckbestimmung des Ausbaus zu tun habe. Dieses Vorbringen stellt die Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts ebenfalls nicht in Frage. Im Hinblick auf die bereits erörterte maßgebliche Funktion des Gutenbergrings im Gesamtverkehrskonzept der Antragsgegnerin, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die (tatsächliche) Verkehrsbelastung ihre Ausprägung gefunden hat, kommt der tatsächlichen Ausgestaltung des Gutenbergrings in Anbetracht der benannten Umstände jedoch keine bzw. nur eine marginale Bedeutung zu. Dahinstehen kann, ob sich aus der Art der Ausgestaltung der Straße Rückschlüsse auf ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Straßentyp ziehen lassen (vgl. Habermann, in: Habermann/ Arndt, KAG, § 8 Rn. 333: nur bedingt; vgl. hingegen Thiem/ Böttcher, KAG, § 8 Rn 490b, wonach die Fahrbahnbreite eine besondere Bedeutung für die Kategorisierung einer Straße als Anlieger- bzw. Innerortsstraße habe). Das Verwaltungsgericht führt unter Bezugnahme auf den Vortrag der Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise aus, dass die Straßenbreite des Gutenbergrings vor allem im Hinblick auf die Interessen der gewerblichen Anlieger, u.a. Verkehr mit Lastwagen und langen Gespannen sowie Schwerlastverkehr, bestimmt wurde. Im Beschwerdeverfahren ergänzt die Antragsgegnerin ihren Vortrag dahingehend, dass die Fahrbahn im gesamten Gutenbergring durch den Ausbau in den Jahren 2007 bis 2015 nicht verbreitert worden sei. Die Straße bestehe seit ihrer erstmaligen Herstellung in den 1960er Jahren in der heute noch aktuellen Dimensionierung. Wenn sich die tatsächliche Fahrbahnbreite des Gutenbergrings demzufolge seit jeher nicht verändert hat, beschränkt sich der Vortrag des Antragstellers argumentativ auf die schlichte Zunahme des Verkehrs im Gutenbergring, die durch die Fahrbahnbreite begünstigt werde.

21

Hinzu kommt, dass die Ausführungen des Antragstellers nicht geeignet sind, eine Einstufung des Gutenbergrings als Haupterschließungsstraße zu begründen. Das Beschwerdevorbringen berücksichtigt die insoweit zu beachtenden Maßstäbe nicht hinreichend. Voraussetzung für die Einstufung einer Straße als Haupterschließungsstraße ist vor allem, dass die Sammlungsfunktion gegenüber der reinen Erschließungsfunktion im Vordergrund steht. Für den Senat ist unter Berücksichtigung der maßgeblichen tatsächlichen Umstände nicht erkennbar, dass beim Gutenbergring eine solche Sammlungsfunktion gegenüber der Erschließung der angrenzenden Gewerbegrundstücke im Vordergrund steht. Vor allem ist zu berücksichtigen, dass sich – wie bereits von den Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht angesprochen – entlang des Gutenbergrings eine Vielzahl von Gewerbetrieben angesiedelt haben, die einen entsprechenden Ziel- und Quellverkehr auslösen. Die Aussage der Antragsgegnerin, dass am Gutenbergring ausschließlich gewerbliche genutzte Grundstücke belegen seien, die einen erhöhten Zielverkehr auslösten, wurde vom Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Ergänzend ist zu beachten, dass es angesichts der Qualität und Quantität der im Gutenbergring belegenen Gewerbebetriebe schlüssig ist, dass ein Großteil des Verkehrsaufkommens von diesen ausgelöst werden dürfte. Für den Senat ist etwa nach weitergehender Betrachtung der auch vom Antragsteller genutzten Übersichtsaufnahmen bei „google maps“ (Bl. 92 d.A.) erkennbar, dass sich im Gutenbergring diverse Unternehmen befinden, die nicht nur Individualverkehr von den dort Beschäftigten, sondern in erheblichem Umfang auch Zielverkehr von Kunden auslösen. Hierzu gehören beispielweise diverse Logistikunternehmen bzw. Speditionen, ein Großhandelsunternehmen (Gutenbergring Nr. 2), eine Tankstelle (Nr. 49), Parkplätze mit Shuttle-Service zum Hamburger Flughafen (Nr. 11 und Nr. 49) und eine Autovermietung (Nr. 43).

22

Demgegenüber ist nicht ersichtlich bzw. dargelegt worden, von welchen angebundenen reinen Erschließungsstraßen der Gutenbergring den Verkehr aufnehmen soll. Sammlungsfunktion kommt im betroffenen örtlichen Bereich vielmehr der Niendorfer Straße bzw. der Straße In de Tarpen zu. Insoweit führt die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Funktion des Gutenbergrings nachvollziehbar aus, dass eine Verbindung zwischen der Niendorfer Straße und der Langenhorner Chaussee über diesen zwar grundsätzlich möglich sei, die Verkehre in Ost-West Richtung jedoch über die Ohechaussee abgewickelt werden sollen (vgl. Schriftsatz vom 15. August 2017, Bl. 80 d.A.).

23

Der Vortrag des Antragstellers zu den sich an der Einmündung zur Niendorfer Straße und zur Straße Am Redder belegenen Wegweisungszeichen, mit denen auf die DEKRA-Akademie hingewiesen wird und deren Auswirkungen bei der Bewertung der Verkehrsfunktion des Gutenbergrings ist im Beschwerdeverfahren unbeachtlich. Diese Beschwerdegründe wurden mit Schriftsätzen vom 25. April und 9. Mai 2018 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geltend gemacht. Nach Fristablauf erstmals erhobene Beschwerdegründe bleiben jedoch unberücksichtigt (vgl. Mayer-Ladewig/ Rudisile, in: Schoch/ Schneider/ Bier, VwGO, § 146 Rn 13a m.w.N.). Es handelt sich insoweit auch nicht um Gründe, die sich erst nach Ergehen des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ergeben haben und deswegen zum Gegenstand der Beschwerde gemacht werden können (vgl. hierzu OVG Schleswig, Beschluss vom 18. Dezember 2015 – 1 MB 27/15 – juris, Rn. 19 m.w.N.). Die Relevanz des Hinweisschildes an der Niendorfer Straße wurde bereits vom Verwaltungsgericht erörtert. Hierzu verhalten sich die innerhalb der Begründungsfrist des Antragstellers erhobenen Einwendungen hingegen nicht. Der Antragsteller hat darüber hinaus nicht dargelegt, dass das Hinweisschild an der Einmündung zur Straße Am Redder erst nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts angeordnet bzw. aufgestellt wurde. Die Antragsgegnerin hat vielmehr unwidersprochen dargelegt, dass die verkehrsrechtliche Anordnung zum Aufstellen des Hinweisschildes vom 27. Dezember 2015 datiert.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, wobei der Senat in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei auf Geldleistungen gerichtetem Verwaltungsakt den anzunehmenden Streitwert für das Hauptsacheverfahren viertelt (vgl. Ziffer 1.5 und 3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit), hier also 1/4 von 11.314,06 €.

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 9. Kammer - vom 19. März 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Eckgrundstücks ... im Gebiet der Beklagten. Die Beklagte führte in der ... im Bereich ... bis ... im Jahre 1996/97 Straßenbaumaßnahmen durch. Die Schlussrechnungen der beauftragten Firmen gingen Ende 1997/Anfang 1998 bei der Beklagten ein.

3

Mit Bescheid vom 09. Januar 2001 zog die Beklagte den Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 30.977,67 DM heran. Den Widerspruch des Klägers vom 11. Januar 2001, mit dem er die Geschossflächenermittlung beanstandete, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2001 - eingegangen beim Kläger am 21. Februar 2001 - zurück.

4

Der Kläger hat am 19. März 2001 Klage erhoben, die er im Wesentlichen damit begründete, dass die Beklagte zu Unrecht den von ihr festgestellten beitragsfähigen Aufwand lediglich auf die Grundstücke verteilt habe, die entlang der ausgebauten Teilstrecke belegen seien. Der Beitragspflicht unterlägen alle Grundstücke im Wirkungsbereich der Maßnahme. Dies seien regelmäßig alle Grundstücke, von denen aus die öffentliche Einrichtung genutzt werden könne. Die Beklagte habe nicht wirksam einen Abrechnungsabschnitt gebildet. Der Beschluss des Bauausschusses vom 07. Dezember 2000 sei erst nach Entstehung der sachlichen Beitragspflichten ergangen. Des weiteren hat der Kläger gerügt, dass die Beklagte die Arbeiten an der Beleuchtungseinrichtung nicht ausgeschrieben habe. Die beauftragten Stadtwerke ... kalkulierten mit deutlich übersetzten Personalkosten. Unklar seien Rechnungspositionen in der Schlussrechnung der Firma ... im Hinblick auf die eingebauten Tragschichten.

5

Nachdem die Beklagte den streitbefangenen Straßenausbaubeitragsbescheid vom 09. Januar 2001 in Höhe eines Betrages von 1.146,37 DM aufgehoben hatte, hat der Kläger beantragt,

6

den Ausbaubeitragsbescheid vom 09. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 und des Schriftsatzes der Beklagten vom 26. April 2001 aufzuheben.

7

Die Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Sie hat ausgeführt: Wenn die Vorteilswirkungen einer Straßenbaumaßnahme ersichtlich auf einen durch äußere Merkmale gekennzeichneten Abschnitt (wie hier durch die querkreuzenden ... und ...) begrenzt seien, könnten auch nur die Grundstückseigentümer zu Beiträgen herangezogen werden, deren Grundstücke innerhalb des Abschnittes lägen. Dementsprechend sei auch das Abrechnungsgebiet gemäß der Beschlussfassung des Bauausschusses vom 07. Dezember 2000 gebildet worden. Ein Abschnittsbildungsbeschluss sei nicht gefasst worden. Im Übrigen ergebe sich aus der Vorgeschichte des Ausbaus, dass von Anfang an der Gesamtausbau der ... beabsichtigt gewesen sei. Weitere Bauabschnitte seien zunächst lediglich auf Grund fehlender Haushaltsmittel zurückgestellt worden. Der entsprechende Ausbau der übrigen Teilstrecken der ... sei aber weiterhin vorgesehen und nicht aufgegeben.

10

Einer Ausschreibung der Arbeiten an der Beleuchtungseinrichtung habe es nicht bedurft, weil sie, die Beklagte, bereits 1967 durch Vertrag den Bau und Betrieb der Straßenbeleuchtungsanlage, einschließlich Stromlieferung und Instandhaltung, den Stadtwerken ... übertragen habe. Abweichungen in der Schlussrechnung im Hinblick auf eingebaute Tragschichten seien darauf zurückzuführen, dass das unter Position 0.3.7 aufgeführte Betonrecyclingmaterial zur Herstellung der Fahrbahn und der Parkbuchten benötigt worden sei, während mit dem unter den Positionen 0.3.12 und 0.4.3 aufgeführten Asphaltbeton lediglich die Fahrbahn hergestellt worden sei.

11

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 28. April 2003 teilweise stattgegeben und den noch streitbefangenen Bescheid aufgehoben, soweit darin ein über den Betrag in Höhe von 12.348,10 DM (= 6.331,89 Euro) hinausgehender Betrag festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG sei die... in ihrer Ausdehnung zwischen der ... und dem .... Der gleichnamige Straßenzug zwischen ... Weg und ... stelle sich als ein eigenständiges Element des Straßennetzes der Beklagten dar. Der zeitlich erst weit nach der bereits 1997 abgeschlossenen und auf Grund der eingegangenen Schlussrechnungen abrechenbaren Ausbaumaßnahme und damit nach dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ergangene Abschnittsbildungsbeschluss vom 07. Dezember 2000 entfalte keine rechtlich verbindliche Wirkung. Im Falle eines unwirksamen Abschnittsbildungsbeschlusses seien regelmäßig alle Grundstücke bevorteilt, die zu der ausgebauten Einrichtung in ihrer gesamten Ausdehnung in einer räumlichen Beziehung stünden. In die Aufwandsverteilung seien daher auch die zwischen ... und dem ... belegenen Grundstücke einzubeziehen.

12

Die Beklagte könne nicht mit Erfolg geltend machen, der Beschluss vom 07. Dezember 2000 sei noch rechtzeitig vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gefasst worden bzw. erst mit der Abschnittsbildung am 07. Dezember 2000 seien die sachlichen Beitragspflichten bezogen auf das Ausbaugebiet der ... zwischen der W.- und der ... entstanden, weil bereits vor Abschluss der dortigen Bauarbeiten ihr Bauprogramm den Ausbau der ... auf voller Länge und zwar zwischen dem ... und dem ... Weg umfasst gehabt habe, der tatsächlich bis Ende 1997 vorgenommene Ausbau daher lediglich ein erster Bauabschnitt sei. Ausweislich der zur Gerichtsakte gereichten bzw. in den Verwaltungsakten befindlichen Unterlagen sei das Bauprogramm auf den Ausbau der ... im Bereich zwischen der W.- und ... begrenzt gewesen. Nur insoweit habe ein als verbindlich anzuerkennendes Bauprogramm der Beklagten vorgelegen. Weder der auf dem farbigen Ausbauplan befindliche Vermerk eines Mitarbeiters der Beklagten, mit dem auf einen entsprechenden Umbau der ... zwischen ... und ... Weg sowie ... und ... hingewiesen wurde, noch die Angaben im städtebaulichen Handlungskonzept Innenstadt ... vom August 1996 zur ..., der Verkehrsentwicklungsplanung .../Generalverkehrsplan `88, die Alternativdarstellungen zur Verkehrsberuhigung ..., noch die Angaben aus dem Protokoll der Sitzung des Ortsbeirats Mitte am 26. Mai 1998 zum Ausbau der ... könnten als Beleg für eine (rechtzeitige) räumliche Erweiterung oder Abänderung des hier maßgeblichen Bauprogramms herangezogen werden.

13

Der Ausbauaufwand sei ordnungsgemäß ermittelt worden. Eine Ausschreibungspflicht im Hinblick auf die Straßenbeleuchtungsanlage habe nicht bestanden. Die Stadtwerke ... sei zur Zeit des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht eine hundertprozentige Tochter der Beklagten gewesen. Die Auftragsvergabe an die Stadtwerke ... stelle sich daher als ein nicht ausschreibungspflichtiges „in-house-Geschäft“ dar. Unabhängig davon sei mit dem abgeschlossenen Betriebsführungsvertrag ein besonderer Umstand im Sinne des § 29 Gemeindehaushaltsverordnung gegeben, der ausnahmsweise eine öffentliche Ausschreibung entbehrlich mache. Die vom Kläger beanstandeten Rechnungspositionen in der Schlussrechnung der Firma ... habe die Beklagte erläutert. Danach bestehe zu einer Beanstandung kein Anlass.

14

Das Urteil wurde der Beklagten am 16. Juni 2003 zugestellt. Die Beklagte hat am 04. Juli 2003 die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag am 13. August 2003 begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 13. April 2004 zugelassen.

15

Mit der am 10. Mai 2004 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend: Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, nur die in der Sitzung des Ortsbeirates ...-Mitte am 28. Mai 1996 vorgelegte zeichnerische Darstellung des Ausbaus der ... zwischen der ... und der ... sei als verbindliches Bauprogramm anzuerkennen, sei unrichtig. Das Verwaltungsgericht verneine zu Unrecht eine verbindliche Ausbauplanung der Beklagten für die ... auf ganzer Länge. Das Fehlen eines schriftlich oder zeichnerisch fixierten „konkreten Ausbauprogramms“ bedeute nicht, dass gar kein verbindliches Bauprogramm vorhanden gewesen sei. Die Bauprogramme könnten formlos erstellt werden. Die Beklagte habe dargelegt und nachgewiesen, dass ihre Planungsentscheidung verbindlich den Ausbau der ... auf voller Länge erfasse. Der Ausbau der ... habe mangels finanzieller Mittel lediglich nicht in einem Zuge verwirklicht werden können. Es seien mehrere Bauabschnitte erforderlich gewesen. Obwohl der erste Bauabschnitt, der hier streitbefangene Ausbau der ... zwischen der ... und der ..., 1997 erfolgt sei und der Ausbau der ... zwischen ... und ... bzw. zwischen der ... und dem ... Weg erst 2002 nach Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel habe begonnen werden können, sei die Planung der Beklagten, die ... auf ganzer Länge auszubauen, zu keinem Zeitpunkt aufgegeben worden. Mit der Verwirklichung des ersten Bauabschnittes zwischen der ... und der ... sei die Baumaßnahme mithin nicht abgeschlossen gewesen, so dass auch die (sachliche) Beitragspflicht weder 1997 noch 1998 habe entstehen können. Dann habe in der Sitzung des Bauausschusses vom 07. Dezember 2000 auch rechtswirksam ein Abschnittsbildungsbeschluss mit der Folge gefasst werden können, dass als Abrechnungsgebiet nur die in dem Abschnitt der ... zwischen ... und ... gelegenen Grundstücke festzusetzen gewesen seien.

16

Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

20

Er macht geltend: Der Bauausschuss habe am 07. Dezember 2000 keinen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst, sondern das Abrechnungsgebiet festgelegt. Im Übrigen verteidigt er das erstinstanzliche Urteil.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zugelassene Berufung ist nicht begründet.

23

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die streitgegenständlichen Bescheide teilweise rechtswidrig und daher aufzuheben sind, weil nur die im Straßenabschnitt der ... zwischen ... und ... gelegenen Grundstücke in die Aufwandsverteilung einbezogen wurden.

24

Rechtsgrundlage der Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag ist § 8 KAG in der Fassung des Gesetzes zur Regelung abgabenrechtlicher Vorschriften vom 01. April 1996 (GVOBl. S. 33 - a.F.) in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung (ABS) der Beklagten vom 23. März 1994 in der Fassung der rückwirkend in Kraft getretenen 2. Nachtragssatzung vom 09. Dezember 1999. Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes u.a. für den Aus- und Umbau öffentlicher Straßen Straßenausbaubeiträge. Die im Jahre 1997 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen in der ... zwischen ... und ... sind beitragsfähiger Aufwand im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG und des § 1 ABS. Dies wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt, so dass es insoweit weiterer Erörterungen nicht bedarf.

25

Nach § 8 Abs. 1 KAG können u.a. für den Aus- und Umbau von öffentlichen Einrichtungen Beiträge erhoben werden. Der ebenfalls ortskundige Senat ist im Gegensatz zum Verwaltungsgerichts der Auffassung, dass Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG die... in ihrem gesamten Verlauf zwischen ... Weg und ... ist.

26

Das Verwaltungsgericht begründet seine Auffassung im Wesentlichen damit, dass bei natürlicher Betrachtung eine fortlaufende Straßenführung weder vom ... noch vom ... Weg aus auszumachen sei. Es überträgt damit Kriterien, die im Erschließungsbeitragsrecht der Abgrenzung selbständiger Stichstraßen von unselbständigen Zufahrten dienen (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 12 Rdnr. 14), auf den Begriff der Einrichtung im Straßenausbaubeitragsrecht. Dem ist bereits vom Ansatz her nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 09.11.1984 - 8 C 77.83 -, BVerwGE 70, 247) vermittelt ein nicht verzweigter Stichweg (nach Driehaus, a.a.O., im Sinne von nicht abknickend) von geringer Ausdehnung (unter 100 m) den Eindruck einer Zufahrt und bildet daher mit der „Hauptstraße“, in die er einmündet, eine Erschließungsanlage. Der Umstand, dass eine Stichstraße (regelmäßig) von der Hauptstraße „abzweigt“ ist mithin kein Grund, diese als selbständige Anlage anzusehen. Abgestellt wird vielmehr auf die Verzweigung der Stichstraße oder ihren abknickenden Verlauf, was ihre Selbständigkeit im Hinblick auf die Hauptstraße indiziert. Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, ob die Stichstraße als solche wegen ihres nicht gradlinigen Verlaufs sich als eine Anlage darstellt. Auch im Erschließungsbeitragsrecht besteht kein Zweifel, dass allein die „Abknickung“ oder der bogenförmige Verlauf einer Straße noch nicht zur Folge hat, dass der einheitliche Straßenzug sich rechtlich in mehrere Anlagen gliedert. Insoweit gilt Entsprechendes für das Straßenausbaubeitragsrecht.

27

Die ... knickt im Kreuzungsbereich mit der ... lediglich leicht ab. Dem Verkehrsteilnehmer drängt sich bei Überqueren des Kreuzungsbereichs nicht der Eindruck auf, sich in einer anderen Straße zu befinden. Die angrenzende Bebauung der Straßenabschnitte weist keine derartigen Unterschiede auf, die diesen Eindruck in Verbindung mit dem bogenförmigen Verlauf der Straße vermitteln könnte.

28

Wird eine Straße ausgebaut, ist der Ausbauaufwand gemäß § 8 Abs. 1 KAG auf alle Grundstücke umzulegen, deren Eigentümer oder dinglich Berechtigten durch die Maßnahme besondere Vorteile erwachsen. Auch bei einem Teilstreckenausbau sind dies regelmäßig - von Ausnahmefällen abgesehen - alle Grundstücke, die zu der Einrichtung in einer räumlich engen Beziehung stehen, d.h. die an die Einrichtung angrenzenden Grundstücke und Hinterliegergrundstücke (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Urt. des Senats v. 13.05.2004 - 2 LB 78/03 -), es sei denn, die Gemeinde hat einen wirksamen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst.

29

Eine Abweichung von dem Grundsatz der Verteilung des Gesamtaufwandes einer Maßnahme auf sämtliche an die Einrichtung angrenzenden Grundstücke könnte ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn ein Straßenzug von außergewöhnlicher Länge, der zwar noch als einheitliche Einrichtung anzusehen ist, aber durch Kreuzungsbereiche und einmündende Straßen in mehrere Abschnitte mit einer gewissen selbständigen Verkehrsfunktion deutlich unterteilt ist, nur auf einer unbedeutenden Teilstrecke ausgebaut wird und sich die Vorteilswirkung dieser Maßnahme ersichtlich nur auf einen durch äußere Merkmale gekennzeichneten Abschnitt beschränkt (vgl. Urt. des Senats v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -).

30

Die Einrichtung ... hat nur eine Länge von wenigen hundert Metern. Der 1996/97 durchgeführte Ausbau erfasst ca. ein Drittel der Einrichtung. Es handelt sich mithin nicht um einen unbedeutenden Teilstreckenausbau, dessen Vorteilswirkung ersichtlich auf die ausgebaute Teilstrecke begrenzt ist.

31

Die Beklagte hat auch keinen wirksamen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst.

32

Eine Abschnittsbildung kommt jedenfalls nach der hier maßgeblichen Rechtslage (vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des KAG vom 30. November 2003) nur in Betracht, wenn das Bauprogramm der Gemeinde einen Ausbau über den Abschnitt hinaus vorsieht (Urt. des Senats v. 18.01.1995 - 2 L 113/94 -, Die Gemeinde 1995, 94). Die Abschnittsbildung ist ein Sondertatbestand. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG a.F. (entspricht Satz 3 n.F.) entsteht die sachliche Beitragspflicht mit dem Abschluss der Maßnahme, die für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau der öffentlichen Einrichtung oder von selbständig nutzbaren Teilen erforderlich sind. Selbständig nutzbare Teile der Einrichtung sind Teileinrichtungen wie Fahrbahn und Gehweg, die nach Kostenspaltung (§ 8 Abs. 4 Satz 1 KAG a.F. entspricht Satz 2 n.F.) getrennt abgerechnet werden können, nicht aber Abschnitte der Einrichtung. Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d.h. was im vorliegenden Fall für den Ausbau der ... erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d.h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht. Die Möglichkeit der Abschnittsbildung soll die Gemeinde in die Lage versetzen bei Maßnahmen, die sich über mehrere Straßenabschnitte erstrecken und insbesondere einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, Ausbauabschnitte gesondert endgültig abrechnen zu können (Urt. des Senats v. 18.01.1995, a.a.O.). Im Falle einer wirksamen Abschnittsbildung entstehen sachliche Beitragspflichten für die an diesen Abschnitt gelegenen Grundstücke mit der Verwirklichung des Bauprogramms in diesem Abschnitt vor Abschluss der Gesamtmaßnahme. Die Abschnittsbildung ist mithin ein Instrument, die Entstehung endgültiger Beitragspflichten vorzuziehen und kein Instrument auf die Höhe der Beiträge maßgeblich Einfluss zu nehmen. Vielmehr ist eine Abschnittsbildung willkürlich und deshalb rechtswidrig, wenn sie in erheblichem Maße zu veränderten Beitragslasten führt (OVG Lüneburg, Urt. v. 18.03.1986 - 9 A 237/82 -, Die Gemeinde 1986, 229 und BVerwG, Urt. v. 07.06.1986 - 8 C 30.94 -, Die Gemeinde 1996, 357 zum Erschließungsbeitragsrecht). Ist von vornherein nur ein Teilstreckenausbau geplant, ist der Ausbauaufwand nach der ständigen Rechtsprechung des Senats - wie ausgeführt - auf sämtliche Grundstücke umzulegen, die an der Einrichtung gelegen sind und von denen aus eine Zugangsmöglichkeit zur Einrichtung besteht. Die Bildung eines Abschnitts, der allein die auszubauende Teilstrecke erfasst, mit der Absicht, nur die an diesem Abschnitt gelegenen Grundstücke zu belasten und die weiteren ebenfalls an der Einrichtung gelegenen Grundstücke von der Beitragspflicht freizustellen, stellt sich als eine extreme Veränderung der Beitragslasten dar. Inhaltlich handelt es sich nicht um eine Abschnittsbildung im vorgenannten Sinne, sondern allein um eine Veränderung des Abrechnungsgebietes durch Entscheidung der Gemeinde. So hat die Beklagte den Beschluss ihres Bauausschusses vom 07.12.2000 auch verstanden. Schon nach seinem Wortlaut ist nicht von einer Abschnittsbildung, sondern allein von der Festlegung eines Abrechnungsgebietes die Rede. Jedenfalls erstinstanzlich hat die Beklagte auch vorgetragen, sie habe keinen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst, sondern nur das Abrechnungsgebiet festgelegt. Die Bildung des Abrechnungsgebietes liegt jedoch nicht im Ermessen der Gemeinde. Welche Grundstücke in die Aufwandsverteilung einzustellen sind, d.h. das Abrechnungsgebiet bilden, richtet sich allein nach der Vorteilslage und ist der Entscheidung durch die Gemeinde entzogen. Eine solche Entscheidung findet im Gesetz auch keine Grundlage. Zulässig ist danach lediglich die Kostenspaltung gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG a.F. (nunmehr § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG n.F.) und nach ständiger Rechtsprechung die Abschnittsbildung sowie die Zusammenfassung mehrerer auszubauender Einrichtungen zu einer Abrechnungseinheit, auch wenn Abschnittsbildung und Einheitsbildung im Gesetzes a.F. nicht erwähnt sind (die Abschnittsbildung ist nunmehr in § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG n.F. geregelt).

33

Ob nach der Neuregelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG und der nunmehr ausdrücklichen Regelung der Abschnittsbildung durch Gesetz Abweichendes gilt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Dem Wortlaut lässt sich dies nicht entnehmen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 1. HS KAG n.F. kann für bestimmte Abschnitte einer Einrichtung der Aufwand ermittelt und abgerechnet werden. Diese Regelung entspricht der ständigen Rechtsprechung. Soweit nach § 8 Abs. 4 Satz 1 2. HS KAG n.F. Entsprechendes auch für den Ausbau, Umbau und die Erneuerung von Teilstrecken gilt, kann dem nur entnommen werden, dass eine Abschnittsbildung auch bei einem Teilstreckenausbau grundsätzlich zulässig ist. Die Gesetzesänderung ist auf Initiative des Städteverbandes zurückzuführen (LT-Drs. 15/3027); dem lag (wohl) ein anderes Verständnis der Abschnittsbildung zugrunde. Stellt man hierauf ab und hält man nach neuer Rechtslage eine Abschnittsbildung auch dann für zulässig, wenn das konkrete Bauprogramm auf den Abschnitt beschränkt ist, wird zumindest zu fordern sein, dass der Abschnittsbildungsbeschluss vor Entstehung sachlicher Beitragspflichten gefasst wird und dass der Ausbau der übrigen Abschnitte in vergleichbarer Weise zu erwarten ist. Nur in diesen Fällen haben die übrigen Anlieger eine Heranziehung zu Beiträgen in Zukunft ebenfalls zu gewärtigen. Damit wären der Willkürlichkeit der Verschiebung von Beitragslasten durch die Abschnittsbildung Grenzen gesetzt.

34

Nach der im vorliegenden Fall geltenden alten Rechtslage kommt - wie ausgeführt - eine Abschnittsbildung nur in Betracht, wenn das Bauprogramm weitere Abschnitte erfasst. Dies ist hier nicht der Fall.

35

Ein Bauprogramm bedarf keiner förmlichen Festlegung durch Satzung oder Beschluss. Der Umfang des Bauprogramms kann sich auch aus Vergabebeschlüssen auf der Grundlage von Ausbauplänen ergeben. Unklarheiten gehen insoweit zu Lasten der Gemeinde (Urt. des Senats v. 18.01.1995, a.a.O.). Dies bedeutet, dass mit dem Abschluss der vergebenen und durchgeführten Straßenbauarbeiten die sachliche Beitragspflicht entsteht, wenn nicht eindeutig festgestellt werden kann, dass es sich nur um eine Teilmaßnahme handelt. Dies rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der Bedeutung der Entstehung sachlicher Beitragspflichten. Mit der Entstehung sachlicher Beitragspflichten stehen auch die auf die vorteilhabenden Grundstücke entfallenden Beiträge fest. Nachträgliche Veränderungen der Grundstücksverhältnisse und der Ausbauplanung sowie nachträgliche Abschnittsbildungsbeschlüsse haben hierauf keinen Einfluss. Der Zeitpunkt der Entstehung sachlicher Beitragspflichten muss daher aus Gründen der Rechtssicherheit objektiv feststellbar sein. Die Gemeinde hat es in der Hand, die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme zu bestimmen. Maßgeblich ist die Ausbauplanung, soweit sie von dem dazu berufenen Gremium der Gemeinde - hier der Bauausschuss der Beklagten - beschlossen oder jedenfalls gebilligt wurde. Auf die Willensbildung innerhalb des maßgeblichen Selbstverwaltungsgremiums ist abzustellen, weil für das Bauprogramm insoweit nichts anderes gelten kann als für Abschnittsbildungs- und Kostenspaltungsbeschlüsse (vgl. hierzu OVG Schleswig, Beschl. v. 03.09.1991 - 2 M 8/91 -). Dem Bauprogramm kommt vergleichbare Bedeutung zu.

36

Der Gemeinde obliegt auch die Entscheidung, ob eine Maßnahme im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG a.F. in mehreren Bauabschnitten ausgeführt wird mit der Folge, dass die Beitragspflicht für den Regelfall erst nach Abschluss der Gesamtmaßnahme entsteht, oder ob der Ausbau in mehreren rechtlich zu trennenden Einzelmaßnahmen - aus welchen Gründen auch immer - erfolgt. Versäumt es die Gemeinde ihr Bauprogramm abweichend eindeutig festzulegen, können nur der Umfang der konkret in Auftrag gegebenen und durchgeführten Arbeiten als dem Bauprogramm zugehörig angesehen werden.

37

Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen reichen zur Annahme eines von den konkret vergebenen und 1996/97 durchgeführten Straßenbauarbeiten abweichenden Bauprogramms nicht aus. Eine Grundsatzentscheidung, die ... auf voller Länge auszubauen, kann danach bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der im Jahre 1996/97 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen nicht festgestellt werden.

38

Der Generalverkehrsplan `88 enthält keine Grundentscheidung über den Ausbau der .... Dies ist auch nicht Aufgabe einer Generalverkehrsplanung.

39

Wie den vorgelegten „geschäftlichen Mitteilungen“ zu entnehmen ist, hat sich der Bauausschuss der Beklagten seit Anfang der 90iger Jahre mit Verkehrsregelungsmaßnahmen in der ... und straßenrechtlichen Fragen (Entwidmung von Teilflächen) beschäftigt. In diesem Zusammenhang ist auch von der Erarbeitung von Vorschlägen für notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Gestaltung des Straßenraums und der Fahrbahndecke (im Quartier) die Rede (geschäftliche Mitteilung vom 31.10.1990). Ein im November 1990 gefertigter Plan des Tiefbauamtes sieht Varianten zur Verkehrsberuhigung im gesamten Verlauf der ... vor. Ein Bauprogramm, gebilligt vom Bauausschuss, betreffend die räumliche Ausdehnung von Straßenbaumaßnahmen ist darin aber nicht zu sehen. Nach dem Votum des Ortsbeirates Mitte sollte im Rahmen des weiteren Verfahrens (Entwidmungsverfahren) über etwaige begleitende bauliche und gestaltende Maßnahmen im Straßen- und Freiflächenbereich diskutiert und entschieden werden (geschäftliche Mitteilung vom 31.01.1991). In der geschäftlichen Mitteilung vom 15.08.1991 kündigte die Verwaltung der Beklagten an, unter Beteiligung des Ortsbeirates zu prüfen, ob mit kleineren Maßnahmen in der ... eine zusätzliche Aufwertung des Quartiers erreicht werden könne. Die im Jahre 1993 durchgeführte Vermessung der ... auf ganzer Länge ist lediglich eine Bestandsaufnahme, die Grundlage einer Ausbauentscheidung sein kann, sie jedoch nicht ersetzt. Im Jahre 1994 erfolgte dann der Umbau/Rückbau des entwidmeten Teils der ... zwischen ... und ....

40

Konkrete Vorstellungen hinsichtlich des Ausbaus der ... in ihrem übrigen Verlauf lassen sich erstmals der Mitteilung des Tiefbauamtes für die Sitzung des Ortsbeirates ...-Mitte vom 24.04.1994 entnehmen. Danach sollte die von den Anliegern und dem Ortsbeirat seit langem gewünschte Ausstattung der ... mit einer lärmmindernden Schwarzdecke in den nächsten Jahren vorangetrieben werden und noch 1996 der Abschnitt zwischen ... und ... realisiert und Provisorien beseitigt werden. Inwieweit dies mit den Ausbauvorstellungen des Bauausschusses übereinstimmte, ist nicht ersichtlich. Konkretisiert wurde nur der Straßenausbau in dem genannten Abschnitt. Bloße vage weitere Ausbauabsichten sind nicht Teil des Bauprogramms, solange die Gemeinde sich insoweit nicht eindeutig festlegt. Deshalb kann allein die Aussage des Tiefbauamtes, die Ausstattung der Straße mit einer lärmmindernden Schwarzdecke in den nächsten Jahren vorantreiben zu wollen, nicht als Grundentscheidung eines Ausbaus auf ganzer Länge in einer Maßnahme durch den Bauausschuss verstanden werden.

41

Das im November 1996 vom Bauausschuss und der Ratsversammlung beschlossene städtebauliche Handlungskonzept ist ebenfalls kein Bauprogramm im vorgenannten Sinne. Das Handlungskonzept ist - wie sich aus seiner Begründung ergibt - die Zusammenfassung der wichtigsten Veränderungen, die aus der Sicht der Stadtplanung, der Grünplanung und der Verkehrsplanung mittelfristig erforderlich sind. Die in den Übersichtsplänen dargestellten Bereiche erfassen sowohl Planungen, an denen bereits - je nach Aktualität intensiv oder vorausschauend - gearbeitet wird, als auch Planungen, die nach damaligem Erkenntnisstand kurz- bzw. mittelfristig in Angriff genommen werden müssten. Das Handlungskonzept erfasst mithin konkrete und in Angriff zu nehmende Planungen; stellt diese in einen Zusammenhang im Hinblick auf die Zielsetzung der Sicherung des dauerhaften Aufenthaltes der Menschen in attraktiven Wohn- und Arbeitsplätzen und Steigerung der allgemeinen Attraktivität der Stadt. Es ist - wie sich aus Nr. 2 des von der Ratsversammlung beschlossenen Antrags ergibt - Grundlage für die Vorbereitung detaillierter Planungen und der Erkundung mittelfristiger Realisierungsmöglichkeiten insbesondere hinsichtlich der Finanzierung und damit auch Grundlage von Ausbauplänen für einzelne Maßnahmen, nimmt diese jedoch weder vorweg noch legt sie ihre räumliche Ausdehnung oder ihren Umfang fest.

42

Im Übersichtsplan 1 ist der Abschnitt der ... zwischen ... und ... markiert und mit der Bemerkung „Blockbebauung, Aufwertung Straßenraum“ versehen. Dem lässt sich Handlungsbedarf entnehmen, nicht aber eine Erweiterung des Bauprogramms und Einbeziehung des Ausbaus dieses Abschnittes in die bereits im September 1996 begonnene Straßenbaumaßnahme. Der Bauausschuss hat sich mit dem Ausbau der unteren ... (Abschnitt ... bis ...) auch - soweit ersichtlich - erst nach Abschluss der Baumaßnahmen im Abschnitt ... bis ... im September 1998 konkret befasst. Da Mittel für den Ausbau nicht vorhanden waren, wurde nur beschlossen, den Umbau der ... in den nächsten Jahren bei Verfügbarkeit von Mitteln fortzusetzen. Der Bauentwurf datiert vom November 1998. Allerdings ist dem Beschluss des Bauausschusses ein Beschluss des Ortsbeirates Mitte vorausgegangen, in dem es heißt: „Die zum 1. Bauabschnitt gehörende Sanierung der unteren ... wird unter Berücksichtigung der Arbeitsplanung der Bauverwaltung fortgeführt“. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die ... zwischen ... und ... in einem Bauabschnitt durchgeführt werden sollte und die Maßnahme lediglich abgebrochen wurde. Entsprechende Beschlüsse des Bauausschusses liegen nicht vor. Der 1995 erstellte Bauentwurf hat nur den Ausbau des Abschnittes zwischen ... und ... zum Gegenstand und lässt die untere ... außen vor. Grundlage des Beschlusses des Ortsbeirates mag der vom Leiter des Tiefbauamtes in der Sitzung des Ortsbeirates am 28. Mai 1996 gegebene Hinweis, der auch auf dem Bauentwurf vermerkt ist, gewesen sein. In diesem Vermerk heißt es: „Hingewiesen wurde auf entsprechenden Umbau zwischen ... und ... Weg sowie ... und ...“. Dies belegt, dass bereits seinerzeit Vorstellungen über den Ausbau der unteren und oberen ... im Tiefbauamt bestanden, die dann auch in das Handlungskonzept eingeflossen sind; dass der Bauausschuss der Beklagten entsprechende Planungen beschlossen oder auch nur zustimmend zur Kenntnis genommen hatte, ist für den Senat jedoch nicht ersichtlich.

43

Im Übersichtsplan 2 ist der Straßenzug ... insgesamt rot gepunktet. Diese Kennzeichnung hat nach der Legende die Bedeutung: „verkehrliche und städtebauliche Aufwertung des Straßenraums“. Mehr als die Feststellung eines (möglicherweise) bestehenden Ausbaubedarfs lässt sich dem nicht entnehmen.

44

Nach alledem kann jedenfalls nicht mit der erforderlich Eindeutigkeit festgestellt werden, dass nach dem Bauprogramm der Beklagten der Ausbau der ... auf ganzer Länge im Rahmen einer Maßnahme im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG a.F. bis zum Abschluss der Baumaßnahme im Bereich ... bis ... vom maßgeblichen Gremium der Beklagten, dem Bauausschuss, beabsichtigt war. Die sachliche Beitragspflicht ist deshalb mit Abschluss des Ausbaus im Bereich ... bis ... entstanden. Der nachfolgende Beschluss des Bauausschusses vom 07.12.2000 über die Festlegung des Abrechnungsgebietes ist damit irrelevant. Damit erübrigt sich auf die Erörterung, ob in diesem Beschluss überhaupt eine Abschnittsbildung zu sehen ist.

45

Da der Kläger keine Berufung eingelegt hat, hat der Senat keine Veranlassung, die Richtigkeit der Aufwandsermittlung in Frage zu stellen. Entsprechendes gilt für die Aufwandsverteilung entsprechend der Vergleichsberechnung der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

47

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

48

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 29. September 2015 wird verworfen.

Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beigeladenen führen Beschwerde gegen einen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts, soweit durch diesen die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Carport vom 29. Mai 2015 einschließlich einer nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG getroffenen Entscheidung angeordnet worden ist.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks ...weg ... in A.. Im westlichen Teil des Grundstücks befinden sich verschiedene Bäume, insbesondere Eichen, die mit dem Forst Hagen einen Wald bilden und die östliche Grenze dieses Waldes kennzeichnen.

3

Unmittelbar an das Grundstück des Antragstellers grenzt in südlicher Richtung das Grundstück der Beigeladenen, ...weg ... in A.. Auch auf diesem Grundstück befinden sich entlang dessen westlicher Flurstücksgrenze Baumreihen, die dem Forst Hagen zuzurechnen sind.

4

Mit Bescheid vom 29. Mai 2015 erteilte die Antragsgegnerin den Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Carport auf ihrem Grundstück ...weg .... Der Abstand des Gebäudes zum westlich gelegenen Wald (Eiche Nr. 6) auf dem Grundstück des Antragstellers beträgt 21 m. Insofern ließ die Antragsgegnerin im Einvernehmen mit der unteren Forstbehörde nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG zugleich die Unterschreitung des 30 m-Waldabstandes (§ 24 Abs. 1 S. 1 LWaldG) zu.

5

Gegen die Baugenehmigung legte der Antragsteller unter dem 24. Juni 2015 Widerspruch ein, beschränkt auf die Genehmigung der Ausnahme nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG, und erhob mit Schriftsatz vom 29. Juni 2015 sodann Widerspruch auch gegen die Baugenehmigung als solches.

6

Am 24. Juli 2015 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und die Feststellung begehrt, dass der Widerspruch vom 24. Juni 2015 gegen die mit der Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 29. Mai 2015 erteilte Ausnahme nach § 24 LWaldG aufschiebende Wirkung habe, hilfsweise sei die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 24. Juni 2015 gegen die mit der Baugenehmigung erteilte Ausnahme nach § 24 LWaldG anzuordnen; des Weiteren hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 29. Juni 2015 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 29. Mai 2015 anzuordnen.

7

Mit Beschluss vom 29. September 2015 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 24. Juni 2015 gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 einschließlich der Entscheidung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG angeordnet und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Feststellungsbegehren bleibe der Erfolg deshalb versagt, weil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die im Rahmen der Baugenehmigung erteilte Zulassung einer Unterschreitung des Abstandes zum Wald gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a BauGB entfallen sei. Der Begriff der „bauaufsichtlichen Zulassung“ in § 212a Abs. 1 BauGB umfasse auch die der Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens übertragene Entscheidung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG. Indessen habe das Rechtsschutzgesuch insoweit Erfolg, als die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 sowie die im selben Bescheid getroffene Zulassungsentscheidung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG begehrt werde. Die für die Nichteinhaltung des Waldschutzstreifens erteilte Ausnahmegenehmigung begegne ernstlichen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG lägen nicht vor. Es seien keine besonderen Umstände gegeben, die dazu führten, dass eine Gefährdung des Waldes durch das Bauvorhaben praktisch ausgeschlossen, zu vernachlässigen oder vermeidbar sei.

8

Die Beigeladenen haben gegen den ihnen am 05. Oktober 2015 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts am 09.Oktober 2015 Beschwerde eingelegt.

9

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2015 hat die Antragsgegnerin den Beigeladenen eine Nachtragsgenehmigung zur Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 erteilt, die - bei unverändertem Standort - Maßnahmen zur Reduzierung der vom Gebäude ausgehenden Brandgefahr zum Inhalt hat. Gegen diesen Nachtrag hat der Antragsteller unter dem 25. November 2015 Widerspruch eingelegt.

10

Mit Schriftsatz vom 02. November 2015, eingegangen am 03. November 2015, begründen die Beigeladenen die eingelegte Beschwerde.

11

Sie beantragen,

12

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. September 2015 insoweit abzuändern, als dem Antrag des Antragstellers stattgegeben worden ist und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 24. Juni 2015 gegen die ihnen erteilte Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 - einschließlich der Entscheidung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG - abzulehnen.

13

Der Antragsteller beantragt,

14

die Beschwerde zurückzuweisen.

15

Die Antragsgegnerin schließt sich, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, im Wesentlichen den Ausführungen der Beigeladenen an.

II.

16

Die Beschwerde ist unzulässig. Die von den Beigeladenen gegebene Begründung der Beschwerde genügt den von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO aufgestellten Anforderungen nicht.

17

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen.

18

Zwar begründen die Beigeladenen die von ihnen eingelegte Beschwerde. Die Begründung befasst sich jedoch nicht mit der angefochten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern bezieht sich auf einen anderen - neuen - Streitgegenstand, der nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war.

19

Ein Beschwerdeführer ist zwar berechtigt, im Zuge der Begründung nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO solche neuen Tatsachen innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorzutragen, die nach Ergehen des erstinstanzlichen Beschlusses eintreten (OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 12.02.2003 - 1 B 298/02 -, NvwZ-RR 2003, 694; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.09.2007 - 9 S 29.07 -, zit. nach juris [Rn. 6]; Sächs. OVG, 15.06.2004 - 5 BS 406/03 -, zit. nach juris [Rn. 1]; OVG NRW, Beschluss vom 26.03.2004 - 21 B 2399/03 -, zit. nach juris [Rn. 21]; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 146 VwGO, Rn. 82; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 146, Rn. 42). Dies gilt auch dann, wenn der Beschwerdeführer selbst die neuen Tatsachen geschaffen hat (Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 146, Rn. 42; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, a.a.O., § 146 VwGO, Rn. 83).

20

Von der Frage der Zulässigkeit des Vortrages neuer Tatschen im Beschwerdeverfahren ist allerdings der Fall zu unterscheiden, dass der Beschwerdeführer sich auf einen veränderten Streitgegenstand bezieht. Ziel des Beschwerdeverfahrens nach § 146 Abs. 4 VwGO ist es gerade, festzustellen, ob das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend über den Streitgegenstand entschieden hat (OVG B-Stadt, Beschluss vom 02.10.2002 - 4 Bs 257/02 -, zit. nach juris [Rn. 10]; OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 12.02.2003 - 1 B 298/02 -, a.a.O.; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, a.a.O., § 146 VwGO, Rn. 82). Hinzu kommt, dass § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ausdrücklich eine Befassung der Begründung der Beschwerde mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung fordert. Eine Begründung, die sich nicht auf einen Anspruch bzw. Lebenssachverhalt bezieht, über den das Verwaltungsgericht entschieden bzw. den es der Entscheidung zugrunde gelegt hat, kann die von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO aufgestellten Anforderungen damit nicht erfüllen (OVG NRW, Beschluss vom 25.07.2002 - 18 B 1136/02 -, zit. nach juris [Rn. 7 ff.]; OVG B-Stadt, Beschluss vom 22.08.2003 - 4 Bs 278/03 - zit. nach , juris [Rn. 7]; Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 146, Rn. 33), was die Beschwerde unzulässig macht.

21

Der Streitgegenstand einer Sache bestimmt sich nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff, d.h., maßgebend ist der von dem Kläger bzw. Antragsteller aufgrund eines bestimmten Lebenssachverhalts gerichtlich geltend gemachte Anspruch bzw. das Rechtsschutzbegehren (Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 90 Rn. 7). Vor diesem Hintergrund ist im Rahmen einer Anfechtungsklage regelmäßig dann von einer Notwendigkeit einer Klageänderung auszugehen, wenn in das anhängige Verfahren ein anderer, modifizierender Verwaltungsakt einbezogen werden soll (BVerwG, Urteil vom 26.06.1969 - VIII C 36.69 -, BVerwGE 32, 243 (246); Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, a.a.O., § 91 Rn. 19). Es werden in derartigen Fällen sowohl Klageantrag als auch Klagegrund geändert.

22

Die gleichen Maßstäbe müssen auch im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, 80 Abs. 5 VwGO angelegt werden (vgl. i.E. Mampel/Schmidt-Bleker, § 9 Das Mandat im Baurecht, in: Johlen/Oerder, MAH Verwaltungsrecht, 3. Auflage 2012, Rn. 159). Das heißt, dass auch in derartigen Verfahren der Streitgegenstand eng mit dem Verwaltungsakt verbunden ist, der in der Hauptsache angegriffen wird. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wesentlich durch die angegriffene Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 bestimmt wird. Die Einbeziehung einer Änderung der Baugenehmigung durch den Antragsteller im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hätte vor diesem Hintergrund eine Änderung des Streitgegenstandes dargestellt und damit eine Antragsänderung entsprechend § 91 VwGO erforderlich gemacht.

23

Die von den Beigeladenen vorgetragene Begründung bezieht sich allerdings nicht auf die ursprüngliche Baugenehmigung vom 29. Mai 2015. Sie setzt sich inhaltlich nicht mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen diese ursprüngliche Genehmigung auseinander. Die Beigeladenen erklären bezüglich der Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 vielmehr, auf alle Rechtswirkungen aus der ursprünglichen Genehmigung zu verzichten, soweit diese nicht mit der Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 in Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2015 deckungsgleich sind und begründen ihre Beschwerde im Wesentlichen damit, dass mit der Baugenehmigung in der Gestalt der als Änderungsgenehmigung bezeichneten Genehmigung die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG vorlägen. Eine vom Wohnhaus ausgehende Gefährdung der sich auf dem Grundstück des Antragstellers befindenden Bäume bestehe nach Änderung des Bauvorhabens nicht mehr. Die Baugenehmigung in der durch den Nachtrag erhaltenen Gestalt war jedoch gerade nicht - und konnte auch gar nicht - Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein.

24

Das vorstehende Ergebnis, dass die von den Beigeladenen abgegebene Begründung der Beschwerde den von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO aufgestellten Anforderungen nicht genügt, wird auch nicht durch eine möglicherweise erklärte Antragsänderung und eine damit verbundene Änderung des Streitgegenstandes erschüttert.

25

Eine Änderung des Streitgegenstandes durch die Beigeladenen kommt, wie die Beigeladenen selbst zutreffend anmerken, grundsätzlich nicht in Betracht. Herr über den Streitgegenstand ist auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens allein der Antragsteller. Dieser kann in der vorliegenden Fallkonstellation jedoch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens den Streitgegenstand nicht ändern.

26

Zwar spricht Vieles dafür, dass der Antragsteller, der eine Zurückweisung der Beschwerde begehrt, mit Schriftsatz vom 25. November 2015, in dem er mitgeteilt hat, dass er, nachdem das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes soweit gefördert worden sei, einer Entscheidung in der Sache nicht entgegenstehen wolle und die Einbeziehung des Nachtrags der Baugenehmigung in das Beschwerdeverfahren für sachgerecht und der Prozessökonomie dienend halte, eine Antragsänderung erklärt hat. Dieses Vorbringen des Antragstellers kann ersichtlich nur so verstanden werden, dass der Antragsteller die Änderung der Baugenehmigung durch den Nachtrag vom 30. Oktober 2015 in das Verfahren einbeziehen möchte, und, da er selbst ausdrücklich von einer Veränderung des Streitgegenstandes durch diese Einbeziehung ausgeht, im Ergebnis die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung in Gestalt des Nachtrages vom 30. Oktober 2015 begehrt.

27

Eine solche Antragsänderung ist im vorliegenden Fall jedoch im Beschwerdeverfahren nicht möglich. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob hier vor dem Hintergrund der Gewährung effektiven Rechtsschutzes und des Beschleunigungsgebotes eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Änderungen des Streitgegenstandes im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO nicht zuzulassen sind (für eine Unzulässigkeit: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.09.2007 - 9 S 29.07 -, a.a.O. [Rn. 6]; OVG B-Stadt, Beschluss vom 02.10.2002 - 4 BS 257/02 - , a.a.O. [Rn. 10]), vorzunehmen ist (so Bay. VHG, Beschluss vom 29.05.2013 - 22 CS 13.753 -, zit. nach juris [Rn. 17]; VGH BW, Beschluss vom 18.10.2010 - 1 S 2029/10 -, zit. nach juris [Rn. 2]; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, a.a.O., § 146 VwGO, Rn. 94).

28

Selbst wenn man hier von einer grundsätzlichen Zulässigkeit der Antragsänderung ausginge, stehen einer Antragsänderung Grundprinzipien des Rechtsmittelrechts entgegen. Grundsätzlich dient das Rechtsmittel dazu, solche Entscheidungen überprüfen zu lassen, die den Einzelnen in seinen subjektiven Rechten betreffen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips sowie dem Recht auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG. Die Möglichkeit der Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen besteht jedoch für den Einzelnen nur insoweit, als er durch die gerichtliche Entscheidung auch beschwert ist (vgl. Blanke, Vorb. zu § 124, Sodan/Ziekow, VwGO, a.a.O., Rn. 59). Vor diesem Hintergrund ist es auch einem Kläger, dessen Antrag das Gericht voll stattgegeben hat, mangels Beschwer regelmäßig verwehrt, Rechtsmittel einzulegen, um in der Rechtsmittelinstanz seine Klage zu erweitern (Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., Vorb § 124 VwGO, Rn. 43; Bay. VGH, Urteil vom 07.09.1979, 2.B-996/79, zit. nach juris). Daraus ergibt sich, dass das Ziel eines Rechtsmittelverfahrens grundsätzlich sein muss, die sich aus der erstinstanzlichen Entscheidung ergebende Beschwer jedenfalls teilweise zu beseitigen. Vor diesem Hintergrund können Änderungen von Klagen und/oder Anträgen in der Rechtsmittelinstanz jedenfalls dann nicht zulässig sein, wenn diese nicht auch auf die Beseitigung einer Beschwer abzielen.

29

So liegt es jedoch hier. Die seitens des Antragstellers wohl erklärte Antragsänderung erfolgt keinesfalls zur Ausräumung einer durch die erstinstanzliche Entscheidung eingetretenen Beschwer. Das Verwaltungsgericht hat den Anträgen des Antragstellers soweit entsprochen, dass dieser in der Hauptsache durch den verwaltungsgerichtlichen Beschluss im Ergebnis nicht beschwert ist. Das Begehren des Antragstellers (§§ 88, 122 VwGO), die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 inklusive der Entscheidung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG anzuordnen, wurde befriedigt. Die jetzt erfolgte Änderung der Anträge entsprechend § 91 VwGO dient aus Sicht des Antragstellers allein dazu, im Ergebnis die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung in der durch den Nachtrag erhaltenen Gestalt zu erreichen. Damit hat das Beschwerdeverfahren für den Antragsteller allein den Zweck, einen gegenüber dem im ersten Verfahren modifizierten prozessualen Anspruch durchzusetzen, ohne dass dies zur Ausräumung einer aus dem erstinstanzlichen Verfahren resultierenden Beschwer möglich wäre.

30

Von diesem Ergebnis ist auch nicht aufgrund der notwendigen Gewährung effektiven Rechtsschutzes hinsichtlich der Beigeladenen eine Ausnahme zu machen. Den Beigeladenen war es grundsätzlich nicht verwehrt, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Wege der Beschwerde anzugreifen. Auch wenn die Änderung der Baugenehmigung durch den Nachtrag vom 30. Oktober 2015 zur Erledigung der Hauptsache geführt haben sollte, führt dies nicht zu einem Entfallen der durch den erstinstanzlichen Beschluss vermittelten Beschwer und damit zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Gleiches gilt in Bezug auf das mit der Erklärung des Verzichts auf die Rechtswirkungen der Baugenehmigung vom 29. Mai 2015 eingetretene Erlöschen der ursprünglichen Genehmigung (BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 4 C 36/86 -, zit. nach juris [Rn. 22]; VGH BW, Urteil vom 10.11.1993 - 3 S 1120/92 -, zit. nach juris [Rn. 31]; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 43 VwVfG, Rn. 45) und eine daraus resultierende Erledigung der Hauptsache. Allein die Erledigung der Hauptsache nach Abschluss der ersten Instanz führt grundsätzlich nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Dies ergibt sich daraus, dass die Möglichkeit der Erklärung der Erledigung durch den Antragsteller bzw. Kläger grundsätzlich zeitlich unbegrenzt ist und insofern auch noch in der Rechtsmittelinstanz erfolgen kann (BVerwG, Beschluss vom 29.09.1988 - 7 B 185/87 -, zit. nach juris [Rn. 7]; Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 40/91 -, zit. nach juris [LS]; Beschluss vom 29.07.2003 - 1 B 291/02 -, zit. nach juris [Rn. 8]). Dies gilt jedenfalls insofern, als eine Erledigungserklärung - wie im vorliegenden Fall - nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren möglich war.

31

Im Übrigen ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Beigeladenen im Hinblick auf eine Beschwerde, welche die Baugenehmigung in Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2015 zum Gegenstand hat, nicht gegeben.

32

Grundsätzlich hat nur derjenige, der mit dem von ihm angestrebten Verfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf gerichtliche Sachentscheidung (Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., Vorb. § 40, Rn. 30). Dies gilt auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens (Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, a.a.O., § 146 Rn. 42). Ein solches rechtsschutzwürdiges Interesse der Beigeladenen an einer Entscheidung über die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung in der Fassung vom 30. Oktober 2015 liegt hier jedoch nicht vor. Im vorliegenden Fall bindet die verwaltungsgerichtliche Entscheidung die Beteiligten nur insoweit, wie das Verwaltungsgericht eine Entscheidung über den konkreten Streitgegenstand, das heißt vorliegend die Baugenehmigung in ihrer ursprünglichen Fassung, getroffen hat.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

34

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.