Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 11. Aug. 2014 - 1 MB 18/14

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2014:0811.1MB18.14.0A
bei uns veröffentlicht am11.08.2014

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 25.04.2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage. Der Antragsteller wiederholt i. W. sein erstinstanzliches Vorbringen, mit dem sich das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss ausführlich auseinandergesetzt hat.

2

Der Senat folgt der erstinstanzlichen Entscheidung.

3

Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren die mittlerweile vorhandene Außenbereichsbebauung, zu der auch die streitbefangene Biogasanlage gehört, als rücksichtlos rügt, vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen.

4

Richtig ist zwar, dass das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden kann, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird. Diese Voraussetzungen sind hier zur Überzeugung des Senats jedoch nicht gegeben.

5

Eine „erdrückende" oder „abriegelnde Wirkung“ des Bauvorhabens des Beigeladenen auf das Grundstück der Antragsteller kann auch angesichts der Darlegungen der Antragsteller in der Beschwerde nicht angenommen werden.

6

Eine solche Wirkung kommt nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 27.06.2014 - 1 MB 7/14 - ) vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht. Einen solchen Fall vermag der Senat allerdings nur in den seltenen Fällen einer wirklich bedrängenden oder erdrückenden Wirkung eines Bauvorhabens zu erkennen, die - absehbar - zu gravierenden nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (OVG Schleswig, Beschluss vom 11.11.2010 - 1 MB 16/10 - und Beschluss vom 25.10.2012 - 1 MB 38/12 - ). Davon kann hier nicht die Rede sein.

7

Das vom Antragsteller zur Dokumentation seines Vortrages im Beschwerdeverfahren vorgelegte Panoramabild lässt eine solche wirklich bedrängende oder erdrückende Wirkung durch das Bauvorhaben des Beigeladenen auch angesichts der bereits nordöstlich des Grundstücks des Antragstellers bestehenden Anlagen nicht erkennen. Die im Abstand von ca. 150 Metern zum Wohnhaus des Antragstellers - im Außenbereich - liegende Biogasanlage des Beigeladenen mit einer Höhe von 6 Metern befindet sich auf einer Höhenlinie von - 6,10 m, das Haus des Antragstellers liegt hingegen deutlich höher auf einer Höhenlinie von - 0,80 m mit der Folge, dass bereits aufgrund des Höhenunterschiedes der Anlage des Beigeladenen zum Wohnhaus des Antragstellers der (nachbarrechtlich nicht geschützte) freie Blick nach Westen bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Betrachtungsweise allenfalls geringfügig beeinträchtigt wird und von einer wirklich bedrängenden oder erdrückenden Wirkung des Bauvorhabens nicht die Rede sein kann.

8

Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde die Bestimmungen der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für eine Biogasanlage im Außenbereich hinsichtlich der Leistung der Anlage, als auch hinsichtlich der Einhaltung von Grenzwerten betreffend Geruchsimmissionen und Schallimmissionen als zu unbestimmt rügt, überzeugt dies bereits aus den Gründen im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht. Ergänzend ist hierzu anzumerken:

9

In seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt das Bestimmtheitsgebot des § 108 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz, dass sich einer Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die geschützte Rechte von Nachbarn nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies dann zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Bauvorhabens bezieht, deren konkrete Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und wenn die insoweit inhaltlich zu unbestimmte Baugenehmigung deswegen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelfall reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht.

10

Den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes wird die angefochtene Baugenehmigung im Hinblick auf die Mengenbeschränkung der Anlage gerecht.

11

Soweit der Antragsteller rügt, dass die in der Beschreibung der Anlage verwendeten Begriffe "geplante Inputmenge/produzierte Biogasmenge pro Jahr sowie "geplante Substratmenge" und "Ertrag in Normkubikmeter" nicht miteinander korrelierten mit der Folge, dass u.a. abhängig vom eingesetzten Substrat eine Überschreitung der zulässigen Kapazität ermöglicht werde, wird dadurch die Bestimmtheit der Baugenehmigung nicht in Frage gestellt.

12

Die von der Baugenehmigung in Bezug genommene Baubeschreibung stellt mit der für die Angabe zu produzierten Biogasmenge pro Jahr verwendeten Bezeichnung "6.300,00 t/a = 1.194.606 Nm³/a Biogas lt. KTBL" erkennbar auf den nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 d BauGB bzw. dem in Ziffer 1.15 des Anhanges 1 zu § 1 der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) allein maßgeblichen Begriff "Normkubikmeter Biogas pro Jahr" (§ 35 Abs. 1 Nr. 6 d BauGB) bzw. "Normkubikmeter je Jahr Rohgas" (Ziffer 1.15 des Anhanges 1 zu § 1 4. BImSchV) ab und erlaubt ohne weitere Differenzierung zur Zusammensetzung des Substrateintrages eine nach Maßgabe der Vorgaben des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) berechnete und deutlich unterhalb der Kapazitätsgrenze des § 35 Abs. 1 Nr. 6 d BauGB liegende Produktionskapazität bzw. eine unterhalb der in Ziffer 1.15 des Anhanges 1 zu § 1 4. BImSchV geregelten Produktionskapazität von 1,2 Million Normkubikmeter Rohgas je Jahr liegende Kapazität von 1.194.606 Nm³. Das ist aus Sicht des Senates nicht zu beanstanden, da damit klargestellt ist, dass ungeachtet der Zusammensetzung des Substrateintrages eine über die benannte Kapazität hinausgehende Produktion von Rohgas nicht genehmigt worden ist. Dieser Sichtweise entspricht auch die zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärte Auflage in Ziff. 4.1 des Schreibens des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vom 13.09.2013, wonach die Biogaserzeugungsmenge durch geeignete Registrierung so zu erfassen ist, dass die produzierten Mengen jederzeit nachvollziehbar sind und der ebenfalls zum Bestandteil der Baugenehmigung in Bezug genommene Hinweis in diesem Schreiben, dass das LLUR ab ein Biogasproduktion von 1,2 Millionen Nm³/Jahr Rohgas oder mehr Genehmigungsbehörde ist.

13

Anzumerken ist im Übrigen, dass es zweifelhaft ist, ob der in § 35 Abs. 1 Nr. 6 d Baugesetzbuch (BauGB) geregelten Kapazitätsgrenze einer im Außenbereich gelegenen (privilegierten) Biomasseanlage von 2,3 Millionen Normkubikmetern (Nm³) Biogas pro Jahr überhaupt nachbarrechtsschützende Wirkung zukommt.

14

Den o.a. dargestellten Anforderungen zur notwendigen Bestimmtheit wird die angefochtene Baugenehmigung auch im Hinblick auf die Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen der Anlage gerecht. Weder die Geruchsimmissionsprognose der Lücking & Hertel GmbH vom 25.06.2013 noch die darauf bezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Irrelevanz der Zusatzbelastung gemäß Ziffer 3.3 Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL-SH) werden vom Antragsteller substantiiert gerügt. Soweit er mit der Beschwerde dagegen (erneut) rügt, dass die im Schreiben des LLUR vom 13.09.2013 formulierte und zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärte Auflage 2 zu unbestimmt sei, weil sie mit der Formulierung "nicht zum Betrieb gehörenden Wohnbebauung" nicht den räumlichen Regelungsbereich der GIRL-SH übernehme und unklar bleibe, inwieweit diese in der Auflage verwendete Formulierung mit den von der GIRL-SH erfassten Beurteilungsflächen identisch ist oder nicht, überzeugt dies aus den bereits vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen nicht (S. 5 des Beschlusses). Mit der durch die Auflage in Bezug genommene Ziffer 3.3 der GIRL-SH wird der räumliche Regelungsbereich der GIRL-SH und die dort benannten Beurteilungsflächen für anwendbar erklärt; die Formulierung "nicht zum Betrieb gehörenden Wohnbebauung" dient erkennbar einer zusätzlichen Konkretisierung.

15

Im Ergebnis führen auch die Einwände des Antragstellers zur Unbestimmtheit der in Ziffer 3.1 des Schreibens des LLUR vom 13.09.2013 formulierten Auflage zum Lärmschutz, die der Antragsgegner zum Bestandteil der angefochtenen Genehmigung gemacht hat, nicht zum Erfolg der Beschwerde.

16

Mit Beschluss vom 15.01.2014 - 1 MB 31/13 - (BauR 2013, 1078) hat sich der Senat der Rechtsprechung des OVG Münster - Beschluss vom 12.02.2013 - 2 B 1336/12 - angeschlossen, wonach dann, wenn die bei der Nutzung der genehmigten Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze zu überschreiten drohen, es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht genügt, in der Baugenehmigung lediglich den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Zielwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten. Dementsprechend muss die genehmigte Nutzung in diesen Fällen schon in der Baugenehmigung durch konkrete immissionsmindernde Regelungen - hier beispielsweise im Hinblick auf die zum Einsatz kommende Anlagentechnik und Betriebsorganisation - eingeschränkt werden, damit die Immissionsrichtwerte nicht nur "auf dem Papier" stehen.

17

Ob der Schutz des Nachbarn gewährleistet ist, ist am genehmigten Nutzungsumfang zu messen. Dabei ist in der Regel nicht von einer rein fiktiven Belastung auszugehen, sondern regelmäßig eine realistische Lärmprognose unter Einbeziehung der Vor- und Zusatzbelastung anzustellen. Gemessen an diesen Grundsätzen dürfte die Auflage in Ziffer 3.1 zur zulässigen Lärmimmission bei summarischer Betrachtung zurzeit Bedenken ausgesetzt sein. Zwar wird dort eine Sicherstellung der zulässigen Richtwerte dadurch für gewährleistet erachtet, dass die Zusatzbelastung als Beurteilungspegel, der aus den Einzelgeräuschen aller Anlagenteile der Biogasanlage zu ermitteln ist, bei den nächstgelegenen Wohnhäusern Immissionswerte von tagsüber 54 dB(A) und nachts von 39 dB(A) nicht überschreitet. Das erscheint bei summarischer Betrachtung allerdings unzureichend, weil im Hinblick auf das Wohnhaus des Antragstellers weder die immissionsrechtlich relevante Vorbelastung noch die durch den Anlagenbau hinzutretende Zusatzbelastung bisher bekannt sind und überdies keine konkreten immissionsmindernden Regelungen benannt werden, die eine verlässliche Sicherstellung der zulässigen Immissionsrichtwerte gewährleisten.

18

Entgegen der Ansicht des Antragstellers rechtfertigt dies allerdings nicht die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs, da eine realistische Lärmprognose unter Einbeziehung der Vor- und Zusatzbelastung wie auch darauf fußende nachträgliche Auflagen des Antragsgegners zur Anlagentechnik, baulichen Gestaltung und/oder Betriebsorganisation mit konkreten immissionsmindernden Regelungen zur verlässlichen Sicherstellung der zulässigen Richtwerte im laufenden Widerspruchsverfahren noch ohne weiteres möglich - allerdings aber auch erforderlich - sind.

19

Soweit schließlich der Antragsteller eine Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit seines Anwesens durch das Bauvorhaben rügt, rechtfertigt auch dies bereits aus den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss nicht die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Ergänzend ist hinzuzufügen:

20

Zutreffend ist zwar, dass das Fachhallenhaus des Antragstellers mit Verfügung des Landesamtes für Denkmalpflege Schleswig-Holstein vom 21.01.2013 gemäß § 5 Denkmalschutzgesetz in das Denkmalbuch für Kulturdenkmale eingetragen worden ist, der Denkmalschutz sich auf das gesamte Gebäude erstreckt und nach Maßgabe dieser Verfügung die Errichtung von Anlagen in der unmittelbaren Umgebung, innerhalbwesentlicher Sichtachsen (Hervorhebung durch den Senat) und in der unmittelbaren Umgebung weiterer wertbestimmender Merkmale des eingetragenen Kulturdenkmals, die eine Gefahr für den Denkmalwert bedeuten, einer Genehmigung der Unteren Denkmalschutzbehörde bedürfen.

21

Dabei kann hier dahingestellt bleiben, warum die Untere Denkmalschutzbehörde mit Stellungnahme vom 06.12.2011 im Hinblick auf die nordwestlich des Anwesens vom Beigeladenen errichteten sog. Gärproduktlager u.a. ausgeführt hat, dass diese Anlagen in der Sichtachse von Westen nach Osten hinter dem Kulturdenkmal liegen und dessen Eindruck wesentlichen beeinträchtigten würden. Entscheidend ist vielmehr, dass die Untere Denkmalschutzbehörde bereits im Jahre 2011 eine dichte Eingrünung der sog. Gärrestebehälter für ausreichend erachtet hat, um der Außenwirkung des Fachhallenhauses Rechnung zu tragen und den negativen Einfluss der Behälter auf das Umfeld des Kulturdenkmals zu vermindern. Vergleichbare Maßnahmen sind im Hinblick auf das hier streitige Vorhaben des Beigeladenen mit Genehmigungsschreiben vom 02.10.2013 erneut für ausreichend erachtet worden sind. Abgesehen davon, dass diese denkmalrechtliche Genehmigung nicht Gegenstand dieses Rechtstreits ist, hat der Senat bei summarischer Betrachtung aber auch keine Zweifel an der fachlichen Richtigkeit dieser Einschätzung der Unteren Denkmalschutzbehörde. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es bereits zweifelhaft, ob der Blick vom weitläufigen und nicht ohne weiteres zugänglichen Außenbereich auf das Gebäude des Antragstellers (Blickrichtung von Westen nach Osten) eine wesentliche Sichtachse im Sinne der Unterschutzstellungsverfügung des Landesamtes für Denkmalschutz vom 21.01.2013 ist. Bei summarischer Betrachtung erschließt sich angesichts der Höhenverhältnisse - siehe dazu bereits oben - und der Begrünung der westlichen Grundstücksseite des Antragstellers (die Satellitenbilder - Bildflugjahr 2011 - des im Internet frei zugänglichen Digitaler Atlas Nord der Landesregierung Schleswig-Holstein lassen den Schluss zu, dass jedenfalls noch im Jahre 2011 die westliche Grundstücksseite durch eine hohe, dichte, knickähnliche Bepflanzung geprägt gewesen ist, während das vom Antragsteller zur Akte übermittelte Panoramabild - ohne Benennung des Aufnahmedatums - einen Heckenbewuchs erkennen lässt) nicht, dass hier eine Gefahr für den Denkmalwert des Gebäudes im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3 Denkmalschutzgesetz zu besorgen ist; dies wäre allenfalls bei einer Beeinträchtigung des Eindrucks des Denkmals von der öffentlich zugänglichen Straßenseite her denkbar.

22

Die Beschwerde ist nach alledem zurückzuweisen.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

24

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil er sich durch eigene Antragstellung am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 21. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen, die ihr Gebäude in der … umbauen und rückwärtig mit einem Anbau erweitern wollen. Gegen die am 09.12.2009 erteilte, den Antragstellern Ende Januar 2010 bekannt gegebene Baugenehmigung haben diese am 24.02.2010 Widerspruch eingelegt. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21.06.2010 i. w. mit der Begründung abgelehnt, die nachbarlichen Baumaßnahmen kämen nicht – wie die Antragsteller annähmen – einer Neuerrichtung gleich. Der Anbau halte die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO gebotene Abstandsfläche ein. Auch das Rücksichtnahmegebot werde nicht verletzt; die vom Anbau ausgehende "Zusatzbelastung" in Bezug auf eine weitere Verschattung sei noch zumutbar. Eine "erdrückende" Wirkung liege nicht vor und die Nutzung der Dachterrasse führe nicht zu unzumutbaren Störungen.

2

Gegen den am 22.06.2010 zugestellten Beschluss wenden die Antragsteller sich mit ihrer am 06.07.2010 eingegangenen Beschwerde. Sie rügen, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass (gerade) der zentrale Ruhe und Erholungsbereich ihres Grundstücks verschattet werde. Der "massive" Anbau sei in der Umgebung ohne Vorbild und wirke rücksichtslos. Im Hinblick auf das geräumige Haus seien ein Anbau in dieser Größenordnung nicht geboten und eine Dachterrasse nicht erforderlich. Die Dachterrasse führe zu neuen Einblickmöglichkeiten. Mit dem Anbau werde – erstmalig – die Hauptnutzung in den hinteren Gartenbereich erweitert. Das Bauvolumen erreiche den Aufwand für einen Neubau.

3

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert. Die Beigeladenen halten die Beschwerde für unbegründet.

4

Außergerichtliche Einigungsbemühungen sind ergebnislos geblieben.

II.

5

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.06.2010 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu Recht abgelehnt.

6

1. Der Senat hält die von den Antragstellern angeregte Ortsbesichtigung (durch den Berichterstatter des Senats) nicht für erforderlich, weil die Lage und Nutzung der Grundstücke und der jahres- und tageszeitlich unterschiedliche Schattenwurf vom Grundstück der Beigeladenen aus anhand der vorliegenden Karten, CAD-Animationen (Anlage AST 6) und der dem Senat vorliegenden, allgemein zugänglichen Informationen zu Sonnenständen (im Internet: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe.) hinreichend sicher feststellbar sind.

7

2. Das Verwaltungsgericht hat die für den nachbarlichen Rechtsschutz der Antragsteller geltenden Maßstäbe zutreffend dargestellt (S. 2 und 4 des Beschl.-Abdr.); der Senat nimmt darauf Bezug.

8

a) Soweit die Antragsteller (auch) im Beschwerdeverfahren daran festhalten, dass wegen eines neubaugleichen Aufwandes kein Bestandsschutz gegeben sei, ist dies unrichtig.

9

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die An- und Umbaumaßnahmen die Identität der baulichen Anlagen nicht in Frage stellen, so dass – insbesondere – die Frage der Abstandsflächenwahrung des Bestandsgebäudes nicht "neu aufgeworfen" wird (vgl. dazu OVG Bautzen, Urt. v. 28.08.2005, 1 B 889/04, BRS 69 Nr. 127; OVG Münster, Beschl. v. 22.10.1997, 7 B 2464/97, Juris). Eine andere Beurteilung ist erst in Betracht zu ziehen, wenn die mit den Um- und Anbauten verbundenen Eingriffe in die Bausubstanz die Statik des gesamten Baus betreffen, wenn der Bauaufwand denjenigen eines Neubaus erreicht oder überschreitet oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder wesentlich erweitert wird (Urt. des Senats v. 22.10.2009, 1 LB 10/09, NordÖR 2010, 244; BVerwG, Beschl. v. 21.03.2001, 4 B 18.01, BRS 64 Nr. 90). Keiner dieser Fälle liegt vor; dies hat die Antragsgegnerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 2-3) überzeugend begründet: Weder das äußere Erscheinungsbild der "Stadtvilla" noch deren Statik werden verändert. Zur Statik ist nur ein Durchbruch vom Schlafzimmer zum Anbau überprüft worden (Beiakte B). Auch wenn die Baukosten den von den Beigeladenen "eingeräumten" Betrag von 120.000,-- Euro übersteigen sollten, sind greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Gesamtkosten der Maßnahme diejenigen eines Neubaus (auch nur annähernd) erreichen würden, weder dargelegt worden noch (angesichts der Preise für entsprechende Objekte [ohne Grundstück] in …) ersichtlich. Das "Maß" der Erweiterung durch den Anbau ist auch nicht als "wesentlich" in dem Sinne einzuordnen, dass dadurch eine qualitative Veränderung der bisherigen Bebauung bewirkt würde. Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen: Der auf ca. 75 qm Grundfläche geplante Anbau bleibt hinter dem Altbestand mit gut 160 qm Grundfläche, zwei Vollgeschossen und Dachgeschoss deutlich zurück.

10

b) Die Annahme der Antragsteller, die Baumaßnahme – insbesondere der Anbau – sei in der Umgebung ohne Vorbild, wäre für die nach § 34 Abs. 1 BauGB vorzunehmende planungsrechtliche Beurteilung relevant. Das "Einfügensgebot" gem. § 34 Abs. 1 BauGB hat für ein Vorhaben, das innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens bleibt, nur dann eine nachbarschützende Bedeutung, wenn die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung ausbleibt. Dem Rücksichtnahmegebot kommt insoweit im nachbarlichen Verhältnis zweier Grundstücke eine Korrekturfunktion im Sinne eines Ausgleichs schutzwürdiger - gegenläufiger – Interessen zu (vgl. Urt. des Senats v. 04.09.1997, 1 L 139/96, BRS 59 Nr. 174 m. w. N.; BVerwG, Urt. v. 13.06.1969, 4 C 234.65, BVerwGE 32, 173).

11

Das Bauvorhaben der Beigeladenen fügt sich, wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 4-5) und das Verwaltungsgericht (S. 4 u. des Beschl.-Abdr.) zutreffend ausgeführt haben, in den Rahmen der näheren Umgebung ein. Das gilt insbesondere für die mit dem Anbau verwirklichte "Tiefe" der Bebauung. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter dem Aspekt mangelnder Einfügung ist damit nicht gegeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, 4 B 128.98, NVwZ 1999, 879).

12

Die Frage, ob ein Anbau bzw. die Nutzung der Dachterrasse "geboten" oder "erforderlich" sind, ist für die Prüfung des im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zu beachtenden Rücksichtnahmegebots schon im Ansatz unerheblich. Das "Ob" und "Wie" des Bauens liegt in der Bestimmung der Bauherren und der baurechtlichen Vorgaben. Es mag sein, dass die Beigeladenen auf den Anbau (ganz) hätten verzichten, diesen kleiner oder mit geringerer Deckenhöhe ausführen oder die östliche Seitenwand des Anbaus gegenüber der "Flucht" des Altbaus hätten zurückspringen lassen können. Diese Möglichkeiten sind der privatautonomen Entscheidung der beigeladenen Bauherren zugewiesen. Die baurechtliche Prüfung ist an das beantragte Vorhaben gebunden. Die – in den Schriftsätzen der Antragsteller vom 22.07., der Beigeladenen vom 10.08. und im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochenen – baulichen Reduzierungen sind lediglich als Vergleichsmöglichkeiten erörtert worden. Der Nachbar kann eine Baugenehmigung schon vom Ansatz her rechtlich nicht durch den Hinweis auf eine seines Erachtens "bessere" Alternative zu Fall bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.6.1997, 4 B 97.97, BRS 59 Nr. 176). Der Nachbarrechtsschutz der Antragsteller beschränkt sich somit auf die Frage, ob das Bauvorhaben so, wie es beantragt und genehmigt worden ist, ihre – konkrete – Rechtsposition verletzt. Das ist nicht der Fall.

13

c) Eine rücksichtslose – und damit nachbarrechtsverletzende – Bebauung ist auch im Hinblick auf die Abstandsflächen und die Nutzung der Dachterrasse nicht gegeben.

14

Der Anbau der Antragsteller wahrt die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO 2009 gebotene Abstandsfläche. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme scheidet damit – im Regelfall – aus (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314; BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, a.a.O., []bei Juris Tn. 4]).

15

d) Unter besonderen Umständen kann eine bauliche Nutzung – ausnahmsweise - auch dann rücksichtslos sein, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen gewahrt sind. Dies kommt in Betracht bei "bedrängenden" oder (gar) "erdrückenden" Wirkungen einer baulichen Anlage (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.01.2007, 1 ME 80/07, BRS 71 Nr. 88) oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen. Im vorliegenden Fall besteht dafür weder im Hinblick auf den – von den Antragstellern so empfundenen - "massiven" Anbau (unten aa) noch auf die zusätzlichen Einblickmöglichkeiten von der Dachterrasse aus (unten bb) ein durchgreifender Ansatzpunkt; das Gleiche gilt für die von den Antragstellern angeführten Verschattungswirkungen des Anbaus (unten cc).

16

aa) Von einer "erdrückenden" oder "abriegelnden" Wirkung, die bei nach Höhe und Volumen "übergroßen" Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981, 4 C 1.78, DVBl. 1981, 928), ist der eingeschossige Anbau der Beigeladenen weit entfernt.

17

bb) Die durch die Dachterrasse eröffnete "Rundumsicht", die entstehenden neuen Einblickmöglichkeiten sowie evtl. von dort ausgehende Geräusche sind grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn die Beigeladenen aus dem Fenster sehen oder wenn sie einen Balkon anbauen und nutzen würden (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 12.10.2010, 1 B 149/10, Juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 16.10.2009, 1 LA 42/09, Juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 22.06.2006, 2 L 910/03, Juris, BauR 2006, 1943 [Ls.; bei Juris Tn. 38]). Ausnahmen kommen nur in stark verdichteten Bebauungssituationen in Betracht (vgl. OVG Münster, Urt. v. 22.08.2005, 10 A 3611/03, BRS 69 Nr. 91: Reihenhauszeile), die hier nicht vorliegen. Anders als in solchen Konstellationen können sich die Antragsteller auch durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

18

cc) Was die Verschattungswirkung des Anbaus anbetrifft, stehen diese in einem Zusammenhang mit den verkürzten Abstandsflächen, die durch die am 01. Mai 2009 in Kraft getretene neue Landesbauordnung (§ 6 Abs. 5 LBO) eingeführt worden sind.

19

Der neu bestimmte "bauordnungsrechtlich vertretbare Mindeststandard" (vgl. Niere, NordÖR 2009, 273 ff./275) dient auch dem Ziel einer ausreichenden "Ausleuchtung der Aufenthaltsräume mit Tageslicht" (Landtags-Drs. 16/1675, S. 146, 147). Die Mindestzufuhr von Licht, Luft und Sonne ist damit auch in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot definiert worden; mehr kann der Nachbar im Regelfall nicht verlangen (vgl. – in diesem Sinne – ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.10.2009, 10 S 26.09, Juris [Tz. 16-17], OVG Hamburg, Beschl. v. 26.09.2007, 2 Bs 188/07, NordÖR 2008, 73 ff.). Liegen keine Besonderheiten (s. o.) vor, bleibt die Einhaltung der Abstandsfläche für die Wahrung des Gebots der Rücksichtnahme maßgeblich (OVG Münster, Beschl. v. 09.02.2009, 10 B 1713/08, NVwZ-RR 2009, 459).

20

Ausgehend davon können die von dem Anbau ausgehenden Verschattungswirkungen nicht als rücksichtslos eingestuft werden. Das Rücksichtnahmegebot vermittelt keinen Anspruch auf die unveränderte Beibehaltung der einmal gegebenen Besonnung eines Grundstücks oder darauf, dass eine Nachbarbebauung Verschattungswirkungen in einem größeren Umfang zu vermeiden oder zu minimieren hat, als es das Abstandsflächenrecht fordert (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314 ff.). Die im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochene "spürbare Entlastung der Verschattung" durch eine "weitere Absenkung des Anbaus" und eine "Erhöhung des Abstandes" zur Grundstücksgrenze der Antragsteller kann über das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht eingefordert werden. Ein Verstoß gegen dieses Gebot erfordert eine qualifizierte Betroffenheit des Nachbarn, die über bloße Lästigkeiten hinausgeht (BVerwG, Urt. v. 06.10.1989, BRS 49 Nr. 188 [bei Juris Tn. 20]). Das ist vorliegend nicht festzustellen.

21

Der (künftig) entstehende Schattenwurf betrifft vor allem die Nordwestecke des Gartens der Antragsteller. Dieser Grundstücksbereich ist, wie im Internet veröffentlichte Luftbilder zeigen, schon jetzt durch den Schattenwurf des vorhandenen Altbaus der Beigeladenen (vor-) belastet.

Abbildung

22

Infolge des neu hinzukommenden Anbaus ist in diesem Grundstücksbereich mit zusätzlichem Schattenwurf etwa ab 14.00 Uhr zu rechnen; bis ca. 18.00 Uhr im Hochsommer bzw. ca. 16.00 Uhr im Frühjahr/Herbst werden zwischen 2 m und ca. 14 m dieses Bereichs verschattet. Dies lässt sich aus den Sonnenstandswinkeln (s. dazu die Grafik) und der vorgesehenen Höhe des Anbaus ableiten.

Abbildung

2

23

Quelle: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe . - Eingabe "A-Stadt”

24

Die von den Antragstellern eingereichte CAD-Animation zeigt ähnliche Ergebnisse.

25

Verschattungswirkungen treten – umgekehrt – auch vom Grundstück der Antragsteller aus in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen auf; diese betreffen die (Vormittags-) Zeit ab Sonnenaufgang bis längstens gegen Mittag und erreichen außerhalb des Hochsommers auch den Anbau der Beigeladenen.

26

Diese wechselseitige Verschattung zu gewissen Tages- und Jahreszeiten ist im Rahmen eines innerstädtischen Nachbarschaftsverhältnisses beiderseits hinzunehmen und zumutbar. Verschattungswirkungen dieser Art sind in Innenstadtgebieten nicht vermeidbar; in historisch gewachsenen Baugebieten – wie vorliegend - sind sie von vornherein angelegt. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf einen unveränderten Fortbestand der bisherigen (Besonnungs-)Situation besteht nicht, weil jeder Grundstückseigentümer damit rechnen muss, dass Nachbargrundstücke innerhalb des vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es infolge der Bebauung zu einer zusätzlichen Verschattung von Teilen des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 11.12.1997, Bs II 50/95, Juris [Ls. 7] sowie Beschl. v. 26.04.2000, 2 Bs 116/00, Juris). Das Gleiche gilt für die Verschattungswirkungen der (wachsenden) Grundstücksbepflanzung.

27

Eine qualifizierte, diese Rahmenbedingungen verlassende und das Maß des Zumutbaren überschreitende Betroffenheit der Antragsteller ist auch im Hinblick auf die spezifische Grundstückssituation nicht festzustellen. Ihrem Eckgrundstück haften lagebedingte Nachteile an. Der Umstand, dass das Grundstück als einzigen "straßenabgewandten" Bereich die im Schattenwurf des Altgebäudes und des Anbaus gelegene Fläche aufweist, vermag eine Einschränkung des Baurechts der Beigeladenen nicht zu begründen. Ihr Baurecht ist gegenüber einem Eckgrundstück nicht stärker mit Rücksichtnahmepflichten belastet als gegenüber sog. "Mittelgrundstücken" (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 20.11.2006, 4 TG 2391/06 [Ls. 2], BRS 70 Nr. 168). Für die Antragsteller verbleiben zudem Grundstücksbereiche, die von der Verschattung nicht betroffen sind und die in der – insgesamt – ruhigen Wohnlage auch auf der "straßenzugewandten" Seite des Eckgrundstücks für den Sonnengenuss nutzbar bleiben.

28

e) Weitere Beschwerdegründe haben die Antragsteller nicht dargelegt (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO).

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

30

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.

31

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 15.10.2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

55.000,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen zwei der Beigeladenen erteilte Baugenehmigungen zur Errichtung von Einzelhandelsmärkten (…) im Bereich des Bebauungsplans Nr. 19 der Gemeinde Burg/Dithmarschen. Die für den …-Markt erteilte Baugenehmigung wurde im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens durch eine Nachtragsbaugenehmigung vom 09.09.2013 ergänzt.

2

Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche gegen die Baugenehmigungen hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 15.10.2013 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die erteilten Genehmigungen verstießen nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- bzw. Bauordnungsrechts. Gegen die Vorhaben könne der Gebietserhaltungsanspruch nicht eingewandt werden, weil diese nicht in demselben Baugebiet lägen wie das Grundstück der Antragstellerin. Von einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 19 könne nicht ausgegangen werden. Die Vorhaben seien - hinsichtlich ihrer Lärmwirkungen oder ihrer Ausmaße - auch nicht rücksichtslos. Bezüglich des …-Marktes werde infolge der in der Nachtragsbaugenehmigung vorgesehenen Verlängerung der Rampeneinhausung mit Tor eine spürbare Lärmminderung erreicht werden. Die Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken würden gewahrt.

3

Ihre am 31.10.2013 eingegangene Beschwerde begründet die Antragstellerin - weiterhin - mit einem Gebietserhaltungsanspruch, der plangebietsübergreifend wirke. Aus der Begründung des Bebauungsplans Nr. 19 der Gemeinde ergebe sich, dass damit nachbarschützende Absichten verfolgt würden. Im Falle einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 19 lägen die Wohngebäude der Antragstellerin und das Vorhaben der Beigeladenen im selben (faktischen) allgemeinen Wohngebiet. Der Bebauungsplan sei unwirksam. Das Vorhaben der Beigeladenen sei unabhängig davon nicht gebietsverträglich, weil die vorgesehene Verkaufsfläche in oder an allgemeinen Wohngebieten nicht zugelassen werden dürfe. Von den Einzelhandelsmärkten gingen unverträgliche Belästigungen aus, zum einen hinsichtlich einer „erdrückenden“ Wirkung der Gebäudemasse, zum anderen im Hinblick auf Schallimmissionen. Lärmmindernde Auflagen (bzgl. der Einkaufswagen) würden nicht eingehalten. In der Nachtragsgenehmigung vom 09.09.2013 sei die Schließung des Sektionaltors nicht zur Auflage gemacht worden.

4

Der Antragsgegner hat zur Beschwerde nicht Stellung genommen.

5

Die Beigeladene erwidert, ein Gebietserhaltungsanspruch greife vorliegend nicht. Die Antragstellerin könne ihr Grundstück nicht im Vertrauen auf die Geltung des - erst später entstandenen - Bebauungsplans für das benachbarte Baugebiet bebaut haben. Von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 19 sei auszugehen. Den genehmigten Vorhaben, die inzwischen errichtet worden seien, komme keine „erdrückende“ Wirkung zu. Die Lärmwirkungen seien zumutbar. Die Bereitschaft zur Schließung des Sektionaltors während der Lkw.-Entladung sei ausdrücklich erklärt worden.

II.

6

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15.10.2013 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

7

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die erteilten Genehmigungen keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungs- bzw. Bauordnungsrechts verletzen.

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1. Soweit die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren - weiterhin - auf einen Gebietserhaltungsanspruch zu stützen versucht, bleibt dies ohne Erfolg.

9

Ein solcher Anspruch schützt Eigentümer innerhalb eines Baugebietes vor der Zulassung von gebietsunverträglichen Vorhaben. Vorliegend scheitert dieser Anspruch bereits daran, dass das Grundstück der Antragstellerin nicht in demselben Baugebiet liegt wie das Vorhaben der Beigeladenen.

10

Tragfähige Ansatzpunkte dafür, dass der Antragstellerin - ausnahmsweise - ein gebietsübergreifender Abwehranspruch gegen das Vorhaben der Beigeladenen zusteht, fehlen. Die Hinweise auf die Begründung des Bebauungsplans Nr. 19, die „im Interesse des Ortsbildes“ und „zum besseren Einfügen“ eine (First-)Höhenbegrenzung und eine Fassadenbegrünung vorsehen, enthalten allgemein- städtebauliche Erwägungen ohne nachbarschützende Zielrichtung. Soweit „mit Rücksicht auf die Nachbarschaft“ eine Heckenanpflanzung am Rande der Stellplatzanlage gefordert wird, betrifft dies allein die Minderung von (Licht-)Immissionen, nicht aber die Art des zugelassenen (Gesamt-)Vorhabens. Es mag zutreffen - wie die Antragstellerin unter Bezugnahme auf den Beschluss des OVG Lüneburg vom 27.04.2011 (1 MB 1190/01, BauR 2001, 1239 [bei Juris Rn. 13]) ausführt - dass in Fällen „korrespondierender“ (Nachbar-) Bebauungspläne ein plangebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch bestehen kann. Vorliegend sind indes Ansatzpunkte dafür, dass der Bebauungsplan Nr. 19 hinsichtlich der darin zugelassenen Einzelhandelsnutzung „korrespondierend“ zu den benachbarten Baugebieten, insbesondere zu dem Bereich, in dem das Grundstück der Antragstellerin liegt, aufgestellt worden ist, von vornherein ausgeschlossen. Die Beigeladene weist dazu - überzeugend - darauf hin, dass das Grundstück der Antragstellerin unbeplant ist und dass dieses Grundstück - ferner - zu einer Zeit bebaut worden ist, als auch der dem Bebauungsplan Nr. 19 vorausgegangene Bebauungsplan Nr. 16 noch nicht galt (Schriftsatz vom 05.12.2013, S. 3). Damit entbehrt die Annahme, der (frühere) Bebauungsplan Nr. 16 bzw. der (jetzige) Bebauungsplan Nr. 19 seien dergestalt „korrespondierend“ mit dem angrenzenden - unbeplanten - Bereich aufgestellt worden, dass die Antragstellerin eine bestimmte Nutzungsart auf dem Grundstück der Beigeladenen abwehren könnte, jeder Grundlage.

11

2. Ob der Bebauungsplan Nr. 19 - wie die Antragstellerin meint (und im Normenkontrollverfahren 1 KN 12/13 geltend macht) - unwirksam ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Klärung.

12

a) Das Verwaltungsgericht hat bereits - zutreffend - auf die Rechtsprechung des Senats hingewiesen, wonach im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines (Nachbar-)Widerspruchs gegen eine Baugenehmigung grundsätzlich von der Wirksamkeit des der Genehmigung zugrundeliegenden Bebauungsplans auszugehen ist, sofern sich nicht aus den Beschwerdegründen Ansatzpunkte ergeben, die - überwiegend wahrscheinlich - auf Unwirksamkeitsgründe hinweisen (Beschluss des Senats vom 26.04.2005, 1 MB 19/05, Juris [Rn. 21 m. w. N.]); daran ist festzuhalten.

13

b) In ihrer Beschwerdebegründung wiederholt die Antragstellerin formelle Rügen gegen den Bebauungsplan Nr. 19 hinsichtlich der ortsüblichen Bekanntmachung der Planaufstellung, einer UVP-Vorprüfung, der Anpassung an den Flächen- nutzungsplan und der Information über das Plangebiet „an der Würdenkoppel“. Ohne insoweit der abschließenden Prüfung im Normenkontrollverfahren vorzugreifen, ergibt sich aus den angegebenen Gründen jedenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Bebauungsplan Nr. 19 unwirksam ist (nachfolgend aa). Unabhängig davon stünde der Antragstellerin im Falle einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans kein Gebietserhaltungsanspruch zu (nachfolgend bb).

14

aa) Was die (geforderten) Hinweise auf das beschleunigte Verfahren gem. § 13a BauGB anbetrifft, ergibt sich dies aus § 214 Abs. 2a Nr. 2 BauGB.

15

Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 6 des Landesgesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 13.05.2003 i. d. F. vom 19.01.2012 (LUVPG; GVOBl. SH S. 89, 94) i. V. m. Ziff. 10.2 der Anlage zu diesem Gesetz hat die Gemeinde - ausgehend von einer vorgesehenen Verkaufsfläche von (1.500 m² + 1.000 m² = zusammen) 2.500 m² - im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans durchgeführt (s. Ziff. 1.1 und Ziff. 3. [S. 10-17] der Planbegründung). Soweit die Antragstellerin demgegenüber auf Ziff. 18.6.2 der Anlage 1 zum (Bundes-) Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) verweist, ergibt sich daraus ebenfalls - nur - das Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3 c Satz 1 UVPG. Auf die - im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 18.04.2013 (C-463/11, NVwZ-RR 2013, 503) - aufgehobene Fehlerheilungsvorschrift in § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB a. F. (s. BGBl. Nr. 29/2013, S. 1548/1550 [zu Nr. 30]) kommt es vorliegend nicht an, weil Ansatzpunkte dafür, dass eine Umweltprüfung im vorliegenden Fall zu Unrecht unterblieben ist, nicht vorliegen.

16

Das Überschreiten der „Schwelle der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 BauNVO“ in Bezug auf die Großflächigkeit der im Plangebiet vorgesehenen Einzelhandelsbetriebe ist für das Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nicht von Belang, da die Anlagenliste nach dem UVPG bzw. dem LUVPG insoweit eigenständige Schwellenwerte bestimmt („1.200 m² bis weniger als 5.000 m²“). Die in § 13 a Abs. 1 Satz 4 BauGB genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens liegen damit vor.

17

Die Gemeinde hat auch ihren Flächennutzungsplan berichtigt (vgl. § 13a Abs. 2 Ziff. 2 BauGB; s. Ziff. 1.2 der Planbegründung [S. 4-5]); einer „Entwicklung“ des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB bedürfte es - darüber hinaus - nur, wenn die sich aus dem (bisherigen) Flächen- nutzungsplan „ergebende städtebauliche Ordnung beeinträchtigt“ worden wäre (§ 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Das ist von der Antragstellerin nicht dargelegt worden und im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch sonst nicht erkennbar geworden.

18

Die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vom 27.08.2011 enthält zum Plangebiet die Information „Bereich zwischen der Wördenkoppel, dem Norderende, der Bahnhofstraße mit Zufahrt von der südöstlich gelegenen Lindenstraße“ (Beiakte A zu 1 KN 10/13, Gl. 4); dies genügt für die verfahrensrechtliche Anstoßfunktion.

19

bb) Wird eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 19 unterstellt, könnte die Antragstellerin einen Gebietserhaltungsanspruch nur durchsetzen, wenn ihr Grundstück in dem selben Baugebiet läge wie der Bereich, in dem die Beigeladene ihre Vorhaben realisiert. Jener Bereich war im Vorgänger- Bebauungsplan Nr. 16 als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen, während das Grundstück der Antragstellerin in einem unbeplanten Bereich lag und liegt. Ob der unbeplante Bereich einem „faktischen Baugebiet“ - im Sinne eines allgemeinen Wohngebiets - entspricht, ist den Darlegungen im Beschwerdeverfahren nicht zu entnehmen. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären der Bereich des Vorhabens der Beigeladenen bzw. das Grundstück der Antragstellerin - nicht als ein Baugebiet anzusehen, weil keiner der betroffenen Grundstückseigentümer seine Grundstücksbebauung auf diejenige des jeweils anderen Bereichs abzustimmen brauchte. Das folgt auch aus der unterschiedlichen „Ausrichtung“ der beiden genannten Bereiche: Während die Antragstellerin ihre Gebäude an die … „angebaut“ hat, ist die benachbarte Fläche der Beigeladenen aus einer ehemaligen Hofstelle hervorgegangen, die auf die … ausgerichtet war. Damit fehlt einem Gebietserhaltungsanspruch die wesentliche Grundlage, die im Schutz des Vertrauens auf die wechselseitige Wahrung einer „gewachsenen“ faktischen Gebietsqualität liegt.

20

3. Der Antragstellerin ist auch nicht zuzustimmen, soweit sie das Vorhaben der Beigeladenen für „gebietsunverträglich“ hält. Sie versucht dies daraus abzuleiten, dass die vorgesehene Verkaufsfläche von (zusammen) 2.500 m² zu schädlichen Auswirkungen führe, die „in oder an allgemeinen Wohngebieten“ unzulässig seien (S. 7 der Beschwerdebegründung). Die Antragstellerin geht insoweit - stillschweigend - davon aus, dass sich ihr Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet befindet. Richtigerweise liegt das Grundstück in einem unbeplanten Bereich. Unabhängig davon trägt der Bebauungsplan der Großflächigkeit der im Plangebiet zugelassenen Einzelhandelsbetriebe durch die Festsetzung eines Sondergebiets Rechnung (§ 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO). Allein der Umstand, dass das Sondergebiet an einen unbeplanten Bereich mit Wohngebäuden angrenzt, führt noch nicht zu dessen planungsrechtlicher Unzulässigkeit.

21

4. Für die planungsrechtliche Beurteilung maßgeblich ist nicht das bloße Aufeinandertreffen verschiedener Plangebietsarten, sondern die - nach der zugelassenen Nutzung konkret zu beantwortende - Frage, inwieweit das zugelassene Vorhaben zu unzulässigen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 BImSchG führt oder führen kann. Das ist nicht festzustellen.

22

a) Die planende Gemeinde hat dies im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 19 - insbesondere - im Hinblick auf die Lärmwirkungen der zugelassenen Einzelhandelsbetriebe untersucht. Für den geplanten …-Markt liegen die prognostizierten Werte deutlich unterhalb der Immissionsrichtwerte nach Ziff. 6.1.d der TA Lärm. In Bezug auf den …-Markt werden die maßgeblichen Immissionsrichtwerte - wie das Verwaltungsgericht formuliert hat - „tags und nachts mit 55,0 dB(A) am Tage gerade eingehalten bzw. mit 54,9 dB(A) tags und mit 39,9 dB(A) in der Nacht jeweils um nur 0,1 dB(A) unterschritten“ werden (Schallimmissionsprognose des Ing.-Büros g... akustik aus Leipzig vom 24.08.2912; bezogen auf die IO 04 und 05 am Grundstück der Antragstellerin). Ob diese Werte im Rahmen der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung Anlass zu weiteren (planerischen) Überlegungen hätte geben müssen, mag der Entscheidung im - noch anhängigen - Normenkontrollverfahren (1 KN 12/13) vorbehalten bleiben. Für das vorliegende Verfahren ergibt sich daraus – jedenfalls - , dass nicht von vornherein mit unzumutbaren Lärmbelästigungen zu rechnen ist.

23

b) Gegenüber der dargestellten planungsrechtlichen Situation ist das Grundstück der Antragstellerin durch die konkrete Ausgestaltung des genehmigten Vorhabens in erweitertem Maße vor unzulässigen Lärmbelästigungen geschützt: Aufgrund der - in das vorliegende Verfahren einbezogenen - Nachtragsbaugenehmigung vom 09.09.2013 wird die schallabschirmende Einhausung der Laderampe am …-Markt um 7,63 m verlängert und mit einem Tor versehen. Dadurch verringert sich die prognostizierte Lärmbelastung des Grundstücks der Antragstellerin - erheblich - (am IO 04) auf 50,8 dB(A) tags (Berechnung des Ing.-Büros g... akustik vom 23.07.2013).

24

Soweit die Antragstellerin beanstandet, dass die Nachtragsgenehmigung der Beigeladenen das Schließen des Sektionaltors nach der Einfahrt der Lkw. bzw. dem Motorstart nicht zur Auflage gemacht habe, verhilft dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Abgesehen davon, dass eine entsprechende schriftliche Auflage (u. a.) im - ausstehenden - Widerspruchsbescheid noch erfolgen kann, hat die Beigeladene im Beschwerdeverfahren ausdrücklich ihre Bereitschaft erklärt, „das Sektionaltor nach Einfahrt eines Lkw zu schließen und geschlossen zu halten und erst zur Ausfahrt des Lkw wieder“ zu öffnen; einer entsprechenden Auflage werde sie sich unterwerfen (Schriftsatz vom 05.12.2013, S. 6). Der Antragsgegner hat die angefochtene Baugenehmigung bzw. Nachtragsbaugenehmigung i. ü. mit zahlreichen weiteren immissionsmindernden Auflagen versehen (u. a. zu Lüftungsaggregaten, zeitliche Begrenzung von Anlieferungen, Abschirmung des Schneckenverdichters, Einkaufswagen mit Kunststoffkorb) und damit erkannt, dass (insbesondere) in Fällen, in denen bei „laufendem Betrieb“ der Einkaufsmärkte eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte droht, konkrete immissionsmindernde Regelungen zusammen mit der Genehmigung erforderlich sind, damit die Immissionsrichtwerte nicht nur „auf dem Papier“ stehen (vgl. OVG Münster, Beschlüsse v. 12.02.2013, 8 A 96/12 sowie 2 B 1336/12, Juris). In Bezug auf die die Einkaufwagen betreffenden Auflage weist die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass die Frage ihrer Befolgung nichts mit der - im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden - Rechtmäßigkeit der Genehmigung zu tun hat.

25

5. Die aus abstandsrechtlichen Gründen und mit Hinweis auf das Gebot der Rücksichtnahme vorgebrachten Einwendungen der Antragstellerin sind ebenfalls unbegründet.

26

a) Die Abstandsflächen zum Grundstück der Antragstellerin werden gewahrt (s. S. 8 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts). Soweit die Antragstellerin anführt, die Abstände seien „nicht zutreffend ermittelt“ worden, wird dies nicht weiter substantiiert. Der Senat sieht keinen Anlass, insoweit noch auf Vermessungsergebnisse zu warten, zumal diese allenfalls eine von der angefochtenen Genehmigung abweichende Bauausführung, nicht aber einen Rechtsfehler der Genehmigung belegen könnten.

27

b) Eine „erdrückende“ Wirkung der genehmigten Einzelhandelsmärkte bzw. ihrer Gebäudemasse ist nicht erkennbar. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses (S. 8).

28

Die mit der Beschwerde vorgelegten Fotos vermitteln für eine „erdrückende“ Wirkung keinen Ansatzpunkt. Die Wirkung des neuen …-Marktes auf das benachbarte Gebäude … der Antragstellerin wird auf keinem der Fotos dargestellt; die Fotos zeigen diesen Markt nur von der „anderen“ Seite - der Würdenkoppel - aus und im übrigen - aus Richtung Lindenstraße bzw. der (privaten) Zuwegung zum Grundstück … - den …-Markt.

29

Die Ansicht der Antragstellerin, eine „erdrückende“ Wirkung folge daraus, dass ihr Gebäude … „an der Nord- und Südwestgrenze vollständig von Märkten eingegrenzt“ werde (S. 9 der Beschwerdebegründung), verkennt die insoweit anzuwendenden rechtlichen Maßstäbe. Eine „erdrückende Wirkung“ liegt nicht - schon - dann vor, wenn Blickbeziehungen (zur „zuvor einsehbaren Bahnhofstraße“) unterbrochen werden. Das Rücksichtnahmegebot entspricht keiner allgemeinen „Härteklausel“; hält ein - mit Nachbarwiderspruch angefochtenes - Vorhaben den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstand ein, kann eine „erdrückende Wirkung“ des genehmigten Gebäudes auf das Nachbargebäude in der Regel nicht angenommen werden (Beschl. des Senats v. 14.01.1994, 1 M 79/93, Juris; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, 4 B 128.98, NVwZ 1999, 879). Es muss hinzu kommen, dass die von Höhe, Gestaltung und (Bau-)Masse eines Gebäudes ausgehende Wirkung auf ein Nachbargebäude derart massiv ist, dass es diesem förmlich "die Luft nimmt", so dass für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht. Das kann in Ausnahmefällen - auch bei Wahrung der Abstandsflächen - auf Grund von Besonderheiten des Einzelfalls der Fall sein, wenn das betroffene Nachbargebäude nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. Urt. des Senats v. 14.09.1997, 1 L 139/96, BRS 59 Nr. 174 [bei Juris Rn. 143 - 147]; OVG Münster, Beschl. v. 03.07.2013, 7 B 477/13, Juris).

30

Die Antragstellerin greift Teile dieser Anforderungen in ihrer Beschwerdebegründung (S. 10) durchaus auf, legt aber nicht dar, warum ihr Gebäude …, das - nur - an einer Giebelseite und an der nordwestlichen Traufseite vis-à-vis zu den genehmigten Einkaufsmärkten liegt, künftig an Charakteristik einbüßt. Das Gebäude bleibt „frei“ zur Lindenstraße und nach Nordosten hin, wo sich größere Grünflächen (Friedhof) anschließen.

31

6. Der Antrag, die Baustelle stillzulegen, ist abzulehnen. Nach den vorstehenden Gründen bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung bzw. Nachtragsgenehmigung keine Bedenken. Die Frage, ob nach (faktischem) Abschluss der Bauarbeiten überhaupt noch Raum für einen Antrag auf Baustilllegung bleibt, kann damit dahinstehen.

32

7. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

33

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie sich mit eigenen Anträgen am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.

34

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG.

35

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.