Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 13. Nov. 2008 - 1 LA 79/08

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2008:1113.1LA79.08.0A
bei uns veröffentlicht am13.11.2008

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer, Einzelrichter - vom 26. Juni 2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

1

Die begehrte Zulassung der Berufung ist nicht möglich, denn die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) liegen nicht vor. Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel, dass das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich aller Anträge im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. Die Rechts- und Tatsachenfragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, weisen auch keine besonderen Schwierigkeiten auf. Die Anträge, waren bereits deshalb abzuweisen, weil das von der Klägerin erstellte reetgedeckte Gebäude, das sie in Zukunft als Doppelgarage nutzen möchte, die Anforderungen nach § 37 LBO nicht erfüllt. Dieses Gebäude ist nicht weit genug von ihrem überwiegend reetgedeckten Hauptgebäude entfernt (weniger als 7,50 m).

2

Nach dem Wortlaut des § 37 LBO müsste das streitige Gebäude gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 LBO einen Abstand von 24 m von dem Hauptgebäude einhalten, denn beide Gebäude erfüllen die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 LBO nicht. Mit überzeugender Begründung hat der Beklagte jedoch § 37 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 LBO angewandt. Da diese Vorschrift für die Klägerin günstiger ist (Abstand 12 m), bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen. Das neue Gebäude der Klägerin hält auch diesen Abstand zu ihrem Hauptgebäude nicht ein. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die Bemessung der Abstandsfläche nur auf den Abstand zwischen den Gebäuden und nicht auf den Abstand zu der nächstgelegenen Reetdachfläche des Hauptgebäudes an. Dies entspricht dem Gesetzeswortlaut, der nicht auf die jeweilige Bedachung und seine Ausgestaltung abstellt, sondern auf den Abstand zwischen den Gebäuden. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf seine bisherige Rechtsprechung (Urt. v. 19.12.1995 – 1 L 81/95 –, die auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg, Urt. v. 28.06.1988 – 1 A 151/85 –, BRS 48 Nr. 89 Bezug nimmt). Diese Entscheidungen beziehen sich zwar nicht auf die Abstände zwischen den Gebäuden auf demselben Grundstück, sondern auf den Abstand von der Grundstücksgrenze. Die Argumentation, insbesondere der Hinweis auf den Wortlaut des Gesetzes, gilt jedoch gleichermaßen für die Bemessung des Abstandes zwischen den Gebäuden auf demselben Grundstück. Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Ob bei besonders gelagerten Fallgestaltungen (zum Beispiel bei einem gemischt gedecktem Dach mit überwiegendem Hartdachanteil, der dem Vorhaben zugewandt ist) abweichend von dem Wortlaut des Gesetzes nicht auf den dem Vorhaben am dichtesten zugewandten Gebäudeteil, sondern auf die weichgedeckte Dachfläche abzustellen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, denn der größte Teil des Hauptgebäudes ist reetgedeckt.

3

Die Klägerin kann sich nicht erfolgreich auf § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 LBO berufen. Dabei lässt der Senat offen, ob diese Vorschrift, die nach ihrem Wortlaut die Errichtung eines (Haupt)gebäudes neben einem reetdeckten Nebengebäude regelt, auch auf den hier vorliegenden Fall der Errichtung eines Nebengebäudes neben einem bereits vorhandenen weichgedeckten Hauptgebäude anwendbar ist, denn das hier zu beurteilende Garagengebäude ist nicht klein im Sinne von § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 LBO. Die Auffassung der Klägerin, Doppelgaragen unterfielen dieser Vorschrift unabhängig von ihrer Größe und Ausgestaltung, die auch in der Literatur vertreten wird (Arndt/Jensen/Thomsen/Witt, Handkommentar zur LBO Schleswig-Holstein, 1. Aufl. 2001, § 37 Rn. 9 – ohne Begründung; Domning/Möller/Suttkus, Bauordnungsrecht Schleswig-Holstein, Loseblatt, § 37, Rn 16 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 03.11.1977 – 1 A 28/76 –, DÖV 1978, 220), überzeugt nicht. Insbesondere ist das oben genannte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht geeignet, diese Auffassung zu stützen, denn Grundlage dieses Urteils ist nicht § 37 LBO in der heutigen Fassung, sondern § 40 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 der LBO 1975 (Bekanntmachung der Neufassung der LBO 1975 GVOBl. S. 141). Diese Vorschrift setzte eine erheblich niedrigere Brandlast des Nebengebäudes als § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 LBO in der heutigen Fassung voraus, denn danach musste das Nebengebäude hartgedeckt sein. Da nach § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 LBO reetgedeckte Nebengebäude neben reetgedeckten Hauptgebäuden zulässig sind, sind hinsichtlich der zulässigen Größe solcher Nebengebäude strengere Anforderungen als nach § 40 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 LBO 1975 zu stellen. Ob allerdings - wie der Beklagte meint - ein kleines Gebäude im Sinne von § 37 Abs. 2 S.1 Nr. 4 LBO nur bis zu einem Bruttorauminhalt von 50 m3 angenommen werden kann (so ausdrücklich § 32 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und § 32 Abs. 3 Nr. 1 der Musterbauordnung 2002; ebenso: Art. 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 1 BayBO), oder ob jeweils - insbesondere unter Berücksichtigung der Brandlasten - eine Einzelfallbeurteilung anzustellen ist, ist zweifelhaft. Diese Frage kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Angesichts der Größe und der baulichen Ausführung besteht jedenfalls hier kein Zweifel, dass das zu beurteilende Gebäude nicht klein im Sinne von § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 LBO ist. Nach seinen Maßen (Grundfläche knapp 50 qm, Firsthöhe 5,80 m, ca. 220 m3 Rauminhalt) und seiner baulichen Ausführung erweckt es nicht mehr den Eindruck eines kleinen Nebengebäudes (Garage), sondern eines eigenständigen kleinen Ferienhauses, das durch sein großes, weit heruntergezogenes Reetdach eine erhebliche Brandlast trägt.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

5

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO).

6

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

7

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.