Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Feb. 2015 - 8 A 10959/14

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2015:0211.8A10959.14.0A
bei uns veröffentlicht am11.02.2015

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 10. September 2014 wird festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, in der Etikettierung eines aromatisierten weinhaltigen Getränkes das Wort „Aperitivo“ in der Wortverbindung „Aperitivo Sprizz“, wie auf Seite 2 der Klageschrift abgebildet, zu verwenden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Verwendung des Ausdrucks „Aperitivo“ in der Bezeichnung „Aperitivo Sprizz“ bei der Etikettierung eines aromatisierten weinhaltigen Getränkes.

2

Die Klägerin betreibt eine Sektkellerei, die auch aromatisierte weinhaltige Getränke und aromatisierte weinhaltige Cocktails herstellt. Bei einer Weinkontrolle am 19. Juni 2013 beanstandete ein Weinkontrolleur des Instituts für Lebensmittelchemie Koblenz die Verwendung des Ausdrucks Aperitivo in der Bezeichnung „Aperitivo Sprizz“ für einen aromatisierten weinhaltigen Cocktail, weil dieser Begriff nach der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 nur für aromatisierte Weine verwendet werden dürfe.

3

Nachdem die Klägerin unter Berufung auf Stellungnahmen der Europäischen Kommission und des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten geltend gemacht hatte, dass die Bezeichnung zulässig sei, wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier sie mit Schreiben vom 26. März 2013 darauf hin, dass nach Art. 2 Abs. 1a Unterabsatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 die Ausdrücke „Aperitif“ bzw. „Aperitivo“ für andere Erzeugnisse als aromatisierte Weine im Anwendungsbereich dieser Verordnung in Alleinstellung nicht verwendet werden dürften. Für die ab dem 28. März 2015 anzuwendende Verordnung (EU) Nr. 251/2014, die eine gleichlautende Regelung enthalte, gelte nichts Anderes. Diese Auffassung stehe nicht im Widerspruch zu der des Ministeriums. Der Ausdruck „Aperitif“ dürfe zwar in beschreibender Form verwendet werden, wegen der Verwechslungsgefahr mit der Verkehrsbezeichnung aber nicht in Alleinstellung. Bei der Wortverbindung „Aperitivo Sprizz“ werde der Ausdruck „Aperitivo“ aber in Alleinstellung verwendet, weil der Verbraucher unter „Sprizz“ lediglich einen Hinweis auf eine perlende Eigenschaft sehe, zumal der Ausdruck „Aperitivo“ durch die Gestaltung des Etiketts herausgehoben werde.

4

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, ihr die Verwendung des Ausdrucks „Aperitivo“ in der Wortverbindung „Aperitivo Sprizz“ für ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk mit der auf Seite 2 der Klageschrift abgebildeten und anschließend wiedergegebenen Aufmachung zu untersagen.

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7

Der Gebrauch des Ausdrucks Aperitif sei in Art. 2 Abs. 1 a der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 nicht abschließend geregelt. Mit der Zulassung der Bezeichnung „Wein-Aperitif“ als Synonym für aromatisierten Wein werde die Verwendung des Ausdrucks „Aperitif“ für andere Bereiche des Lebensmittelrechts nicht ausgeschlossen. Dies werde durch die Öffnungsklausel im folgenden Satz bestätigt. Es handele sich nicht um eine abschließende Regelung, sondern nur um eine Klarstellung im Hinblick auf Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung. Dafür spreche die Beschränkung der Öffnungsklausel auf die Verkehrsbezeichnung. Der Gesetzgeber habe berücksichtigt, dass der Ausdruck „Aperitif“ im allgemeinen Sprachgebrauch nicht nur für Wein verwendet werde und lediglich auf den Konsum vor dem Essen hinweise. Entsprechend habe die Europäische Kommission auf Anfrage unter dem 2. Februar 2012 mitgeteilt, solange der Ausdruck „Aperitif“ nicht als Verkehrsbezeichnung verwendet werde, dürfe er auch bei der Etikettierung aromatisierter weinhaltiger Getränke und Cocktails verwendet werden. Hier werde er in der Wortverbindung „Aperitivo Sprizz“ gebraucht, wobei mit „Sprizz“ zahlreiche Sommergetränke bezeichnet würden. Eine Irreführungsgefahr bestehe nicht, weil nicht auf einen flüchtigen Verbraucher, sondern auf einen durchschnittlich gebildeten und interessierten Verbraucher abzustellen sei.

8

Der Beklagte führte aus: Der Begriff „Aperitivo“ werde hier als Verkehrsbezeichnung genutzt und sei geeignet, falsche Vorstellungen über den Inhalt des Getränkes zu wecken. Unabhängig von der Irreführungseignung sei die Verwendung dieses Begriffes aber als Verkehrsbezeichnung oder in Alleinstellung für Erzeugnisse, für die die Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 gelte, nur zulässig, soweit es sich um aromatisierte Weine handele.

9

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. September 2014 abgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Der begehrten Feststellung stehe § 25 WeinG entgegen. Die von der Klägerin verwendete Bezeichnung „Aperitivo Sprizz“ enthalte mit dem Wort „Aperitivo“ eine europarechtlich nicht zulässige Angabe. Nach Art. 2 Abs. 1a der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 könne die Bezeichnung „aromatisierter Wein“ durch die Bezeichnung „Wein-Aperitif“ ersetzt werden. Mit der Verwendung des Ausdruckes „Aperitif“ in diesem Zusammenhang werde der Verwendung dieses Ausdruckes zum Zwecke der Begriffsbestimmung für nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallende Erzeugnisse nicht vorgegriffen. Diese Vorschrift sei so zu verstehen, dass der Ausdruck „Aperitif“ oder „Aperitivo“ bei Erzeugnissen, auf die die Verordnung anzuwenden sei, nur zulässig sei, wenn es sich um aromatisierten Wein handele. Aus dem ausdrücklichen Hinweis, dass mit Verwendung des Ausdruckes „Aperitif“ in diesem Zusammenhang seiner Verwendung zum Zwecke der Begriffsbestimmung für nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallende Erzeugnisse nicht vorgegriffen werde, folge, dass die Regelung für den Anwendungsbereich der Verordnung abschließend sei. Diese Auffassung werde bestätigt durch den Kommentar von Koch, wonach die Angabe „weinhaltiger Aperitif“ ebenso verboten sei, wie die Bezeichnung „aromatisierter Aperitif“.

10

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob aromatisierte weinhaltige Getränke als Aperitif bezeichnet werden dürften.

11

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Angabe „Aperitif“ durch Art. 2 Abs. 1a (EWG) Nr. 1601/1991 nicht allein für aromatisierte Weine zugelassen. Vielmehr schließe die Regelung die Verwendung für aromatisierte weinhaltige Getränke und aromatisierte weinhaltige Cocktails nicht aus. Aus dieser Regelung ergebe sich nur, dass die Bezeichnung „Wein-Aperitif“ als Synonym für die Verkehrsbezeichnung „aromatisierter Wein“ verwendet werden und diese ersetzen kann. Eine Sperrwirkung für die Angabe „Aperitif“ lasse sich daraus jedoch nicht entnehmen. Soweit es darüber hinaus heiße, dass mit der Verwendung des Ausdruckes „Aperitif“ in diesem Zusammenhang der Verwendung dieses Ausdrucks zum Zweck der Begriffsbestimmung für nicht unter den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallende Erzeugnisse nicht vorgegriffen werde, handele es sich um eine Klarstellung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1601/91, dass Bezeichnungen entsprechend den Leitsätzen für weinähnliche Getränke (dort Abschnitt II C Nr. 7) etwa als „Apfel-Birnenwein-Aperitif“ oder „Fruchtwein-Aperitif“ zulässig sind. Geregelt werde die Angabe „zum Zwecke der Begriffsbestimmung“. Damit werde nicht die zusätzliche Angabe „Aperitif“ als Hinweis auf ein Getränk, das vor der Mahlzeit eingenommen wird, für aromatisierte weinhaltige Cocktails oder aromatisierte weinhaltige Getränke verboten. Bei den Begriffsbestimmungen gehe es um die Verkehrsbezeichnung, nicht aber um ergänzende Angaben. Zu diesen finde sich eine Regelung in Art. 2 Abs. 5 Verordnung (EG) Nr. 1601/1991. Dies werde durch die Kommentierung von Koch (Stichwort aromatische Getränke Anmerkung 4.1) bestätigt. Mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 251/2014 ändere sich daran nichts zum Nachteil des Klägers. „Wein-Aperitif“ sei allerdings danach nicht mehr ein Synonym für aromatisierten Wein, sondern ein aromatisierter Wein, der mit Alkohol versetzt wurde. Die vorgesehene Ausstattung sei mit § 25 Abs. 1 WeinG vereinbar, denn die Verkehrsbezeichnung „aromatisiertes weinhaltiges Getränk“ sei zutreffend angegeben. Eine Irreführungsgefahr bestehe nicht, denn die Angabe „Aperitif“ sei nach dem allgemeinen Verkehrsverständnis kein Hinweis auf die Getränkekategorie „aromatisierte Weine“.

12

Die Klägerin beantragt,

13

das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 10. September 2014 zu ändern und festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin zu untersagen, in der Etikettierung eines aromatisierten weinhaltiges Getränkes den Begriff „Aperitivo“ im Zusammenhang mit „Aperitivo Sprizz“ zu verwenden, wie auf S. 2 der Klageschrift abgebildet.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass es sich vorliegend um eine europarechtlich nicht zulässige Angabe handele, weil die Verwendung des Begriffes „Aperitif“ für den Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1601/1991 abschließend geregelt sei. Sie sei zudem irreführend i.S.v. § 25 Abs. 2 Nr. 1 WeinG, weil sie für ein Erzeugnis verwendet werde, das den für diese Angabe festgesetzten Anforderungen nicht entspreche. Die Berufungsbegründung sei nicht geeignet, dies in Frage zu stellen. Art. 2 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1601/1991 regele nicht, dass Bestandteile der geregelten Verkehrsbezeichnung einschließlich des Begriffs „Getränk“ nicht in anderem Zusammenhang verwendet werden dürften, jedoch werde die Verwendung des Begriffes „Aperitif“ auf die aromatisierten Weine beschränkt und die des Begriffs „Cocktail“ auf aromatisierte weinhaltige Cocktails. Im Rahmen der Beschreibung des Produkts und seines Verwendungszwecks sei die Verwendung dieser Begriffe zulässig. Hier werde der Begriff jedoch blickfangartig herausgestellt, so dass er sich nicht als Produktbeschreibung darstelle und auch nicht durch eine eindeutig zugeordnete Verkehrsbezeichnung relativiert werde. Damit sei die Unterscheidbarkeit der drei geregelten Erzeugniskategorien nicht gewährleistet.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

19

Das Verwaltungsgericht hätte der von ihm zutreffend für zulässig gehaltenen Feststellungsklage stattgeben müssen.

20

1. Das als „Aperitivo Sprizz“ bezeichnete Getränk verstößt mit der umstrittenen Etikettierung entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht gegen das Verbot zum Schutz vor Täuschung nach § 25 WeinG.

21

a. Ein solcher Verstoß liegt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht schon gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 1 WeinG vor.

22

Das wäre nur der Fall, wenn die Angabe „Aperitivo“ verwendet würde, ohne dass das Erzeugnis den für diese Angabe in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, im Weingesetz oder Rechtsverordnungen aufgrund des Weingesetzes festgesetzten Anforderungen entspräche. Das vorliegende Erzeugnis, ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk, verstößt nicht deshalb gegen die festgesetzten Anforderungen, weil der Ausdruck „Aperitif“ und seine italienische Form „Aperitivo“ nur bei der Etikettierung eines aromatisierten Weines, nicht aber bei der eines aromatisierten weinhaltigen Getränkes oder eines aromatisierten weinhaltigen Cocktails verwendet werden darf.

23

Etwas anderes lässt sich nicht aus der vom Beklagten herangezogenen Vorschrift Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a) 3. Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 1601/1991 des Rates vom 10. Juni 1991 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung aromatisierten Weines, aromatisierter weinhaltiger Getränke und aromatisierter weinhaltiger Cocktails (im Folgenden: Verordnung) herleiten.

24

Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die Bezeichnung „aromatisierter Wein“ durch die Bezeichnung „Wein-Aperitif“ ersetzt werden. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung sind die in Art. 2 aufgeführten Bezeichnungen den darin definierten Getränken unter Berücksichtigung der in Art. 2 und 4 vorgesehenen Erfordernisse vorbehalten. Damit ist die Verwendung der Bezeichnung „Wein-Aperitif“ abschließend geregelt. Sie darf nur für aromatisierten Wein verwendet werden. Eine Aussage über die Verwendung des Ausdruckes „Aperitif“ wird jedoch nicht getroffen, denn dabei handelt es sich nicht um eine in Art. 2 der Verordnung aufgeführte Bezeichnung. Vielmehr verwendet der Verordnungsgeber das Wort „Ausdruck“ im Gegensatz zu „Bezeichnung“ (in der französischen Fassung „terme“ im Gegensatz zu „dénomination“). Unterscheidet er somit zwischen „Bezeichnung“ und „Ausdruck“, betrifft Art. 6 Abs. 1 der Verordnung auch nicht den Ausdruck „Aperitif“ als Bestandteil der Bezeichnung „Wein-Aperitif“. Im Übrigen ist „Aperitif“ auch kein in Art. 2 der Verordnung definiertes Getränk, so dass es kein Getränk gibt, dem der Ausdruck „Aperitif“, selbst wenn es sich dabei um eine Bezeichnung handeln würde, zugeordnet wäre.

25

Ein Verbot des Ausdrucks „Aperitif“ für aromatisierte weinhaltige Getränke oder Cocktails lässt sich auch nicht mit einem Umkehrschluss aus Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a) 3. Unterabsatz Satz 2 der Verordnung herleiten. Hiernach wird mit der Verwendung des Ausdruckes „Aperitif“ in diesem Zusammenhang der Verwendung dieses Ausdruckes zum Zwecke der Begriffsbestimmung für nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallende Erzeugnisse nicht vorgegriffen.

26

Daraus lässt sich kein Anwendungsverbot für den Ausdruck „Aperitif“ für in den Anwendungsbereich der Verordnung fallende Erzeugnisse wie aromatisierte weinhaltige Getränke herleiten. Dies ergibt sich bei einer Auslegung unter Berücksichtigung des Wortlautes, der Gesetzessystematik und des Gesetzeszweckes. Wenn der Verordnungsgeber formuliert, dass die Verwendung des Ausdruckes „Aperitif“ für Erzeugnisse außerhalb des Anwendungsbereiches der Verordnung offen sei, bedeutet dies nicht ohne weiteres, dass dessen Verwendung für Erzeugnisse innerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung außer mit der Bezeichnung „Wein-Aperitif“ zwingend gesperrt werden soll. Für eine solche Regelungsabsicht des Verordnungsgebers müsste es besondere Anhaltspunkte geben. Das ist hier aber nicht der Fall. Vielmehr deutet die Gesetzessystematik auf das Gegenteil hin. Wenn eine Beschränkung der Verwendung des Ausdrucks „Aperitif“ bei der Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung aromatisierter weinhaltiger Getränke und aromatisierter weinhaltiger Cocktails beabsichtigt gewesen wäre, hätte sich eine unmittelbare Regelung aufgedrängt, weil damit gerade der Regelungsgegenstand der Verordnung berührt wäre. Dagegen liegt es fern, dass der Verordnungsgeber eine Regelung für eine Verwendung des Ausdruckes „Aperitif“ außerhalb des Geltungsbereiches der Verordnung trifft, um damit mittelbar die Verwendung im Geltungsbereich der Verordnung einzuschränken. Auch der Wortlaut, nach dem einer Verwendung des Ausdrucks „Aperitif“ außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung „zum Zweck der Begriffsbestimmung … nicht vorgegriffen“ wird, spricht für eine punktuelle Regelung und nicht für eine abschließende Regelung unter Ausschluss anderer Verwendungsmöglichkeiten. Somit verstößt die beabsichtigte Verwendung des Ausdrucks „Aperitif“ auch in der italienischen Sprachfassung „Aperitivo“ für ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk nicht gegen die Verordnung.

27

Die vorliegenden Stellungnahmen der Europäischen Kommission bestätigen, dass die Verwendung des Ausdrucks „ Aperitif“ im Geltungsbereich der Verordnung nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die letzte Stellungnahme der Kommission vom 12. Dezember 2013 bestätigt, dass der Ausdruck „Aperitif“ zur Beschreibung des Erzeugnisses auch bei aromatisierten weinhaltigen Getränken oder aromatisierten weinhaltigen Cocktails verwendet werden darf, solange dies nicht in der Verkehrsbezeichnung geschieht. Diese Äußerung bezieht sich auf die am 28. März 2014 in Kraft tretende Nachfolgeregelung, die Verordnung (EG) Nr. 251/214 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates, in deren Anhang II sich unter A 2. zur Verkehrsbezeichnung „Wein-Aperitif“ im 2. Absatz die gleiche Formulierung findet, wie in der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 Art. 6 Abs. 1 a) 3. Unterabsatz Satz 2, wenn auch nicht als Synonym für die Verkehrsbezeichnung „Aromatisierter Wein“, sondern nunmehr als eigenständige Verkehrsbezeichnung für aromatisierten Wein, der mit Alkohol versetzt wurde. Daraus folgt, dass die Europäische Kommission Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a) 3. Unterabsatz Satz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 keine entsprechende Ausschlusswirkung beimisst. Soweit sie von einem Ausschluss der Verwendung als Verkehrsbezeichnung ausgeht, kann dahingestellt bleiben, ob dem zu folgen ist. Denn hier soll der Ausdruck „Aperitivo“ nicht als Verkehrsbezeichnung verwendet werden, sondern in Verbindung mit „Sprizz“ mit besonderer optischer Gestaltung in der Art eines Warenzeichens. Die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung vorgeschriebene Verkehrsbezeichnung „aromatisiertes weinhaltiges Getränk“ findet sich auf dem Rücketikett.

28

Soweit das Referat Weinüberwachung des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten in seinem Schreiben vom 9. Januar 2014 ausführt, dass die Verwendung des Ausdrucks „Aperitif“ bei aromatisierten weinhaltigen Getränken oder Cocktails nicht nur im Rahmen der Verkehrsbezeichnung, sondern auch in Alleinstellung untersagt sei, ergibt sich auch hierfür in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a) 3. Unterabsatz der Verordnung kein hinreichender Anhaltspunkt, weshalb eine Irreführung auch nicht gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 1 WeinG, sondern mit einer Verwechslungsgefahr (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 WeinG) begründet wird.

29

b. Die Verwendung des Ausdrucks „Aperitivo“ in der beabsichtigten Form ist auch nicht deshalb irreführend, weil diese Angabe geeignet ist, fälschlich den Eindruck besonderer Qualität oder falsche Vorstellungen über die Beschaffenheit zu erwecken (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 WeinG).

30

Ein solcher Eindruck oder falsche Vorstellungen könnten besonders dann entstehen, wenn wegen der Verkehrsbezeichnung „Wein-Aperitif“ beim Verbraucher angesichts der Angabe „Aperitivo Sprizz“ die Gefahr einer Verwechslung mit dieser Verkehrsbezeichnung bestünde oder die Angabe „Aperitivo“ bei ihm wegen der Verkehrsbezeichnung „Wein-Aperitif“ den Anschein erwecken würde, es handele sich um aromatisierten Wein.

31

Nach Auffassung des Senats ist bei dem Verbraucher mit einer solchen Täuschung nicht zu rechnen.

32

Nach dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Irreführung ist darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen wird. Es kommt also weder auf den flüchtigen Verbraucher noch umgekehrt auf den Weinkenner an (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2008 - 3 C 5.08 -, GewArch 2008, 501 und juris, Rn. 32; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 A 10809/08.OVG - DVBl. 2009, 1587 und juris, Rn. 23). Es besteht keine Veranlassung, im Geltungsbereich von § 25 WeinG von einem abweichenden Irreführungsbegriff auszugehen (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 158. Ergänzungslieferung 2014, C 400 Rn. 17, 88 zu § 25 WeinG). Maßgeblich für die Irreführungsgefahr ist danach die Verkehrsauffassung. Diese kann vom Gericht in eigener Sachkunde beurteilt werden, wenn es sich um einen Begriff handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht (BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 126/98 - NJW-RR 2000, 1640 und juris, Rn. 29; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. September 2013 – 8 A 10219/13.OVG – LKRZ 2013, 524 sowie DÖV 2014, 45).

33

Aufgrund der eigenen Sachkunde als Verbraucher ist der Senat der Auffassung, dass die Angabe „Aperitivo Sprizz“ im Zusammenhang mit der hier beabsichtigten Aufmachung für ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk nicht geeignet ist, den durchschnittlichen Verbraucher irrezuführen.

34

Zunächst erscheint eine Verwechslung mit der Verkehrsbezeichnung „Wein-Aperitif“ ausgeschlossen. Bei der Bezeichnung „Aperitivo Sprizz“ handelt sich allem Anschein nach um eine dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende Verwendung des Ausdrucks Aperitif in italienischer Sprache zur Produktbeschreibung, die angelehnt ist an das bekannte und weit verbreitete Produkt Aperol (vgl. dazu Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Aperol), auf dessen Etikett sich auch die Angabe aperitivo italiano findet und dessen Markenname Aperol an Apero, den in der Schweiz gebräuchlichen Ausdruck für Aperitif, erinnert. Die Mischung von Aperol mit Prosecco wird als Aperol Spritz (oder auch Aperol Sprizz) bezeichnet (Wikipedia a.a.O., http://www.cocktaillounge.at/cocktailrezept/aperol-sprizz-cocktailrezept.520.htm). Der Verbraucher erwartet im Übrigen die Verkehrsbezeichnung eher auf dem Rücketikett (vgl.http://www.lebensmittelklarheit.de/ informationen/ Verkehrsbezeichnung -das-mauerbluemchen-der-lebensmittelkennzeichnung), wo sie hier auch zu finden ist.

35

Außerdem verbindet der Verbraucher mit der Bezeichnung „Aperitif“ oder „Aperitivo“ nicht die Vorstellung, dass es sich um aromatisierten Wein und nicht bloß um ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk handelt. Vielmehr wird die Bezeichnung Aperitif allgemein für Getränke verwendet, die gewöhnlich vor dem Essen getrunken werden (vgl. etwa http://de.wikipedia.org/wiki/Aperitif, http://www.essen-und-trinken.de/aperitif, http://www.arte.tv/sites/de/derblogger /2013/02/17/viva-laperitivo/), die Bezeichnung Aperitivo deutet auf einen Aperitif italienischer Art hin, etwa im Gegensatz zu französischer Art (vgl. Wikipedia a.a.O). Die Kombination mit der Bezeichnung „Sprizz“ und die Aufmachung insgesamt weisen darauf hin, dass es sich gerade nicht um einen aromatisierten Wein handelt, sondern eher um eine Weinschorle, die auch als „Gespritzter“ bezeichnet wird (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Schorle#Gespritzter, http://de.wikipedia.org/wiki/Spritz). Dies wird eindeutig klargestellt durch das Rücketikett, wo zutreffend die Verkehrsbezeichnung „aromatisiertes weinhaltiges Getränk“ und der für aromatisierten Wein zu niedrige Alkoholgehalt (6,7 %) angegeben sind.

36

Der Ausdruck „Aperitif“ ist daher im allgemeinen Sprachgebrauch wegen der für aromatisierten Wein zugelassenen Verkehrsbezeichnung „Wein-Aperitif“ nicht mit dem Bedeutungsinhalt angereichert, das es sich um einen aromatisierten Wein handelt. Vielmehr macht die Wortverbindung „Wein-Aperitif“ deutlich, dass es sich um einen besonderen Aperitif handelt und gerade nicht jeder Aperitif ein Wein-Aperitif ist.

37

2. Es ist auch keine andere Rechtsgrundlage ersichtlich, auf die eine Untersagung der Verwendung der umstrittenen Aufmachung gestützt werden könnte.

38

So ist ein Verstoß gegen Art. 7 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel nicht ersichtlich. Nach Abs. 1 a dieser Vorschrift dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftstort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Dies gilt nach Abs. 4 auch für die Werbung und die Aufmachung. Der Irreführungsbegriff dieser Vorschrift weist gegenüber dem weinrechtlichen Irreführungsbegriff keine Besonderheiten auf, die zum Erfolg der Berufung führen könnten. Der Beklagte beruft sich auch nicht auf diese Vorschrift oder auf Gesichtspunkte, nach denen eine Irreführung des Verbrauchers nach dieser Vorschrift vorliegen könnte.

39

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob nicht diese Vorschrift die Anwendung von § 25 WeinG ausschließt, kann deshalb dahinstehen, weil sie für die zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung ist.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

42

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

43

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Aug. 2000 - I ZR 126/98

bei uns veröffentlicht am 10.08.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 126/98 Verkündet am: 10. August 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Stich
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 30. Apr. 2015 - W 3 K 13.534

bei uns veröffentlicht am 30.04.2015

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 126/98 Verkündet am:
10. August 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Stich den Buben
MarkenG §§ 2, 127; UWG §§ 1, 3; WeinVO § 39 Abs. 1 Nr. 2

a) Der Name einer im Verkehr bekannten (Weinbergs-)Lage kann - auch ohne
die weinbezeichnungsrechtlich vorgesehene Beifügung einer Ortsbezeichnung
(§ 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinVO) - eine (mittelbare) geographische Herkunftsangabe
darstellen.

b) Wird eine geographische Herkunftsangabe oder eine der Herkunftsangabe
ähnliche Bezeichnung als Firmenbestandteil verwendet, so liegt allein darin
noch keine Benutzung "für Waren" im Sinne von § 127 MarkenG. Ein wettbewerbsrechtlicher
Schutz vor unlauterer bzw. irreführender Verwendung ei-
ner geographischen Herkunftsangabe kann sich in einem solchen Fall aber
aus §§ 1, 3 UWG ergeben (§ 2 MarkenG).

c) Unabhängig von einer Irreführung kommt jedenfalls bei mittelbaren Herkunftsangaben
in Betracht, daß die Benutzung als Bestandteil der Firma eines
einzelnen Unternehmens zu einer individuellen Behinderung (§ 1 UWG)
derjenigen Wettbewerber führt, die die Herkunftsangabe (ebenfalls) berechtigt
als Hinweis auf ein bestimmtes geographisches Gebiet verwenden. Insbesondere
kann die Kennzeichnungskraft einer geographischen Herkunftsangabe
dadurch beeinträchtigt werden, daß sie in anderer Weise (hier als
Unternehmenskennzeichen) benutzt und dadurch ihre Funktion, als Hinweis
auf die Herkunft aus einem bestimmten geographischen Gebiet zu dienen,
gefährdet wird. Eine Benutzung als Firmenbestandteil kann zudem infolge
Verkehrsverwirrung den Werbewert der geographischen Herkunftsangabe
empfindlich schwächen und die Gefahr einer Umwandlung in einen betrieblichen
Herkunftshinweis begründen.

d) Zu der Frage, ob der Verkehr aufgrund einer Verwendung des Bestandteils
"Winzerhaus" in der Firma einer Winzergenossenschaft über den Charakter
des Unternehmens als ein weinanbauendes Einzelunternehmen irregeführt
wird, wenn nur die Mitglieder der Genossenschaft über Rebflächen verfügen
und die Genossenschaft den Wein ihrer Mitglieder ausbaut und vertreibt.

e) Zu der weiteren Frage, ob beachtliche Teile des Verkehrs aufgrund einer
Benutzung des Firmenbestandteils "Hans StichdenBuben" über den ausschließlichen
Vertrieb von Weinen aus der im Verkehr bekannten Lage
"Stich den Buben" sowie über einen Alleinbesitz der so firmierenden Winzergenossenschaft
an dieser Lage getäuscht werden, wenn die Genossen-
schaft überwiegend, aber nicht ausschließlich Wein aus der Lage "Stich den
Buben" vertreibt und die Lage weder im Alleinbesitz der Genossenschaft
noch dem ihrer Mitglieder steht.
BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 126/98 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. April 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger betreibt in Baden-Baden ein Weingut. Zu seinem Grundbesitz gehören Flurstücke in der im Verkehr bekannten Lage "Stich den Buben".
Die Beklagte ist eine Winzergenossenschaft mit Sitz in Baden-Baden. Ihr gehören Winzer aus den Gemarkungen Steinbach und Umweg an. Ein Großteil der Rebflächen der Lage "Stich den Buben" steht im Eigentum dieser Mitglieder. Die Beklagte selbst verfügt nicht über Rebflächen. Sie befaßt sich mit dem Ausbau und Vertrieb von Wein ihrer Mitglieder, der vorwiegend aus
der Lage "Stich den Buben", aber auch aus anderen Lagen stammt. Seit 1936 benutzt die Beklagte für Weine die Bezeichnung "Stich den Buben". Im Jahre 1959 wurde für die Beklagte das Wort-/Bildzeichen "Stich den Buben" als Warenzeichen eingetragen. Seit 1996 firmiert sie mit "Winzerhaus Hans StichdenBuben eG".
Der Kläger hat die neue Firma der Beklagten als wettbewerbswidrig beanstandet. Hierzu hat er vorgetragen, der Firmenbestandteil "Winzerhaus" vermittle dem Verkehr den irreführenden Eindruck, er habe es mit einem Einzelunternehmen zu tun, das sich nicht nur mit dem Vertrieb, sondern auch mit dem Anbau von Wein befasse.
Darüber hinaus hat sich der Kläger gegen die Verwendung des weiteren Namensbestandteils "Hans StichdenBuben" gewandt. Er hat die Ansicht vertreten , die Benutzung des Firmenbestandteils "StichdenBuben" sei irreführend, weil die Beklagte auch Weine aus anderen Lagen ausbaue und unter dieser Firma vertreibe. Dadurch werde bei diesen Weinen eine tatsächlich nicht bestehende Verbindung zur Lage "Stich den Buben" hergestellt. Darüber hinaus erwecke die Firma der Beklagten die unzutreffende Vorstellung, die Lage stehe im Alleinbesitz der Beklagten bzw. nur die Beklagte vertreibe Wein aus dieser Lage.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres Unternehmens die Bezeichnung "Winzerhaus Hans StichdenBuben" zu benutzen und unter dieser Firmenbezeichnung im Geschäftsverkehr sonst tätig zu werden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, ihre Firma sei weder irreführend noch verstoße sie gegen § 1 UWG.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und dabei die Unterlassungsanordnung auf die (vollständige) Firmenbezeichnung "Winzerhaus Hans StichdenBuben eG" (unter Einschluß des Rechtsformzusatzes eG) erstreckt.
Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (OLG-Report Karlsruhe 1998, 418, nur Leitsatz

).


Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Ein Verstoß gegen § 3 UWG liege nicht vor. Der Gebrauch einer Unternehmenskennzeichnung könne zwar irreführend sein, wenn sie geeignet sei, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens hervorzurufen. Davon könne im Streitfall aber nicht ausgegangen werden.
Die angesprochenen Verkehrskreise - Endverbraucher und Wiederverkäufer aus dem Einzelhandel oder der Gastronomie - gingen aufgrund der an-
gegriffenen Firma, die in der Berufungsinstanz ausschließlich in ihrer vollständigen Form, also mit Rechtsformzusatz (eG), zu beurteilen sei, nicht davon aus, es mit dem Betrieb eines selbst vermarktenden Winzers zu tun zu haben. Eine solche Vorstellung scheide schon deshalb aus, weil dem Verkehr die Bedeutung der Abkürzung "eG" bekannt sei. Auch wenn - was nahe liege - das Publikum die Firma der Beklagten abkürze, komme es nicht zu der behaupteten Fehlvorstellung. Der Begriff "Winzerhaus" deute nach dem Verkehrsverständnis nicht auf den Betrieb eines einzelnen Winzers hin. Bislang sei es nicht üblich, daß sich weinproduzierende Unternehmen des Begriffs "Winzerhaus" als Bestandteil der Firma oder in der Werbung bedienten. Der angesprochene Verkehr orientiere sich daher am sprachlichen Sinn des Wortes sowie seiner Bestandteile und an dem Zusammenhang, in dem es benutzt werde. Sofern der Begriff, der nicht zur Umgangssprache gehöre, zur Kennzeichnung eines Unternehmens gebraucht werde, bringe der Verkehr ihn mit der Erzeugung und Vermarktung von Wein in Verbindung, wobei er bei einem Handelsunternehmen , das sich als "Haus" bezeichne, von einem vollkaufmännischen Geschäft größeren Umfangs ausgehe. Darüber hinaus sei das Publikum seit langem daran gewöhnt, daß der Begriff "Winzer" in der Firma eines weinvertreibenden Unternehmens auf einen Zusammenschluß von Weinproduzenten hinweise.
In der aufgrund der verwendeten Bezeichnung "Winzer" bestehenden Erwartung, daß sich die Beklagte jedenfalls weit überwiegend mit der Herstellung von Wein aus eigenem Anbau befasse, werde der Verkehr nicht enttäuscht , weil die Beklagte unstreitig nur solchen Wein ausbaue und abfülle, der von ihren Mitgliedern stamme. Dies rechtfertige nach den einschlägigen EGVerordnungen die Bezeichnung der Weine als "Erzeugerabfüllung" und die Aufnahme des Begriffs "Winzer" (in der Mehrzahl) in die Firmenbezeichnung,
zumal die Verbraucher seit langem mit der Existenz von Winzergenossenschaften vertraut seien.
Die angegriffene Firma sei auch nicht aufgrund des Bestandteils "Hans StichdenBuben" irreführend. Fehlvorstellungen über die geographische Herkunft der von der Beklagten vertriebenen Weine würden nicht erweckt. Zwar gehe ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Interessenten aufgrund der Ä hnlichkeit mit der bekannten Lage "Stich den Buben" von einer Herkunftsangabe aus. Denkbar sei auch, daß ein Teil der Interessenten daraus den Schluß ziehe, das Sortiment der Beklagten umfasse im wesentlichen Wein aus der betreffenden Lage. Darin liege jedoch keine Irreführung, da der weit überwiegende Teil der Weine der Beklagten unstreitig aus Trauben der Lage "Stich den Buben" hergestellt werde. Die Auffassung des Landgerichts, wonach der Verkehr annehme, sämtliche Weine der Beklagten stammten aus dieser Lage, finde weder im Vortrag der Parteien noch in der Lebenserfahrung eine Grundlage.
Eine Irreführung werde auch nicht dadurch begründet, daß die Beklagte auch Weine aus anderen Lagen ausbaue und vermarkte. Selbst wenn dies zur Irreführung des Verkehrs führen könne, rechtfertige dies nicht die beantragte Untersagung einer Benutzung der Firma schlechthin. Allenfalls käme ein - vom Kläger jedoch nicht erstrebtes - Verbot, Wein aus anderen Lagen unter der angegriffenen Firma auf den Markt zu bringen, in Betracht. Darüber hinaus erwecke nicht jede Nennung der Firma auf einem Etikett - unabhängig von der sonstigen Ausgestaltung des Etiketts - beim Verkehr den Eindruck, der Wein stamme aus der Lage "Stich den Buben". Denn der Interessent, der die Lagebezeichnung erkenne, wisse ausnahmslos, daß es auch andere Weinlagen gebe und in welcher Form auf diese üblicherweise hingewiesen werde. Der
Kläger habe nicht unter Beweis gestellt, daß die Beklagte Weine, die nicht aus der Lage "Stich den Buben" stammten, ohne Orts- oder Lagebezeichnung vertreibe.
Der beanstandete Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" begründe schließlich auch keine - unzutreffende - Alleinstellungsbehauptung. Soweit der Verkehr mit Lagenamen eine Vorstellung verbinde, sei ihm geläufig, daß es zahlreiche Lagen gebe, die nicht im Alleinbesitz eines Winzers oder eines Zusammenschlusses von Winzern stünden. Dies gelte auch, wenn ein oder mehrere Hersteller einen auf diese Lage hinweisenden Firmenbestandteil führten.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung auf der bislang festgestellten Tatsachengrundlage nicht in allen Punkten stand. Die Angriffe der Revision führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs durch Verwendung des Firmenbestandteils "Winzerhaus" verneint hat.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Gebrauch eines Unternehmenskennzeichens irreführend sein kann, wenn ein Firmenbestandteil oder -zusatz geeignet ist, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens hervorzurufen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 53, 339, 343 - Euro-Spirituosen; BGH, Urt. v. 10.3.1961 - I ZR 142/59, GRUR 1961, 425, 426 = WRP 1961, 188 - Möbelhaus des Handwerks; Urt. v. 7.6.1996 - I ZR 103/94, GRUR 1996, 802 = WRP 1996, 1032 - Klinik; Urt. v. 16.1.1997 - I ZR 225/94, GRUR 1997, 669 = WRP 1997, 731 - Euromint). Zu Recht hat es dabei den Unterlassungsanspruch in erster
Linie nach § 3 UWG beurteilt, weil aus den gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Weinbezeichnungsvorschriften unmittelbar wettbewerbsrechtliche Ansprüche nicht herzuleiten sind (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 86/97, WRP 2000, 628, 629 = MarkenR 2000, 175, 176 - Lorch Premium). Daran hat sich durch die seit dem 1. August 2000 geltende Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates über die Gemeinsame Marktorganisation für Wein vom 7. Mai 1999 (ABl. L Nr. 179, S. 1, im folgenden: GMO), die in erster Linie eine flexiblere Ausgestaltung der bislang geltenden marktordnenden Regeln bezweckt und für den Bereich des Weinbezeichnungsrechts - in Abkehr vom bisherigen Verbotsprinzip - eine Öffnung auch für nicht ausdrücklich zugelassene Angaben vorsieht (vgl. Hieronimi, WRP 2000, 458), nichts geändert.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erweckt der Bestandteil "Winzerhaus" in der Firma der Beklagten nicht den unzutreffenden Eindruck eines von einer Einzelperson betriebenen privaten Weingutes. Diese Beurteilung des Verkehrsverständnisses läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision steht die Feststellung des Berufungsgerichts , daß der Begriff "Winzerhaus" kein Wort der Umgangssprache, sondern eine Wortzusammensetzung sei, die im üblichen Sprachgebrauch so nicht vorkomme, nicht im Widerspruch zu seinen weiteren Ausführungen, wonach Anhaltspunkte dafür fehlten, daß die Bezeichnung anders als in dem "gewohnten Sinne" verstanden werde.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß sich ein üblicher Gebrauch der Wortzusammensetzung "Winzerhaus" als Unternehmenskennzeichnung nicht feststellen lasse und sich die Vorstellung des Publikums in einem solchen Fall am sprachlichen Sinn des Wortes und seiner Bestandteile
sowie an dem Zusammenhang, in dem es benutzt werde, orientiere. In bezug auf den Wortbestandteil "Haus" hat es angenommen, der Verkehr habe sich seit langem daran gewöhnt, daß dieser Begriff von Unternehmen mit einer gewissen (örtlichen) Bedeutung beansprucht werde. Hinsichtlich des Bestandteils "Winzer" hat das Berufungsgericht festgestellt, daß diese Bezeichnung häufig in Unternehmenskennzeichen einer Gemeinschaft von zusammengeschlossenen Weinproduzenten ("Winzergenossenschaft", "Winzerkeller") vorkomme. Im Zusammenhang mit diesen - unbeanstandeten - Tatsachenfeststellungen zum Verkehrsverständnis der Wortbestandteile "Winzer" und "Haus" hat das Berufungsgericht weiter ausgeführt, die Wortkombination werde nicht anders als in dem gewohnten Sinne der Einzelbegriffe verstanden. Dies widerspricht weder Denkgesetzen noch der Lebenserfahrung.
Begegnet dem Verkehr - wie vom Berufungsgericht unangegriffen festgestellt - die im Singular und Plural identische Berufsbezeichnung "Winzer" in Unternehmenskennzeichen in Wortzusammensetzungen, die auf einen Zusammenschluß mehrerer Winzer hindeuten ("Winzergenossenschaft", "Winzerkeller" ), so liegt es nicht fern, daß er auch bei der Wortkombination "Winzerhaus" eher an eine Vereinigung mehrerer Winzer als an das Unternehmen eines einzelnen Angehörigen dieser Berufsgruppe erinnert wird. Dafür spricht auch, daß für den landwirtschaftlichen Betrieb eines einzelnen Winzers die Bezeichnung "Weingut" gebräuchlich ist (vgl. BayObLG GRUR 1972, 659; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., § 3 UWG Rdn. 386; Koch, Weinrecht, 4. Aufl., Stand: Oktober 1999, Stichwort "Weingut", Ziff. 3.3.1) und der Firmenbestandteil "Haus" nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls traditionell von Unternehmen mit gewisser (örtlicher) Bedeutung verwendet wird (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1979 - I ZR 96/77, GRUR 1980, 60, 61 - 10 Häuser erwarten Sie; Urt. v. 10.2.1982 - I ZR 65/80, GRUR 1982, 491, 492
- Möbel-Haus; BayObLG BB 1990, 2357; Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 376; Bokelmann, Firmen- und Geschäftsbezeichnungen, 4. Aufl. 1997, Rdn. 182 a, 205 f.).
bb) Soweit der Wortbestandteil "Winzer" auf Weinerzeugnisse "aus eigenem Anbau" hindeutet, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß es nach der durch die Existenz von Winzergenossenschaften mitgeprägten Vorstellung des Publikums genügt, wenn die Inhaber bzw. Mitglieder des Unternehmens den eigenen Weinanbau betreiben. Dies stand - worauf sich das Berufungsgericht zutreffend berufen hat - in Einklang mit der Regelung in Art. 5 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3201/90 der Kommission über Durchführungsbestimmungen für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste vom 16. Oktober 1990 (ABl. Nr. L 309, S. 1; zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 1470/1999 vom 5. Juli 1999, ABl. Nr. L 170, S. 16), die eine Verwendung der Bezeichnung "Winzer" (in der Mehrzahl) im Firmennamen einer Vereinigung von Weinbaubetrieben oder einer Personenvereinigung ausdrücklich gestattete, wenn der von dem Unternehmen angebotene Wein - wie vorliegend - ausschließlich aus Trauben gewonnen wurde, die aus Weinbergen der Mitglieder stammten (vgl. jetzt zum - fakultativen - Hinweis über die Abfüllung in einem Zusammenschluß von Weinbaubetrieben: Anh. VII, Abschn. B Nr. 1 Buchst. b GMO). Dementsprechend durfte die Beklagte, wie die Revision nicht in Zweifel zieht, ihre Weine nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der vorbezeichneten Verordnung i.V. mit Art. 2 Abs. 3 Buchst. f, Art. 11 Abs. 2 Buchst. q WeinbezeichnungsVO auch als Erzeugerabfüllung bezeichnen. Was aber das Weinbezeichnungsrecht erlaubt, ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. Koch aaO Stichwort "Irreführungsverbot", Ziff. 4.4, S. 13, m.w.N.; Stichwort "Bezeichnungsrecht", Ziff. 3.2.1, S. 8; vgl. hierzu auch v. Gamm, GRUR 1984, 165, 168).

Die gegenteilige Ansicht des Landgerichts, der Begriff "Winzerhaus" weise auf die Tätigkeit eines einzelnen, mit der Weinerzeugung von der Arbeit am Weinberg bis zur Kellerverarbeitung befaßten Winzers hin, läßt erkennbar außer acht, daß die in Rede stehende Bezeichnung nicht in Alleinstellung, sondern lediglich als Teil einer aus weiteren Elementen bestehenden Unternehmenskennzeichnung benutzt wird. Seine Annahme, der Zusatz "eG" sei nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verkehrs über die Unternehmensstruktur zu verhindern, entbehrt einer Begründung und erweist sich zudem als erfahrungswidrig. Die von der Revision insoweit erhobene Rüge, die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Zusatz "eG" klarstellend wirke, sei unzutreffend , geht fehl. Das Berufungsgericht hat ausführlich dargelegt, daß der Zusatz "eG" dem angesprochenen Verkehr als Abkürzung für "eingetragene Genossenschaft" bekannt sei und deshalb irrtumsausschließend wirke. Dies steht auch, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, mit der in § 3 Abs. 2 GenG (jetzt § 3 Abs. 1 GenG) zum Ausdruck gelangten gesetzgeberischen Wertung in Einklang, wonach die aufklärenden Rechtsformzusätze "eG" und "eingetragene Genossenschaft" einander gleichgestellt sind.
cc) Ebensowenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die vom Kläger dargelegten und durch einen Zeitungsbericht über die Umfirmierung untermauerten Beweggründe der Beklagten für ihre Umbenennung für unbeachtlich gehalten hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es für die Beurteilung der angegriffenen Firma als irreführend allein darauf an, welche Vorstellungen sie hervorruft und ob dieser Eindruck mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Unerheblich ist demgegenüber , welchen Eindruck der Unternehmensinhaber mit der Firmenwahl zu erzeugen beabsichtigt. Die nach dem Vorbringen des Klägers bestehende Ab-
sicht der Beklagten, mit ihrer Firma den Eindruck eines privaten Weinguts hervorzurufen , stellt noch kein ausreichendes Indiz dafür dar, daß die neue Firma diesen Eindruck auch tatsächlich erweckt.

b) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die erforderlichen Feststellungen zum Verkehrsverständnis des Firmenbestandteils "Winzerhaus" nicht aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung treffen dürfen, hat keinen Erfolg.
Die Beurteilung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde setzt u.a. voraus, daß es sich bei dem verwendeten Begriff um einen solchen handelt , dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, und daß keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1983 - I ZR 64/81, GRUR 1984, 467, 468 = WRP 1984, 62 - Das unmögliche Möbelhaus ; Urt. v. 17.10.1984 - I ZR 187/82, GRUR 1985, 140, 141 = WRP 1985, 72 - Größtes Teppichhaus der Welt; Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 197/92, GRUR 1995, 354, 357 = WRP 1995, 398 - Rügenwalder Teewurst II; Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 240 = WRP 2000, 92 - Last-Minute-Reise). Diese Annahme liegt um so näher, wenn die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses betreffend den Firmenbestandteil "Winzerhaus" rechtsfehlerfrei ausgegangen.
aa) Zu Unrecht macht die Revision geltend, die Mitglieder des Berufungsgerichts repräsentierten nicht uneingeschränkt den angesprochenen Verkehr , so daß ihnen im Hinblick darauf die für die Beurteilung des Streitfalls er-
forderliche Sachkunde fehle. Auch wenn zu den beteiligten Verkehrskreisen nach den zutreffenden und unbeanstandet gebliebenen Ausführungen des Berufungsgerichts nicht nur Endverbraucher, sondern auch Wiederverkäufer aus dem Bereich des Einzelhandels und der Gastronomie gehören und diese ferner nicht immer über überragende, Irrtümer von vornherein ausschließende Kenntnisse verfügen sollten, war das Berufungsgericht dadurch nicht an eigenen Feststellungen gehindert. Denn es ist nicht ersichtlich, daß sich das Verständnis dieser nicht mit Sonderwissen ausgestatteten Zwischenhändler von dem der Gruppe der Endverbraucher, zu der die Mitglieder des Berufungsgerichts zählen, unterscheidet.
bb) Soweit die Revision auf Entscheidungen verschiedener Instanzgerichte verweist, die bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses zu scheinbar abweichenden Ergebnissen gelangt sind, verkennt sie, daß den angeführten Urteilen der Landgerichte Hamburg ("Winzer Martin's Weindepot") und Baden -Baden (Firmenbestandteil "Winzerhaus" ohne den Zusatz "eG") andere Sachverhalte und Klageanträge zugrunde gelegen haben. Dies steht einer Übertragung auf den Streitfall entgegen. Aus gleichen Gründen mußte das Berufungsgericht auch dem Vorbringen des Klägers zur Beurteilung einer Umbenennung der "Zentralkellerei der badischen Winzergenossenschaften" in "Badischer Winzerkeller" nicht weiter nachgehen.
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht auch den Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" als wettbewerbsrechtlich unbedenklich beurteilt hat. Die bisherigen Feststellungen hierzu vermögen die Abweisung der Klage nicht in jeder Hinsicht zu rechtfertigen.

a) Dem Berufungsgericht kann allerdings darin beigetreten werden, daß der Bestandteil "Hans StichdenBuben" in der Firma der Beklagten nicht den irreführenden Eindruck hervorruft, die Beklagte vertreibe ausnahmslos Weine, die aus in der Lage "Stich den Buben" gewonnenen Trauben hergestellt werden.
aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß es sich bei dem Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" um eine (mittelbare) geographische Herkunftsangabe handelt, die auf die Lage "Stich den Buben" im Baden-Badener Rebland hinweist.
Auch Personenbezeichnungen - wie hier der Name "Hans StichdenBuben" des Leibkochs des Markgrafen zu Baden, dem der Markgraf nach dem unstreitigen Parteivorbringen im 15. Jahrhundert Rebflächen zu Lehen überlassen hatte - können im Verkehr Hinweis auf eine bestimmte geographische Herkunft sein (vgl. BGH, Urt. v. 9.4.1987 - I ZR 201/84, GRUR 1987, 535 = WRP 1987, 625 - Wodka Woronoff; Klaka in: Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl., § 126 Rdn. 11). So verhält es sich hier.
Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, daß "Stich den Buben" eine im Verkehr bekannte Lage bezeichnet und der Verkehr diese Lagebezeichnung aufgrund der Ä hnlichkeit der Wortzeichen in dem Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" wiedererkennt.
Eine Lage ist eine bestimmte Rebfläche (Einzellage) oder die Zusammenfassung solcher Flächen (Großlage), aus deren Erträgen gleichwertige Weine gleichartiger Geschmacksrichtungen hergestellt zu werden pflegen und die in einer Gemeinde oder in mehreren Gemeinden desselben bestimmten
Anbaugebietes belegen sind (§ 2 Nr. 22 WeinG 1994). Danach stellt die auf eine bestimmte Rebfläche bezogene Lagebezeichnung (hier: "Stich den Buben" ) eine geographische Herkunftsangabe dar (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WeinG 1994).
Dem steht nicht entgegen, daß nach § 39 Abs. 1 Nr. 2 WeinVO (i.d.F. v. 28.8.1998, BGBl. I, 2609) dem Namen der Lage der entsprechende Name der Gemeinde oder des Ortsteils hinzuzufügen ist, wenn er zur Bezeichnung eines Qualitätsweins b.A. verwendet wird. Denn diese Rechtslage schließt es nicht aus, daß der Verkehr einen Lagenamen auch ohne Ortsangabe als eine ihm geläufige Lagebezeichnung identifiziert oder aus anderen Gründen ohne unmittelbaren örtlichen Bezug als geographischen Herkunftshinweis auffaßt (vgl. EuGH, Urt. v. 25.2.1981 - 56/80, GRUR 1981, 430, 431 - Schloßdoktor/Klosterdoktor ; BGH, Urt. v. 30.10.1981 - I ZR 149/77, GRUR 1982, 423, 424 - Schloßdoktor /Klosterdoktor; Beschl. v. 28.9.1979 - I ZB 2/78, GRUR 1980, 173, 174 - FÜRSTENTHALER). Die Revision hat sich hiergegen auch nicht gewandt.
bb) Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht den Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" unter dem Gesichtspunkt des Vertriebes von Weinen aus anderen Lagen nach § 3 UWG beurteilt hat.
(1) Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz von Mitbewerbern läßt sich auch hinsichtlich der hier in Rede stehenden geographischen Herkunftsangabe nicht aus den gemeinschaftsrechtlichen oder nationalen Bestimmungen des Weinbezeichnungsrechts herleiten (vgl. Koch aaO Stichwort "Irreführungsverbot", Ziff. 4.4, S. 13 a.E.). Zwar findet der Begriff der Lage als "Name einer kleineren geographischen Einheit als der Mitgliedstaat" auch im Gemeinschaftsrecht
Niederschlag (vgl. Art. 51 Abs. 1, 1. Spiegelstrich GMO). Die nähere Ausgestaltung des Rechts der Lagebezeichnungen bleibt aber - bei weitem Spielraum - den nationalen Rechtsetzungsakten der Mitgliedstaaten überlassen (vgl. Koch aaO Stichwort "Lage", Ziff. 3.1, S. 5). So kann etwa die Bezeichnung von Qualitätsweinen b.A. "nach Maßgabe der Vorschriften des Erzeugermitgliedstaats" um die Angabe einer geographischen Einheit, die kleiner ist als das bestimmte Anbaugebiet, also um eine Lage (vgl. Hieronimi, WRP 2000, 458, 463), ergänzt werden (vgl. Anh. VII Abschn. B Nr. 1 Buchst. c, 1. Spiegelstrich GMO; zur Rechtslage bis zum 1. August 2000: Art. 11 Abs. 2 Buchst. l, Art. 13 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 2392/89 v. 24. Juli 1989). Soweit die gegenüber dem allgemeinen Irreführungsschutz nach § 3 UWG spezielleren Regelungen des Weinbezeichnungsrechts, wie in Art. 48 GMO (früher Art. 40 VO (EWG) Nr. 2392/89 v. 24. Juli 1989) und - auf nationaler Ebene - § 25 WeinG 1994, Irreführungsverbote enthalten, sind diese zivilrechtlich nicht sanktioniert und unterstellen grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als das Irreführungsverbot nach § 3 UWG (Koch aaO Stichwort "Irreführungsverbot", Ziff. 4.4, S. 13 m.w.N.). Die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 208, S. 1) findet nach der ausdrücklichen Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 auf - hier allein in Rede stehende - Weinbauerzeugnisse keine Anwendung.
(2) Ebensowenig werden die Bestimmungen des UWG vorliegend durch vorrangige Regelungen aus dem Markengesetz verdrängt.
Zwar hat der wettbewerbsrechtlich begründete Schutz der geographischen Herkunftsangabe im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes durch die Bestimmungen der §§ 126 ff. des zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen
Markengesetzes eine sondergesetzliche Ausgestaltung erfahren (vgl. BGHZ 139, 138, 139 - Warsteiner II; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Vor §§ 126-139, Rdn. 2). Dies bedeutet, daß die genannten Vorschriften grundsätzlich als leges speciales gegenüber den Regelungen der §§ 1, 3 UWG anzusehen sind. Allerdings können, wie sich § 2 MarkenG entnehmen läßt, die Vorschriften der §§ 1, 3 UWG weiterhin ergänzend für Sachverhalte herangezogen werden, die nicht unter §§ 126 ff. MarkenG fallen. So liegt es hier.
Gemäß § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 1 MarkenG ist zur Unterlassung verpflichtet, wer geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die nicht aus dem Ort stammen, der durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung für Waren anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht. Im Streitfall geht es jedoch nicht um eine Benutzung der geographischen Herkunftsangabe "Stich den Buben" bzw. der ähnlichen Bezeichnung (vgl. § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG) "Hans StichdenBuben" für Waren, sondern um eine Verwendung in der Firma der Beklagten. Darüber hinaus ist das generell formulierte Begehren des Klägers auf Unterlassung einer Benutzung der Firma nicht (nur) im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Waren anderer Herkunft gerichtet; vielmehr wendet sich der Kläger - wenn auch mit Blick auf den Vertrieb von Weinen anderer Herkunft - gegen eine Benutzung des Firmenbestandteils schlechthin. Dieser Fall wird von § 127 Abs. 1 MarkenG nicht erfaßt.
Entsprechendes gilt auch für die Regelung des § 127 Abs. 2 MarkenG, die qualifizierte Herkunftsangaben zum Gegenstand hat. Zwar gewährt diese Bestimmung einen Irreführungsschutz auch im Zusammenhang mit der Benutzung für Waren derselben Herkunft, wenn diese nicht bestimmte Eigenschaften oder eine bestimmte Qualität aufweisen (vgl. Reinhard, Die geographische
Herkunftsangabe nach dem Markengesetz, 1999, S. 95; Klaka in: Althammer /Ströbele/Klaka aaO § 127 Rdn. 2). Ebenso wie § 127 Abs. 1 MarkenG verlangt sie aber eine Benutzung der geographischen Herkunftsangabe für Waren. Daran fehlt es im Streitfall, weil der angegriffene Firmenbestandteil nicht stets sowie allenfalls mittelbar "für Waren", d.h. warenkennzeichnend oder -beschreibend, gebraucht wird. Ist aber - wie im Streitfall - der Anwendungsbereich des § 127 Abs. 1 und 2 MarkenG nicht betroffen, so bestehen gegen eine ergänzende Heranziehung von §§ 1, 3 UWG keine durchgreifenden Bedenken (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 117; Ingerl/Rohnke aaO Vor §§ 126-139 Rdn. 2). Nichts anderes gilt für den Fall des § 127 Abs. 3 MarkenG.
cc) Dem Berufungsgericht ist auch bei der eigentlichen Prüfung des § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt des Vertriebs von Wein aus anderen Lagen kein Rechtsfehler unterlaufen.
Welchen Inhalt ein bestimmter Begriff in seiner konkreten Benutzungsform hat, insbesondere, ob der Verkehr darin einen Hinweis auf das gesamte Sortiment, auf eine besondere Spezialisierung unter Verzicht auf ein breiteres Sortiment oder nur als Hinweis auf einen Teil des Sortiments sieht, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall (vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1984 - I ZR 219/81, GRUR 1984, 465, 466 f. - Natursaft; v. Gamm, Wettbewerbsrecht , 5. Aufl. 1987, Bd. 1, Kap. 37 Rdn. 55, Rdn. 87). Im Wirtschaftsleben kommt es nicht selten vor, daß ein Unternehmen in seiner Firma nur auf einen Teil seines Sortiments hinweist, der, sei es historisch, sei es der Abkürzung wegen oder aus sonstigen Gründen, in den Mittelpunkt gerückt wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1976 - I ZR 23/75, GRUR 1977, 159 f. - Ostfriesische Tee Gesell-
schaft; BGH GRUR 1984, 465, 466 f. - Natursaft). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte wolle aus Sicht des Verkehrs mit dem Firmenbestandteil "Hans StichdenBuben" (lediglich) darauf hinweisen , daß der weit überwiegende Teil ihrer Weine aus dieser Lage stammt, sie sich also im Schwerpunkt mit dem Vertrieb von "Stich den Buben"-Weinen befaßt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Erfolglos bleiben die Angriffe der Revision auch, soweit sie sich dagegen richten, daß das Berufungsgericht dem Kläger Ansprüche aus § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt einer Täuschung des Verkehrs über einen Alleinbesitz der Beklagten bzw. ihrer Mitglieder an der Lage "Stich den Buben" versagt hat.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr wisse, daß es zahlreiche Lagen gebe, die nicht im Alleinbesitz stünden, und gehe deshalb auch dann, wenn ein Hersteller - wie die Beklagte - einen auf eine bestimmte Lage hinweisenden Firmenbestandteil führe, grundsätzlich davon aus, daß Wein aus derselben Lage von verschiedenen Produzenten vermarktet werden kann, ist weder denkgesetz- noch erfahrungswidrig. Für ihren gegenteiligen Standpunkt, wonach der Verkehr aufgrund des Firmenbestandteils "Hans StichdenBuben" eine Lage im Alleinbesitz der Beklagten oder ihrer Mitglieder annehme, hat die Beklagte keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgebracht.

c) Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, das Berufungsgericht habe sich mit dem Vorbringen des Klägers zur Frage einer Monopolisierung der geographischen Lagebezeichnung "Stich den Buben" durch Benutzung einer ähnlichen Bezeichnung als Firmenbestandteil nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dieses Vorbringen hätte eine Prüfung nach § 1 UWG unter dem Ge-
sichtspunkt der von § 127 MarkenG nicht erfaßten individuellen Behinderung erfordert.
Nach dem Vortrag des Klägers begründet die Verwendung des Lagenamens als Firmenbestandteil die unmittelbare Gefahr einer Wettbewerbsbeeinträchtigung zu seinen Lasten, weil er in der Lage "Stich den Buben" ebenfalls über Grundbesitz verfügt und Weine aus dieser Lage unter der Lagebezeichnung in Verkehr bringt. Ferner hat er vorgebracht, es liege in seinem Interesse als Wettbewerber, eine Verwässerung des bekannten und berühmten Lagenamens "Stich den Buben" zu verhindern, die dadurch drohe, daß die Beklagte den Qualitätsbegriff im Sinne einer wettbewerbsrechtlich zu beanstandenden Alleinstellung für ihre Handelsfirma verwende und damit (auch) einen Zusammenhang zu Weinen aus anderen, qualitativ nicht vergleichbaren Lagen herstelle.
aa) Nach diesem Vorbringen des Klägers zur Verwendung des Bestandteils "Hans StichdenBuben" in der Firma der Beklagten kommt eine Beeinträchtigung oder Schwächung der Lagebezeichnung "Stich den Buben" in Betracht, die die Prüfung eines Verstoßes gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer individuellen Behinderung nahelegt. Denn es kann wettbewerbswidrig sein, die Werbe- und Kennzeichnungskraft einer geographischen Herkunftsangabe dadurch zu beeinträchtigen, daß sie in anderer Weise (hier als Unternehmenskennzeichen) benutzt und dadurch ihre Funktion, als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten geographischen Gebiet zu dienen, gefährdet wird. In derartigen Fällen kann vor allem der Werbewert der Herkunftsangabe infolge Verkehrsverwirrung empfindlich geschwächt und die Gefahr der Umwandlung in eine betriebliche Herkunftsangabe begründet werden (vgl. auch Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rdn. 227 f.). Dies kommt jedenfalls
- anders als bei der unmittelbaren - bei der mittelbaren geographischen Herkunftsangabe in Betracht, bei der der Verkehr nicht aus der direkten Benennung eines geographischen Gebietes, sondern erst aufgrund anderer Hinweise auf ein bestimmtes Gebiet schließt.
Geographische Herkunftsangaben, insbesondere Lagebezeichnungen, können für die Vermarktung von aus der bezeichneten Gegend stammenden Produkten, vor allem bei Naturprodukten, von großer Bedeutung und - im Sinne eines preisbildenden Faktors - von hohem Wert sein (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BT-Drucks. 12/6581, S. 116; Koch aaO Stichwort "Lage", Ziff. 3.1.3.2, S. 8/9). Zwar sind geographische Herkunftsangaben, auch in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnungen, mangels Zuordnung der Kennzeichnung zu einem bestimmten (ausschließlichen) Rechtsträger grundsätzlich nicht mit individuellen Schutz- oder subjektiven Kennzeichenrechten verknüpft (vgl. BVerfGE 51, 193, 215 - Weinbergsrolle; BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II). Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz ergibt sich aber mittelbar aufgrund einer Reflexwirkung des objektiven Rechts in dem Sinne, daß jedes Unternehmen, das Wein aus der bezeichneten Lage herstellt oder vertreibt, in gleichem Maße zur Benutzung der geographischen Herkunftsangabe berechtigt ist. Geographische Herkunftsangaben verkörpern dabei eine Art "kollektiven Goodwill", der allen berechtigten Unternehmen gemeinsam zusteht (Begr. zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 12/6581, S. 116). In dieses Gefüge greift ein, wer dazu übergeht, die geographische Herkunftsangabe als Bestandteil in seine Firma zu übernehmen und damit als individuelles Unternehmenskennzeichen zu verwenden. Dabei darf die Möglichkeit eines Wandels der Verkehrsauffassung dahin nicht außer acht gelassen werden, daß der Verkehr die geographische Herkunftsangabe in der Firma der Beklagten eines Tages nur noch als Hinweis auf die betriebliche
Herkunft bzw. auf ein bestimmtes Unternehmen - die Beklagte - versteht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 17.9.1957 - I ZR 105/56, GRUR 1958, 39, 40 - Rosenheimer Gummimäntel; Urt. v. 26.9.1980 - I ZR 19/78, GRUR 1981, 57, 59 - Jena). Eine derartige Monopolisierung der geographischen Herkunftsangabe müssen die übrigen Beteiligten nicht ohne weiteres hinnehmen. Sie ist vergleichbar mit der Eintragung des Namens einer Lage als Warenzeichen oder Marke, deren Zulässigkeit - auch wenn die Markeneintragung bei Lagen im Alleinbesitz diskutiert und größtenteils befürwortet wird (vgl. BGH, Beschl. v. 3.6.1993 - I ZB 6/91, GRUR 1993, 832, 833 - Piesporter Goldtröpfchen; Beschl. v. 14.5.1992 - I ZB 12/90, GRUR 1993, 43, 44 f. - Römigberg; Beschl. v. 21.1.1982 - I ZB 7/81, GRUR 1983, 440, 441 - Burkheimer Schloßberg) - nach allgemeiner Ansicht jedenfalls bei nicht im Alleinbesitz stehenden Lagen mit Rücksicht auf das hohe Freihaltebedürfnis der übrigen Weinbauunternehmen mit Rebflächen in der bezeichneten Lage abzulehnen ist (vgl. hierzu Haß, GRUR 1980, 87, 89). Zwar verliert selbst eine Ortsangabe, die sich aufgrund ihrer Benutzung durch einen bestimmten Betrieb für diesen durchgesetzt hat, dadurch noch nicht von selbst ihre ursprüngliche Eigenschaft als geographische Angabe (vgl. BGHZ 139, 138, 142 - Warsteiner II, m.w.N.). Es besteht aber grundsätzlich die Gefahr einer Verwässerung der Herkunftsangabe als Lagebezeichnung und - verbunden damit - einer Verkehrsverwirrung, wenn aufgrund der Verwendung als Firmenbestandteil die ursprünglich der Lage entgegengebrachte Wertschätzung nunmehr ganz oder zum Teil auf das mit der Lagebezeichnung firmierende Unternehmen abgeleitet wird.
bb) Das Berufungsgericht hat zur Frage einer individuellen Behinderung nach § 1 UWG durch Benutzung der Lagebezeichnung "Stich den Buben" in der Firma der Beklagten bislang keine Feststellungen getroffen. Mangels einer
ausreichenden Tatsachengrundlage ist der Senat zu einer eigenen Sachentscheidung nicht in der Lage. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen im wiedereröffneten Berufungsrechtszug, in dem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen haben, nachzuholen haben.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.