Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Mai 2016 - 15 A 1378/15


Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die mit dem Zulassungsbegehren vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch ergeben sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.). Ebenso wenig folgt aus ihnen eine zur Zulassung der Berufung nach§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO führende Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, auf der das Urteil beruht (3.). Auch ein der Beurteilung des beschließenden Senats unterliegender Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, liegt nicht vor (4.).
41. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
5Ernstliche Zweifel sind gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
7die Beklagte unter Aufhebung des Beschlusses des Städteregionstags vom 2. Oktober 2014 zu verpflichten, durch den Städteregionstag einen Wahlprüfungsbeschluss dahingehend zu fassen, dass die Wahl zum Städteregionstag vom 25. Mai 2014 im ganzen Wahlgebiet für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl für die Wahl zum Städteregionstag im ganzen Wahlgebiet angeordnet wird,
8im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es seien keine Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren i.S.d. § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW vorgekommen, die auf die Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein könnten. Weder habe der Wahlausschuss der Beklagten den Wahlvorschlag der UWG für die Reserveliste zu Unrecht zurückgewiesen, noch habe der Wahlamtsleiter in seiner Funktion als Vertreter des Wahlleiters in relevanter Weise gegen die gesetzliche Pflicht zur Vorprüfung des Wahlvorschlags verstoßen. Die Vorlage der Zustimmungserklärungen der Bewerber zum Wahlvorschlag für die Reserveliste der UWG sei nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes wegen einer etwaigen unzutreffenden Auskunft oder Zusage des Wahlamtsleiters in Bezug auf die Erforderlichkeit der Zustimmungserklärungen bzw. die Vollständigkeit der Wahlunterlagen entbehrlich gewesen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstelle, der Wahlamtsleiter habe tatsächlich eine Aussage des behaupteten Inhalts getätigt, fehle es an den Voraussetzungen des Vertrauensschutzes. Zum einen sei der Wahlamtsleiter für eine Erklärung bzw. Zusage, dass der Wahlvorschlag der UWG für die Reserveliste auch ohne Zustimmungserklärungen der Bewerber ordnungsgemäß und damit zuzulassen sei, nicht zuständig. Zum anderen wäre ein dadurch begründetes Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls nicht schutzwürdig.
9Die dagegen von dem Kläger vorgetragenen Rügen haben keinen Erfolg. Sein Vorbringen, eine Vernehmung der Zeugen O. und X. durch das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2015 hätte ergeben, dass das Vertrauen der UWG, für die ordnungsgemäße Wahlvorlage sei das Formular 12b entbehrlich, aufgrund des Verhaltens des Wahlamtsleiters schutzwürdig sei, weckt keine ernstlichen Zweifel an der angegriffenen Entscheidung.
10Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann das in Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnde Vertrauensschutzprinzip im Wahlrecht nur beschränkt Anwendung finden. Dieses Prinzip gilt nicht schematisch gleichartig in allen rechtlich geregelten Lebensbereichen, sondern nur entsprechend den jeweiligen Ordnungsstrukturen. Im Wahlrecht steht nicht der - vom Vertrauensschutz gemeinhin begünstigte - Einzelfall im Vordergrund. Die Eigenart dieses Rechtssystems wird vielmehr durch das Interesse aller am demokratischen Wahlverfahren Beteiligten an der Eindeutigkeit und alsbaldigen Wirksamkeit des Wahlergebnisses, d. h. an der Bildung einer arbeitsfähigen Vertretung, bestimmt. Dies äußert sich einerseits in der gesetzlich strengen Förmlichkeit des Wahlverfahrens, wie sie etwa in § 18 KWahlG NRW im Hinblick auf die Prüfung und Zulassung der Wahlvorschläge zum Ausdruck kommt, andererseits in den Beschränkungen der Rechtsschutzmittel sowie in den vom Einzelfall absehenden Objektivierungen der entsprechenden materiellen Rechtsschutzgründe.
11Vgl. OVG NRW, Urteile vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, DVBl. 1978, 149 = juris Rn. 46, und vom8. September 1965 - III A 650/65 -, OVGE MüLü 21, 332, 336 ff.
12Auskünfte und Zusagen von Wahlorganen können daher nur ausnahmsweise und aufgrund besonderer Umstände schutzwürdige Vertrauenspositionen begründen. Derartige besondere Umstände können möglicherweise angenommen werden, wenn etwa der Wahlleiter bewusst unrichtige Auskünfte erteilt.
13Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, DVBl. 1978, 149 = juris Rn. 49 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V OVG 100/75 -, VerwRspr. 27, Nr. 222, 985, 989 f.
14Ungeachtet dessen hängt die Annahme eines Vertrauensschutzes nach allgemeinen Grundsätzen davon ab, dass das Vertrauen durch zuständige Organe verantwortlich veranlasst sein muss. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Erteilung von Empfehlungen und Zusicherungen nicht zum Amtsauftrag der Wahlorgane gehört. Vielmehr liegt die Verantwortung für die Ordnungsgemäßheit der Wahlvorschläge in erster Linie bei den Wahlvorschlagsträgern.
15Vgl. OVG NRW, Urteile vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE MüLü 38, 263, 268 f., vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, DVBl. 1978, 149 = juris Rn. 54 ff., und vom 8. September 1965 - III A 650/65 -, OVGE MüLü 21, 332, 337 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V OVG 100/75 -, VerwRspr. 27, Nr. 222, 985, 989.
16Gemessen an diesen Maßstäben zeigt der Zulassungsantrag nicht auf, dass eine Vernehmung der Zeugen O. und X. zu einer Bejahung des Vertrauensschutzes geführt hätte. Er legt weder dar, dass eine solche Vernehmung auf eine Kompetenz des Wahlamtsleiters für verbindliche Auskünfte und Zusagen geführt hätte, auf die ein Vertrauenstatbestand gestützt werden kann, noch dass diese Beweisaufnahme besondere Umstände ergeben hätte, aufgrund derer die UWG trotz ihrer prinzipiellen Eigenverantwortlichkeit für die Ordnungsgemäßheit ihres Wahlvorschlags im vorliegenden Einzelfall schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch hätte nehmen können. Das Verwaltungsgericht hat die Beweiswürdigung nicht vorweggenommen. Es hat vielmehr prozessordnungsgemäß mit der Wahrunterstellung zugunsten des Klägers gearbeitet, dass der Wahlamtsleiter die Zustimmungserklärungen der Anlage 12b gegenüber den Herren O. und/oder X. für nicht erforderlich bzw. die eingereichten Wahlunterlagen für vollständig und in Ordnung erklärt habe.
17Vgl. zur prozessualen Zulässigkeit einer Wahrunterstellung etwa BVerwG, Beschlüsse vom 3. November 2014 - 2 B 24.14 -, juris Rn. 10 f., und vom 17. September 2014 - 8 B 15.14 -, juris Rn. 5, m.w.N,
18Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Sachverhalt, soweit er für das Bestehen eines Vertrauensschutzes erheblich ist, auf S. 24 ff. des Urteils eingehend ausgewertet. Der im Zulassungsantrag angesprochene allgemeine Gedanke, dass Zweck des Wahlprüfungsverfahrens zweifelsohne ist, eine gesetzmäßige Zusammensetzung der Vertretungskörperschaft zu erzielen, stellt diese Bewertung nicht in Frage. Das generelle Verständnis des Begriffs der Unregelmäßigkeit der Wahl in § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW bzw. des Wahlfehlers sagt gleichfalls nichts darüber hinaus, ob der UWG gerade im zu entscheidenden Fall Vertrauensschutz zuzubilligen ist. Die objektive Möglichkeit, das erforderliche Formular 12b für alle Reservelistenkandidaten oder zumindest für die beiden Reservelistenkandidaten und Zeugen O. und X. vorzulegen, bestand zudem in jedem Fall unbeschadet des konkreten Verlaufs des Gesprächs mit dem Wahlamtsleiter am 4. und/oder 7. April 2014.
192. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
20Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
21Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Soweit es der Sache nach die Frage aufwirft,
22ob eine rechtserhebliche Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl i.S.d. § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW daraus folgt, dass der Wahlamtsleiter die Mängelrüge nicht gegenüber den im Wahlvorschlag benannten Vertrauenspersonen, sondern gegenüber Herrn O. erhoben hat,
23führt diese nicht auf einen grundsätzlichen Klärungsbedarf.
24Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 2 KWahlG NRW vorliegt. Ansprechpartner des Wahlleiters im Zusammenhang mit der Aufforderung, Mängel des Wahlvorschlags zu beseitigen, ist ausschließlich die im Wahlvorschlag benannte Vertrauensperson.
25Vgl. dazu Bätge, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/ Becker/Schneider/Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in Nordrhein-Westfalen, 2008, S. 152 und S. 206.
26Zweck dieser Regelung ist erkennbar - wie es der Zulassungsantrag im Einklang mit dem Verwaltungsgericht aufgreift - die Erleichterung des Kontakts zwischen den Wahlbehörden und den Wahlorganen, um die Ordnungsgemäßheit der Wahl sicherzustellen.
27Vgl. allgemein zur Stellung der Vertrauensperson nochmals Bätge, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/ Becker/Schneider/Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in Nordrhein-Westfalen, 2008, S. 152 und S. 206.
28Allerdings hat das Verwaltungsgericht die Relevanz des Rechtsverstoßes aufS. 34 ff. des Urteils verneint, weil dieser nach Lage der Dinge im vorliegenden Einzelfall in Anbetracht des Schutzzwecks der Vorschriften über die Vorprüfung von Wahlvorschlägen durch den Wahlleiter nicht geeignet sei, eine Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl i.S.v. § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW zu begründen. Nach eigenem Vortrag des Klägers handele es sich bei Herrn O. - so das Verwaltungsgericht im Einzelnen - um einen verantwortlichen Ansprechpartner der UWG. Er sei, unterstützt von Herrn X. , ab dem 21. März 2014 federführend für die Einreichung der Wahlunterlagen der UWG verantwortlich gewesen und gegenüber dem Wahlamtsleiter durchgängig als Ansprechpartner aufgetreten. Insbesondere habe er am 4. April 2014 die telefonischen Mängelrügen des Wahlamtsleiters bezüglich der Zustimmungserklärungen und der Unterstützungsunterschriften entgegengenommen und am 7. April 2014 die vom Wahlamtsleiter nachgeforderten Unterlagen nachgereicht. Unter diesen Umständen habe der Wahlamtsleiter davon ausgehen können und müssen, dass Herr O. ebenfalls verantwortlicher Ansprechpartner der UWG für die eingereichten Wahlvorschläge gewesen sei, der nach dem ihm nach außen erkennbar übertragenen Aufgabenbereich, nämlich der Einreichung und Ergänzung der Wahlunterlagen, jedenfalls befugt gewesen sei, Erklärungen der Wahlbehörden entgegenzunehmen. Dies gelte umso mehr, als es sich bei den Herren O. und X. um den 1. Stellvertretenden Vorsitzenden der UWG sowie den Geschäftsführer der UWG handele, die als vertretungsberechtigter geschäftsführender Vorstand und damit zuständige Leitung der UWG die Wahlvorschläge unterzeichnet hätten. Mit der Information von Herrn O. über das Fehlen der Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste am 4. April 2014 sei der Zweck der Vorprüfungspflicht des Wahlleiters erfüllt gewesen. Es habe nunmehr allein im Verantwortungsbereich der UWG gelegen, ob sie dem erteilten Hinweis folge.
29Diese auf den zu entscheidenden Einzelfall bezogenen Ausführungen zur Relevanz des Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 Satz 2 KWahlG NRW, denen der Zulassungsantrag auch nicht entgegentritt, sind einer verallgemeinernden Klärung nicht zugänglich.
30Dass der - im Interesse des Zwecks des Wahlprüfungsverfahrens grundsätzlich weit zu verstehende - Begriff der Unregelmäßigkeit der Wahl des § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW nach der gefestigten Rechtsprechung des beschließenden Senats alle Umstände erfasst, die dem Schutzzweck der wahlrechtlichen Bestimmungen und Grundsätze zuwiderlaufen.
31vgl. insofern OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 2011 - 15 A 876/11 -, DVBl. 2012, 588 = juris Rn. 65 (bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2012 - 8 B 27.12 -, DVBl. 2012, 916 = juris), und vom 19. Februar 1982 - 15 A 1452/81 -, NVwZ 1983, 627.
32war im Übrigen auch der (richtige) rechtliche Ausgangspunkt der Prüfung des Verwaltungsgerichts. Es ist allerdings aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass dem des Zweck § 18 Abs. 1 Satz 2 KWahlG NRW hier anderweitig Rechnung getragen worden war.
333. Der Kläger legt den Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht dar.
34Hierzu muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht.
35Einen solchen Rechtssatz benennt der Kläger zunächst nicht im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 1988 - 8 C 79.86 -, NVwZ 1988, 1128 = juris, das sich mit der Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und deren Verhältnis zu materiellen Ausschlussfristen befasst. Das Verwaltungsgericht hat sich auch nicht zu der in diesem Urteil in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 1985 - IX ZR 17/85 -, NVwZ 1985, 938 = juris, in Widerspruch gesetzt, dies auch unabhängig davon, dass diese als solche eines anderen Rechtszugs nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht divergenzfähig ist. Dass eine unrichtige Auskunft einer Behörde unter bestimmten Umständen einen Vertrauenstatbestand begründen kann, hat das Verwaltungsgericht - wie unter 1. ausgeführt - nicht in Abrede gestellt.
36Das Verwaltungsgericht hat weiterhin keinen Obersatz aufgestellt, der im Gegensatz zu dem Senatsurteil vom 15. Dezember 2011 - 15 A 876/11 -, DVBl. 2012, 588 = juris Rn. 65 und 75, steht. Auch das Verwaltungsgericht hat auf S. 15 des Urteils formuliert, dass der Begriff des Wahlfehlers grundsätzlich weit zu verstehen ist und dass er - wie schon unter 2. gesagt - alle Umstände erfasst, die dem Schutzzweck der wahlrechtlichen Bestimmungen und Grundsätze zuwiderlaufen. Als Beleg hat es die einschlägige Senatsrechtsprechung zitiert. Dass es prinzipiell erforderlich sei, dass der Wahlleiter sich der Unrichtigkeit seiner Angaben bewusst ist, hat das Verwaltungsgericht nicht postuliert, weil es für sein Prüfungsprogramm nicht entscheidungstragend auf diese Aussage ankommt. Es hat - wie unter 1. wiedergegeben - zugunsten des Klägers unterstellt, dass der Wahlamtsleiter erklärt habe, die Vorlage von Zustim-mungerklärungen der Bewerber zum Wahlvorschlag für die Reserveliste nach dem Muster der Anlage 12b sei nicht erforderlich bzw. die eingereichten Wahlunterlagen seien vollständig und in Ordnung. Im Übrigen hat es unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, DVBl. 1978, 149 = juris Rn. 51, lediglich beispielhaft angeführt, dass bewusst unrichtige Auskünfte eines Wahlleiters unter besonderen Umständen möglicherweise schutzwürdige Vertrauenspositionen schaffen können.
37In Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 8. Dezember 1992 - 15 A 3560/91 - NVwZ-RR 1993, 375 = juris, hat das Verwaltungsgericht schließlich in Betracht gezogen, dass Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl i.S.d. § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW auch Rechtsverstöße sein können, die sich bei der Zulassung der Wahlvorschläge ereignet haben (vgl. dazu wiederum oben unter 2.). Die Kritik des Klägers an den von dem Verwaltungsgericht in diesem Kontext gezogenen Schlussfolgerungen füllt den Tatbestand der Divergenz nicht aus.
384. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor.
39Daraus, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Vernehmung der Herren O. und X. als Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2015 abgelehnt hat, ergibt sich keine Verletzung der Aufklärungspflichten aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1, Abs. 2 VwGO.
40Wenn das Gericht einen beantragten Beweis nicht einholt, so liegt hierin grundsätzlich nur dann ein Verfahrensfehler, wenn die Ablehnung aus Gründen erfolgt, die im Prozessrecht keine Stütze finden.
41Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. April 2004- 2 BvR 743/03 -, NJW-RR 2004, 1150 = juris Rn. 11.
42Eine tragfähige Stütze im Prozessrecht findet die Ablehnung eines Beweisantrags im Verwaltungsprozess regelmäßig dann, wenn der Beweisantrag entweder unzulässig ist oder die Gründe, auf die sich das Verwaltungsgericht im Beschluss nach § 86 Abs. 2 VwGO stützt, nach einfachem Verfahrensrecht die Zurückweisung des Beweisantrags rechtfertigen.
43So verhält es sich hier. Wie bereits unter 1. thematisiert, durfte das Verwaltungsgericht den Beweisantrag als unerheblich ablehnen und in der Folge die unter Beweis gestellte Tatsache durchgängig zugunsten des Klägers ohne jede Einschränkung als wahr unterstellen.
44Vgl. dazu nochmals BVerwG, Beschlüsse vom 3. November 2014 - 2 B 24.14 -, juris Rn. 10 f., und vom 17. September 2014 - 8 B 15.14 -, juris Rn. 5, m.w.N.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
46Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
47Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
48Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.