Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 19. Jan. 2015 - 5 U 18/14

19.01.2015

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil-Urteil des Landgerichts Heilbronn - Az.: 23 O 99/12 KfH - wie folgt

abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, nach ihrer Wahl entweder der Klägerin oder einem von der Klägerin zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in ihre Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren, soweit dies zur Feststellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung über die Provisionsansprüche der Klägerin über sämtliche Verträge und Bestellungen über den Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen und von Ersatzteilen für solche Sitze erforderlich ist, die die Beklagte zwischen dem 09.03.2004 und dem 30.11.2011 mit Kunden mit Sitz in den Staaten:

a) Arabische Republik Syrien,

b) Haschemitisches Königreich Jordanien,

c) Arabische Republik Ägypten,

d) Republik Jemen,

e) Sultanat Oman,

f) Vereinigte Arabische Emirate,

g) Königreich Bahrain,

h) Staat Katar,

i) Königreich Saudi-Arabien,

j) Republik Irak,

k) Islamische Republik Iran

schloss, insbesondere mit den folgenden Kunden:

i. R

ii. A

iii. S (Saudi Arabian),

iv. M Airlines,

v. E Airlines,

vi. G Airline,

vii. Y Airways,

viii. N,

ix. S Airlines,

x. Q,

xi. Fly ,

xii. E,

xiii. O Air,

xiv. S Airlines,

xv. R

sowie den folgenden weiteren Kunden:

xvi. W (Kuwait National A..),

xvii. A,

xviii. L,

xix. A,

... A,

wobei die Einsicht für die einzelnen Verträge und Bestellungen zu folgenden Angaben zu erfolgen hat:

i. Name des Kunden,

ii. Datum des Vertragsschlusses,

iii. Bezeichnung des Modells und des Layouts der verkauften

Flugzeugpassagiersitze bzw. der hierfür verkauften Ersatzteile,

iv. Einzelpreis der verkauften Flugzeugpassagiersitze bzw. Ersatzteile,

v. vereinbarte Liefermenge,

vi. für die Lieferung vereinbarter Gesamtpreis,

vii. Rechnungsdatum, Rechnungsnummer(n) und Rechnungsbetrag,

viii. Annullierung, Nichtauslieferung oder Stornierung nebst

Angabe von Gründen,

ix. Retouren nebst Angabe von Gründen,

x. beim Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen: Einzelheiten über

etwaige Absprachen in Bezug auf anfängliche Ersatzteillieferung,

xi. etwaige Vereinbarung über die spätere Aufrüstung der gelieferten

Flugzeugpassagiersitze (Upgrades).

b) Im Übrigen wird der Antrag auf Bucheinsicht abgewiesen.

c) Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 340.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin macht einen Auskunftsanspruch aus einem Handelsvertretervertrag auf der ersten Stufe einer Stufenklage geltend.
Die in D... ansässige Klägerin und ihre Rechtsvorgänger sind seit 1961 als führende Distributoren und Handelsvertreter für Zulieferprodukte der zivilen Luftfrachtindustrie im Nahen und Mittleren Osten tätig.
Die Beklagte ist einer der weltweit führenden Hersteller von Flugzeugpassagiersitzen.
Die Parteien schlossen im Jahr 1995 einen Handelsvertretervertrag. Hiernach sollte die Klägerin als ausschließlicher Handelsvertreter für die Produkte der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf dem Gebiet der Vereinigten Arabischen Emirate, des Libanon, des Emirats Bahrain, des Staates Katar, des Sultanats Oman und der Arabischen Republik Syrien tätig werden (vgl. Anl. K 1).
Die Parteien schlossen am 09.03.2004 einen neuen Handelsvertretervertrag, welcher die Bestimmungen des im Jahre 1995 geschlossenen Handelsvertretervertrages ablöste. Dieser Vertrag enthält folgende Bestimmungen:
1. Vertragszweck und Ernennung des Vertreters
1.1. Zweck des vorliegenden Vertrages zwischen R... und dem Vertreter ist es, den Verkauf von R...-Flugzeugsitzen und Ersatzteilen (im Folgenden als „Sitze“ bezeichnet) in folgenden Ländern zu fördern: Syrien, Jordanien, Ägypten, Jemen, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain, Katar, Saudi Arabien, Irak, Iran (im Folgenden als das „Vertragsgebiet“ bezeichnet) und Kaufverträge zwischen R... und Unternehmen im Vertragsgebiet anzubahnen.
1.2. RE...A ernennt den Vertreter hiermit zu seinem alleinigen Vertreter für den Verkauf der Sitze an die Unternehmen im Vertragsgebiet.
1.3 Der Vertreter wird sich nach Kräften bemühen, R... bei der Anbahnung von Kaufverträgen zu unterstützen. Ein Vertreter ist jedoch weder eine Niederlassung noch bevollmächtigt oder Mitarbeiter von R... und mit ihr verbunden, weshalb der Vertreter auch keine Äußerungen tun darf, die eine solche Stellung suggerieren. Darüber hinaus hat der Vertreter als unabhängiger Vertragspartner keinerlei Befugnisse, irgendwelche Zusagen und/oder Zusicherungen im Namen von R... zu geben, sofern er nicht ausdrücklich schriftlich von R... dazu ermächtigt wurde.
10 
1.4 Der Vertreter ist dafür verantwortlich, alle Genehmigungen einzuholen und alle Eintragungen zu erwägen, die nach den Gesetzen der Rechtsordnung des Landes, denen der Vertreter unterliegt, für das uneingeschränkte Wirksamwerden des vorliegenden Vertrages erforderlich sind.
11 
2. Leistungen des Vertreters
12 
2.1 Gemäß den Bestimmungen des vorliegenden Vertrages verpflichtet sich der Vertreter, sich jederzeit nach Kräften zu bemühen, R... in seinen Bemühungen, Verkäufe seiner Sitze anzubahnen, zu unterstützen.
13 
2.2 Während der Laufzeit des vorliegenden Vertrages bedeutet „sich nach Kräften bemühen“, erhebliche und wirksame Anstrengungen zu unternehmen, um für R... Verträge mit Unternehmen im Vertragsgebiet anzubahnen. Dies schließt auch mit ein, dass der Vertreter verpflichtet ist, R... über andere Gelegenheiten, seine Sitze außerhalb des Vertragsgebiets zu verkaufen, zu informieren. R... wird in einem solchen Fall den Vertreter als einen möglichen Vertreter gegenüber den betreffenden Neukunden in Betracht ziehen.
...
14 
3. Pflichten von R...
15 
3.1 Abgesehen von dem in Ziff. 5 Gesagten besteht die einzige Pflicht für R... darin, dem Vertreter technische Daten, Informationen und Veröffentlichungen zu liefern, die R... für erforderlich hält, damit der Vertreter seine Leistungen erbringen kann.
16 
3.2 R... ist nicht verpflichtet, den Vertreter über direkte Kontakte zwischen R... und dem Unternehmen im Vertragsgebiet zu informieren. R... behält sich ausdrücklich das Recht vor, mit den Unternehmen im Vertragsgebiet direkt Geschäfte zu tätigen, ohne den Vertreter dafür Vergütung zu schulden.
17 
4. Vertragsdauer und Kündigung
18 
4.1 Dieser Vertrag gilt unbefristet, sofern er nicht von einer der Parteien mit einer Frist von drei Monaten schriftlich gekündigt wird.
19 
4.2. Jede Partei kann diesen Vertrag aus stichhaltigen Gründen mit sofortiger Wirkung kündigen. Wichtige Gründe sind insbesondere schlechte Leistung des Vertreters oder einschneidende wirtschaftliche oder politische Änderungen, die Auswirkungen auf die Tätigkeit der Parteien haben.
20 
4.3. Wenn der Vertreter seine Pflichten aus dem vorliegenden Vertrag nicht erfüllt, gilt dies in jedem Fall als wesentliche Vertragsverletzung, woraufhin R... berechtigt ist, den vorliegenden Vertrag mit sofortiger Wirkung schriftlich gegenüber dem Vertreter zu kündigen.
21 
4.4 Im Falle einer Vertragsbeendigung kann der Vertreter keine anderen als die in dieser Vereinbarung niedergelegten Ansprüche geltend machen.
22 
5. Vergütung
23 
5.1 Bei Unterzeichnung und Durchführung eines Kaufvertrages zwischen R... und einem der Unternehmen im Territorium als Folge der Leistung des Vertreters in der Laufzeit dieses Vertrages zahlt R... dem Vertreter folgende Vergütung:
24 
- für Fluggastsitze der Economy-Class 5 % des Wertes ab Werk*
- für Fluggastsitze der Business- oder First-class 5 % des Wertes ab Werk*
- für Ersatzteile 7,5 % des Wertes ab Werk*
25 
* Als Wert ab Werk versteht sich der einmalige Preis der Sitze oder Ersatzteile abzüglich aller geltenden Steuern, Zölle, Gutschriften, Gebühren, Versand-, Umschlag- und Lieferkosten.
...
26 
6. Zahlungsbedingungen
27 
R... wird den Vertreter anteilig am Ende des Quartals bezahlen, in dem die Zahlung von den Unternehmen im Vertragsgebiet bei R... eingegangen ist. Zahlungen werden nach Wahl von R... in EURO (EUR) oder in der Währung, in der die Zahlungen von den Unternehmen im Vertragsgebiet geleistet wurden, direkt an den Vertreter geleistet.
28 
7. Rückgabe von Daten und Informationen
29 
Bei Beendigung des vorliegenden Vertrages hat der Vertreter alle Daten und Informationen, insbesondere technische Zeichnungen, Preiskalkulation, Werbeunterlagen und sonstige von R... gelieferte Information umgehend an R... zurückzugeben, da diese - unabhängig davon, ob sie ausdrücklich als solche gekennzeichnet sind - als rechtlich geschütztes Eigentum von R... gelten.
...
30 
11. Maßgebliches Recht und Gerichtsstand
31 
11.1 Der Vertrag unterliegt in jeder Hinsicht dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.
32 
11.2 Sofern nichts anderes vereinbart ist und durch Beratung zwischen den Parteien ohne eine Schiedsverfahren kein Einvernehmen erreicht worden ist, werden alle Streitigkeiten ausschließlich dem Handelsgericht in Heilbronn, Deutschland vorzulegen. Das Schiedsverfahren ist in der Schweiz nach der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer durchzuführen. Die Sprache der Streitbeilegung ist Englisch.
33 
(gerichtsseits: kursive gedruckte Übersetzung des englischen Vertragstextes zu 4.4)
34 
Der Handelsvertretervertrag wurde von der Beklagten zum 30.11.2011 gekündigt.
35 
Zur Abrechnung der Vermittlungstätigkeiten der Klägerin erstellte die Beklagte Quartalsabrechnungen. Vorgelegt sind Quartalsabrechnungen aus den Jahren 2008 bis 2013 (Anl. B 1 u. B 8). Die Beklagte hat darüber hinaus in der Übersicht B 3 dargestellt, welche Provisionen noch an die Klägerin zu zahlen sind, sofern diese Geschäfte auftragsgemäß ausgeführt werden und die Beklagte entsprechende Zahlungen ihrer Kunden erhält. Aus dieser Übersicht ergibt sich ein künftiger Provisionszahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 620.968,67 EUR.
36 
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin weitere Auskunftsrechte gegenüber der Beklagten zustehen.
37 
Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, dass ihr noch weitere Provisionszahlungsansprüche zustünden. Hierfür benötige sie Offenlegung aller an Kunden im Vertragsgebiet tätigen Verkäufe sowie aller an die Fluggesellschaften W. Airways, A. Airways, L. Airlines, A. und Air B. getätigten Verkäufe. Die Auskunftsansprüche würden sich aus § 87c HGB ergeben. Das Begehren, einen Buchauszug zu erstellen, sei von der Beklagten mit Schreiben vom 28.11.2012 (Anl. K 6) unberechtigt verweigert worden. Zudem bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnungen. Die Verpflichtung zur Erstellung eines Buchauszuges sei nicht durch den Handelsvertretervertrag wirksam ausgeschlossen worden. § 92 c HGB setze einen ausdrücklichen Ausschluss der Vorschriften voraus.
38 
Die Klägerin hat daher beantragt wie folgt zu erkennen:
39 
1. Die Beklagte wird verurteilt, nach ihrer Wahl entweder der Klägerin oder einem von ihr zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in ihre Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren, soweit dies zur Feststellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung über die Provisionsansprüche der Klägerin erforderlich ist.
40 
2. Hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrages zu 1.:
41 
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Buchauszug zur Verfügung zu stellen, der Auskunft über sämtliche Verträge und Bestellungen über den Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen und von Ersatzteilen für solche Sitze gibt, die die Beklagte zwischen dem 09.03.2004 und dem 30.11.2011 mit Kunden mit Sitz in den Staaten:
42 
a) Arabische Republik Syrien,
b) Haschemitisches Königreich Jordanien,
c) Arabische Republik Ägypten,
d) Republik Jemen,
e) Sultanat Oman,
f) Vereinigte Arabische Emirate,
g) Königreich Bahrain,
h) Staat Katar,
i) Königreich Saudi-Arabien,
j) Republik Irak,
k) Islamische Republik Iran
43 
schloss, insbesondere mit den folgenden Kunden:
44 
i. R
ii. Air
iii. S (Saudi Arabian A),
iv. M. Airlines,
v. E. Airlines,
vi. G. Airline,
vii. Y - Y Airways,
viii. N Air,
ix. S Airlines,
x. Q Airways,
xi. F Dubai,
xii. E Airways,
xiii. O Air,
xiv. S Airlines,
xv. R Airways
45 
sowie den folgenden weiteren Kunden:
46 
xvi. W. (Kuwait National Airways),
xvii. A.
xviii. L. Airlines,
xix. A.,
... Air B….,
47 
wobei die Auskunft für die einzelnen Verträge und Bestellungen folgende Angaben zu enthalten hat:
48 
i. Name des Kunden,
ii. Datum des Vertragsschlusses,
iii. Bezeichnung des Modells und des Layouts der verkauften Flugzeugpassagiersitze bzw. der hierfür verkauften Ersatzteile,
iv. Einzelpreis der verkauften Flugzeugpassagiersitze bzw. Ersatzteile,
v. vereinbarte Liefermenge,
vi. für die Lieferung vereinbarter Gesamtpreis,
vii. Rechnungsdatum, Rechnungsnummer(n) und Rechnungsbetrag,
viii. Annullierung, Nichtauslieferung oder Stornierung nebst Angabe von Gründen,
ix. Retouren nebst Angabe von Gründen,
x. beim Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen: Einzelheiten über etwaige Absprachen in Bezug auf anfängliche Ersatzteillieferung,
xi. etwaige Vereinbarung über die spätere Aufrüstung der gelieferten Flugzeugpassagiersitze (Upgrades).
49 
Die Beklagte hat beantragt,
50 
die Klage abzuweisen.
51 
Die Beklagte hat erwidert:
52 
Gemäß Vertrag vom 09.03.2004 sei sie gerade nicht zur Erteilung eines Buchauszuges, der Gewährung der Einsicht in ihre Bücher oder weiterer Provisionsabrechnungen verpflichtet, da diese Informationsrechte der Klägerin gemäß Ziff. 3 u. 4 des Vertrages wirksam ausgeschlossen seien.
53 
Zudem sei der Antrag auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß dem Hilfsantrag inhaltlich und zeitlich zu weit gefasst. Die Klägerin verlange Auskunft über „sämtliche Verträge und Bestellungen mit Kunden mit Sitz in bestimmten Staaten bzw. mit bestimmten, namentlich aufgeführten Kunden. Einige dieser namentlich aufgeführten Kunden hätten ihren Sitz außerhalb des Vertragsgebietes. Zu einer solch allumfassenden Auskunftserteilung sei die Beklagte nicht verpflichtet. Darüber hinaus verlange die Klägerin Auskunft über Vertragsschlüsse und Bestellungen vom 09.03.2004 bis zur Beendigung des Representative Agreements. Die Beklagte beruft sich insoweit auf die Einrede der Verjährung, da Hilfsansprüche zu den Provisionsansprüchen innerhalb der Regelfrist nach § 195 BGB in drei Jahren verjährten.
54 
Das Landgericht hat den Haupt- und den Hilfsantrag abgewiesen. Gemäß Ziff. 11 des Handelsvertretervertrages sei deutsches Recht anwendbar. Die Informationsrechte der Klägerin bestünden jedoch nicht, da diese durch den Vertrag i.V.m. § 92c HGB wirksam ausgeschlossen seien. Durch die in Ziff. 3 u. 4 des Vertrages gewählten Formulierungen sei eindeutig geregelt, dass der Beklagten Direktgeschäfte im Vertragsgebiet ohne Information der Klägerin gestattet seien. Den Voraussetzungen des § 92c HGB sei damit Genüge getan. Die Ansprüche der Klägerin seien in Ziff. 5 des Vertrages vollständig geregelt. In Ziff. 3 und 4.4 sei dargelegt, welche Informationsansprüche die Klägerin habe und dass darüber hinaus keine weiteren Informationsansprüche bestünden.
55 
Ferner machte das Landgericht Ausführungen über den Vertriebsweg von Flugzeugsitzen. Im Zuge der Produktion verkaufter Flugzeuge gäben die Hersteller den Käufern Informationen über für dieses Flugzeug zugelassene (zertifizierte) Sitze. Die Käufer, hier die Fluggesellschaften, führten auf dieser Basis Ausschreibungen durch. Dies bedeute, dass die Fluggesellschaften Kenntnis über konkret für den bestellten Flugzeugtyp zertifizierte Sitze unmittelbar von Herstellern erhalten würden. Die Beklagte erhalte wiederum Kenntnis von Kaufinteressenten durch die ihr zugehenden Ausschreibungsunterlagen. Die Entscheidung der Beklagten, ob für eine konkrete Ausschreibung die Dienste der Klägerin in Anspruch genommen würden, werde erst nach Zugang der Ausschreibungsunterlagen bei der Beklagten getroffen.
56 
Mit der Berufung greift die Klägerin das Urteil vollumfänglich an.
57 
Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Landgericht den Ausschluss des Bucheinsichtsrechts durch den Handelsvertretervertrag rechtsfehlerhaft angenommen habe. Aus Ziff. 4.4 des Vertrages, wonach im Fall der Beendigung des Vertrages der Klägerin keine weiteren als die im Vertrag statuierten Ansprüche zustünden, lasse sich nicht ableiten, dass einmal entstandene Informationsansprüche nach einer Kündigung untergehen sollten. Ferner sei unklar, auf welche Rechte Ziff. 4.4 des Vertrages Bezug nehme. Der Vertrag bestimme für den Fall der Kündigung keine Rechte. Insofern könne Ziff. 4.4 nur so verstanden werden, dass auf die gesetzlichen Rechte Bezug genommen werde. Dann blieben die Rechte aus § 87c HGB ebenfalls unberührt.
58 
Des Weiteren rügt die Klägerin tatsächliche Feststellungen des Landgerichts. Das Landgericht habe verkannt, dass die Klägerin nicht nur im Hinblick auf konkrete Ausschreibungen habe tätig werden sollen, sondern dass die Klägerin die Beklagte umfassend und jederzeit nach besten Kräften unterstützen sollte, Sitzverkäufe zu erzielen. Ausdrückliche Pflicht der Klägerin sei es gewesen, die Beklagte auf Verkaufsmöglichkeiten hinzuweisen. Insofern sei es unzutreffend, wenn das Landgericht annehme, dass die Provisionspflicht nur dann entstünde, wenn die Klägerin sich um die Ausstattung konkret von der Beklagten benannter Flugzeuge habe kümmern sollen. Ferner habe das Landgericht übersehen, dass die Beklagte die Erteilung eines Buchauszuges verweigert habe.
59 
Die Klägerin beantragt daher wie folgt zu erkennen:
60 
1. Das Teilurteil des Landgerichts Heilbronn vom 15.01.2014 (Az. 23 O 99/12 KfH) wird wie folgt abgeändert:
61 
Die Beklagte wird verurteilt, nach ihrer Wahl entweder der Klägerin oder einem von ihr zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in ihre Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren, soweit dies zur Feststellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung über die Provisionsansprüche der Klägerin erforderlich ist.
62 
2. Hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrages zu 1.:
63 
Das Teilurteil des Landgerichts Heilbronn vom 15.01.2014 (Az. 23 O 90/12 KfH) wird wie folgt abgeändert:
64 
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Buchauszug zur Verfügung zu stellen, der Auskunft über sämtliche Verträge und Bestellungen über den Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen und von Ersatzteilen für solche Sitze gibt, die die Beklagte zwischen dem 09.03.2004 und dem 30.11.2011 mit Kunden mit Sitz in den Staaten:
65 
a) Arabische Republik Syrien,
b) Haschemitisches Königreich Jordanien,
c) Arabische Republik Ägypten,
d) Republik Jemen,
e) Sultanat Oman,
f) Vereinigte Arabische Emirate,
g) Königreich Bahrain,
h) Staat Katar,
i) Königreich Saudi-Arabien,
j) Republik Irak,
k) Islamische Republik Iran
66 
schloss, insbesondere mit den folgenden Kunden:
67 
i. R,
ii. A 
iii. S (S Airlines),
iv. M Airlines,
v. E Airlines,
vi. G Airline,
vii. Y Airways,
viii. N Air,
ix. S Airlines,
x. Q Airways,
xi. F D,
xii. E A,
xiii. O Air,
xiv. S A Airlines,
xv. R Air…
68 
sowie den folgenden weiteren Kunden:
69 
xvi. W (Kuwait National Airways),
xvii. A Airways,
xviii. L Airlines,
xix. A,
... AirB,
70 
wobei die Auskunft für die einzelnen Verträge und Bestellungen folgende Angaben zu enthalten hat:
71 
i. Name des Kunden,
ii. Datum des Vertragsschlusses,
iii. Bezeichnung des Modells und des Layouts der verkauften
Flugzeugpassagiersitze bzw. der hierfür verkauften Ersatzteile,
iv. Einzelpreis der verkauften Flugzeugpassagiersitze bzw. Ersatzteile,
v. vereinbarte Liefermenge,
vi. für die Lieferung vereinbarter Gesamtpreis,
vii. Rechnungsdatum, Rechnungsnummer(n) und Rechnungsbetrag,
viii. Annullierung, Nichtauslieferung oder Stornierung nebst Angabe
von Gründen,
ix. Retouren nebst Angabe von Gründen,
x. beim Verkauf von Flugzeugpassagiersitzen: Einzelheiten über
etwaige Absprachen in Bezug auf anfängliche Ersatzteillieferung,
xi. etwaige Vereinbarung über die spätere Aufrüstung der gelieferten
Flugzeugpassagiersitze (Upgrades).
72 
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf der Grundlage der Bucheinsicht gemäß des Antrages zu Ziff. 1 oder des Buchauszugs gemäß des Antrags zu Ziff. 2 eine vollständige Provisionsabrechnung zu erteilen.
73 
Die Beklagte beantragt,
74 
die Berufung zurückzuweisen.
75 
Die Beklagte verteidigt das Urteil vollumfänglich. Sie bestreitet wie erstinstanzlich, dass mit den von der Klägerin genannten Fluggesellschaften, die nicht im Vertragsgebiet ansässig seien, Geschäfte zustande gekommen seien. Ferner würden die Informations- und Auskunftsrechte der Klägerin in Ziff. 3.1 des Handelsvertretervertrages explizit aufgezählt. Mit der eindeutigen und unmissverständlichen Regelung in Ziff. 3.1 seien weitergehende gesetzliche Auskunftsrechte der Klägerin ausgeschlossen. Des Weiteren schließe Ziff. 3.2 des Handelsvertretervertrages weitergehende Informationsansprüche bezüglich Direktgeschäften der Beklagten aus. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei kein ausdrücklicher Ausschluss zur Abbedingung der Informationsrechte der Klägerin erforderlich; eine abweichende Vereinbarung sei auch auf diesem Wege (Ziff. 3.2) möglich, soweit sie hinreichend deutlich zum Ausdruck komme.
76 
Es wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
77 
Die zulässige Berufung hat in dem tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen war sie zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
78 
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO ist das angefochtene Urteil durch das Berufungsgericht daraufhin zu überprüfen, ob dem Erstgericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist oder ob nicht auf Rechtsfehlern beruhende Irrtümer in der Tatsachenfeststellung (§ 529 ZPO) die Entscheidungsfindung beeinflusst haben.
79 
Zu Unrecht hat das Landgericht der Klägerin das Recht auf Bucheinsicht nach § 87c Abs. 4 HGB verneint. Mit Schreiben vom 28.11.2012 (Anl. K6) hat die Beklagte die Forderung der Klägerin, einen Buchauszug über alle Geschäfte im Vertragszeitraum zu erteilen, zurückgewiesen und damit iSv. § 87c HGB verweigert. Nach dieser Vorschrift kann die Klägerin verlangen, dass nach Wahl der Beklagten der Klägerin oder einem klägerseits zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden gewährt wird, soweit dies zur Feststellung der Richtigkeit bzw. Vollständigkeit der Abrechnung der Provisionsansprüche im Zeitraum vom 9.3.2004 bis zum 30.11.2011 erforderlich ist. Die Einsichtnahme in die Geschäftsbücher beschränkt sich auf die im Tenor benannten Fluggesellschaften. Der Umfang der Einsicht ergibt sich aus den im Tenor benannten relevanten Angaben.
80 
1. Auf den Auskunftsanspruch der Klägerin, hier das Einsichtsrecht, findet deutsches Recht Anwendung. Nach Ziff. 11 des Handelsvertretervertrages haben die Parteien deutsches Recht gewählt.
81 
2. Der Auskunftsanspruch der Klägerin und hier das Einsichtsrecht in die Geschäftsbücher ist vorliegend nicht von den Parteien abbedungen worden. Gemäß § 92c Abs. 1 HGB kann hinsichtlich aller Vorschriften über den Handelsvertreter etwas anderes vereinbart werden, wenn der Handelsvertreter seine Tätigkeit für den Unternehmer nach dem Vertrag nicht innerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum ausübt.
82 
a) Die Klägerin ist für die Beklagte als Handelsvertreterin im Rahmen der Vermittlung von Flugzeugsitzen außerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft und der Staates des europäischen Wirtschaftsraumes tätig geworden. Dies folgt aus den Bestimmungen des Vertragszweckes nach Ziff. 1.1 und 1.2. Danach hat die Beklagte die Klägerin zum alleinigen Vertreter für den Verkauf der Sitze an die Unternehmen im Vertragsgebiet, dem Gebiet der Vereinigten Arabischen Emirate, des Haschemitischen Königreichs Jordanien, der Arabischen Republik Ägyptens, der Republik Jemen, des Libanon, des Emirats Bahrain, des Königreichs Saudi-Arabien, der Republik Irak, der Islamischen Republik Iran, des Staates Katar, des Sultanats Oman und der Arabischen Republik Syrien ernannt.
83 
b) Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Parteien die Regelungen der §§ 84 ff HGB in Bezug auf Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 87c HGB nicht wirksam abbedungen.
84 
Eine Abbedingung kann einerseits durch eine ausdrückliche vertragliche Regelung und andererseits mittels allgemeiner Geschäftsbedingungen erfolgen (vgl. hierzu Emde in Staub, § 82c HGB, Rn. 21). Ohne ausdrück-lichen Ausschluss bleibt es bei den Regelungen der §§ 84 ff HGB einschließlich seiner zwingenden Bestandteile (vgl. Emde in Staub, § 82c HGB, Rn. 18, Ebenroth/Lübisch, 3. Aufl., § 92c Rn. 28). Ein Zitiergebot hinsichtlich der derogierten Vorschriften besteht jedoch nach einhelliger Meinung nicht (vgl. Emde in Staub, § 82c HGB Rn. 18).
85 
Nach Ziff. 4.4 des Vertrages kann der Vertreter im Falle einer Vertragsbeendigung keine anderen als die in dieser Vereinbarung niedergelegten Ansprüche geltend machen. Die Reichweite dieser Regelung ist nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Nach Auffassung der Beklagten besagt diese Regelung, dass bei einer Beendigung gleich welcher Art dem Vertreter keine weitergehenden Ansprüche als die im Vertrag ausdrücklich vereinbarten zustehen. Daraus leitet die Beklagte eine konkludente Abbedingung sämtlicher weitergehender Schutzrechte des Handelsvertreters nach deutschem Recht ab.
86 
Diese Auslegung ist angesichts des Vertragswerkes zu weitgehend. Betrachtet man den Vertrag in toto, so fällt auf, dass die Rechte des Handelsvertreters im Blick auf Auskünfte über die Provisionsgrundlagen überhaupt nicht im Vertrag geregelt worden sind. Allein daraus, dass keine konkrete Regelung getroffen worden ist, kann jedoch nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Klägerin überhaupt gar keine derartigen Ansprüche zustehen sollten. Denn im Vertrag wird ausdrücklich geregelt, dass deutsches materielles Recht Anwendung findet und insofern die Vorschriften des Handelsgesetzbuches über den Handelsvertreter zur Anwendung gelangen. Hätten die Parteien einen vollständigen Ausschluss dieser grundsätzlich notwendigen Auskunftsrechte des Handelsvertreters gegenüber dem Unternehmer gewollt, hätten sie ein anderes Vertragsstatut gewählt. Nach richtigem Verständnis regelt das Vertragswerk den Themenbereich um die Auskunftsansprüche nicht und beschränkt die Regelungen bewusst auf die gegenseitigen materiellen Hauptleistungs- und Gegenleistungspflichten im Rahmen des Handelsvertretervertrages. Auch die Beklagte ist nicht davon ausgegangen, dass der Klägerin keinerlei Auskunfts- und Abrechnungsrechte zustehen, sondern hat Abrechnung erteilt. Ohne solche und ohne Anspruch des Handelsvertreters erscheint ein Handelsvertretervertrag auch kaum denkbar.
87 
Der Senat neigt dazu, dass mit der in Ziff. 4.4 des Vertrages geregelten Klausel etwa Ausgleichsansprüche nach § 89b HGB ausgeschlossen werden sollten. Über diese ist zwar in diesem Verfahrensstadium nicht zu befinden und kann und soll auch nicht entschieden werden. Im Rahmen der geforderten teleologischen Auslegung ist jedoch zu hinterfragen, ob und welchen Sinn die Reglung macht, wenn dem von der Beklagten vertretenen Verständnis nicht gefolgt wird und ob sie beim Verständnis der Klägerin nicht inhaltsleer bleibt.
88 
Aus dem Vertragswerk selbst kann somit nicht entnommen werden, dass auch die sog. Hilfsansprüche zur Durchsetzung der im Rahmen des Handelsvertretervertrages entstandenen Provisionsansprüche ausgeschlossen werden sollten.
89 
Selbst wenn man dem Verständnis der Beklagten folgen würde, würde es bei der gegebenen Sachlage an der für den Ausschluss erforderlichen Ausdrücklichkeit fehlen.
90 
3. Die Beklagte hat auch die Erteilung eines Buchauszuges verweigert. Die in Anl. B 1 vorgelegten Übersichten stellen lediglich Abrechnungen, jedoch keine Buchauszüge dar. Ein Buchauszug ist eine vollständige, geordnete übersichtliche Darstellung aller Angaben, die den Handelsvertreter in die Lage versetzen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung zu überprüfen (BGH NJW-RR 2009, 821, 822; BGH NJW-RR 2007, 246, 247).
91 
Die als Anl. B 1 vorgelegten Übersichten enthalten weder das Datum des Vertragsschlusses noch Ausführungen zu Verkäufen, Mengen der gelieferten Sitze und Ersatzteile, zum Einzelpreis, zum Typ der gelieferten Ersatzteile, zu Retouren und Annullierungen sowie etwaigen Nachbestellungen. Auch die teilweise Kunden gewährten Gutschriften werden nicht erläutert.
92 
Für den Handelsvertreter ist die Angabe des Datums des Vertragsschlusses insoweit unverzichtbar, als diese dem Handelsvertreter eine Verknüpfung zu den seinerseits im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss vorgenommenen Aktivitäten ermöglicht (vgl. Thume in Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 87c Rn. 29; Emde in Staub, HGB, § 87c Rn. 119). Soweit die Beklagte ausführt, dass die Klägerin Provision nur für einzelne konkrete Geschäfte verlangen könne, erlauben die von ihr übermittelten Übersichten gerade keine Zuordnung von Umsätzen zu einzelnen konkreten Geschäften. Ebenfalls fehlt das Datum der Ausführung der provisionierten Geschäfte. Neben dem Stückpreis der gelieferten Produkte hat der Buchauszug auch Angaben zur Menge der gelieferten Sitze und Ersatzteile zu enthalten (BGH, NZG 2011, 554, 555). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind im Buchauszug auch Angaben über Retouren und deren Gründe und daran anknüpfende Gutschriften gegenüber Kunden zu machen (BGH NJW-RR 2009, 821, 822). Ebenso wenig informiert die Beklagte mit den Übersichten über etwaige Nachbestellungen der Kunden.
93 
Einen solchen Buchauszug hat die Beklagte - wie bereits gesagt - vorprozessual mit Anwaltsschriftsatz vom 28.11.2012 (Anl. K6) unter fälschlicher Berufung auf den Ausschluss dieses Rechts nach Ziff. 3 des Vertrages ausdrücklich verweigert.
94 
Dass die Klägerin nicht selbst recherchieren muss, welche Geschäfte die Beklagte geschlossen hat - wie die Beklagte meint - bedarf bei der gegebenen Gesetzeslage keiner weiteren Ausführungen. Die geschuldeten, beschriebenen detaillierten Informationen sind für die Klägerin auch nicht zu ermitteln.
95 
4. Dem Auskunftsverlangen der Klägerin und ihrem Bucheinsichtsrecht steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte nach Ziff. 3.2 des Vertrages nicht verpflichtet ist, die Klägerin über direkte Kontakte zwischen R... und den Unternehmen im Vertragsgebiet zu informieren.
96 
Hier wurden im Handelsvertretervertrag die Pflichten der Klägerin in Ziff. 2 wie folgt festgelegt:
97 
„Gemäß den Bestimmungen des vorliegenden Vertrages verpflichtet sich der Vertreter, sich jederzeit nach Kräften zu bemühen, die Beklagte in ihren Bemühungen, Verkäufe ihrer Sitze anzubahnen, zu unterstützen.“
98 
Ziff. 2.2 definiert die Leistungen der Klägerin wie folgt:
99 
„Während der Laufzeit des vorliegenden Vertrages bedeutet „sich nach Kräften bemühen“ erhebliche und wirksame Anstrengungen zu unternehmen, um für R... Verträge mit Unternehmen im Vertragsgebiet anzubahnen. Dies schließt auch mit ein, dass der Vertreter verpflichtet ist, R... über andere Gelegenheiten, seine Sitze außerhalb des Vertragsgebiets zu verkaufen, zu informieren.“
100 
Daran orientiert sich die in Ziff. 5.1 geregelte Vergütungspflicht:
101 
„Bei Unterzeichnung und Durchführung eines Kaufvertrages zwischen R... und einem der Unternehmen im Territorium als Folge der Leistung des Vertreters in der Laufzeit dieses Vertrages zahlt R... dem Vertreter folgende Vergütung: […]“
102 
Die Klägerin erhält also eine Vergütung, wenn ihre Leistungen für einen Vertragsschluss ursächlich sind. Das nach Ziff. 2 beschriebene zu erbringende Leistungsbild der Klägerin und die daran anknüpfende Vergütung steht somit in einem gewissen Spannungsverhältnis zu Ziff. 3.2 des Vertrages. Auch wenn die in Ziff. 3.2 des Vertrages genannte Klausel über Eigengeschäfte der Beklagten grundsätzlich zulässig ist, steht der Beklagten kein bereits eine Auskunft ausschließendes Alleinentscheidungsrecht darüber zu, ob ein zustande gekommener Vertrag letztendlich als Eigengeschäft zu bewerten ist, für das die Klägerin keinerlei Mitwirkungshandlungen erbracht hat, zumal die Mitwirkungspflichten weit gefasst sind.
103 
Denn anderenfalls könnte die Beklagte die Provisionspflicht durch eigene Selbstqualifikation des zustande gekommenen Vertragsabschlusses unterlaufen. Insoweit muss die Beklagte zwingend die Klägerin darüber unterrichten, welche Eigengeschäfte bei Beendigung des Handelsvertretervertrages zustande gekommen sind. Denn nur dadurch kann die Klägerin ermitteln, ob sie bei einem gegebenenfalls fälschlicherweise als Eigengeschäft der Beklagten deklarierten Geschäft eine kausale Leistungshandlung i.S.d. Ziff. 2 im Vorfeld erbracht hat.
104 
Klarzustellen ist dabei, dass mit der Verurteilung zur Bucheinsicht auch für Direktgeschäfte nichts darüber gesagt ist, ob diese Geschäfte vergütungspflichtig sind. In der streitgegenständlichen 1. Stufe der Stufenklage geht es nur darum, der Klägerin eine Kontrollmöglichkeit zur Prüfung zu geben, ob sie an diesen Geschäften nicht doch in vergütungserheblicher Weise mitgewirkt hat. Über die Vergütungspflicht und gegebenenfalls die Bewertung von etwaigen behaupteten Mitwirkungshandlungen ist im Rahmen der weiteren Stufen der Stufenklage zu befinden.
105 
5. Dem Antrag war auch insoweit zu entsprechen, als er auch auf Auskünfte für einzelne Kunden gerichtet ist, die ihren Sitz außerhalb des Vertragsgebietes haben. Auch bei Geschäften mit diesen Kunden ist ein Anspruch gemäß Ziffern 2, 5 bei nachgewiesenen kausalen Mitwirkungshandlungen jedenfalls denkbar, zumal die Beklagte auch Geschäfte mit diesen Kunden in der Vergangenheit jedenfalls teilweise verprovisioniert hat.
106 
6. Der klägerische Antrag war nach Ziff. 1 im Hinblick auf den Zeitraum und die getätigten Geschäfte näher zu konkretisieren. Insoweit ist der Senat nicht über den Antrag hinausgegangen, sondern hat ihn vielmehr zum Zwecke der Bestimmtheit im Rahmen der Vollstreckung reduziert und sich dabei am Hilfsantrag der Klägerin mitorientiert.
107 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO; die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2, 711 S. 2, 713 ZPO. Die Anordnung einer Abwendungsbefugnis zugunsten der Beklagten war nicht erforderlich, da für sie durch die Gewährung der Einsicht in ihre Geschäftsbücher ein Aufwand in Höhe von allenfalls 5.000,00 EUR dadurch entsteht, dass Personal ggf. zur ordnungsgemäßen Überwachung und Unterstützung der Einsichtnahme durch die Klägerin erforderlich ist. Nur in diesem Umfang ist die Beklagte beschwert, so dass ein Rechtsmittel gegen das Urteil nicht in Betracht kommt, das die Beschwer 20.000,00 EUR (§ 26 Nr. 8 EGZPO) nicht übersteigt.
108 
8. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht. Vorliegend geht es um Auslegungsfragen eines Handelsvertretervertrages. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 19. Jan. 2015 - 5 U 18/14

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 19. Jan. 2015 - 5 U 18/14 zitiert 13 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Handelsgesetzbuch - HGB | § 89b


(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat

Handelsgesetzbuch - HGB | § 84


(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

Handelsgesetzbuch - HGB | § 87c


(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächst

Handelsgesetzbuch - HGB | § 92c


(1) Hat der Handelsvertreter seine Tätigkeit für den Unternehmer nach dem Vertrag nicht innerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auszuüben, so kann hinsi

Referenzen

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Hat der Handelsvertreter seine Tätigkeit für den Unternehmer nach dem Vertrag nicht innerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auszuüben, so kann hinsichtlich aller Vorschriften dieses Abschnittes etwas anderes vereinbart werden.

(2) Das gleiche gilt, wenn der Handelsvertreter mit der Vermittlung oder dem Abschluß von Geschäften betraut wird, die die Befrachtung, Abfertigung oder Ausrüstung von Schiffen oder die Buchung von Passagen auf Schiffen zum Gegenstand haben.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Hat der Handelsvertreter seine Tätigkeit für den Unternehmer nach dem Vertrag nicht innerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auszuüben, so kann hinsichtlich aller Vorschriften dieses Abschnittes etwas anderes vereinbart werden.

(2) Das gleiche gilt, wenn der Handelsvertreter mit der Vermittlung oder dem Abschluß von Geschäften betraut wird, die die Befrachtung, Abfertigung oder Ausrüstung von Schiffen oder die Buchung von Passagen auf Schiffen zum Gegenstand haben.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.