Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 13. Okt. 2014 - 4 Ws 337/14 (V)

published on 13/10/2014 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 13. Okt. 2014 - 4 Ws 337/14 (V)
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Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - … vom 4. August 2014 wird bezüglich der Nr. 1 dieses Beschlusses als unbegründet, im Übrigen werden die Rechtsbeschwerde und die Beschwerden als unzulässig

v e r w o r f e n .

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seiner Rechtsmittel.

Der Geschäftswert, aus dem die zu entrichtende Gebühr zu berechnen ist, wird auf 100,00 EUR festgesetzt.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Rechtsbeschwerde- und Beschwerdeverfahren wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

Gründe

 
I.
1.
Der Beschwerdeführer verbüßt seit 7. März 2013 in der Justizvollzugsanstalt … im offenen Vollzug eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren aus einem Urteil des Landgerichts … vom 11. Juli 2012 wegen Betrugs in 120 Fällen. Insgesamt befindet sich der Antragsteller zum dritten Mal in Haft. Bereits mit Urteil vom 22. Oktober 1993 wurde er wegen fortgesetzten Betrugs vom Jugendrichter sanktioniert. Im Jahr 1995 wurde er zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen Betrugs in 58 Fällen u. a. verurteilt. Im Jahr 2000 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten wegen Betrugs in 34 Fällen verurteilt.
2.
Mit Schreiben vom 3. Juni 2014 stellte der Beschwerdeführer Anträge gemäß § 109 ff. StVollzG. Er beantragte zum Einen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Kontakt zu der in seinem an die Antragsgegnerin gerichteten Antrag vom 30. Mai 2014 genannten Organisation (Gemeinnütziger Verein zur Entschuldung Straffälliger e.V. in …) herzustellen und „diese mit allen zur Schuldenregulierung notwendigen Unterlagen auszustatten“, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, „die Schuldenregulierung zu betreiben“, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller neu zu verbescheiden. Er trug vor, er habe am 30. Mai 2014 beim Sozialdienst beantragt, dieser solle Kontakt zu dieser Organisation herstellen und sie mit den der Antragsgegnerin „vorliegenden Unterlagen“ „versorgen“. Am 3. Juni 2014 sei ihm mündlich eröffnet worden, dass der Antrag abgelehnt sei, da er dies selbst zu tun habe. Er meint, aus §§ 1, 2 Abs. 4, 40, 41 JVollzGB III und § 6 Abs. 1 JVollzGB I i.V.m. REC(2006) 2 Ziff. 23.1 ff. ergebe sich für ihn hierauf ein Rechtsanspruch.
Die Justizvollzugsanstalt hat gegenüber der Strafvollstreckungskammer mit Schreiben vom 21. Juli 2014 Stellung genommen, eine Kopie der angefochtenen Verfügung vom 2. Juni 2014 und des vorausgegangenen schriftlichen Antrags des Antragstellers vorgelegt und die Verwerfung der Anträge als teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet beantragt. Sie führte aus, dass dem Gefangenen mit der Verfügung vom 2. Juni 2014 mitgeteilt worden sei, dass er den Kontakt selbst herstellen möge. Diese Verfügung sei dem Gefangenen am 3. Juni 2014 eröffnet worden; sie sei nicht zu beanstanden. Nach § 41 Abs. 2 JVollzGB III sei Gefangenen in für sie bedeutsamen rechtlichen und sozialen Fragestellungen eine Beratung zu ermöglichen. Dies beinhaltet zwar auch Hilfe bei der Schuldenregulierung und die Benennung geeigneter Stellen und Einrichtungen zur Schuldnerberatung außerhalb der Justizvollzugsanstalt. Im Rahmen dessen gelte jedoch der in § 40 JVollzGB III normierte Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe, wonach die soziale Hilfe darauf ausgerichtet sein solle, die Gefangenen in die Lage zu versetzen, ihre persönlichen Angelegenheiten selbst zu regeln. Ein Anspruch auf bestimmte Hilfsmaßnahmen bestehe nicht. Soweit der Gefangene beantragt habe, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, die Schuldenregulierung zu betreiben, so fehle es bereits an einer ablehnenden Entscheidung. Ein entsprechender Antrag sei bislang noch nicht gestellt worden.
Der Antragsteller hat auf das Vorbringen der Antragsgegnerin erwidert und erklärt, er habe gemäß §§ 40, 41 JVollzGB III einen klagbaren Anspruch. Er bestreite, dass „überhaupt eine Möglichkeit eines anderweitigen Informationszugangs“ bestehe.
3.
Im angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer den Hauptantrag unter Nr. 1 als unbegründet zurückgewiesen. Der Antragsteller habe keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Antragsgegnerin den Kontakt zu der Organisation herstelle und diese mit allen Unterlagen ausstatte. Die §§ 40, 41 Abs. 3 JVollzGB III regelten das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“. Die Vorschriften gäben dem Gefangenen jedoch keinen Anspruch auf bestimmte Hilfsmaßnahmen. Im Übrigen stehe der Anstalt ein Beurteilungsspielraum zu. Der Gefangene solle durch die Hilfe nicht in Abhängigkeit von der Anstalt geraten und sich nicht darauf verlassen dürfen, „dass die Behörde alles für ihn regelt“. Die Vollzugsanstalt komme ihrer Fürsorgepflicht regelmäßig schon dadurch nach, dass sie z.B. auf zuständige Auskunfts- und Beratungsstellen hinweise und gegebenenfalls bei der Wahrnehmung von konkreten Informationsmöglichkeiten unterstütze. Der ständige Zugang zum Internet müsse dabei nicht gewährleistet sein, da der Kontakt zu einer Schuldnerberatung auch anderweitig aufgenommen werden könne. Juristische Literatur sei hierfür ebenfalls nicht erforderlich. Auch aus der vom Antragsteller zitierten Grundsatzempfehlung des Europarats im Strafvollzugsbereich REC(2006) 2 könne ein Anspruch nicht abgeleitet werden.
Die Anträge, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Schuldenregulierung durchzuführen, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller neu zu verbescheiden, verwarf die Strafvollstreckungskammer unter Nr. 2 des Tenors jeweils als unzulässig, da nicht ersichtlich sei, dass der Antragsteller bereits einen entsprechenden Antrag bei der Vollzugsanstalt gestellt habe bzw. im Falle eines Unterlassens die Frist des § 113 StVollzG eingehalten worden sei.
Weiter hat die Strafvollstreckungskammer unter Nr. 3 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts und Pflichtverteidigers wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung zurückgewiesen sowie unter Nr. 4 einen Antrag, der in der Erwiderung vom 29. Juli 2014 enthalten war, eine Kopie von „Laubenthal StVollzG 6. Aufl. Rn. 646“ zu erhalten, als unzulässig verworfen, da der Antragsteller einen entsprechenden Antrag bei der Vollzugsanstalt nicht gestellt bzw. im Falle eines Unterlassens die Frist des § 113 StVollzG nicht eingehalten hatte.
4.
Die Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht erhoben worden. Der Antragsteller hat die Sachrüge rechtzeitig zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt. Seine selbst verfassten Eingaben vom 2. und 8. August 2014 entsprechen dagegen nicht der nach § 118 StVollzG zu fordernden Form.
II.
Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Kontakt zu der im Antrag vom 30. Mai 2014 genannten Organisation - Gemeinnütziger Verein zur Entschuldung Straffälliger e.V. in … - herzustellen und diese mit allen Unterlagen auszustatten (Nr. 1 des angefochtenen Beschlusses) richtet, ist sie zulässig im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG, weil es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Rechtsprechung eines Obergerichts zu der Frage, inwieweit § 41 JVollzGB III (bzw. die „Vorgängervorschrift“ § 73 StVollzG) einen subjektiven Rechtsanspruch hinsichtlich einzelner konkreter Maßnahmen bei der Hilfe zur Schuldenregulierung begründet, gibt es - soweit ersichtlich - bisher nicht. Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
1.
10 
§ 41 Abs. 2 JVollzGB III begründet keinen subjektiven Rechtsanspruch auf einzelne konkrete, vom Gefangenen zu bestimmende Leistungen oder Maßnahmen bei der Hilfe zur Schuldenregulierung. Für die Frage, wie die Anstalt dem jeweiligen Gefangenen bei den bedeutsamen rechtlichen und sozialen Fragestellungen Beratung ermöglicht bzw. wie ihm zu helfen ist, die Schulden zu regulieren, hat sie angesichts der unbestimmten Rechtsbegriffe „bedeutsam“ und „Beratung“ einen Beurteilungsspielraum (so auch Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 73 Rn. 2 i.V.m. § 41 BW JVollzG Buch 3 Rn. 2).
11 
a) § 41 JVollzGB III fasst nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers die bisherigen Regelungen in § 72 und § 73 StVollzG zusammen (s. Gesetzentwurf der Landesregierung, Landtagsdrucksache 14/5012, S. 222). Der Gesetzgeber hat sich auf Grund der Vielgestaltigkeit der im Einzelfall notwendigen Hilfe darauf beschränkt, lediglich die Grundsätze und die besonders bedeutsamen Bereiche der sozialen Hilfe im Strafvollzug zu regeln (Egerer in BeckOK Strafvollzug BW, JVollzGB III § 40 Rn.5). Der Gesetzgeber selbst gibt keinen Hinweis, dass er dabei über die bisherigen Regelungen in § 72 und § 73 StVollzG hinausgehend einen Rechtsanspruch auf eine ganz bestimmte, vom Gefangenen selbst auszuwählende Maßnahme hätte schaffen wollen. Vielmehr ergibt sich in Zusammenschau mit § 40 JVollzGB III, wie die Strafvollstreckungskammer zu Recht ausführt, ein breites Spektrum von möglichen Maßnahmen, auf das die Justizvollzugsanstalt zurückgreifen kann. Durch den in § 40 JVollzGB III geregelten Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe sollen, so der Gesetzgeber, die Gefangenen sich nicht darauf verlassen dürfen, dass Behörden alles für sie regeln. Die Beratungs- und Betreuungsangebote der Justizvollzugsanstalt seien daher - so der Gesetzgeber weiter - darauf auszurichten, bei Gefangenen Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein für ihre Angelegenheiten zu wecken und zu stärken, um sie dadurch zu befähigen, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Landtagsdrucksache, aaO).
12 
Aus den Regelungen zur sozialen Hilfe war auch unter der Geltung des StVollzG kein eigener Anspruch des Gefangenen auf spezifische Resozialisierungsmaßnahmen abzuleiten. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung wird auch nach §§ 71 ff. StVollzG der Vollzugsanstalt ein Beurteilungsspielraum zuerkannt (s. Beck in BeckOK StVollzG, § 71 Rn. 11; Arloth, aaO, § 71 Rn. 1a; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11.Aufl., §71 Rn. 1; Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz, 6. Aufl., § 71 Rn. 2 u. 4). Schon der Entwurf zum StVollzG sah bezüglich des dann Gesetz gewordenen § 73 (im Entwurf zunächst § 66), dass soziale Hilfe in vielfältiger Form notwendig werden kann; er überließ es aber bewusst „der Methodik der Sozialarbeit, im Einzelfall wirkungsvoll Beistand zu leisten“ (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 7/918, S. 75). Welche Hilfe gemäß § 41 Abs. 2 JVollzGB III einem Gefangenen während des Vollzuges im Einzelfall zu leisten ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Daher steht der Anstalt auch bei der Entscheidung über die Art der Hilfestellung ein Beurteilungsspielraum zu (zu § 73 StVollzG bei Rechtsberatung: KG, Beschluss v. 17. Juni 1996 - 4 Ws 293/96 Vollz, NStZ 1997, 427/428). Diese Entscheidung ist nach Maßgabe der jeweiligen Schwierigkeit und persönlichen Verhältnisse des Gefangenen zu treffen (zu § 73 StVollzG bei Hilfe zur Bearbeitung eines Rentenantrages: LG Meiningen, Beschluss v. 12. Februar 2008 - 4 StVK 914/07, juris).
13 
b) Die aus dem Sozialstaatsprinzip resultierende und dem Auftrag zur Resozialisierung dienende Verpflichtung für die Vollzugsbehörde zur Gewährung sozialer Hilfe bedeutet nicht bloße Erledigung bestimmter Angelegenheiten für den Gefangenen durch Mitarbeiter der Vollzugsbehörde (Laubenthal, aaO, 6. Aufl., Rn. 643), der Inhaftierte soll vielmehr Hilfestellung erhalten, damit er selbst seine Schwierigkeiten lösen kann. Die Gefangenen sollen in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten im Sinne verantwortlicher Lebensbewältigung selbst zu regeln. Dies entspricht dem in § 1 Satz 2 SGB XII normierten Grundsatz, wonach die Hilfe den Hilfeempfänger soweit wie möglich befähigen soll, unabhängig von ihr zu leben, und wonach er hierbei nach seinen Kräften mitwirken muss (Egerer, aaO, Rn. 6). Erst recht kann Gewährung sozialer Hilfe im Regelfall nicht bedeuten, dass ein Gefangener - wie hier - ohne Koordination und Abstimmung sowie ohne gemeinsame planerische Überlegungen mit den zur sozialen Hilfe berufenen und dazu ausgebildeten Vollzugsmitarbeitern, quasi gleichsam auf einseitigen „Zuruf“, bestimmte Handlungen einseitig einfordern könnte. Entschuldungshilfe ist weniger ein technischer Vorgang, sondern fordert auch volle Mitbeteiligung und erhöhte Leistungsbereitschaft eines Gefangenen (Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, aaO, § 73 Rn. 11). Zudem dürfte soziale Hilfe - nicht nur im Vollzug - ohne ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft, Verlässlichkeit und Absprachefähigkeit des Hilfesuchenden sowie gegenseitiges Vertrauen nur äußerst schwer leistbar sein. Auch § 1 Satz 2 SGB XII verpflichtet den Leistungsberechtigten zumZusammenwirken mit dem Träger der (Sozial)Hilfe.
14 
Vollzugsbedienstete sind, auch wenn sich zunehmend Sozialarbeiter in den Justizvollzugsanstalten zu Schuldnerberatern weiter qualifizieren (Egerer, aaO, § 41 Rn. 4), nicht regelmäßig geeignete Schuldnerberatungsstelle nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO (s. hierzu Arloth, aaO, § 73 Rn. 4 mwN). Schon von daher ist es legitim, dass sich Sozialarbeit im Vollzug vorbehält, im Einzelfall jeweils zu prüfen, ob, in welcher Form und wie umfassend die Hilfe bei der Schuldenregulierung geleistet werden kann und ob es nicht bessere, dem Vollzugsziel dienlichere oder den örtlichen Besonderheiten angepasste Möglichkeiten der Hilfe gibt. Im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums ist somit eine der Möglichkeiten, wie die Justizvollzugsanstalt ihrem Auftrag zur Hilfe bei Schuldenregulierung nachkommen kann, auch die Vermittlung des Gefangenen an eine geeignete Stelle (Arloth, aaO, § 73 Rn. 4) oder die Weitergabe von Informationen sowie gewisse Vorbereitungsunterstützung (Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, aaO, § 73 Rn. 13).
15 
Ein einklagbarer subjektiver Anspruch auf eine ganz bestimmte Maßnahme im Rahmen der Schuldenregulierung ist auch nicht von Verfassungs wegen verlangt, auch wenn das Bundesverfassungsgericht anerkennt, dass im Strafvollzug neben oder anstelle eines Lohnes in Geld etwa auch Hilfen zur Schuldentilgung in Betracht kommen können, um Arbeit im Strafvollzug anzuerkennen und einen Vorteil für die erbrachte Leistung auszudrücken. Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot legt aber den Gesetzgeber grundsätzlich nicht auf ein bestimmtes Regelungskonzept fest; vielmehr ist ihm für die Entwicklung eines wirksamen Konzepts ein weiter Gestaltungsraum eröffnet (BVerfGE 98, 169 - 218).
16 
c) Auch aus der Empfehlung des Europarates REC (2006) 2 vom 11. Januar 2006, insbesondere den Nrn. 23.1 - 23.6, die sich direkt ohnehin mit Fragen der Rechtsberatung befassen, ergibt sich - anders als der Antragsteller meint - kein individueller Anspruch eines Gefangenen auf eine ganz bestimmte konkrete Maßnahme im Rahmen der Hilfe bei der Schuldenregulierung. Die REC (2006) 2 sind Empfehlungen, die keine subjektiven Rechte und Pflichten des Gefangenen begründen (Arloth, aaO, Einl Rn. 11; Calliess/Müller-Dietz, aaO, Einl Rn. 59; Laubenthal, aaO, Rn. 39), mögen sie auch ergänzend oder als Auslegungshilfe bei der Anwendung des deutschen Vollzugsrechts zu berücksichtigen sein (Laubenthal, aaO, Rn. 33).
17 
Auch § 6 Abs. 1 JVollzGB I führt schließlich - anders als der Antragsteller meint - nicht dazu, dass dadurch sämtliche Empfehlungen des Europarates aus REC (2006) 2 direkt geltendes, innerstaatliches Recht würden; eine derart weitgehende Intention ist weder dem Gesetzestext noch den Gesetzgebungsmaterialien (s. Landtagsdrucksache, aaO, S.171) zu entnehmen. Im Übrigen regelt § 6 Abs. 1 JVollzGB I die Materie „bauliche und organisatorische Gestaltung der Anstalten sowie deren Gliederung“ (Egerer; aaO, JVollzGB I § 6) und kann schon daher keine weitergehende Wirkung für die Frage der Gewährung sozialer Hilfen entfalten.
2.
18 
a) Die gerichtliche Überprüfung eines Beurteilungsspielraums ist eingeschränkt. Die Strafvollstreckungskammer darf die Entscheidung der Anstaltsleitung nicht durch eine eigene ersetzen. Die Überprüfung durch die Gerichte beschränkt sich vielmehr darauf, ob die Vollzugsbehörde von einem unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist oder nicht alle entscheidungsrelevanten Umstände berücksichtigt hat, ob sie bei ihrer Entscheidung die richtigen Bewertungsmaßstäbe angewendet hat oder für die Bewertung sachfremde Erwägungen maßgeblich waren und ob die Grenzen ihrer Entscheidungsprärogative eingehalten wurden (Beurteilungsüberschreitung) (s. Arloth, aaO, § 115 Rn. 16). Eine derartige Beschränkung der gerichtlichen Prüfungskompetenz und damit ein gewisser gerichtlich nicht überprüfbarer Freiraum muss hier bei der Auswahl der Unterstützung zur Schuldenregulierung der Anstaltsleitung bzw. den von ihr mit dieser Aufgabe betrauten Mitarbeitern zustehen, weil sie im Gegensatz zur Strafvollstreckungskammer bzw. dem Rechtsbeschwerdegericht in einem engeren Verhältnis zum Gefangenen steht, die Möglichkeiten vor Ort, die Fähigkeiten der Mitarbeiter und die Problemlagen des Gefangenen besser kennen und deshalb den Einzelfall sachgerechter bewerten können (so zutreffend zum Beurteilungsspielraum allgemein: Landgericht Ulm, u. a. Beschluss vom 26. August 2014 im Verfahren 10 StVK 144/14).
19 
b) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass die Strafvollstreckungskammer - wenn auch nur knapp begründet - keinen Fehler beim Gebrauch des Beurteilungsspielraums feststellen konnte. Auch der Senat sieht dies so. Die Justizvollzugsanstalt war nicht verpflichtet, für den Antragsteller, der ja nach eigenem Vortrag die entsprechende Information über ein mögliches und - nur so ist sein Vortrag zu verstehen - von ihm auch gewünschtes Beratungs- und Hilfsangebot bei einer gemeinnützigen Organisation bereits hatte und sogar die postalische Erreichbarkeit kannte, den Kontakt zu dieser Information herzustellen. Sie durfte ihn darauf verweisen, sich selbst an diese Organisation zu wenden. Insbesondere auch angesichts des von der Anstalt zu Recht in ihre Beurteilung mit einbezogenen Grundsatzes der Hilfe zur Selbsthilfe sind Fehler im Beurteilungsprozess nicht zu erkennen. In dem von der Strafvollstreckungskammer wegen der Einzelheiten in Bezug genommenen Antrag vom 30. Mai 2014 an den Sozialdienst der Anstalt führt der Antragstellers mit keinem Wort aus, weswegen er zu einer Kontaktaufnahme nicht selbst in der Lage sein sollte bzw. weswegen er die Kontaktaufnahme durch die Anstalt für sinnvoll, hilfreich oder geboten erachte. Ein relevantes Beurteilungsdefizit ist daher in der Einschätzung, der Antragsteller könne dies selbst tun, nicht zu erkennen, zumal der Senat aus einer Vielzahl von Verfahren weiß, dass der Antragsteller durchaus in der Lage ist, mit vielfältigen Organisationen und Institutionen Kontakt aufzunehmen und zu kommunizieren, was auch der Justizvollzugsanstalt wohl bekannt ist. Anders als der Antragsteller in seiner Erwiderung geltend machen will, ging es bei dem ursprünglich abgelehnten Begehren gar nicht um „eine Möglichkeit eines anderweitigen Informationszugangs“, da er die maßgebliche Information bereits kannte.
20 
c) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass die Anstalt es abgelehnt hat, die Organisation „mit allen zur Schuldenregulierung notwendigen Unterlagen auszustatten“. Solange der Antragsteller noch nicht einmal einen ersten Kontakt zu dieser Organisation hergestellt hat und solange von dieser keine Rückmeldung dazu vorliegt, ob dort eine Schuldenregulierung übernommen wird und welche Unterlagen, die die Anstalt überhaupt bereitstellen könnte, dort zu diesem Zweck benötigt werden, besteht weder ein Anspruch auf derartiges Tun noch erscheint es besonders (arbeits)effektiv und sinnvoll, quasi auf Vorrat mögliche Unterlagen ohne nähere Konkretisierung einfach zusammen zu suchen und zu übersenden. Auch hier hat die Anstalt ihren Beurteilungsspielraum eingehalten, Fehler im Beurteilungsprozess sind nicht zu erkennen.
III.
21 
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(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. (2) Die Re

(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen: 1. eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher

(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung

Annotations

(1) Wendet sich der Antragsteller gegen das Unterlassen einer Maßnahme, kann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme der Maßnahme gestellt werden, es sei denn, daß eine frühere Anrufung des Gerichts wegen besonderer Umstände des Falles geboten ist.

(2) Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß die beantragte Maßnahme noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Die Frist kann verlängert werden. Wird die beantragte Maßnahme in der gesetzten Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

(3) Der Antrag nach Absatz 1 ist nur bis zum Ablauf eines Jahres seit der Stellung des Antrags auf Vornahme der Maßnahme zulässig, außer wenn die Antragstellung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles unterblieben ist.

(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(3) Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle tun.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen, namentlich sein Wahlrecht auszuüben sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und einen durch seine Straftat verursachten Schaden zu regeln.

(1) Bei der Aufnahme wird dem Gefangenen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und seine Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen.

(2) Der Gefangene ist über die Aufrechterhaltung einer Sozialversicherung zu beraten.

Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen, namentlich sein Wahlrecht auszuüben sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und einen durch seine Straftat verursachten Schaden zu regeln.

(1) Bei der Aufnahme wird dem Gefangenen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und seine Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen.

(2) Der Gefangene ist über die Aufrechterhaltung einer Sozialversicherung zu beraten.

Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen, namentlich sein Wahlrecht auszuüben sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und einen durch seine Straftat verursachten Schaden zu regeln.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen:

1.
eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, daß eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist; der Plan ist beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern sind darzulegen; die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind;
2.
den Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung (§ 287) oder die Erklärung, daß Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll;
3.
ein Verzeichnis des vorhandenen Vermögens und des Einkommens (Vermögensverzeichnis), eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts dieses Verzeichnisses (Vermögensübersicht), ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen; den Verzeichnissen und der Vermögensübersicht ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind;
4.
einen Schuldenbereinigungsplan; dieser kann alle Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen; in den Plan ist aufzunehmen, ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten der Gläubiger vom Plan berührt werden sollen.

(2) In dem Verzeichnis der Forderungen nach Absatz 1 Nr. 3 kann auch auf beigefügte Forderungsaufstellungen der Gläubiger Bezug genommen werden. Auf Aufforderung des Schuldners sind die Gläubiger verpflichtet, auf ihre Kosten dem Schuldner zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses eine schriftliche Aufstellung ihrer gegen diesen gerichteten Forderungen zu erteilen; insbesondere haben sie ihm die Höhe ihrer Forderungen und deren Aufgliederung in Hauptforderung, Zinsen und Kosten anzugeben. Die Aufforderung des Schuldners muß einen Hinweis auf einen bereits bei Gericht eingereichten oder in naher Zukunft beabsichtigten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens enthalten.

(3) Hat der Schuldner die amtlichen Formulare nach Absatz 5 nicht vollständig ausgefüllt abgegeben, fordert ihn das Insolvenzgericht auf, das Fehlende unverzüglich zu ergänzen. Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht binnen eines Monats nach, so gilt sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen. Im Falle des § 306 Abs. 3 Satz 3 beträgt die Frist drei Monate.

(4) Der Schuldner kann sich vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 vertreten lassen. Für die Vertretung des Gläubigers gilt § 174 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Beteiligten Formulare für die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge und Verzeichnisse einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muß sich der Schuldner ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.