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Der Antragsteller begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bestellung des Wirtschaftsprüfers S... zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma H... in G..., durch Beschluss des Amtsgerichts Rottweil vom 25.05.2005 (Az. 2 (2) IN 118/05), um, auf eine solche Feststellung gestützt, Folgeansprüche geltend machen zu können.
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1. Der Rechtsweg nach § 23 ff. EGGVG ist eröffnet. Es geht um die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen, die von einer Justizbehörde zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts getroffen worden sind.
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Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings nur entschieden, die Bestellung im Vorauswahlverfahren sei kein Rechtsprechungsakt und deshalb justiziabel (BVerfG NJW 2004, 2725 ff.). Ob die Insolvenzverwalterbestellung selbst rechtsprechende Tätigkeit ist, weil sie gem. § 27 InsO im Zusammenhang mit dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeht (bei letzterer handelt es sich unzweifelhaft um eine rechtsprechende Tätigkeit), hat es offen gelassen, wobei im vorliegenden Fall, da es nur um die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters gem. § 21 Abs. 2 Ziff. 1 InsO geht, dieser Anknüpfungspunkt bereits in Wegfall kommt.
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Das Insolvenzgericht wird - insbesondere bei der Bestellung eines nur vorläufigen Insolvenzverwalters - nicht in seiner Funktion als Instanz der unbeteiligten Streitentscheidung tätig, da keine Entscheidung in einem Rechtsstreit zur hoheitlichen Beilegung desselben getroffen wird. Aus diesem Gesichtspunkt folgt, dass die Bestellung als exekutiver Akt zu bewerten ist (so auch OLG Koblenz NZI 2005, 453; a.A. OLG Hamm, NZI 2005, 111 sowie OLG Celle NZI 2005, 458).
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2. Der Antrag ist auch fristgemäß innerhalb der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG gestellt worden.
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3. Das Ziel des Antrags ist, wie sich aus der Begründung ergibt, nicht Wirtschaftsprüfer S... aus seinem Amt als vorläufiger Insolvenzverwalter zu verdrängen, sondern Folgeansprüche zu sichern (vgl. Ziff. I 3. der Antragsschrift). Solche Folgeansprüche können sich aus Art. 34 GG, § 839 BGB ergeben. Daraus begründet sich für den Antragsteller auch ein berechtigtes Interesse für einen Feststellungsantrag.
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Soweit der Antrag diesem Ziel noch anzupassen wäre (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtbestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter), konnte ein Hinweis unterbleiben, da das Begehren des Antragstellers in der Sache keinen Erfolg hat (vgl. Ziff. III).
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Das Feststellungsbegehren des Antragstellers ist der Sache nach unbegründet.
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1. Aus Art. 12 GG bzw. aus § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO i.V. mit § 56 InsO ergibt sich allerdings der Anspruch eines Bewerbers, die faire Chance auf Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter zu erhalten. Dabei hat der Insolvenzrichter, insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen Eilbedürftigkeit der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (vgl. § 21 InsO) und der Art der vorzunehmenden Tätigkeit, das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO), einen großen Ermessensspielraum. Die Chancengleichheit ist deshalb nur verletzt, wenn ein generell geeigneter Bewerber
willkürlich
nicht zum Insolvenzverwalter bestellt wird. Willkür liegt erst vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird.
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2. Eine solche Vorgehensweise des Insolvenzrichters kann nicht festgestellt werden.
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a) Der Antragsteller ist zunächst nur einer von 30 Rechtsanwälten, die beim Amtsgericht Rottweil in einer Verwalterliste geführt werden (vgl. Anlagenliste zu Bl. 43 d.A.). Ausweislich der weiteren Auskunft des Amtsgerichts Rottweil wurde der Antragsteller im Jahre 2003 2 Mal als vorläufiger Insolvenzverwalter und 7 Mal als Insolvenzverwalter, im Jahre 2004 4 Mal als vorläufiger Insolvenzverwalter und 8 Mal als Insolvenzverwalter (bei insgesamt 138 Insolvenzverfahren [vgl. dienstliche Äußerung der Rechtspflegerin M... vom 04.07.2005 Bl. 43 d.A.]) und im Jahre 2005 - Stand Anfang Juli - 5 Mal als vorläufiger Verwalter und 7 Mal als Verwalter bestellt. Eine „Benachteiligung“ des Antragstellers vermag der Senat diesen Zahlen nicht zu entnehmen.
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b) Die Auswahl des Insolvenzverwalters hat sich am Interesse der Gläubiger und des Schuldners zu orientieren. Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens ist es nicht, dem Verwalter einen Vorteil oder Nutzen zu verschaffen. Im Interesse der Gläubiger und des Schuldners hat der Insolvenzrichter eine geeignete Person auszuwählen und zum vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO i.V.m. § 56 InsO). Dass der Wirtschaftsprüfer S... ungeeignet ist, zumindest weniger geeignet ist als der Antragsteller, ist für den Senat nicht ersichtlich (vgl. insoweit auch noch nachstehende Ziff. c).
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c) Im Vorfeld des zu erwartenden Insolvenzantrages der Firma H... hat die Hauptgläubigerin, die ..., die Bestellung des Antragstellers angeregt. Allerdings wurde von ihr als weitere geeignete Person, wenn auch nach der Darstellung des Antragstellers nicht gleichrangig, sondern nachrangig, Wirtschaftsprüfer S... genannt.
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Wirtschaftsprüfer S... war, wie sich aus der Auskunft der Rechtspflegerin M... vom 04.07.2005 ergibt (vgl. Bl. 44 d.A.), bislang noch nicht für das Amtsgericht Rottweil als Insolvenzverwalter tätig. Eine (generelle) Bevorzugung gegenüber dem Antragsteller scheidet bereits von daher aus. Dem Kriterium der Ortsnähe bzw. der Ortskenntnis ist in diesem Zusammenhang kein besonderes Gewicht beizumessen, zumal es sich bei der Schuldnerin um ein Unternehmen mit überörtlichen Geschäftsbeziehungen handelt (vgl. Antragsschrift auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 25.05.2005 und erster Zwischenbericht des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 26.05.2005, wonach ca. 75 % des Umsatzes im Ausland, insbesondere in den GUS-Staaten, Asien und Amerika erzielt werden [vgl. Anlageheft Bl. 26 d.A.]).
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d) Eine willkürliche Benachteiligung des Antragstellers ergibt sich bei dieser Fallgestaltung auch nicht daraus, dass in den eingeholten dienstlichen Äußerungen, wobei insbesondere die dienstliche Äußerung des Richters am Amtsgericht C... vom 12.07.2005 (Bl. 41 d.A.) entscheidungserheblich ist, nachdem er, wie sich bereits aus dem Beschluss vom 25.05.2005 ergibt (Anlagenheft Bl. 26 d.A.), die Auswahl des vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommen hat, verschiedene Gesichtspunkte aufgeführt sind, die gegen eine Bestellung des Antragstellers zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Firma H... sprachen, ohne dass diese Gesichtspunkte näher belegt worden wären.
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Insoweit ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass solche Umstände nur berücksichtigt werden dürfen, wenn sie hinreichend belegbar sind. Dies folgt bereits aus dem Prozessgrundrecht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren, das auch auf die Insolvenzverwalterauswahl Anwendung findet.
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Eine Vorlagepflicht zur Wahrung der Rechtseinheit gem. § 29 Abs. 1 S. 2 EGGVG besteht nicht.
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Zwar gehören zu Entscheidungen „auf Grund des § 23 EGGVG“ auch solche, die die Zulässigkeit des Antrags betreffen, so dass Meinungsverschiedenheiten über das gerichtliche Prüfungsverfahren zur Vorlage verpflichten (BGHZ 46, 354; Kissel/Mayer, a.a.O., § 29 EGGVG RN 8).
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Jedoch liegt hier keine zur Vorlage zwingende Divergenz vor. Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist in den Verfahren, das den Beschlüssen des OLG Hamm vom 14.10.2004 (NZI 2005, 111) sowie des OLG Celle vom 01.06.2005 (NZI 2005, 458) zu Grunde liegt, nicht gestellt worden. Eine Abweichung im Entscheidungsergebnis, das ergänzende Voraussetzung für die Vorlagepflicht ist (vgl. BGH NJW 1977, 1014), liegt nicht vor, da jeweils eine Zurückweisung des Antrags erfolgt ist.
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Mit dem Beschluss des OLG Koblenz vom 12.05.2005 (NZI 2005, 453) besteht Übereinstimmung.
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Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 30 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
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