Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 13. Sept. 2010 - 16 WF 205/10

bei uns veröffentlicht am13.09.2010

Tenor

Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kirchheim unter Teck vom 26. August 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers beschwert sich über die Wertfestsetzung in der Folgesache Versorgungsausgleich. Das Familiengericht hat den Verfahrenswert, ausgehend vom 3-fachen Nettomonatseinkommen der Parteien in Höhe von 12.471 EUR, für vier ausgeglichene Anrechte mit 5.000 EUR angesetzt. Der Beschwerdeführer beantragt, den Verfahrenswert für insgesamt sechs Anrechte auf 7.482 EUR festzusetzen.
Im Beschwerdeschreiben wird zudem die Ansicht vertreten, im Tenor der Endentscheidung hätte bezüglich der beiden nicht in den Versorgungsausgleich aufgenommenen Anrechte ausgesprochen werden müssen, dass insoweit ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde.
Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und darauf hingewiesen, dass die vom Beschwerdeführer angesprochenen Anrechte noch nicht verfallbar sind.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG zulässig. Gemäß § 32 Abs. 2 RVG kann der Verfahrensbevollmächtigte aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Wertfestsetzung einlegen. Der Beschwerdewert von mehr als 200 EUR (§ 59 Abs. 1 FamGKG) wird erreicht.
Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Obwohl das neue Recht zum Versorgungsausgleich die Verfahren - so der Gesetzgeber - vereinfacht, wurde der Gegenstandswert von zuvor 1.000 EUR bzw. 2.000 EUR geändert. Nach § 50 Abs. 1 VersAusglG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten, insgesamt mindestens 1.000 Euro. Bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung sind für jedes Anrecht hiervon 20 Prozent anzusetzen.
Nach Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, dem mehrheitlich Rechtsanwälte angehören, wurde die Formulierung in der Gesetzesvorlage „für jedes auszugleichende Anrecht“ geändert in „für jedes Anrecht“. Außerdem wurde der im Gesetzentwurf für den Verfahrenswert vorgesehene Höchstbetrag von 5.000 Euro gestrichen. Deshalb ist jedes verfahrensgegenständliche Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen ist, und zwar auch dann, wenn es im Ergebnis nicht zu einem Ausgleich im Wege einer internen oder externen Teilung des Anrechts kommt (vgl. BTDrs. 16/11903, S. 61).
Sofern diese Bewertung im Einzelfall jedoch zu unbilligen Ergebnissen führt, kann das Familiengericht den Verfahrenswert herabsetzen, vgl. § 50 Abs. 3 FamGKG. Diese Billigkeitskorrektur orientiert sich am Umfang, der Schwierigkeit und der Bedeutung der Sache.
Dabei entspricht es der Billigkeit, dass Werte, die wegen fehlender Ausgleichsreife vom Wertausgleich ausgenommen sind, beim Verfahrenswert nicht berücksichtigt werden. Denn zum einen ist der Aufwand, der durch derartige Anrechte entsteht, gering - vor allem für die Prozessbevollmächtigten. Zum anderen fällt beim eventuell später durchzuführenden schuldrechtlichen Ausgleich der auf 20 % erhöhte Verfahrenswert an.
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Das Familiengericht veranlasst nämlich, dass den im Fragebogen zum Versorgungsausgleich genannten Versorgungsträgern ein Auskunftsersuchen übersandt wird. Aus der Antwort der Versorgungsträger ergibt sich dann, ob ein ausgleichsreifes Anrecht vorliegt.
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Im dem hier zu beurteilenden Fall hat die ... Lebensversicherung AG mitgeteilt, die Antragsgegnerin habe während der Ehezeit gar kein Anrecht erworben. Die ZVK...
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gab in ihrer Auskunft vom 4.3.2010 an, die Antragsgegnerin sei erst seit 1.10.2009 bei ihr versichert, weshalb die Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt sei. Für die Beurteilung derartiger Anrechte wäre ein Gegenstandswert von je 1.247,10 EUR völlig überzogen.
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In der Gesamtschau ist es hier daher angemessen, den Wert des Versorgungsausgleichsverfahrens lediglich nach den vier auszugleichenden Anrechten festzusetzen.
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Es wird noch darauf hingewiesen, dass nur in den im Gesetz genannten Fällen in der Beschlussformel festzustellen ist, dass ein Wertausgleich nicht stattfindet. Dies sind die §§ 3 Abs. 3, 6, 18 Abs. 1, Abs. 2 und § 27 des Versorgungsausgleichsgesetzes. Diese Vorschriften regeln den Wegfall des Versorgungsausgleichs wegen kurzer Ehe, einer Vereinbarung der Eheleute, wegen Geringfügigkeit oder aus Härtegründen. Wird ein Versorgungsausgleich wegen mangelnder Ausgleichsreife zum Zeitpunkt der Ehescheidung nicht durchgeführt, muss dies nicht in der Beschlussformel erwähnt werden.
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Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, da es sich hier um eine einzelfallbezogene Billigkeitsabwägung handelt.

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Gesetz über den Versorgungsausgleich


Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 32 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 50 Versorgungsausgleichssachen


(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 bet

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 3 Ehezeit, Ausschluss bei kurzer Ehezeit


(1) Die Ehezeit im Sinne dieses Gesetzes beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist; sie endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags. (2) In den Versorgungsausgleich sind alle Anrechte einzu

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 27 Beschränkung oder Wegfall des Versorgungsausgleichs


Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 59 Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts


(1) Gegen den Beschluss des Familiengerichts, durch den der Verfahrenswert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 55 Abs. 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 50 Wiederaufnahme von ausgesetzten Verfahren nach dem Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetz


(1) Ein nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes ausgesetzter Versorgungsausgleich 1. ist auf Antrag eines Ehegatten oder eines Versorgungsträgers wieder aufzunehmen, wenn aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichti

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Referenzen

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) Gegen den Beschluss des Familiengerichts, durch den der Verfahrenswert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 55 Abs. 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Familiengericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 55 Abs. 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Verfahrenswert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 57 Abs. 3, 4 Satz 1, 2 und 4, Abs. 5 und 7 ist entsprechend anzuwenden.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag vom Oberlandesgericht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Ein nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes ausgesetzter Versorgungsausgleich

1.
ist auf Antrag eines Ehegatten oder eines Versorgungsträgers wieder aufzunehmen, wenn aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären;
2.
soll von Amts wegen spätestens bis zum 1. September 2014 wieder aufgenommen werden.

(2) Der Antrag nach Absatz 1 Nr. 1 ist frühestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt zulässig, ab dem auf Grund des Versorgungsausgleichs voraussichtlich Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären.

(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 beträgt insgesamt mindestens 1 000 Euro.

(2) In Verfahren über einen Auskunftsanspruch oder über die Abtretung von Versorgungsansprüchen beträgt der Verfahrenswert 500 Euro.

(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Die Ehezeit im Sinne dieses Gesetzes beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist; sie endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags.

(2) In den Versorgungsausgleich sind alle Anrechte einzubeziehen, die in der Ehezeit erworben wurden.

(3) Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt.

Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.