Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 9. Januar 2008 - 21 F 530/07 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – in Saarlouis zurückverwiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Parteien schlossen am 7. Juli 2007 die Ehe. Dabei handelten sie nach dem Vorbringen der Antragstellerin aus einer Laune heraus wegen des besonderen Datums, ohne dass zuvor zwischen ihnen ein Kontakt oder gar eine Freundschaft oder Beziehung bestanden hätte. Eine Eheschließung sei nie ernsthaft beabsichtigt gewesen. Die Ehe sei nicht vollzogen worden. Die Antragstellerin habe den Antragsgegner nach dem 13. Juli 2007 nur noch am 15. Juli 2007 gesehen, als sie ihre persönlichen Sachen aus der Wohnung des Antragsgegners geholt habe.

Die Antragstellerin hat um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag nachgesucht,

„das Gericht möchte feststellen, dass die Eheschließung zwischen den Parteien vor dem Standesbeamten in D. vom 7. Juli 2007 unwirksam ist und diese Eheschließung aufheben; hilfsweise, die am 7. Juli 2007 vor dem Standesbeamten in D. geschlossene Ehe der Parteien scheiden.“

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, die Kosten für das Scheidungsverfahren seien mutwillig herbeigeführt worden. Bereits bei Eingehung der Ehe sei ersichtlich gewesen, dass durch die später notwendige Eheaufhebung Kosten entstehen würden.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 20. Februar 2008.

II.

Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin – als welche der eingelegte Rechtsbehelf der Antragstellerin auszulegen ist – führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Die Begründung des Familiengerichts trägt die Verweigerung der Prozesskostenhilfe nicht. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint nicht als mutwillig im Sinne von § 114 ZPO.

Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung, wenn eine verständige vermögende Partei mit Rücksicht auf die für die Betreibung des Anspruchs bestehenden Aussichten von einer Prozessführung ganz oder teilweise absehen würde (s. auch 6. Senat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 14. Dezember 1993 – 6 WF 84/93, FamRZ 1994, 636-637; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. Juni 1987 – 16 WF 117/87, FamRZ 1988, 93). Daran fehlt es, wenn eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Einzelfall notwendige Maßnahme beabsichtigt wird. Nach diesem Maßstab liegt keine mutwillige Rechtsverfolgung vor.

Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Aufhebung der Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB schlüssig vorgetragen.

Voraussetzung für den Aufhebungsgrund der sogenannten Scheinehe ist, dass beide Ehepartner bei der Ehe darüber einig waren, die sich aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 1353 Abs. 1 BGB ergebenden Pflichten nicht erfüllen zu wollen (Roth in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 1314 Rn. 12; Thorn in: jurisPK-BGB, 3. Aufl. 2007, § 1314 Rn. 30 f.). Nach ihrem Wortlaut lässt sich die Norm insbesondere nicht etwa auf den Fall der sogenannten Aufenthaltsehe, bei der die Ehe lediglich zur Erschleichung von Aufenthaltsberechtigungen eingegangen wird, reduzieren. Beabsichtigen die Parteien – wie hier vorgetragen – jedenfalls von vornherein und insgesamt keinen Vollzug und keine Führung der Ehe, verneinen sie die gesetzlich vorgesehenen Ehepflichten umfassend, ohne dass es vorliegendenfalls einer abschließenden Entscheidung darüber bedürfte, inwiefern die Verneinung einzelner Pflichten, die über den Kernbereich von Beistand, Hilfe, Fürsorge und Rücksichtnahme (s. hierzu BGH, Urteil vom 07.11.2001 – XII ZR 247/00, BGHZ 149, 140-146; Roth in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 1314 Rn. 12a) hinausgehen, für den Tatbestand der Scheinehe erforderlich ist.

Die Aufhebung der Ehe ist auch nicht nach § 1315 Abs. 1 Nr. 5 BGB ausgeschlossen. Nach dem Klagevortrag haben die Parteien die Ehe auch nach ihrer Eingehung nicht vollzogen. Damit fehlt es an einer nachträglichen Eingehung einer ehelichen, auf Dauer angelegten Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft.

Der Antrag auf Aufhebung der Ehe stellt auch eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme dar. Da auch die nicht ernst gemeinte Ehe grundsätzlich gültig ist, wie sich aus § 1310 BGB und einem Umkehrschluss aus § 1314 Abs. 1 Nr. 5 BGB ergibt, bedarf es der Aufhebung der Ehe zur Beseitigung der Ehefolgen. Auch eine verständige, vermögende Partei könnte nur mit dem Antrag auf Aufhebung der Ehe die Ehewirkungen beseitigen.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung kann auch nicht aufgrund einer Gesamtschau des Eheaufhebungsantrags in Verbindung mit den Umständen der Eingehung der Ehe als mutwillig angesehen werden.

Die – hauptsächlich im Hinblick auf sogenannte Aufenthaltsehen diskutierte – Frage nach der Mutwilligkeit der Aufhebung von Scheinehen ist umstritten. Teilweise wird angenommen, die Beantragung von Prozesskostenhilfe zur Aufhebung oder Scheidung einer Scheinehe sei mutwillig (OLG Köln, Beschluss vom 02. Dezember 1983 – 4 WF 259/83, FamRZ 1984, 278-279; OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. September 1991 – 18 WF 344/91, FamRZ 1992, 195; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rn. 464; offen gelassen vom Senatsbeschluss vom 18. Februar 2005 – 9 WF 13/05). Dieser Auffassung hat sich in der Sache das Vorgericht angeschlossen. Eine verbreitete Mindermeinung gelangt im Ergebnis ebenfalls zur Verweigerung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, es liege Rechtsmissbrauch vor, weil der Antragsteller mit der Rechtsordnung Missbrauch treibe. Denn der Staat billige die Scheinehe nicht (OLG Koblenz, Beschluss vom 22. August 2003 – 13 WF 647/03, FamRZ 2004, 548; OLG Naumburg, Beschluss vom 31. Januar 2003 – 14 WF 6/03, FamRZ 2004, 548-549; Zimmermann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 1997, Rn. 202; zurückhaltender jedoch Zimmermann, Prozesskostenhilfe – insbesondere in Familiensachen, 3. Aufl. 2004, Rn. 202). Demgegenüber wird teilweise generell angenommen, die Eingehung einer Scheinehe stehe der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Aufhebung der Ehe nicht entgegen. Einer armen Partei dürfe nicht die Möglichkeit genommen werden, die Aufhebung der Scheinehe zu erreichen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben sind (OLG Köln, Beschluss vom 14. Dezember 2007 – II-4 WF 193/07, 4 WF 193/07, OLGR Köln 2008, 382; OLG Naumburg, Beschluss vom 9. Januar 2008 – 3 WF 3/08, OLGR Naumburg 2008, 578-579). Die wohl herrschende Meinung stellt darauf ab, ob sich der Antragsteller selbst bedürftig gemacht habe, etwa indem er eine für die Eingehung der Scheinehe empfangene Gegenleistung nicht für die spätere Scheidung zurückgelegt hat (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2005 – XII ZB 247/03, NJW 2005, 2781-2783; insofern aufrecht erhalten in BGH, Entscheidung vom 21. September 2006 – IX ZB 24/06, WM 2006, 2310-2312; OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. April 2004 – 2 WF61/04, FamRZ 2004, 1882-1883; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. Oktober 2005 – 5 WF 203/05, OLGR Frankfurt 2006, 498;  OLG Hamm, Beschluss vom 16. März 2001 – 3 WF 79/01, FamRZ 2001, 1081; diese Rechtsprechung unbeanstandet lassend auch BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1984 – 1 BvR 446/84, BVerfGE 67, 251-256). Auch das von dem Amtsgericht zitierte OLG Rostock stellt nicht auf den Rechtsmissbrauch oder den Mutwillen als solchen ab, sondern auf die Frage, ob eine Partei als bedürftig anzusehen ist, wenn es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, Rücklagen für den vorhersehbaren Scheidungsantrag zu bilden (OLG Rostock, Beschluss vom 5. April 2007 – 11 WF 59/07, FamRZ 2007, 1335; s. auch OLG Rostock, Beschluss vom 7. August 2006 – 11 WF 64/06, OLGR Rostock 2007, 179-180).

Der Senat schließt sich der Auffassung des Bundesgerichtshofs an. Dieser hat ausgeführt: „Wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansieht, stellt ein Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer solchen Ehe dar. Bereits das spricht dagegen, das Prozesskostenhilfegesuch als rechtsmissbräuchlich anzusehen (…). Aus diesen Erwägungen ergeben sich zugleich Bedenken gegen die Beurteilung der beabsichtigten Rechtsverfolgung als mutwillig“ (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2005 – XII ZB 247/03, NJW 2005, 2781-2783).

Die Sache ist gemäß § 572 Abs. 3 ZPO aufzuheben und zurück zu verweisen, da die Sache hinsichtlich der Hilfsbedürftigkeit der Antragstellerin, über die das Amtsgericht – aus seiner Sicht zutreffend – noch nicht entschieden hat, nach Aktenlage noch nicht entscheidungsreif ist.

Der Kostenausspruch beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht zuzulassen.

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 11. Nov. 2008 - 9 WF 26/08 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 572 Gang des Beschwerdeverfahrens


(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1353 Eheliche Lebensgemeinschaft


(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. (2) Ein Ehegatte ist nicht ver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1314 Aufhebungsgründe


(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie1.entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder2.entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen wor

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1310 Zuständigkeit des Standesbeamten, Heilung fehlerhafter Ehen


(1) Die Ehe wird nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte darf seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn die Voraussetzungen der Eh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1315 Ausschluss der Aufhebung


(1) Eine Aufhebung der Ehe ist ausgeschlossen1.bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, wenna)der minderjährige Ehegatte, nachdem er volljährig geworden ist, zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung), oderb)auf Grund außergewöhnl

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Tenor Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Greifswald - Familiengericht - vom 04.01.2007, Az.: 61 F 212/06, wird zurückgewiesen. Gründe A. 1 Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der mit dem An

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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie

1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder
2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.

(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn

1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand;
2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt;
3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist;
4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist;
5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.

(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.

(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 247/00 Verkündet am:
7. November 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Zur Frage des Scheiterns der Ehe bei Geisteskrankheit eines Ehegatten.
BGH, Urteil vom 7. November 2001 - XII ZR 247/00 - Kammergericht
AG Pankow/Weißensee
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. November 2001 durch die Richter Dr. Hahne, Gerber, Prof. Dr. Wagenitz
, Fuchs und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen vom 15. Mai 2000 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die 1914 geborene Antragstellerin und der 1970 geborene Antragsgegner haben am 3. November 1995 miteinander die Ehe geschlossen. Eine häusliche Gemeinschaft hat zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt bestanden. Der Antragsgegner bewohnt jedoch seit dem 1. Februar 1999, wie von ihm schon seit längerem erstrebt, im selben Haus wie die Antragstellerin eine (Nachbar-)Wohnung und kümmert sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts intensiv um das Wohlergehen der Antragstellerin. In einem "Eilgutachten" vom 1. Februar 1996 gelangte der Sozialpsychiatrische Dienst des Bezirksamts Charlottenburg von Berlin zu dem Ergebnis , daß die Antragstellerin an "Demenz bei Alzheimer Erkrankung mit
spätem Beginn" leide und krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sei, wesentliche Bereiche ihres direkten Umfeldes - insbesondere ihre finanziellen Angelegenheiten - alleinverantwortlich zu regeln. Das Amtsgericht bestellte daraufhin mit Beschluß vom 25. Juni 1996 für die Antragstellerin einen Betreuer mit den Aufgabenbereichen "Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung vor Behörden und Gerichten auch in Angelegenheiten betreffend die Ehe der Betreuten und etwaige Strafverfahren mit Beteiligung der Betreuten als Geschädigter"; für finanzielle Angelegenheiten wurde ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. 1999 kam ein vom Vormundschaftsgericht eingeholtes nervenärztliches Gutachten zu dem Ergebnis, daß die Antragstellerin aufgrund seniler Demenz nicht in der Lage sei, ihre Angelegenheiten in sämtlichen persönlichen Angelegenheiten selbst zu erledigen; sie sei insoweit geschäftsunfähig. Das Amtsgericht verlängerte daraufhin mit Beschluß vom 26. Juli 1999 die Bestellung des Betreuers; zugleich erweiterte es den Wirkungskreis des Betreuers um die Aufgabenbereiche Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmungsrecht. Der Betreuer hat für die Antragstellerin die Scheidung ihrer Ehe beantragt. Das Vormundschaftsgericht hat mit Beschuß vom 1. April 1999 die Genehmigung zum Antrag auf Scheidung der Ehe erteilt. Der Antragsgegner hat dem Scheidungsbegehren widersprochen. Das Amtsgericht hat den Scheidungsantrag zurückgewiesen. Die vom Betreuer der Antragstellerin hiergegen eingelegte Berufung hat das Kammergericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die zugelassene Revision, mit welcher der Betreuer der Antragstellerin weiterhin die Scheidung verfolgt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Nach den Feststellungen des Kammergerichts besitzt die Antragstellerin nicht mehr das Bewuûtsein, in einer Ehe zu leben. Das Kammergericht hält die Ehe der Antragstellerin gleichwohl nicht für gescheitert i.S. des § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dauerhafte geistige Gebrechen wie - hier - senile Demenz seien hirnorganische Leiden, die schicksalhaft einträten. Weder nach der Wortinterpretation noch nach dem Verständnis des anderen Ehepartners sei ihr Eintritt zwangsläufig dem Scheitern der Ehe gleichzusetzen. Der andere Ehepartner , der - wie hier der Antragsgegner - an der Ehe festhalte und seinen Ehepartner entsprechend seinen Möglichkeiten versorge, tue dies aus ehelicher Verbundenheit und in Verantwortung für seinen Ehepartner. Von einem Scheitern der Ehe allein wegen der Geisteskrankheit des Ehegatten könne in einem derartigen Fall nicht gesprochen werden. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum. Nach § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB kann eine Ehe nur geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Das Scheitern der Ehe setzt nach § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB zum einen voraus, daû die Lebensgemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, zum andern, daû ihre Wiederherstellung nicht erwartet werden kann. Unter der Lebensgemeinschaft der Ehegatten ist das Ganze des ehelichen Verhältnisses, primär aber die wechselseitige innere Bindung der Ehegatten zu verstehen (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. Januar 1989 - IVb ZR 34/88 - FamRZ 1989, 479, 481; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl., II Rdn. 18). Die häusliche Gemeinschaft umschreibt dagegen die äuûere Realisierung dieser Lebensgemeinschaft in einer beiden Ehegatten gemein-
samen Wohnstätte. Im Verhältnis zueinander ist die Lebensgemeinschaft der Ehegatten der umfassendere Begriff (Senatsurteil vom 14. Juni 1978 - IV ZR 164/77 - FamRZ 1978, 671); die häusliche Gemeinschaft bezeichnet nur einen äuûeren, freilich nicht notwendigen Teilaspekt dieser Gemeinschaft (Schwab aaO). Das zwar umfassende, vorrangig jedoch subjektive, weil auf die eheliche Gesinnung der Ehegatten abstellende Verständnis der ehelichen Lebensgemeinschaft hatte unter dem früheren, auf die Zerrüttung der Ehe abhebenden Recht (§ 48 EheG) zu der Annahme geführt, daû ein geistig behinderter Ehegatte jedenfalls dann keine Scheidungsklage erheben könne, wenn ihm aufgrund seiner Behinderung jedes Bewuûtsein für die Zerrüttung seiner Ehe abhanden gekommen sei (Senatsurteile BGHZ 39, 191, 197 und vom 10. Januar 1969 - IV ZR 656/68 - FamRZ 1969, 271, 272; vgl. auch RGZ 163, 338, 343). Diese Auffassung hat der Senat in seinem Urteil vom 25. Januar 1989 (aaO) - unter Hinweis auf das neue, allein das Scheitern der Ehe für maûgebend erklärende Recht und im Anschluû an kritische Stimmen in der Literatur (Rolland, 1. EheRG 2. Aufl., § 1565 Rdn. 19; Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts 3. Aufl., § 27 I 8 S. 297) - nicht aufrechterhalten; Teile des Schrifttums sind ihm darin gefolgt (Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts 4. Aufl., § 27 I 8 S. 314; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl., § 1565 Rdn. 13; MünchKomm/Wolf, BGB 4. Aufl., § 1565 Rdn. 30. A.A. Schwab, aaO II Rdn. 24; einschränkend auch RGRK/Graûhoff, BGB 12. Aufl., § 1565 Rdn. 21). Danach kann einem geistig behinderten Ehegatten die Berufung auf das Scheitern seiner Ehe nicht allein deshalb versagt werden, weil er infolge seiner Behinderung jedes Verständnis für die Ehe und damit auch für deren Scheitern verloren hat. Würde ein solcher Ehegatte wegen seines Geisteszustands an einer gescheiterten Ehe festgehalten, obwohl deren Scheidung - nach der im
Genehmigungsverfahren (§ 607 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO) gewonnenen Überzeugung auch des Vormundschaftsgerichts - in seinem wohlverstandenen Interesse liegt, so würde das besondere Schutzbedürfnis dieses Ehegatten unterlaufen. Daraus ist zum Teil hergeleitet worden, die eheliche Lebensgemeinschaft mit einem geistig behinderten Ehegatten, der infolge seiner Behinderung jedes Verständnis für die Ehe verloren habe, sei allein aufgrund dieser geistigen Behinderung aufgehoben und die Ehe dieses Ehegatten deshalb ohne weiteres scheidbar (so wohl MünchKomm/Wolf aaO; Staudinger/Rauscher 13. Bearb., § 1565 Rdn. 30). Diese Schluûfolgerung ist indes keineswegs zwingend und findet auch im Senatsurteil vom 25. Januar 1989 (aaO) keine tragfähige Stütze. Aus der grundsätzlichen Möglichkeit eines Ehegatten, die Scheidung einer gescheiterten Ehe auch dann zu erwirken, wenn er aufgrund einer geistigen Behinderung jedes Verständnis für die Ehe und deren Scheitern verloren hat, kann nämlich nicht umgekehrt gefolgert werden, daû die Ehe des geistig behinderten Ehegatten - gleichsam "automatisch" - schon allein deshalb gescheitert ist, weil er behinderungsbedingt jedes Verständnis für die Ehe verloren hat und deshalb zu einem eigenen ehelichen Empfinden nicht in der Lage ist. Die Gemeinschaft der Ehegatten wird zwar vorrangig durch die wechselseitige eheliche Gesinnung geprägt. Sie hat aber auch einen objektiven Pflichtencharakter , der sie als rechtlich verfaûte Gemeinschaft auszeichnet und von anderen Formen des Zusammenlebens unterscheidet. Der Gesetzgeber hat mit dem Eheschlieûungsrechtsgesetz (vom 4. Mai 1998, BGBl. I S. 833) diese objektive Seite der Ehe besonders betont und mit dem neu eingefügten § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB die eheliche Lebensgemeinschaft als eine Verantwortungsgemeinschaft charakterisiert (zu den Konsequenzen vgl. etwa Wagenitz , FS für Rolland 1999, 379, 381 ff.). Diese Kennzeichnung ist auch für die
Frage von Bedeutung, ob die Lebensgemeinschaft mit einem geistig behinderten Ehegatten noch besteht oder ob sie aufgehoben und nach Maûgabe des § 1565 Abs. 1 BGB scheidbar ist. Die Pflicht eines Ehegatten, für den anderen Verantwortung zu tragen, wird namentlich dann bedeutsam, wenn der andere Ehegatte diese Verantwortung für sich selbst - etwa aufgrund des Eintritts einer geistigen Behinderung - nicht mehr tragen kann. Nimmt hier der eine Ehegatte seine Verpflichtung aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB wahr, indem er sich dem behinderten Ehegatten weiterhin in ehelicher Verbundenheit und Fürsorge zuwendet, so ist die Lebensgemeinschaft der Ehegatten keineswegs deshalb aufgehoben, weil der andere Ehegatte aufgrund seiner geistigen Behinderung zu einem ehelichen Empfinden nicht mehr in der Lage ist. Die Gemeinschaft der Ehegatten kann in einem solchen Falle zwar nicht mehr in wechselseitiger innerer Bindung erlebt werden; sie ist aber nicht beseitigt, sondern verwirklicht sich objektiv als gelebte Verantwortungsgemeinschaft, die - als fortbestehende eheliche Lebensgemeinschaft - einer Scheidung nicht zugänglich ist. 2. Die Revision rügt, das Kammergericht habe wesentlichen Tatsachenvortrag der Antragstellerin unberücksichtigt gelassen. Wie schriftsätzlich vorgetragen , seien die Parteien die Ehe miteinander nur eingegangen, um den Antragsgegner wirtschaftlich zu sichern. Die ursprüngliche Absicht der Antragstellerin , den Antragsgegner zu adoptieren, habe sich zerschlagen, weil dieser bereits adoptiert sei; den Plan einer Vermögensübertragung durch Verfügung von Todes wegen hätten die Parteien wegen der steuerlichen Folgen verworfen. Der Antragsgegner habe nach der Eheschlieûung unberechtigt Gelder der Antragstellerin sowie ein für sie gekauftes Auto an sich gebracht. Die Antragstellerin habe in dem 56 Jahre jüngeren Antragsgegner, der homosexuell veranlagt sei, stets nur ihr Kind, nicht aber den Ehepartner gesehen.
Diese Rügen greifen nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob diese Tatsachen , lägen sie vor, die Annahme rechtfertigen würden, daû die Parteien keine eheliche Lebensgemeinschaft begründen wollten und deshalb, wie die Revision meint, eine sogenannte "Schein-" oder "Zweckehe" geschlossen haben. Auch eine solche Annahme könnte nämlich - für sich genommen - dem Scheidungsbegehren nicht zum Erfolg verhelfen:
a) Ohne Belang ist dabei zunächst, ob der vorgetragene Sachverhalt die Voraussetzungen des in § 1314 Nr. 5 BGB geregelten Eheaufhebungsgrundes erfüllt. Die Antragstellerin begehrt nicht die Aufhebung ihrer Ehe, sondern deren Scheidung. Auûerdem gilt, wie die Revision nicht verkennt, der - erst durch das Eheschlieûungsrechtsgesetz geschaffene - Aufhebungsgrund des § 1314 Abs. 1 Nr. 5 nur für Ehen, die nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Juli 1998 geschlossen worden sind (Art. 226 Abs. 1 EGBGB). Das ist hier nicht der Fall.
b) Die Revision beruft sich für die Relevanz ihres Vortrags auf eine in der Literatur vertretene Ansicht, nach der eine "Schein-" oder "Zweckehe" von vornherein gescheitert und deshalb ohne weiteres scheidbar sein soll, da den Eheaufhebungsgründen keine Ausschlieûlichkeit zukomme (Johannsen/Henrich /Jaeger aaO Rdn. 17). Diese Ansicht verwischt indes den systematischen Unterschied zwischen dem auf die Sanktionierung von Eingehungsmängeln gerichteten Eheaufhebungsrecht und dem Scheidungstatbestand des § 1565 Abs. 1 BGB. Zwar ist richtig, daû eine Ehe auch dann nach § 1565 Abs. 1 BGB geschieden werden kann, wenn eine Lebensgemeinschaft der Ehegatten von vornherein nicht besteht - mag auch der Wortlaut des § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB von dem Regelfall ausgehen, daû die Ehegatten zunächst eine Lebensgemeinschaft begründen und diese später aufheben (herrschende Meinung,
vgl. etwa Gernhuber/Coester-Waltjen aaO, § 27 I 9 S. 315; Rolland, Familienrecht Kommentar 1993, § 1565 Rdn. 18; Schwab, aaO, II Rdn. 38 f.). Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daû auch im ersten Fall die Ehe nicht deshalb geschieden wird, weil eine Lebensgemeinschaft von Anfang an nicht beabsichtigt war, sondern weil eine solche Lebensgemeinschaft der Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung nicht besteht. Für das Nichtbestehen der Lebensgemeinschaft der Ehegatten im Scheidungszeitpunkt mag es zwar von indizieller Bedeutung sein, daû die Ehegatten mit ihrer Eheschlieûung lediglich ehefremde Zwecke verfolgt haben, eine Lebensgemeinschaft aber nicht begründen wollten. Eine solche Absicht schlieût jedoch naturgemäû die nachträgliche Begründung einer ehelichen Lebensgemeinschaft nicht aus; diese führt, wie der vom Eheschlieûungsrechtsgesetz ebenfalls neu eingefügte § 1315 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BGB zeigt, sogar zur Heilung des Eingehungsmangels. Der Antragsgegner hat, wie schon seit längerem von ihm erstrebt, 1999 in dem auch von der Antragstellerin bewohnten Haus eine Nachbarwohnung bezogen und kümmert sich, wie das Kammergericht festgestellt hat, intensiv um die Antragstellerin, die - nach den Beobachtungen des Kammergerichts in der persönlichen Anhörung der Parteien - die beruhigende Zuwendung des Antragsgegners auch nicht ablehnt. Vor dem Hintergrund dieser revisionsrechtlich nicht angreifbaren Feststellungen begegnet - auch bei Berücksichtigung des vom Kammergericht nicht ausdrücklich gewürdigten Vortrags der Antragstellerin - die tatrichterliche Annahme, daû die Voraussetzungen, die § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Scheidung einer Ehe aufstellt, jedenfalls derzeit nicht erfüllt sind, keinen rechtlichen Bedenken. Der Umstand, daû die Lebensgemeinschaft
unter den Ehegatten nur noch als fürsorgliche Verantwortung des Antragsgegners für die an seniler Demenz leidende Antragstellerin verwirklicht werden kann, steht - wie unter 1. ausgeführt - dieser Annahme rechtlich nicht entgegen.
Hahne Gerber Wagenitz Fuchs Vézina

(1) Eine Aufhebung der Ehe ist ausgeschlossen

1.
bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, wenn
a)
der minderjährige Ehegatte, nachdem er volljährig geworden ist, zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung), oder
b)
auf Grund außergewöhnlicher Umstände die Aufhebung der Ehe eine so schwere Härte für den minderjährigen Ehegatten darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint;
2.
bei Verstoß gegen § 1304, wenn der Ehegatte nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung);
3.
im Falle des § 1314 Abs. 2 Nr. 1, wenn der Ehegatte nach Wegfall der Bewusstlosigkeit oder der Störung der Geistestätigkeit zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung);
4.
in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 bis 4, wenn der Ehegatte nach Entdeckung des Irrtums oder der Täuschung oder nach Aufhören der Zwangslage zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung);
5.
in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 5, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung als Ehegatten miteinander gelebt haben.
Die Bestätigung eines Geschäftsunfähigen ist unwirksam.

(2) Eine Aufhebung der Ehe ist ferner ausgeschlossen

1.
bei Verstoß gegen § 1306, wenn vor der Schließung der neuen Ehe die Scheidung oder Aufhebung der früheren Ehe oder die Aufhebung der Lebenspartnerschaft ausgesprochen ist und dieser Ausspruch nach der Schließung der neuen Ehe rechtskräftig wird;
2.
bei Verstoß gegen § 1311, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes die Aufhebung beantragt ist.

(1) Die Ehe wird nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte darf seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn die Voraussetzungen der Eheschließung vorliegen. Der Standesbeamte muss seine Mitwirkung verweigern, wenn

1.
offenkundig ist, dass die Ehe nach § 1314 Absatz 2 aufhebbar wäre, oder
2.
nach Artikel 13 Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die beabsichtigte Ehe unwirksam wäre oder die Aufhebung der Ehe in Betracht kommt.

(2) Als Standesbeamter gilt auch, wer, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausgeübt und die Ehe in das Eheregister eingetragen hat.

(3) Eine Ehe gilt auch dann als geschlossen, wenn die Ehegatten erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, und

1.
der Standesbeamte die Ehe in das Eheregister eingetragen hat,
2.
der Standesbeamte im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes der Ehegatten einen Hinweis auf die Eheschließung in das Geburtenregister eingetragen hat oder
3.
der Standesbeamte von den Ehegatten eine familienrechtliche Erklärung, die zu ihrer Wirksamkeit eine bestehende Ehe voraussetzt, entgegengenommen hat und den Ehegatten hierüber eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung erteilt worden ist
und die Ehegatten seitdem zehn Jahre oder bis zum Tode eines der Ehegatten, mindestens jedoch fünf Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben.

(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie

1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder
2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.

(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn

1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand;
2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt;
3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist;
4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist;
5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 247/03
vom
22. Juni 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Partei, die rechtsmißbräuchlich die Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt
erhalten hat, trifft grundsätzlich die Pflicht, hiervon Rücklagen zu bilden, um
die Kosten eines Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - OLG Bamberg
AG Aschaffenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für ein Verfahren auf Aufhebung der mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe. Die 1976 geborene Antragstellerin hat am 7. Dezember 1999 eine Scheinehe mit dem Antragsgegner, einem ukrainischen Staatsangehörigen, der derzeit unbekannten Aufenthalts ist, geschlossen. Hierfür hat sie von diesem eine Zahlung von mindestens 10.000 DM erhalten. Eine eheliche Lebensgemeinschaft wurde nicht begründet. Am 13. Juni 2001 hat die Antragstellerin ein Kind geboren, dessen biologischer Vater ihr Lebensgefährte ist. Sie möchte die Aufhebung der Ehe erreichen, um den Vater des Kindes heiraten zu können. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe versagt. Ihre sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit
der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634; BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671). Das ist hier indessen der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, die personenbezogene Beurteilung ihrer Rechtsverfolgung als mutwillig sei ebensowenig gerechtfertigt wie die Annahme, sie könne die Kosten des Verfahrens aus dem erhaltenen Betrag begleichen, wenn sie hiervon ihrer Verpflichtung entsprechend Rücklagen gebildet hätte. 2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg.
a) Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe sei wegen Mutwilligkeit zu versagen; darüber hinaus sei die Antragstellerin nicht als hilfsbedürftig anzusehen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt: Wer eine - hier unstreitig vorlie-
gende - Scheinehe eingehe, könne vom Staat keine Prozeßkostenhilfe für die Aufhebung dieser Ehe verlangen, denn er wolle die Ehe nicht und wisse bereits bei der Eheschließung, daß er sich von dem bestehenden rechtlichen Band nur unter Kostenaufwand befreien könne. Da er diesen Kostenaufwand durch die Eheschließung letztlich selbst verursacht habe, sei sein Verhalten mutwillig. Davon abgesehen sei jemand, der für die Eheschließung einen Geldbetrag erhalten habe, verpflichtet, von dem Entgelt Rücklagen zu bilden, um damit die sich bereits abzeichnenden Kosten des Aufhebungsverfahrens tragen zu können. Dieser Verpflichtung sei die Antragstellerin nicht nachgekommen. Sie habe mindestens 10.000 DM erhalten, wovon sie die Kosten des Verfahrens hätte begleichen können, wenn sie das Geld zur Seite gelegt hätte. Die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe könne zwar zur Folge haben, daß die Antragstellerin nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Verfahrenskosten jetzt nicht mehr aufbringen könne, so daß sie nicht in der Lage sei, die Aufhebung der Ehe zu erreichen und ihren Partner zu heiraten. Einen Verstoß gegen Art. 6 GG stelle dieses Ergebnis indessen nicht dar, weil sich die Antragstellerin durch ihr rechtsmißbräuchliches Verhalten selbst in diese Situation gebracht habe. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.
b) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach dieser Bestimmung Prozeßkostenhilfe für ein auf Aufhebung einer Scheinehe gerichtetes Verfahren zu gewähren ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.
aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, Prozeßkostenhilfe sei grundsätzlich nicht zu bewilligen, weil die Inanspruchnahme staatlicher Mittel rechtsmißbräuchlich sei. Dem Prozeßkostenhilfeantrag sei ein Rechtsschutzbedürfnis zu versagen, weil die Partei das Rechtsinstitut der Ehe in der Absicht mißbraucht habe, aus der Eheschließung finanzielle Vorteile zu erlangen. Es sei nicht Aufgabe der Prozeßkostenhilfe, die durch den Rechtsmißbrauch herbeigeführten Folgen zu beseitigen, nachdem die erhaltenen Mittel nicht für das Scheidungsverfahren vorgehalten oder sonst Rücklagen für die Auflösung der Ehe gebildet worden seien (OLG Köln FamRZ 1984, 278, 279; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 195; Schwab/Maurer/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. I Rdn. 158; Zimmermann Prozeßkostenhilfe in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 202; einschränkend OLG Celle FamRZ 1984, 279: nur bei Durchsetzung grob selbstsüchtiger und unlauterer Interessen). bb) Ferner wird angenommen, die Rechtsverfolgung sei mutwillig, wenn die Ehe nur zu dem Zweck geschlossen worden sei, einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. Dann könnten Erschleichung der Aufenthaltserlaubnis , Heirat und Scheidungsbegehren nicht voneinander isoliert betrachtet, sondern müßten als Gesamtplan gewürdigt werden. Wenn die Parteien schon bei der Heirat die Scheidung beabsichtigt und gewußt hätten, daß sie diese nicht würden bezahlen können, dürfe Prozeßkostenhilfe wegen Mutwillens versagt werden (OLG Hamm FamRZ 2000, 1092; OLG Koblenz FamRZ 2004, 548; OLG Naumburg FamRZ 2004, 548, 549; Zöller/Philippi ZPO 25. Aufl. § 114 Rdn. 45; Philippi FPR 2002, 479, 484; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe 3. Aufl. Rdn. 464; Johannsen/Henrich/ Thalmann Eherecht 4. Aufl. § 114 ZPO Rdn. 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 63. Aufl. § 114 Rdn. 124; vgl. auch Schneider MDR 1985, 441, 442).
cc) Eine weitere Meinung geht davon aus, daß aufgrund der Rechtsmißbräuchlichkeit der Eheschließung an die Glaubhaftmachung der Hilfsbedürftigkeit strenge Anforderungen zu stellen seien. Die Prozeßkostenhilfe beantragende Partei müsse substantiiert darlegen, weshalb weder ein Unterhaltsanspruch noch ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegen den Ehegatten bestehe. Wenn für die Eingehung der Ehe ein Entgelt gezahlt worden sei, müsse der Betrag für die Finanzierung des Rechtsstreits verwendet werden. Denn die Partei habe von vornherein mit der Notwendigkeit eines Scheidungsverfahrens und der damit verbundenen Kosten rechnen und deshalb hierfür Rücklagen bilden müssen. Sie könne sich deshalb nicht darauf berufen, das Entgelt verbraucht zu haben. Insofern liege - von besonderen Fallgestaltungen abgesehen - regelmäßig selbst verschuldete Hilfsbedürftigkeit vor (OLG Celle FamRZ 1983, 593; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 680, 681; OLG Hamm FamRZ 2001, 1081; OLG Nürnberg FamRZ 1995, 1502, 1503 u. 1996, 615, 616; OLG Frankfurt FamRZ 1996, 615; OLG Schleswig OLGR 1997, 10, 11; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410 u. 2002, 890; MünchKomm-ZPO/Wax 2. Aufl. § 114 Rdn. 97; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 114 Rdn. 50; Musielak/Fischer ZPO 4. Aufl. § 114 Rdn. 32; Zöller/Philippi aaO § 114 Rdn. 45; Kalthoener/Büttner/ Wrobel-Sachs aaO Rdn. 464; Soergel/Heintzmann BGB 12. Aufl. § 1564 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1565 Rdn. 18; Staudinger/Rauscher BGB Neubearb. 2004 § 1564 Rdn. 141; Schoreit/Dehn Beratungshilfe und Prozeßkostenhilfe 8. Aufl. § 114 Rdn. 16; a.A. Spangenberg FamRZ 1985, 1105, 1106). dd) Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, welche Auswirkungen die Rechtsmißbräuchlichkeit des Eingehens einer Scheinehe auf das Prozeßkostenhilfebegehren für die anschließende Scheidung der Ehe hat, offen gelassen (BVerfG FamRZ 1984, 1206, 1207). Nach Ansicht der Richter, deren Auffassung die vorgenannte Entscheidung nicht getragen hat, ist dagegen Prozeß-
kostenhilfe zu bewilligen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Ablehnung des Prozeßkostenhilfegesuchs mit der Begründung, wegen des Mißbrauchs des Rechtsinstituts der Ehe dürfe der Steuerzahler nicht mit den Kosten des Scheidungsverfahrens belastet werden, finde im Gesetz keine Stütze. Eine solche Entscheidung führe dazu, daß die bedürftige Partei unter Verletzung des Grundsatzes der Rechtsanwendungsgleichheit schlechter gestellt werde als die nicht bedürftige. Da rechtsmißbräuchlich zwar die Eingehung einer Scheinehe, nicht aber deren Scheidung sei, wäre eine reiche Partei nicht gehindert, im Wege des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens die Aufhebung einer Scheinehe zu erreichen. Die arme Partei werde hingegen an der Scheinehe festgehalten (BVerfG aaO).
c) Für diese Betrachtungsweise sprechen auch nach Auffassung des Senats gewichtige Gründe. Wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansieht, stellt ein Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer solchen Ehe dar. Bereits das spricht dagegen, das Prozeßkostenhilfegesuch als rechtsmißbräuchlich anzusehen (ebenso: OLG Köln FamRZ 1983, 592, 593; OLG Celle FamRZ 1984, 279; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 680, 681; OLG Nürnberg FamRZ 1996, 615; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410 u. 2002, 890; OLG Naumburg FamRZ 2001, 629; Stein/Jonas/Bork aaO § 114 Rdn. 50; Soergel/Heintzmann aaO § 1564 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1565 Rdn. 18; Schoreit/Dehn aaO § 114 Rdn. 16; Staudinger/Rauscher aaO § 1564 Rdn. 141). Aus diesen Erwägungen ergeben sich zugleich Bedenken gegen die Beurteilung der beabsichtigten Rechtsverfolgung als mutwillig. Auch eine bemittelte Partei könnte die Auflösung einer Scheinehe nicht auf anderem Weg erreichen. Letztlich bedarf die Frage, ob rechtsmißbräuchliches oder mutwilliges Verhalten anzunehmen ist, im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung.

d) Der Senat teilt die Auffassung, daß eine Partei, die rechtsmißbräuchlich eine Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten hat, die Verpflichtung trifft, hiervon Rücklagen zu bilden, um die Kosten eines - regelmäßig absehbaren - Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können. Nur wenn die Partei zur Bildung von Rücklagen nicht imstande war, können die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe erfüllt sein. Diese Beurteilung hat auch das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet. Daß die Partei nach diesen Grundsätzen hilfsbedürftig ist, hat sie im einzelnen darzulegen. Sie muß deshalb angeben, welche Beträge sie erhalten und wie sie die Mittel verwendet hat.
e) Danach hat das Oberlandesgericht der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe jedenfalls zu Recht mangels Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen versagt. Sie hat nach ihrem eigenen Vorbringen 10.000 DM für die Eheschließung mit dem Antragsgegner erhalten. Nach dem von dem Oberlandesgericht in Bezug genommenen Beschluß des Amtsgerichts hat sie den Angaben des Antragsgegnervertreters zufolge sogar 8.000 € bezogen. Dem ist die Antragsgegnerin in ihrer sofortigen Beschwerde nicht entgegengetreten , sondern hat ausgeführt, 10.000 DM oder 8.000 € erhalten zu haben. Das Geld habe sie ausgegeben, inzwischen habe sie nur noch Schulden. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, daß es der Antragstellerin nicht möglich gewesen wäre, Rücklagen für die Kosten des Scheidungsverfahrens zu bilden. Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, hierzu habe kein Anlaß bestanden , weil zum Zeitpunkt der Eingehung der Scheinehe nicht festgestanden habe, daß diese wieder aufgehoben werde und der Grund für das angestrebte Verfahren erst in der Geburt des Kindes am 13. Juni 2001 zu sehen sei, vermag
sie damit nicht durchzudringen. Die Rechtsbeschwerde rügt nicht, daß das Oberlandesgericht entsprechenden Sachvortrag der Antragstellerin übergangen habe. Daß die bei der Eheschließung mit dem Antragsgegner fast 23 Jahre alte Antragstellerin auf Dauer auf eine wirkliche Ehe verzichten und stattdessen an der Scheinehe festhalten wollte, würde auch der Lebenserfahrung widersprechen. Danach ist vielmehr davon auszugehen, daß die Aufhebung der Scheinehe absehbar war und die Geburt des Kindes nur den zeitlichen Anlaß für das entsprechende Begehren gegeben hat. Daß der Antragstellerin, wie die Rechtsbeschwerde weiter ausführt, nicht bekannt und bewußt gewesen sei, daß das Verfahren auf Aufhebung einer Scheinehe Kosten verursache, stellt neuen Sachvortrag dar, der im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen ist. Die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, entsprechendes Vorbringen sei in den Tatsacheninstanzen übergangen worden. Im übrigen widerspricht auch eine solche Annahme der Lebenserfahrung. Die Rechtsbeschwerde rügt schließlich, das Oberlandesgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, daß die Antragstellerin finanziell überhaupt in der Lage gewesen sei, Rücklagen für das Eheaufhebungsverfahren zu bilden. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Unfähigkeit, die Verfahrenskosten zu tragen, auf dem Verbrauch des vom Antragsgegner gezahlten Betrages beruhe. Auch damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Es war Sache der Antragstellerin, im einzelnen darzulegen, wie sie die erhaltenen Mittel verwendet hat. Solange und soweit sie hierzu keine konkreten Angaben macht, durfte das Oberlandesgericht annehmen, sie sei bei - ihr zuzumutendem - wirtschaftli-
chen Verhalten in der Lage gewesen, einen Teilbetrag des bezogenen Entgelts zurückzulegen. Zu Recht ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, es stelle keinen Verstoß gegen Art. 6 GG dar, wenn die Antragstellerin die Aufhebung der Scheinehe derzeit nicht erreichen und deshalb den leiblichen Vater ihres Kindes nicht heiraten könne. Denn sie hat sich durch die rechtsmißbräuchlich geschlossene Scheinehe selbst in die beklagte Situation gebracht. Daß die Antragstellerin auf Dauer nicht in der Lage sein wird, eine Aufhebung der Scheinehe zu erreichen, kann im übrigen nicht festgestellt werden. Nach den Angaben , die sie zu der vor dem Senat beantragten Prozeßkostenhilfe gemacht hat, ist sie wieder erwerbstätig und verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.000 €. Mit Rücksicht darauf dürfte es ihr möglich sein, die Verfahrenskosten anzusparen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Greifswald - Familiengericht - vom 04.01.2007, Az.: 61 F 212/06, wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe (§§ 1313, 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB) und möchte hierfür Prozesskostenhilfe.

2

Die Antragstellerin hat am 07.07.2003 eine Scheinehe mit dem Antragsgegner, der türkischer Staatsangehöriger ist, geschlossen, um dem Antragsgegner den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.

3

Mit angefochtenem Beschluss hat das Amtsgericht der Antragstellerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert. Wegen der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 04.01.2007 Bezug.

4

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

B.

5

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch erfolglos.

6

Die Frage, ob rechtmissbräuchliches oder mutwilliges Verhalten in Bezug auf die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin anzunehmen ist (§ 114 ZPO), kann dahinstehen.

7

Die Antragstellerin ist jedenfalls nicht als bedürftig i. S. d. § 114 ZPO anzusehen. Zwar hat die Antragstellerin auf Nachfrage des Amtsgerichts durch eigene eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht (§ 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO), dass sie für die Eingehung der Ehe ein Entgelt nicht erhalten hat. Dass die Antragstellerin auch sonst zur Bildung von Rücklagen nicht im Stande war, hat sie jedoch nicht behauptet. Derjenige, der sich zum Eingehen einer Scheinehe entschließt, muss bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass das nach Ablauf des ehewidrigen Zwecks der Verbindung notwendige Eheaufhebungsverfahren mit Kosten verbunden ist. Er hat dies bei seiner Lebensgestaltung zu berücksichtigen und im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Rücklagen zu bilden. Diese Situation ist daher nicht mit derjenigen einer prozesskostenhilfebedürftigen Partei vergleichbar, die sich in einer bestimmten Lebenssituation in der Lage sieht, in einem gerichtlichen Verfahren ihr Recht verfolgen oder verteidigen zu müssen. Da dies in der Regel nicht vorhersehbar ist, die meisten Menschen auch hiervon nicht betroffen sind, kann nicht generell verlangt werden, hierfür regelmäßig Eigenvorsorge zu treffen. Dies trifft für denjenigen, der eine Scheinehe eingeht, nicht zu. Von diesem kann verlangt werden, dass er im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Vorsorge trifft und die Kosten anspart, die ihm anfallen, um den rechtmissbräuchlich erworbenen Status der Ehe durch das vom Gesetzgeber geregelte Verfahren wieder aufheben zu lassen.

8

Dass die Antragstellerin hierzu außer Stande war, trägt sie nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat in dem gegen sie geführten Strafverfahren wegen Verstoß gegen das Ausländergesetz (§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 AuslG) ausgesagt, sie habe während der Ehe von den Einkünften des Antragsgegners, der erwerbstätig war, gelebt.

9

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 247/03
vom
22. Juni 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Partei, die rechtsmißbräuchlich die Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt
erhalten hat, trifft grundsätzlich die Pflicht, hiervon Rücklagen zu bilden, um
die Kosten eines Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - OLG Bamberg
AG Aschaffenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für ein Verfahren auf Aufhebung der mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe. Die 1976 geborene Antragstellerin hat am 7. Dezember 1999 eine Scheinehe mit dem Antragsgegner, einem ukrainischen Staatsangehörigen, der derzeit unbekannten Aufenthalts ist, geschlossen. Hierfür hat sie von diesem eine Zahlung von mindestens 10.000 DM erhalten. Eine eheliche Lebensgemeinschaft wurde nicht begründet. Am 13. Juni 2001 hat die Antragstellerin ein Kind geboren, dessen biologischer Vater ihr Lebensgefährte ist. Sie möchte die Aufhebung der Ehe erreichen, um den Vater des Kindes heiraten zu können. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe versagt. Ihre sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit
der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634; BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671). Das ist hier indessen der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, die personenbezogene Beurteilung ihrer Rechtsverfolgung als mutwillig sei ebensowenig gerechtfertigt wie die Annahme, sie könne die Kosten des Verfahrens aus dem erhaltenen Betrag begleichen, wenn sie hiervon ihrer Verpflichtung entsprechend Rücklagen gebildet hätte. 2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg.
a) Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe sei wegen Mutwilligkeit zu versagen; darüber hinaus sei die Antragstellerin nicht als hilfsbedürftig anzusehen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt: Wer eine - hier unstreitig vorlie-
gende - Scheinehe eingehe, könne vom Staat keine Prozeßkostenhilfe für die Aufhebung dieser Ehe verlangen, denn er wolle die Ehe nicht und wisse bereits bei der Eheschließung, daß er sich von dem bestehenden rechtlichen Band nur unter Kostenaufwand befreien könne. Da er diesen Kostenaufwand durch die Eheschließung letztlich selbst verursacht habe, sei sein Verhalten mutwillig. Davon abgesehen sei jemand, der für die Eheschließung einen Geldbetrag erhalten habe, verpflichtet, von dem Entgelt Rücklagen zu bilden, um damit die sich bereits abzeichnenden Kosten des Aufhebungsverfahrens tragen zu können. Dieser Verpflichtung sei die Antragstellerin nicht nachgekommen. Sie habe mindestens 10.000 DM erhalten, wovon sie die Kosten des Verfahrens hätte begleichen können, wenn sie das Geld zur Seite gelegt hätte. Die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe könne zwar zur Folge haben, daß die Antragstellerin nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Verfahrenskosten jetzt nicht mehr aufbringen könne, so daß sie nicht in der Lage sei, die Aufhebung der Ehe zu erreichen und ihren Partner zu heiraten. Einen Verstoß gegen Art. 6 GG stelle dieses Ergebnis indessen nicht dar, weil sich die Antragstellerin durch ihr rechtsmißbräuchliches Verhalten selbst in diese Situation gebracht habe. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.
b) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach dieser Bestimmung Prozeßkostenhilfe für ein auf Aufhebung einer Scheinehe gerichtetes Verfahren zu gewähren ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.
aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, Prozeßkostenhilfe sei grundsätzlich nicht zu bewilligen, weil die Inanspruchnahme staatlicher Mittel rechtsmißbräuchlich sei. Dem Prozeßkostenhilfeantrag sei ein Rechtsschutzbedürfnis zu versagen, weil die Partei das Rechtsinstitut der Ehe in der Absicht mißbraucht habe, aus der Eheschließung finanzielle Vorteile zu erlangen. Es sei nicht Aufgabe der Prozeßkostenhilfe, die durch den Rechtsmißbrauch herbeigeführten Folgen zu beseitigen, nachdem die erhaltenen Mittel nicht für das Scheidungsverfahren vorgehalten oder sonst Rücklagen für die Auflösung der Ehe gebildet worden seien (OLG Köln FamRZ 1984, 278, 279; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 195; Schwab/Maurer/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. I Rdn. 158; Zimmermann Prozeßkostenhilfe in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 202; einschränkend OLG Celle FamRZ 1984, 279: nur bei Durchsetzung grob selbstsüchtiger und unlauterer Interessen). bb) Ferner wird angenommen, die Rechtsverfolgung sei mutwillig, wenn die Ehe nur zu dem Zweck geschlossen worden sei, einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. Dann könnten Erschleichung der Aufenthaltserlaubnis , Heirat und Scheidungsbegehren nicht voneinander isoliert betrachtet, sondern müßten als Gesamtplan gewürdigt werden. Wenn die Parteien schon bei der Heirat die Scheidung beabsichtigt und gewußt hätten, daß sie diese nicht würden bezahlen können, dürfe Prozeßkostenhilfe wegen Mutwillens versagt werden (OLG Hamm FamRZ 2000, 1092; OLG Koblenz FamRZ 2004, 548; OLG Naumburg FamRZ 2004, 548, 549; Zöller/Philippi ZPO 25. Aufl. § 114 Rdn. 45; Philippi FPR 2002, 479, 484; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe 3. Aufl. Rdn. 464; Johannsen/Henrich/ Thalmann Eherecht 4. Aufl. § 114 ZPO Rdn. 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 63. Aufl. § 114 Rdn. 124; vgl. auch Schneider MDR 1985, 441, 442).
cc) Eine weitere Meinung geht davon aus, daß aufgrund der Rechtsmißbräuchlichkeit der Eheschließung an die Glaubhaftmachung der Hilfsbedürftigkeit strenge Anforderungen zu stellen seien. Die Prozeßkostenhilfe beantragende Partei müsse substantiiert darlegen, weshalb weder ein Unterhaltsanspruch noch ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegen den Ehegatten bestehe. Wenn für die Eingehung der Ehe ein Entgelt gezahlt worden sei, müsse der Betrag für die Finanzierung des Rechtsstreits verwendet werden. Denn die Partei habe von vornherein mit der Notwendigkeit eines Scheidungsverfahrens und der damit verbundenen Kosten rechnen und deshalb hierfür Rücklagen bilden müssen. Sie könne sich deshalb nicht darauf berufen, das Entgelt verbraucht zu haben. Insofern liege - von besonderen Fallgestaltungen abgesehen - regelmäßig selbst verschuldete Hilfsbedürftigkeit vor (OLG Celle FamRZ 1983, 593; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 680, 681; OLG Hamm FamRZ 2001, 1081; OLG Nürnberg FamRZ 1995, 1502, 1503 u. 1996, 615, 616; OLG Frankfurt FamRZ 1996, 615; OLG Schleswig OLGR 1997, 10, 11; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410 u. 2002, 890; MünchKomm-ZPO/Wax 2. Aufl. § 114 Rdn. 97; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 114 Rdn. 50; Musielak/Fischer ZPO 4. Aufl. § 114 Rdn. 32; Zöller/Philippi aaO § 114 Rdn. 45; Kalthoener/Büttner/ Wrobel-Sachs aaO Rdn. 464; Soergel/Heintzmann BGB 12. Aufl. § 1564 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1565 Rdn. 18; Staudinger/Rauscher BGB Neubearb. 2004 § 1564 Rdn. 141; Schoreit/Dehn Beratungshilfe und Prozeßkostenhilfe 8. Aufl. § 114 Rdn. 16; a.A. Spangenberg FamRZ 1985, 1105, 1106). dd) Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, welche Auswirkungen die Rechtsmißbräuchlichkeit des Eingehens einer Scheinehe auf das Prozeßkostenhilfebegehren für die anschließende Scheidung der Ehe hat, offen gelassen (BVerfG FamRZ 1984, 1206, 1207). Nach Ansicht der Richter, deren Auffassung die vorgenannte Entscheidung nicht getragen hat, ist dagegen Prozeß-
kostenhilfe zu bewilligen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Ablehnung des Prozeßkostenhilfegesuchs mit der Begründung, wegen des Mißbrauchs des Rechtsinstituts der Ehe dürfe der Steuerzahler nicht mit den Kosten des Scheidungsverfahrens belastet werden, finde im Gesetz keine Stütze. Eine solche Entscheidung führe dazu, daß die bedürftige Partei unter Verletzung des Grundsatzes der Rechtsanwendungsgleichheit schlechter gestellt werde als die nicht bedürftige. Da rechtsmißbräuchlich zwar die Eingehung einer Scheinehe, nicht aber deren Scheidung sei, wäre eine reiche Partei nicht gehindert, im Wege des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens die Aufhebung einer Scheinehe zu erreichen. Die arme Partei werde hingegen an der Scheinehe festgehalten (BVerfG aaO).
c) Für diese Betrachtungsweise sprechen auch nach Auffassung des Senats gewichtige Gründe. Wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansieht, stellt ein Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer solchen Ehe dar. Bereits das spricht dagegen, das Prozeßkostenhilfegesuch als rechtsmißbräuchlich anzusehen (ebenso: OLG Köln FamRZ 1983, 592, 593; OLG Celle FamRZ 1984, 279; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 680, 681; OLG Nürnberg FamRZ 1996, 615; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410 u. 2002, 890; OLG Naumburg FamRZ 2001, 629; Stein/Jonas/Bork aaO § 114 Rdn. 50; Soergel/Heintzmann aaO § 1564 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1565 Rdn. 18; Schoreit/Dehn aaO § 114 Rdn. 16; Staudinger/Rauscher aaO § 1564 Rdn. 141). Aus diesen Erwägungen ergeben sich zugleich Bedenken gegen die Beurteilung der beabsichtigten Rechtsverfolgung als mutwillig. Auch eine bemittelte Partei könnte die Auflösung einer Scheinehe nicht auf anderem Weg erreichen. Letztlich bedarf die Frage, ob rechtsmißbräuchliches oder mutwilliges Verhalten anzunehmen ist, im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung.

d) Der Senat teilt die Auffassung, daß eine Partei, die rechtsmißbräuchlich eine Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten hat, die Verpflichtung trifft, hiervon Rücklagen zu bilden, um die Kosten eines - regelmäßig absehbaren - Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können. Nur wenn die Partei zur Bildung von Rücklagen nicht imstande war, können die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe erfüllt sein. Diese Beurteilung hat auch das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet. Daß die Partei nach diesen Grundsätzen hilfsbedürftig ist, hat sie im einzelnen darzulegen. Sie muß deshalb angeben, welche Beträge sie erhalten und wie sie die Mittel verwendet hat.
e) Danach hat das Oberlandesgericht der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe jedenfalls zu Recht mangels Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen versagt. Sie hat nach ihrem eigenen Vorbringen 10.000 DM für die Eheschließung mit dem Antragsgegner erhalten. Nach dem von dem Oberlandesgericht in Bezug genommenen Beschluß des Amtsgerichts hat sie den Angaben des Antragsgegnervertreters zufolge sogar 8.000 € bezogen. Dem ist die Antragsgegnerin in ihrer sofortigen Beschwerde nicht entgegengetreten , sondern hat ausgeführt, 10.000 DM oder 8.000 € erhalten zu haben. Das Geld habe sie ausgegeben, inzwischen habe sie nur noch Schulden. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, daß es der Antragstellerin nicht möglich gewesen wäre, Rücklagen für die Kosten des Scheidungsverfahrens zu bilden. Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, hierzu habe kein Anlaß bestanden , weil zum Zeitpunkt der Eingehung der Scheinehe nicht festgestanden habe, daß diese wieder aufgehoben werde und der Grund für das angestrebte Verfahren erst in der Geburt des Kindes am 13. Juni 2001 zu sehen sei, vermag
sie damit nicht durchzudringen. Die Rechtsbeschwerde rügt nicht, daß das Oberlandesgericht entsprechenden Sachvortrag der Antragstellerin übergangen habe. Daß die bei der Eheschließung mit dem Antragsgegner fast 23 Jahre alte Antragstellerin auf Dauer auf eine wirkliche Ehe verzichten und stattdessen an der Scheinehe festhalten wollte, würde auch der Lebenserfahrung widersprechen. Danach ist vielmehr davon auszugehen, daß die Aufhebung der Scheinehe absehbar war und die Geburt des Kindes nur den zeitlichen Anlaß für das entsprechende Begehren gegeben hat. Daß der Antragstellerin, wie die Rechtsbeschwerde weiter ausführt, nicht bekannt und bewußt gewesen sei, daß das Verfahren auf Aufhebung einer Scheinehe Kosten verursache, stellt neuen Sachvortrag dar, der im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen ist. Die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, entsprechendes Vorbringen sei in den Tatsacheninstanzen übergangen worden. Im übrigen widerspricht auch eine solche Annahme der Lebenserfahrung. Die Rechtsbeschwerde rügt schließlich, das Oberlandesgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, daß die Antragstellerin finanziell überhaupt in der Lage gewesen sei, Rücklagen für das Eheaufhebungsverfahren zu bilden. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Unfähigkeit, die Verfahrenskosten zu tragen, auf dem Verbrauch des vom Antragsgegner gezahlten Betrages beruhe. Auch damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Es war Sache der Antragstellerin, im einzelnen darzulegen, wie sie die erhaltenen Mittel verwendet hat. Solange und soweit sie hierzu keine konkreten Angaben macht, durfte das Oberlandesgericht annehmen, sie sei bei - ihr zuzumutendem - wirtschaftli-
chen Verhalten in der Lage gewesen, einen Teilbetrag des bezogenen Entgelts zurückzulegen. Zu Recht ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, es stelle keinen Verstoß gegen Art. 6 GG dar, wenn die Antragstellerin die Aufhebung der Scheinehe derzeit nicht erreichen und deshalb den leiblichen Vater ihres Kindes nicht heiraten könne. Denn sie hat sich durch die rechtsmißbräuchlich geschlossene Scheinehe selbst in die beklagte Situation gebracht. Daß die Antragstellerin auf Dauer nicht in der Lage sein wird, eine Aufhebung der Scheinehe zu erreichen, kann im übrigen nicht festgestellt werden. Nach den Angaben , die sie zu der vor dem Senat beantragten Prozeßkostenhilfe gemacht hat, ist sie wieder erwerbstätig und verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.000 €. Mit Rücksicht darauf dürfte es ihr möglich sein, die Verfahrenskosten anzusparen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.