Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 11. Nov. 2008 - 9 WF 26/08

published on 11/11/2008 00:00
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 11. Nov. 2008 - 9 WF 26/08
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Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 9. Januar 2008 - 21 F 530/07 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – in Saarlouis zurückverwiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Parteien schlossen am 7. Juli 2007 die Ehe. Dabei handelten sie nach dem Vorbringen der Antragstellerin aus einer Laune heraus wegen des besonderen Datums, ohne dass zuvor zwischen ihnen ein Kontakt oder gar eine Freundschaft oder Beziehung bestanden hätte. Eine Eheschließung sei nie ernsthaft beabsichtigt gewesen. Die Ehe sei nicht vollzogen worden. Die Antragstellerin habe den Antragsgegner nach dem 13. Juli 2007 nur noch am 15. Juli 2007 gesehen, als sie ihre persönlichen Sachen aus der Wohnung des Antragsgegners geholt habe.

Die Antragstellerin hat um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag nachgesucht,

„das Gericht möchte feststellen, dass die Eheschließung zwischen den Parteien vor dem Standesbeamten in D. vom 7. Juli 2007 unwirksam ist und diese Eheschließung aufheben; hilfsweise, die am 7. Juli 2007 vor dem Standesbeamten in D. geschlossene Ehe der Parteien scheiden.“

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, die Kosten für das Scheidungsverfahren seien mutwillig herbeigeführt worden. Bereits bei Eingehung der Ehe sei ersichtlich gewesen, dass durch die später notwendige Eheaufhebung Kosten entstehen würden.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 20. Februar 2008.

II.

Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin – als welche der eingelegte Rechtsbehelf der Antragstellerin auszulegen ist – führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Die Begründung des Familiengerichts trägt die Verweigerung der Prozesskostenhilfe nicht. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint nicht als mutwillig im Sinne von § 114 ZPO.

Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung, wenn eine verständige vermögende Partei mit Rücksicht auf die für die Betreibung des Anspruchs bestehenden Aussichten von einer Prozessführung ganz oder teilweise absehen würde (s. auch 6. Senat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 14. Dezember 1993 – 6 WF 84/93, FamRZ 1994, 636-637; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. Juni 1987 – 16 WF 117/87, FamRZ 1988, 93). Daran fehlt es, wenn eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Einzelfall notwendige Maßnahme beabsichtigt wird. Nach diesem Maßstab liegt keine mutwillige Rechtsverfolgung vor.

Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Aufhebung der Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB schlüssig vorgetragen.

Voraussetzung für den Aufhebungsgrund der sogenannten Scheinehe ist, dass beide Ehepartner bei der Ehe darüber einig waren, die sich aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 1353 Abs. 1 BGB ergebenden Pflichten nicht erfüllen zu wollen (Roth in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 1314 Rn. 12; Thorn in: jurisPK-BGB, 3. Aufl. 2007, § 1314 Rn. 30 f.). Nach ihrem Wortlaut lässt sich die Norm insbesondere nicht etwa auf den Fall der sogenannten Aufenthaltsehe, bei der die Ehe lediglich zur Erschleichung von Aufenthaltsberechtigungen eingegangen wird, reduzieren. Beabsichtigen die Parteien – wie hier vorgetragen – jedenfalls von vornherein und insgesamt keinen Vollzug und keine Führung der Ehe, verneinen sie die gesetzlich vorgesehenen Ehepflichten umfassend, ohne dass es vorliegendenfalls einer abschließenden Entscheidung darüber bedürfte, inwiefern die Verneinung einzelner Pflichten, die über den Kernbereich von Beistand, Hilfe, Fürsorge und Rücksichtnahme (s. hierzu BGH, Urteil vom 07.11.2001 – XII ZR 247/00, BGHZ 149, 140-146; Roth in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 1314 Rn. 12a) hinausgehen, für den Tatbestand der Scheinehe erforderlich ist.

Die Aufhebung der Ehe ist auch nicht nach § 1315 Abs. 1 Nr. 5 BGB ausgeschlossen. Nach dem Klagevortrag haben die Parteien die Ehe auch nach ihrer Eingehung nicht vollzogen. Damit fehlt es an einer nachträglichen Eingehung einer ehelichen, auf Dauer angelegten Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft.

Der Antrag auf Aufhebung der Ehe stellt auch eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme dar. Da auch die nicht ernst gemeinte Ehe grundsätzlich gültig ist, wie sich aus § 1310 BGB und einem Umkehrschluss aus § 1314 Abs. 1 Nr. 5 BGB ergibt, bedarf es der Aufhebung der Ehe zur Beseitigung der Ehefolgen. Auch eine verständige, vermögende Partei könnte nur mit dem Antrag auf Aufhebung der Ehe die Ehewirkungen beseitigen.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung kann auch nicht aufgrund einer Gesamtschau des Eheaufhebungsantrags in Verbindung mit den Umständen der Eingehung der Ehe als mutwillig angesehen werden.

Die – hauptsächlich im Hinblick auf sogenannte Aufenthaltsehen diskutierte – Frage nach der Mutwilligkeit der Aufhebung von Scheinehen ist umstritten. Teilweise wird angenommen, die Beantragung von Prozesskostenhilfe zur Aufhebung oder Scheidung einer Scheinehe sei mutwillig (OLG Köln, Beschluss vom 02. Dezember 1983 – 4 WF 259/83, FamRZ 1984, 278-279; OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. September 1991 – 18 WF 344/91, FamRZ 1992, 195; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rn. 464; offen gelassen vom Senatsbeschluss vom 18. Februar 2005 – 9 WF 13/05). Dieser Auffassung hat sich in der Sache das Vorgericht angeschlossen. Eine verbreitete Mindermeinung gelangt im Ergebnis ebenfalls zur Verweigerung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, es liege Rechtsmissbrauch vor, weil der Antragsteller mit der Rechtsordnung Missbrauch treibe. Denn der Staat billige die Scheinehe nicht (OLG Koblenz, Beschluss vom 22. August 2003 – 13 WF 647/03, FamRZ 2004, 548; OLG Naumburg, Beschluss vom 31. Januar 2003 – 14 WF 6/03, FamRZ 2004, 548-549; Zimmermann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 1997, Rn. 202; zurückhaltender jedoch Zimmermann, Prozesskostenhilfe – insbesondere in Familiensachen, 3. Aufl. 2004, Rn. 202). Demgegenüber wird teilweise generell angenommen, die Eingehung einer Scheinehe stehe der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Aufhebung der Ehe nicht entgegen. Einer armen Partei dürfe nicht die Möglichkeit genommen werden, die Aufhebung der Scheinehe zu erreichen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben sind (OLG Köln, Beschluss vom 14. Dezember 2007 – II-4 WF 193/07, 4 WF 193/07, OLGR Köln 2008, 382; OLG Naumburg, Beschluss vom 9. Januar 2008 – 3 WF 3/08, OLGR Naumburg 2008, 578-579). Die wohl herrschende Meinung stellt darauf ab, ob sich der Antragsteller selbst bedürftig gemacht habe, etwa indem er eine für die Eingehung der Scheinehe empfangene Gegenleistung nicht für die spätere Scheidung zurückgelegt hat (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2005 – XII ZB 247/03, NJW 2005, 2781-2783; insofern aufrecht erhalten in BGH, Entscheidung vom 21. September 2006 – IX ZB 24/06, WM 2006, 2310-2312; OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. April 2004 – 2 WF61/04, FamRZ 2004, 1882-1883; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. Oktober 2005 – 5 WF 203/05, OLGR Frankfurt 2006, 498;  OLG Hamm, Beschluss vom 16. März 2001 – 3 WF 79/01, FamRZ 2001, 1081; diese Rechtsprechung unbeanstandet lassend auch BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1984 – 1 BvR 446/84, BVerfGE 67, 251-256). Auch das von dem Amtsgericht zitierte OLG Rostock stellt nicht auf den Rechtsmissbrauch oder den Mutwillen als solchen ab, sondern auf die Frage, ob eine Partei als bedürftig anzusehen ist, wenn es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, Rücklagen für den vorhersehbaren Scheidungsantrag zu bilden (OLG Rostock, Beschluss vom 5. April 2007 – 11 WF 59/07, FamRZ 2007, 1335; s. auch OLG Rostock, Beschluss vom 7. August 2006 – 11 WF 64/06, OLGR Rostock 2007, 179-180).

Der Senat schließt sich der Auffassung des Bundesgerichtshofs an. Dieser hat ausgeführt: „Wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansieht, stellt ein Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer solchen Ehe dar. Bereits das spricht dagegen, das Prozesskostenhilfegesuch als rechtsmissbräuchlich anzusehen (…). Aus diesen Erwägungen ergeben sich zugleich Bedenken gegen die Beurteilung der beabsichtigten Rechtsverfolgung als mutwillig“ (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2005 – XII ZB 247/03, NJW 2005, 2781-2783).

Die Sache ist gemäß § 572 Abs. 3 ZPO aufzuheben und zurück zu verweisen, da die Sache hinsichtlich der Hilfsbedürftigkeit der Antragstellerin, über die das Amtsgericht – aus seiner Sicht zutreffend – noch nicht entschieden hat, nach Aktenlage noch nicht entscheidungsreif ist.

Der Kostenausspruch beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht zuzulassen.

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.
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published on 22/06/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 247/03 vom 22. Juni 2005 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 114 Eine Partei, die rechtsmißbräuchlich die Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten hat, trifft grund
published on 07/11/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 247/00 Verkündet am: 7. November 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B
published on 05/04/2007 00:00

Tenor Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Greifswald - Familiengericht - vom 04.01.2007, Az.: 61 F 212/06, wird zurückgewiesen. Gründe A. 1 Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der mit dem An
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Annotations

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie

1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder
2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.

(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn

1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand;
2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt;
3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist;
4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist;
5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.

(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.

(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.

(1) Eine Aufhebung der Ehe ist ausgeschlossen

1.
bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, wenn
a)
der minderjährige Ehegatte, nachdem er volljährig geworden ist, zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung), oder
b)
auf Grund außergewöhnlicher Umstände die Aufhebung der Ehe eine so schwere Härte für den minderjährigen Ehegatten darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint;
2.
bei Verstoß gegen § 1304, wenn der Ehegatte nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung);
3.
im Falle des § 1314 Abs. 2 Nr. 1, wenn der Ehegatte nach Wegfall der Bewusstlosigkeit oder der Störung der Geistestätigkeit zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung);
4.
in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 bis 4, wenn der Ehegatte nach Entdeckung des Irrtums oder der Täuschung oder nach Aufhören der Zwangslage zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will (Bestätigung);
5.
in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 5, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung als Ehegatten miteinander gelebt haben.
Die Bestätigung eines Geschäftsunfähigen ist unwirksam.

(2) Eine Aufhebung der Ehe ist ferner ausgeschlossen

1.
bei Verstoß gegen § 1306, wenn vor der Schließung der neuen Ehe die Scheidung oder Aufhebung der früheren Ehe oder die Aufhebung der Lebenspartnerschaft ausgesprochen ist und dieser Ausspruch nach der Schließung der neuen Ehe rechtskräftig wird;
2.
bei Verstoß gegen § 1311, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes die Aufhebung beantragt ist.

(1) Die Ehe wird nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte darf seine Mitwirkung an der Eheschließung nicht verweigern, wenn die Voraussetzungen der Eheschließung vorliegen. Der Standesbeamte muss seine Mitwirkung verweigern, wenn

1.
offenkundig ist, dass die Ehe nach § 1314 Absatz 2 aufhebbar wäre, oder
2.
nach Artikel 13 Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die beabsichtigte Ehe unwirksam wäre oder die Aufhebung der Ehe in Betracht kommt.

(2) Als Standesbeamter gilt auch, wer, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausgeübt und die Ehe in das Eheregister eingetragen hat.

(3) Eine Ehe gilt auch dann als geschlossen, wenn die Ehegatten erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, und

1.
der Standesbeamte die Ehe in das Eheregister eingetragen hat,
2.
der Standesbeamte im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes der Ehegatten einen Hinweis auf die Eheschließung in das Geburtenregister eingetragen hat oder
3.
der Standesbeamte von den Ehegatten eine familienrechtliche Erklärung, die zu ihrer Wirksamkeit eine bestehende Ehe voraussetzt, entgegengenommen hat und den Ehegatten hierüber eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung erteilt worden ist
und die Ehegatten seitdem zehn Jahre oder bis zum Tode eines der Ehegatten, mindestens jedoch fünf Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben.

(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie

1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder
2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.

(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn

1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand;
2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt;
3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist;
4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist;
5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.