Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 14. Nov. 2011 - I WsRH 24/11

14.11.2011

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Rostock vom 27.04.2011 - 16 Rh 30/10 - wird aufgehoben.

2. Die Einweisung des Betroffenen in den Jugendwerkhof Olgashof, Dorf Mecklenburg, in der Zeit vom 30.01.1974 bis zum 17.07.1975 aufgrund der vorläufigen Verfügung vom 01.02.1974 und des Beschlusses des Jugendhilfeausschusses des Rates des Kreises Grevesmühlen vom 29.03.1974 wird für rechtsstaatswidrig erklärt. Die Einweisungsentscheidungen werden aufgehoben.

3. Es wird festgestellt, dass der Betroffene in der Zeit vom 30.01.1974 bis zum 18.12.1974 und vom 06.01.1975 bis zum 17.07.1975 zu Unrecht Freiheitsentziehung erlitten hat.

4. Kosten werden auch im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.

Kosten werden auch im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die notwen-digen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

1

Der Betroffene begehrt seine Rehabilitierung wegen der Unterbringung in dem Jugend-werkhof Olgashof, Dorf Mecklenburg, in den Jahren 1974/1975. Zu dem diesem Antrag zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt verweist der Senat auf die folgenden zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 08.09.2011, die sich wie folgt geäußert hat:

2

"1. Zum Sachverhalt

a)

3

Der Betroffene wurde auf der Grundlage der vorläufigen Verfügung vom 01.02.1974 und des Beschlusses vom 29.03.1974 des Jugendhilfeausschusses des Rates des Kreises Grevesmühlen am 30.01.1974 in den Jugendwerkhof Olgashof, Dorf Mecklenburg, eingewiesen (Bl. 24, 26 f. RHS-Heft). In dem maschinenschriftlich ausgefüllten Formular "Protokoll" ist neben den vorgegebenen unterstrichenen Einweisungsgründen "Erziehungsschwierigkeiten, Diebstähle" als weiterer Grund handschriftlich eingefügt "versuchte Republikflucht" (Bl. 23, 23 R RHS-Heft). In der Heimkartei ist unter der Rubrik "Gründe der Heimeinweisung" maschinenschriftlich aufgeführt "verschiedene Einbrüche, Unlust zur Arbeit, Verdacht - Republikflucht" (Bl. 24 RHS-Heft).

4

Während des Heimaufenthaltes ist Jahresurlaub für die Zeit vom 19.12.1974 bis zum 05.01.1975 gewährt worden (Bl. 24.1 R RHS-Heft). Der Betroffene ist mit Wirkung vom 17.07.1975 aus dem Heim entlassen worden (Bl. 25 RHS-Heft).

b)

5

Weitere Recherchen (Bl. 54 RHS-Heft) haben ergeben, dass der Vater des Betroffenen, K. V., durch das MfS erfasst war. Nach dem Bericht des IM "Anton 38" vom 23.03.1976 (Bl. 57 f. RHS-Heft) war der Vater offensichtlich u. a. als Hauptmann bei den Grenztruppen in der Kompanie X tätig. Die Mutter des Betroffenen war nach dem Bericht in der Notenbank bei der Grenzübergangsstelle in X beschäftigt. Hinsichtlich des Betroffenen ist ausgeführt, dass dieser "viel gesucht werden" musste und "es ging soweit, dass er in einen Jugendwerkhof kam". In dem Bericht ist darüber hinaus ein "enger Westkontakt" hervorgehoben (Bl. 57 RHS-Heft) und zudem ausgeführt: "Durch die Kinder von der Familie V. konnte in Erfahrung gebracht werden, dass sie ständige Zuhörer von West-Fernsehen sind." (Bl. 58 RHS-Heft). In einem IM-Bericht vom 08.02.1976 (Bl. 59 f. RHS-Heft) ist u. a. von "Verbindungen zur BRD" die Rede. Zu der Mutter des Betroffenen ist ausgeführt: "Frau V. arbeitet jetzt beim Reisebüro in X. Meiner Frau gegenüber äußerte sie sich vor kurzem, dass es am Besten ist, wenn man sich gesellschaftlich überhaupt nicht betätigt, man lebt dann ruhiger und außerdem hätte man auch zuhause genug zu tun." (Bl. 60 RHS-Heft).

6

Aus einem Schreiben des Vaters des Betroffenen vom 02.08.1978 an die mit dem Betroffenen befassten Dienststellen ergibt sich, dass der Betroffene 1976 gerichtlich aus dem Sperrgebiet ausgewiesen wurde. Der Vater bringt in dem Schreiben seine große Sorge im Hinblick auf den labilen Zustand des offensichtlich in ein einsames Dorf ausgewiesenen Betroffenen zum Ausdruck und bittet gleichzeitig: "Wenn unser Sohn schon nicht im Sperrgebiet wohnen darf, so bitten wir doch darum, ihn in unsere unmittelbare Nähe einzugliedern, damit wir uns ständig um ihn kümmern können." (Bl. 61 RHS-Heft)."

7

Die Rehabilitierungskammer des Landgerichts Rostock hat den Antrag des Betroffenen als unbegründet zurückgewiesen. Der Sachverhalt belege weder eine politische Verfolgung noch sonst eine sachwidrige Zweckrichtung oder ein deutliches Missverhältnis zwischen dem Anlass der Einweisung und den angeordneten Rechtsfolgen.

8

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde, mit der er seine Rehabilitierung begehrt.

9

Die Generalstaatsanwaltschaft ist in ihrer Zuschrift an den Senat vom 08.09.2011 mit näherer Begründung dem Rechtsmittel des Betroffenen beigetreten.

II.

10

Die gemäß § 13 Abs. 1 StrRehaG; zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Rehabilitierung der Betroffenen. Die auf die Unterbringung des Betroffenen gerichtete Einweisung in den Jugendwerkhof in der Zeit vom 30.01.1974 bis zum 17.07.1975 aufgrund der vorläufigen Verfügung vom 01.02.1974 und des Beschlusses des Jugendhilfeausschusses des Rates des Kreises Grevesmühlen vom 29.03.1974 ist mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar, weil sie jedenfalls auch der politischen Verfolgung diente (§§ 2 Abs. 1 Satz 2, 1 Abs. 1 Nr. 1 Bst. e) StrRehaG).

11

Dazu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 08.09.2011 zutreffend weiter wie folgt ausgeführt:

12

"Entgegen der Einschätzung des Landgerichts sind die Gründe für die Einweisungsentscheidung des Betroffenen bekannt. In den vorliegenden Unterlagen sind diese ausdrücklich u. a. mit "versuchte Republikflucht" niedergelegt. Bei der Republikflucht handelt es sich um den Straftatbestand des ungesetzlichen Grenzübertritts gemäß § 213 StGB/DDR, hinsichtlich dessen auch die Vorbereitung und der Versuch mit Strafe bedroht waren, § 213 Abs. 4 StGB/DDR. Die Verurteilung wegen ungesetzlichen Grenzübertritts gemäß § 213 StGB/DDR führt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1e StrRehaG zwingend zur strafrechtlichen Rehabilitierung.

13

Soweit die Unterbringung des Betroffenen in dem Jugendwerkhof möglicherweise auch auf familiären Schwierigkeiten und Problemen der Eltern mit seiner Erziehung beruhte, steht dies einer Rehabilitierung nicht entgegen. Im Übrigen belegen auch die weiteren vorliegenden Erkenntnisse, dass die gegen den Betroffenen angeordnete Einweisung in den Jugendwerkhof mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlich rechtsstaatlichen Ordnung nicht vereinbar ist. Ihr lagen vorrangig politische Motive zugrunde und sie hat damit sachfremden Zwecken gedient. Folgendes Bild ergibt sich aus der Gesamtschau aller vorliegenden Erkenntnisse:

14

Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR sah offenbar im Hinblick auf die sensible Tätigkeit der Eltern des Betroffenen, der Wohnlage der Familie und der Westkontakte Veranlassung zur Beobachtung, offensichtlich seit dem 15.11.1973 (Bl. 56 RHS-Heft). Aufgrund der nicht der Norm entsprechenden Entwicklung des zu unüberlegten und spontanen Handlungen neigenden (Bl. 26 RHS-Heft) und durch "Umhertreiberei" aufgefallenen Betroffenen (Bl. 27 RHS-Heft) sah das MfS auch im Hinblick auf die Wohnlage im Sperrgebiet, die Beeinflussung durch Westfernsehen und die intensiven Westkontakte offensichtlich die realistische Möglichkeit, dass der Betroffene die DDR verlassen könnte. Insoweit dürfte sich aus Sicht des MfS eine Heimeinweisung geradezu aufgedrängt haben. Hierfür sprechen auch die vorläufige Einweisungsverfügung und der handschriftliche Hinweis auf "versuchte Republikflucht" in dem offensichtlich für Vermisste bzw. unbekannt aufhältliche Personen anzuwendenden Protokollformular (Bl. 23 RHS-Heft). Es ging nicht, wie das Landgericht erwogen hat, um die Sanktionierung (BA S. 4), sondern um die Verhinderung einer Republikflucht.

15

Nach alledem spricht mehr für den Vortrag des Betroffenen als dagegen. Die Heimunterbringung erfolgte deshalb nicht vorrangig aus erzieherischen Gründen oder Gründen des Kindeswohls, sondern aus der sachfremden Erwägung, den labilen Betroffenen an einem Verlassen der DDR zu hindern. ".

16

Diesen Erwägungen schließt sich der Senat an.

17

Klarstellend bemerkt der Senat, dass es für den Erfolg des Rehabilitierungsbegehrens wegen der Unterbringung in einem Heim für Kinder und Jugendliche auch nicht mehr darauf ankommt, ob diese Unterbringung unter haftähnlichen Bedingungen erfolgt ist (vgl. zur alten Rechtslage nur Senatsbeschluss vom 29.01.2007 - I WsRH 17/05 -), sondern nur noch auf die Feststellung der politischen Verfolgung oder sonst sachfremder Zwecke.

18

Mit dem Vierten Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 2. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1744) wurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG zur gesetzlichen Klarstellung und zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendungspraxis (vgl. BT-Drs.: 17/3233 S. 7) dahingehend geändert, dass insbesondere auch die Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken diente, eine entsprechende Anwendung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG eröffnet. Bei den in § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG aufgeführten Fällen handelt es sich um Regelbeispiele, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StrRehaG erfüllen, wenn sie der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken dienten. Damit wird der freiheitsentziehende Charakter auch der Heimerziehung in der DDR gesetzlich unterstellt. Es ist daher nicht mehr zu prüfen, ob sich die konkrete Unterbringung unter zumindest haftähnlichen Bedingungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StrRehaG vollzog (so auch bereits OLG Naumburg, Beschluss vom 14.04.2011- 2 WS REh 96/11 -; KG, Beschluss vom 16.06.2011 - 2 Ws 351/09 REHA; Thüringisches OLG, Beschluss vom 23.05.2011 - 1 Ws Reha 3/11 -; s.a. LG Erfurt, Beschluss vom 14.07.2011 - 1 Reha 383/09-)

III.

19

Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 StrRehaG. Bei erfolgreicher Beschwerde trägt mangels anderer Kostenschuldner die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 473 Rdn. 2)

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Referenzen - Gesetze

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Strafgesetzbuch - StGB | § 213 Minder schwerer Fall des Totschlags


War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minde

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 14 Kosten des Verfahrens und notwendige Auslagen


(1) Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben. (2) Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, fallen die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Staatskasse zur Last. Im Übrigen kann das Gericht die notwendigen Auslagen des Antragsteller

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 1 Aufhebung rechtsstaatswidriger Entscheidungen


(1) Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erkl

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 2 Rechtsstaatswidrige Entscheidungen über Freiheitsentzug außerhalb eines Strafverfahrens


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für ein

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 13 Beschwerde


(1) Gegen den Beschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Beschwerde eingelegt werden. (2) Der Beschluss unterliegt nicht der Beschwerde, soweit 1. einem Rehabilitierungsantrag stattgegeben worden ist und kein Verfahrensbeteiligt

Referenzen

(1) Gegen den Beschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Beschwerde eingelegt werden.

(2) Der Beschluss unterliegt nicht der Beschwerde, soweit

1.
einem Rehabilitierungsantrag stattgegeben worden ist und kein Verfahrensbeteiligter dem Antrag widersprochen hat,
2.
das Gericht einstimmig und auf Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist,
a)
entschieden hat, dass die Rechtsfolgen der angegriffenen Entscheidung nicht in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen, oder
b)
einen Antrag nach § 1 Abs. 6 als unzulässig verworfen hat.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht, soweit die erfolgreiche Anfechtung zur Verkürzung einer noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe führen würde.

(3) Über die Beschwerde entscheidet das Bezirksgericht oder das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat, in Berlin das Kammergericht. Das Beschwerdegericht entscheidet durch besondere Beschwerdesenate für Rehabilitierungssachen. § 9 gilt entsprechend.

(4) Will der Beschwerdesenat bei der Entscheidung einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Bezirksgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweichen, hat er die Sache dem Bundesgerichtshof in entsprechender Anwendung von § 121 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorzulegen.

War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben (Rehabilitierung), soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil

1.
die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat; dies gilt in der Regel für Verurteilungen nach folgenden Vorschriften:
a)
Landesverräterische Nachrichtenübermittlung (§ 99 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
b)
Staatsfeindlicher Menschenhandel (§ 105 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
c)
Staatsfeindliche Hetze (§ 106 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
d)
Ungesetzliche Verbindungsaufnahme (§ 219 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
e)
Ungesetzlicher Grenzübertritt (§ 213 Abs. 1, 2, 3 Satz 2 Nr. 3 bis 6, oder Abs. 4 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
f)
Boykotthetze gemäß Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949 (GBl. I Nr. 1 S. 5);
g)
Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung (§ 256 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder § 43 des Gesetzes über den Wehrdienst in der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 12 S. 221);
h)
nach Vorschriften, die den unter den Buchstaben a bis g genannten Vorschriften inhaltlich entsprechen, sowie
i)
Hochverrat, Spionage, Anwerbenlassen zum Zwecke der Spionage, Landesverräterische Agententätigkeit, Staatsverbrechen, die gegen einen verbündeten Staat gerichtet sind, Unterlassung der Anzeige einer dieser Straftaten, Geheimnisverrat (§§ 96, 97, 98, 100, 108, 225 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit diesen Vorschriften, §§ 245 oder 246 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder nach inhaltlich entsprechenden Vorschriften, wenn die Tat für die Bundesrepublik Deutschland, einen mit ihr verbündeten Staat oder für eine Organisation begangen worden sein soll, die den Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung verpflichtet ist, oder
2.
die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen.

(2) Mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind die Entscheidungen des Landgerichts Chemnitz, Außenstelle Waldheim, aus dem Jahr 1950 ("Waldheimer Prozesse").

(3) Ist eine Entscheidung auf die Verletzung mehrerer Strafvorschriften gestützt und liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nur hinsichtlich eines Teiles der Strafvorschriften vor, kann die Entscheidung insgesamt aufgehoben werden, wenn die übrigen Gesetzesverletzungen für die Anordnung der Rechtsfolgen von untergeordneter Bedeutung gewesen sind.

(4) Kommt eine vollständige Aufhebung der Entscheidung nicht in Betracht, hebt das Gericht den Teil der Entscheidung auf, für den die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.

(5) Für strafrechtliche Maßnahmen, die keine gerichtlichen Entscheidungen sind, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend.

(6) Ein Antrag nach Absatz 1 ist unzulässig, soweit nach dem 2. Oktober 1990 über einen auf denselben Sachverhalt gestützten zulässigen Antrag auf Rehabilitierung oder Kassation rechtskräftig entschieden worden ist. Dies gilt nicht, soweit dargelegt wird, dass der frühere Antrag nach den Vorschriften dieses Gesetzes Erfolg gehabt hätte.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.

(2) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt.

(1) Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben (Rehabilitierung), soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil

1.
die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat; dies gilt in der Regel für Verurteilungen nach folgenden Vorschriften:
a)
Landesverräterische Nachrichtenübermittlung (§ 99 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
b)
Staatsfeindlicher Menschenhandel (§ 105 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
c)
Staatsfeindliche Hetze (§ 106 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
d)
Ungesetzliche Verbindungsaufnahme (§ 219 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
e)
Ungesetzlicher Grenzübertritt (§ 213 Abs. 1, 2, 3 Satz 2 Nr. 3 bis 6, oder Abs. 4 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
f)
Boykotthetze gemäß Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949 (GBl. I Nr. 1 S. 5);
g)
Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung (§ 256 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder § 43 des Gesetzes über den Wehrdienst in der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 12 S. 221);
h)
nach Vorschriften, die den unter den Buchstaben a bis g genannten Vorschriften inhaltlich entsprechen, sowie
i)
Hochverrat, Spionage, Anwerbenlassen zum Zwecke der Spionage, Landesverräterische Agententätigkeit, Staatsverbrechen, die gegen einen verbündeten Staat gerichtet sind, Unterlassung der Anzeige einer dieser Straftaten, Geheimnisverrat (§§ 96, 97, 98, 100, 108, 225 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit diesen Vorschriften, §§ 245 oder 246 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder nach inhaltlich entsprechenden Vorschriften, wenn die Tat für die Bundesrepublik Deutschland, einen mit ihr verbündeten Staat oder für eine Organisation begangen worden sein soll, die den Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung verpflichtet ist, oder
2.
die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen.

(2) Mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind die Entscheidungen des Landgerichts Chemnitz, Außenstelle Waldheim, aus dem Jahr 1950 ("Waldheimer Prozesse").

(3) Ist eine Entscheidung auf die Verletzung mehrerer Strafvorschriften gestützt und liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nur hinsichtlich eines Teiles der Strafvorschriften vor, kann die Entscheidung insgesamt aufgehoben werden, wenn die übrigen Gesetzesverletzungen für die Anordnung der Rechtsfolgen von untergeordneter Bedeutung gewesen sind.

(4) Kommt eine vollständige Aufhebung der Entscheidung nicht in Betracht, hebt das Gericht den Teil der Entscheidung auf, für den die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.

(5) Für strafrechtliche Maßnahmen, die keine gerichtlichen Entscheidungen sind, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend.

(6) Ein Antrag nach Absatz 1 ist unzulässig, soweit nach dem 2. Oktober 1990 über einen auf denselben Sachverhalt gestützten zulässigen Antrag auf Rehabilitierung oder Kassation rechtskräftig entschieden worden ist. Dies gilt nicht, soweit dargelegt wird, dass der frühere Antrag nach den Vorschriften dieses Gesetzes Erfolg gehabt hätte.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.

(2) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt.

(1) Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben.

(2) Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, fallen die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Staatskasse zur Last. Im Übrigen kann das Gericht die notwendigen Auslagen des Antragstellers ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn es unbillig wäre, den Antragsteller damit zu belasten.

(3) Die Entscheidung nach Absatz 2 Satz 2 ist unanfechtbar.

(4) Für die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gilt § 473 Abs. 1 bis 4 der Strafprozessordnung entsprechend.