Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Aug. 2012 - I Ws 219/12

bei uns veröffentlicht am02.08.2012

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit mit ihm auch der Rest der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stendal vom 05.05.2003 - 502 Ks - 301 Js 13602/01 - 3/01 - nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der Strafe nicht (erneut) zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

2. Die weiter gehende sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.

3. Die Kosten des Rechtsmittels einschließlich der dem Beschwerdeführer dadurch entstandenen notwendigen Auslagen tragen dieser zu 7/10 und die Staatskasse zu 3/10 (§ 473 Abs. 4 StPO).

Gründe

I.

1

Das Landgericht Stendal verurteilte den Beschwerdeführer am 05.05.2003 - 502 Ks - 301 Js 13602/01 - 3/01 - wegen versuchten Diebstahls u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Nachdem er am 13.04.2005 nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln dieser Strafe auf Bewährung entlassen worden war, widerrief die 3. Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock mit Beschluss vom 16.06.2008 - 13 StVK 526/04 - die Strafaussetzung im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landgericht Koblenz vom 13.03.2008 - 2090 Js 41.164/07 jug. - 2 KLs. Der Widerrufsbeschluss ist seit dem 01.07.2008 rechtskräftig.

2

Mit Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 22.11.2011 - 21 KLs 2/11 - wurde der Beschwerdeführer unter Auflösung der Gesamtstrafe und Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Koblenz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt, wovon 12 Monate als vollstreckt gelten. Unter Zugrundelegung des Vollstreckungsbeginns am 21.03.2008 und unter Anrechnung der zuvor bereits teilweise aus dem Urteil des Landgerichts Koblenz verbüßten Strafe waren zwei Drittel dieser Gesamtfreiheitsstrafe am 11.07.2011 vollstreckt. Der Beschwerdeführer verbüßt gleichwohl weiterhin diese Strafe, weil eine Unterbrechung zur Vollstreckung der Reststrafe aus der Verurteilung durch das Landgericht Stendal durch die zuständige Vollstreckungsbehörde gemäß § 454b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO bis heute nicht erfolgt ist.

3

Mit dem angefochten Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock die Aussetzung der Vollstreckung der Reste beider Gesamtfreiheitsstrafen zur Bewährung abgelehnt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt. Dadurch dass das Landgericht rechtsfehlerhaft auch über die Aussetzung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stendal (ablehnend) entschieden habe, sei der Verurteilte nicht beschwert, weil diese Reststrafe mit Ablauf des 15.07.2012 als verbüßt angesehen werden müsse.

II.

4

Das gemäß § 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte und zulässig angebrachte Rechtsmittel hat nur im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es aus den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und den ebenfalls zutreffenden Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft in deren dem Beschwerdeführer über seinen Verteidiger mitgeteilten Zuschrift vom 11.07.2012 unbegründet.

5

Soweit die Strafvollstreckungskammer auch die (erneute) Aussetzung des Restes der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stendal vom 05.05.2003 - 502 Ks - 301 Js 13602/01  -3/01- abgelehnt hat, war der angefochtene Beschluss aufzuheben, weil die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine solche Entscheidung seinerzeit nicht vorgelegen haben und derzeit ungewiss ist, ob sie noch eintreten können.

6

Der Beschwerdeführer verbüßt seit dem 21.03.2008 und formal auch jetzt noch die Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 22.11.2011. Deren Vollstreckung ist nach Erreichen des Zweidrittel-Zeitpunkts am 11.07.2011 entgegen § 454b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO nicht zur Vollstreckung des Restes von 368 Tagen aus der Gesamtfreiheitsstrafe des Urteils des Landgerichts Stendal vom 05.05.2003 in Verbindung mit dem seit dem 01.07.2008 rechtskräftigen Widerrufsbeschluss des Landgerichts Rostock vom 16.06.2008 unterbrochen worden. Solange mit der Vollstreckung dieses Strafrestes nicht begonnen wurde und der Verurteilte auch keinen Antrag gestellt hat, die Vollstreckung dieser Reststrafe erneut zur Bewährung auszusetzen, ist für eine diesbezügliche Entscheidung kein Raum.

7

Über die Frage der erneuten Aussetzung einer nach Widerruf der Bewährung zu verbüßenden Reststrafe ist - anders als in den originären Fällen einer Entscheidung nach § 57 Abs. 1 StGB - nicht von Amts wegen, sondern nur auf ausdrücklichen Antrag des Verurteilten zu entscheiden, der damit Verfahrensvoraussetzung ist. An einem solchen fehlte es hier zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts und auch jetzt noch. Die bloße Einwilligung des Beschwerdeführers in eine Reststrafaussetzung reicht dafür nicht aus.

8

Auch wenn die zuständige Vollstreckungsbehörde nun die Unterbrechung der Vollzugs der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder und den Vollzug der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stendal anordnen sollte, könnte dies entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft jedenfalls nicht nach § 453 Abs. 2 Satz 3 StPO in unmittelbarer Anwendung mit rückwirkender Kraft geschehen, denn die Reststrafe aus dem letztgenannten Urteil war bereits mit Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses vom 16.06.2008 am 01.07.2008 vollstreckbar (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 StVollstrO), mithin lange vor Erreichung des Zweidrittel-Zeitpunkts in der Vollstreckungssache aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder.

9

Ob und wie das Versäumnis der Strafvollstreckungsbehörde, rechtzeitig die Unterbrechungsanordnung zu treffen, kompensiert werden kann, hat der Senat nicht zu entscheiden (vgl. dazu LR-Graalmann-Scherer, StPO, 26. Aufl., § 454b Rdz. 25 ff.; KK-Appl, StPO, 6. Aufl., § 454b Rdz. 5 ff.). Er kann deshalb - anders als die Generalstaatsanwaltschaft dies tut - derzeit auch nicht unterstellen, geschweige denn feststellen, dass die Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stendal im Wege fiktiver rückwirkender Anrechnung bereits am 15.07.2012 als vollständig verbüßt angesehen werden kann (so in anderer Konstellation aber wohl KG Berlin, Beschl. vom 11.11.2010 - 2 Ws 504/10 - Rdz. 17 der online-Fassung in juris u.a. unter Verweis auf BVerfG NStZ 1988, 474). Eine solche gerichtliche "Strafzeitberechnung bzw. -anrechnung" wäre nur im Verfahren nach § 458 StPO möglich. Um ein solches handelt es sich vorliegend nicht.

10

Ausgehend von der aktuellen formellen Vollstreckungssituation ist noch die gesamte Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stendal "offen". Sollte es in analoger Anwendung von § 454b Abs. 2 Satz 3 StPO noch zu einer rückwirkenden Unterbrechung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder zum Zweidrittelzeitpunkt (11.07.2011) mit der Folge kommen, dass die seither vollzogene Strafe auf die Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stendal anzurechnen wäre, war diese zum Zeitpunkt der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer (07.06.2012) noch nicht voll verbüßt, dann aber schon deshalb nicht erneut aussetzungsfähig, weil es an dem dafür erforderlichen Antrag des Verurteilten fehlte (vgl. oben). Jetzt wäre die Strafe hingegen voll verbüßt, weshalb auch vom Beschwerdegericht keine Entscheidung über eine erneute Aussetzung eines Strafrestes mehr möglich wäre.

11

Nachdem derzeit nicht absehbar ist, ob und mit welchem Ergebnis es zu einer "Verrechnung" beider Freiheitstrafen kommt und ob danach noch ein aussetzungsfähiger Strafrest aus der Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht Stendal verbleibt, ist der Beschwerdeführer durch die ohne Antrag getroffene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, dies zu versagen, nicht ausschließbar beschwert.

III.

12

Die differenzierte Kostenentscheidung trägt dem teilweisen Erfolg des Rechtsmittels Rechnung. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass das Obsiegen des Beschwerdeführers eher formaler Natur ist.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der

Strafprozeßordnung - StPO | § 454 Aussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung


(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten un

Strafprozeßordnung - StPO | § 453 Nachträgliche Entscheidung über Strafaussetzung zur Bewährung oder Verwarnung mit Strafvorbehalt


(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß

Strafprozeßordnung - StPO | § 458 Gerichtliche Entscheidungen bei Strafvollstreckung


(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 454b Vollstreckungsreihenfolge bei Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafen; Unterbrechung


(1) Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen sollen unmittelbar nacheinander vollstreckt werden. (2) Sind mehrere Freiheitsstrafen oder Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen nacheinander zu vollstrecken, so unterbricht die Vollstreckungs

Referenzen

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen sollen unmittelbar nacheinander vollstreckt werden.

(2) Sind mehrere Freiheitsstrafen oder Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen nacheinander zu vollstrecken, so unterbricht die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung der zunächst zu vollstreckenden Freiheitsstrafe, wenn

1.
unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuches die Hälfte, mindestens jedoch sechs Monate,
2.
im übrigen bei zeitiger Freiheitsstrafe zwei Drittel, mindestens jedoch zwei Monate, oder
3.
bei lebenslanger Freiheitsstrafe fünfzehn Jahre
der Strafe verbüßt sind. Dies gilt nicht für Strafreste, die auf Grund Widerrufs ihrer Aussetzung vollstreckt werden. Treten die Voraussetzungen für eine Unterbrechung der zunächst zu vollstreckenden Freiheitsstrafe bereits vor Vollstreckbarkeit der später zu vollstreckenden Freiheitsstrafe ein, erfolgt die Unterbrechung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vollstreckbarkeit.

(3) Auf Antrag des Verurteilten kann die Vollstreckungsbehörde von der Unterbrechung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 absehen, wenn zu erwarten ist, dass nach deren vollständiger Verbüßung die Voraussetzungen einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes für eine weitere zu vollstreckende Freiheitsstrafe erfüllt sein werden.

(4) Hat die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung nach Absatz 2 unterbrochen, so trifft das Gericht die Entscheidungen nach den §§ 57 und 57a des Strafgesetzbuches erst, wenn über die Aussetzung der Vollstreckung der Reste aller Strafen gleichzeitig entschieden werden kann.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen sollen unmittelbar nacheinander vollstreckt werden.

(2) Sind mehrere Freiheitsstrafen oder Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen nacheinander zu vollstrecken, so unterbricht die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung der zunächst zu vollstreckenden Freiheitsstrafe, wenn

1.
unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuches die Hälfte, mindestens jedoch sechs Monate,
2.
im übrigen bei zeitiger Freiheitsstrafe zwei Drittel, mindestens jedoch zwei Monate, oder
3.
bei lebenslanger Freiheitsstrafe fünfzehn Jahre
der Strafe verbüßt sind. Dies gilt nicht für Strafreste, die auf Grund Widerrufs ihrer Aussetzung vollstreckt werden. Treten die Voraussetzungen für eine Unterbrechung der zunächst zu vollstreckenden Freiheitsstrafe bereits vor Vollstreckbarkeit der später zu vollstreckenden Freiheitsstrafe ein, erfolgt die Unterbrechung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vollstreckbarkeit.

(3) Auf Antrag des Verurteilten kann die Vollstreckungsbehörde von der Unterbrechung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 absehen, wenn zu erwarten ist, dass nach deren vollständiger Verbüßung die Voraussetzungen einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes für eine weitere zu vollstreckende Freiheitsstrafe erfüllt sein werden.

(4) Hat die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung nach Absatz 2 unterbrochen, so trifft das Gericht die Entscheidungen nach den §§ 57 und 57a des Strafgesetzbuches erst, wenn über die Aussetzung der Vollstreckung der Reste aller Strafen gleichzeitig entschieden werden kann.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.

(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.

(1) Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen sollen unmittelbar nacheinander vollstreckt werden.

(2) Sind mehrere Freiheitsstrafen oder Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen nacheinander zu vollstrecken, so unterbricht die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung der zunächst zu vollstreckenden Freiheitsstrafe, wenn

1.
unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuches die Hälfte, mindestens jedoch sechs Monate,
2.
im übrigen bei zeitiger Freiheitsstrafe zwei Drittel, mindestens jedoch zwei Monate, oder
3.
bei lebenslanger Freiheitsstrafe fünfzehn Jahre
der Strafe verbüßt sind. Dies gilt nicht für Strafreste, die auf Grund Widerrufs ihrer Aussetzung vollstreckt werden. Treten die Voraussetzungen für eine Unterbrechung der zunächst zu vollstreckenden Freiheitsstrafe bereits vor Vollstreckbarkeit der später zu vollstreckenden Freiheitsstrafe ein, erfolgt die Unterbrechung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vollstreckbarkeit.

(3) Auf Antrag des Verurteilten kann die Vollstreckungsbehörde von der Unterbrechung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 absehen, wenn zu erwarten ist, dass nach deren vollständiger Verbüßung die Voraussetzungen einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes für eine weitere zu vollstreckende Freiheitsstrafe erfüllt sein werden.

(4) Hat die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung nach Absatz 2 unterbrochen, so trifft das Gericht die Entscheidungen nach den §§ 57 und 57a des Strafgesetzbuches erst, wenn über die Aussetzung der Vollstreckung der Reste aller Strafen gleichzeitig entschieden werden kann.