Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 04. Juli 2018 - 3 W 48/17

bei uns veröffentlicht am04.07.2018

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts W. - Grundbuchamt - vom 22.03.2017 wird zurück gewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsstellerin.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 48.450,00 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der oben näher bezeichnete Grundbesitz war vor der Widervereinigung im Grundbuch von L. verzeichnet. Er wird nunmehr im Grundbuch von M. geführt.

2

Bei dem vorbezeichneten Grundbesitz handelte es sich um Bodenreformland. Im Grundbuch war ein entsprechender Vermerk eingetragen. Im September 1973 war eingetragene Eigentümerin die Antragstellerin.

3

In einem Protokoll über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirtschaften aus der Bodenreform vom 15.09.1973 (richtig wohl 25.09.1973) heißt es:

4

"Der Rat des Kreises - Referat Landwirtschaft - und der Rat der Gemeinde haben aufgrund der Anmeldung vom 19.09.1973 zur Rückgabe der Neubauernwirtschaft der E. E. in L. folgendes Protokoll aufgenommen:

5

Die Neubauernwirtschaft ist im Grundbuch von L. eingetragen und hat eine Größe von (Hofstelle, Garten usw.) 0,2433 ha. Als Übergabewert wird der Baukredit in Höhe von 9.064,19 M durch die neuen Übernehmer, Eheleute F., übernommen."

6

Weitere Angaben sind nicht ausgefüllt worden.

7

In einem Protokoll über den Besitzwechsel der Neubauernstelle E. E. vom 25.09.1973 heißt es:

8

"... Zum Grundbuch von L. ist die Genossenschaftsbäuerin E. E. als Eigentümer einer Neubauernstelle eingetragen. Zu dieser Neubauernstelle gehört ein Wohnhaus, Baujahr 1952, ein Stall, eine Garage, ein Schuppen, Garten und Umfriedung, landwirtschaftliche Nutzfläche von 8,8530 ha. Die Eheleute E. wohnen seit März diesen Jahres in M. und wollen aus diesem Grunde die Haus- und Hoffläche der Neubauernstelle in L. an die ... H. F. und den Landarbeiter F. F. abtreten ...

Die Eheleute F. und H. F. übernehmen heute die Haus- und Hoffläche der Neubauernstelle E. E. zum Zeitwert von 9.064,19 M ...".

9

Mit Antragsschreiben des Rates des Kreises an den Liegenschaftsdienst im Haus vom 17.10.1973 wurde die Umschreibung im Grundbuch beantragt. Dort heißt es:

10

"Wir beantragen, die Haus- und Hoffläche der Neubauernstelle E. E., eingetragen im Grundbuch von L., den Genossenschaftsbauern H. F., geb. H., geboren am … und F. F., geboren am … in ehelicher Vermögensgemeinschaft zu übertragen."

11

1991 machte die Antragstellerin Ansprüche gegenüber dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen bei dem Landratsamt W.-M. geltend. Dieses sah einen nach dem Vermögensgesetz zu bearbeitenden Fall als nicht gegeben.

12

Mit Schreiben vom 02.02.2017 wandte sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin an das Amtsgericht W., Grundbuchamt, und bat um Berichtigung des Grundbuches von M. und verwies darauf, dass nur die Haus- und Hoffläche im Umfang von 0,2433 ha veräußert worden sei, die übrigen Flächen seien im Eigentum der Antragstellerin verblieben. Insoweit liege ein Verfahrensfehler bei der Grundbuchumschreibung vor. Wegen des weitergehenden Inhalts nimmt der Senat auf das Schreiben vom 02.02.2017 Bezug.

13

Mit formlosen Schreiben vom 13.02.2017 teilte das Amtsgericht dem Bevollmächtigten der Antragstellerin mit, der geltend gemachte Verfahrensfehler bei dem Ersuchen des Rates des Kreises an den Liegenschaftsdienst vom 17.10.1973 könne nicht mehr korrigiert werden. Mit Gesetz vom 06.03.1990 über die Rechte von Grundstücken aus der sog. Bodenreform sei das Bodenreformland dem Grundstückseigentum im üblichen Sinne gleichgesetzt worden. Der Eigentumsübergang sei dann kraft Gesetzes am 22.07.1992 erfolgt. Das Grundbuchamt habe keine Möglichkeit, diese Eintragung zu ändern oder einen Amtswiderspruch einzutragen.

14

Mit weiterem Schreiben vom 05.03.2017, welches mit Widerspruch überschrieben war, vertiefte der Bevollmächtigte der Antragstellerin sein Vorbringen aus dem Schreiben vom 02.02.2017. Wegen des Vorbringens im Einzelnen nimmt der Senat auf das Schreiben vom 05.03.2017 Bezug.

15

Das Amtsgericht hat dieses Schreiben als Beschwerde behandelt und dieser mit Beschluss vom 22.03.2017 nicht abgeholfen. Darin hat das Amtsgericht ausgeführt, die Beschwerde sei nicht begründet, da weder eine Rechtsgrundlage für eine Rückabwicklung der im Jahre 1973 erfolgten Eigentumsübertragung in dem verlangten Umfang noch für die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 GBO gegeben sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die im Jahr 1973 mit der Eigentumsübertragung befassten DDR-Behörden richtig oder fehlerhaft gehandelt hätten; für beide Bewertungen gebe es positive und negative Argumente. Ein Rechtsweg bzw. ein Rechtsbehelfsweg, dieses seinerzeitige Handeln des ehemaligen DDR-Liegenschaftsdienstes durch ein amtswegiges Verfahren des Grundbuchamtes - und damit ohne Beteiligung der seinerzeitigen Erwerber und/oder der derzeitigen Eigentümer - abzuändern oder umzukehren, sei nicht existent. Alle rechtlichen Möglichkeiten des Grundbuchamtes, auf der Grundlage eines Rechtsbehelfs oder von Amts wegen korrigierend tätig zu werden, seien in der Grundbuchordnung geregelt und setzten ein Handeln des Grundbuchamtes im Sinne der Grundbuchordnung voraus, an dem es schon deshalb mangele, da es im Jahre 1973 nicht existent gewesen sei. Eine analoge Anwendung der Vorschriften der Grundbuchordnung scheide wegen der Verschiedenheit der Verfahrensweisen aus. Eine Korrektur der im Jahr 1973 erfolgten Eigentumsübertragung von E. E. auf die Eheleute F. und H. F. durch das Grundbuchamt scheide somit aus.

16

Auf entsprechende Anfrage des Senates vom 31.01.2018 hielt der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 05.02.2018 an seiner Beschwerde fest. Der Senat hat von seiner Befugnis, auf die Durchführung des Abhilfeverfahrens zu verzichten, Gebrauch gemacht.

II.

17

Unbeschadet dessen, dass die Antragstellerin die Berichtigung einer 1973 erfolgten Grundbucheintragung begehrt, findet hierauf uneingeschränkt das Verfahrensrecht der Grundbuchordnung Anwendung, da der Berichtigungsantrag nach dem 03.10.1990 gestellt worden ist (vg!. Holzer/Kramer, Grundbuchrecht, 1994 S. 281; Stöber, GBO-Verfahren und Grundstückssachenrecht, 2. Auf!., Rn. 170; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 1 Rn. 105; Hügel, GBO, 3. Auf!., § 150, Rn. 1 ff.).

18

Mit ihrer Beschwerde richtet sich die Antragstellerin gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts - Grundbuchamt -, mit welcher ihr Antrag auf Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO abgelehnt worden ist. Dabei kann die Unrichtigkeit, deren Berichtigung nach § 22 GBO begehrt wird, eine ursprüngliche aber auch eine nachträgliche sein (Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 6). Ist Gegenstand des Berichtigungsbegehrens eine ursprünglich unrichtige Eintragung, richtet sich die Beschwerde in Wahrheit gegen eine aus Sicht der Antragstellerin fehlerhafte Eintragung, die im Wege der Grundbuchberichtigung beseitigt werden sollte. Gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO ist eine Beschwerde gegen eine Eintragung jedoch nicht zulässig. Sie kann gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO nur darauf gerichtet werden, das Grundbuchamt anzuweisen, nach § 53 GBO einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen. § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO findet auch dann Anwendung, wenn - wie hier - gegen eine Entscheidung Rechtsmittel eingelegt wird, mit welcher der Antrag auf Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO abgelehnt worden ist. Insoweit ist das Beschwerdegericht in einem solchen Fall mit geringeren Befugnissen ausgestattet, als das Amtsgericht (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 07.12.2017, V ZB 59/17, MDR 2018, 269 m. w. N.; Senatsbeschluss v. 09.06.2009, 3 W 37/09, FGPrax 2009, 208; OLG München, Beschl. v. 20.05.2010, 34 WX 45/10, RPfleger 2010, 491).

19

Der Senat legt die Beschwerde der Antragstellerin im Sinne des gesetzlich Zulässigen und somit in den Beschränkungen des § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO aus. Beschränkt auf eine Anweisung des Grundbuchamtes auf Eintragung eines Amtswiderspruches oder auf Löschung der Eheleute F. als Eigentümer nach § 53 GBO hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.

20

Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO ist eine Eintragung zu löschen, wenn sie sich nach ihrem Inhalt als unzulässig erweist. Die Eintragung einer natürlichen Person als Eigentümer eines Grundstückes ist ihrem Inhalt nach nicht unzulässig. Auch die Grundstücksdokumentationsordnung und die Grundbuchverfahrensordnung, die vor dem 02.10.1990 im Beitrittsgebiet Anwendung fanden, sahen, handelte es sich nicht um Volkseigentum, die Eintragung natürlicher Personen als Eigentümer im Grundbuch vor.

21

Ein Widerspruch ist gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO einzutragen, wenn sich ergibt, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. Die Eintragung eines Widerspruches kann nur derjenige beantragen, der einen Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB geltend machen kann. Eine Unrichtigkeit des Grundbuches im Sinne des § 894 BGB ist gegeben, wenn der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an einem Grundstück mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang steht (Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 4). Ob das Grundbuch durch die Eintragung der Eheleute F. als Eigentümer der Flurstücke ... unrichtig geworden ist, weil diese nicht Gegenstand des im Besitzwechselprotokoll dokumentierten Besitzwechsels und der Genehmigung durch den Rat des Kreises gewesen sein sollen, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Mit Blick auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 22.03.2017 merkt der Senat allerdings an, dass auch im Beitrittsgebiet vor dem 03.10.1990 mit §§ 13, 14 der Grundstücksdokumentationsordnung und §§ 17, 18 der Grundbuchverfahrensordnung die Möglichkeit einer Grundbuchberichtigung sowie der Eintragung eines Widerspruches eröffnet war.

22

Neben der Unrichtigkeit der Eintragung ist weitere Voraussetzung des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO, dass das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat. Das aber ist vorliegend nicht der Fall. Auf Ersuchen des Rates des Kreises war vom Liegenschaftsdienst der zu der Neubauernstelle E. E. gehörige Grundbesitz auf die Eheleute F. zu übertragen. Dabei hat der Liegenschaftsdienst das Ersuchen nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften ausgelegt und vollzogen. Vielmehr entsprach die Erstreckung des Ersuchens, die Haus- und Hoffläche der Neubauernstelle E. E. auf die Eheleute F. zu übertragen, auf die gesamte Bauernwirtschaft dem bei Stellung des Ersuchens am 17.10.1973 geltenden Recht. Gemäß Art. 6 Ziffer 1 der Verordnung Nr. 19 der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern über die Bodenreform im Lande Mecklenburg-Vorpommern vom 05.09.1945 konnten die aufgrund dieses Gesetzes geschaffenen Wirtschaften weder ganz noch teilweise geteilt, verpachtet oder verpfändet werden. In Ausnahmefällen konnte die Aufteilung oder Verpachtung der Wirtschaft nur auf Beschluss der Landesverwaltung geschehen. Dementsprechend sah § 1 der Besitzwechselverordnung vom 21.06.1951 (GBI.-DDR 1951, 629) auch nur die Rückgabe der Bauernwirtschaft in den Bodenfond vor. Auch im Übrigen trifft diese Verordnung nur Regelungen betreffend die gesamte Neubauernwirtschaft. Eine getrennte Behandlung des Wohnhauses und des Hofes sahen diese Regelungen nicht vor. Ein entsprechender Ausnahmebeschluss der Landesverwaltung liegt nicht vor.

23

Erst mit dem Inkrafttreten der 2. Besitzwechselverordnung vom 07.08.1975 wurde die getrennte Übertragungsmöglichkeit der Wohngebäude eingeführt (Autorenkollektiv, Bodenrecht, Staatsverlag der DDR, 1989, S. 109). So sah nunmehr der § 3 Abs. 1 vor, dass in Fällen, in denen der Übernehmende eines Bodenreformgrundstücks nicht Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft ist, der Besitzwechsel die zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse erforderlichen Gebäude und die zur Nutzung der Gebäude erforderliche Fläche umfasst. In der Regel war darunter die Hofanlage einschließlich eines Hausgartens zu verstehen (Bodenrecht, Textausgabe, Staatsverlag der DDR 1986, 3. Aufl., S. 147). 1973 also hatte die nur teilweise Übertragung der Haus- und Hoffläche im engeren Sinne noch keine rechtliche Grundlage. Da die Eintragung durch den Liegenschaftsdienst entsprechend der zu dieser Zeit geltenden Rechtsvorschriften erfolgte, fehlt es an der für die Eintragung eines Widerspruchs erforderlichen Verletzung gesetzlicher Vorschriften.

24

Die Antragstellerin ist durch die Beschränkung des Beschwerderechts im Sinne des § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO jedoch nicht rechtlos gestellt. Sie ist vielmehr darauf verwiesen, die Eheleute F. im Wege des Zivilprozesses auf Berichtigungsbewilligung oder Feststellung des Umfangs des übertragenen Grundbesitzes in Anspruch zu nehmen und mit einem entsprechenden Titel vor dem Amtsgericht W. sodann die Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO zu betreiben.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

26

Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat gem. §§ 47,61 GNotKG bestimmt und dabei einen Verkehrswert von 0,50 €/m2 in Ansatz gebracht.

27

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen liegen nicht vor.

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Grundbuchordnung - GBO | § 71


(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

Grundbuchordnung - GBO | § 22


(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung. (2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 894 Berichtigung des Grundbuchs


Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige,

Grundbuchordnung - GBO | § 53


(1) Ergibt sich, daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihr

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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2017 - V ZB 59/17

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 59/17 vom 7. Dezember 2017 in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GBO § 71 Abs. 2 Satz 1 a) Die Zulässigkeit einer Beschwerde bemisst sich auch dann nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 09. Juni 2009 - 3 W 37/09

bei uns veröffentlicht am 09.06.2009

Tenor 1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 05.02.2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde der Antragstellerin vom 02.12.2008 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgeric

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(1) Ergibt sich, daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amts wegen zu löschen.

(2) Bei einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld bedarf es zur Eintragung eines Widerspruchs der Vorlegung des Briefes nicht, wenn der Widerspruch den im § 41 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Inhalt hat. Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt ist.

(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.

(2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers oder eines Erbbauberechtigten darf, sofern nicht der Fall des § 14 vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, nur mit Zustimmung des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Ergibt sich, daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amts wegen zu löschen.

(2) Bei einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld bedarf es zur Eintragung eines Widerspruchs der Vorlegung des Briefes nicht, wenn der Widerspruch den im § 41 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Inhalt hat. Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt ist.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.

(2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers oder eines Erbbauberechtigten darf, sofern nicht der Fall des § 14 vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, nur mit Zustimmung des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 59/17
vom
7. Dezember 2017
in der Grundbuchsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
a) Die Zulässigkeit einer Beschwerde bemisst sich auch dann nach § 71 Abs. 2 Satz 1
GBO, wenn sie nicht direkt gegen eine Eintragung, sondern gegen die Zurückweisung
eines auf eine ursprüngliche Unrichtigkeit der Eintragung gestützten Berichtigungsantrags
gerichtet ist.
b) Wendet sich der Beschwerdeführer gegen seine Eintragung als Eigentümer im
Grundbuch, um die Wiedereintragung des früheren Eigentümers zu erreichen, ist
die Beschwerde gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig.
Macht der Beschwerdeführer geltend, ihm stehe das im Grundbuch eingetragene
Recht nicht zu, so kann er nicht in analoger Anwendung von § 894 BGB Berichtigung
des Grundbuchs beanspruchen (insoweit Bestätigung des Senatsurteils vom
17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983); infolgedessen kann er mit der gegen die
Eintragung gerichteten Beschwerde nicht gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO verlangen,
dass das Grundbuchamt angewiesen wird, einen Amtswiderspruch einzutragen.
BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2017 - V ZB 59/17 - OLG München
AG Ingolstadt
ECLI:DE:BGH:2017:071217BVZB59.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München - 34. Zivilsenat - vom 11. November 2016 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 140.500 €.

Gründe:


I.


1
Im Jahr 2005 kauften die Beteiligten zu 1 und 2 zu hälftigen Bruchteilen die eingangs bezeichnete, noch zu errichtende Eigentumswohnung von einem Bauträger. Am 19. November 2007 erklärte der Bauträger im eigenen Namen sowie in Vollmacht für die Beteiligten zu 1 und 2 die Messungsanerkennung und die Auflassung. Am 31. Mai 2016 trug das Grundbuchamt - soweit von Interesse - die Beteiligte zu 1 als Miteigentümerin zu 1/2 ein.
2
Gestützt auf die Behauptung, sie sei schon im Jahr 2014 vom Kaufvertrag zurückgetreten und habe die Vollmacht widerrufen, will die Beteiligte zu 1 die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend erreichen, dass wieder der Bauträger als Eigentümer eingetragen wird. Das Grundbuchamt hat ihren Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde als unzulässig verworfen und insoweit die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit der die Beteiligte zu 1 weiterhin die Berichtigung des Grundbuchs erreichen will.

II.


3
Das Beschwerdegericht sieht die Beschwerde gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO als unzulässig an, da sie gegen eine Eintragung gerichtet ist. Eine solche Beschwerde sei nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn eine Rechtsänderung durch gutgläubigen Erwerb nach der Natur des eingetragenen Rechts auszuschließen sei. Ob dies im Einzelfall angenommen werden könne, wenn der eingetragene Eigentümer sich gegen die eigene Eintragung wende, bedürfe keiner Entscheidung, da eine Weiterveräußerung an einen Dritten hier nicht gänzlich auszuschließen sei. Nachdem die Beteiligte zu 1 früher ihre Eintragung als Eigentümerin betrieben habe, sei nicht offensichtlich, dass sie sich jeglicher Verfügungen über Grundstücksrechte enthalte. Auf die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO könne die Beschwerde nicht gerichtet werden, weil es insoweit an der Beschwerdeberechtigung fehle. Der Beteiligten zu 1 stehe ein Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB nicht zu, so dass sie die Eigentumsverhältnisse im Wege einer Feststellungsklage klären lassen müsse.

III.


4
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Zu Recht sieht das Beschwerdegericht die Beschwerde als unzulässig an.
5
1. Soweit sich die Beteiligte zu 1 gegen ihre Eintragung als Eigentümerin wendet, ergibt sich die Unzulässigkeit der Beschwerde aus § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO. Nach dieser Bestimmung ist eine Beschwerde gegen eine Eintragung unzulässig.
6
a) Entgegen einer früher vertretenen Auffassung (vgl. Otte, NJW 1964, 634, 636 f.; Köstler, JR 1987, 402 f.) bemisst sich die Zulässigkeit einer Beschwerde auch dann nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO, wenn sie nicht direkt gegen eine Eintragung, sondern - wie hier - gegen die Zurückweisung eines auf eine ursprüngliche Unrichtigkeit der Eintragung gestützten Berichtigungsantrags gerichtet ist (vgl. BayObLGZ 1972, 267, 268; OLG München, FGPrax 2014, 15 f.; OLG Hamm, FGPrax 2012, 54; OLG Rostock, FGPrax 2009, 208 f.; Meikel/ Schmidt-Räntsch, GBO, 11. Aufl., § 71 Rn. 77; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 71 Rn. 30). Denn in beiden Fällen soll das Beschwerdegericht die Vornahme der Eintragung in das Grundbuch überprüfen, was nur in den Grenzen des § 71 Abs. 2 GBO zulässig ist.
7
Richtig ist zwar, dass die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts bei einem solchen Berichtigungsantrag - wie auch bei der Vornahme einer Eintragung - weiter geht als die des Beschwerdegerichts. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dies aber nicht systemwidrig. Vielmehr entspricht es der gesetzlichen Ausgestaltung des Rechtsmittelzugs, dass die Entscheidung des Grundbuchamts, eine unter dem öffentlichen Glauben stehende Eintragung vorzunehmen (bzw. sie nicht im Wege der Berichtigung zu beseitigen), in der Beschwerdeinstanz nur in den von § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO vorgegebenen Grenzen überprüft werden kann; dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen , dass das Beschwerdegericht - anders als das Grundbuchamt - nicht ohne weiteres prüfen kann, ob die Eintragung einen gutgläubigen Erwerb nach sich gezogen hat (vgl. Hügel/Kramer, GBO, 3. Aufl., § 71 Rn. 96).
8
b) Die Anwendung von § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Beschwerdeführerin gegen ihre Eintragung als Eigentümerin im Grundbuch wendet.
9
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Beschwerdebeschränkung des § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO nach ihrem Sinn und Zweck auf diejenigen Grundbucheintragungen anwendbar, die - wie die hier in Rede stehende Eintragung des Eigentums - unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs stehen (vgl. Senat, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 22/74, BGHZ 64, 194, 196 mwN). Auch greift die Beschränkung im Allgemeinen nicht erst dann ein, wenn im Einzelfall ein gutgläubiger Erwerb stattgefunden hat oder droht, sondern schon dann, wenn eine bloß abstrakte Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs besteht. Allerdings hat der Senat die Beschwerdebeschränkung unter der Voraussetzung für unanwendbar gehalten, dass eine Rechtsänderung durch gutgläubigen Erwerb nach dem konkreten Inhalt des Grundbuchs rechtlich ausgeschlossen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 22/74, BGHZ 64, 194, 198 ff.). In dieser Entscheidung ging es um eine Zwangshypothek , hinsichtlich derer das Grundbuchamt einen Amtswiderspruch eingetragen hatte. Da die Zwangshypothek nur durch Grundbucheintragung übertragen oder verpfändet werden kann, war ein gutgläubiger Erwerb für die Vergangenheit wegen der fehlenden Eintragung einer Übertragung oder Verpfändung und für die Zukunft wegen des Amtswiderspruchs ausgeschlossen (vgl. Senat, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 22/74, BGHZ 64, 194, 198 ff.).
10
bb) In Erweiterung dieser Rechtsprechung hält das Oberlandesgericht Hamm § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO auch dann nicht für anwendbar, wenn sich der Eigentümer gegen seine eigene Eintragung wendet und die Wiedereintragung der vor ihm eingetragenen Person anstrebt; eine Beeinträchtigung der Rechte eines gutgläubigen Erwerbers sei praktisch ausgeschlossen (OLG Hamm, FGPrax 2016, 8, 9; ebenso Budde in Bauer/v.Oefele, GBO, § 71 Rn. 40, 64). Dagegen hat das Beschwerdegericht bereits in einer früheren Entscheidung auch in einer solchen Fallkonstellation die Beschwerde für unzulässig gehalten (OLG München, FGPrax 2010, 232, 233).
11
cc) Der Senat sieht eine Beschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen seine Eintragung als Eigentümer im Grundbuch (bzw. - wie hier - gegen die Ablehnung eines darauf bezogenen Berichtigungsantrags) wendet, um die Wiedereintragung des früheren Eigentümers zu erreichen, gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO als unzulässig an.
12
(1) Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt es im Ausgangspunkt für die Reichweite der Beschwerdebeschränkung des § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO auf eine generalisierende Betrachtungsweise an. Eine Einzelfallbetrachtung liefe nämlich einer klaren und überschaubaren Beurteilung der Zulässigkeitsfrage sowie dem Gebot der Formenstrenge des Grundbuchrechts zuwider. Im Allgemeinen greift die Beschränkung des Beschwerderechts nicht erst dann ein, wenn im Einzelfall ein gutgläubiger Erwerb stattgefunden hat oder droht, sondern schon dann, wenn eine bloß abstrakte Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs besteht (Senat, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 22/74, BGHZ 64, 194, 197 f.).
13
(2) Daran gemessen ist die Beschwerde unzulässig. Die abstrakte Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs besteht zweifellos. Wer als Eigentümer eingetragen ist, kann Verfügungen vornehmen, an die sich ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann. Rechtlich ausgeschlossen wird dies nicht dadurch, dass der Eigentümer selbst die Eintragung für unzutreffend hält und darauf bezogene Rechtsbehelfe ergreift. Ob eine lebensnahe Betrachtung dafür spricht, dass er solche Verfügungen über das Bucheigentum unterlassen wird, ist unerheblich; entscheidend ist, dass er die hierfür erforderliche Rechtsmacht innehat. Zudem ist kein Bedürfnis für eine Beschwerde gegen die eigene Eintragung ersichtlich. Der Bucheigentümer kann die Eigentumsverhältnisse im Zivilverfahren klären lassen, indem er auf Feststellung des Eigentums des wahren Berechtigten klagt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983). Mit dem rechtskräftigen Urteil kann er die Berichtigung gemäß § 22 GBO herbeiführen (vgl. OLG München, FGPrax 2010, 232, 233; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 894 Rn. 67; BeckOGK/Hertel, BGB [1. Dezember 2016], § 894 Rn. 44). Das formalisierte Grundbuchverfahren ist ohnehin meist ungeeignet für eine abschließende Klärung der materiellen Richtigkeit von Eintragungen, die unter dem öffentlichen Glauben stehen (vgl. Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, 11. Aufl., § 71 Rn. 77 a.E.).
14
2. Mit zutreffender Begründung verneint das Beschwerdegericht die Zulässigkeit der Beschwerde auch im Hinblick auf die hilfsweise begehrte Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO. Danach ist die gegen eine Eintragung gerichtete Beschwerde zwar insoweit zulässig, als das Grundbuchamt angewiesen werden soll, nach § 53 GBO einen Widerspruch einzutragen. Die Beteiligte zu 1 ist aber nicht beschwerdeberechtigt. Die Beschwerdeberechtigung setzt nämlich - wie sich aus der Verknüpfung mit § 53 GBO ergibt - voraus, dass dem Beschwerdeführer ein Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB zusteht (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Januar 1989 - V ZB 1/88, BGHZ 106, 253, 255 f.; KEHE/Briesemeister, Grundbuchrecht, § 71 GBO Rn. 58; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 71 Rn. 69). Einen solchen Anspruch der Beschwerdeführerin verneint das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats; infolgedessen kann sie mit der gegen die Eintragung gerichteten Beschwerde nicht gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO verlangen, dass das Grundbuchamt angewiesen wird, einen Amtswiderspruch einzutragen.
15
a) Macht der Beschwerdeführer geltend, ihm stehe das im Grundbuch eingetragene Recht nicht zu, so entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass er nicht gemäß § 894 BGB Grundbuchberichtigung verlangen kann. Diese Norm erfasst nicht die Konstellation, in der der Anspruchsteller geltend macht, dass ihm das im Grundbuch eingetragene Recht nicht zusteht, sondern regelt den Sachverhalt, dass ein dem Anspruchsteller zustehendes Recht im Grundbuch nicht oder nicht richtig eingetragen ist. Wegen dieser grundlegenden Unterschiede scheidet auch eine analoge Anwendung der Vorschrift aus (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983).
16
b) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerde (im Anschluss an Piekenbrock , JuS 2006, 679 ff.) ein, der Senat habe in der genannten Entscheidung die Erkenntnisse der modernen Methodenlehre außer Acht gelassen. Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen nicht vor. Weder enthält das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke noch sind die Sachverhalte vergleichbar (vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie nur BGH, Urteil vom 4. De- zember 2014 - III ZR 61/14, NJW 2015, 1176 Rn. 9 mwN). Der im Sachenrecht geregelte Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB beruht auf dem dinglichen Recht. Der Rechtsinhaber soll vor dem Verlust des Rechts geschützt werden, indem er dessen korrekte Verlautbarung im Grundbuch herbeiführen kann (vgl. Mot III 236; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 894 Rn. 11). Darin liegt der von dem Senat bereits betonte grundlegende Unterschied (vgl. Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, NJW 2005, 2983) zu einem Buchberechtigten, der nicht den Verlust eines dinglichen Rechts abzuwehren sucht, sondern gerade in Abrede nimmt, dass ihm das zu seinen Gunsten verlautbarte Recht zusteht. Die aus dem Recht folgenden dinglichen Ansprüche wie der Grundbuchberichtigungsanspruch stehen nicht dem Buchberechtigten, sondern dem wirklichen Rechtsinhaber zu. Es fehlt zudem an einem Bedürfnis für eine analoge Anwendung von § 894 BGB. Wie oben bereits ausgeführt, kann der Buchberechtigte Klage auf Feststellung der Eigentümerstellung des wirklichen Berechtigten erheben und mit dem rechtskräftigen Urteil gemäß § 22 GBO die Berichtigung des Grundbuchs herbeiführen. Anders als der nicht (oder nicht richtig) eingetragene Rechtsinhaber, der einen Widerspruch eintragen lassen kann (§ 899 BGB), bedarf der Buchberechtigte auch keiner vorläufigen Sicherung, weil ihm ein Rechtsverlust nicht droht.

IV.


17
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 GNotKG.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Ingolstadt, Entscheidung vom 31.05.2016 - GE-4047-5 -
OLG München, Entscheidung vom 11.11.2016 - 34 Wx 275/16 -

Tenor

1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 05.02.2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde der Antragstellerin vom 02.12.2008 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Stralsund vom 01.09.2008 als unzulässig verworfen wird.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 150.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die weitere Beschwerde ist unbegründet.

2

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts, die offensichtlich vom 05.02.2009 und nicht 05.02.2008 stammt, beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 78 GBO, 546 ZPO).

3

1. Weder der Inhalt des Schreibens der Antragstellerin vom 21.08.2008 noch die Beschwerde vom 07.10.2008 in der Gestalt des Schriftsatzes vom 02.12.2008 geben Anlass zu einer von der Rechtsauffassung des Landgerichts in der Sache abweichenden Beurteilung. Die Entscheidung des Landgerichts ist lediglich dahin abzuändern, dass die Erstbeschwerde bereits unzulässig ist.

4

a. Darin liegt keine Schlechterstellung des Rechtsmittelführers. Vielmehr ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dann, wenn das Landgericht eine unzulässige Beschwerde aus sachlichen Gründen zurückgewiesen hat, die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers mit der Maßgabe zurückzuweisen ist, dass die erste Beschwerde als unzulässig verworfen wird (BGH, Beschluss v. 03.02.2005, V ZB 44/04, NJW 2005, 1430-1431).

5

b. Gemäß § 71 Abs. 2, Satz 1 GBO ist die Zulässigkeit der an sich statthaften Beschwerde im Sinne des § 71 Abs. 1 GBO beschränkt, soweit sie sich gegen eine Eintragung im Grundbuch richtet.

6

Dies ist hier der Fall:

7

Mit ihrem Schreiben vom 21.08.2008 begehrte die Antragstellerin eine Berichtigung des Grundbuchs mit der Begründung, Herr I. (der frühere Verwaltungsrat) sei nicht mehr berechtigt gewesen, im Namen der Antragstellerin die Grundschuld abzutreten. Die Eintragung des Abtretungsempfängers G. W. als Inhaber der vorbezeichneten Grundschuld stehe in Widerspruch mit der materiellen Rechtslage.

8

In den Fällen der Unrichtigkeit des Grundbuches besteht infolge des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs die Gefahr, dass der (materiell rechtlich) wahre Berechtige Nachteile erleidet. Um dieser Gefahr zu begegnen, hat der Berechtigte folgende Möglichkeiten: Er kann in einem Prozess seinen materiell rechtlichen Berichtigungsanspruch (§ 894 BGB) durchsetzen, einen Widerspruch gegen die Eintragung (§ 899 BGB) erwirken, eine formellrechtliche Grundbuchberichtigung (§ 22 GBO) beantragen bzw. die Eintragung eines Amtswiderspruches oder eine Amtslöschung (jeweils gemäß § 53 GBO) anregen.

9

Der Antrag vom 21.08.2008 ist auf eine Berichtigung im Sinne des § 22 GBO gerichtet.

10

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs kann sowohl eine ursprüngliche oder nachträgliche sein, je nachdem, ob das Recht von Anfang an unrichtig eingetragen worden ist oder ob es nachträglich eine außerhalb des Grundbuchs wirksam gewordene Veränderung erfahren hat. In beiden Fällen ist § 22 GBO grundsätzlich anwendbar (vgl. auch Böttcher in Meikel, Grundbuchordnung, 10. Aufl., 2009, § 22, Rn 8). Die beanstandete Eintragung nimmt auch am Schutz des guten Glaubens (gemäß der §§ 892, 893 BGB) teil. Denn das Amtsgericht hat einen anderen Inhaber des dinglichen Rechts eingetragen.

11

Da die Antragstellerin mit ihrem Berichtigungsantrag vor dem Amtsgericht erfolglos eine "ursprüngliche Unrichtigkeit" geltend gemacht hat, richtet sich ihr Rechtsmittel in Wahrheit gegen die Vornahme der Eintragung selbst, worin eine unstatthafte Umgehung des § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO liegt. Hierbei ist es gleichgültig, ob das Vorbringen, die Eintragung sei von Anfang an unrichtig gewesen, auf die ursprünglichen Eintragungsunterlagen oder auf neue Tatsachen oder Beweise gestützt wird. Zulässig ist nur eine auf den Amtswiderspruch oder die Amtslöschung beschränkte Beschwerde (Böttcher in Meikel, Grundbuchordnung, § 71, Rn. 76 m.w.N.; Demharter, Grundbuchordnung, 26. Auflage, 2008, § 71, Rn 30 m.w.N.).

12

Auf den ersten Blick erscheint die weitergehende Entscheidungsbefugnis des Amtsgerichts (Grundbuchamt) gegenüber der des Beschwerdegerichts zu einem systemwidrigen Ergebnis zu führen. Zwar sind § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO und § 22 GBO in den Fällen der ursprünglichen Unrichtigkeit nicht vollständig aufeinander abgestimmt. Jedoch sollte - nach der Absicht des Gesetzgebers - verhindert werden, dass eine bereits vollzogene Eintragung durch ein Beschwerdegericht beseitigt wird, obgleich aufgrund dieser Eintragung ein gutgläubiger Erwerb durch einen Dritten stattgefunden oder sonst die Eintragung gegenüber einem Gutgläubigen Wirksamkeit erlangt hat (vgl. Böttcher in Meikel, Grundbuchordnung, § 71, Rn. 2). Im Übrigen ist das formalisierte Grundbuchverfahren nicht dafür bestimmt, abschließend und endgültig die materielle Richtigkeit von Eintragungen zu klären, die unter dem öffentlichen Glauben stehen. Dies obliegt allein den Prozessgerichten. Letztlich muss die Antragstellerin diese gesetzliche Regelung hinnehmen und ihre etwaigen Ansprüche in einem Rechtsstreit verfolgen.

13

c. Das Landgericht war auch nicht gehalten, die Beschwerde dahin auszulegen, dass die Antragstellerin die Anordnung begehrt, das Grundbuchamt möge einen Amtswiderspruch eintragen oder die beanstandete Eintragung von Amts wegen löschen.

14

Das Beschwerdegericht darf regelmäßig annehmen, dass ein Beschwerdeführer das Rechtsmittel mit dem zulässigen Inhalt einlegen und sein Ziel auf jede rechtlich mögliche Weise erreichen will.

15

Eine solche Auslegung hätte im konkreten Fall aber nicht zu dem von der Antragstellerin erstrebten Erfolg geführt.

16

Ein Amtswiderspruch gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO setzt voraus, dass das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat. Dies ist hier weder ersichtlich noch hinreichend dargetan.

17

Im Übrigen ist eine Eintragung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO nur dann zu löschen, wenn sie sich nach ihrem Inhalt bereits als unzulässig erweist. Demnach hätte das Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, aus Rechtsgründen nicht bestanden haben dürfen. Die inhaltliche Unzulässigkeit muss sich allerdings aus dem Eintragungsvermerk und den dort in zulässiger Weise in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen selbst ergeben; auf die rechtlichen Vorgänge, die der Eintragung im Übrigen zugrunde liegen, und andere Beweismittel darf nicht zurückgegriffen werden (BayObLG, Beschluss v. 10.11.1987, BReg 2 Z 75/86, Rpfleger 1988, 102-104; OLG Hamm, Beschluss v. 22.06.1992, 15 W 252/91, OLGZ 1993, 43). Im Hinblick auf die eingereichten Unterlagen konnte der Rechtspfleger ohne Rechtsverletzung davon ausgehen, dass Herr I. berechtigt gewesen ist, im Namen der Antragstellerin die Abtretung zu erklären.

18

2. Die Erstbeschwerde wäre aber auch unbegründet gewesen.

19

Die Überprüfung des Senats hat sich darauf zu beschränken, ob das Vordergericht von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat.

20

Rechtsfehler in diesem Sinne sind weder ersichtlich noch von der Antragstellerin aufgezeigt worden.

21

Auf die materiell rechtliche "Gutglaubenswirkung nach Schweizer Recht" kommt es nicht an.

22

Da eine Bewilligung des Betroffenen zur Berichtigung des Grundbuchs (§ 19 GBO) nicht vorliegt, hätte die Antragstellerin die Unrichtigkeit des Grundbuchs gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO nachweisen müssen.

23

Dies ist nicht geschehen. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Stralsund Bezug. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin nicht einmal einen beglaubigten, mit einer Apostille versehenen aussagekräftigen Handelsregisterauszug vorgelegt hat. In den Akten befinden sich lediglich Register-Ausdrucke, die sich unschwer von jedermann über die Homepage "www.....ch" beziehen lassen. Diese sind mit folgendem Zusatz versehen:

24

"... obenstehende Informationen erfolgen ohne Gewähr und haben keinerlei Rechtswirkung. Verbindlich sind einzig der vom kantonalen Handelsregisteramt ausgestellte, beglaubigte Handelsregisterauszug ..."

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 KostO. Die Anordnung einer Kostenerstattung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG ist nicht veranlasst. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde entspricht dem vom Landgericht für das Beschwerdeverfahren festgesetzten Wert und wird auf 150.000 Euro festgesetzt (§ 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 KostO).

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Ergibt sich, daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amts wegen zu löschen.

(2) Bei einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld bedarf es zur Eintragung eines Widerspruchs der Vorlegung des Briefes nicht, wenn der Widerspruch den im § 41 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Inhalt hat. Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt ist.

Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

(1) Ergibt sich, daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amts wegen zu löschen.

(2) Bei einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld bedarf es zur Eintragung eines Widerspruchs der Vorlegung des Briefes nicht, wenn der Widerspruch den im § 41 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Inhalt hat. Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt ist.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.

(2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers oder eines Erbbauberechtigten darf, sofern nicht der Fall des § 14 vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, nur mit Zustimmung des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.