Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 25. Sept. 2015 - 21 Ss OWi 148/15 (B)
Gericht
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Stralsund vom 09.03.2015 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
- 1
Das Amtsgericht Stralsund verurteilte den Beschwerdeführer am 09.03.2015 wegen zweier fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr zu Geldbußen von 110,00 und 120,00 EUR und verhängte gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot. Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil legte der Betroffene mit Schriftsatz seines Wahlverteidigers, Rechtsanwalt R. in Hamburg, vom 17.03.2015, der am 19.03.2015 beim Amtsgericht einging, unter gleichzeitiger Beantragung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist Rechtsbeschwerde ein und kündigte deren nähere Begründung an. Ohne die ihm erst durch Senatsbeschluss vom 28.07.2015 - 21 Ss OWi 122/15 [B] - bewilligte Wiedereinsetzung in die Rechtsmitteleinlegungsfrist abzuwarten, begründete der Betroffene seine Rechtsbeschwerde erstmals mit Schriftsatz der Verteidigung vom 27.04.2015, der am selben Tag zunächst per Fax und am Folgetag auch im Original beim Amtsgericht einging. Dieses Schreiben wurde auf dem Kanzleibogen des Wahlverteidigers H. R. (H. R. & Kollegen, Rechtsanwälte, *) und mit dem offenbar dort vergebenen Diktatzeichen AW-Bs/te) gefertigt und am 27.04.2015 ausweislich der Fax-Absenderkennung auch von einem Gerät aus dieser Kanzlei abgesandt. Unterzeichnet ist das Schreiben von dem dort im Angestelltenverhältnis tätigen Rechtsanwalt S. W. „für Rechtsanwältin A. W., nach Diktat verreist“ (Hervorh. durch den Senat). Laut Kopfbogen handelt es sich bei Rechtsanwältin W. um keine Sozia oder ein sonstiges Mitglied der Kanzlei R. & Kollegen, sondern es besteht mit ihr lediglich eine Kooperation (in Kooperation mit ...“). Die Rechtsanwältin hat am 09.03.2015 in Untervollmacht für den Wahlverteidiger an der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stralsund teilgenommen.
- 2
Obwohl damit aus Sicht der Verteidigung bereits eine form- und fristgerechte Rechtsmittelbegründung abgereicht worden war, erfolgte eine solche nach gewährter Wiedereinsetzung durch den Senat nochmals mit Schriftsatz vom 31.08.2015, der sich dadurch auszeichnet, dass er mit Ausnahme dieses Datums und der Form der Unterzeichnung in Wort und Layout, auch was den Kopfbogen betrifft, identisch mit demjenigen vom 27.04.2015 ist. Dieses Schreiben wurde abermals von Rechtsanwalt S. W. unterzeichnet, diesmal jedoch mit dem Zusatz „für RAin A. W., nach Diktat ortsabwesend“ (Hervorh. durch den Senat) und ist am 31.08.2015 wiederum zunächst nur per Fax vorab (Absenderkennung der Kanzlei R. & Kollegen) und am 01.09.2015 dann auch im Original beim Amtsgericht eingegangen.
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Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 14.09.2015 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, weil der die beiden Begründungsschriften unterzeichnende Rechtsanwalt W. in beiden Fällen augenscheinlich nur seine Unterschrift unter die von Rechtsanwältin W. diktierte, mithin fremdverfasste Rechtsmittelbegründung gesetzt habe, ohne dafür selbst die volle Verantwortung zu übernehmen. Die Rechtsbeschwerdebegründung genüge damit nach ständiger ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht den Anforderungen des § 79 Abs. 3 OWiG, § 345 Abs. 2 StPO.
- 4
Dem ist Rechtsanwalt W. mit Schriftsatz vom 24.09.2015 unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1996, 713), des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 13.08.2014 - 2 StR 573/13) und des Oberlandesgerichts Köln (NZV 2006, 321) entgegengetreten. Insbesondere enthalte die Rechtsbeschwerdebegründung keine Passagen, aus denen zu entnehmen sei, dass er sich von deren Inhalt distanziere oder nicht bereit sei, die volle Verantwortung dafür zu übernehmen.
II.
- 5
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist mangels einer den Anforderungen des § 345 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG genügenden Begründung unzulässig.
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Ergänzend zu den dazu gemachten Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft bemerkt der Senat:
- 7
Bereits der Umstand, dass die vom Betroffenen am 19.08.2014 in dieser Sache - wenn auch mit Befugnis zur Unterbevollmächtigung - mandatierte Kanzlei H. R. & Kollegen nicht nur die Terminsvertretung vor dem Amtsgericht Stralsund am 09.03.2015 durch die laut Briefbogen (dort erstmals im Schreiben vom 16.02.2015 erwähnt) nur in Kooperation mit ihr verbundene Rechtsanwältin W. hat wahrnehmen lassen, die ausweislich ihres Internetauftritts in Hamburg als Fachanwältin für Verkehrsrecht eine eigene Kanzlei betreibt, sondern diese nach Erlass des angefochtenen Urteils ihrerseits eine Mitarbeiterin der Kanzlei R. & Kollegen telefonisch angewiesen haben soll, Rechtsmittel einzulegen und die entsprechenden Fristen zu notieren (vgl. Schreiben des Rechtsanwalts R. vom 17.03.2015) und dass nachfolgend die Rechtsbeschwerdebegründung wiederum von ihr - Rechtsanwältin W. - zwar diktiert, aber in der Kanzlei der Rechtsanwälte R. & Kollegen von einer dortigen Mitarbeiterin geschrieben und dann - nur wegen ihrer angeblichen Ortsabwesenheit - von dem dort angestellten Rechtsanwalt W. „für“ sie unterzeichnet wurde, lässt erkennen, dass in Wahrheit das gesamte Verfahren nach Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid von der Kanzlei R. & Kollegen an die „kooperierende“ Rechtsanwältin W. „ausgesourced“ worden ist, die deshalb auch die Originalakten erhalten hatte, während in der Kanzlei des mandatierten Wahlverteidigers nur ein Handaktendoppel verblieben war (vgl. Schreiben vom 17.03.2015). Dass sich Rechtsanwalt R. selbst kaum um das Verfahren gekümmert hat, ergibt sich auch daraus, dass bereits die Vertretungsanzeige gegenüber der Verwaltungsbehörde und die dortige Aktenanforderung „pro abs.“ von Rechtsanwältin E.-C. unterzeichnet wurde (Schreiben vom 22.08.2014) und die Stellungnahmen gegenüber der Verwaltungsbehörde vom 02.01.2015 und auf die mit der Terminsladung verbundene Anfrage des Gerichts vom 09.03.2015 jeweils „für den nach Diktat ortsabwesenden“ Rechtsanwalt R. durch Rechtsanwalt W. Die nachfolgende Aktenanforderung vom 30.03.2015 ist - noch dazu zweifach im Original - wiederum „für den krankheitsbedingt ortsabwesenden“ Rechtsanwalt R., dessen Diktatzeichen gleichwohl verwandt wurde, von Rechtsanwalt W. unterzeichnet und zu den Akten gereicht worden, zusätzlich - ebenfalls doppelt - per Telefax.
- 8
All dies deutet zur Überzeugung des Senats darauf hin, dass allenfalls Rechtsanwalt R. mit den wesentlichen Details des Verfahrens - jedenfalls bis zur Hauptverhandlung - vertraut war, der dann auch das Rechtsmittel eingelegt und den Wiedereinsetzungantrag gestellt und begründet hat. Im Übrigen hat aber offenbar jeder in der Kanzlei gerade greifbare Rechtsanwalt bei Bedarf für den oftmals ortabwesenden Wahlverteidiger die von diesem diktierten Schreiben unterzeichnet, ohne sich selbst näher mit dem Verfahren zu befassen, wozu auch kein Anlass bestand, so lange es nur um Nebensächlichkeiten ging und die Teilnahme an der Hauptverhandlung sowie die Anfertigung der Rechtsbeschwerdebegründung erklärtermaßen durch die in eigener Praxis tätige und lediglich unterbevollmächtigte Rechtsanwältin W. gesichert war, die auch entsprechend tätig geworden ist.
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Dass die Rechtsbeschwerdebegründung keine Distanzierungen oder Passagen enthält, die erkennen ließen, dass der sie für Rechtsanwältin W. unterzeichnende Rechtsanwalt W. nicht die (volle) Verantwortung dafür übernommen hat (so aber seine zirkelschlüssige Argumentation im Schriftsatz vom 24.09.2015, Seite 2, zweiter Absatz), versteht sich von selbst. Damit ist umgekehrt jedoch nicht belegt, dass er diese fremdverfasste Rechtsbeschwerdebegründung tatsächlich vor Unterzeichnung eigenverantwortlich überprüft, für richtig befunden und sie sich dann zu eigen gemacht hat. Schon die Tatsache, dass darin auch eine nicht unkomplizierte Verfahrensrüge erhoben wird, die spezifische Kenntnisse über den Ablauf der Hauptverhandlung voraussetzt und die den strengen Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen muss, was nur anhand der sich im Original in der Kanzlei vom Rechtsanwältin Wiemer befindlichen Handakten geprüft werden konnte, weckt erste Zweifel an seiner Beteuerung, er habe die Sache vor Unterschriftsleistung eigenverantwortlich geprüft. Erheblich verstärkt werden diese Zweifel dadurch, dass die identische Rechtsbeschwerdebegründung von Rechtsanwalt W. bereits unter dem Datum des 27.04.2015 unterzeichnet und abgesandt worden war, womit, sollte man seiner Beteuerung Glauben schenken, er habe sich (zumindest damals) in dem erforderlichen Umfang selbst mit dem Rechtsmittel befasst, alles Notwendige getan war. Gleichwohl hat er am letzten Tag der durch den Wiedereinsetzungsbeschluss des Senats erneut in Lauf gesetzten Rechtsmittelbegründungsfrist den identischen Schriftsatz nochmals und wiederum für die angeblich gerade wieder ortsabwesende Rechtsanwältin W., die auch in der Zwischenzeit offenbar nie dazu in der Lage war, das in laufender Monatsfrist (!) selbst zu tun, unterschrieben und abgesandt, was zeigt, dass er sich nun offenbar nicht einmal mehr daran erinnern konnte, das doch vor rund vier Monaten schon fristgerecht erledigt zu haben. Auch ein (erneuter) Blick in die Handakten hat zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht stattgefunden, ansonsten der Irrtum hätte bemerkt werden müssen. Ist damit jedoch erwiesen, dass Rechtsanwalt W. jedenfalls am 31.08.2015 nicht mehr in eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist, obwohl er der Meinung war, eine erneute Rechtsbeschwerdebegründung abgeben zu müssen, hegt der Senat durchgreifende Zweifel daran, dass dies bei ansonsten gleicher Situation am 27.04.2015 anders gewesen ist. Es scheint vielmehr allgemeiner Usus in dieser Kanzlei zu sein, dass für jeden abwesenden Rechtsanwalt unterschreibt, wer gerade da ist und das selbst für Rechtsanwälte mit eigener Praxis, mit denen lediglich eine Kooperation gepflegt wird.
- 10
Der Fall unterscheidet sich damit - soweit sich dies ausmachen lässt - wegen der dargelegten besonderen Umstände deutlich von den Konstellationen, über die das Bundesverfassungsgericht, der Bundesgerichtshof und das Oberlandesgericht Köln in ihren von Rechtsanwalt W. am 24.09.2015 zu seiner Rechtfertigung angeführten Entscheidungen zu befinden hatten, denen keine näheren Angaben dazu zu entnehmen sind, warum und wie es dort zur Unterzeichnung fremdverfasster Rechtsmittelschriften durch einen anderen Rechtsanwalt gekommen ist. Der Senat sieht deshalb auch keinen Anlass für eine Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 GVG.
III.
- 11
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 StPO.
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(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn
- 1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war, - 4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder - 5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.
(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.
(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.
(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.
(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn
- 1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war, - 4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder - 5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.
(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.
(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.
(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.
(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:
- 1.
der Revision gegen - a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters; - b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern; - c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
- 2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist; - 3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes; - 4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.
(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung
- 1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung, - 2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung, - 3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder - 4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.
(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.
(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.
(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist
- 1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.
(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.
(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.
(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.
(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.