Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 08. Jan. 2008 - 1 UH 6/07

bei uns veröffentlicht am08.01.2008

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird bis zu 3.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin beabsichtigt, gegen die Antragsgegner als Gesamtschuldner - gemeinsam mit C. D. und J. D. - eine Darlehensrückzahlungsforderung über 12.986,50 Euro gerichtlich geltend zu machen aus Darlehen, das sie - die Antragstellerin - dem zuletzt in M. wohnhaft gewesenen, am 15.12.2000 verstorbenen Vater der Antragsgegner gewährt haben will. Sie behauptet, der Erblasser sei von den Antragsgegnern sowie C. und J. D. beerbt worden. Gegen J. D. sei bereits ein Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes Hamburg ergangen.

2

Der Antragsgegner zu 1. hat seinen Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Neubrandenburg, die Antragsgegnerin zu 2. ihren Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Schwerin. Die Antragstellerin beantragt, gemäß § 36 Nr. 3 ZPO das Landgericht Schwerin für zuständig zu erklären.

3

Der Antragsgegner zu 1. beantragt, das Landgericht Neubrandenburg für zuständig zu erklären. Die Antragsgegnerin zu 2. hat sich nicht geäußert.

II.

4

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

5

1. Das Oberlandesgericht Rostock ist zur Entscheidung über den Antrag berufen, § 36 Abs. 1 ZPO. Die Antragsgegner haben ihren allgemeinen Gerichtsstand jeweils in unterschiedlichen Landgerichtsbezirken, die beide zum Bezirk des Oberlandesgerichtes Rostock gehören.

6

2. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wird das zuständige Gericht bestimmt, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.

7

An letzterer Voraussetzung fehlt es hier, weil der - besondere - erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft besteht, § 28 ZPO.

8

a) Nach ihrem - insoweit maßgeblichen - Vortrag will die Antragstellerin die Antragsgegner als Erben des verstorbenen Darlehensnehmers in Anspruch nehmen, und zwar auf Rückzahlung des diesem zu Lebzeiten gewährten Darlehens. Die Antragstellerin macht damit Nachlassverbindlichkeiten geltend, nämlich Forderungen aus Vertrag, die sich ursprünglich gegen den Erblasser richteten (§ 1967 Abs. 2 BGB).

9

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegner auch ausdrücklich als Gesamtschuldner in Anspruch, §§ 2058, 421 ff. BGB. Dass der Nachlass bereits geteilt worden sein könnte und die Erben daher nur noch anteilig hafteten (§§ 2060, 2061 BGB), wird nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich (§ 28 letzter Halbs. ZPO).

10

Damit ist der erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft nach § 28 ZPO gegeben (vgl. BayObLG, FamRZ 1999, 1175 und MDR 2005, 1397; Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 28 Rdnr. 3), und zwar beim Landgericht Schwerin (§§ 13, 27, 28 ZPO).

11

b) Eine Gerichtsstandsbestimmung kommt daher nicht in Betracht (BayObLG, a.a.O.; Musielak/Heinrich, a.a.O., § 36 Rdnr. 18; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 36 Rdnr. 15, jeweils m.w.N.). Die Frage, ob in Ausnahmefällen - etwa weil das Gericht des gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstandes bereits erhebliche Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert hat (vgl. BayObLG, NJW-RR 2004, 955; Zöller/Vollkommer, a.a.O.) - gleichwohl eine Bestimmung aus prozessökonomischen Gründen vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Klage noch nicht erhoben worden ist.

12

Der Antrag war deshalb zurückzuweisen.

13

3. Da der Antrag zurückgewiesen wurde und ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig ist, hat die Antragstellerin die Kosten des Bestimmungsverfahrens zu tragen, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (BGH, NJW-RR 1987, 757; OLG Koblenz, NJW-RR 2007, 425; OLG Stuttgart, NJW-RR 2003, 1706, 1707; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 37 Rdnr. 3a; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 37 Rdnr. 5; vgl. auch OLG München, MDR 2007, 1153).

14

Gemäß § 3 ZPO hat der Senat den Wert des Bestimmungsverfahrens auf 1/4 des Streitwertes des beabsichtigten Klageverfahrens festgesetzt (vgl. Zöller/Herget, a.a.O. § 3 Rdnr. 16, Stichwort "Bestimmungsverfahren nach § 36" m.w.N.).

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(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

Nach der Teilung des Nachlasses haftet jeder Miterbe nur für den seinem Erbteil entsprechenden Teil einer Nachlassverbindlichkeit:

1.
wenn der Gläubiger im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist; das Aufgebot erstreckt sich insoweit auch auf die in § 1972 bezeichneten Gläubiger sowie auf die Gläubiger, denen der Miterbe unbeschränkt haftet;
2.
wenn der Gläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach dem in § 1974 Abs. 1 bestimmten Zeitpunkt geltend macht, es sei denn, dass die Forderung vor dem Ablauf der fünf Jahre dem Miterben bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist; die Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebot nicht betroffen wird;
3.
wenn das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendigt worden ist.

(1) Jeder Miterbe kann die Nachlassgläubiger öffentlich auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem Nachlassgericht anzumelden. Ist die Aufforderung erfolgt, so haftet nach der Teilung jeder Miterbe nur für den seinem Erbteil entsprechenden Teil einer Forderung, soweit nicht vor dem Ablauf der Frist die Anmeldung erfolgt oder die Forderung ihm zur Zeit der Teilung bekannt ist.

(2) Die Aufforderung ist durch den Bundesanzeiger und durch das für die Bekanntmachungen des Nachlassgerichts bestimmte Blatt zu veröffentlichen. Die Frist beginnt mit der letzten Einrückung. Die Kosten fallen dem Erben zur Last, der die Aufforderung erlässt.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.

(2) Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Absatz 1 bezeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; wenn er einen solchen Wohnsitz nicht hatte, so gilt die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.