Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 11. Dez. 2018 - 3 U 881/18

bei uns veröffentlicht am11.12.2018
vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 3 HK O 228/18, 19.04.2018

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19.04.2018, Az. 3 HK O 228/18, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils und des Berufungsurteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 40.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

I.

Die Parteien streiten sich über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der nachfolgenden Werbeanzeigen der Beklagten.

1. In der Zeitung „B… “ vom 25.06.2017 warb die Beklagte für den Kauf von Korrektionsgläsern (Anlage K 1) mit der Aussage „Endlich mal eine gute Nachricht: Fassung geschenkt.“ Darunter war eine mit Geschenkband umwickelte Brille abgebildet, neben der stand „Freie Auswahl für Sie.“ Unter der Brillenabbildung befand sich das Symbol eines Geschenkpaketes und folgender Text: „Ab Glaspaket Gold gibt es die Fassung Ihrer Wahl gratis dazu“. Am unteren Rand der Anzeige stand in kleinerer Schrift „Gültig für alle Fassungen beim Kauf einer Brille oder Sonnenbrille in Sehstärke ab Glaspaket Gold. Nur für die erste Brille oder Sonnenbrille anwendbar. Gilt nicht in Kombination mit anderen Angeboten“.

2. Darüber hinaus schaltete die Beklagte am 21.09.2017 auf ihrer Internetseite www.a…de eine ähnliche Anzeige (Anlage K 2).

Bei Aufruf der Internetseite der Beklagten erschien eine Bannerwerbung, auf der die mit Geschenkband umwickelte Brillenfassung abgebildet war. Darunter stand - mit einem Sternchen versehen - „Fassung geschenkt“ und daneben „Ab Glaspaket Gold gibt's die Fassung gratis!“. Direkt darunter war ein Button mit der Aufschrift „Jetzt Brille aussuchen“.

Auf der Seitenkategorie „Alle Brillen“ war zwischen den Fotos der zur Verfügung stehenden Fassungsmodelle wiederum die streitgegenständliche Werbeanzeige eingefügt. Diese enthielt den Werbespruch „Fassung geschenkt“ und die mit Geschenkband umwickelte Brille. Darunter war das Geschenkpaket abgebildet. Unmittelbar unter dem abgebildeten Geschenkpaket stand „Sie wählen Ihr Glaspaket und die Fassung Ihrer Wahl. Gilt ab Glaspaket-Gold.“

Eine Fußnote am Ende der Internetseite enthielt folgenden „*Hinweis zu unseren Angeboten: Aktion Fassung geschenkt: Angebot gültig für alle Fassungen beim Kauf einer Brille in Sehstärke ab Glaspaket-Gold. Nur für die erste Brille anwendbar. Der Wert der Fassung wird erst im Warenkorb abgezogen.“

Entscheidet sich der Verbraucher für das „Glaspaket Gold“ und eine Fassung, setzt sich der Warenkorb zusammen aus dem Preis der Fassung und dem Glaspaket. Erst danach wird der Betrag der Fassung abgezogen, so dass der Kunde nur den auch sonst verlangten Preis für die Brillengläser zahlt (Anlage K 6).

II.

Am 19.04.2018 erließ das Landgericht Nürnberg-Fürth das nachfolgende Endurteil:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen, in Werbebeilagen, Zeitungsanzeigen, im Internet und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs für den Kauf von Korrektionsgläsern mit dem Hinweis „Fassung geschenkt“ zu werben oder werben zu lassen, wenn dies wie folgt geschieht Es folgt die Abbildung von Anlagen K 1 und K 2 mit den Werbeanzeigen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 220 € nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.11.2017 zu zahlen.

Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass es sich bei der in der angegriffenen Werbung angepriesenen geschenkten Fassung um eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG handele, weshalb die Werbeanzeigen nach §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 7 HWG unlauter seien.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf das angegriffene Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Sie beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19.04.2018 die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, dass das Landgericht nicht hinreichend zwischen der in der Zeitung „B… “ erschienenen Werbeanzeige und den im Internet erschienenen Werbeanzeigen der Beklagten unterschieden habe. Darüber hinaus würden die angesprochenen Verkehrskreise das Angebot nicht als Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG verstehen, weil Brillenfassungen und -gläser eine funktionale Einheit bilden und im Normalfall auch als einheitliches Gesamtprodukt erworben würden.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Werbung der Beklagten ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt als wettbewerbswidrig einzuordnen, weshalb die Klage abzuweisen ist.

I.

Die streitgegenständlichen Werbeanzeigen sind nicht nach Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (“Schwarze Liste“) unzulässig.

Nach dieser Vorschrift stellt das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen eine unzulässige geschäftliche Handlung dar, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind. Sie betrifft einen Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises. Dabei ist bei einer Werbung mit „Gratiszugaben“ entscheidend, ob der Verbraucher darüber im Unklaren gelassen wird, dass er die Hauptleistung zu bezahlen hat (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2013 - I ZR 139/12, Rn. 33 - 2 Flaschen GRATIS), also ob der Verbraucher die konkrete Werbung tatsächlich als „gratis“-, „umsonst“- oder als „geschenkt“-Angebot ohne Kostentragungspflicht versteht, oder ob ihm aufgrund der in der Werbung selbst vorgenommenen und ausreichenden Aufklärung hinsichtlich des Angebotsinhalts bewusst wird, dass ein kostenpflichtiges Gesamtangebot gerade ohne Gratis-Charakter vorliegt (OLG München, Urteil vom 16. Juni 2016 - 6 U 4300/15, Rn. 52 - 1 Glas geschenkt). Unter die Regelung fällt eine Werbung daher nur dann, wenn sie beim Durchschnittsverbraucher den Eindruck vermittelt, er brauche, um die Zugabe in Anspruch nehmen zu können, nichts anderes abzunehmen und an den Anbietenden folglich überhaupt nichts zu bezahlen (OLG Köln, Beschluss vom 30. Dezember 2008 - 6 W 180/08, Rn. 3 - Winter-Check-Wochen).

Im vorliegenden Fall besteht sowohl bei der Zeitungs- als auch der Internetwerbung aufgrund der „Sternchenhinweise“ („Gültig für alle Fassungen beim Kauf einer Brille oder Sonnenbrille in Sehstärke ab Glaspaket Gold.“) für den Verbraucher kein Zweifel daran, dass die Hauptleistung (die komplette Brille) kostenpflichtig ist (so auch bei vergleichbaren Fallgestaltungen OLG Hamm, Urteil vom 06. August 2015 - I-4 U 137/14, Rn. 68 - 1 (Brillen) Glas geschenkt; OLG München, a.a.O., Rn. 53 - 1 Glas geschenkt).

II.

Die Anzeigen sind auch nicht nach § 3a UWG i. V. m. der Marktverhaltensregel des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG unlauter. Denn bei der in den angegriffenen Werbungen angepriesenen „geschenkten Fassung“ handelt es sich nicht um eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG.

1. Folgender Rechtsrahmen ist für den Senat streitentscheidend:

a) Der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG eröffnet, da eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 lit. b MPG darstellt (BGH, Urteil vom 06. November 2014 - I ZR 26/13, Rn. 12 - Kostenlose Zweitbrille).

Allerdings gilt dies nicht für das isolierte Brillengestell, da das Heilmittelwerbegesetz nicht für Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von § 3 Nr. 9 MPG gilt.

Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 1 a HWG, in welchem der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes geregelt ist, beschränkt sich auf den Begriff der „Medizinprodukte“ im Sinne des § 3 MPG. In § 3 MPG sind die Medizinprodukte im Rahmen der dort enthaltenen Begriffsbestimmungen in einzelnen Ziffern dargestellt (vgl. § 3 Nrn. 1, 2, 3, 4, 8 MPG). Nach dem Wortlaut der in § 3 MPG enthaltenen Begriffsbestimmungen handelt es sich bei Brillengestellen selbst dann nicht um Medizinprodukte, wenn diesen eine Zubehöreigenschaft für Medizinprodukte zukommen sollte. Denn in den Begriffsbestimmungen wird eindeutig zwischen Medizinprodukten einerseits und dem „Zubehör für Medizinprodukte“ andererseits unterschieden.

Eine Anwendung des § 7 HWG für Zubehör von Medizinprodukten ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 2 MPG. Zum einen wurde § 2 Abs. 1 MPG in § 1 Abs. 1 Nr. 1 a HWG gerade nicht in Bezug genommen; der Anwendungsbereich des HWG wurde dort - soweit das MPG betroffen ist - ausdrücklich auf Medizinprodukte im Sinne des § 3 MPG beschränkt. Zum anderen regelt § 2 Abs. 1 MPG lediglich den Anwendungsbereich des MPG. Schließlich ist in § 2 Abs. 1 Satz 2 MPG gerade nicht normiert, dass es sich bei Zubehör um Medizinprodukte handelt. Vielmehr enthält § 2 Abs. 1 Satz 2 MPG lediglich die Regelung, dass Zubehör - bezogen auf den Anwendungsbereich des MPG - als eigenständiges Medizinprodukt „behandelt“ wird.

b) Nach § 7 HWG ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, sofern nicht die Ausnahmeregelungen des § 7 HWG vorliegen.

Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist im Hinblick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird. Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese also als ein Geschenk ansehen. Werden dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor (BGH, Urteil vom 06. November 2014 - I ZR 26/13, Rn. 14 - Kostenlose Zweitbrille). Dies bedeutet, dass eine Werbegabe entsprechend dem Wortsinn nur angenommen werden kann, wenn die Vergünstigung unentgeltlich gewährt wird, nicht aber bei Gesamtpreisangeboten mehrerer Waren (BGH, Urteil vom 30. Januar 2003 - I ZR 142/00, Rn. 23 ff. - Kleidersack).

c) Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen (BGH, Urteil vom 09. September 2010 - I ZR 98/08, Rn. 18 - Bonuspunkte).

Maßgeblich ist, wie der angesprochene Verkehr die Werbeaussage versteht (BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 13/10, Rn. 15 - Arzneimitteldatenbank). Dabei wird das Verkehrsverständnis durch die Art und Weise mitbeeinflusst, in der das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert wird. So kann die besondere Hervorhebung des Gratischarakters einer Zusatzleistung in einer werblichen Äußerung den Verbraucher glauben machen, die zusätzliche Ware werde unentgeltlich abgegeben (BGH, a.a.O., Rn. 18 - Kostenlose Zweitbrille).

Dagegen wird die Verkehrsauffassung nicht dadurch geprägt, dass die sozialversicherungsrechtliche Leistungsabgeltung bei Sehhilfen in ihrer Eintrittspflicht für Gläser einerseits und Brillenfassungen andererseits unterschiedlich ist. Schon mit dem Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 ist nach der sozialversicherungsrechtlichen Leistungsseite die einheitliche Ware Brille aus Kostendämpfungsgründen in ihren Hauptbestandteilen unterschiedlich behandelt worden. Die seitdem durch die weitere Leistungsbeschränkung lediglich vertiefte sozialversicherungsrechtliche Differenzierung beeinflusst das Verkehrsverständnis nicht (BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 - I ZR 271/97, Rn. 21 - Null-Tarif).

d) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Werbung „Kostenlose Zweitbrille* dazu!“ als Werbegabe i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG angesehen worden. Die blickfangmäßige und bildliche (insbesondere durch die gleichzeitige Abbildung einer mit einer roten Schleife versehenen Brille) Hervorhebung der Kostenlosigkeit der Zweitbrille in der angegriffenen Werbung könne dem Verbraucher den Eindruck vermitteln, er erhalte beim Kauf einer Brille zu dem beworbenen Preis die Zweitbrille als Geschenk dazu (BGH, a.a.O., Rn. 19 - Kostenlose Zweitbrille). Da eine Erstbrille und einer Zweitbrille unabhängig voneinander genutzt werden könnten, bestehe zwischen ihnen kein solcher enger funktionaler Zusammenhang, dass der Verbraucher die Werbung aus funktionalen Gründen als einheitliches entgeltliches Angebot versteht (BGH, a.a.O., Rn. 23 - Kostenlose Zweitbrille).

Dagegen hat der Bundesgerichtshof eine Anzeigenwerbung für Brillen mit der Aussage „K. bleibt beim Null-Tarif“ und dem Hinweis, dass die Brillenfassung bei Verordnung von zwei Brillengläsern im Festpreis enthalten sei, nicht als unzulässige Zugabe beanstandet. Denn der Letztverbraucher verstehe die Werbung nicht dahin, dass die Gläser die Hauptware und die Brillenfassung eine von dieser verschiedene Nebenware seien, sondern sehe in der streitgegenständlichen Werbung ein einheitliches Angebot. Die sozialversicherungsrechtliche Leistungsabgeltung bei Sehhilfen in ihrer unterschiedlichen Eintrittspflicht für Gläser einerseits, Brillenfassungen andererseits, präge die Verkehrsauffassung nicht. Auch die konkrete Ausgestaltung der streitgegenständlichen Werbung spreche dafür, dass vorliegend eine Brille als Gesamtheit beworben worden sei (BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 - I ZR 271/97, Rn. 21 - Null-Tarif).

Im Zusammenhang mit einer Entscheidung zu § 1 Abs. 1 PAngV führte der Bundesgerichtshof aus, dass selbst wenn Kassenanteil und Selbstbeteiligung bei Sehhilfen einer unterschiedlichen rechtsgeschäftlichen Beurteilung unterfallen sollten, es für die preisangabenrechtliche Beurteilung auf Verschiedenheiten dieser Art nicht ankäme. Maßgebend sei vielmehr, ob der angesprochene Letztverbraucher nach der Verkehrsauffassung von einem einheitlichen Angebot ausgehe und dementsprechend einen einheitlichen Preis erwarte. Dies lasse sich nach der Lebenserfahrung beim Angebot von Brillen ohne weiteres bejahen, ohne dass es der Einholung eines demoskopischen Gutachtens bedürfe. Ebenso verhalte es sich, wenn Fassungen oder Gläser gesondert ausgestellt oder beworben würden (BGH, Urteil vom 28. November 1996 - I ZR 197/94, Rn. 36 - Brillenpreise II).

e) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Auslobung einer kompletten Brille mit D2-Gläsern in der jeweiligen Sehstärke des Kunden durch einen Augenoptiker, zusammen mit der Werbeaussage „1 Glas geschenkt!“ nicht als nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG unzulässige Werbegabe eingestuft worden. Es handele sich um ein einheitliches Angebot, für das der Kunde einen Gesamtpreis zu zahlen hat. Dafür spreche, dass der angesprochene Verbraucher an einem einzelnen „Gratis“-Brillenglas regelmäßig - von einem möglichen Reparaturfall abgesehen - kein Interesse habe. Bedarf bestehe vielmehr an der kompletten Brille als funktionaler Einheit, bestehend aus Brillenfassung und zwei Gläsern mit passenden Korrekturwerten (OLG Hamm, Urteil vom 06. August 2015 - I-4 U 137/14, Rn. 60 - 1 (Brillen) Glas geschenkt). Dieser Beurteilung stehe die konkrete Ausgestaltung der in Rede stehenden Werbung nicht entgegen. Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher gehe nicht schon aufgrund der Verwendung der Angaben „gratis“ und „geschenkt“ von einer unentgeltlichen Vergünstigung aus. Er nehme vielmehr an, dass die Kosten für die als gratis beworbene Ware in den Preis des sonstigen Angebots mit eingerechnet sind (OLG Hamm, a.a.O., Rn. 61 - 1 (Brillen) Glas geschenkt). Dies lege die Angabe zu den Bedingungen des Angebots am Ende der Titelseite des Werbeprospekts („Gültig beim Kauf einer kompletten Brille mit D2-Gläsern in Sehstärke.“) nahe. Hinzu komme, dass in dem Werbeprospekt nicht etwa nur einzelne Gläser, sondern vielmehr komplette Brillen abgebildet seien (OLG Hamm, a.a.O., Rn. 62 - 1 (Brillen) Glas geschenkt).

Gleiches wurde für die Werbung eines Optikers mit der Aussage „1 Glas geschenkt!*“ entschieden, wenn im Sternchenhinweis unmittelbar unter dieser Werbeaussage erläutert wird: „*Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises.“ Erblicke ein durchschnittlich informierter, verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher zunächst die hervorgehobene Aussage „1 Glas geschenkt!*“, werde ihm unmittelbar klar, dass mangels sinnvollen Nutzens eines einzelnen Glases diese Angabe nur Teil eines Gesamtangebots sein kann; dieser Eindruck werde zudem durch das Versehen der Angabe mit dem Sternchentext bestätigt. Darin werde ihm unmissverständlich mitgeteilt, dass einerseits das Angebot den Kauf einer Korrektionsbrille (also Brillenfassung plus zwei Gläser mit Sehstärke) umfasse und andererseits - aufgrund der Erklärung „Sie sparen also 50% des Glaspreises“ (Hervorhebung hinzugefügt) - der Werbeausspruch „1 Glas geschenkt!“ im Ergebnis lediglich die reißerische Umschreibung eines 50%igen Rabatts auf den Gläsergesamtpreis sei (OLG München, Urteil vom 16. Juni 2016 - 6 U 4300/15, Rn. 42 - 1 Glas geschenkt). Der Eindruck einer unentgeltlich gewährten Zuwendung werde dem Leser der Werbung auch nicht durch die Verwendung des Worts „geschenkt“ in der Anzeige vermittelt, denn der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher gehe jedenfalls dann, wenn es sich bei der „gratis“ hinzugegebenen Ware um eine mit dem beworbenen entgeltlichen Produkt identische Ware handelt, davon aus, dass der von ihm zu zahlende Preis die Zusatzleistung im Sinne von „zwei Waren zum Preis von einer“ einschließt (OLG München, a.a.O., Rn. 43 - 1 Glas geschenkt). Schließlich sei zur Bestätigung des hier gefundenen Ergebnisses auch der Umstand heranzuziehen, dass der Verbraucher die Brillenfassung und die beiden Gläser als eine funktionale Einheit ansieht, d. h. er verstehe die gemeinsam mit einem anderen Produkt angebotene, nicht gesondert berechnete Ware aus funktionalen Gründen nicht als selbstständig angebotene Waren, sondern als einheitliches entgeltliches Angebot. In aller Regel würden nämlich bei Korrekturbrillen Brillenfassungen nicht isoliert ohne Brillengläser erworben, sondern der Kunde kaufe sie gemeinsam mit den an seine Sehstärke angepassten Gläsern (oder ggf. mit Gläsern mit Standard-Sehstärken). Ebenso wenig sei es umgekehrt der Regelfall, dass Optikerkunden einzelne Brillengläser (nach-)kaufen (OLG München, a.a.O., Rn. 46 - 1 Glas geschenkt).

Dagegen hat das Oberlandesgericht Nürnberg eine Werbung mit der Angabe „UND DAS IST UNSER GESCHENK FÜR SIE!“ als Werbegabe i.S.d. § 7 HWG angesehen, wenn dabei der Text verwendet wird „Beim Kauf von Brillengläsern ist jetzt eine hochwertige A. Markenfassung inklusive“ (OLG Nürnberg, Beschluss vom 01.09.2015, Az. 3 W 1536/15). Der angesprochene Verbraucher gehe aufgrund des Gesamteindrucks der Werbung davon aus, dass er eine Brillenfassung seiner Wahl beim Kauf von Brillengläsern geschenkt bekomme. Als Grund für die kostenfreie Markenfassung enthalte die Anzeige den deutlich hervorgehoben Hinweis auf das 70-jährige Firmenjubiläum der Antragsgegnerin, wodurch der Eindruck verstärkt werde, dass nur aufgrund dieses besonderen Anlasses ein besonderes Geschenk gewährt wird. Der Verbraucher sehe auch nicht die Brillenfassung aus funktionalen Gründen als unselbständig angebotene Ware an. Denn zum einen sei dem Verkehr bekannt, dass die Brillenfassung üblicherweise einen gesonderten Preis hat und unabhängig von den Brillengläsern berechnet wird. Zum andern sei es durchaus üblich, neue Brillengläser in bereits vorhandene Brillenfassungen einzupassen. Brillengläser und Brillenfassungen würden daher nicht stets als Einheit angeboten, sondern seien getrennt voneinander zu erwerben.

2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs sind die streitgegenständlichen Werbungen nicht als Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG anzusehen. Denn der Verbraucher nimmt aufgrund des Gesamtcharakters der Anzeige an, dass die Gratisfassung Teil eines vergünstigten Komplettangebots - einer Brille bestehend aus Fassung und Gläsern - ist. Dies kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen, weil seine Mitglieder allesamt seit vielen Jahren Brillenträger sind und somit zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

a) Die konkrete Gestaltung der Werbeanzeigen ist trotz der darin enthaltenen Formulierung „Fassung geschenkt“ nicht so eindeutig, dass die angesprochenen Verkehrskreise sicher die Brillenfassung als ein von den Brillengläsern losgelöstes Geschenk ansehen. Vielmehr enthalten die streitgegenständlichen Werbungen auch solche Elemente, die den Eindruck vermitteln, dass es sich um eine einheitliche Vergünstigungsaktion beim Kauf einer Brille handelt. Aufgrund des maßgeblichen Gesamtcharakters der Werbung geht der Verbraucher daher nicht zwingend davon aus, dass er eine von der entgeltlich abzugebenden Ware (Brillengläser) zu trennende Zugabe (Brillenfassung) kostenlos erhält.

aa) In der Werbeanzeige der Zeitung „B…“ sprechen die Formulierungen „Fassung geschenkt“ und „Ab Glaspaket Gold gibt es die Fassung Ihrer Wahl gratis dazu“ zwar dafür, dass die kostenlose Zugabe einer Fassung beworben wird.

Andererseits wird durch die angefügte und gut lesbare Fußnote der Charakter einer einheitlichen Vergünstigungsaktion hervorgehoben, indem der Verbraucher darüber aufgeklärt wird, dass die Aktion beim „Kauf einer Brille“ (bestehend aus Fassung und Gläsern) gilt. Der möglicherweise durch die obigen Formulierungen veranlasste Irrtum wird durch diesen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - I ZR 129/13, Rn. 16 - Schlafzimmer komplett). Der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher (vgl. § 3 Abs. 4 S. 1 UWG) wird sich vor dem Erwerb einer Brille mit dem gesamten Text befassen.

Ohne Relevanz ist für den Verbraucher in diesem Zusammenhang der Hinweis „Endlich mal eine gute Nachricht“. Denn auch eine besonders günstige Brille, bei der die Fassung kostenmäßig nicht angerechnet wird, kann eine positive Meldung darstellen. Auch die Abbildung des Geschenkpakets kann sowohl dahingehend verstanden werden, dass ein Gesamtpaket - Kauf einer Brille zu einem vergünstigen Gesamtpreis - als auch die kostenlose Zugabe einer Fassung beworben wird.

bb) Bei der Internetanzeige ist zwischen der Bannerwerbung und der integrierten Werbeanzeige zu unterscheiden.

(1) Zwar enthielt die Bannerwerbung die - eher gegen ein Gesamtpakt sprechenden - Formulierungen „Fassung geschenkt“ und „Ab Glaspaket Gold gibt's die Fassung gratis!“, auch wenn bei der zweiten Aussage das - in der Zeitungsanzeige vorhandene - Wort „dazu“ fehlt, was wiederum eher dafür spricht, dass die Brillenfassung lediglich im Rahmen des Brillenkaufs „gratis“ ist.

Für ein einheitliches Angebot spricht jedoch die Tatsache, dass im Banner direkt unter diesen Werbeaussagen ein Button mit der Aufschrift „Jetzt Brille aussuchen“ eingefügt war, weil darin nicht vom Aussuchen einer Brillenfassung, sondern vom Aussuchen einer Brille gesprochen wird.

(2) Gleiches gilt bei der integrierten Werbeanzeige der Internetwerbung der Beklagten.

Zwar enthielt auch diese Werbeanzeige den Werbespruch „Fassung geschenkt“, die mit Geschenkband umwickelte Brille und das Geschenkpaket.

Allerdings befand sich die Anzeige in der Rubrik „Alle Brillen“, in der die Beklagte ausschließlich komplette Brillen „inkl. Basisgläser“ anbietet. Auch die Aussage „Sie wählen Ihr Glaspaket und die Fassung Ihrer Wahl. Gilt ab Glaspaket-Gold.“ wies durch das verbindende „und“ auf das insgesamt vergünstigte Angebot von Fassung und Gläsern hin, das ab Glaspaket-Gold besteht.

(3) Für dieses Verständnis der Vergünstigungsaktion spricht zudem die Fußnote am Ende der Internetseite, die darauf hinwies, dass das Angebot „Fassung geschenkt“ „beim Kauf einer Brille“ gelte. Damit machte die Beklagte hinreichend deutlich, dass es um einen Kauf des Gesamtprodukts „Brille“ geht. Auch der Satz „Der Wert der Fassung wird erst im Warenkorb abgezogen“, zeigt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Angebot um einen vergünstigten Gesamtpreis der Brille handelt und nicht um eine geschenkte Fassung beim Erwerb der Gläser.

Auf diese Fußnote nahm die Beklagte in den Internetanzeigen auch hinreichend Bezug. In der Bannerwerbung erfolgte die Inbezugnahme durch einen ausdrücklichen „Sternchen-Hinweis“. Die integrierte Werbeanzeige enthielt zwar kein derartiges Sternchen. Es handelt sich vorliegend jedoch um eine Werbung, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst, weshalb er aufgrund der Gesamtgestaltung der Homepage den Hinweis am Ende der Seite zur Kenntnis nehmen wird, zumal die integrierte Werbeanzeige einen im Wesentlichen gleichlautenden Inhalt wie die - mit einem ausdrücklichen „Sternchen-Hinweis“ versehene - Bannerwerbung hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - I ZR 129/13, Rn. 19 - Schlafzimmer komplett).

(4) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deswegen veranlasst, weil sich im Warenkorb der Beklagten zunächst der Gesamtpreis der Brille aus dem Preis der Fassung und dem Glaspaket zusammensetzt und erst später der Betrag der Fassung - unabhängig vom Wert der Fassung - abgezogen wird (vgl. Anlage K 6).

Zum einen kann die Gestaltung des Warenkorbs nicht für die wettbewerbsrechtliche Bewertung der streitgegenständlichen Werbeaussagen maßgeblich sein, weil dieser erst zeitlich nachgeschaltet im Rahmen des Bestellvorgangs erscheint. Er wird damit von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als mit der Werbung zusammengehörig aufgefasst (vgl. BGH, Urteil vom 07. April 2005 - I ZR 314/02, Rn. 16 - Internet-Versandhandel).

Zum anderen macht die Gestaltung des Warenkorbs hinreichend deutlich, dass die Bewerbung einer Gratisfassung nur ein Kostenpunkt eines Gesamtangebots darstellt, indem der Wert der Fassung im Gesamtpreis nicht berechnet wird.

b) Da - wie gerade ausgeführt - die Werbeanzeige nicht so eindeutig als „Verschenk-Aktion“ einer Fassung ausgestaltet ist, kommt es auf das grundsätzliche Verbraucherverständnis im Zusammenhang mit einem Brillenkauf an. Dabei ist entscheidend, dass der Verbraucher die nicht gesondert berechnete Brillenfassung aus funktionalen Gründen nicht als selbständig angebotene Ware versteht, sondern sie als Teil eines einheitlichen, mit einem Gesamtpreis zu entgeltenden Angebots sieht. Es liegt somit bei der „geschenkten“ Fassung keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor.

Es mag zwar sein, dass Brillengläser mitunter einzeln für eine bereits vorhandene Brillenfassung gekauft werden. Üblicherweise werden (neue) Brillengläser mit optischen Eigenschaften allerdings zusammen mit einem (neuen) Brillengestell erworben. Demgemäß richtet sich der Kaufentschluss - und zwar unabhängig von der vertraglichen Berechnung der einzelnen Waren - regelmäßig nicht auf zwei getrennte Gegenstände, sondern auf eine Sachgesamtheit. Typischerweise will der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher eine gebrauchsfähige Einheit aus Brillengläsern und Brillenfassung erwerben. Die zusätzlich gewährte Leistung in Form der Brillenfassung stellt sich für ihn als Teil einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung dar. Aufgrund dessen sieht der Verbraucher auch in den streitgegenständlichen Werbeaussagen ein einheitliches Angebot, zumal - wie der Bundesgerichtshof ausführt - die sozialversicherungsrechtliche Leistungsabgeltung bei Sehhilfen in ihrer unterschiedlichen Eintrittspflicht für Gläser einerseits, Brillenfassungen andererseits, die Verkehrsauffassung nicht prägt.

Der Senat schließt sich insoweit der Argumentation des Oberlandesgerichts München in der Entscheidung „1 Glas geschenkt“ an. Darin führte das Oberlandesgericht u.a. aus, dass der Verbraucher die Brillenfassung und die beiden Gläser als eine funktionale Einheit ansehe, d. h. er verstehe die gemeinsam mit einem anderen Produkt angebotene, nicht gesondert berechnete Ware aus funktionalen Gründen nicht als selbstständig angebotene Waren, sondern als einheitliches entgeltliches Angebot. In aller Regel würden nämlich bei Korrekturbrillen Brillenfassungen nicht isoliert ohne Brillengläser erworben, sondern der Kunde kaufe sie gemeinsam mit den an seine Sehstärke angepassten Gläsern (oder ggf. mit Gläsern mit Standard-Sehstärken). Ebenso wenig sei es umgekehrt der Regelfall, dass Optikerkunden einzelne Brillengläser (nach-)kaufen (OLG München, Urteil vom 16. Juni 2016 - 6 U 4300/15, Rn. 46 - 1 Glas geschenkt).

c) Die hier vertretende Auffassung, dass es sich bei der in den angegriffenen Werbungen angepriesenen „geschenkten Fassung“ nicht um eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG handele, fügt sich in das System bestehender höchstrichterlicher und obergerichtlicher Gerichtsentscheidungen zu dieser Thematik ein.

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von der - dem Urteil des Bundesgerichtshofs „Kostenlose Zweitbrille“ zugrundeliegenden - Werbeanzeige. Denn eine - dort beworbene - Erstbrille und Zweitbrille können unabhängig voneinander genutzt werden, weshalb zwischen ihnen kein solcher enger funktionaler Zusammenhang besteht, dass der Verbraucher die Werbung aus funktionalen Gründen als einheitliches entgeltliches Angebot versteht. Dies ist bei einer Brille und den dazugehörigen Korrekturgläsern nicht der Fall.

Es besteht vielmehr eine gewisse Vergleichbarkeit zu den Entscheidungen des Oberlandesgerichts München „1 Glas geschenkt“ und Hamm „1 (Brillen) Glas geschenkt“. Denn die dort maßgebliche Argumentation, dass der angesprochene Verbraucher an einem einzelnen „Gratis“-Brillenglas regelmäßig - von einem möglichen Reparaturfall abgesehen - kein Interesse habe, kann auf den hiesigen Fall übertragen werden.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 1. September 2015, Az. 3 W 1536/15, veranlasst. Zum einen enthielt die dort streitgegenständliche Werbeanzeige als Grund für die kostenfreie Markenfassung den deutlich hervorgehoben Hinweis auf das 70-jährige Firmenjubiläum der dortigen Antragsgegnerin, wodurch der Eindruck verstärkt wurde, dass nur aufgrund dieses besonderen Anlasses ein besonderes Geschenk gewährt wird. Ein derart besonderer Anlass findet sich in den streitgegenständlichen Werbeanzeigen nicht. Zum anderen fehlte in der dortigen Werbung eine erläuternde Fußnote. Sollte sich aus der Entscheidung vom 1. September 2015 dennoch etwas anderes ergeben, hält der Senat daran nicht mehr fest.

d) Eine Einordnung der Brillenfassung als Werbegabe würde auch gewissen systematischen Bedenken begegnen. Wie unter B.II.1.a) ausgeführt, ist der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes nur für die einer Sehschwäche dienende Brille insgesamt - also als funktionale Einheit bestehend aus Brillenfassung und Gläser - eröffnet. Dagegen unterfällt die Brillenfassung selbst nicht - auch nicht als Zubehör - der Vorschrift des § 7 HWG. Es wäre aber inkonsequent, im Rahmen der Prüfung des Anwendungsbereichs der wettbewerbsrechtlichen Marktverhaltensvorschrift die Brille als Funktionseinheit anzusehen, und im Rahmen der Prüfung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit im Sinne dieser Marktverhaltensvorschrift eine Aufspaltung in Brille und Gläser vorzunehmen.

III.

Schließlich enthält die angegriffene Werbung auch keine unwahren Tatsachen oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, so dass die Wettbewerbswidrigkeit der geschäftlichen Handlung nicht aus einer unlauteren Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG folgt.

Den Werbenden trifft grundsätzlich keine Pflicht zu umfassender Aufklärung über alle Preisbestandteile. Insbesondere ist er nicht verpflichtet, den tatsächlichen Wert der Einzelleistungen, also die Preisbestandteile des Gesamtangebots, anzugeben, solange eine Täuschung oder unzureichende Information der Verbraucher nicht zu befürchten ist. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der Einzelleistung um eine Zugabe handelt (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 5 Rn. 3.66).

Im vorliegenden Fall liegt keine Täuschung oder unzureichende Information der Verbraucher vor. Denn unter zusätzlicher Berücksichtigung des Sternchentextes versteht der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher die Werbung dahingehend, dass ein Gesamtangebot, welches aus einer Brillenfassung samt Gläsern besteht und der Verbraucher ab dem Glaspaket-Gold die Fassung nicht zahlen muss, beworben wird (vgl. auch OLG München, a.a.O., Rn. 56 - 1 Glas geschenkt). Dieser durch die Werbung vermittelte Eindruck ist - wie der Anlage K 6 entnommen werden kann - zutreffend.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Der Senat sieht keinen Anlass für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe des § 543 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch gebietet die Fortbildung des Rechts eine Zulassung der Revision. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die der tatrichterlichen Würdigung des Senats zugrunde liegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte in Anwendung von §§ 3 ZPO, 51 Abs. 2 GKG.

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(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass 1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstän

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(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

33
Die Beklagte hat in der beanstandeten Werbung einen Kasten Erfrischungsgetränke mit 12 1-Liter-Flaschen und 2 zusätzliche 1-Liter-Flaschen zum Preis von 7,99 € angeboten. Dieser Preis ist normalerweise für einen Kasten mit 12 1-Liter-Flaschen zu zahlen. Bei dem streitgegenständlichen Angebot der Beklagten handelt es sich mithin um eine (kurzzeitige) Vergrößerung der Verpackungseinheit bei gleichbleibendem Preis. In einem solchen Fall ist der Tatbestand der Nummer 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht erfüllt (vgl.

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 22.10.2015, berichtigt mit Beschluss vom 20.11.2015, Az. 12 O 1496/15, wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil des Landgerichts München I, Az. 12 O 1496/15, wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen behaupteter wettbewerbswidriger Werbung auf Unterlassung und Zahlung einer Kostenpauschale in Anspruch.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein Augenoptikunternehmen mit über 70 Filialen, schwerpunktmäßig im Freistaat Bayern. Im Oktober 2014 schaltete sie in einer lokalen Zeitung die nachfolgend abgebildete Anzeige (Anlage K 1 bzw. B 7):

BildBild

Unter der in der Werbung blickfangmäßig mit rotem Hintergrund hervorgehobenen Angabe „1 Glas geschenkt!*“ befindet sich in kleinerer Schrift folgender Text: „*Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. Nicht kombinierbar mit anderen Aktions- und Komplettangeboten, ausgenommen 25% auf Sonnenbrillen.“

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.12.2014 (Anlage K 2) erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Mit Endurteil vom 22.10.2015, berichtigt mit Beschluss vom 20.11.2015, hat das Landgericht das Begehren des Klägers,

I. Die Beklagte wird verurteilt, es (bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Vertrieb von Brillengläsern mit der Aussage zu werben: „1 Glas geschenkt!“, insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben und aus Anlage K 1 ersichtlich: (es folgt die oben ersichtliche Abbildung)

II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin EUR 246,10 nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:

Der begehrte Unterlassungsanspruch ergebe sich nicht aus einer Verletzung der verbraucherschützenden Regelung in § 7 Abs. 1 HWG: Zwar unterfalle die Brille dem Heilmittelbegriff des HWG, da es sich um ein Medizinprodukt i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG, § 3 Nr. 1 MPG handele; jedoch stelle das beworbene „geschenkte Glas“ keine Zuwendung oder sonstige Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG dar. Dieser Begriff erfasse grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt werde; eine Werbegabe setze demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt werde, so dass er diese als ein Geschenk ansehe. Würden dem Werbeadressaten dagegen mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liege keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor. Vorliegend handele es sich aber gerade um ein solches einheitliches Angebot, für das der Kunde einen Gesamtpreis zu zahlen habe. Beworben werde eine komplette Brille als funktionelle Einheit, bestehend aus einer Brillenfassung und zwei Brillengläsern mit entsprechenden Korrekturwerten. Für den maßgeblichen Verkehrskreis und den durchschnittlich informierten, verständigen und informierten Verbraucher werde in aller Regel das maßgebliche Ziel der Erwerb des Produkts „Brille“ als Einheit sein; abgesehen von dem Fall der Beschädigung des Brillenglases sei davon auszugehen, dass der angesprochene Verbraucher an einem einzelnen „geschenkten Brillenglas“ regelmäßig gar kein Interesse habe. Es sei weiter davon auszugehen, dass in einem Großteil der Fälle der Verbraucher gleichzeitig eine Brillenfassung sowie Gläser erwerben wolle. Die Brille als Gesamtpaket sei damit als eine einheitliche, entgeltlich angebotene Hauptware zu qualifizieren, so dass mit dem Angebot „1 Glas geschenkt!“ keine Zugabe neben einer Ware angeboten, sondern eine Preisvergünstigung auf das gesamte Produkt „Brille“ gewährt werde. Selbst wenn man aber das „geschenkte Glas“ als Werbegabe qualifizieren würde, wäre jedenfalls der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG einschlägig, der Geldrabatte erlaube, die ohne Hilfsmittel zu errechnen seien. Vorliegend sei letztlich nichts anderes als ein 50%iger Barrabatt gewährt worden, was durch den Text nach dem Sternchenhinweis auch ausreichend deutlich werde.

Die in Rede stehende Werbung sei auch nicht nach § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 des Anhangs zu dieser Vorschrift unzulässig. Für die Erfüllung dieses Tatbestands sei, auch wenn der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich sei, entscheidend, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit „Gratiszugaben“ darüber im Unklaren gelassen werde, dass er die Hauptleistung zu bezahlen habe. Ein solcher Fall sei jedoch hier nicht gegeben, da für den Verbraucher aufgrund des Textes nach dem Sternchenhinweis kein Zweifel daran bestehe, dass die Hauptleistung - die komplette Brille - kostenpflichtig sei.

Schließlich scheide auch eine zu einer Unterlassungspflicht führende Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG aus, da durch den direkt unter der Werbeaussage „1 Glas geschenkt!“ platzierten deutlichen Sternchenhinweis für den durchschnittlichen Verbraucher klar sei, dass ihm ein 50%iger Rabatt auf zwei gleich viel kostende Brillengläser gewährt werde; damit erhalte der Kunde im Ergebnis auch eines der Brillengläser tatsächlich geschenkt.

Mangels Unterlassungsanspruch sei auch kein Erstattungsanspruch nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG gegeben.

Gegen diese Entscheidung, dem Klägervertreter zugestellt am 26.10.2015, richtet sich die am 26.10.2015 bei Gericht eingegangene (Bl. 111 ff. d. A.) und, nach antragsgemäßer (Bl. 113 d. A.) Fristverlängerung (Bl. 115 d. A.), mit Schriftsatz vom 19.01.2016, bei Gericht eingegangen am selben Tage (Bl. 117 ff. d. A.), begründete Berufung des Klägers, mit der er sein Ausgangsbegehren weiterverfolgt.

Unter Verweis auf sein erstinstanzliches Vorbringen macht er folgendes geltend:

Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 HWG sei nicht nur für Komplettbrillen eröffnet, sondern auch für bloße Brillenfassungen, da es sich hierbei um Zubehör von Medizinprodukten gem. § 3 Nr. 9 MPG handele, die als solche gem. § 2 Abs. 1 S. 2 MPG als eigenständige Medizinprodukte zu behandeln seien. Es sei demnach bereits unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben im Sinne der Vorschrift zu Brillenfassungen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde der Empfänger vorliegend die Zuwendung als ein Geschenk ansehen, wenn ihm wie in der angegriffenen Werbung ein Brillenglas ausdrücklich als „geschenkt“ präsentiert werde. Das Landgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass eine Zuwendung vorliegend mangels einer von der Hauptware „Brille“ getrennten Nebenware ausscheide, da § 7 Abs. 1 HWG keine von der Hauptware getrennte Nebenware voraussetze und auch das Vorliegen einer „Funktionseinheit“ eine Zuwendung im Sinne der genannten Vorschrift nicht ausschließe. Zudem schließe vorliegend die konkrete Darstellung in der angegriffenen Werbung eine Verkehrsauffassung aus, wonach die zusätzliche Leistung als Bestandteil eines einheitlichen, eigenständigen „Gesamtpakets“ angesehen werde. Für die Frage, ob eine Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 HWG vorliege, komme es entscheidend darauf an, wie dem Verkehr das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert werde; die Art und Weise der Werbung könne zur Aufspaltung einer im Verkehr gängigen Vorstellung von einer Funktionseinheit in Haupt- und Nebenware führen. So liege es auch hier, da die Beklagte selbst in der angegriffenen Werbung eine Brille mit Gläsern in Haupt- und Nebenware - nämlich Fassung und Gläser - aufspalte, indem sie durch die angegriffene Werbeaussage „1 Glas geschenkt“ den Gratischarakter einer Zusatzleistung hervorhebe und dadurch verdeutliche, dass die Gläser als von der Fassung getrennte Waren zu verstehen seien. Dieser beim Verkehr entstehende Eindruck getrennter Waren werde noch dadurch verstärkt, dass die Beklagte in ihrer Werbung ausdrücklich darauf hinweise, dass Brillengläser einen eigenen, von der Brillenfassung getrennten Kaufpreis hätten und damit auch einzeln erworben werden könnten; dass Fassung und Gläser zu eigenen Preisen einzeln erworben werden könnten, spreche klar gegen das Vorliegen einer untrennbaren Einheit. Zu berücksichtigen sei hier zudem, dass in jedem Brillengeschäft Brillenfassungen mit einem eigenen Preis (ohne Gläser) ausgezeichnet würden und auch ohne Gläser erworben werden könnten sowie, dass auch Brillengläser stets einzeln ohne Fassung z. B. aufgrund einer sich verändernden Sehstärke oder einer Beschädigung erworben werden könnten. So etwas wie eine „Komplettbrille“ gebe es nur sehr selten, die allermeisten Brillen würden individuell aus Brillengestell, rechtem Glas und linkem Glas (aus Glas oder Kunststoff, selbsttönend und/oder kratzfest und/oder superentspiegelt) für den Kunden nach dessen Bedürfnissen individuell zusammengestellt. Die Beklagte bewerbe auch diesen Normalfall, so dass es sich bei den von ihr beworbenen Brillenfassungen und Brillengläsern aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises um voneinander getrennte und gesondert erwerbbare Waren handele. Auch der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG sei nicht einschlägig, da es sich bei dem „geschenkten Glas“ nicht um die Ankündigung eines hiernach ausnahmsweise zulässigen Barrabatts handele. Ein solcher setze die exakte Bezifferung oder Bestimmbarkeit des gewährten Geldbetrags voraus, so dass sich dieser mühelos, d. h. ohne Hilfsmittel errechnen lasse; dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, da sich der angegriffenen Werbung kein bestimmter oder ohne Hilfsmittel bestimmbarer Geldbetrag entnehmen lasse, weil die angegriffene Werbung keinerlei Informationen zu dem tatsächlichen Glaspreis enthalte. Ohnehin komme es auf die konkrete Werbung an, mit welcher die Beklagte gerade keinen Barrabatt, sondern ausdrücklich eine Gratiszugabe ankündige. Von der Bewerbung als „gratis“ oder „geschenkt“ gehe eine wesentlich höhere Anlockwirkung als von einer Rabattwerbung aus. Da die Ankündigung „geschenkt“ in der angegriffenen Werbung blickfangmäßig herausgestellt sei, komme eine Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG nicht in Betracht.

Selbst wenn man außerdem unterstelle, dass das zweite Brillenglas nicht als „Gratis-Zugabe“ beworben, sondern ein Rabatt von 50% auf den Kaufpreis beider Brillengläser gewährt werde, wäre die angegriffene Werbung gem. § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“) als per se-Verbot ohne Relevanzprüfung unzulässig. Wenn man vorliegend eine kostenlose Zugabe nach § 7 Abs. 1 HWG verneine, läge ein Nachlass von 50% auf den festen Paarpreis der Gläser vor, die zu dem beworbenen Preis auch nur paarweise erhältlich seien. Ein „geschenktes Glas“ gäbe es bei der Beklagten dann nicht, weshalb der stets verbotene Tatbestand gegeben sei, dass eine Ware als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen beworben werde, obgleich hierfür Kosten zu tragen seien. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass dem Unternehmer der Gegenbeweis, dass seine geschäftliche Handlung im konkreten Fall nicht geeignet gewesen sei, eine geschäftliche Handlung des Verbrauchers zu beeinflussen, verwehrt sei; zudem sei der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich, da der Gesetzgeber das Vorliegen einer solchen unwiderleglich vermute. Gleichwohl habe das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Urteil des OLG Hamm vom 06.08.2015 - Az. 4 U 137/14 (= GRUR-RR 2016, 28 - 1 (Brillen)-Glas geschenkt) in unzulässiger Weise eine Wertung durchgeführt und angenommen, eine Irreführung durch die Gratis-Werbung der Beklagten werde durch den Sternchenhinweis in der angegriffenen Werbung ausgeräumt. Hierauf komme es für den oben genannten Verbotstatbestand jedoch nicht an. Neben § 5 UWG wäre Nr. 21 der Schwarzen Liste nicht erforderlich, wenn in dessen Rahmen letztlich ebenfalls die Irreführung geprüft werden müsste. Ein solches Verständnis von Nr. 21 verstoße gegen die UGP-Richtlinie, denn der Richtliniengeber habe mit der Schwarzen Liste Verbotstatbestände ohne Wertungsmöglichkeit schaffen wollen.

Schließlich liege auch eine irreführende geschäftliche Handlung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG vor, wenn man eine unzulässige Zuwendung gem. § 7 HWG verneine. Eine unlautere Irreführung sei dann gegeben, wenn sie unwahre Tatsachen oder zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet werde, enthalte. Dies sei hier der Fall, da die angegriffene Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen den unzutreffenden Eindruck erwecke, der Kunde erhalte beim Kauf einer Brille ein Brillenglas, das er ansonsten einzeln voll zu bezahlen hätte, gratis bzw. geschenkt. Wenn man dagegen die Werbung so verstehe, dass der Kunde lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gesamtpreis zweier nur paarweise erhältlicher Gläser erlange, erhielte der Kunde kein Glas „geschenkt“, sondern einen Nachlass auf einen festen Glaspaarpreis. Wenn es der Beklagten darauf ankäme, einen Rabatt zu kommunizieren, dann könne sie diesen herausstellen, was sie aber bewusst nicht täte. Ob die unwahre Angabe durch einen Sternchenhinweis für den Verkehr „relativiert“ würde, wäre unbeachtlich, da unwahre Angaben unabhängig von der Täuschungseignung von § 5 UWG erfasst würden.

Hilfsweise werde beantragt, die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da eine Klageabweisung in Widerspruch zu den Entscheidungen des OLG Stuttgart vom 24.02.2005 - 2 U 143/04 (= GRUR-RR 2005, 235 - „Gratis-Brillengras“) und vom 12.03.2007 - 2 U 153/06 (Anlage K 3) stünde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 22.10.2015, Az. 12 O 1496/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

I. es (bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Vertrieb von Brillengläsern mit der Aussage zu werben:

„1 Glas geschenkt!“

insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben und aus Anlage K 1 ersichtlich: (es folgt die oben ersichtliche Abbildung)

hilfsweise, nach dem Hauptantrag ohne den Zusatz „insbesondere“.

II. an die Klägerin EUR 246,10 nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Ersturteil und führt hierzu ergänzend aus:

Aus der Werbung der Beklagten, insbesondere dem Sternchenhinweis, werde ohne Weiteres deutlich, dass es der Beklagten um den Verkauf einer kompletten Brille bestehend aus Fassung und Gläsern gehe. Dem Kunden werde hierzu offeriert, dass er beim Erwerb einer solchen kompletten Brille nur die Fassung bezahlen müsse und er auf die Gläser einen Rabatt i. H. v. 50% auf den Normalpreis der beiden Gläser erhalte, was in der Formulierung von der Beklagten zulässigerweise so dargestellt werde, dass eines der Gläser gratis sei. Es gehe also um den einheitlichen Verkauf einer (nach dem Verkehrsverständnis auch ein einheitliches Produkt darstellenden) Brille. Dagegen werde gerade nicht für den getrennten Kauf einer Fassung und die Zugabe eines Glases geworben. Insoweit sei es fernliegend, hier mit dem Begriff einer Zugabe bzw. Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG zu operieren. Eine solche liege nur dann vor, wenn eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung gewährt werde; dagegen sei eine Zugabe schon begrifflich ausgeschlossen, wenn die beiden in Rede stehenden Waren vom Verkehr als funktionale Einheit angesehen würden. Um eine solche Funktionseinheit handele es sich aber beim Angebot der Beklagten, indem sich die Fassung zusammen mit den Gläsern erst zu dem Medizinprodukt der Korrektionsbrille ergänzten. Gleichzeitig erkenne der umworbene Kunde auch, dass er für die von ihm zu erwerbende Korrektionsbrille natürlich etwas zu zahlen habe, nämlich den Preis der Fassung und die Hälfte des normalen Glaspreises, also ein Glas. Im vorliegenden Fall sei die gewährte Vergünstigung also gerade Teil des Medizinprodukts selbst, da das Medizinprodukt i. S. d. MPG weder die Fassung noch die Gläser isoliert seien, sondern nur das zusammengesetzte und allein vom Verbraucher gewollte und benötigte Produkt „Korrektionsbrille“, um das es in der Werbung der Beklagten auch gehe. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH „Null-Tarif“ (GRUR 2000, 918) und die vorangegangene Entscheidung des Berufungsgerichts OLG Hamm. Auch die aktuelle Entscheidung des BGH „kostenlose Zweitbrille“ (GRUR 2015, 504) bestätige die Auffassung der Beklagten, soweit dort ausgeführt werde, dass keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vorliege, wenn dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert würden; ausreichend für eine Werbegabe sei eben nicht, wenn eines der in dem Paket mitverkauften Produkte oder Waren oder Teilwaren ausdrücklich als kostenlos gewährt angepriesen würde. Der BGH habe die dort streitgegenständliche Werbung allein deswegen verboten, weil aufgrund der konkreten Form der Werbung der Verbraucher auf eine Zugabe oder Werbegabe schließe und insoweit die Verkehrsauffassung beeinflusst worden sei. Dies liege aber beim Angebot der Beklagten anders, weil dort von vornherein auf die vom Kunden als einheitliches Produkt zu erwerbende Korrektionsbrille abgestellt werde, die nun einmal zwingend aus zwei Gläsern und einer Fassung bestehe, die funktional voneinander abhingen und für sich allein nicht sinnvoll nutzbar seien. Es gehe gerade nicht um den Erwerb des Medizinprodukts „Brillenglas“, dem kostenlos ein zweites Brillenglas (als Zugabe) hinzugefügt würde. Im Übrigen hielte der BGH in Rn. 23 der genannten Entscheidung daran fest, dass bei Bejahung einer funktionalen Einheit von vornherein der Gedanke an eine Zugabe oder an eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG nicht in Betracht zu ziehen sei. Die theoretischen Überlegungen des Klägers, dass Brillenfassungen und Gläser auch getrennt voneinander erworben werden könnten, stellten den absoluten Ausnahmefall dar und es entspreche daher weder der Lebenserfahrung noch der konkret hier zur Beurteilung anstehenden Werbung der Beklagten, dass Fassung und Gläser getrennt voneinander erworben würden. Ein Verständnis der angegriffenen Werbung dahin, die Beklagte biete eine komplette Brille (Fassung und zwei Gläser) an und verschenke zusätzlich ein „Gratis-Glas“, erscheine ebenso abwegig und lebensfremd wie ein Verständnis, wonach das entgeltliche Angebot einen Brillentorso, bestehend aus einem Brillengestell und nur einem Glas, betreffe und dazu ein „Gratis“-Glas verschenkt würde. Bei für ihn wichtigen Kaufentscheidungen wie beim Kauf einer Korrektionsbrille werde sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig mit einer Werbung befassen und sie insgesamt zur Kenntnis nehmen. Selbst wenn man den Anwendungsbereich des Heilmittelwerberechts gleichwohl als eröffnet ansehen wolle, sei dennoch ein Verstoß nicht anzunehmen, weil ein gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG zulässiger Barrabatt - welcher begrifflich zu den Zuwendungen und sonstigen Werbegaben gehöre - gewährt werde, wie bereits das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 24.02.2005 - 2 U 143/04 bejaht habe. Entscheidend sei nicht, mit welchen Schlagworten der Rabatt beworben werde, wobei es durchaus üblich sei, den Rabatt auch als „Geschenk“ an den Kunden zu bezeichnen, weil es ja tatsächlich auch in der Sache um eine Geldzugabe gehe.

Ebenso zutreffend habe das Landgericht einen Verstoß gegen Anhang Nr. 21 zu § 3 Abs. 3 UWG verneint, da mit den dort angesprochenen (versteckten) Kosten nur diejenigen gemeint seien, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen werde und mit denen er auch tatsächlich nicht rechne. Entscheidend sei also die Beschreibung des Produkts in der Weise, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinne, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten. Durch den Sternchenhinweis werde aber vorliegend für den Verbraucher ohne jeden Zweifel deutlich formuliert, dass er die Hauptleistung („Kauf einer Brille in Sehstärke“) bezahlen müsse, um in den Genuss der Vergünstigung durch den eingeräumten Rabatt zu kommen. Die Werbung der Beklagten, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befassen werde, vermittle somit gerade nicht den Eindruck, der Käufer erhalte ein Brillenglas gratis bzw. geschenkt.

Auch eine Irreführung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG liege nicht vor. Eine Werbung mit Preisnachlässen sei insbesondere irreführend, wenn sie unzutreffende Aussagen über Höhe, Dauer, Ausmaß und Gründe der Preisnachlassgewährung enthalte. Aufgrund des Sternchenhinweises sei für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher aber klar, dass ihm ein 50%iger Rabatt auf zwei gleich viel kostende Brillengläser beim Kauf einer kompletten Brille gewährt werde; im wirtschaftlichen Ergebnis erhalte bei dem unstreitig gegebenen jeweils gleichen Preis für das linke und rechte Glas einer Brille der Kunde tatsächlich - wie in der Werbung plakativ dargestellt - ein Glas geschenkt, so dass die Werbung bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung die tatsächlichen Umstände des Angebotes richtig wiedergebe. Weder Gesetz noch Rechtsprechung verlangten von einem mit Preisnachlässen werbenden Kaufmann, dass ein Rabatt stets nur und ausdrücklich als solcher in der Werbung bezeichnet werde. Es reiche selbstverständlich aus, wenn der Kunde auch so in dem Angebot wie vorliegend erkenne, dass und unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe er worauf einen Preisnachlass erhalte.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016 (Bl. 161 ff. d. A.) Bezug genommen.

II. Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und gem. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sowie gem. § 520 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO begründete Berufung des gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG klagebefugten Klägers bleibt in der Sache erfolglos. Zu Recht hat das Landgericht in der angegriffenen Werbung keinen Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG n. F. /§§ 3, 4 Nr. 11 UWG a. F. i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG bzw. alternativ gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG oder gegen § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG gesehen, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG bzw. § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG und damit auch der Kostenerstattungsanspruch gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht gegeben sind. Die hiergegen vom Kläger erhobenen Einwände verhelfen seiner Berufung nicht zum Erfolg. Im Einzelnen:

1. Der auf Unterlassung gerichtete Hauptantrag in Ziffer I. - an dem der Kläger trotz entsprechenden ausdrücklichen Hinweises des Senats in der Ladungsverfügung und in der mündlichen Verhandlung festgehalten hat - ist bereits deswegen unbegründet, weil er aufgrund der Hinzufügung des Worts „insbesondere“ nicht nur auf die konkret angegriffene Verletzungsform Bezug nimmt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.43), sondern darüber hinaus jegliche Werbungen für Brillengläser mit dem Slogan „1 Glas geschenkt!“ erfasst. Insofern sind jedoch - auch abhängig von der gesamten Gestaltung der Werbung, vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 30 - Kostenlose Zweitbrille - ohne Weiteres Konstellationen denkbar, in denen eine solche Werbung lauterkeitsrechtlich unbedenklich ist. Eine Auslegung des vom Kläger allgemein formulierten Antrags dahingehend, dass er zumindest die von ihm beanstandete Verletzungsform verboten haben will (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 30 - Kostenlose Zweitbrille; eine Abspaltung als „minus“ scheidet freilich aus, wenn der Kläger ausdrücklich an seinem Antrag festhält, vgl. Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 2.44), ist vor dem Hintergrund seines dahingehenden Hilfsantrags nicht notwendig.

2. Aber auch der auf die konkret angegriffene Verletzungsform beschränkte, hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag ist unbegründet, da die Werbung der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt als wettbewerbswidrig einzuordnen ist.

1. a. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG als Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG n. F. /§ 4 Nr. 11 UWG a. F. bzw. als Verbraucherschutzgesetz i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG (vgl. hierzu BGH GRUR 2015, 504 Rn. 9 - Kostenlose Zweitbrille) abgelehnt, da es sich bei dem in der angegriffenen Werbung angepriesenen „geschenkten Glas“ nicht um eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG handelt.

aa. Soweit sich der Kläger für seinen auf Wiederholungsgefahr gestützten und in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch auch auf § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG i. V. m. § 3a UWG n. F. /§ 4 Nr. 11 UWG a. F. beruft, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl nach dem zur Zeit der Handlung (vorliegend also Oktober 2014) als auch nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht rechtswidrig sein (vgl. BGH GRUR 2016, 710 Rn. 34 - Im Immobiliensumpf m. w. N.). Durch die Neufassung bzw. Umwandlung des § 4 Nr. 11 UWG a. F. in die neue Vorschrift des § 3a UWG n. F. durch das am 10.12.2015 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I, 2015, 2158) ist jedoch inhaltlich keine Änderung eingetreten, so dass die Neufassung keinen Einfluss auf das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs hat.

bb. Das in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG enthaltene grundsätzliche Verbot von Werbegaben gilt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) HWG auch für die Werbung für Medizinprodukte i. S. v. § 3 MPG, wobei eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille ein solches Medizinprodukt i. S. v. § 3 Nr. 1 lit. b) MPG darstellt (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 12 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Darüber hinaus wäre aber auch ein einzelnes Brillenglas vom Schutzbereich des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG erfasst, da es als Zubehör i. S. v. § 3 Nr. 9 S. 1 MPG für das Medizinprodukt „Korrekturbrille“ gem. § 2 Abs. 1 S. 2 MPG als eigenständiges Medizinprodukt zu behandeln ist.

cc. Bei dem in der beanstandeten Zeitungsanzeige beworbenen „geschenkten Glas“ handelt es sich jedoch nicht um eine nach § 7 Abs. 1 S. 1 HWG unzulässige Werbegabe.

(1) Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG ist im Hinblick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird. Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese also als ein Geschenk ansehen. Werden dagegen dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 14 -Kostenlose Zweitbrille m. w. N.).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend bei der angegriffenen Werbung von einem einheitlichen Angebot auszugehen, für das ein Gesamtpreis zu bezahlen und somit keine unentgeltliche Gewährung inkludiert ist. Erblickt ein durchschnittlich informierter, verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher zunächst die hervorgehobene Aussage „1 Glas geschenkt!*“, wird ihm unmittelbar klar, dass mangels sinnvollen Nutzens eines einzelnen Glases diese Angabe nur Teil eines Gesamtangebots sein kann; dieser Eindruck wird zudem durch das Versehen der Angabe mit einem Sternchen bestätigt. Nimmt der Verbraucher sodann aber den Sternchentext „ *Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. [...]“ zur Kenntnis, wird ihm unmissverständlich mitgeteilt, dass einerseits das Angebot den Kauf einer Korrektionsbrille (also Brillenfassung plus zwei Gläser mit Sehstärke) umfasst und andererseits - aufgrund der Erklärung „Sie sparen also 50% des Glaspreises“ (Hervorhebung hinzugefügt) - der Werbeausspruch „1 Glas geschenkt!“ im Ergebnis lediglich die reißerische Umschreibung eines 50%igen Rabatts auf den Gläsergesamtpreis ist.

(3) Der Eindruck eines Geschenks, also einer unentgeltlich gewährten Zuwendung, wird dem Leser der Werbung auch nicht durch die Verwendung des Worts „geschenkt“ in der Anzeige vermittelt: Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher geht nämlich erfahrungsgemäß davon aus, dass ein Kaufmann Waren von nicht unerheblichem Wert nicht ohne Weiteres verschenkt (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 17 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Wie der Bundesgerichtshof in dem gerade zitierten Urteil weiter ausführt, sieht dieser Verbraucher eine als gratis beworbene Zusatzleistung deshalb nicht immer als ein von der entgeltlich abzugebenden Ware zu trennendes Geschenk an, sondern geht jedenfalls dann, wenn es sich bei der „gratis“ hinzu gegebenen Ware um eine mit dem beworbenen entgeltlichen Produkt identische Ware handelt, davon aus, dass der von ihm zu zahlende Preis die Zusatzleistung im Sinne von „zwei Waren zum Preis von einer“ einschließt. Eben diese beschriebene Konstellation ist vorliegend gegeben, wenn die Beklagte die Ersparnis von 50% des Glaspreises anführt und damit im Ergebnis zwei (jeweils gleich kostende, wie sie im Sternchenhinweis hervorhebt) Brillengläser zum Preis von einem Brillenglas bewirbt.

(4) Zu keinem anderen Ergebnis führt außerdem die Erkenntnis, dass das Verkehrsverständnis durch die Art und Weise mit beeinflusst wird, in der das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert wird, so dass die besondere Hervorhebung des Gratischarakters einer Zusatzleistung in einer werblichen Äußerung den Verbraucher glauben machen kann, die zusätzliche Ware werde unentgeltlich abgegeben (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 18 – Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). In der streitgegenständlichen Werbung ergibt die durch den roten, mittig angebrachten sog. Störer graphisch, schriftbildlich und positionell hervorgehobene Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' - wie bereits ausgeführt - für sich allein genommen keinen Sinn, so dass der Leser zum Verständnis des Angebots quasi gezwungen wird, dem Sternchenhinweis nachzugehen. Der Sternchentext erfolgt aber unmittelbar unterhalb der genannten Werbeaussage und im Übrigen ohnehin innerhalb einer textmäßig übersichtlichen Gesamtwerbeanzeige von verhältnismäßig geringer Größe (ca. ein Drittel einer DIN A 4-Seite, vgl. den Zeitungsausschnitt in Anlage B 7), so dass der angesprochene Verbraucher aufgrund der notwendigerweise mitgelesenen Erläuterung im Sternchentext gerade nicht allein aufgrund des Störers dem Eindruck erliegt, ein Glas werde unentgeltlich abgegeben. Insofern unterscheidet sich die hier zu entscheidende Konstellation von derjenigen in dem der „Kostenlose Zweitbrille“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall, in der das Berufungsgericht (vom Revisionsgericht unbeanstandet) aufgrund der optischen Hervorhebung und konkreten Gestaltung des beworbenen „Eyecatchers“ sowie dessen räumlicher Absetzung von den Angaben zur entgeltlichen Abgabe der Erstbrille im Ergebnis von einer Zweitbrille als kostenlosen Zugabe, also als „echtem Geschenk“ ausging (vgl. die Abbildung der angegriffenen Werbung in BeckRS 2015, 06519 sowie Rn. 19 der Entscheidungsgründe).

(5) Das OLG Hamm (GRUR-RR 2016, 28 Rn. 48 - 1 (Brillen)Glas geschenkt) ist in einer vergleichbaren Konstellation der Brillenwerbung zum selben Resultat gelangt, wobei im dort entschiedenen Fall bei identischem Text der hervorgehobenen Werbeaussage („ 1 Glas geschenkt!*') der Sternchentext in der angegriffenen Werbung („*Gültig beim Kauf einer kompletten Brille mit H-Gläsern in Sehstärke“; vgl. Anlage B 5) im Vergleich zum hiesigen Sternchentext sogar noch weniger deutlich den Inhalt des Gesamtangebots erläutert.

(6) Schließlich ist zur Bestätigung des hier gefundenen Ergebnisses auch der Umstand heranzuziehen, dass der Verbraucher die Brillenfassung und die beiden Gläser als eine funktionale Einheit ansieht, d. h. er versteht die gemeinsam mit einem anderen Produkt angebotene, nicht gesondert berechnete Ware aus funktionalen Gründen nicht als selbstständig angebotene Waren, sondern als einheitliches entgeltliches Angebot (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 23 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Im Unterschied zum in der gerade genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall, in welchem kein enger funktionaler Zusammenhang zwischen einer Erst- und einer Zweitbrille bestand, da diese unabhängig voneinander genutzt werden können und eine Zweitbrille für die sinnvolle Nutzung der anzuschaffenden Erstbrille verzichtbar ist, ist hier ein Sachverhalt gegeben, bei dem die beworbenen Produkte notwendigerweise oder üblicherweise zusammen genutzt, in der Praxis daher als Einheit angeboten und dementsprechend vom Verkehr erfahrungsgemäß als Gesamtangebot angesehen werden (vgl. BGH a. a. O.). In aller Regel werden nämlich bei Korrekturbrillen Brillenfassungen nicht isoliert ohne Brillengläser erworben, sondern der Kunde kauft sie gemeinsam mit den an seine Sehstärke angepassten Gläsern (oder ggf. mit Gläsern mit Standard-Sehstärken). Ebenso wenig ist es umgekehrt der Regelfall, dass Optikerkunden einzelne Brillengläser (nach-)kaufen. In jedem Fall aber sind die beiden Bestandteile Fassung und Gläser nicht unabhängig voneinander nutzbar, so dass ohne Weiteres von einer funktionalen Einheit auszugehen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 918, 919 - Null-Tarif; OLG Hamm GRUR-RR 2016, 28 Rn. 46 - 1 (Brillen)Glas geschenkt).

dd. Da bereits eine Werbegabe im Sinne der Vorschrift zu verneinen ist, kommt es nicht mehr auf das zwischen den Parteien streitige Vorliegen der in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) HWG enthaltenen (und bei Bejahung der Bewerbung eines Barrabatts in der angegriffenen Anzeige ansonsten anwendbaren) Ausnahme vom Werbeverbot bei Gewährung der Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag an. Der Tatbestand dieser Ausnahme wäre freilich nach Auffassung des Senats entgegen der Annahme des Landgerichts nicht erfüllt, da in der streitgegenständlichen Werbung keine konkreten Preise für Brillengläser enthalten sind und somit auch eine Berechnungsmöglichkeit für das Angebot nicht gegeben ist.

b. Darüber hinaus ist die Annahme des Landgerichts, die streitgegenständliche Werbung der Beklagten verstoße nicht gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“), frei von Rechtsfehlern.

aa. Nach dieser Vorschrift ist - in Umsetzung von Nr. 20 des Anhangs I der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) - als stets irreführende und damit unzulässige geschäftliche Handlung i. S. d. § 3 Abs. 3 UWG das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen anzusehen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind. Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Regelung einen Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG betreffe (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 20.08.2008, BT-Dr. 16/10145, S. 33). Anders als bei § 5 UWG ist jedoch bei Nr. 21 als „per se“-Verbot das Vorliegen oder gar der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich (vgl. Bruhn/Weidert in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4; Lindacher in GK-UWG, 2. Aufl., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 4).

bb. Ratio dieser Vorschrift ist der Schutz des Verbrauchers vor einer Irreführung durch die Verwendung von Begriffen wie „gratis“ etc. und insbesondere vor einer Irreführung über die Kosten, die bei Inanspruchnahme des Angebots anfallen, sofern sie nicht unvermeidbar sind; sie zwingt damit indirekt den Unternehmer, den Verbraucher über diese Kosten ausreichend zu informieren (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.1; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 2; Alexander in Münch-KommUWG, 2. Aufl., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 5 f.). Nach h. M. in der Literatur ist eine Beschreibung des Produkts in der Weise entscheidend, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinnt, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.2; Bruhn/Weidert, a. a. O., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4a; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 8; Alexander, a. a. O., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 19). In der Konsequenz sind nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur die Kosten gemeint, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen wird (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.3 mit Verweis auf LG Dortmund WRP 2014, 1360 Rn. 23, also die Vorinstanz des bereits zitierten Urteils des OLG Hamm in GRUR-RR 2016, 28 - 1 (Brillen)Glas geschenkt). In dieselbe Richtung geht die Ansicht in der Literatur, wonach für die Frage des Vorliegens des Tatbestands der Nr. 21 der „Schwarzen Liste“ als Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG der Gesamteindruck entscheidend sei, so dass der Tatbestand nicht eingreife, wenn nach den Grundsätzen der Blickfangwerbung hinreichend deutlich auf zusätzlich anfallende Kosten hingewiesen werde, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei (vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 58; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 9).

cc. In einem Sachverhalt mit einer Hauptleistung (in concreto ein Kasten mit zwölf Flaschen Erfrischungsgetränke) und einer als gratis beworbenen Zugabe („2 Flaschen gratis“), in dem es sich beim streitgegenständlichen Angebot des Beklagten also um eine kurzzeitige Vergrößerung der Verpackungseinheit bei gleichbleibendem Preis handelte, sah der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Nr. 3 UWG als nicht erfüllt an, da entscheidend sei, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit „Gratiszugaben“ darüber im Unklaren gelassen werde, dass er die Hauptleistung zu bezahlen habe, was im zu entscheidenden Fall außer Frage gestanden habe (vgl. BGH GRUR 2014, 576 Rn. 32 f. 2 Flaschen GRATIS; OLG Köln, GRUR 2009, 608; OLG Hamm GRUR-RR 2016, 28 Rn. 53 - 1 (Brillen)Glas geschenkt; Bruhn/Weidert, a. a. O., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 8; Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.3; Alexander, a. a. O., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 22; siehe auch Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 12 f.).

dd. Die zuletzt genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner 2 Flaschen gratis-Entscheidung passt zwar nicht unmittelbar auf die hiesige Konstellation, da in der hier streitgegenständlichen Werbung gerade nicht von einer Hauptleistung einerseits und einer Zugabe andererseits ausgegangen werden kann (s. o. Ziff. II. 2. a. cc.). Gleichwohl kann die Entscheidung aber insofern herangezogen werden, als der Bundesgerichtshof durch das Abstellen auf die (Un-)Klarheit der Werbung für den Verbraucher deutlich gemacht hat, dass es trotz des Charakters der Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG als perse-Verbot ohne Wertungsmöglichkeit auf Elemente der Irreführung bzw. der Aufklärung des Verbrauchers ankommen kann. Eine entsprechende Prüfung muss jedoch nicht als (ungeschriebenes) weiteres Tatbestandsmerkmal der Verbotsnorm vorgenommen werden; vielmehr kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift als Ansatzpunkt auch die Frage auf bereits bestehender Tatbestandsebene gewählt werden, ob der Verbraucher die konkrete Werbung tatsächlich als „gratis“-, „umsonst'- oder wie vorliegend als „geschenkt“-Angebot ohne Kostentragungspflicht versteht, oder ob ihm aufgrund der in der Werbung selbst vorgenommenen und ausreichenden Aufklärung hinsichtlich des Angebotsinhalts bewusst wird, dass ein kostenpflichtiges Gesamtangebot gerade ohne Gratis-Charakter vorliegt. In letzterem Fall liegt gerade kein „Angebot einer Ware oder Dienstleistung als gratis', umsonst', kostenfrei' oder dergleichen“ vor, „wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind“, wie Nr. 21 der Schwarzen Liste verlangt.

ee. Die hier angegriffene Werbung nimmt aber durch den Sternchenhinweis unmittelbar unter der hervorgehobenen Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' eine ausreichende Aufklärung des Verbrauchers vor, so dass dieser zweifelsfrei erkennt, dass ihm im Ergebnis ein 50%iges Barrabattsangebot im Sinne von „Zwei Brillengläser zum Preis von einem“ gemacht wird (s. o. Ziff. II. 2. a. cc. (2), (3)). Ein Verstoß gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG scheidet daher aus.

c. Schließlich enthält die angegriffene Werbung der Beklagten auch keine unwahren Tatsachen oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, so dass die behauptete Wettbewerbswidrigkeit der geschäftlichen Handlung der Beklagten, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, auch nicht aus einer unlauteren Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG folgt.

aa. Für die Frage der Irreführung ist es nicht hinreichend, isoliert auf die Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' abzustellen; ob zur Täuschung geeignete Angaben vorliegen, ist aufgrund des Sternchenhinweises vielmehr unter zusätzlicher Berücksichtigung des unmittelbar darunter abgedruckten Sternchentextes „*Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. [...]“zu beurteilen.

bb. Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht jedoch nach Lektüre dieser Erläuterungen ohne Weiteres, dass in der Anzeige mitnichten nur ein einzelnes Glas (alleine oder zusätzlich zu einer Brille oder einer Brillenfassung) als Geschenk beworben werden soll, sondern ein Gesamtangebot, welches aus einer Brillenfassung samt zweier an sich gleich kostenden Gläser mit Sehstärke besteht und bei dem der Kunde nur den halben Gläserpreis zahlen muss. Ihm wird also bewusst, dass ihm nichts geschenkt wird bzw. er nichts kostenlos erhält, sondern dass er lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gläsergesamtpreis erhält. Ein solcher 50%iger Barrabatt im Fall einer aus zwei gleich kostenden, gleichartigen Bestandteilen zusammengesetzten Ware kann tatsächlich alternativ z. B. mit „Zahle 1, erhalte 2“ o. ä. oder eben mit „1 [Warenbestanteil] geschenkt' umschrieben werden, ohne dass darin eine unwahre Tatsache zu sehen wäre.

3. Nachdem ein Unterlassungsanspruch zugunsten des Klägers nicht besteht, scheidet in der Konsequenz auch der mit Klageantrag Ziffer II. geltend gemachte Erstattungsanspruch i. S. v. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG für die Kosten der Abmahnung aus.

III. 1. Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die im Berufungsverfahren bestätigte Entscheidung des Erstgerichts war nach § 708 Nr. 10 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall, insbesondere der in der BGH-Entscheidung „Kostenlose Zweitbrille“ niedergelegten Grundsätze. Die hiesige Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zu den beiden Urteilen des OLG Stuttgart (Urt. v. 24.02.2005 - 2 U 143/04 = GRUR-RR 2005, 235 - „Gratis-Brillengras“ sowie Urt. v. 12.03.2007 - 2 U 153/06 = Anlage K 3), da diese noch auf Grundlage der alten Fassung von § 7 HWG mit einer anderen Ausgestaltung der Ausnahmetatbestände ergingen und im Übrigen auch einen anderen Sachverhalt betrafen, da die jeweils angegriffenen Werbungen der Optiker im Vergleich zur hier beanstandeten Werbung unterschiedlich gestaltet waren und unterschiedliche Informationen enthielten.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

(1) Dieses Gesetz findet Anwendung auf die Werbung für

1.
Arzneimittel im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes,
1a.
Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung,
2.
andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage bezieht
a)
auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beim Menschen,
b)
auf Schwangerschaftsabbrüche,
c)
auf operative plastisch-chirurgische Eingriffe zur Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit,
3.
Verfahren und Behandlungen, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beim Tier bezieht.

(2) Andere Mittel im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 sind kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/1298 (ABl. L 199 vom 29.7.2015, S. 22) geändert worden ist. Gegenstände im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 sind auch Gegenstände zur Körperpflege im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 4 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

(3) Eine Werbung im Sinne dieses Gesetzes ist auch das Ankündigen oder Anbieten von Werbeaussagen, auf die dieses Gesetz Anwendung findet.

(3a) Teleshopping im Sinne dieses Gesetzes ist die Sendung direkter Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Arzneimitteln gegen Entgelt oder die Erbringung von ärztlichen, zahnärztlichen und tierärztlichen Behandlungen und Verfahren gegen Entgelt.

(4) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf die Werbung für Gegenstände zur Verhütung von Unfallschäden.

(5) Das Gesetz findet keine Anwendung auf den Schriftwechsel und die Unterlagen, die nicht Werbezwecken dienen und die zur Beantwortung einer konkreten Anfrage zu einem bestimmten Arzneimittel erforderlich sind.

(6) Das Gesetz findet ferner keine Anwendung beim elektronischen Handel mit Arzneimitteln auf das Bestellformular und die dort aufgeführten Angaben, soweit diese für eine ordnungsgemäße Bestellung notwendig sind.

(7) Das Gesetz findet ferner keine Anwendung auf Verkaufskataloge und Preislisten für Arzneimittel, wenn die Verkaufskataloge und Preislisten keine Angaben enthalten, die über die zur Bestimmung des jeweiligen Arzneimittels notwendigen Angaben hinausgehen.

(8) Das Gesetz findet ferner keine Anwendung auf die auf Anforderung einer Person erfolgende Übermittlung der nach den §§ 10 bis 11a des Arzneimittelgesetzes für Arzneimittel vorgeschriebenen vollständigen Informationen, des genehmigten und veröffentlichten Schulungsmaterials für Arzneimittel nach § 34 Absatz 1f des Arzneimittelgesetzes und des öffentlichen Beurteilungsberichts für Arzneimittel nach § 34 Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 des Arzneimittelgesetzes und auf die Bereitstellung dieser Informationen im Internet.

12
a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist es unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, wenn keiner der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 HWG geregelten Ausnahmetatbestände vorliegt. Das insoweit bestehende grundsätzliche Verbot von Werbegaben gilt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG auch für die Werbung für Medizinprodukte im Sinne von § 3 MPG. Eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille stellt ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. b MPG dar (vgl. BGH, GRUR 2006, 949 Rn. 23 - Kunden werben Kunden; OLG Hamburg, OLGRep 2005, 698, 699; OLG Celle, GRUR-RR 2014, 263).

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

12
a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist es unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, wenn keiner der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 HWG geregelten Ausnahmetatbestände vorliegt. Das insoweit bestehende grundsätzliche Verbot von Werbegaben gilt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG auch für die Werbung für Medizinprodukte im Sinne von § 3 MPG. Eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille stellt ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. b MPG dar (vgl. BGH, GRUR 2006, 949 Rn. 23 - Kunden werben Kunden; OLG Hamburg, OLGRep 2005, 698, 699; OLG Celle, GRUR-RR 2014, 263).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 142/00 Verkündet am:
30. Januar 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Kleidersack
HeilmittelwerbeG § 7 Abs. 1
Der Zweck des § 7 Abs. 1 HWG, durch eine weitgehende Eindämmung der
Wertreklame im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen
Beeinflussung zu begegnen, die von einer Wertwerbung ausgehen kann, erfordert
es, den Begriff der Werbegabe nicht eng zu verstehen. Eine Werbegabe
kann aber entsprechend dem Wortsinn nur angenommen werden, wenn die
Vergünstigung unentgeltlich gewährt wird.
Ein Unternehmen, das ein Erzeugnis auf den Markt bringt, kann grundsätzlich
auch für ein wettbewerbswidriges Verhalten der das Erzeugnis vertreibenden
Händler in Anspruch genommen werden, wenn es deren Wettbewerbsverstoß
durch sein eigenes Verhalten gefördert oder gar erst ermöglicht hat, indem es
zumindest bedingt vorsätzlich zu einer Lage beigetragen hat, die nach der Lebenserfahrung
zu einem bestimmten wettbewerbswidrigen Verhalten seiner
Abnehmer führt.
BGH, Urt. v. 30. Januar 2003 - I ZR 142/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Januar 2003 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Mai 2000 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 24. September 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß sich das Unterlassungsgebot auf die nachfolgend in Ablichtung wiedergegebene Werbung bezieht.

Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Fertigarzneimitteln der Dentalmedizin.
Die Beklagte warb im Jahre 1998 gegenüber dem Großhandel dafür, ihre in Zahnarztpraxen für die Lokalanästhesie verwendeten Fertigarzneimittel "U. " und "U. forte" in einer Werbeaktion als "Aktionspaket" zusammen mit einem Goldpfeil-Kleidersack zu vertreiben. Für die Werbung gegenüber den Zahnärzten stellte sie dem Großhandel auch einen Werbeflyer zur Verfügung.
Ein "Aktionspaket" aus 20 Dosen "U. " bzw. "U. forte" und einem Kleidersack sollte nach einem Werbeblatt der Beklagten für die Zahnärzte gemäß einer unverbindlichen Preisempfehlung 769 DM kosten. Als Einkaufslistenpreis eines solchen Gebindes waren 834 DM angegeben. Der Kleidersack sollte auch einzeln erhältlich sein, dann aber nach einer unverbindlichen Preisempfehlung 119 DM kosten. Als Einkaufslistenpreis wurden für den Kleidersack 95 DM angegeben.
Der Großhändler M. D. (im folgenden: M. ) nahm das Angebot der Beklagten - ebenso wie andere Großhändler - zum Anlaß, die Gebinde aus 20 Dosen "U. " bzw. "U. forte" zusammen mit einem GoldpfeilKleidersack zu einem "Aktionspreis" zu bewerben. Die Werbeankündigung der M. ist im Klageantrag zu I. 1. in Ablichtung wiedergegeben. Es ist unstreitig, daß die Werbung der M. weder von der Beklagten stammte noch von ihr entworfen worden war und die M. ihre Preise selbständig festgesetzt hat.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei der Werbung der M. handele es sich um ein gemäß § 1 UWG unzulässiges verdecktes Kopplungsangebot. Zudem verstoße diese gegen die Vorschriften der Zugabeverordnung sowie gegen § 7 HWG i.V. mit § 1 UWG, weil der Zahnarzt, der das Sonderangebot der M. wahrnehme, den Kleidersack als unentgeltliche Zugabe erhalte. Hierfür sei die Beklagte verantwortlich, weil sie den Großhandel durch ihre im Klageantrag zu I. 1. auszugsweise wiedergegebene Werbung in die Lage versetze , die in Rede stehenden Fertigarzneimittel zusammen mit dem GoldpfeilKleidersack unter Verstoß gegen die zuvor genannten gesetzlichen Regelungen zu bewerben und zu vertreiben.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, ihre Vertriebspartner wie nachfolgend wiedergegeben

in die Lage zu versetzen, die Fertigarzneimittel "U. " und "U. forte" zusammen mit dem Goldpfeil-Kleidersack zu einem Gesamtpreis von 738 DM zu vertreiben und wie nachstehend wiedergegeben zu bewerben:
2. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie, die Beklagte, die vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Umsatzzahlen zum streitgegenständlichen Produkt sowie der Werbeträger , deren Auflagenhöhe und des Verbreitungszeitraums,
II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr - der Klägerin - allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und zukünftig entstehen wird.
Die Beklagte hat ihre Verantwortlichkeit für die Werbung der M. in Abrede gestellt und die Auffassung vertreten, die konkrete Werbung sei weder unter wettbewerbs- noch unter heilmittelwerberechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, jedoch mit der Maßgabe, daß auf dem im Klageantrag zu I. 1. und dementsprechend im Unterlassungsausspruch des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Werbeblatt der Beklagten die handgeschriebenen Zusätze entfallen sollen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat das Unterlassungsbegehren und die darauf bezogenen Folgeansprüche für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Die geltend gemachten Ansprüche wären selbst dann nicht gegeben, wenn die M. mit ihrer Werbung gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO, § 7 HWG oder § 1 UWG verstoßen hätte, da unstreitig sei, daß die Beklagte dem Großhandel weder die Preise vorgebe noch Einfluß auf die konkrete Gestaltung der Werbung nehme.
Die konkret angegriffene Werbung des Großhändlers M. erfülle aber auch nicht den Tatbestand der genannten Bestimmungen. Die Fertigarzneimittel und der Kleidersack seien Gegenstand eines Gesamtangebots, das zu einem Gesamtpreis beworben werde. Dies ergebe sich für den angesprochenen Verkehr insbesondere daraus, daß die Werbung in optisch hervorgehobener Weise angebe, daß der Kleidersack auch einzeln zu einem Stückpreis von 119 DM erworben werden könne.
Aus dem Umstand, daß es sich bei dem konkreten Angebot der M. um eine einheitliche Leistung handele, folge zugleich, daß auch keine gemäß § 7 HWG zu beanstandende Werbegabe vorliege. Ebensowenig könne die in den Klageantrag aufgenommene Werbung der M. als unzulässiges verdecktes Kopplungsgeschäft i.S. von § 1 UWG beanstandet werden. Ein aus verschiedenen Waren bestehendes Kombinationsangebot sei dann wettbewerbswidrig, wenn die Einzelpreise nicht bekannt seien und der Käufer sie auch nicht in Erfahrung bringen könne, weil er keinerlei Anhaltspunkte für deren Berechnung
habe. Das sei hier nicht der Fall, da der von der Werbung der M. angesproche- ne Zahnarzt ohne weiteres erkenne, daß er für den Kleidersack 119 DM bezahlen müsse; die Preise für die beworbenen Fertigarzneimittel seien ihm entweder bekannt, oder er könne sie jedenfalls unschwer in Erfahrung bringen.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung mit der Maßgabe, daß sich das Unterlassungsgebot auf das im Tenor des Revisionsurteils in Ablichtung wiedergegebene Werbeblatt ohne handgeschriebene Zusätze bezieht.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß die in Rede stehende Werbung der M. nicht gegen § 7 Abs. 1 HWG verstoßen hat.

a) Nach dieser Vorschrift ist es unzulässig, für Humanarzneimittel mit "Zuwendungen und sonstigen Werbegaben (Waren oder Leistungen)" zu werben , soweit die Werbemittel nicht unter die in der Bestimmung selbst erschöpfend genannten Ausnahmetatbestände fallen. Der Zweck des § 7 Abs. 1 HWG besteht vor allem darin, durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, die von einer Werbung mit Geschenken ausgehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.6.1990 - I ZR 240/88, GRUR 1990, 1041, 1042 = WRP 1991, 90 - Fortbildungs-Kassetten; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 7 Rdn. 6; Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 7 Rdn. 8; Gröning, Heilmittelwerberecht , Stand Oktober 1998, § 7 HWG Rdn. 3). Diese Zielsetzung erfordert es, den Begriff der Werbegabe, bei dem es sich um den Oberbegriff für die "Zuwendungen und sonstigen Werbegaben" gemäß § 7 Abs. 1 HWG handelt, nicht eng zu verstehen. Eine Werbegabe kann aber entsprechend dem Wortsinn nur
angenommen werden, wenn die Vergünstigung unentgeltlich gewährt wird (vgl. BGH GRUR 1990, 1041, 1042 - Fortbildungs-Kassetten; Doepner aaO § 7 Rdn. 22; Kleist/Albrecht/Hoffmann, Heilmittelwerbegesetz, Stand Juni 1998, § 7 Rdn. 15).

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß das Angebot der M. , 20 Dosen der in Rede stehenden Fertigarzneimittel "in einem wunderschönen Goldpfeil-Kleidersack" verpackt für 738 DM zu erwerben, nicht mit einer gemäß § 7 Abs. 1 HWG unzulässigen Werbegabe verbunden war.
Es hat dazu festgestellt, bei dem Kombinationsangebot habe es sich um ein Gesamtangebot zu einem Gesamtpreis gehandelt, das nicht in eine Hauptund Nebenleistung aufgeteilt werden könne. Das Angebot werde dahingehend verstanden, daß der Kleidersack in jedem Fall und nicht nur mit einem geringfügigen Scheinentgelt bezahlt werden müsse, gleichviel, ob er gesondert oder im Zusammenhang mit der Bestellung von "U. " bzw. "U. forte" erworben werde.
Diese tatrichterliche Würdigung ist rechtsfehlerfrei. Entgegen der Auffassung der Revision konnte das Berufungsgericht aus eigener Sachkunde beurteilen, wie das in Rede stehende Angebot von Zahnärzten verstanden wird, auch wenn seine Mitglieder nicht zu dem unmittelbar angesprochenen Verkehrskreis gehören. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß Zahnärzte eine solche Werbung anders als Durchschnittsverbraucher auffassen.
2. Das Angebot der M. war jedoch wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG, weil es die Zahnärzte bei ihrer Entscheidung über den Erwerb der beworbenen Fertigarzneimittel unsachlich beeinflussen sollte.

a) Die Anwendbarkeit des § 1 UWG wird nicht durch die Sonderregelung des § 7 Abs. 1 HWG ausgeschlossen. Die nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 HWG bußgeldbewehrte Vorschrift des § 7 Abs. 1 HWG regelt nur Fälle, in denen Angehörige der Heilberufe bei ihrer Entscheidung über den Einsatz und die Verschreibung von bestimmten Medikamenten gerade durch Werbegaben unsachlich beeinflußt werden sollen. Dies schließt die Anwendung des § 1 UWG auf sonstiges Wettbewerbshandeln mit derselben unlauteren Zielsetzung nicht aus. Die Anwendung des § 1 UWG auf Fälle der vorliegenden Art dient auch der Umsetzung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 113/13), die auf der Grundlage des Art. 100a EGV (jetzt Art. 95 EG) erlassen worden ist. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, den zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Personen im Rahmen der Verkaufsförderung eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen , es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang. Entsprechend ihrem Wortlaut ist die Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 92/28/EWG - anders als § 7 Abs. 1 HWG - nicht auf die Verkaufsförderung durch Werbegaben beschränkt, sondern bezieht sich auf finanzielle oder materielle Vorteile aller Art.

b) Das Angebot der M. war geeignet, die umworbenen Zahnärzte bei ihrer Entscheidung, ob sie die Fertigarzneimittel "U. " oder "U. forte" bei der M. erwerben sollen, unsachlich zu beeinflussen. Es sollte den Absatz der Fertigarzneimittel dadurch fördern, daß mit diesen gekoppelt ein Kleidersack als
ein hauptsächlich im privaten Bereich nutzbarer Gegenstand zu einem besonders günstigen Preis abgegeben wird. Eine derartige Vergünstigung kann die Angesprochenen veranlassen, die beworbenen Fertigarzneimittel nur wegen des damit verbundenen sachfremden Vorteils für den Praxisgebrauch zu erwerben.
Der Eindruck eines besonders günstigen Angebots ergab sich hier daraus , daß der Kleidersack bei einer Bestellung in Kombination mit den beworbenen Fertigarzneimitteln zu einem wesentlich günstigeren Preis als bei einem isolierten Kauf angeboten wurde. Das Kopplungsangebot der M. war seinerzeit auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten besonders günstig. Danach lag der Preis für 20 Dosen "U. " bzw. "U. forte" - von einem Anbieter mit einem Marktanteil von lediglich 3 % abgesehen - damals zwischen 694 DM und 718 DM. Den Kleidersack als solchen hat die M. zu einem Preis von 119 DM angeboten. Der Gesamtpreis von 738 DM für das Kombinationsangebot lag damit nur 44 DM über dem günstigsten Marktpreis für die angebotenen Arzneimittel.
3. Für diesen Wettbewerbsverstoß der M. ist auch die Beklagte wettbewerbsrechtlich verantwortlich. Sie haftet nicht nur als Störer beschränkt auf Unterlassung (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor, m.w.N.), sondern wegen eigenen schuldhaften wettbewerbswidrigen Verhaltens auch auf Auskunftserteilung und Schadensersatz.

a) Ein Unternehmen, das ein Erzeugnis auf den Markt bringt, kann grundsätzlich auch für ein wettbewerbswidriges Verhalten der das Erzeugnis vertreibenden Händler in Anspruch genommen werden, wenn es deren Wett-
bewerbsverstoß durch sein eigenes Verhalten gefördert oder gar erst ermöglicht hat, indem es zumindest bedingt vorsätzlich zu einer Lage beigetragen hat, die nach der Lebenserfahrung zu einem bestimmten wettbewerbswidrigen Verhalten seiner Abnehmer führt (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1972 - I ZR 25/71, GRUR 1973, 370, 371 = WRP 1973, 91 - Tabac, m.w.N.).

b) Eine solche Haftung der Beklagten ergibt sich aus dem Umstand, daß sie zu der wettbewerbswidrigen Werbung der M. als Teilnehmer vorsätzlich beigetragen hat. Die Wettbewerbswidrigkeit der Werbung der M. besteht darin, daß sie - wie bereits dargelegt - den umworbenen Zahnärzten ein günstig erscheinendes Kopplungsgeschäft angeboten hat, bei dem ein Arzneimittel für den Praxisgebrauch mit einem als günstig erscheinenden Angebot einer Ware für den privaten Gebrauch gekoppelt wurde. Die Unterbreitung eines derartigen gegen § 1 UWG verstoßenden Angebots war in seinen wettbewerbsrechtlich wesentlichen Merkmalen von der Beklagten auch gewollt. Denn es ist nicht ersichtlich , daß die Beklagte mit ihrer Werbung gegenüber den Großhändlern einen anderen Zweck verfolgte, als diese zu veranlassen, Zahnärzten ein Kopplungsangebot der in Rede stehenden Art zu machen, bei dem der mit dem Bezug der Arzneimittel gekoppelte Erwerb des privat zu nutzenden Kleidersacks als besonders vorteilhaft erscheinen konnte. Arzneimittelgroßhändler vertreiben derartige Waren für den privaten Konsum im allgemeinen nicht.
Unerheblich für die wettbewerbsrechtliche Haftung der Beklagten ist es, daß die Werbung der M. weder von ihr stammte noch von ihr entworfen worden war und die M. ihre Preise selbständig festgesetzt hat.
III. Danach war auf die Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil war mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

18
bb) Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 HWG anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2008, 306 = WRP 2008, 969; KG, GRUR-RR 2008, 450, 452; OVG Lüneburg, GRUR-RR 2008, 452, 453; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 176; OLG Hamburg, Urteil vom 25. März 2010 - 3 U 126/09, juris Rn. 101; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 45; Dembowski, jurisPRWettbR 9/2007 Anm. 3; a.A. Kappes, WRP 2009, 250, 253). Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen (BGH, Urteil vom 6. Juli 2006 - I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Rn. 24 = WRP 2006, 1370 - Kunden werben Kunden; BGH, Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 99/07, GRUR 2009, 1082 Rn. 16 = WRP 2009, 1385 - DeguSmiles & more; Gerstberger/Reinhart in Gröning aaO § 7 HWG Rn. 11 f.). Er unterscheidet sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtlichen Regelung verfolgt werden (vgl. oben unter II 1 b aa (1)).
15
a) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG weit auszulegen ist und grundsätzlich jede unentgeltliche Vergünstigung erfasst, die im Zusammenhang mit der Werbung für Arzneimittel gewährt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1990 - I ZR 240/88, GRUR 1990, 1041, 1042 = WRP 1991, 90 - Fortbildungs-Kassetten; Doepner, HWG, 2. Aufl., § 7 Rn. 22). Wie der Senat in der Entscheidung „FortbildungsKassetten“ entschieden hat, kann im Hinblick auf das mit § 7 HWG verfolgte Ziel, durch weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, auch ein Medium der Fachinformation wie etwa eine Kassette, eine Zeitschrift oder ein Buch als Werbegabe im Sinn dieser Vorschrift in Betracht kommen, wenn es kostenlos an Ärzte abgegeben wird und diese Abgabe in einem dem Gesetzeszweck genügenden Zusammenhang mit der Werbung für Arzneimittel steht (BGH, GRUR 1990, 1041, 1042). Das Berufungsgericht hat aber mit Recht in Übereinstimmung mit dieser Entscheidung darauf abgestellt, dass zwischen der Zuwendung und der Heilmittelwerbung ein Zusammenhang bestehen muss und dass für die Frage, ob ein solcher Zusammenhang besteht, auf die Sicht der Empfänger abzustellen ist. Denn mit dem Verbot der Werbegaben soll der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Angehörigen der Heilberufe begegnet werden, die von derartigen Zuwendungen ausgeht. Eine solche auch nur abstrakte Gefahr besteht nicht, wenn die Angehörigen der Heilberufe, die als Empfänger in Betracht kommen, in der fraglichen Zuwendung kein Werbegeschenk sehen. Im Streitfall hat das Berufungsgericht angenommen , dass die Ärzte, denen die Arzneimitteldatenbank zur Verfügung gestellt wird, einen solchen Zusammenhang mit einer Heilmittelwerbung nicht erkennen und die Datenbank daher auch nicht als Zuwendung der dort werbenden Arzneimittelhersteller verstehen. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 271/97 Verkündet am:
13. Januar 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Null-Tarif
ZugabeVO § 1 Abs. 1;
SGB V § 33 Abs. 1 und 4 idF v. 1.1.1997
Eine Anzeigenwerbung für Brillen mit der Aussage, "K. bleibt beim Null-Tarif",
und dem Hinweis, daß die Brillenfassung bei Verordnung von zwei Brillengläsern
im Festpreis enthalten sei, ist auch nach Inkrafttreten des Beitragsentlastungsgesetzes
vom 1. November 1996 (BGBl. I S. 1631), durch das für die
Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen der Zuschuß für die Kosten des
Brillengestells entfallen ist, grundsätzlich weder als unzulässige Zugabe noch
als wettbewerbswidrig zu beanstanden.
BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - I ZR 271/97 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Bornkamm, Pokrant
und Raebel

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. September 1997 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt Kaufhäuser, in denen sie auch Leistungen von Optikerfachgeschäften anbietet. Sie ließ Mitte Dezember 1996 vor dem Hintergrund des Beitragsentlastungsgesetzes vom 1. November 1996, nach dem die Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an Brillengestellen mit Ablauf des 31. Dezember 1996 wegfiel, bundesweit nachstehende Anzeige erscheinen :

Die Klägerin, eine Augenoptikerinnung, hat diese Werbeaussage beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie sieht in dem Angebot einer unentgeltlichen Abgabe von Brillenfassungen an Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen eine unzulässige Zugabe zu den Gläsern und hält die angegriffene Werbung überdies unter den Gesichtspunkten des verdeckten Kopplungsangebotes, des übertriebenen Anlockens und der Irreführung für wettbewerbswidrig. Dies beruht darauf, daß die Beschränkung des kassenrechtlichen Versorgungsanspruchs zum 1. Januar 1997 auf Sehhilfen ohne die bisherige Zuzahlung für Brillengestelle nach Auffassung der Klägerin dazu führt, den Brillenerwerb durch Kassenmitglieder in ein gegenständlich vom Festpreis der Krankenkassen begrenztes Hauptgeschäft über den Erwerb und das Einschleifen der Brillengläser und ein weiteres Geschäft über den Erwerb des Brillengestells aufzuspalten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) unter der Überschrift "K. bleibt beim Null-Tarif" wie folgt zu werben: "Für Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen ist bei Verordnung von zwei Brillengläsern eine Brillenfassung aus unserem Null-Tarif-Sortiment im Festbetrag enthalten",

b) die, wie unter a) beschrieben, beworbenen Brillenfassungen den Kunden unentgeltlich, d.h. ohne Bezahlung durch den Kunden oder einen Dritten, zu überlassen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in der beanstandeten Werbung und der Abgabe der so beworbenen Brillen weder einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung noch gegen §§ 1 und 3 UWG gesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte habe - wie die Gestaltung der Bildmontage zeige - in ihrer Anzeige eine Brille als Gesamtheit beworben. Die Überschrift "K. bleibt beim Null-Tarif" verstärke diesen Eindruck, weil das Preisschlagwort sich bisher auf Brillenangebote bezogen habe. Auch in der Verkehrsauffassung der Letztverbraucher besitze allein die aus der Fassung und den Gläsern individuell zusammengefügte Einheit, die Ware Brille, Bedeutung. Hiervon ausgehend könne § 1 Abs. 1 ZugabeVO durch die Anzeige der Beklagten nicht verletzt sein, weil eine Zugabe vorausgesetzt hätte, daß der Verkehr in der beanstandeten Anzeige die Gläser als Hauptware betrachtet hätte, zu welcher die Bril-
lenfassung als eine von dieser verschiedene, zusätzliche Nebenware gewährt werde.
Da die Beklagte nicht mehrere Waren zu einem Gesamtpreis beworben habe, scheide ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines verdeckten Kopplungsangebotes gleichfalls aus. Die Werbeaussage der Beklagten , beim Null-Tarif zu bleiben, habe im Zusammenhang mit der älteren Null-Tarif-Werbung des Optikerhandwerkes Kunden auch noch nicht in übertriebener , wettbewerbswidriger Weise angelockt. Schließlich könne die angegriffene Werbung nicht als irreführend bezeichnet werden, da der Verkehr nicht über die Preisgünstigkeit des Angebotes getäuscht werde.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht verneint, daß die Beklagte in der beanstandeten Anzeige eine Zugabe angekündigt und § 1 Abs. 1 ZugabeVO zuwidergehandelt hat.

a) Eine Zugabe liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Eine Zugabe kann danach immer nur eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung sein. Werden dagegen die beiden
in Rede stehenden Waren oder Leistungen vom Verkehr als eine Einheit angesehen , ist eine Zugabe begrifflich ausgeschlossen (st. Rspr.; BGHZ 139, 368, 371 f. - Handy für 0,00 DM, m.w.N.).

b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Letztverbraucher verstehe die streitgegenständliche Werbung nicht dahin, daß die Gläser die Hauptware und die Brillenfassung eine von dieser verschiedene Nebenware seien. Der Letztverbraucher sehe darin vielmehr ein einheitliches Angebot. Der Senat hat in seinem Urteil vom 28. November 1996 "Brillenpreise II" (I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 770 = WRP 1997, 735) - in anderem rechtlichen Zusammenhang - bereits entschieden, daß die sozialversicherungsrechtliche Leistungsabgeltung bei Sehhilfen in ihrer unterschiedlichen Eintrittspflicht für Gläser einerseits, Brillenfassungen andererseits, die Verkehrsauffassung nicht prägt. Daran hat sich auch durch das Beitragsentlastungsgesetz vom 1. November 1996 nichts geändert. Schon mit dem Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) ist nach der sozialversicherungsrechtlichen Leistungsseite die einheitliche Ware Brille aus Kostendämpfungsgründen in ihren Hauptbestandteilen unterschiedlich behandelt worden (anders noch § 182 Abs. 1 Nr. 1b, § 182a Satz 1c, § 182g RVO), auch mit dem Ziel, bei Brillengestellen dem Wettbewerb durch das Zuschußsystem mehr Raum zu geben. Es ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und auch nicht ersichtlich, daß die zum 1. Januar 1997 durch die weitere Leistungsbeschränkung lediglich vertiefte sozialversicherungsrechtliche Differenzierung das Verkehrsverständnis beeinflußt (ebenso im vorliegenden Zusammenhang OLG Frankfurt WRP 1999, 951, 953). Im übrigen hat das Berufungsgericht auch zu Recht angenommen, daß insbesondere die konkrete Ausgestaltung der streitgegenständlichen Werbung dafür spricht, daß vorliegend eine
Brille als Gesamtheit beworben worden ist. Der Einholung eines demoskopischen Gutachtens durch den Tatrichter bedurfte es dazu entgegen der Ansicht der Revision nicht.
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG verneint.

a) Ein Verstoß gegen § 1 UWG durch ein verdecktes Kopplungsangebot scheidet schon deshalb aus, weil hier nicht - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - mehrere Einzelwaren zu einem Gesamtangebot verbunden werden.

b) Entgegen der Ansicht der Revision, die auch das Oberlandesgericht Hamburg in einer von ihr vorgelegten - im Verfügungsverfahren ergangenen - Entscheidung vertreten hat (WRP 1999, 374), ist die angegriffene Werbung der Beklagten auch nicht geeignet, in übertriebener, sittenwidriger Weise Kunden anzulocken.
aa) Die Anlockwirkung, die von einem attraktiven Angebot ausgeht, ist grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs. Ein wettbewerbswidriger Anlockeffekt kann erst durch den Einsatz zusätzlicher, unsachlicher Mittel entstehen. Kennzeichen solcher Mittel ist, daß sie nicht Preiswürdigkeit oder Qualität des Angebotes steigern, sondern Kunden von einer preis- und qualitätsbewußten Prüfung verschiedener Angebote durch werbendes Herausstellen leistungsfremder Vergünstigungen abhalten (BGH, Urt. v. 28.4.1994 - I ZR 68/92, GRUR 1994, 743, 745 = WRP 1994, 610 - Zinsgünstige Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; Urt. v.
25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 502 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage ; BGHZ 139, 368, 375 - Handy für 0,00 DM).
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die beanstandete Werbung der Beklagten für den zuzahlungsfreien Erwerb von Brillen durch Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen mit Brillenfassungen aus einem für diesen Zweck vorgehaltenen Sortiment sich keiner zusätzlichen, unsachlichen Mittel bedient. Auch der Annahme einer leistungsfremden Vergünstigung als Lockmittel steht bereits entgegen, daß sich die angegriffene Werbeaussage ebenso wie die ältere Null-Tarif-Werbung des Augenoptikerhandwerkes auf die Lieferung von Brillen an Kassenmitglieder als einheitliches Angebot bezieht. Es ist nicht zu mißbilligen, wenn die Beklagte die bei Belieferung von Kassenmitgliedern mit ärztlich verordneten Sehhilfen gewährten Festbeträge der Kassen kalkulatorisch unterschreiten zu können glaubte und im Rahmen dieser Vergütung auch die in der sozialversicherungsrechtlichen Versorgung ausgesparten Brillengestelle zuzahlungsfrei an ihre versicherten Kunden mitliefern wollte. Die vom Oberlandesgericht Hamburg (WRP 1999, 374, 375) angenommene "Sogwirkung" der fortgesetzten Null-Tarif-Werbung vor dem geänderten sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund mag nach allem zwar zutreffen. Es handelte sich nach den Umständen aber gleichwohl um nicht mehr als den zulässigen Ausdruck der Leistungsstärke, welche die Beklagte für sich in Anspruch nimmt und mit der sie auch werben darf.
3. Vergeblich wendet sich die Revision ferner dagegen, daß das Berufungsgericht einen Verstoß gegen § 3 UWG verneint hat.

a) Die Revision verweist zunächst darauf, daß es einen allgemeinen Null-Tarif für die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen bei Anschaffung einer Brille auch bei der Beklagten nicht mehr gebe. Die Revision folgert daraus aber zu Unrecht, daß der Verbraucher durch das Preisschlagwort Null-Tarif über diese Einschränkung getäuscht werde. Denn eine Brille zum Null-Tarif war für die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen stets die nur so bezeichnete Kassenbrille , also die Brille mit Wahlbestandteilen eines entsprechend begrenzten Sortiments, wenn auch früher mit einem Zuschuß der Krankenkassen für die Kosten des Brillengestells in Höhe von 20,-- DM. Die Revisionserwiderung weist insoweit zu Recht darauf hin, daß es einen echten Null-Tarif auch vor der Gesetzesnovelle nicht gab.

b) Die Werbeaussage im unteren Teil der Anzeige, eine Brillenfassung aus dem Null-Tarif-Sortiment der Beklagten sei im Festbetrag enthalten, mag, wie die Revision beanstandet, nicht in jeder Hinsicht genau sein. Eine Irreführung der Letztverbraucher droht hier dennoch nicht. Denn der Verkehr versteht diese Angabe nicht im Hinblick auf die Versorgungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen und ihre Grenzen. Die von der Werbung angesprochenen Versicherten können vielmehr ohne weiteres erkennen, daß die Beklagte den Festbetrag bei Lieferung einer verordneten Brille mit zwei Gläsern an Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse bei ihrer Kalkulation insgesamt für ausreichend hält und für die Kosten des Gestells auf Zuzahlung verzichtet, wenn der Kunde sich bei der Auswahl desselben aus dem hierfür vorgehaltenen NullTarif -Sortiment bedient. Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht, daß die Beklagte den Eindruck erweckt hätte, nur sie könne beim Null-Tarif bleiben, weil ihr das Privileg eines höheren Festbetrages zugestanden worden sei als ihren Mitbewerbern.

III. Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Raebel

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 271/97 Verkündet am:
13. Januar 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Null-Tarif
ZugabeVO § 1 Abs. 1;
SGB V § 33 Abs. 1 und 4 idF v. 1.1.1997
Eine Anzeigenwerbung für Brillen mit der Aussage, "K. bleibt beim Null-Tarif",
und dem Hinweis, daß die Brillenfassung bei Verordnung von zwei Brillengläsern
im Festpreis enthalten sei, ist auch nach Inkrafttreten des Beitragsentlastungsgesetzes
vom 1. November 1996 (BGBl. I S. 1631), durch das für die
Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen der Zuschuß für die Kosten des
Brillengestells entfallen ist, grundsätzlich weder als unzulässige Zugabe noch
als wettbewerbswidrig zu beanstanden.
BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - I ZR 271/97 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Bornkamm, Pokrant
und Raebel

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. September 1997 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt Kaufhäuser, in denen sie auch Leistungen von Optikerfachgeschäften anbietet. Sie ließ Mitte Dezember 1996 vor dem Hintergrund des Beitragsentlastungsgesetzes vom 1. November 1996, nach dem die Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an Brillengestellen mit Ablauf des 31. Dezember 1996 wegfiel, bundesweit nachstehende Anzeige erscheinen :

Die Klägerin, eine Augenoptikerinnung, hat diese Werbeaussage beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie sieht in dem Angebot einer unentgeltlichen Abgabe von Brillenfassungen an Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen eine unzulässige Zugabe zu den Gläsern und hält die angegriffene Werbung überdies unter den Gesichtspunkten des verdeckten Kopplungsangebotes, des übertriebenen Anlockens und der Irreführung für wettbewerbswidrig. Dies beruht darauf, daß die Beschränkung des kassenrechtlichen Versorgungsanspruchs zum 1. Januar 1997 auf Sehhilfen ohne die bisherige Zuzahlung für Brillengestelle nach Auffassung der Klägerin dazu führt, den Brillenerwerb durch Kassenmitglieder in ein gegenständlich vom Festpreis der Krankenkassen begrenztes Hauptgeschäft über den Erwerb und das Einschleifen der Brillengläser und ein weiteres Geschäft über den Erwerb des Brillengestells aufzuspalten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) unter der Überschrift "K. bleibt beim Null-Tarif" wie folgt zu werben: "Für Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen ist bei Verordnung von zwei Brillengläsern eine Brillenfassung aus unserem Null-Tarif-Sortiment im Festbetrag enthalten",

b) die, wie unter a) beschrieben, beworbenen Brillenfassungen den Kunden unentgeltlich, d.h. ohne Bezahlung durch den Kunden oder einen Dritten, zu überlassen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in der beanstandeten Werbung und der Abgabe der so beworbenen Brillen weder einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung noch gegen §§ 1 und 3 UWG gesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte habe - wie die Gestaltung der Bildmontage zeige - in ihrer Anzeige eine Brille als Gesamtheit beworben. Die Überschrift "K. bleibt beim Null-Tarif" verstärke diesen Eindruck, weil das Preisschlagwort sich bisher auf Brillenangebote bezogen habe. Auch in der Verkehrsauffassung der Letztverbraucher besitze allein die aus der Fassung und den Gläsern individuell zusammengefügte Einheit, die Ware Brille, Bedeutung. Hiervon ausgehend könne § 1 Abs. 1 ZugabeVO durch die Anzeige der Beklagten nicht verletzt sein, weil eine Zugabe vorausgesetzt hätte, daß der Verkehr in der beanstandeten Anzeige die Gläser als Hauptware betrachtet hätte, zu welcher die Bril-
lenfassung als eine von dieser verschiedene, zusätzliche Nebenware gewährt werde.
Da die Beklagte nicht mehrere Waren zu einem Gesamtpreis beworben habe, scheide ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines verdeckten Kopplungsangebotes gleichfalls aus. Die Werbeaussage der Beklagten , beim Null-Tarif zu bleiben, habe im Zusammenhang mit der älteren Null-Tarif-Werbung des Optikerhandwerkes Kunden auch noch nicht in übertriebener , wettbewerbswidriger Weise angelockt. Schließlich könne die angegriffene Werbung nicht als irreführend bezeichnet werden, da der Verkehr nicht über die Preisgünstigkeit des Angebotes getäuscht werde.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht verneint, daß die Beklagte in der beanstandeten Anzeige eine Zugabe angekündigt und § 1 Abs. 1 ZugabeVO zuwidergehandelt hat.

a) Eine Zugabe liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Eine Zugabe kann danach immer nur eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung sein. Werden dagegen die beiden
in Rede stehenden Waren oder Leistungen vom Verkehr als eine Einheit angesehen , ist eine Zugabe begrifflich ausgeschlossen (st. Rspr.; BGHZ 139, 368, 371 f. - Handy für 0,00 DM, m.w.N.).

b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Letztverbraucher verstehe die streitgegenständliche Werbung nicht dahin, daß die Gläser die Hauptware und die Brillenfassung eine von dieser verschiedene Nebenware seien. Der Letztverbraucher sehe darin vielmehr ein einheitliches Angebot. Der Senat hat in seinem Urteil vom 28. November 1996 "Brillenpreise II" (I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 770 = WRP 1997, 735) - in anderem rechtlichen Zusammenhang - bereits entschieden, daß die sozialversicherungsrechtliche Leistungsabgeltung bei Sehhilfen in ihrer unterschiedlichen Eintrittspflicht für Gläser einerseits, Brillenfassungen andererseits, die Verkehrsauffassung nicht prägt. Daran hat sich auch durch das Beitragsentlastungsgesetz vom 1. November 1996 nichts geändert. Schon mit dem Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) ist nach der sozialversicherungsrechtlichen Leistungsseite die einheitliche Ware Brille aus Kostendämpfungsgründen in ihren Hauptbestandteilen unterschiedlich behandelt worden (anders noch § 182 Abs. 1 Nr. 1b, § 182a Satz 1c, § 182g RVO), auch mit dem Ziel, bei Brillengestellen dem Wettbewerb durch das Zuschußsystem mehr Raum zu geben. Es ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und auch nicht ersichtlich, daß die zum 1. Januar 1997 durch die weitere Leistungsbeschränkung lediglich vertiefte sozialversicherungsrechtliche Differenzierung das Verkehrsverständnis beeinflußt (ebenso im vorliegenden Zusammenhang OLG Frankfurt WRP 1999, 951, 953). Im übrigen hat das Berufungsgericht auch zu Recht angenommen, daß insbesondere die konkrete Ausgestaltung der streitgegenständlichen Werbung dafür spricht, daß vorliegend eine
Brille als Gesamtheit beworben worden ist. Der Einholung eines demoskopischen Gutachtens durch den Tatrichter bedurfte es dazu entgegen der Ansicht der Revision nicht.
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG verneint.

a) Ein Verstoß gegen § 1 UWG durch ein verdecktes Kopplungsangebot scheidet schon deshalb aus, weil hier nicht - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - mehrere Einzelwaren zu einem Gesamtangebot verbunden werden.

b) Entgegen der Ansicht der Revision, die auch das Oberlandesgericht Hamburg in einer von ihr vorgelegten - im Verfügungsverfahren ergangenen - Entscheidung vertreten hat (WRP 1999, 374), ist die angegriffene Werbung der Beklagten auch nicht geeignet, in übertriebener, sittenwidriger Weise Kunden anzulocken.
aa) Die Anlockwirkung, die von einem attraktiven Angebot ausgeht, ist grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs. Ein wettbewerbswidriger Anlockeffekt kann erst durch den Einsatz zusätzlicher, unsachlicher Mittel entstehen. Kennzeichen solcher Mittel ist, daß sie nicht Preiswürdigkeit oder Qualität des Angebotes steigern, sondern Kunden von einer preis- und qualitätsbewußten Prüfung verschiedener Angebote durch werbendes Herausstellen leistungsfremder Vergünstigungen abhalten (BGH, Urt. v. 28.4.1994 - I ZR 68/92, GRUR 1994, 743, 745 = WRP 1994, 610 - Zinsgünstige Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; Urt. v.
25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 502 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage ; BGHZ 139, 368, 375 - Handy für 0,00 DM).
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die beanstandete Werbung der Beklagten für den zuzahlungsfreien Erwerb von Brillen durch Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen mit Brillenfassungen aus einem für diesen Zweck vorgehaltenen Sortiment sich keiner zusätzlichen, unsachlichen Mittel bedient. Auch der Annahme einer leistungsfremden Vergünstigung als Lockmittel steht bereits entgegen, daß sich die angegriffene Werbeaussage ebenso wie die ältere Null-Tarif-Werbung des Augenoptikerhandwerkes auf die Lieferung von Brillen an Kassenmitglieder als einheitliches Angebot bezieht. Es ist nicht zu mißbilligen, wenn die Beklagte die bei Belieferung von Kassenmitgliedern mit ärztlich verordneten Sehhilfen gewährten Festbeträge der Kassen kalkulatorisch unterschreiten zu können glaubte und im Rahmen dieser Vergütung auch die in der sozialversicherungsrechtlichen Versorgung ausgesparten Brillengestelle zuzahlungsfrei an ihre versicherten Kunden mitliefern wollte. Die vom Oberlandesgericht Hamburg (WRP 1999, 374, 375) angenommene "Sogwirkung" der fortgesetzten Null-Tarif-Werbung vor dem geänderten sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund mag nach allem zwar zutreffen. Es handelte sich nach den Umständen aber gleichwohl um nicht mehr als den zulässigen Ausdruck der Leistungsstärke, welche die Beklagte für sich in Anspruch nimmt und mit der sie auch werben darf.
3. Vergeblich wendet sich die Revision ferner dagegen, daß das Berufungsgericht einen Verstoß gegen § 3 UWG verneint hat.

a) Die Revision verweist zunächst darauf, daß es einen allgemeinen Null-Tarif für die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen bei Anschaffung einer Brille auch bei der Beklagten nicht mehr gebe. Die Revision folgert daraus aber zu Unrecht, daß der Verbraucher durch das Preisschlagwort Null-Tarif über diese Einschränkung getäuscht werde. Denn eine Brille zum Null-Tarif war für die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen stets die nur so bezeichnete Kassenbrille , also die Brille mit Wahlbestandteilen eines entsprechend begrenzten Sortiments, wenn auch früher mit einem Zuschuß der Krankenkassen für die Kosten des Brillengestells in Höhe von 20,-- DM. Die Revisionserwiderung weist insoweit zu Recht darauf hin, daß es einen echten Null-Tarif auch vor der Gesetzesnovelle nicht gab.

b) Die Werbeaussage im unteren Teil der Anzeige, eine Brillenfassung aus dem Null-Tarif-Sortiment der Beklagten sei im Festbetrag enthalten, mag, wie die Revision beanstandet, nicht in jeder Hinsicht genau sein. Eine Irreführung der Letztverbraucher droht hier dennoch nicht. Denn der Verkehr versteht diese Angabe nicht im Hinblick auf die Versorgungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen und ihre Grenzen. Die von der Werbung angesprochenen Versicherten können vielmehr ohne weiteres erkennen, daß die Beklagte den Festbetrag bei Lieferung einer verordneten Brille mit zwei Gläsern an Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse bei ihrer Kalkulation insgesamt für ausreichend hält und für die Kosten des Gestells auf Zuzahlung verzichtet, wenn der Kunde sich bei der Auswahl desselben aus dem hierfür vorgehaltenen NullTarif -Sortiment bedient. Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht, daß die Beklagte den Eindruck erweckt hätte, nur sie könne beim Null-Tarif bleiben, weil ihr das Privileg eines höheren Festbetrages zugestanden worden sei als ihren Mitbewerbern.

III. Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Raebel

(1) Diese Verordnung regelt die Angabe von Preisen für Waren oder Leistungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern.

(2) Diese Verordnung gilt nicht für

1.
Leistungen von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, soweit es sich nicht um Leistungen handelt, für die Benutzungsgebühren oder privatrechtliche Entgelte zu entrichten sind;
2.
Waren und Leistungen, soweit für sie auf Grund von Rechtsvorschriften eine Werbung untersagt ist;
3.
mündliche Angebote, die ohne Angabe von Preisen abgegeben werden;
4.
Warenangebote bei Versteigerungen.

(3) Wer zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, hat diese

1.
dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie
2.
leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.
Angaben über Preise müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 22.10.2015, berichtigt mit Beschluss vom 20.11.2015, Az. 12 O 1496/15, wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil des Landgerichts München I, Az. 12 O 1496/15, wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen behaupteter wettbewerbswidriger Werbung auf Unterlassung und Zahlung einer Kostenpauschale in Anspruch.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein Augenoptikunternehmen mit über 70 Filialen, schwerpunktmäßig im Freistaat Bayern. Im Oktober 2014 schaltete sie in einer lokalen Zeitung die nachfolgend abgebildete Anzeige (Anlage K 1 bzw. B 7):

BildBild

Unter der in der Werbung blickfangmäßig mit rotem Hintergrund hervorgehobenen Angabe „1 Glas geschenkt!*“ befindet sich in kleinerer Schrift folgender Text: „*Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. Nicht kombinierbar mit anderen Aktions- und Komplettangeboten, ausgenommen 25% auf Sonnenbrillen.“

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.12.2014 (Anlage K 2) erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Mit Endurteil vom 22.10.2015, berichtigt mit Beschluss vom 20.11.2015, hat das Landgericht das Begehren des Klägers,

I. Die Beklagte wird verurteilt, es (bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Vertrieb von Brillengläsern mit der Aussage zu werben: „1 Glas geschenkt!“, insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben und aus Anlage K 1 ersichtlich: (es folgt die oben ersichtliche Abbildung)

II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin EUR 246,10 nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:

Der begehrte Unterlassungsanspruch ergebe sich nicht aus einer Verletzung der verbraucherschützenden Regelung in § 7 Abs. 1 HWG: Zwar unterfalle die Brille dem Heilmittelbegriff des HWG, da es sich um ein Medizinprodukt i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG, § 3 Nr. 1 MPG handele; jedoch stelle das beworbene „geschenkte Glas“ keine Zuwendung oder sonstige Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG dar. Dieser Begriff erfasse grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt werde; eine Werbegabe setze demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt werde, so dass er diese als ein Geschenk ansehe. Würden dem Werbeadressaten dagegen mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liege keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor. Vorliegend handele es sich aber gerade um ein solches einheitliches Angebot, für das der Kunde einen Gesamtpreis zu zahlen habe. Beworben werde eine komplette Brille als funktionelle Einheit, bestehend aus einer Brillenfassung und zwei Brillengläsern mit entsprechenden Korrekturwerten. Für den maßgeblichen Verkehrskreis und den durchschnittlich informierten, verständigen und informierten Verbraucher werde in aller Regel das maßgebliche Ziel der Erwerb des Produkts „Brille“ als Einheit sein; abgesehen von dem Fall der Beschädigung des Brillenglases sei davon auszugehen, dass der angesprochene Verbraucher an einem einzelnen „geschenkten Brillenglas“ regelmäßig gar kein Interesse habe. Es sei weiter davon auszugehen, dass in einem Großteil der Fälle der Verbraucher gleichzeitig eine Brillenfassung sowie Gläser erwerben wolle. Die Brille als Gesamtpaket sei damit als eine einheitliche, entgeltlich angebotene Hauptware zu qualifizieren, so dass mit dem Angebot „1 Glas geschenkt!“ keine Zugabe neben einer Ware angeboten, sondern eine Preisvergünstigung auf das gesamte Produkt „Brille“ gewährt werde. Selbst wenn man aber das „geschenkte Glas“ als Werbegabe qualifizieren würde, wäre jedenfalls der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG einschlägig, der Geldrabatte erlaube, die ohne Hilfsmittel zu errechnen seien. Vorliegend sei letztlich nichts anderes als ein 50%iger Barrabatt gewährt worden, was durch den Text nach dem Sternchenhinweis auch ausreichend deutlich werde.

Die in Rede stehende Werbung sei auch nicht nach § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 des Anhangs zu dieser Vorschrift unzulässig. Für die Erfüllung dieses Tatbestands sei, auch wenn der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich sei, entscheidend, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit „Gratiszugaben“ darüber im Unklaren gelassen werde, dass er die Hauptleistung zu bezahlen habe. Ein solcher Fall sei jedoch hier nicht gegeben, da für den Verbraucher aufgrund des Textes nach dem Sternchenhinweis kein Zweifel daran bestehe, dass die Hauptleistung - die komplette Brille - kostenpflichtig sei.

Schließlich scheide auch eine zu einer Unterlassungspflicht führende Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG aus, da durch den direkt unter der Werbeaussage „1 Glas geschenkt!“ platzierten deutlichen Sternchenhinweis für den durchschnittlichen Verbraucher klar sei, dass ihm ein 50%iger Rabatt auf zwei gleich viel kostende Brillengläser gewährt werde; damit erhalte der Kunde im Ergebnis auch eines der Brillengläser tatsächlich geschenkt.

Mangels Unterlassungsanspruch sei auch kein Erstattungsanspruch nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG gegeben.

Gegen diese Entscheidung, dem Klägervertreter zugestellt am 26.10.2015, richtet sich die am 26.10.2015 bei Gericht eingegangene (Bl. 111 ff. d. A.) und, nach antragsgemäßer (Bl. 113 d. A.) Fristverlängerung (Bl. 115 d. A.), mit Schriftsatz vom 19.01.2016, bei Gericht eingegangen am selben Tage (Bl. 117 ff. d. A.), begründete Berufung des Klägers, mit der er sein Ausgangsbegehren weiterverfolgt.

Unter Verweis auf sein erstinstanzliches Vorbringen macht er folgendes geltend:

Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 HWG sei nicht nur für Komplettbrillen eröffnet, sondern auch für bloße Brillenfassungen, da es sich hierbei um Zubehör von Medizinprodukten gem. § 3 Nr. 9 MPG handele, die als solche gem. § 2 Abs. 1 S. 2 MPG als eigenständige Medizinprodukte zu behandeln seien. Es sei demnach bereits unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben im Sinne der Vorschrift zu Brillenfassungen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde der Empfänger vorliegend die Zuwendung als ein Geschenk ansehen, wenn ihm wie in der angegriffenen Werbung ein Brillenglas ausdrücklich als „geschenkt“ präsentiert werde. Das Landgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass eine Zuwendung vorliegend mangels einer von der Hauptware „Brille“ getrennten Nebenware ausscheide, da § 7 Abs. 1 HWG keine von der Hauptware getrennte Nebenware voraussetze und auch das Vorliegen einer „Funktionseinheit“ eine Zuwendung im Sinne der genannten Vorschrift nicht ausschließe. Zudem schließe vorliegend die konkrete Darstellung in der angegriffenen Werbung eine Verkehrsauffassung aus, wonach die zusätzliche Leistung als Bestandteil eines einheitlichen, eigenständigen „Gesamtpakets“ angesehen werde. Für die Frage, ob eine Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 HWG vorliege, komme es entscheidend darauf an, wie dem Verkehr das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert werde; die Art und Weise der Werbung könne zur Aufspaltung einer im Verkehr gängigen Vorstellung von einer Funktionseinheit in Haupt- und Nebenware führen. So liege es auch hier, da die Beklagte selbst in der angegriffenen Werbung eine Brille mit Gläsern in Haupt- und Nebenware - nämlich Fassung und Gläser - aufspalte, indem sie durch die angegriffene Werbeaussage „1 Glas geschenkt“ den Gratischarakter einer Zusatzleistung hervorhebe und dadurch verdeutliche, dass die Gläser als von der Fassung getrennte Waren zu verstehen seien. Dieser beim Verkehr entstehende Eindruck getrennter Waren werde noch dadurch verstärkt, dass die Beklagte in ihrer Werbung ausdrücklich darauf hinweise, dass Brillengläser einen eigenen, von der Brillenfassung getrennten Kaufpreis hätten und damit auch einzeln erworben werden könnten; dass Fassung und Gläser zu eigenen Preisen einzeln erworben werden könnten, spreche klar gegen das Vorliegen einer untrennbaren Einheit. Zu berücksichtigen sei hier zudem, dass in jedem Brillengeschäft Brillenfassungen mit einem eigenen Preis (ohne Gläser) ausgezeichnet würden und auch ohne Gläser erworben werden könnten sowie, dass auch Brillengläser stets einzeln ohne Fassung z. B. aufgrund einer sich verändernden Sehstärke oder einer Beschädigung erworben werden könnten. So etwas wie eine „Komplettbrille“ gebe es nur sehr selten, die allermeisten Brillen würden individuell aus Brillengestell, rechtem Glas und linkem Glas (aus Glas oder Kunststoff, selbsttönend und/oder kratzfest und/oder superentspiegelt) für den Kunden nach dessen Bedürfnissen individuell zusammengestellt. Die Beklagte bewerbe auch diesen Normalfall, so dass es sich bei den von ihr beworbenen Brillenfassungen und Brillengläsern aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises um voneinander getrennte und gesondert erwerbbare Waren handele. Auch der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG sei nicht einschlägig, da es sich bei dem „geschenkten Glas“ nicht um die Ankündigung eines hiernach ausnahmsweise zulässigen Barrabatts handele. Ein solcher setze die exakte Bezifferung oder Bestimmbarkeit des gewährten Geldbetrags voraus, so dass sich dieser mühelos, d. h. ohne Hilfsmittel errechnen lasse; dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, da sich der angegriffenen Werbung kein bestimmter oder ohne Hilfsmittel bestimmbarer Geldbetrag entnehmen lasse, weil die angegriffene Werbung keinerlei Informationen zu dem tatsächlichen Glaspreis enthalte. Ohnehin komme es auf die konkrete Werbung an, mit welcher die Beklagte gerade keinen Barrabatt, sondern ausdrücklich eine Gratiszugabe ankündige. Von der Bewerbung als „gratis“ oder „geschenkt“ gehe eine wesentlich höhere Anlockwirkung als von einer Rabattwerbung aus. Da die Ankündigung „geschenkt“ in der angegriffenen Werbung blickfangmäßig herausgestellt sei, komme eine Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG nicht in Betracht.

Selbst wenn man außerdem unterstelle, dass das zweite Brillenglas nicht als „Gratis-Zugabe“ beworben, sondern ein Rabatt von 50% auf den Kaufpreis beider Brillengläser gewährt werde, wäre die angegriffene Werbung gem. § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“) als per se-Verbot ohne Relevanzprüfung unzulässig. Wenn man vorliegend eine kostenlose Zugabe nach § 7 Abs. 1 HWG verneine, läge ein Nachlass von 50% auf den festen Paarpreis der Gläser vor, die zu dem beworbenen Preis auch nur paarweise erhältlich seien. Ein „geschenktes Glas“ gäbe es bei der Beklagten dann nicht, weshalb der stets verbotene Tatbestand gegeben sei, dass eine Ware als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen beworben werde, obgleich hierfür Kosten zu tragen seien. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass dem Unternehmer der Gegenbeweis, dass seine geschäftliche Handlung im konkreten Fall nicht geeignet gewesen sei, eine geschäftliche Handlung des Verbrauchers zu beeinflussen, verwehrt sei; zudem sei der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich, da der Gesetzgeber das Vorliegen einer solchen unwiderleglich vermute. Gleichwohl habe das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Urteil des OLG Hamm vom 06.08.2015 - Az. 4 U 137/14 (= GRUR-RR 2016, 28 - 1 (Brillen)-Glas geschenkt) in unzulässiger Weise eine Wertung durchgeführt und angenommen, eine Irreführung durch die Gratis-Werbung der Beklagten werde durch den Sternchenhinweis in der angegriffenen Werbung ausgeräumt. Hierauf komme es für den oben genannten Verbotstatbestand jedoch nicht an. Neben § 5 UWG wäre Nr. 21 der Schwarzen Liste nicht erforderlich, wenn in dessen Rahmen letztlich ebenfalls die Irreführung geprüft werden müsste. Ein solches Verständnis von Nr. 21 verstoße gegen die UGP-Richtlinie, denn der Richtliniengeber habe mit der Schwarzen Liste Verbotstatbestände ohne Wertungsmöglichkeit schaffen wollen.

Schließlich liege auch eine irreführende geschäftliche Handlung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG vor, wenn man eine unzulässige Zuwendung gem. § 7 HWG verneine. Eine unlautere Irreführung sei dann gegeben, wenn sie unwahre Tatsachen oder zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet werde, enthalte. Dies sei hier der Fall, da die angegriffene Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen den unzutreffenden Eindruck erwecke, der Kunde erhalte beim Kauf einer Brille ein Brillenglas, das er ansonsten einzeln voll zu bezahlen hätte, gratis bzw. geschenkt. Wenn man dagegen die Werbung so verstehe, dass der Kunde lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gesamtpreis zweier nur paarweise erhältlicher Gläser erlange, erhielte der Kunde kein Glas „geschenkt“, sondern einen Nachlass auf einen festen Glaspaarpreis. Wenn es der Beklagten darauf ankäme, einen Rabatt zu kommunizieren, dann könne sie diesen herausstellen, was sie aber bewusst nicht täte. Ob die unwahre Angabe durch einen Sternchenhinweis für den Verkehr „relativiert“ würde, wäre unbeachtlich, da unwahre Angaben unabhängig von der Täuschungseignung von § 5 UWG erfasst würden.

Hilfsweise werde beantragt, die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da eine Klageabweisung in Widerspruch zu den Entscheidungen des OLG Stuttgart vom 24.02.2005 - 2 U 143/04 (= GRUR-RR 2005, 235 - „Gratis-Brillengras“) und vom 12.03.2007 - 2 U 153/06 (Anlage K 3) stünde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 22.10.2015, Az. 12 O 1496/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

I. es (bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Vertrieb von Brillengläsern mit der Aussage zu werben:

„1 Glas geschenkt!“

insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben und aus Anlage K 1 ersichtlich: (es folgt die oben ersichtliche Abbildung)

hilfsweise, nach dem Hauptantrag ohne den Zusatz „insbesondere“.

II. an die Klägerin EUR 246,10 nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Ersturteil und führt hierzu ergänzend aus:

Aus der Werbung der Beklagten, insbesondere dem Sternchenhinweis, werde ohne Weiteres deutlich, dass es der Beklagten um den Verkauf einer kompletten Brille bestehend aus Fassung und Gläsern gehe. Dem Kunden werde hierzu offeriert, dass er beim Erwerb einer solchen kompletten Brille nur die Fassung bezahlen müsse und er auf die Gläser einen Rabatt i. H. v. 50% auf den Normalpreis der beiden Gläser erhalte, was in der Formulierung von der Beklagten zulässigerweise so dargestellt werde, dass eines der Gläser gratis sei. Es gehe also um den einheitlichen Verkauf einer (nach dem Verkehrsverständnis auch ein einheitliches Produkt darstellenden) Brille. Dagegen werde gerade nicht für den getrennten Kauf einer Fassung und die Zugabe eines Glases geworben. Insoweit sei es fernliegend, hier mit dem Begriff einer Zugabe bzw. Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG zu operieren. Eine solche liege nur dann vor, wenn eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung gewährt werde; dagegen sei eine Zugabe schon begrifflich ausgeschlossen, wenn die beiden in Rede stehenden Waren vom Verkehr als funktionale Einheit angesehen würden. Um eine solche Funktionseinheit handele es sich aber beim Angebot der Beklagten, indem sich die Fassung zusammen mit den Gläsern erst zu dem Medizinprodukt der Korrektionsbrille ergänzten. Gleichzeitig erkenne der umworbene Kunde auch, dass er für die von ihm zu erwerbende Korrektionsbrille natürlich etwas zu zahlen habe, nämlich den Preis der Fassung und die Hälfte des normalen Glaspreises, also ein Glas. Im vorliegenden Fall sei die gewährte Vergünstigung also gerade Teil des Medizinprodukts selbst, da das Medizinprodukt i. S. d. MPG weder die Fassung noch die Gläser isoliert seien, sondern nur das zusammengesetzte und allein vom Verbraucher gewollte und benötigte Produkt „Korrektionsbrille“, um das es in der Werbung der Beklagten auch gehe. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH „Null-Tarif“ (GRUR 2000, 918) und die vorangegangene Entscheidung des Berufungsgerichts OLG Hamm. Auch die aktuelle Entscheidung des BGH „kostenlose Zweitbrille“ (GRUR 2015, 504) bestätige die Auffassung der Beklagten, soweit dort ausgeführt werde, dass keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vorliege, wenn dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert würden; ausreichend für eine Werbegabe sei eben nicht, wenn eines der in dem Paket mitverkauften Produkte oder Waren oder Teilwaren ausdrücklich als kostenlos gewährt angepriesen würde. Der BGH habe die dort streitgegenständliche Werbung allein deswegen verboten, weil aufgrund der konkreten Form der Werbung der Verbraucher auf eine Zugabe oder Werbegabe schließe und insoweit die Verkehrsauffassung beeinflusst worden sei. Dies liege aber beim Angebot der Beklagten anders, weil dort von vornherein auf die vom Kunden als einheitliches Produkt zu erwerbende Korrektionsbrille abgestellt werde, die nun einmal zwingend aus zwei Gläsern und einer Fassung bestehe, die funktional voneinander abhingen und für sich allein nicht sinnvoll nutzbar seien. Es gehe gerade nicht um den Erwerb des Medizinprodukts „Brillenglas“, dem kostenlos ein zweites Brillenglas (als Zugabe) hinzugefügt würde. Im Übrigen hielte der BGH in Rn. 23 der genannten Entscheidung daran fest, dass bei Bejahung einer funktionalen Einheit von vornherein der Gedanke an eine Zugabe oder an eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG nicht in Betracht zu ziehen sei. Die theoretischen Überlegungen des Klägers, dass Brillenfassungen und Gläser auch getrennt voneinander erworben werden könnten, stellten den absoluten Ausnahmefall dar und es entspreche daher weder der Lebenserfahrung noch der konkret hier zur Beurteilung anstehenden Werbung der Beklagten, dass Fassung und Gläser getrennt voneinander erworben würden. Ein Verständnis der angegriffenen Werbung dahin, die Beklagte biete eine komplette Brille (Fassung und zwei Gläser) an und verschenke zusätzlich ein „Gratis-Glas“, erscheine ebenso abwegig und lebensfremd wie ein Verständnis, wonach das entgeltliche Angebot einen Brillentorso, bestehend aus einem Brillengestell und nur einem Glas, betreffe und dazu ein „Gratis“-Glas verschenkt würde. Bei für ihn wichtigen Kaufentscheidungen wie beim Kauf einer Korrektionsbrille werde sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig mit einer Werbung befassen und sie insgesamt zur Kenntnis nehmen. Selbst wenn man den Anwendungsbereich des Heilmittelwerberechts gleichwohl als eröffnet ansehen wolle, sei dennoch ein Verstoß nicht anzunehmen, weil ein gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG zulässiger Barrabatt - welcher begrifflich zu den Zuwendungen und sonstigen Werbegaben gehöre - gewährt werde, wie bereits das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 24.02.2005 - 2 U 143/04 bejaht habe. Entscheidend sei nicht, mit welchen Schlagworten der Rabatt beworben werde, wobei es durchaus üblich sei, den Rabatt auch als „Geschenk“ an den Kunden zu bezeichnen, weil es ja tatsächlich auch in der Sache um eine Geldzugabe gehe.

Ebenso zutreffend habe das Landgericht einen Verstoß gegen Anhang Nr. 21 zu § 3 Abs. 3 UWG verneint, da mit den dort angesprochenen (versteckten) Kosten nur diejenigen gemeint seien, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen werde und mit denen er auch tatsächlich nicht rechne. Entscheidend sei also die Beschreibung des Produkts in der Weise, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinne, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten. Durch den Sternchenhinweis werde aber vorliegend für den Verbraucher ohne jeden Zweifel deutlich formuliert, dass er die Hauptleistung („Kauf einer Brille in Sehstärke“) bezahlen müsse, um in den Genuss der Vergünstigung durch den eingeräumten Rabatt zu kommen. Die Werbung der Beklagten, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befassen werde, vermittle somit gerade nicht den Eindruck, der Käufer erhalte ein Brillenglas gratis bzw. geschenkt.

Auch eine Irreführung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG liege nicht vor. Eine Werbung mit Preisnachlässen sei insbesondere irreführend, wenn sie unzutreffende Aussagen über Höhe, Dauer, Ausmaß und Gründe der Preisnachlassgewährung enthalte. Aufgrund des Sternchenhinweises sei für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher aber klar, dass ihm ein 50%iger Rabatt auf zwei gleich viel kostende Brillengläser beim Kauf einer kompletten Brille gewährt werde; im wirtschaftlichen Ergebnis erhalte bei dem unstreitig gegebenen jeweils gleichen Preis für das linke und rechte Glas einer Brille der Kunde tatsächlich - wie in der Werbung plakativ dargestellt - ein Glas geschenkt, so dass die Werbung bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung die tatsächlichen Umstände des Angebotes richtig wiedergebe. Weder Gesetz noch Rechtsprechung verlangten von einem mit Preisnachlässen werbenden Kaufmann, dass ein Rabatt stets nur und ausdrücklich als solcher in der Werbung bezeichnet werde. Es reiche selbstverständlich aus, wenn der Kunde auch so in dem Angebot wie vorliegend erkenne, dass und unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe er worauf einen Preisnachlass erhalte.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016 (Bl. 161 ff. d. A.) Bezug genommen.

II. Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und gem. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sowie gem. § 520 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO begründete Berufung des gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG klagebefugten Klägers bleibt in der Sache erfolglos. Zu Recht hat das Landgericht in der angegriffenen Werbung keinen Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG n. F. /§§ 3, 4 Nr. 11 UWG a. F. i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG bzw. alternativ gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG oder gegen § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG gesehen, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG bzw. § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG und damit auch der Kostenerstattungsanspruch gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht gegeben sind. Die hiergegen vom Kläger erhobenen Einwände verhelfen seiner Berufung nicht zum Erfolg. Im Einzelnen:

1. Der auf Unterlassung gerichtete Hauptantrag in Ziffer I. - an dem der Kläger trotz entsprechenden ausdrücklichen Hinweises des Senats in der Ladungsverfügung und in der mündlichen Verhandlung festgehalten hat - ist bereits deswegen unbegründet, weil er aufgrund der Hinzufügung des Worts „insbesondere“ nicht nur auf die konkret angegriffene Verletzungsform Bezug nimmt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.43), sondern darüber hinaus jegliche Werbungen für Brillengläser mit dem Slogan „1 Glas geschenkt!“ erfasst. Insofern sind jedoch - auch abhängig von der gesamten Gestaltung der Werbung, vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 30 - Kostenlose Zweitbrille - ohne Weiteres Konstellationen denkbar, in denen eine solche Werbung lauterkeitsrechtlich unbedenklich ist. Eine Auslegung des vom Kläger allgemein formulierten Antrags dahingehend, dass er zumindest die von ihm beanstandete Verletzungsform verboten haben will (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 30 - Kostenlose Zweitbrille; eine Abspaltung als „minus“ scheidet freilich aus, wenn der Kläger ausdrücklich an seinem Antrag festhält, vgl. Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 2.44), ist vor dem Hintergrund seines dahingehenden Hilfsantrags nicht notwendig.

2. Aber auch der auf die konkret angegriffene Verletzungsform beschränkte, hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag ist unbegründet, da die Werbung der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt als wettbewerbswidrig einzuordnen ist.

1. a. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG als Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG n. F. /§ 4 Nr. 11 UWG a. F. bzw. als Verbraucherschutzgesetz i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG (vgl. hierzu BGH GRUR 2015, 504 Rn. 9 - Kostenlose Zweitbrille) abgelehnt, da es sich bei dem in der angegriffenen Werbung angepriesenen „geschenkten Glas“ nicht um eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG handelt.

aa. Soweit sich der Kläger für seinen auf Wiederholungsgefahr gestützten und in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch auch auf § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG i. V. m. § 3a UWG n. F. /§ 4 Nr. 11 UWG a. F. beruft, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl nach dem zur Zeit der Handlung (vorliegend also Oktober 2014) als auch nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht rechtswidrig sein (vgl. BGH GRUR 2016, 710 Rn. 34 - Im Immobiliensumpf m. w. N.). Durch die Neufassung bzw. Umwandlung des § 4 Nr. 11 UWG a. F. in die neue Vorschrift des § 3a UWG n. F. durch das am 10.12.2015 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I, 2015, 2158) ist jedoch inhaltlich keine Änderung eingetreten, so dass die Neufassung keinen Einfluss auf das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs hat.

bb. Das in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG enthaltene grundsätzliche Verbot von Werbegaben gilt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) HWG auch für die Werbung für Medizinprodukte i. S. v. § 3 MPG, wobei eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille ein solches Medizinprodukt i. S. v. § 3 Nr. 1 lit. b) MPG darstellt (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 12 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Darüber hinaus wäre aber auch ein einzelnes Brillenglas vom Schutzbereich des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG erfasst, da es als Zubehör i. S. v. § 3 Nr. 9 S. 1 MPG für das Medizinprodukt „Korrekturbrille“ gem. § 2 Abs. 1 S. 2 MPG als eigenständiges Medizinprodukt zu behandeln ist.

cc. Bei dem in der beanstandeten Zeitungsanzeige beworbenen „geschenkten Glas“ handelt es sich jedoch nicht um eine nach § 7 Abs. 1 S. 1 HWG unzulässige Werbegabe.

(1) Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG ist im Hinblick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird. Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese also als ein Geschenk ansehen. Werden dagegen dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 14 -Kostenlose Zweitbrille m. w. N.).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend bei der angegriffenen Werbung von einem einheitlichen Angebot auszugehen, für das ein Gesamtpreis zu bezahlen und somit keine unentgeltliche Gewährung inkludiert ist. Erblickt ein durchschnittlich informierter, verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher zunächst die hervorgehobene Aussage „1 Glas geschenkt!*“, wird ihm unmittelbar klar, dass mangels sinnvollen Nutzens eines einzelnen Glases diese Angabe nur Teil eines Gesamtangebots sein kann; dieser Eindruck wird zudem durch das Versehen der Angabe mit einem Sternchen bestätigt. Nimmt der Verbraucher sodann aber den Sternchentext „ *Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. [...]“ zur Kenntnis, wird ihm unmissverständlich mitgeteilt, dass einerseits das Angebot den Kauf einer Korrektionsbrille (also Brillenfassung plus zwei Gläser mit Sehstärke) umfasst und andererseits - aufgrund der Erklärung „Sie sparen also 50% des Glaspreises“ (Hervorhebung hinzugefügt) - der Werbeausspruch „1 Glas geschenkt!“ im Ergebnis lediglich die reißerische Umschreibung eines 50%igen Rabatts auf den Gläsergesamtpreis ist.

(3) Der Eindruck eines Geschenks, also einer unentgeltlich gewährten Zuwendung, wird dem Leser der Werbung auch nicht durch die Verwendung des Worts „geschenkt“ in der Anzeige vermittelt: Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher geht nämlich erfahrungsgemäß davon aus, dass ein Kaufmann Waren von nicht unerheblichem Wert nicht ohne Weiteres verschenkt (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 17 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Wie der Bundesgerichtshof in dem gerade zitierten Urteil weiter ausführt, sieht dieser Verbraucher eine als gratis beworbene Zusatzleistung deshalb nicht immer als ein von der entgeltlich abzugebenden Ware zu trennendes Geschenk an, sondern geht jedenfalls dann, wenn es sich bei der „gratis“ hinzu gegebenen Ware um eine mit dem beworbenen entgeltlichen Produkt identische Ware handelt, davon aus, dass der von ihm zu zahlende Preis die Zusatzleistung im Sinne von „zwei Waren zum Preis von einer“ einschließt. Eben diese beschriebene Konstellation ist vorliegend gegeben, wenn die Beklagte die Ersparnis von 50% des Glaspreises anführt und damit im Ergebnis zwei (jeweils gleich kostende, wie sie im Sternchenhinweis hervorhebt) Brillengläser zum Preis von einem Brillenglas bewirbt.

(4) Zu keinem anderen Ergebnis führt außerdem die Erkenntnis, dass das Verkehrsverständnis durch die Art und Weise mit beeinflusst wird, in der das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert wird, so dass die besondere Hervorhebung des Gratischarakters einer Zusatzleistung in einer werblichen Äußerung den Verbraucher glauben machen kann, die zusätzliche Ware werde unentgeltlich abgegeben (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 18 – Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). In der streitgegenständlichen Werbung ergibt die durch den roten, mittig angebrachten sog. Störer graphisch, schriftbildlich und positionell hervorgehobene Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' - wie bereits ausgeführt - für sich allein genommen keinen Sinn, so dass der Leser zum Verständnis des Angebots quasi gezwungen wird, dem Sternchenhinweis nachzugehen. Der Sternchentext erfolgt aber unmittelbar unterhalb der genannten Werbeaussage und im Übrigen ohnehin innerhalb einer textmäßig übersichtlichen Gesamtwerbeanzeige von verhältnismäßig geringer Größe (ca. ein Drittel einer DIN A 4-Seite, vgl. den Zeitungsausschnitt in Anlage B 7), so dass der angesprochene Verbraucher aufgrund der notwendigerweise mitgelesenen Erläuterung im Sternchentext gerade nicht allein aufgrund des Störers dem Eindruck erliegt, ein Glas werde unentgeltlich abgegeben. Insofern unterscheidet sich die hier zu entscheidende Konstellation von derjenigen in dem der „Kostenlose Zweitbrille“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall, in der das Berufungsgericht (vom Revisionsgericht unbeanstandet) aufgrund der optischen Hervorhebung und konkreten Gestaltung des beworbenen „Eyecatchers“ sowie dessen räumlicher Absetzung von den Angaben zur entgeltlichen Abgabe der Erstbrille im Ergebnis von einer Zweitbrille als kostenlosen Zugabe, also als „echtem Geschenk“ ausging (vgl. die Abbildung der angegriffenen Werbung in BeckRS 2015, 06519 sowie Rn. 19 der Entscheidungsgründe).

(5) Das OLG Hamm (GRUR-RR 2016, 28 Rn. 48 - 1 (Brillen)Glas geschenkt) ist in einer vergleichbaren Konstellation der Brillenwerbung zum selben Resultat gelangt, wobei im dort entschiedenen Fall bei identischem Text der hervorgehobenen Werbeaussage („ 1 Glas geschenkt!*') der Sternchentext in der angegriffenen Werbung („*Gültig beim Kauf einer kompletten Brille mit H-Gläsern in Sehstärke“; vgl. Anlage B 5) im Vergleich zum hiesigen Sternchentext sogar noch weniger deutlich den Inhalt des Gesamtangebots erläutert.

(6) Schließlich ist zur Bestätigung des hier gefundenen Ergebnisses auch der Umstand heranzuziehen, dass der Verbraucher die Brillenfassung und die beiden Gläser als eine funktionale Einheit ansieht, d. h. er versteht die gemeinsam mit einem anderen Produkt angebotene, nicht gesondert berechnete Ware aus funktionalen Gründen nicht als selbstständig angebotene Waren, sondern als einheitliches entgeltliches Angebot (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 23 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Im Unterschied zum in der gerade genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall, in welchem kein enger funktionaler Zusammenhang zwischen einer Erst- und einer Zweitbrille bestand, da diese unabhängig voneinander genutzt werden können und eine Zweitbrille für die sinnvolle Nutzung der anzuschaffenden Erstbrille verzichtbar ist, ist hier ein Sachverhalt gegeben, bei dem die beworbenen Produkte notwendigerweise oder üblicherweise zusammen genutzt, in der Praxis daher als Einheit angeboten und dementsprechend vom Verkehr erfahrungsgemäß als Gesamtangebot angesehen werden (vgl. BGH a. a. O.). In aller Regel werden nämlich bei Korrekturbrillen Brillenfassungen nicht isoliert ohne Brillengläser erworben, sondern der Kunde kauft sie gemeinsam mit den an seine Sehstärke angepassten Gläsern (oder ggf. mit Gläsern mit Standard-Sehstärken). Ebenso wenig ist es umgekehrt der Regelfall, dass Optikerkunden einzelne Brillengläser (nach-)kaufen. In jedem Fall aber sind die beiden Bestandteile Fassung und Gläser nicht unabhängig voneinander nutzbar, so dass ohne Weiteres von einer funktionalen Einheit auszugehen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 918, 919 - Null-Tarif; OLG Hamm GRUR-RR 2016, 28 Rn. 46 - 1 (Brillen)Glas geschenkt).

dd. Da bereits eine Werbegabe im Sinne der Vorschrift zu verneinen ist, kommt es nicht mehr auf das zwischen den Parteien streitige Vorliegen der in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) HWG enthaltenen (und bei Bejahung der Bewerbung eines Barrabatts in der angegriffenen Anzeige ansonsten anwendbaren) Ausnahme vom Werbeverbot bei Gewährung der Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag an. Der Tatbestand dieser Ausnahme wäre freilich nach Auffassung des Senats entgegen der Annahme des Landgerichts nicht erfüllt, da in der streitgegenständlichen Werbung keine konkreten Preise für Brillengläser enthalten sind und somit auch eine Berechnungsmöglichkeit für das Angebot nicht gegeben ist.

b. Darüber hinaus ist die Annahme des Landgerichts, die streitgegenständliche Werbung der Beklagten verstoße nicht gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“), frei von Rechtsfehlern.

aa. Nach dieser Vorschrift ist - in Umsetzung von Nr. 20 des Anhangs I der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) - als stets irreführende und damit unzulässige geschäftliche Handlung i. S. d. § 3 Abs. 3 UWG das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen anzusehen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind. Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Regelung einen Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG betreffe (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 20.08.2008, BT-Dr. 16/10145, S. 33). Anders als bei § 5 UWG ist jedoch bei Nr. 21 als „per se“-Verbot das Vorliegen oder gar der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich (vgl. Bruhn/Weidert in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4; Lindacher in GK-UWG, 2. Aufl., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 4).

bb. Ratio dieser Vorschrift ist der Schutz des Verbrauchers vor einer Irreführung durch die Verwendung von Begriffen wie „gratis“ etc. und insbesondere vor einer Irreführung über die Kosten, die bei Inanspruchnahme des Angebots anfallen, sofern sie nicht unvermeidbar sind; sie zwingt damit indirekt den Unternehmer, den Verbraucher über diese Kosten ausreichend zu informieren (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.1; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 2; Alexander in Münch-KommUWG, 2. Aufl., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 5 f.). Nach h. M. in der Literatur ist eine Beschreibung des Produkts in der Weise entscheidend, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinnt, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.2; Bruhn/Weidert, a. a. O., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4a; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 8; Alexander, a. a. O., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 19). In der Konsequenz sind nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur die Kosten gemeint, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen wird (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.3 mit Verweis auf LG Dortmund WRP 2014, 1360 Rn. 23, also die Vorinstanz des bereits zitierten Urteils des OLG Hamm in GRUR-RR 2016, 28 - 1 (Brillen)Glas geschenkt). In dieselbe Richtung geht die Ansicht in der Literatur, wonach für die Frage des Vorliegens des Tatbestands der Nr. 21 der „Schwarzen Liste“ als Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG der Gesamteindruck entscheidend sei, so dass der Tatbestand nicht eingreife, wenn nach den Grundsätzen der Blickfangwerbung hinreichend deutlich auf zusätzlich anfallende Kosten hingewiesen werde, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei (vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 58; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 9).

cc. In einem Sachverhalt mit einer Hauptleistung (in concreto ein Kasten mit zwölf Flaschen Erfrischungsgetränke) und einer als gratis beworbenen Zugabe („2 Flaschen gratis“), in dem es sich beim streitgegenständlichen Angebot des Beklagten also um eine kurzzeitige Vergrößerung der Verpackungseinheit bei gleichbleibendem Preis handelte, sah der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Nr. 3 UWG als nicht erfüllt an, da entscheidend sei, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit „Gratiszugaben“ darüber im Unklaren gelassen werde, dass er die Hauptleistung zu bezahlen habe, was im zu entscheidenden Fall außer Frage gestanden habe (vgl. BGH GRUR 2014, 576 Rn. 32 f. 2 Flaschen GRATIS; OLG Köln, GRUR 2009, 608; OLG Hamm GRUR-RR 2016, 28 Rn. 53 - 1 (Brillen)Glas geschenkt; Bruhn/Weidert, a. a. O., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 8; Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.3; Alexander, a. a. O., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 22; siehe auch Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 12 f.).

dd. Die zuletzt genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner 2 Flaschen gratis-Entscheidung passt zwar nicht unmittelbar auf die hiesige Konstellation, da in der hier streitgegenständlichen Werbung gerade nicht von einer Hauptleistung einerseits und einer Zugabe andererseits ausgegangen werden kann (s. o. Ziff. II. 2. a. cc.). Gleichwohl kann die Entscheidung aber insofern herangezogen werden, als der Bundesgerichtshof durch das Abstellen auf die (Un-)Klarheit der Werbung für den Verbraucher deutlich gemacht hat, dass es trotz des Charakters der Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG als perse-Verbot ohne Wertungsmöglichkeit auf Elemente der Irreführung bzw. der Aufklärung des Verbrauchers ankommen kann. Eine entsprechende Prüfung muss jedoch nicht als (ungeschriebenes) weiteres Tatbestandsmerkmal der Verbotsnorm vorgenommen werden; vielmehr kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift als Ansatzpunkt auch die Frage auf bereits bestehender Tatbestandsebene gewählt werden, ob der Verbraucher die konkrete Werbung tatsächlich als „gratis“-, „umsonst'- oder wie vorliegend als „geschenkt“-Angebot ohne Kostentragungspflicht versteht, oder ob ihm aufgrund der in der Werbung selbst vorgenommenen und ausreichenden Aufklärung hinsichtlich des Angebotsinhalts bewusst wird, dass ein kostenpflichtiges Gesamtangebot gerade ohne Gratis-Charakter vorliegt. In letzterem Fall liegt gerade kein „Angebot einer Ware oder Dienstleistung als gratis', umsonst', kostenfrei' oder dergleichen“ vor, „wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind“, wie Nr. 21 der Schwarzen Liste verlangt.

ee. Die hier angegriffene Werbung nimmt aber durch den Sternchenhinweis unmittelbar unter der hervorgehobenen Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' eine ausreichende Aufklärung des Verbrauchers vor, so dass dieser zweifelsfrei erkennt, dass ihm im Ergebnis ein 50%iges Barrabattsangebot im Sinne von „Zwei Brillengläser zum Preis von einem“ gemacht wird (s. o. Ziff. II. 2. a. cc. (2), (3)). Ein Verstoß gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG scheidet daher aus.

c. Schließlich enthält die angegriffene Werbung der Beklagten auch keine unwahren Tatsachen oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, so dass die behauptete Wettbewerbswidrigkeit der geschäftlichen Handlung der Beklagten, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, auch nicht aus einer unlauteren Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG folgt.

aa. Für die Frage der Irreführung ist es nicht hinreichend, isoliert auf die Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' abzustellen; ob zur Täuschung geeignete Angaben vorliegen, ist aufgrund des Sternchenhinweises vielmehr unter zusätzlicher Berücksichtigung des unmittelbar darunter abgedruckten Sternchentextes „*Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. [...]“zu beurteilen.

bb. Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht jedoch nach Lektüre dieser Erläuterungen ohne Weiteres, dass in der Anzeige mitnichten nur ein einzelnes Glas (alleine oder zusätzlich zu einer Brille oder einer Brillenfassung) als Geschenk beworben werden soll, sondern ein Gesamtangebot, welches aus einer Brillenfassung samt zweier an sich gleich kostenden Gläser mit Sehstärke besteht und bei dem der Kunde nur den halben Gläserpreis zahlen muss. Ihm wird also bewusst, dass ihm nichts geschenkt wird bzw. er nichts kostenlos erhält, sondern dass er lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gläsergesamtpreis erhält. Ein solcher 50%iger Barrabatt im Fall einer aus zwei gleich kostenden, gleichartigen Bestandteilen zusammengesetzten Ware kann tatsächlich alternativ z. B. mit „Zahle 1, erhalte 2“ o. ä. oder eben mit „1 [Warenbestanteil] geschenkt' umschrieben werden, ohne dass darin eine unwahre Tatsache zu sehen wäre.

3. Nachdem ein Unterlassungsanspruch zugunsten des Klägers nicht besteht, scheidet in der Konsequenz auch der mit Klageantrag Ziffer II. geltend gemachte Erstattungsanspruch i. S. v. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG für die Kosten der Abmahnung aus.

III. 1. Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die im Berufungsverfahren bestätigte Entscheidung des Erstgerichts war nach § 708 Nr. 10 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall, insbesondere der in der BGH-Entscheidung „Kostenlose Zweitbrille“ niedergelegten Grundsätze. Die hiesige Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zu den beiden Urteilen des OLG Stuttgart (Urt. v. 24.02.2005 - 2 U 143/04 = GRUR-RR 2005, 235 - „Gratis-Brillengras“ sowie Urt. v. 12.03.2007 - 2 U 153/06 = Anlage K 3), da diese noch auf Grundlage der alten Fassung von § 7 HWG mit einer anderen Ausgestaltung der Ausnahmetatbestände ergingen und im Übrigen auch einen anderen Sachverhalt betrafen, da die jeweils angegriffenen Werbungen der Optiker im Vergleich zur hier beanstandeten Werbung unterschiedlich gestaltet waren und unterschiedliche Informationen enthielten.

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

16
a) Die Revision weist allerdings mit Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Senats in Fällen, in denen der Blickfang für sich genommen eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, der dadurch veranlasste Irrtum regelmäßig durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden muss, der selbst am Blickfang teilhat. Danach reicht es nicht aus, wenn etwa der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 110/00, GRUR 2003, 249 f. = WRP 2003, 379 - Preis ohne Monitor).

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

16
a) Die Revision weist allerdings mit Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Senats in Fällen, in denen der Blickfang für sich genommen eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, der dadurch veranlasste Irrtum regelmäßig durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden muss, der selbst am Blickfang teilhat. Danach reicht es nicht aus, wenn etwa der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 110/00, GRUR 2003, 249 f. = WRP 2003, 379 - Preis ohne Monitor).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 314/02 Verkündet am:
7. April 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Internet-Versandhandel
UWG § 3 a.F.; § 5 Abs. 5 Satz 1
Der von der Werbung eines Internet-Versandhauses angesprochene Durchschnittsverbraucher
erwartet in der Regel, daß die beworbene Ware unverzüglich
versandt werden kann, wenn nicht auf das Bestehen einer abweichenden
Lieferfrist unmißverständlich hingewiesen wird.
BGH, Urt. v. 7. April 2005 - I ZR 314/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 13. November 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind u.a. Wettbewerber beim Vertrieb elektrischer Haushaltsgeräte.
Die Beklagte bietet ihre Waren im Internet an. Sie warb am 23. November 2001 auf der Einstiegsseite ihrer Website u.a. wie folgt für eine Kaffeemaschine Jura IMPRESSA S 95PL:

Der jeweils geltende Tagespreis mußte telefonisch bei der Beklagten abgefragt werden. Für die Auslieferung der Maschine galt eine Lieferfrist von drei bis vier Wochen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob durch Anklicken der Kaffeemaschine eine Produktseite aufgerufen werden konnte, auf der sich auch ein Hinweis auf die Lieferzeit befand.
Die Klägerin hat behauptet, die aufrufbare Seite habe außer der Telefonnummer des Call-Centers der Beklagten keine weiteren Informationen enthalten. Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, die Produktseite sei mit einer Produktbeschreibung und dem unübersehbaren Hinweis auf die Lieferfrist abrufbar gewesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Bewerbung von nicht sofort zur Auslieferung bereitstehenden elektrischen Küchenartikeln sei irreführend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Internet elektrische Haushaltsartikel zu bewerben, die im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Werbung nicht zur Auslieferung stehen, insbesondere wie dies aus den dem Urteil beigefügten Anlagen JS 1 und 2 ersichtlich ist.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG a.F. für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Das Publikum entnehme der beanstandeten Werbung, daß die abgebildete Kaffeemaschine zur sofortigen Auslieferung bereitstehe, und werde in dieser Erwartung unstreitig getäuscht. Es komme nicht darauf an, daß die vollständige Information möglicherweise durch Aufruf eines Produktblattes erhältlich gewesen sei. Daher könne unterstellt werden, daß ein Produktblatt mit dem Hinweis auf die Lieferfrist habe abgerufen werden können.
Eine Werbung sei irreführend, wenn die angebotene Ware, die zum persönlichen Gebrauch bestimmt sei, entgegen der durch die konkrete Werbemaßnahme hervorgerufenen Erwartung des Verkehrs zum angekündigten Zeitpunkt nicht oder nicht in ausreichender Menge im Verkaufslokal vorrätig sei und zur sofortigen Mitnahme bereitstehe. Diese Verkehrserwartung gelte auch für den Versandhandel mit elektrischen Haushaltsartikeln. Der Verkehr erwarte angesichts der ihm geläufigen Gebräuche im Versandhandel, daß zum Verkauf beworbene elektrische Haushaltsgeräte bei Eingang der Bestellung nicht erst vom Verkäufer beschafft werden müßten, sondern unverzüglich versandfertig gemacht und auf den Weg gebracht würden. Dies könne der Senat aus eigener Anschauung beurteilen, da seine Mitglieder zu den mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreisen gehörten.
Das Verbot irreführender Angaben über die Lieferbarkeit von beworbener Ware solle verhindern, daß der Verbraucher durch solche Angaben angelockt, im Geschäft des Werbenden enttäuscht und gegebenenfalls veranlaßt werde,
andere Waren zu kaufen. Dieser Grundsatz sei auf den vorliegenden Fall auch dann übertragbar, wenn ein Produktblatt mit aufklärendem Hinweis über die Lieferfrist vorhanden gewesen sei. Es könne zwar davon ausgegangen werden, daß es fortgeschrittene Internetnutzer gebe, die ein beworbenes Produkt anklickten , um nähere Informationen zu erhalten. Diese würden nicht über die Lieferbarkeit der Kaffeemaschine getäuscht, da sie nach dem Vorbringen der Beklagten über die Lieferfrist von drei bis vier Wochen aufgeklärt würden. Es gebe aber auch Nutzer des Internets, denen es nicht geläufig sei, daß ein beworbenes Produkt zum Erhalt weiterer Informationen angeklickt werden müsse. Es könne nicht unterstellt werden, daß der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher als Anfänger in der Nutzung des Internets schon über das Erfahrungswissen eines geübten und versierten Nutzers verfüge. Eine als rechtlich relevant anzusehende Gruppe von Verbrauchern habe keinen Anlaß, nach weiteren Informationen zu forschen, wenn sie nicht etwa in Form von Links auf ein weiteres Informationsangebot hingewiesen werde. Für einen Teil dieser Verbraucher werde die Werbung der Beklagten möglicherweise unbeachtlich sein, weil sie nicht wüßten, wie sie den aktuellen Tagespreis in Erfahrung bringen könnten. Diejenigen Verbraucher, die sich dennoch für das Gerät interessierten, könnten über die ihnen aus den Printmedien geläufigen Suchstrategien den Link "Impressum" anklicken und die Telefonnummer des Call-Centers der Beklagten erfahren. Diese Interessenten befänden sich in derselben Situation wie diejenigen, die ein Ladengeschäft in der irrigen Annahme aufsuchten, daß ein gerade in einer Werbeanzeige angepriesenes Gerät zum Verkauf vorrätig sei. Der Verkäufer erhalte so die Möglichkeit eines werbenden Verkaufsgesprächs, die er ohne die irreführende Werbung nicht erhalten hätte. Es widerspreche jedenfalls nicht jeder Lebenserfahrung anzunehmen, daß der Kunde, wenn ihm die Lieferfrist bei dem Telefonat überhaupt mitgeteilt werde, von dem Verkäufer zum Abwarten der Frist überredet oder gar auf ein anderes Produkt hingelenkt werde.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 anzuwenden. Der im Streitfall auf eine Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, WRP 2005, 474, 475 - Direkt ab Werk).
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung der Beklagten im Internet sei irreführend und deshalb unlauter (§§ 3, 5 UWG; § 3 UWG a.F.), hält auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Ob eine Werbung irreführende Angaben enthält, bestimmt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 84, 91 - Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 16.12.2004 - I ZR 222/02, WRP 2005, 480, 483 - Epson-Tinte, m.w.N.). Die Werbung der Beklagten für die von ihr angebotene Kaffeemaschine richtet sich an den Verbraucher. Demgemäß ist auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 250, 252 f. - Marktführerschaft, m.w.N.).
Stehen die einzelnen Angaben in einer in sich geschlossenen Darstellung , so dürfen sie nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1995 - I ZR 213/93, GRUR 1996, 367, 368 = WRP 1996, 290 - Umweltfreundliches Bauen; BGH WRP 2005, 480, 484 - Epson-Tinte). Ob mehrere Angaben innerhalb einer Werbeschrift oder einer sonstigen (äußerlich einheitlichen) Werbedarstellung selbst bei einer gewissen räumlichen Trennung (z.B. beim Abdruck auf verschiedenen Seiten eines umfangreichen Katalogs) gleichwohl, beispielsweise wegen eines inhaltlichen Bezugs oder wegen eines ausdrücklichen Verweises, als zusammengehörig aufgefaßt werden oder nicht, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls (BGH WRP 2005, 480, 484 - Epson-Tinte).

b) Diese Grundsätze gelten für die Werbung im Internet in entsprechender Weise (BGH WRP 2005, 480, 484 - Epson-Tinte).
aa) Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG ist es irreführend, für eine Ware zu werben, die unter Berücksichtigung der Art der Ware sowie der Gestaltung und Verbreitung der Werbung nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage zur Verfügung steht. Diese Regelung findet ihre Rechtfertigung darin, daß der Verbraucher erwartet, daß die angebotenen Waren zu dem angekündigten oder nach den Umständen zu erwartenden Zeitpunkt verfügbar sind, so daß die Nachfrage befriedigt werden kann. Die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG knüpft damit an die Grundsätze an, die die Rechtsprechung zur Vorratshaltung im stationären Handel im Rahmen des § 3 UWG a.F. entwickelt hat.
Diese Grundsätze gelten in modifizierter Weise auch hinsichtlich der Werbung für einen Versandhandel im Internet. Hier erwartet der Verbraucher in der Regel, daß die beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, un-
abhängig davon, ob der Werbende die Ware selbst vorrätig hält oder sie bei einem Dritten abrufen kann.
Der Verkehr erwartet bei Angeboten im Internet, die anders als Angebote in einem Versandhauskatalog ständig aktualisiert werden können, mangels anderslautender Angaben die sofortige Verfügbarkeit der beworbenen Ware. Die Rücksichtnahme auf diese Erwartung des Verkehrs belastet den Unternehmer, der einen Versandhandel betreibt und sein Warenangebot im Internet bewirbt, nicht in unzumutbarer Weise. Es bleibt ihm unbenommen, durch geeignete Zusätze auf einen bestimmten Angebotszeitraum oder Lieferfristen hinzuweisen, wenn er nicht in der Lage ist, eine Nachfrage tagesaktuell zu erfüllen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht daher angenommen, der von der Werbung eines Internet-Versandhauses angesprochene Durchschnittsverbraucher gehe bei zum Verkauf beworbenen elektrischen Haushaltsartikeln grundsätzlich von einer sofortigen Lieferbarkeit der beworbenen Ware aus, wenn nicht auf das Bestehen einer abweichenden Lieferfrist unmißverständlich hingewiesen werde.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision können die verbraucherschutzregelnden Bestimmungen bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz auf die Beurteilung der irreführenden Werbung im Bereich des Internet-Versandhandels grundsätzlich keine einschränkende Bedeutung haben (vgl. BGH, Urt. v. 1.4.2004 - I ZR 227/01, GRUR 2004, 699, 701 = WRP 2004, 1160 - Ansprechen in der Öffentlichkeit I).

c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , eine Irreführung liege auch dann vor, wenn der Hinweis auf die Lieferfrist nicht auf der Eingangsseite, sondern erst auf einer durch Anklicken
eines elektronischen Verweises (Links) erreichbaren "Produktseite" gegeben werde.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Inhalt der Produktseite, auf der sich der Hinweis auf die Lieferfrist - unterstellt - befinde, sei für den Gesamteindruck der beanstandeten Werbung ohne Bedeutung, weil diese Seite von einer für die Irreführung maßgeblichen Gruppe von Verbrauchern nicht genutzt werde. Es hat dabei darauf abgestellt, daß Anfänger in der Nutzung des Internets keinen Anlaß hätten, nach weiteren Informationen zu forschen, wenn sie nicht etwa durch elektronische Verweise auf ein weiteres Informationsangebot hingewiesen würden. Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden.
bb) Ein von der Werbung der Beklagten angesprochener Verbraucher hat bereits aktiv die Internetseite der Beklagten aufgesucht. Ein solcher Verbraucher verfügt erfahrungsgemäß über die Fähigkeit, einen elektronischen Verweis zu erkennen. Davon ist auch das Berufungsgericht für den Verweis "Impressum" als selbstverständlich ausgegangen. Der Kaufinteressent wird dabei gerade diejenigen über einen elektronischen Verweis verknüpften Seiten aufrufen, die er zur Information über die von ihm ins Auge gefaßte Ware benötigt oder zu denen er durch Verweise aufgrund einfacher elektronischer Verknüpfung oder durch klare und unmißverständliche Hinweise auf den Weg bis hin zum Vertragsschluß geführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 222/00, GRUR 2003, 889, 890 = WRP 2003, 1222 - Internet-Reservierungssystem; BGH WRP 2005, 480, 484 - Epson-Tinte). Da der der streitgegenständlichen Produktabbildung unterlegte elektronische Verweis keine Besonderheiten aufweist , die seine Erkennbarkeit erschweren könnten, ist davon auszugehen, daß der von der Werbung der Beklagten angesprochene Durchschnittsverbraucher, der den Erwerb der beworbenen Kaffeemaschine in Betracht zieht, eine derarti-
ge elektronische Verweisung erkennt, die dadurch verknüpfte Produktseite aufruft und als zum beworbenen abgebildeten Produkt gehörend ansieht.
Hat er diese Seite aufgerufen, wird er nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Vortrag der Beklagten über die bestehende Lieferfrist informiert. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird daher zu klären sein, ob die Produktseite diese Angabe enthält.
III. Danach war auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 22.10.2015, berichtigt mit Beschluss vom 20.11.2015, Az. 12 O 1496/15, wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil des Landgerichts München I, Az. 12 O 1496/15, wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen behaupteter wettbewerbswidriger Werbung auf Unterlassung und Zahlung einer Kostenpauschale in Anspruch.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein Augenoptikunternehmen mit über 70 Filialen, schwerpunktmäßig im Freistaat Bayern. Im Oktober 2014 schaltete sie in einer lokalen Zeitung die nachfolgend abgebildete Anzeige (Anlage K 1 bzw. B 7):

BildBild

Unter der in der Werbung blickfangmäßig mit rotem Hintergrund hervorgehobenen Angabe „1 Glas geschenkt!*“ befindet sich in kleinerer Schrift folgender Text: „*Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. Nicht kombinierbar mit anderen Aktions- und Komplettangeboten, ausgenommen 25% auf Sonnenbrillen.“

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.12.2014 (Anlage K 2) erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Mit Endurteil vom 22.10.2015, berichtigt mit Beschluss vom 20.11.2015, hat das Landgericht das Begehren des Klägers,

I. Die Beklagte wird verurteilt, es (bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Vertrieb von Brillengläsern mit der Aussage zu werben: „1 Glas geschenkt!“, insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben und aus Anlage K 1 ersichtlich: (es folgt die oben ersichtliche Abbildung)

II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin EUR 246,10 nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:

Der begehrte Unterlassungsanspruch ergebe sich nicht aus einer Verletzung der verbraucherschützenden Regelung in § 7 Abs. 1 HWG: Zwar unterfalle die Brille dem Heilmittelbegriff des HWG, da es sich um ein Medizinprodukt i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG, § 3 Nr. 1 MPG handele; jedoch stelle das beworbene „geschenkte Glas“ keine Zuwendung oder sonstige Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG dar. Dieser Begriff erfasse grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt werde; eine Werbegabe setze demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt werde, so dass er diese als ein Geschenk ansehe. Würden dem Werbeadressaten dagegen mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liege keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor. Vorliegend handele es sich aber gerade um ein solches einheitliches Angebot, für das der Kunde einen Gesamtpreis zu zahlen habe. Beworben werde eine komplette Brille als funktionelle Einheit, bestehend aus einer Brillenfassung und zwei Brillengläsern mit entsprechenden Korrekturwerten. Für den maßgeblichen Verkehrskreis und den durchschnittlich informierten, verständigen und informierten Verbraucher werde in aller Regel das maßgebliche Ziel der Erwerb des Produkts „Brille“ als Einheit sein; abgesehen von dem Fall der Beschädigung des Brillenglases sei davon auszugehen, dass der angesprochene Verbraucher an einem einzelnen „geschenkten Brillenglas“ regelmäßig gar kein Interesse habe. Es sei weiter davon auszugehen, dass in einem Großteil der Fälle der Verbraucher gleichzeitig eine Brillenfassung sowie Gläser erwerben wolle. Die Brille als Gesamtpaket sei damit als eine einheitliche, entgeltlich angebotene Hauptware zu qualifizieren, so dass mit dem Angebot „1 Glas geschenkt!“ keine Zugabe neben einer Ware angeboten, sondern eine Preisvergünstigung auf das gesamte Produkt „Brille“ gewährt werde. Selbst wenn man aber das „geschenkte Glas“ als Werbegabe qualifizieren würde, wäre jedenfalls der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG einschlägig, der Geldrabatte erlaube, die ohne Hilfsmittel zu errechnen seien. Vorliegend sei letztlich nichts anderes als ein 50%iger Barrabatt gewährt worden, was durch den Text nach dem Sternchenhinweis auch ausreichend deutlich werde.

Die in Rede stehende Werbung sei auch nicht nach § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 des Anhangs zu dieser Vorschrift unzulässig. Für die Erfüllung dieses Tatbestands sei, auch wenn der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich sei, entscheidend, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit „Gratiszugaben“ darüber im Unklaren gelassen werde, dass er die Hauptleistung zu bezahlen habe. Ein solcher Fall sei jedoch hier nicht gegeben, da für den Verbraucher aufgrund des Textes nach dem Sternchenhinweis kein Zweifel daran bestehe, dass die Hauptleistung - die komplette Brille - kostenpflichtig sei.

Schließlich scheide auch eine zu einer Unterlassungspflicht führende Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG aus, da durch den direkt unter der Werbeaussage „1 Glas geschenkt!“ platzierten deutlichen Sternchenhinweis für den durchschnittlichen Verbraucher klar sei, dass ihm ein 50%iger Rabatt auf zwei gleich viel kostende Brillengläser gewährt werde; damit erhalte der Kunde im Ergebnis auch eines der Brillengläser tatsächlich geschenkt.

Mangels Unterlassungsanspruch sei auch kein Erstattungsanspruch nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG gegeben.

Gegen diese Entscheidung, dem Klägervertreter zugestellt am 26.10.2015, richtet sich die am 26.10.2015 bei Gericht eingegangene (Bl. 111 ff. d. A.) und, nach antragsgemäßer (Bl. 113 d. A.) Fristverlängerung (Bl. 115 d. A.), mit Schriftsatz vom 19.01.2016, bei Gericht eingegangen am selben Tage (Bl. 117 ff. d. A.), begründete Berufung des Klägers, mit der er sein Ausgangsbegehren weiterverfolgt.

Unter Verweis auf sein erstinstanzliches Vorbringen macht er folgendes geltend:

Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 HWG sei nicht nur für Komplettbrillen eröffnet, sondern auch für bloße Brillenfassungen, da es sich hierbei um Zubehör von Medizinprodukten gem. § 3 Nr. 9 MPG handele, die als solche gem. § 2 Abs. 1 S. 2 MPG als eigenständige Medizinprodukte zu behandeln seien. Es sei demnach bereits unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben im Sinne der Vorschrift zu Brillenfassungen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde der Empfänger vorliegend die Zuwendung als ein Geschenk ansehen, wenn ihm wie in der angegriffenen Werbung ein Brillenglas ausdrücklich als „geschenkt“ präsentiert werde. Das Landgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass eine Zuwendung vorliegend mangels einer von der Hauptware „Brille“ getrennten Nebenware ausscheide, da § 7 Abs. 1 HWG keine von der Hauptware getrennte Nebenware voraussetze und auch das Vorliegen einer „Funktionseinheit“ eine Zuwendung im Sinne der genannten Vorschrift nicht ausschließe. Zudem schließe vorliegend die konkrete Darstellung in der angegriffenen Werbung eine Verkehrsauffassung aus, wonach die zusätzliche Leistung als Bestandteil eines einheitlichen, eigenständigen „Gesamtpakets“ angesehen werde. Für die Frage, ob eine Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 HWG vorliege, komme es entscheidend darauf an, wie dem Verkehr das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert werde; die Art und Weise der Werbung könne zur Aufspaltung einer im Verkehr gängigen Vorstellung von einer Funktionseinheit in Haupt- und Nebenware führen. So liege es auch hier, da die Beklagte selbst in der angegriffenen Werbung eine Brille mit Gläsern in Haupt- und Nebenware - nämlich Fassung und Gläser - aufspalte, indem sie durch die angegriffene Werbeaussage „1 Glas geschenkt“ den Gratischarakter einer Zusatzleistung hervorhebe und dadurch verdeutliche, dass die Gläser als von der Fassung getrennte Waren zu verstehen seien. Dieser beim Verkehr entstehende Eindruck getrennter Waren werde noch dadurch verstärkt, dass die Beklagte in ihrer Werbung ausdrücklich darauf hinweise, dass Brillengläser einen eigenen, von der Brillenfassung getrennten Kaufpreis hätten und damit auch einzeln erworben werden könnten; dass Fassung und Gläser zu eigenen Preisen einzeln erworben werden könnten, spreche klar gegen das Vorliegen einer untrennbaren Einheit. Zu berücksichtigen sei hier zudem, dass in jedem Brillengeschäft Brillenfassungen mit einem eigenen Preis (ohne Gläser) ausgezeichnet würden und auch ohne Gläser erworben werden könnten sowie, dass auch Brillengläser stets einzeln ohne Fassung z. B. aufgrund einer sich verändernden Sehstärke oder einer Beschädigung erworben werden könnten. So etwas wie eine „Komplettbrille“ gebe es nur sehr selten, die allermeisten Brillen würden individuell aus Brillengestell, rechtem Glas und linkem Glas (aus Glas oder Kunststoff, selbsttönend und/oder kratzfest und/oder superentspiegelt) für den Kunden nach dessen Bedürfnissen individuell zusammengestellt. Die Beklagte bewerbe auch diesen Normalfall, so dass es sich bei den von ihr beworbenen Brillenfassungen und Brillengläsern aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises um voneinander getrennte und gesondert erwerbbare Waren handele. Auch der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG sei nicht einschlägig, da es sich bei dem „geschenkten Glas“ nicht um die Ankündigung eines hiernach ausnahmsweise zulässigen Barrabatts handele. Ein solcher setze die exakte Bezifferung oder Bestimmbarkeit des gewährten Geldbetrags voraus, so dass sich dieser mühelos, d. h. ohne Hilfsmittel errechnen lasse; dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, da sich der angegriffenen Werbung kein bestimmter oder ohne Hilfsmittel bestimmbarer Geldbetrag entnehmen lasse, weil die angegriffene Werbung keinerlei Informationen zu dem tatsächlichen Glaspreis enthalte. Ohnehin komme es auf die konkrete Werbung an, mit welcher die Beklagte gerade keinen Barrabatt, sondern ausdrücklich eine Gratiszugabe ankündige. Von der Bewerbung als „gratis“ oder „geschenkt“ gehe eine wesentlich höhere Anlockwirkung als von einer Rabattwerbung aus. Da die Ankündigung „geschenkt“ in der angegriffenen Werbung blickfangmäßig herausgestellt sei, komme eine Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG nicht in Betracht.

Selbst wenn man außerdem unterstelle, dass das zweite Brillenglas nicht als „Gratis-Zugabe“ beworben, sondern ein Rabatt von 50% auf den Kaufpreis beider Brillengläser gewährt werde, wäre die angegriffene Werbung gem. § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“) als per se-Verbot ohne Relevanzprüfung unzulässig. Wenn man vorliegend eine kostenlose Zugabe nach § 7 Abs. 1 HWG verneine, läge ein Nachlass von 50% auf den festen Paarpreis der Gläser vor, die zu dem beworbenen Preis auch nur paarweise erhältlich seien. Ein „geschenktes Glas“ gäbe es bei der Beklagten dann nicht, weshalb der stets verbotene Tatbestand gegeben sei, dass eine Ware als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen beworben werde, obgleich hierfür Kosten zu tragen seien. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass dem Unternehmer der Gegenbeweis, dass seine geschäftliche Handlung im konkreten Fall nicht geeignet gewesen sei, eine geschäftliche Handlung des Verbrauchers zu beeinflussen, verwehrt sei; zudem sei der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich, da der Gesetzgeber das Vorliegen einer solchen unwiderleglich vermute. Gleichwohl habe das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Urteil des OLG Hamm vom 06.08.2015 - Az. 4 U 137/14 (= GRUR-RR 2016, 28 - 1 (Brillen)-Glas geschenkt) in unzulässiger Weise eine Wertung durchgeführt und angenommen, eine Irreführung durch die Gratis-Werbung der Beklagten werde durch den Sternchenhinweis in der angegriffenen Werbung ausgeräumt. Hierauf komme es für den oben genannten Verbotstatbestand jedoch nicht an. Neben § 5 UWG wäre Nr. 21 der Schwarzen Liste nicht erforderlich, wenn in dessen Rahmen letztlich ebenfalls die Irreführung geprüft werden müsste. Ein solches Verständnis von Nr. 21 verstoße gegen die UGP-Richtlinie, denn der Richtliniengeber habe mit der Schwarzen Liste Verbotstatbestände ohne Wertungsmöglichkeit schaffen wollen.

Schließlich liege auch eine irreführende geschäftliche Handlung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG vor, wenn man eine unzulässige Zuwendung gem. § 7 HWG verneine. Eine unlautere Irreführung sei dann gegeben, wenn sie unwahre Tatsachen oder zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet werde, enthalte. Dies sei hier der Fall, da die angegriffene Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen den unzutreffenden Eindruck erwecke, der Kunde erhalte beim Kauf einer Brille ein Brillenglas, das er ansonsten einzeln voll zu bezahlen hätte, gratis bzw. geschenkt. Wenn man dagegen die Werbung so verstehe, dass der Kunde lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gesamtpreis zweier nur paarweise erhältlicher Gläser erlange, erhielte der Kunde kein Glas „geschenkt“, sondern einen Nachlass auf einen festen Glaspaarpreis. Wenn es der Beklagten darauf ankäme, einen Rabatt zu kommunizieren, dann könne sie diesen herausstellen, was sie aber bewusst nicht täte. Ob die unwahre Angabe durch einen Sternchenhinweis für den Verkehr „relativiert“ würde, wäre unbeachtlich, da unwahre Angaben unabhängig von der Täuschungseignung von § 5 UWG erfasst würden.

Hilfsweise werde beantragt, die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da eine Klageabweisung in Widerspruch zu den Entscheidungen des OLG Stuttgart vom 24.02.2005 - 2 U 143/04 (= GRUR-RR 2005, 235 - „Gratis-Brillengras“) und vom 12.03.2007 - 2 U 153/06 (Anlage K 3) stünde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 22.10.2015, Az. 12 O 1496/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

I. es (bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Vertrieb von Brillengläsern mit der Aussage zu werben:

„1 Glas geschenkt!“

insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben und aus Anlage K 1 ersichtlich: (es folgt die oben ersichtliche Abbildung)

hilfsweise, nach dem Hauptantrag ohne den Zusatz „insbesondere“.

II. an die Klägerin EUR 246,10 nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Ersturteil und führt hierzu ergänzend aus:

Aus der Werbung der Beklagten, insbesondere dem Sternchenhinweis, werde ohne Weiteres deutlich, dass es der Beklagten um den Verkauf einer kompletten Brille bestehend aus Fassung und Gläsern gehe. Dem Kunden werde hierzu offeriert, dass er beim Erwerb einer solchen kompletten Brille nur die Fassung bezahlen müsse und er auf die Gläser einen Rabatt i. H. v. 50% auf den Normalpreis der beiden Gläser erhalte, was in der Formulierung von der Beklagten zulässigerweise so dargestellt werde, dass eines der Gläser gratis sei. Es gehe also um den einheitlichen Verkauf einer (nach dem Verkehrsverständnis auch ein einheitliches Produkt darstellenden) Brille. Dagegen werde gerade nicht für den getrennten Kauf einer Fassung und die Zugabe eines Glases geworben. Insoweit sei es fernliegend, hier mit dem Begriff einer Zugabe bzw. Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG zu operieren. Eine solche liege nur dann vor, wenn eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung gewährt werde; dagegen sei eine Zugabe schon begrifflich ausgeschlossen, wenn die beiden in Rede stehenden Waren vom Verkehr als funktionale Einheit angesehen würden. Um eine solche Funktionseinheit handele es sich aber beim Angebot der Beklagten, indem sich die Fassung zusammen mit den Gläsern erst zu dem Medizinprodukt der Korrektionsbrille ergänzten. Gleichzeitig erkenne der umworbene Kunde auch, dass er für die von ihm zu erwerbende Korrektionsbrille natürlich etwas zu zahlen habe, nämlich den Preis der Fassung und die Hälfte des normalen Glaspreises, also ein Glas. Im vorliegenden Fall sei die gewährte Vergünstigung also gerade Teil des Medizinprodukts selbst, da das Medizinprodukt i. S. d. MPG weder die Fassung noch die Gläser isoliert seien, sondern nur das zusammengesetzte und allein vom Verbraucher gewollte und benötigte Produkt „Korrektionsbrille“, um das es in der Werbung der Beklagten auch gehe. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH „Null-Tarif“ (GRUR 2000, 918) und die vorangegangene Entscheidung des Berufungsgerichts OLG Hamm. Auch die aktuelle Entscheidung des BGH „kostenlose Zweitbrille“ (GRUR 2015, 504) bestätige die Auffassung der Beklagten, soweit dort ausgeführt werde, dass keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vorliege, wenn dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert würden; ausreichend für eine Werbegabe sei eben nicht, wenn eines der in dem Paket mitverkauften Produkte oder Waren oder Teilwaren ausdrücklich als kostenlos gewährt angepriesen würde. Der BGH habe die dort streitgegenständliche Werbung allein deswegen verboten, weil aufgrund der konkreten Form der Werbung der Verbraucher auf eine Zugabe oder Werbegabe schließe und insoweit die Verkehrsauffassung beeinflusst worden sei. Dies liege aber beim Angebot der Beklagten anders, weil dort von vornherein auf die vom Kunden als einheitliches Produkt zu erwerbende Korrektionsbrille abgestellt werde, die nun einmal zwingend aus zwei Gläsern und einer Fassung bestehe, die funktional voneinander abhingen und für sich allein nicht sinnvoll nutzbar seien. Es gehe gerade nicht um den Erwerb des Medizinprodukts „Brillenglas“, dem kostenlos ein zweites Brillenglas (als Zugabe) hinzugefügt würde. Im Übrigen hielte der BGH in Rn. 23 der genannten Entscheidung daran fest, dass bei Bejahung einer funktionalen Einheit von vornherein der Gedanke an eine Zugabe oder an eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 HWG nicht in Betracht zu ziehen sei. Die theoretischen Überlegungen des Klägers, dass Brillenfassungen und Gläser auch getrennt voneinander erworben werden könnten, stellten den absoluten Ausnahmefall dar und es entspreche daher weder der Lebenserfahrung noch der konkret hier zur Beurteilung anstehenden Werbung der Beklagten, dass Fassung und Gläser getrennt voneinander erworben würden. Ein Verständnis der angegriffenen Werbung dahin, die Beklagte biete eine komplette Brille (Fassung und zwei Gläser) an und verschenke zusätzlich ein „Gratis-Glas“, erscheine ebenso abwegig und lebensfremd wie ein Verständnis, wonach das entgeltliche Angebot einen Brillentorso, bestehend aus einem Brillengestell und nur einem Glas, betreffe und dazu ein „Gratis“-Glas verschenkt würde. Bei für ihn wichtigen Kaufentscheidungen wie beim Kauf einer Korrektionsbrille werde sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig mit einer Werbung befassen und sie insgesamt zur Kenntnis nehmen. Selbst wenn man den Anwendungsbereich des Heilmittelwerberechts gleichwohl als eröffnet ansehen wolle, sei dennoch ein Verstoß nicht anzunehmen, weil ein gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HWG zulässiger Barrabatt - welcher begrifflich zu den Zuwendungen und sonstigen Werbegaben gehöre - gewährt werde, wie bereits das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 24.02.2005 - 2 U 143/04 bejaht habe. Entscheidend sei nicht, mit welchen Schlagworten der Rabatt beworben werde, wobei es durchaus üblich sei, den Rabatt auch als „Geschenk“ an den Kunden zu bezeichnen, weil es ja tatsächlich auch in der Sache um eine Geldzugabe gehe.

Ebenso zutreffend habe das Landgericht einen Verstoß gegen Anhang Nr. 21 zu § 3 Abs. 3 UWG verneint, da mit den dort angesprochenen (versteckten) Kosten nur diejenigen gemeint seien, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen werde und mit denen er auch tatsächlich nicht rechne. Entscheidend sei also die Beschreibung des Produkts in der Weise, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinne, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten. Durch den Sternchenhinweis werde aber vorliegend für den Verbraucher ohne jeden Zweifel deutlich formuliert, dass er die Hauptleistung („Kauf einer Brille in Sehstärke“) bezahlen müsse, um in den Genuss der Vergünstigung durch den eingeräumten Rabatt zu kommen. Die Werbung der Beklagten, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befassen werde, vermittle somit gerade nicht den Eindruck, der Käufer erhalte ein Brillenglas gratis bzw. geschenkt.

Auch eine Irreführung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG liege nicht vor. Eine Werbung mit Preisnachlässen sei insbesondere irreführend, wenn sie unzutreffende Aussagen über Höhe, Dauer, Ausmaß und Gründe der Preisnachlassgewährung enthalte. Aufgrund des Sternchenhinweises sei für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher aber klar, dass ihm ein 50%iger Rabatt auf zwei gleich viel kostende Brillengläser beim Kauf einer kompletten Brille gewährt werde; im wirtschaftlichen Ergebnis erhalte bei dem unstreitig gegebenen jeweils gleichen Preis für das linke und rechte Glas einer Brille der Kunde tatsächlich - wie in der Werbung plakativ dargestellt - ein Glas geschenkt, so dass die Werbung bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung die tatsächlichen Umstände des Angebotes richtig wiedergebe. Weder Gesetz noch Rechtsprechung verlangten von einem mit Preisnachlässen werbenden Kaufmann, dass ein Rabatt stets nur und ausdrücklich als solcher in der Werbung bezeichnet werde. Es reiche selbstverständlich aus, wenn der Kunde auch so in dem Angebot wie vorliegend erkenne, dass und unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe er worauf einen Preisnachlass erhalte.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016 (Bl. 161 ff. d. A.) Bezug genommen.

II. Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und gem. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sowie gem. § 520 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO begründete Berufung des gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG klagebefugten Klägers bleibt in der Sache erfolglos. Zu Recht hat das Landgericht in der angegriffenen Werbung keinen Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG n. F. /§§ 3, 4 Nr. 11 UWG a. F. i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG bzw. alternativ gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG oder gegen § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG gesehen, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG bzw. § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG und damit auch der Kostenerstattungsanspruch gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht gegeben sind. Die hiergegen vom Kläger erhobenen Einwände verhelfen seiner Berufung nicht zum Erfolg. Im Einzelnen:

1. Der auf Unterlassung gerichtete Hauptantrag in Ziffer I. - an dem der Kläger trotz entsprechenden ausdrücklichen Hinweises des Senats in der Ladungsverfügung und in der mündlichen Verhandlung festgehalten hat - ist bereits deswegen unbegründet, weil er aufgrund der Hinzufügung des Worts „insbesondere“ nicht nur auf die konkret angegriffene Verletzungsform Bezug nimmt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.43), sondern darüber hinaus jegliche Werbungen für Brillengläser mit dem Slogan „1 Glas geschenkt!“ erfasst. Insofern sind jedoch - auch abhängig von der gesamten Gestaltung der Werbung, vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 30 - Kostenlose Zweitbrille - ohne Weiteres Konstellationen denkbar, in denen eine solche Werbung lauterkeitsrechtlich unbedenklich ist. Eine Auslegung des vom Kläger allgemein formulierten Antrags dahingehend, dass er zumindest die von ihm beanstandete Verletzungsform verboten haben will (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 30 - Kostenlose Zweitbrille; eine Abspaltung als „minus“ scheidet freilich aus, wenn der Kläger ausdrücklich an seinem Antrag festhält, vgl. Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 2.44), ist vor dem Hintergrund seines dahingehenden Hilfsantrags nicht notwendig.

2. Aber auch der auf die konkret angegriffene Verletzungsform beschränkte, hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag ist unbegründet, da die Werbung der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt als wettbewerbswidrig einzuordnen ist.

1. a. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG als Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG n. F. /§ 4 Nr. 11 UWG a. F. bzw. als Verbraucherschutzgesetz i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG (vgl. hierzu BGH GRUR 2015, 504 Rn. 9 - Kostenlose Zweitbrille) abgelehnt, da es sich bei dem in der angegriffenen Werbung angepriesenen „geschenkten Glas“ nicht um eine Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG handelt.

aa. Soweit sich der Kläger für seinen auf Wiederholungsgefahr gestützten und in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch auch auf § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG i. V. m. § 3a UWG n. F. /§ 4 Nr. 11 UWG a. F. beruft, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl nach dem zur Zeit der Handlung (vorliegend also Oktober 2014) als auch nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht rechtswidrig sein (vgl. BGH GRUR 2016, 710 Rn. 34 - Im Immobiliensumpf m. w. N.). Durch die Neufassung bzw. Umwandlung des § 4 Nr. 11 UWG a. F. in die neue Vorschrift des § 3a UWG n. F. durch das am 10.12.2015 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I, 2015, 2158) ist jedoch inhaltlich keine Änderung eingetreten, so dass die Neufassung keinen Einfluss auf das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs hat.

bb. Das in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG enthaltene grundsätzliche Verbot von Werbegaben gilt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) HWG auch für die Werbung für Medizinprodukte i. S. v. § 3 MPG, wobei eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille ein solches Medizinprodukt i. S. v. § 3 Nr. 1 lit. b) MPG darstellt (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 12 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Darüber hinaus wäre aber auch ein einzelnes Brillenglas vom Schutzbereich des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG erfasst, da es als Zubehör i. S. v. § 3 Nr. 9 S. 1 MPG für das Medizinprodukt „Korrekturbrille“ gem. § 2 Abs. 1 S. 2 MPG als eigenständiges Medizinprodukt zu behandeln ist.

cc. Bei dem in der beanstandeten Zeitungsanzeige beworbenen „geschenkten Glas“ handelt es sich jedoch nicht um eine nach § 7 Abs. 1 S. 1 HWG unzulässige Werbegabe.

(1) Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG ist im Hinblick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird. Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese also als ein Geschenk ansehen. Werden dagegen dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 14 -Kostenlose Zweitbrille m. w. N.).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend bei der angegriffenen Werbung von einem einheitlichen Angebot auszugehen, für das ein Gesamtpreis zu bezahlen und somit keine unentgeltliche Gewährung inkludiert ist. Erblickt ein durchschnittlich informierter, verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher zunächst die hervorgehobene Aussage „1 Glas geschenkt!*“, wird ihm unmittelbar klar, dass mangels sinnvollen Nutzens eines einzelnen Glases diese Angabe nur Teil eines Gesamtangebots sein kann; dieser Eindruck wird zudem durch das Versehen der Angabe mit einem Sternchen bestätigt. Nimmt der Verbraucher sodann aber den Sternchentext „ *Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. [...]“ zur Kenntnis, wird ihm unmissverständlich mitgeteilt, dass einerseits das Angebot den Kauf einer Korrektionsbrille (also Brillenfassung plus zwei Gläser mit Sehstärke) umfasst und andererseits - aufgrund der Erklärung „Sie sparen also 50% des Glaspreises“ (Hervorhebung hinzugefügt) - der Werbeausspruch „1 Glas geschenkt!“ im Ergebnis lediglich die reißerische Umschreibung eines 50%igen Rabatts auf den Gläsergesamtpreis ist.

(3) Der Eindruck eines Geschenks, also einer unentgeltlich gewährten Zuwendung, wird dem Leser der Werbung auch nicht durch die Verwendung des Worts „geschenkt“ in der Anzeige vermittelt: Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher geht nämlich erfahrungsgemäß davon aus, dass ein Kaufmann Waren von nicht unerheblichem Wert nicht ohne Weiteres verschenkt (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 17 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Wie der Bundesgerichtshof in dem gerade zitierten Urteil weiter ausführt, sieht dieser Verbraucher eine als gratis beworbene Zusatzleistung deshalb nicht immer als ein von der entgeltlich abzugebenden Ware zu trennendes Geschenk an, sondern geht jedenfalls dann, wenn es sich bei der „gratis“ hinzu gegebenen Ware um eine mit dem beworbenen entgeltlichen Produkt identische Ware handelt, davon aus, dass der von ihm zu zahlende Preis die Zusatzleistung im Sinne von „zwei Waren zum Preis von einer“ einschließt. Eben diese beschriebene Konstellation ist vorliegend gegeben, wenn die Beklagte die Ersparnis von 50% des Glaspreises anführt und damit im Ergebnis zwei (jeweils gleich kostende, wie sie im Sternchenhinweis hervorhebt) Brillengläser zum Preis von einem Brillenglas bewirbt.

(4) Zu keinem anderen Ergebnis führt außerdem die Erkenntnis, dass das Verkehrsverständnis durch die Art und Weise mit beeinflusst wird, in der das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert wird, so dass die besondere Hervorhebung des Gratischarakters einer Zusatzleistung in einer werblichen Äußerung den Verbraucher glauben machen kann, die zusätzliche Ware werde unentgeltlich abgegeben (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 18 – Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). In der streitgegenständlichen Werbung ergibt die durch den roten, mittig angebrachten sog. Störer graphisch, schriftbildlich und positionell hervorgehobene Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' - wie bereits ausgeführt - für sich allein genommen keinen Sinn, so dass der Leser zum Verständnis des Angebots quasi gezwungen wird, dem Sternchenhinweis nachzugehen. Der Sternchentext erfolgt aber unmittelbar unterhalb der genannten Werbeaussage und im Übrigen ohnehin innerhalb einer textmäßig übersichtlichen Gesamtwerbeanzeige von verhältnismäßig geringer Größe (ca. ein Drittel einer DIN A 4-Seite, vgl. den Zeitungsausschnitt in Anlage B 7), so dass der angesprochene Verbraucher aufgrund der notwendigerweise mitgelesenen Erläuterung im Sternchentext gerade nicht allein aufgrund des Störers dem Eindruck erliegt, ein Glas werde unentgeltlich abgegeben. Insofern unterscheidet sich die hier zu entscheidende Konstellation von derjenigen in dem der „Kostenlose Zweitbrille“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall, in der das Berufungsgericht (vom Revisionsgericht unbeanstandet) aufgrund der optischen Hervorhebung und konkreten Gestaltung des beworbenen „Eyecatchers“ sowie dessen räumlicher Absetzung von den Angaben zur entgeltlichen Abgabe der Erstbrille im Ergebnis von einer Zweitbrille als kostenlosen Zugabe, also als „echtem Geschenk“ ausging (vgl. die Abbildung der angegriffenen Werbung in BeckRS 2015, 06519 sowie Rn. 19 der Entscheidungsgründe).

(5) Das OLG Hamm (GRUR-RR 2016, 28 Rn. 48 - 1 (Brillen)Glas geschenkt) ist in einer vergleichbaren Konstellation der Brillenwerbung zum selben Resultat gelangt, wobei im dort entschiedenen Fall bei identischem Text der hervorgehobenen Werbeaussage („ 1 Glas geschenkt!*') der Sternchentext in der angegriffenen Werbung („*Gültig beim Kauf einer kompletten Brille mit H-Gläsern in Sehstärke“; vgl. Anlage B 5) im Vergleich zum hiesigen Sternchentext sogar noch weniger deutlich den Inhalt des Gesamtangebots erläutert.

(6) Schließlich ist zur Bestätigung des hier gefundenen Ergebnisses auch der Umstand heranzuziehen, dass der Verbraucher die Brillenfassung und die beiden Gläser als eine funktionale Einheit ansieht, d. h. er versteht die gemeinsam mit einem anderen Produkt angebotene, nicht gesondert berechnete Ware aus funktionalen Gründen nicht als selbstständig angebotene Waren, sondern als einheitliches entgeltliches Angebot (vgl. BGH GRUR 2015, 504 Rn. 23 - Kostenlose Zweitbrille m. w. N.). Im Unterschied zum in der gerade genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall, in welchem kein enger funktionaler Zusammenhang zwischen einer Erst- und einer Zweitbrille bestand, da diese unabhängig voneinander genutzt werden können und eine Zweitbrille für die sinnvolle Nutzung der anzuschaffenden Erstbrille verzichtbar ist, ist hier ein Sachverhalt gegeben, bei dem die beworbenen Produkte notwendigerweise oder üblicherweise zusammen genutzt, in der Praxis daher als Einheit angeboten und dementsprechend vom Verkehr erfahrungsgemäß als Gesamtangebot angesehen werden (vgl. BGH a. a. O.). In aller Regel werden nämlich bei Korrekturbrillen Brillenfassungen nicht isoliert ohne Brillengläser erworben, sondern der Kunde kauft sie gemeinsam mit den an seine Sehstärke angepassten Gläsern (oder ggf. mit Gläsern mit Standard-Sehstärken). Ebenso wenig ist es umgekehrt der Regelfall, dass Optikerkunden einzelne Brillengläser (nach-)kaufen. In jedem Fall aber sind die beiden Bestandteile Fassung und Gläser nicht unabhängig voneinander nutzbar, so dass ohne Weiteres von einer funktionalen Einheit auszugehen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 918, 919 - Null-Tarif; OLG Hamm GRUR-RR 2016, 28 Rn. 46 - 1 (Brillen)Glas geschenkt).

dd. Da bereits eine Werbegabe im Sinne der Vorschrift zu verneinen ist, kommt es nicht mehr auf das zwischen den Parteien streitige Vorliegen der in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) HWG enthaltenen (und bei Bejahung der Bewerbung eines Barrabatts in der angegriffenen Anzeige ansonsten anwendbaren) Ausnahme vom Werbeverbot bei Gewährung der Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag an. Der Tatbestand dieser Ausnahme wäre freilich nach Auffassung des Senats entgegen der Annahme des Landgerichts nicht erfüllt, da in der streitgegenständlichen Werbung keine konkreten Preise für Brillengläser enthalten sind und somit auch eine Berechnungsmöglichkeit für das Angebot nicht gegeben ist.

b. Darüber hinaus ist die Annahme des Landgerichts, die streitgegenständliche Werbung der Beklagten verstoße nicht gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG („Schwarze Liste“), frei von Rechtsfehlern.

aa. Nach dieser Vorschrift ist - in Umsetzung von Nr. 20 des Anhangs I der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) - als stets irreführende und damit unzulässige geschäftliche Handlung i. S. d. § 3 Abs. 3 UWG das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen anzusehen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind. Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Regelung einen Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG betreffe (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 20.08.2008, BT-Dr. 16/10145, S. 33). Anders als bei § 5 UWG ist jedoch bei Nr. 21 als „per se“-Verbot das Vorliegen oder gar der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich (vgl. Bruhn/Weidert in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4; Lindacher in GK-UWG, 2. Aufl., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 4).

bb. Ratio dieser Vorschrift ist der Schutz des Verbrauchers vor einer Irreführung durch die Verwendung von Begriffen wie „gratis“ etc. und insbesondere vor einer Irreführung über die Kosten, die bei Inanspruchnahme des Angebots anfallen, sofern sie nicht unvermeidbar sind; sie zwingt damit indirekt den Unternehmer, den Verbraucher über diese Kosten ausreichend zu informieren (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.1; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 2; Alexander in Münch-KommUWG, 2. Aufl., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 5 f.). Nach h. M. in der Literatur ist eine Beschreibung des Produkts in der Weise entscheidend, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinnt, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.2; Bruhn/Weidert, a. a. O., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4a; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 8; Alexander, a. a. O., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 19). In der Konsequenz sind nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur die Kosten gemeint, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen wird (vgl. Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.3 mit Verweis auf LG Dortmund WRP 2014, 1360 Rn. 23, also die Vorinstanz des bereits zitierten Urteils des OLG Hamm in GRUR-RR 2016, 28 - 1 (Brillen)Glas geschenkt). In dieselbe Richtung geht die Ansicht in der Literatur, wonach für die Frage des Vorliegens des Tatbestands der Nr. 21 der „Schwarzen Liste“ als Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG der Gesamteindruck entscheidend sei, so dass der Tatbestand nicht eingreife, wenn nach den Grundsätzen der Blickfangwerbung hinreichend deutlich auf zusätzlich anfallende Kosten hingewiesen werde, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei (vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 58; Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 9).

cc. In einem Sachverhalt mit einer Hauptleistung (in concreto ein Kasten mit zwölf Flaschen Erfrischungsgetränke) und einer als gratis beworbenen Zugabe („2 Flaschen gratis“), in dem es sich beim streitgegenständlichen Angebot des Beklagten also um eine kurzzeitige Vergrößerung der Verpackungseinheit bei gleichbleibendem Preis handelte, sah der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Nr. 3 UWG als nicht erfüllt an, da entscheidend sei, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit „Gratiszugaben“ darüber im Unklaren gelassen werde, dass er die Hauptleistung zu bezahlen habe, was im zu entscheidenden Fall außer Frage gestanden habe (vgl. BGH GRUR 2014, 576 Rn. 32 f. 2 Flaschen GRATIS; OLG Köln, GRUR 2009, 608; OLG Hamm GRUR-RR 2016, 28 Rn. 53 - 1 (Brillen)Glas geschenkt; Bruhn/Weidert, a. a. O., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 8; Köhler, a. a. O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.3; Alexander, a. a. O., § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 22; siehe auch Lindacher, a. a. O., § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 12 f.).

dd. Die zuletzt genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner 2 Flaschen gratis-Entscheidung passt zwar nicht unmittelbar auf die hiesige Konstellation, da in der hier streitgegenständlichen Werbung gerade nicht von einer Hauptleistung einerseits und einer Zugabe andererseits ausgegangen werden kann (s. o. Ziff. II. 2. a. cc.). Gleichwohl kann die Entscheidung aber insofern herangezogen werden, als der Bundesgerichtshof durch das Abstellen auf die (Un-)Klarheit der Werbung für den Verbraucher deutlich gemacht hat, dass es trotz des Charakters der Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG als perse-Verbot ohne Wertungsmöglichkeit auf Elemente der Irreführung bzw. der Aufklärung des Verbrauchers ankommen kann. Eine entsprechende Prüfung muss jedoch nicht als (ungeschriebenes) weiteres Tatbestandsmerkmal der Verbotsnorm vorgenommen werden; vielmehr kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift als Ansatzpunkt auch die Frage auf bereits bestehender Tatbestandsebene gewählt werden, ob der Verbraucher die konkrete Werbung tatsächlich als „gratis“-, „umsonst'- oder wie vorliegend als „geschenkt“-Angebot ohne Kostentragungspflicht versteht, oder ob ihm aufgrund der in der Werbung selbst vorgenommenen und ausreichenden Aufklärung hinsichtlich des Angebotsinhalts bewusst wird, dass ein kostenpflichtiges Gesamtangebot gerade ohne Gratis-Charakter vorliegt. In letzterem Fall liegt gerade kein „Angebot einer Ware oder Dienstleistung als gratis', umsonst', kostenfrei' oder dergleichen“ vor, „wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind“, wie Nr. 21 der Schwarzen Liste verlangt.

ee. Die hier angegriffene Werbung nimmt aber durch den Sternchenhinweis unmittelbar unter der hervorgehobenen Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' eine ausreichende Aufklärung des Verbrauchers vor, so dass dieser zweifelsfrei erkennt, dass ihm im Ergebnis ein 50%iges Barrabattsangebot im Sinne von „Zwei Brillengläser zum Preis von einem“ gemacht wird (s. o. Ziff. II. 2. a. cc. (2), (3)). Ein Verstoß gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG scheidet daher aus.

c. Schließlich enthält die angegriffene Werbung der Beklagten auch keine unwahren Tatsachen oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, so dass die behauptete Wettbewerbswidrigkeit der geschäftlichen Handlung der Beklagten, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, auch nicht aus einer unlauteren Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG folgt.

aa. Für die Frage der Irreführung ist es nicht hinreichend, isoliert auf die Werbeaussage „1 Glas geschenkt!*' abzustellen; ob zur Täuschung geeignete Angaben vorliegen, ist aufgrund des Sternchenhinweises vielmehr unter zusätzlicher Berücksichtigung des unmittelbar darunter abgedruckten Sternchentextes „*Gilt beim Kauf einer Brille in Sehstärke. Bei M. hat das linke und das rechte Glas immer den gleichen Preis. Sie sparen also 50% des Glaspreises. [...]“zu beurteilen.

bb. Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht jedoch nach Lektüre dieser Erläuterungen ohne Weiteres, dass in der Anzeige mitnichten nur ein einzelnes Glas (alleine oder zusätzlich zu einer Brille oder einer Brillenfassung) als Geschenk beworben werden soll, sondern ein Gesamtangebot, welches aus einer Brillenfassung samt zweier an sich gleich kostenden Gläser mit Sehstärke besteht und bei dem der Kunde nur den halben Gläserpreis zahlen muss. Ihm wird also bewusst, dass ihm nichts geschenkt wird bzw. er nichts kostenlos erhält, sondern dass er lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gläsergesamtpreis erhält. Ein solcher 50%iger Barrabatt im Fall einer aus zwei gleich kostenden, gleichartigen Bestandteilen zusammengesetzten Ware kann tatsächlich alternativ z. B. mit „Zahle 1, erhalte 2“ o. ä. oder eben mit „1 [Warenbestanteil] geschenkt' umschrieben werden, ohne dass darin eine unwahre Tatsache zu sehen wäre.

3. Nachdem ein Unterlassungsanspruch zugunsten des Klägers nicht besteht, scheidet in der Konsequenz auch der mit Klageantrag Ziffer II. geltend gemachte Erstattungsanspruch i. S. v. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG für die Kosten der Abmahnung aus.

III. 1. Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die im Berufungsverfahren bestätigte Entscheidung des Erstgerichts war nach § 708 Nr. 10 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall, insbesondere der in der BGH-Entscheidung „Kostenlose Zweitbrille“ niedergelegten Grundsätze. Die hiesige Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zu den beiden Urteilen des OLG Stuttgart (Urt. v. 24.02.2005 - 2 U 143/04 = GRUR-RR 2005, 235 - „Gratis-Brillengras“ sowie Urt. v. 12.03.2007 - 2 U 153/06 = Anlage K 3), da diese noch auf Grundlage der alten Fassung von § 7 HWG mit einer anderen Ausgestaltung der Ausnahmetatbestände ergingen und im Übrigen auch einen anderen Sachverhalt betrafen, da die jeweils angegriffenen Werbungen der Optiker im Vergleich zur hier beanstandeten Werbung unterschiedlich gestaltet waren und unterschiedliche Informationen enthielten.

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1.
es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten;
2.
die Zuwendungen oder Werbegaben in
a)
einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b)
einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes oder des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3.
die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;
4.
die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5.
es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.