Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 01. Aug. 2014 - 8 UF 121/14

bei uns veröffentlicht am01.08.2014

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Halle (Saale) vom 15.05.2014, Aktenzeichen 24 F 514/14 EAGS, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.000,00 €.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde (§§ 57 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, 58 Abs. 1, 63 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG) der Antragstellerin gegen die im angefochtenen Beschluss vom 15.05.2014 erfolgte Aufhebung der einstweiligen Anordnung vom 28.02.2014 und Zurückweisung ihres Antrages vom 27.02.2014 ist nicht begründet.

2

Das Familiengericht hat verfahrensfehlerfrei entschieden (§§ 49 ff. FamFG).

3

Zur im einstweiligen Anordnungsverfahren ausreichenden Glaubhaftmachung einer Tatsachenbehauptung - auch im Sinne von §§ 51 Abs. 1 S. 2, 31 FamFG - bedarf es zwar nicht der vollen gerichtlichen Überzeugung; es genügt nach allgemeinem Verständnis ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung, der bereits vorliegt, sofern bei freier Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH, MDR 2007, 669).

4

An diesem Maßstab gemessen hat die Antragstellerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zwecks Meidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner sie tätlich angegriffen sowie vorsätzlich und widerrechtlich körperlich misshandelt hat. Die vom Familiengericht auf der Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts vorgenommene rechtliche Bewertung begegnet keinen Bedenken und wird von der Beschwerde, die die Antragstellerin nicht begründet hat, auch nicht bekämpft.

5

Soweit die Antragstellerin sich gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts wendet, ist die Beschwerde im Ergebnis ebenfalls unbegründet.

6

In Gewaltschutzsachen entscheidet das Familiengericht gem. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Es begegnet allerdings Bedenken, dass das Familiengericht seine Ermessenentscheidung nicht begründet hat.

7

Dem steht nicht entgegen, dass diese Ermessensausübung einer Überprüfung des Senats grundsätzlich nur eingeschränkt zugänglich ist. Die Überprüfungsmöglichkeit beschränkt sich darauf, ob das Familiengericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Sinn des eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Das Beschwerdegericht kann die Kostenentscheidung nur auf Ermessensfehler in Form des Ermessensfehlgebrauchs oder der Ermessensüberschreitung überprüfen, also darauf, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm obliegenden Ermessen einen ungesetzlichen Gebrauch gemacht hat. Das könnte namentlich der Fall sein, wenn es für die Ermessenentscheidung maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht ermittelt oder sonst unberücksichtigt gelassen hat (BGH, FamRZ 2007, 893). Diese Rechtsprechung ist auch im Anwendungsbereich des § 81 FamFG maßgeblich, der die Ausübung billigen Ermessens zum tragenden Grundsatz der Kostenentscheidung erhoben hat (OLG Celle, JAmt 2012, 40; OLG Hamm, FamRZ 2012, 1829).

8

Solcher Ermessensfehlgebrauch ist dem Familiengericht indes hier unterlaufen. Denn dessen Begründung erschöpft sich in der Nennung der herangezogenen Normen, ohne die Erwägungen für seine Ermessensausübung auch nur anzudeuten. Eine mit Rechtsmitteln angreifbare Entscheidung muss zumindest so weit mit einer Begründung versehen sein, dass die Beteiligten über die die Entscheidung tragenden Gründe in einer Weise unterrichtet werden, die es ihnen ermöglicht, die maßgeblichen Erwägungen nachzuvollziehen. Auch die Gründe einer Kostenentscheidung müssen zumindest so präzise und ausführlich sein, dass den am Verfahren Beteiligten und auch dem Rechtsmittelgericht auf ihrer Grundlage eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist. Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend, nachdem die angefochtene Entscheidung an § 81 FamFG auszurichten ist- das Gesetz richterlichem Ermessen Raum gibt.

9

Der Senat ist deshalb berechtigt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des nicht ausgeübten Ermessens des Amtsgerichts zu setzen (OLG Frankfurt, FamRTZ 2013, 1922).

10

Danach waren die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gem. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG der Antragstellerin aufzuerlegen. Denn diese hat, wie bereits ausgeführt, nicht glaubhaft gemacht, dass der Sachverhalt sich wie von ihr dargestellt zugetragen hat und sie vom Antragsgegner am 02.12.2013 tätlich angegriffen wurde. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sie bis auf diesen Vorfall keine weiteren Vorfälle behauptet und bis zur Antragstellung am 27.02.2014 fast 3 Monate hat verstreichen lassen, sodass von Anfang an kein Anordnungsgrund gem. § 49 FamFG vorlag. Dass die erstinstanzlich anwaltlich vertretene Antragstellerin unter diesen Umständen dennoch ein gerichtliches Tätigwerden einforderte, durch welches Verfahrenskosten entstehen, spricht dafür, diese der Antragstellerin aufzuerlegen.

11

Weil das Amtsgericht den Sachverhalt ausführlich ermittelt hat, stützt der Senat seine Entscheidung auf die im ersten Rechtszug vorgenommenen Verfahrenshandlungen ; von deren Wiederholung wird abgesehen, da von ihr - nachdem die Antragstellerin keine neuen streitigen Gesichtspunkte vorgetragen hat - keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG).

12

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 84 FamFG zurückzuweisen. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 40 Abs. 1 S. 1, 41, 49 Abs. 1 HS 1 FamGKG.

13

Weil dem Rechtsmittel der Antragstellerin kein Erfolg beschieden ist, kommt im Übrigen die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht in Betracht (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 S. 1 ZPO).


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Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 01. Aug. 2014 - 8 UF 121/14 zitiert 10 §§.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 81 Grundsatz der Kostenpflicht


(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 68 Gang des Beschwerdeverfahrens


(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 76 Voraussetzungen


(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 57 Rechtsmittel


Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen sind nicht anfechtbar. Dies gilt nicht in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 und auch nicht, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs auf Grund mündlicher Erörterung 1. über die

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 51 Verfahren


(1) Die einstweilige Anordnung wird nur auf Antrag erlassen, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Der Antragsteller hat den Antrag zu begründen und die Voraussetzungen für die Anordnung glaubhaft zu mach

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 49 Einstweilige Anordnung


(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. (2)

Referenzen

Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen sind nicht anfechtbar. Dies gilt nicht in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 und auch nicht, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs auf Grund mündlicher Erörterung

1.
über die elterliche Sorge für ein Kind,
2.
über die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil,
3.
über einen Antrag auf Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson,
4.
über einen Antrag nach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes oder
5.
in einer Ehewohnungssache über einen Antrag auf Zuweisung der Wohnung
entschieden hat.

(1) Die einstweilige Anordnung wird nur auf Antrag erlassen, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Der Antragsteller hat den Antrag zu begründen und die Voraussetzungen für die Anordnung glaubhaft zu machen.

(2) Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, die für eine entsprechende Hauptsache gelten, soweit sich nicht aus den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes etwas anderes ergibt. Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Eine Versäumnisentscheidung ist ausgeschlossen.

(3) Das Verfahren der einstweiligen Anordnung ist ein selbständiges Verfahren, auch wenn eine Hauptsache anhängig ist. Das Gericht kann von einzelnen Verfahrenshandlungen im Hauptsacheverfahren absehen, wenn diese bereits im Verfahren der einstweiligen Anordnung vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Für die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung gelten die allgemeinen Vorschriften.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

(2) Die Maßnahme kann einen bestehenden Zustand sichern oder vorläufig regeln. Einem Beteiligten kann eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Verfügung über einen Gegenstand untersagt werden. Das Gericht kann mit der einstweiligen Anordnung auch die zu ihrer Durchführung erforderlichen Anordnungen treffen.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.